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Das Leben auf dem Bauernhof wird für die Menschen und Tiere nie langweilig. Joschka wird aus einer Begegnung, die in seiner Vergangenheit liegt, eingeholt und Mia findet neue Katzenfreunde, die sie über ihre Verluste hinwegtrösten. Als eine liebe Freundin der Menschen und Tiere auf dem Bauernhof stirbt, wird eine große Verantwortung an sie herangetragen. Aus ihrer Trauer um Lenni werden neue Projekte geboren, die die Hoffnung auf eine Neue Zeit spiegeln.
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Seitenzahl: 203
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Kapitel
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„Mia, endlich habe ich dich gefunden!“ Dandi kam völlig außer Atem am Fluss an und setzte sich neben seine Freundin. „Du kannst doch nicht einfach verschwinden. Ich habe mir so große Sorgen gemacht. Seit heute Morgen suche ich schon nach dir! Ich hatte Angst um dich. Warum tust du das?“
„Was soll mir schon passieren hier am Fluss,“ sagte ich unfreundlich und das tat mir sofort leid. Seit unsere Streuneroma und meine geliebte Tinka über die Regenbogenbrücke gegangen waren, fühlte ich nur noch unendliche Trauer und Verzweiflung. Das Leben war ungerecht!
Meine Trauer wurde nicht selten zu einer grenzenlosen Wut. Luise und Tinka hatten mich verlassen.
„Ich vermisse Luise und Tinka auch ganz schlimm, aber du kannst doch nicht einfach weglaufen. Jetzt bist du auch noch böse auf mich,“ sagte der kleine Dandi und Tränen kullerten aus seinen Augen.
„Tut mir leid, Dandi, ich wollte nicht böse zu dir sein. Ich bin nur so verzweifelt,“ entgegnete ich traurig und der weinende Dandi brachte mich auch zum Weinen.
Dandi kuschelte sich an mich. Wir saßen eine Weile schweigend am Fluss und ließen unseren Tränen freien Lauf.
„Gehen wir zurück zum Bauernhof,“ sagte ich, als es dunkel wurde. „Unsere Menschen werden uns schon vermissen.“
Wir liefen zurück zum Bauernhof. Jeder von uns war tief in seinen eigenen Gedanken versunken. Der Winter, in dem uns Luise und Tinka verlassen hatten, lag hinter uns.
Die Wiesen erstrahlten in einem satten Grün und die ersten Frühlingsblumen steckten neugierig ihre Köpfe aus der Erde. Im Kreislauf der Natur erwachte alles zu einem neuen Leben. Tinka hatte uns immer erzählt, dass die Tiere und ihre Menschen in dem Land hinter dem Regenbogen ein wunderschönes Leben hatten. Dort gab es keine Schmerzen und das Leiden, welches sie auf dieser Erde erfahren mussten, war vergessen. Ihr Sohn würde dort auf sie warten, hatte Tinka uns immer gesagt. Oft hatte Tinka in der Nacht in den Sternenhimmel geschaut. Dort sagte sie, war ihr Sohn ein wunderschöner Stern, der darauf wartete, sie im Land hinter dem Regenbogen zu treffen. Aber Tinka hatte ich eines Tages gesagt, wie kann dein Sohn ein Stern sein, wenn doch alle Tiere und die Menschen, die sie lieben, im Land hinter dem Regenbogen weiterleben dürfen. Tiere wie ihr Sohn, die nur eine ganz kurze Zeit auf dieser Erde bleiben dürfen, werden zu einem wunderschönen Stern, der für die leuchten, die sie so schmerzlich vermissen.
Sobald das liebste Tier oder der liebste Mensch aber im Regenbogenland angekommen ist, steigen sie herab, um ein glückliches Leben zu führen. Das hatte Tinka mir geantwortet.
Die Vorstellung, dass Luise und Tinka mit ihren Liebsten im Regenbogenland glücklich weiterleben, tröstete uns etwas in unserer Verzweiflung.
„Mia, du darfst nie wieder weglaufen!“
Dandis Stimme durchbrach meine Gedanken. „Ich habe große Angst, dass du mich auch noch verlässt.“ Der kleine graue Kater blieb stehen und sah mich aus seinen traurigen Augen verzweifelt an.
„Dandi, ich werde nicht mehr einfach weglaufen,“ sagte ich. Dandi tat mir sehr leid.
Wir kamen auf dem Bauernhof an.
„Wo kommt ihr denn jetzt her,“ sagte Joschka und stellte zwei Futterschüsseln für uns auf den Boden. „Ihr habt wohl die Zeit vergessen.“ Joschka ging neben uns in die Hocke und streichelte uns, während wir unser Futter verputzten.
Als unsere Bäuche gut gefüllt waren, machten wir uns auf die Suche nach Pascha. Irgendwo auf dem Bauernhof musste er sein! Seit Luise und Tinka uns verlassen hatten, war Paschas Streunerleben Vergangenheit. Er war bei uns geblieben, als unsere seelischen Schmerzen riesengroß waren. Pascha war zu uns gekommen, als Carlos von uns ging.
Er sah wie unser geliebten Freund aus.
Inzwischen wussten wir, dass Carlos Pascha aus dem Regenbogenland geschickt hatte, damit wir nicht so traurig sind. Als Luise und Tinka noch am Leben waren, hatte uns Pascha nur manchmal einen Besuch abgestattet. Eines Tages war ich ihm bei seinen Streifzügen gefolgt. Als Pascha ohne mich seinen Weg fortsetzte, fand ich den Heimweg nicht mehr. Es hatte lange gedauert, bis ich wieder auf dem Bauernhof war. Pascha hatte eingesehen, dass sein Verhalten nicht richtig war.
Inzwischen vermisste Pascha sein Streunerleben nicht mehr. Er war zu einem Luxuskater geworden, wie Joschka immer sagte, der sein sicheres Leben in vollen Zügen genoss.
Wir entdeckten Pascha schlafend in der Scheune neben dem Wohnhaus, die den vielen Katzen, die auf dem Bauernhof lebten, als Unterschlupf diente. Es gab in der Scheune kuschlig weiche Schlafmöglichkeiten. Inzwischen lebten viele behinderte Katzen mit uns auf dem Bauernhof. Die behinderten Katzen lagen uns sehr am Herzen. Joschkas Vater hatte um den Bauernhof herum eine Mauer errichten lassen, sodass die behinderten Katzen einen großzügigen gesicherten Freilauf genießen konnten. Die Freigängerkatzen gelangten über eine Brücke zu dem gesicherten Gelände.
Dandi, Pascha und ich kümmerten uns gerne um neue Katzen, die zu uns kamen und arme Katzen, die verletzt oder mit einer Behinderung Zuflucht fanden, lagen uns besonders am Herzen. So konnten wir unsere Menschen unterstützen. Wir gehörten auf dem Bauernhof zum Personal, wie Joschka immer sagte, und würden für immer bei unseren Menschen bleiben. Das war bei den behinderten Katzen genauso.
Sie fanden nur selten einen Menschen, der ihnen ein Zuhause schenken wollte. Auf dem Gelände um den Bauernhof lebten viele Katzen, die, bevor sie zu uns kamen, ohne Menschen zurechtkommen mussten. Sie hatten kein Vertrauen zu Menschen und kamen nur zu den Futterstellen, die auf dem weitläufigen Gelände waren. Manchmal schafften wir es mit ihnen Freundschaft zu schließen. Die ein oder andere Katze konnte mit der Zeit Vertrauen zu unseren Menschen finden.
„Da ist Snow,“ sagte Dandi und eine hübsche, fast weiße Katzendame kam auf uns zu.
„Hallo Snow, wie geht es dir,“ fragte ich freundlich.
„Mir geht’s blendend,“ sagte Snow. „Ich bin so froh hier zu sein!“
„Das hat aber auch lange gedauert,“ sagte Dandi.
Snow war im letzten Winter kurz nach Luises und Tinkas Tod in der Nähe des Bauernhofes aufgetaucht. Dandi, Pascha und ich waren zusammen unterwegs. Wir sprachen gerade über Luises und Tinkas Tod und waren sehr traurig. Hinter einem Busch entdeckten wir eine weiße, abgemagerte Katze, die einen getigerten Schwanz hatte. Freundlich waren wir auf die Katze zugegangen, denn wir ahnten, dass sie in großer Not war. Als wir näher kamen, duckte sich die arme Katze ängstlich hinter den Busch und wir konnten ihren ausgezehrten Körper sehen, an dem nur noch wenig Fell war.
„Bitte tut mir nichts,“ sagte die Katze ängstlich.
„Vor uns musst du keine Angst haben,“ erwiderte Dandi. „Wir wollen dir nur helfen.“
„Sieht so aus, als hättest du schon lange nichts mehr zwischen die Zähne bekommen,“ versuchte es Pascha auf seine saloppe Art der armen Katze die Angst zu nehmen.
„Ich habe solchen Hunger,“ bestätigte die Katze unsere Vermutung. „Mein ganzer Körper juckt und brennt. Es ist die Hölle!“
„Woher kommst du. Wir haben dich hier noch nie gesehen,“ fragte ich neugierig.
„Mein Mensch hat mich dort hinten in dem Wald in einem Karton ausgesetzt. Zum Glück konnte ich mich befreien. Seitdem versuche ich mich mit den wenigen Mäusen, die es hier gibt, über Wasser zu halten,“ erzählte uns die arme Katze traurig.
„Komm‘ mit uns zum Bauernhof,“ sagte Dandi.
„Sind da Menschen,“ fragte die Katze ängstlich.
„Ja, da sind die allerbesten Menschen, die du dir vorstellen kannst,“ sagte ich.
„Ich will nie wieder zu Menschen,“ rief die Katze und ich sah das Entsetzen in ihren Augen. „Bevor mein Mensch mich in die Kiste sperrte und in den Wald warf, war er sehr böse zu mir. Er hat mich geschlagen und nach mir getreten.“
„Unsere Menschen werden dir ganz bestimmt nichts tun,“ versuchte ich die Katze zu beruhigen.
„Nein, nein, nein, ich gehe niemals mehr zu Menschen,“ schrie die Katze.
Wir sahen ein, dass wir so nicht weiterkamen. Die Katze hatte furchtbare Angst vor Menschen. Schließlich gelang es uns, die arme Katze dazu zu überreden, mit uns zu einem Futterhaus zu gehen, das auf der Wiese, wo die Schafe, Kühen und Schweine friedlich zusammenlebten, stand.
Die Katze weigerte sich mit uns über die Wiese zu laufen, wo die Tiere waren. Wir schlugen einen Bogen um die Wiese. So gelangten wir zu der Rückseite der Scheune. Dort war kein Tier und so konnten wir der Katze das Futterhaus zeigen. Wir wussten, dass unsere Menschen das Futterhaus täglich befüllten. Leider war heute nur noch Trockenfutter im Haus.
Dankbar machte sich unsere neue Freundin über das Futter her.
„Auf dem Bauernhof kannst du so viel Nassfutter bekommen, wie du nur möchtest,“ versuchte ich die Katze erneut dazu zu bewegen, mit uns auf den Bauernhof zu gehen.
„Nein, nein, ich gehe nicht zu Menschen. Ich bin froh, etwas Futter zu haben,“ sagte die Katze.
„Aber du bist krank. Dein ganzer Körper ist voller Wunden und da ist kaum noch Fell,“ versuchte nun Pascha sein Glück.
„Bevor ich zu den Menschen gehe, sterbe ich lieber,“ sagte die Katze entschlossen und verschwand.
In den nächsten Wochen trafen wir die arme Katze noch ein paarmal. Obwohl sie jeden Tag zu dem Futterhaus kam, wurde sie immer dünner. Wir machten uns große Sorgen und versuchten sie immer wieder zum Mitkommen zu bewegen. Die Katze lehnte ab.
„Was sollen wir nur tun,“ sagte ich besorgt zu Dandi und Pascha. „Wir müssen ihr doch irgendwie helfen können!
Dandi und Pascha hatten keine Idee.
Schließlich kam uns der Zufall zu Hilfe.
Joschka entdeckte die Katze, als er die Tiere, die bei der Scheune wohnten, versorgte. Zuvor hatte Joschka das Futterhaus aufgefüllt. Vorsichtig hatte sich die Katze an das Futterhaus herangepirscht.
Sie wusste inzwischen, dass es viele Katzen gab, die das Nassfutter im Futterhaus bevorzugten. Heute war ihr Hunger besonders groß und sie wollte sich das begehrte Futter nicht von den anderen Katzen wegschnappen lassen. So hatte sie sich, während Joschka bei den Tieren war, herangetraut. Joschka hatte sie unbemerkt aus dem Inneren der Scheune beobachtet.
Seinem geschulten Blick entging nicht der schlechte Zustand dieser armen Katze. Hier war eine schnelle Hilfe angezeigt. Das war Joschka sofort klar!
Am Abend stellte Joschka mehrere Lebendfallen in der Nähe der Scheune auf.
Er stellte Teller mit besonders leckerem Futter in die Fallen und hoffte, dass er so die Katze einfangen konnte.
Als er am nächsten Morgen die Fallen überprüfte, war die Katze zum Glück in einer Falle gefangen. Sie miaute kläglich. Joschka befreite noch einen dicken Kater, der für seinen großen Hunger bekannt war, aus einer anderen Falle.
„Du bist aber eine Hübsche,“ sagte Joschka zu der völlig verängstigten Katze, die unglücklich in der Falle saß. Joschka konnte nur erahnen, dass das Fell der Katze überwiegend weiß war, denn es gab viele kahle Stellen an ihrem Körper, die verkrustet und eitrig waren.
„Ich werde dich Snow nennen,“ sagte Joschka leise zu der Katze und das arme Tier entspannte sich etwas.
Joschka brachte die Katze zum Bauernhof und setzte sie in eine große Box, die für Katzen mit ansteckenden Krankheiten bereitstanden. Joschka gab der Katze etwas gegen Flöhe und Würmer, bevor er sie in die Box setzte. In ein paar Tagen würde er Snow zum Tierarzt bringen, damit sie untersucht und, wenn nötig, kastriert werden konnte. Jetzt sollte sie erst einmal von dem schlimmen Flohbefall befreit werden, sich erholen und zu Kräften kommen.
Am nächsten Tag durften wir Joschka begleiten, als er zu Snow ging. Ein Gitter trennte uns von der Box, denn immer noch war nicht klar, ob Snow krank war und uns anstecken konnte.Sie saß in der hintersten Ecke der Box und hatte große Angst. Als sie uns sah, sagte sie:
„Bitte, ihr müsst mir helfen. Ich muss hier raus!“
„Keine Angst, hier wird dir nichts Schlimmes passieren,“ beruhigte Pascha sie. „In ein paar Tagen kannst du hier raus und dann hast du das schönste Leben, das du dir vorstellen kannst.“
„Ich glaube, es geht dir schon besser,“ sagte ich. Mir war sofort aufgefallen, dass sich Snow nicht mehr ständig kratzen musste.
Sie lag auf der weichen Decke, die in der Box war.
„Das stimmt. Ich konnte nach langer Zeit wieder schlafen, ohne mich ständig kratzen zu müssen,“ berichtete Snow.
„Na siehst du. Alles wird gut. Joschka passt jetzt auf dich auf,“ sagte Dandi.
Die Verwandlung von Snow war erstaunlich.
Als sie ihre Box verlassen durfte, begann das Fell nachzuwachsen und nach ein paar Wochen auf dem Bauernhof war Snow zu einer wunderschönen Dame geworden. Wir mochten die hübsche, fast schneeweiße Katze mit dem getigerten Schwanz sehr.
Snow, die den Menschen auf dem Bauernhof aus dem Weg ging, war gerne mit uns unterwegs. Es sollte noch sehr lange dauern, bis sie uns ins Haus begleitete und endlich ihre Scheu vor unseren Menschen ablegte. Nachdem sie ihre Angst überwunden hatte, wurde Snow sehr schnell zu einer verwöhnten Hauskatze, die die Aufmerksamkeit der Menschen auf dem Bauernhof einforderte. Alfred wurde neben Joschka zu ihrem Lieblingsmenschen.
Nach ein paar Wochen saßen Dandi, Pascha, Snow und ich am Fluss und beobachteten die Fische, die blitzschnell an uns vorüber schwammen.
„Ich bin froh, dass ich bei euch bin,“ sagte Snow plötzlich. „Niemals hätte ich an ein schönes Leben geglaubt und die Menschen, die jetzt für mich sorgen, sind einfach wundervoll.“
„Das denke ich auch oft,“ erwiderte Dandi.
„Weißt du, Snow, ich habe mich vor ein paar Jahren verlaufen und die Zeit auf der Straße war schlimm. Ich war überglücklich, als ich wieder hier war.“
„Das Leben auf der Straße war nicht das Schlimmste.“ Snows Stimme war zu einem Flüstern geworden. „Auf der Straße war das Leben besser für mich.“
„Das Leben auf der Straße war besser,“ antwortete Dandi und sah Snow aus seinen Kulleraugen fragend an. „Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen! Du hattest doch bestimmt ganz schlimmen Hunger und wenn ich daran denke, wie dein Fell aussah. Da war kaum noch Fell und dein ganzer Körper war voller Wunden.“
„Ja, es ging mir schon schlecht, aber das, was ich bei dem Mann bei dem ich wohnte, erleben musste, war noch viel schlimmer,“ erwiderte Snow mit trauriger Stimme.
„Willst du uns davon erzählen,“ fragte ich vorsichtig.
„Ich war noch klein, als ich zu dem Mann kam,“ begann Snow leise. „Es wohnten eine Frau und ein kleines Mädchen bei ihm. Mein Leben dort war richtig gut. Sie waren alle sehr lieb zu mir und haben sich gut um mich gekümmert. Plötzlich wurde alles anders.
Der Mann und die Frau haben jeden Tag fürchterlich geschrien und das Mädchen weinte, wenn sie im Bett lag. Ich habe mich immer an sie gekuschelt. Wir hatten beide große Angst und haben uns gegenseitig getröstet. Eines Tages waren die Frau und das Mädchen weg. Ich war allein mit dem Mann und für mich begann die Hölle auf Erden. Er verschwand tagelang und ließ mich ohne Futter in der Wohnung, was nicht schlimm war, denn ich konnte immer Reste von seinem Essen finden. Schlimm wurde es, wenn er in die Wohnung getorkelt war.
Dann schlug und trat er nach mir, wenn ich zu ihm ging, um ihn zu begrüßen. Wenn er in der Wohnung war, musste ich ihm tunlichst aus dem Weg gehen. Tat ich das nicht schnell genug, trat er nach mir. Oft hatte ich schlimme Schmerzen. Einmal blutete ich aus meinem Mund. Als er das Blut sah, hat er so lange nach mir getreten, bis ich halb tot dalag. Irgendwann wurde ich wieder wach. Mein Körper schmerzte fürchterlich. Als ich mich durch die Wohnung schleppte, sah ich, dass dieser schlimme Mensch weg war. Er hatte vergessen, die Balkontür zu schließen. Noch nie hatte ich die Wohnung verlassen. Ich hatte große Angst, als ich in den Garten ging, doch alles war besser als dieser Mensch!
In der ersten Zeit hatte ich Glück. Ich fand eine ältere Frau, die immer Futter für die Igel in den Garten stellte. Als sie sah, dass ich Hunger hatte, stellte sie einen Extrateller in den Garten. Ich blieb bei der alten Frau, bis sie einfach verschwunden war. Als fremde Menschen ins Haus kamen, bin ich weggerannt. In den nächsten Tagen kam ich immer wieder zu dem Haus, doch da war niemand mehr, der Futter für die Igel vor die Tür stellte. Die Haustür blieb zu. Die alte Frau war nicht mehr da und kam nicht wieder. Eine Frau kam eines Tages zu dem Haus und brachte mich in ein Tierheim. Dort blieb ich lange Zeit und musste viele Schläge von anderen Katzen einsteckten.
Eines Tages wurde ich in eine Familie vermittelt und dachte, dass jetzt ein besseres Leben für mich beginnen würde.
Das war ein Irrtum! Nach einigen Monaten steckten mich der Vater in eine Kiste und brachten mich in den Wald. Den Rest meiner Geschichte kennt ihr. Bis zu dem Tag, als ich euch traf, musste ich einen bitterkalten Winter überstehen. Ich ernährte mich von Essen, das ich im Müll der Menschen fand. Mein Bauch schmerzte oft von diesem Essen. Andere Katzen erzählten mir, dass sie Mäuse jagten und verspeisten.
Das wollte ich zuerst nicht. In den Wohnungen, in denen ich gelebt hatte, gab es keine Mäuse. Später begann ich doch Mäuse zu jagen und manchmal hatte ich Glück und fing eine, die ich aß. Geschmeckt haben sie mir nicht.
„Das ist wirklich eine schlimme Geschichte,“ sagte Dandi.
„Jetzt bist du in Sicherheit,“ tröstete Pascha die arme Snow, die sehr traurig war.
„Ich konnte heute Snow streicheln,“ sagte Erik, als sie sich zum Mittagessen an den großen Tisch gesetzt hatten. Ellen und Sabine hatten zusammen ein köstliches Mahl zubereitet, das sich alle schmecken ließen. Seit Luise nicht mehr bei ihnen war, hatten Sabine und Ellen ihre Aufgaben übernommen. Oft dachten sie wehmütig an die schöne Zeit mit Luise. Luise war die Seele des Bauernhofes und der Hilfe, die sie Tieren in Not jeden Tag schenkten. Im Wohnzimmer hatte Ellen ein sehr schönes Bild von Luise aufgehängt, welches sie im Winter gemalt hatte. Es zeigte Luise, die auf der Veranda in ihrem Schaukelstuhl saß und Tinka in ihren Armen hielt. Bevor Luise und Tinka über die Regenbogenbrücke gingen, hatte sie oft in ihrem Schaukelstuhl auf der Veranda gesessen. Tinka war in den letzten Wochen nicht von Luises Seite gewichen und war mit ihr über die Regenbogenbrücke gegangen. So schlimm der Verlust für die Menschen auf dem Bauernhof auch war, das Wissen, das Luise auf ihrem letzten Weg nicht alleine war, tröstete sie. Luise und Tinka zusammen im Schaukelstuhl auf der Veranda. Das Bild hatte sich in ihrer Erinnerung eingeprägt und Ellen dazu veranlasst, ein großes Bild, das nun im Wohnzimmer seinen Platz gefunden hatte, zu malen.
„O, das ist wirklich ein großer Erfolg, Erik,“ erwiderte Joschka und ein glückliches Lächeln erhellte sein Gesicht. „Ich glaube, du bist ein richtiger Katzenmensch. Snow ist nicht die erste Katze, die schnell Vertrauen zu dir hat.“
„Ja, das stimmt,“ pflichtete Peter lachend Joschka bei. „Bei Erik werden alle Katzen schwach.“
„Du bist ja nur neidisch,“ scherzte Erik. „Es wäre schön, wenn ich so viel Glück bei Frauen wie bei den Katzen hätte.“
Die anderen am Tisch lachten und Sabine sagte:
„Erik, du wirst noch deinen Deckel finden.
Bei mir hat es auch lange gedauert, bis ich Ruth endlich gefunden habe.“
Joschka, Erik, Peter, Alfon, Sabine, Ellen und die Kinder, die sich das Mittagessen schmecken ließen, spürten die Kraft, die ihnen der sonnige Tag schenkte. Ein langer Winter und die Trauer über Luises und Tinkas Tod lagen hinter ihnen. Jetzt schenkte ihnen die Natur neue Kraft. Erik und Peter waren vor einigen Monaten zu ihnen gekommen. Joschka hatten die beiden Männer in seiner Zeit, die er obdachlos auf der Straße verbringen musste, kennengelernt. Sie waren so etwas wie Freunde in dieser Zeit geworden.
Freundschaften zwischen Menschen auf der Straße kamen nur selten vor, denn oft kämpfte jeder einsam um sein Überleben.
Als klar wurde, dass sie dringend helfende Hände auf dem Bauernhof benötigten, waren die beiden zu ihnen auf den Bauernhof gekommen und niemand hatte diese Entscheidung jemals bereut. Erik und Peter waren vom Bauernhof nicht mehr wegzudenken. Sie taten alles, um das Vertrauen, das ihnen die Menschen und Tiere schenkten, nicht zu enttäuschen. Ein neues Leben hatte für sie begonnen.
Joschka, der damals durch das Vertrauen, welches die Streuneroma und die Katzen ihm schenkten, einen neuen Anfang machen konnte, wusste, wie schwierig das war. Er hatte alles, was ihm Luise und die Katzen geschenkt hatten, an Erik und Peter weitergegeben und die Hilfe, die von ihnen zurückkam, war überwältigend. Erik und Peter hatten bei Joschkas Eltern eine schöne Wohnung bekommen und auch wenn sie nicht viel Geld auf dem Bauernhof verdienten, waren sie mit ihrem neuen Leben sehr glücklich. Sie waren in einer großen Familie, die aus Menschen und Tieren bestand, angekommen. Die wundervolle Natur, die den Bauernhof umgab, sorgte dafür, dass Menschen und Tiere, die hier lebten, an jedem Tag neue Kraft schöpfen und zur Ruhe kommen konnten.
Sabine, die unter dem Tod ihrer Mutter sehr litt, hatte in Ruth eine neue Lebensgefährtin gefunden. Sie hatte Ruth, die als Krankenschwester arbeitete, im Krankenhaus kennengelernt, als sie eine Freundin in einer schweren Zeit begleiten musste. Ruth hatte Sabine getröstet und daraus war eine tiefe Liebe entstanden.
Nach Luises Tod war Ruth auf den Bauernhof gezogen, um Sabine in ihrer tiefen Trauer Trost zu spenden. Nach ein paar Monaten hatte Ruth ihre Wohnung gekündigt. So oft es ihr Dienstplan zuließ, half sie auf dem Bauernhof mit und unterstützte Joschka bei den kranken Tieren.
Ellen, die drei Kinder zu versorgen hatte und für die Kaninchen, die auf dem Bauernhof lebten, Sorge trug, unterstützte Sabine bei den hauswirtschaftlichen Arbeiten, die anfielen. Sabine arbeitete nur noch stundenweise. Sie kümmerte sich um die finanziellen Angelegenheiten und half, wo immer ihre Hilfe gebraucht wurde. Der Wunsch, das Lebenswerk ihrer Mutter fortzuführen, war für Sabine wichtig. Sabine war lange Zeit allein durchs Leben gegangen. Mit Ruth hatte sie nicht nur eine neue Lebensgefährtin, sondern eine Seelenverwandte gefunden. Sie hatten sich auf Anhieb gut verstanden, teilten gemeinsame Interessen und Ruth liebte Tiere über alles. Leider war Ruth bei Ihrem Job als Krankenschwester sehr eingespannt, sodass für die Mitarbeit auf dem Bauernhof nur wenig Zeit blieb.
Trotzdem half Ruth Joschka bei der Versorgung der kranken Tiere, so oft es ging.
Für Luise war es immer wichtig, dass Besucher auf dem Bauernhof willkommen waren. Besonders die Kinder lagen Luise am Herzen. Sie können eine Neue Zeit für die Tiere und die Natur gestalten, sagte Luise oft. Ellen und Sabine hatten dieses Anliegen der Streuneroma weitergeführt und so kamen in den Sommermonaten oft Schulklassen zum Bauernhof. Mit Unterstützung ihrer Kinder Lena und Paul hatte Ellen es sich zur Aufgabe gemacht die Kinder über den Hof zu führen, wobei es nicht selten vorkam, dass Lena und Paul diese Aufgabe fast ohne ihre Hilfe bewältigen konnten. Die beiden sprudelten nur so von Geschichten über die Streuneroma und die Tiere, die auf dem Bauernhof lebten. Ellen begleitete ihre Kinder mit der kleinen Lisa in einem Tragetuch über den Hof. Die Geschichten, welche Lena und Paul erzählten, begeisterten die Kinder und die Erwachsenen, sodass sie immer wieder zum Bauernhof kam. Lena und Paul konnten natürlich immer neue Geschichten erzählen und nicht selten veranstalteten die Kinder und ihre Lehrerinnen und Lehrer nach dem Besuch eine Spendenaktion für die Tiere, die auf dem Bauernhof lebten. Das waren sehr schöne Momente, über die sich die Menschen auf dem Bauernhof von ganzem Herzen freuten.
Zu den Besuchern auf dem Bauernhof gehörten auch die Feriengäste, die in der kleinen Ferienwohnung auf dem Bauernhof oder in der ehemaligen Scheune, die ebenfalls zu einer schönen Ferienwohnung geworden war, die Ferien verbrachten. Ihre Gäste gehörten größtenteils zu ihrer Gemeinschaft, denn sie kamen nicht selten mehrmals im Jahr zu Besuch. Sie kamen, um die Ruhe zu genießen und machten sich gerne auf dem Bauernhof nützlich. Der Kontakt zu den Tieren und den Menschen auf dem Bauernhof, die als große Familie zusammenlebten, schenkte ihnen neue Kraft für den Alltag. Für die Menschen auf dem Bauernhof waren die beiden Ferienwohnungen eine wichtige Einnahmequelle, denn die Versorgung der vielen Tiere kostete sehr viel Geld und ihr Lebensunterhalt musste ebenfalls finanziert werden. Weit über zweihundert Katzen, fünfundzwanzig Kaninchen, fünf Schafe, drei Kühe, sechs Ziegen, vier Schweine und drei Hunde lebten auf dem Bauernhof. Von den Katzen wurden so um die fünfzig an fünf Futterstellen um den Bauernhof oder im Dorf versorgt. Diese verwilderten Katzen tolerierten keine Menschen und gingen, nachdem sie kastriert, geimpft und, falls nötig, medizinisch versorgt waren, zurück in die Freiheit. Durch das Futter, das sie jeden Tag erhielten, hatten sie ein gutes Leben in