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Bauer Lanz liegt tot in seinem Sojafeld. Erschlagen! Jakob, der ebenso listige wie technikbegeisterte Kater, beobachtet interessiert die Ermittlungen der Polizei. Schnell verbreiten sich Gerüchte im beschaulichen Gründorf. Stecken vielleicht der Bioladeninhaber oder der Fabrikbesitzer aus dem Nachbarort dahinter? Oder ist etwa der Landwirt, dem das angrenzende Feld gehört, in den Fall verwickelt? Und was hat das alles mit einer Packung Lupinengeschnetzeltem zu tun? Als schließlich auch noch seine Freunde, die Mitglieder der örtlichen Umweltschutzgruppe, unter Mordverdacht geraten, setzt Kater Jakob alles daran, den Fall aufzuklären. »War das eine Aufregung in unserem schönen, ruhigen Gründorf!« Frau Dolling, Rentnerin »Endlich kann ich wieder ohne Bedenken im Biomarkt einkaufen!« Rosalie, Veganerin »Jakob hat den Fall gelöst, ich bin so stolz auf ihn!« Hannelore, Katze
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Seitenzahl: 271
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Kater Jakob ermittelt
Band 1
Der Fall
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Alles Bio
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Ermittlungen
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Technik
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Erfolg
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Kapitel 88
Kapitel 89
Epilog
»Jakob, kannst Du mal schnell mitkommen?«
Hannelore klang völlig verzweifelt.
»Was ist denn los, Hannelore?«, fragte Jakob.
»Ich glaube, mit meinem Dosenöffner stimmt was nicht! Er hätte schon vor zwei Stunden wieder hier sein müssen, um mir meine Dose Futter in meinen Napf zu geben, wie er es sonst jeden Tag tut. Weil aber niemand kam, bin ich los, um ihn zu suchen. Du weißt ja, dass er jeden Tag draußen auf dem Feld nach den großen Pflanzen schaut. Und da war er auch. Ich folgte seiner Fährte in das Feld und fand ihn am Boden. Er liegt jetzt da einfach mitten im Feld und reagiert nicht!«
»Normalerweise legen sich die Leute ja nachts zum Ausruhen und Schlafen auf diese weichen Möbel, auf die wir nur drauf können, wenn niemand in der Nähe ist. Aber ältere Leute legen sich auch schon mal tagsüber hin. Nur mitten in der Natur scheint mir das tatsächlich ziemlich ungewöhnlich. Komm, wir schauen mal gemeinsam. Zeig’ mir den genauen Platz!«
Das Feld lag glücklicherweise nur ein kleines Stück außerhalb des Dorfes. Die beiden kannten den Weg und das Feld vom täglichen Jagen gut. Am Feldrand gab es jede Menge Mäuse und oft erwischten sie auch welche. Aber heute war keine Zeit zum Jagen und Spielen. Jakob folgte Hannelore, die schnurstracks vom Feldweg aus ein paar Meter in das Feld hinein raste und erst direkt neben Herrn Lanz zum Stehen kam. Jakob hatte Mühe, ihr zu folgen.
Herr Lanz lag am Boden, mit dem Gesicht nach unten. Er rührte sich nicht.
Jakob stupste ihn zunächst sanft und dann immer stärker an. Keine Reaktion! Schließlich hieb er seine Krallen mit voller Kraft in die Handfläche vor ihm – nichts!
»Wirklich sehr ungewöhnlich!«, murmelte er, »Normalerweise wachen die Leute spätestens dabei auf. Ich glaube, er atmet auch nicht.«
»Was machen wir denn jetzt?«, wimmerte Hannelore, »Wir können ihn doch nicht tragen! Und vom Feldweg aus sieht man ihn nicht.«
»Wir müssen dafür sorgen, dass ihn ganz schnell jemand hier findet! Bleib’ du hier und versuche weiter, ihn zu wecken! Ich werde sehen, dass ich jemanden hierher lotse. Keine Sorge, mir fällt schon was ein!«
Das sagte er aber nur, um Hannelore zu beruhigen. Innerlich war er genau so verzweifelt wie sie. Was sollten sie nur tun? Ganz offensichtlich benötigte Herr Lanz schnell Hilfe. Aber wie sollten sie das anstellen? Ihn selbst ins Dorf zu schaffen, war völlig unmöglich. Menschen waren viel zu schwer, selbst für einen echten Muskelkater. Und jemandem Bescheid geben ging auch nicht so einfach. Zwar war es oft kein Problem, zu verstehen, was die Menschen von einem wollten. Aber direkt mit ihnen zu sprechen war natürlich nicht möglich, und jeder Versuch, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wurde als Schmuserei verstanden.
Mit diesen Gedanken machte sich Jakob auf zurück ins Dorf. Als er schon ein ganzes Stück auf dem Feldweg gegangen war, kam ihm plötzlich eine Idee. Um diese Zeit war doch immer der Nachbar von Herrn Lanz mit seinem Hund unterwegs!
Jakob kannte den Hund gut. Er hieß Heinrich, aber sie nannten ihn alle nur Heini. Er wusste zwar nicht, was er für eine Rasse war, aber er war nicht sehr groß und man konnte ihn leicht ärgern. Wenn man flink genug war, wurde man auch nicht von ihm erwischt. Jakob und seine Kumpel hatten ihn schon oft gefoppt und fast zur Weißglut gebracht.
Wenn es ihm irgendwie gelang, Heini zu Herrn Lanz zu locken, käme der Nachbar hinterher und würde Herrn Lanz finden! Jakob legte sich einen Plan zurecht. Er würde jetzt eine Zeit lang im Gebüsch am Wegrand warten. Falls der Nachbar und sein Hund auf ihrer Standard-Gassi-Runde unterwegs waren, müssten sie bald hier vorbei kommen. Wenn Jakob dann kurz vor den beiden über den Weg flitzen würde, bestand die Chance, dass sich der Hund losreißt und Jakob verfolgt. Dann galt es, so schnell wie möglich zu Hannelore und Herrn Lanz zu rennen. Es war gefährlich, aber die einzige Möglichkeit.
Nach ein paar endlosen Minuten sah Jakob tatsächlich den Nachbarn mit Heinrich den Feldweg entlang kommen. Jakob wurde es etwas mulmig. Was, wenn er nicht schnell genug war und diesmal von Heini erwischt wurde? Was, wenn Heini auf Hannelore zusprang und sie verletzte? Aber er musste doch dem armen Herrn Lanz helfen!
Als Herrchen und Hund schon ziemlich nahe waren, nahm Jakob allen Mut zusammen.
Er sprang aus dem Gebüsch auf den Weg direkt vor ihnen, fauchte Heini kurz an und rannte los. Hinter sich hörte er das wütende Gekläffe von Heini. Kam es tatsächlich langsam näher? Jakob konnte es nicht wagen, stehen zu bleiben, um sich umzusehen. Tatsächlich! Heinis Gebelle wurde lauter und der Nachbar schimpfte und pfiff hinter den beiden her. Erst als Jakob vom Weg in das Feld abbog, sah er im Augenwinkel, dass sein Plan bis hierher funktioniert hatte. Heini war ihm dicht auf den Fersen, seine Leine führerlos hinter sich her ziehend. Sein Herrchen rannte schimpfend und fluchend hinter den beiden her und hielt sich dabei das Handgelenk. Ein paar Meter weiter mussten Hannelore und Herr Lanz sein.
»Hannelore, Achtung!«, keuchte Jakob mit letzter Kraft, »Lauf nach rechts zum Weg, ich laufe nach links!«
Hannelore verstand und rannte los.
Heini war durch den plötzlichen Anblick von nun zwei seiner Erzfeinde so überrascht, dass er nicht wusste, wen er jetzt verfolgen sollte und so blieb er erst mal einfach stehen.
»Heinrich, du Lümmel! Was soll denn …«
Der Nachbar blieb verdutzt stehen. »Herr Lanz, was ist? Sind sie verletzt? Oh Gott!«
Aus einigen Metern Entfernung beobachteten Hannelore und Jakob, wie Heini wieder an die Leine genommen wurde und sein Herrchen aufgeregt in der Jackentasche wühlte. Er zog einen kleinen flachen Kasten heraus, tippte nervös darauf herum und sprach dann wild gestikulierend etwas in das Kästchen, was die beiden von ihrem Platz aus nicht verstehen konnten.
Kurz darauf gingen dann Herr und Hund an den Feldrand und blieben dort stehen. Als nach einigen Minuten tatsächlich ein Krankenwagen den Feldweg entlanggerast kam, wusste Jakob, dass sein Plan funktioniert hatte.
»Wo ist denn jetzt der Jakob schon wieder? Dieses Katzenvieh bringt einen noch zur Verzweiflung!«
Frau Dolling war verärgert. Sie hatte extra eine Dose von Jakobs Lieblingskatzenfutter geöffnet und jetzt lag das Futter schon den ganzen Nachmittag lang unberührt im Napf in der Ecke der kleinen Küche. Es kam öfters vor, dass sich Jakob einen Nachmittag lang nicht blicken ließ. Aber die Futterzeiten verpasste er im Allgemeinen nicht. Und dabei war sie heute Morgen extra nochmals einkaufen gegangen, denn der kleine Supermarkt hatte nicht immer die richtige Sorte vorrätig.
Frau Dolling lebte allein mit ihrem Kater in einem alten Haus am Rande von Gründorf. Eigentlich war das Haus zu groß für sie, aber für das Altersheim fühlte sie sich noch nicht reif. Sie war zwar schon etwas gebrechlich und musste mittlerweile einen Rollator für ihre Besorgungen verwenden, aber wenn man ihr begegnete, sah man immer noch in ein aufgewecktes und freundliches Gesicht mit neugierigen Augen. Sie bekam mehr von der Welt um sich herum mit als so mancher Jugendliche, der außer dem Handydisplay vor seiner Nase nichts mehr kennt.
Erst letzte Woche hatte sie bemerkt, dass die beiden Landwirte in den Häusern schräg gegenüber wohl Streit hatten. Es ging irgendwie um die Grenze zwischen ihren beiden Feldern und dass einer dem anderen die Ernte gefährde.
Schade, dass sie nicht das ganze Gespräch von Anfang an hatte verfolgen können. Dabei hatten sich die beiden bisher immer gut verstanden und sie waren eigentlich ganz nett, auch wenn der Hund von Herrn Hurtler die Nachbarschaft manchmal durch seine Gekläffe ganz schön stören konnte. Frau Dolling hatte sich jedoch darüber nie beschwert, weil sie schon manches Mal beobachten konnte, wie ihr Kater den Hund ärgerte und dieser erst deswegen zu bellen begann.
Für morgen hatte sich ihre Enkelin Rosalie angekündigt. Sie wollte zum Essen kommen, bevor sie sich mit ihrer Umweltgruppe trifft. Da Rosalie Veganerin war, war es jedes Mal interessant, was als Essenswunsch an Oma herangetragen wurde. Rosalie hatte immer einige Sonderwünsche, die Frau Dolling jedoch gerne erfüllte. Deshalb war sie heute auch zweimal Einkaufen gewesen.
Diesmal wünschte sich Rosalie Lupinengeschnetzeltes. Zum Glück gab es im Dorf einen Biomarkt, der solche exotischen Dinge verkaufte. Der Besitzer des Bioladens hatte Frau Dolling sogar erzählt, dass die Lupinen ganz in der Nähe angebaut wurden und alles im Nachbarort in der Fabrik von Herrn Bonner hergestellt wurde. Der zweite Einkauf an diesem Morgen führte sie dann in den Supermarkt gleich um die Ecke. Alles auf einmal zu transportieren wäre zu viel gewesen.
Gerade als sich Frau Dolling an den Küchentisch gesetzt hatte, um die Verpackungsangaben des Lupinengeschnetzelten zu studieren, kam endlich auch Jakob zur Terrassentüre herein. Diesmal in Begleitung der zierlichen weißen Katze, die sie schon öfter in Begleitung von Jakob gesehen hatte. Beide machten sich mit Heißhunger über das Futter in Jakobs Fressnapf her.
»Na, ihr Schlawiner, habt ihr vor lauter Geturtel das Essen vergessen?«, lachte Frau Dolling.
Die Katzen hörten aber nicht zu.
»Rettungsleitstelle Kreis Wallhau – Guten Tag!«
»Ja, hier – Sie müssen kommen, der Lanz …«
»Bitte beruhigen Sie sich! Was ist passiert?«
»Hier, im Feld, der Lanz, der liegt da! Ich glaube der ist tot!«
»Hören Sie, wenn wir helfen sollen, müssen Sie uns genaue Informationen geben. Also: Wer spricht und was ist genau passiert?«
»Ich bin Alois Hurtler. Ich – also mein Hund – wir haben den Lanz hier gefunden. Der liegt hier in seinem Sojafeld und atmet nicht mehr!«
»Und wo ist dieses Feld?«
»Gleich außerhalb von Gründorf – wissen Sie – der Feldweg zum Wehr – gleich rechts.«
»Gut, Gründorf Richtung Wehr, eine bewusstlose Person. Ist die Person verletzt?«
»Der liegt so da, also – weiß nicht. Ich habe ihn doch hier nur gefunden!«
»Hören Sie gut zu, Herr Hurtler! Ich schicke sofort einen Rettungswagen zu ihnen. Sind Sie allein vor Ort?«
»Ja! Muss ich den jetzt so anders hinlegen oder so? Der fühlt sich schon so kalt an …«
»Wenn Sie können, leiten Sie Wiederbelebungsmaßnahmen ein! Sie wissen schon: Herzmassage, Beatmung.«
«Wie? Ääh …«
«Warten Sie bitte auf alle Fälle am Rand des Feldwegs und weisen Sie die Sanitäter ein! Haben Sie verstanden?«
»Ja, warten – am Weg. Aber der Lanz?!«
»Ein Wagen ist bereits zu ihnen unterwegs. Ich habe hier ihre Handynummer im Display. Lassen Sie ihr Handy eingeschaltet, falls wir Sie kontaktieren müssen! Bewahren Sie Ruhe! Ich beende jetzt das Gespräch.«
»Ist gut. Danke.«
»Also, das kommt mir doch reichlich komisch vor! Besser, ich schicke auch noch den Notarzt und einen Streifenwagen vorbei. Gründorf hat doch einen eigenen Polizeiposten! Wo ist denn gleich die Durchwahl? – Ah, hier!«
Junge, Junge – so viel war hier draußen schon lange nicht mehr los! Jakob und Hannelore beobachteten aus sicherer Entfernung gut versteckt im Sojafeld das Treiben.
Nachdem Herr Hurtler eine Zeit lang aufgeregt gesprochen und sich dabei immer wieder über Herrn Lanz gebeugt hatte, war er zusammen mit Heini zurück zum Feldweg gegangen. Das hatte Jakob genutzt, um die verängstigte Hannelore zu suchen. Kaum hatte er sie zwei Reihen weiter im Feld gefunden, brauste ein großer rot-weißer Wagen mit Blaulicht heran. Zwei Personen mit roten Jacken und weißen Hosen stiegen aus. Sie machten sich schwer bepackt auf zu der Stelle, wo Herr Lanz lag. Begleitet wurden sie dabei von einem wild fuchtelnden Herrn Hurtler und dem bellenden Heini.
Kurz darauf raste ein weiteres rot-weißes Fahrzeug den Feldweg heran. Hätte Jakob lesen können, so hätte er in großen Buchstaben das Wort ›Notarzt‹ auf dem Fahrzeug erkannt. Auch aus diesem Fahrzeug stieg ein Mann in roter Jacke und mit Tasche. Er hatte graue Haare und war etwas älter als die beiden anderen aus dem großen Fahrzeug. Der Mann ging ebenfalls zu der Unglücksstelle.
Als sich Heini schließlich endlich beruhigt hatte, senkte sich eine seltsame Stille über das Feld. Der ältere Mann beugte sich eine Weile über Herrn Lanz. Schließlich erhob er sich wieder. Er sprach kurz mit den anderen Personen. Dann ging er zurück Richtung Feldweg.
Er war schon fast bei seinem Wagen angekommen, als ein weiteres, diesmal silberblaues Fahrzeug mit Blaulicht angefahren kam. Jakob kannte dieses Fahrzeug. Es war ein Streifenwagen der Polizei und gehörte den netten Männern, die er öfters auf der Gründorfer Polizeistation besuchte.
Und richtig – einer von Jakobs Bekannten stieg aus und unterhielt sich kurz mit dem grauhaarigen Mann, der Zweite blieb im Wagen sitzen und sprach noch eine Zeit lang in eine Art Telefonhörer. Schließlich stieg auch dieser Mann aus, ging zum Kofferraum des Wagens, kramte eine Weile darin herum und zog schließlich eine große Rolle rotweißes Absperrband und ein paar Stangen hervor. Damit begann er, den Teil des Feldes, wo Herr Lanz lag, in großem Bogen abzusperren.
Währenddessen war der ältere rot gekleidete Mann mit seinem Fahrzeug schon wieder auf dem Weg zurück ins Dorf. Die beiden Katzen warteten gespannt, was als Nächstes passieren würde.
Auch die beiden anderen Männer nahmen kurz darauf ihre Taschen und kehrten zu ihrem Wagen zurück. Der erste Polizist war unterdessen zu Herrn Hurtler gegangen und die beiden sprachen nun miteinander. Der zweite Polizist hatte inzwischen die Absperrung vollständig aufgebaut und begann nun, einige Fotos zu machen.
Abgesehen von einzelnen Sätzen in das schwarze Kästchen des ersten Polizisten wurde inzwischen kein Wort mehr gewechselt.
Jakob dachte, dass sich nun die Situation wohl beruhigt hatte und Hannelore wollte gerade ein paar Schritte aus ihrer Deckung machen, als wieder ein Fahrzeug den Feldweg entlang kam. So ein Fahrzeug hatte Jakob noch nie gesehen. Es sah wie ein normales Fahrzeug aus, hatte aber ein einzelnes Blaulicht auf dem Dach, das müde vor sich hin blinkte. Drei komplett in weiße Anzüge gehüllte Personen entstiegen dem Fahrzeug und begannen, Unmengen an Koffern und Taschen auf das Feld zu schleppen.
Das musste der Spurensicherungstrupp sein! Jakob hatte dieses Wort einmal auf der Polizeistation bei einem seiner Besuche aufgeschnappt und es kam ihm ungeheuer wichtig und aufregend vor. Aber jetzt hier mitten in einem grünen Feld Leute in weißen Ganzkörperanzügen zu sehen, kam ihm doch etwas seltsam vor. Es wurde gemessen und notiert, wieder in schwarze Kästchen gesprochen und es wurden noch mehr Fotos gemacht.
Der Krankenwagen war inzwischen auch wieder Richtung Wallhau aufgebrochen. Er machte Platz für einen weiteren Wagen, diesmal ein langer schwarzer Kombi mit silbernen Vorhängen an den hinteren Fenstern.
Jakobs Magen krampfte sich zusammen. Auch diesen Wagen hatte er schon einmal gesehen – damals vor ein paar Jahren, als sich sein Herrchen auch hingelegt hatte und nicht mehr aufstehen wollte. Auch damals war nach einiger Aufregung dieser Wagen vorgefahren. Zwei Männer in eleganten schwarzen Anzügen waren ins Haus gekommen und hatten sein Herrchen in ein langes transportables Bett gelegt. Das hatten sie dann in dieses Auto geschoben und waren mit ihm davongefahren. Seither war sein Herrchen fort.
Jakob wurde klar, dass nun wohl auch Herr Lanz in diesem Wagen davongefahren und nie mehr wiederkommen würde. Er drehte sich zu Hannelore um, die alles verängstigt beobachtet hatte.
»Hannelore ...«, begann er vorsichtig, »die Menschen legen sich manchmal einfach hin und dann kommen diese Männer, nehmen sie mit und sie kommen nicht mehr zurück. Ich glaube, das ist es, was die Menschen ›sterben‹ nennen. Du solltest heute auf alle Fälle mit zu mir kommen, denn zu Hause wird heute niemand auf dich warten.«
Hannelore fing an zu zittern, beobachtete aber tapfer weiter, was passierte. Und wie Jakob richtig vermutet hatte, wurde nun Herr Lanz vorsichtig hochgehoben und in ein tragbares silbernes Bett gelegt. Dass dabei etwas aus seiner Jackentasche gefallen und zwischen den Sojapflanzen verschwunden war, schien außer Jakob niemand bemerkt zu haben. Er hatte ja auch so knapp über dem Erdboden einen besseren Blickwinkel als die Männer in den schwarzen Anzügen.
Langsam wurde es wieder leerer auf dem Feld. Die Männer in den schwarzen Anzügen waren mit Herrn Lanz langsam zum Dorf zurückgefahren und die Personen in den weißen Anzügen hatten ihre Ausrüstung wieder im Wagen verstaut und waren nun ebenfalls auf dem Weg zurück. Herr Hurtler und Heini fuhren auf dem Rücksitz des Streifenwagens mit den beiden Polizisten mit und schließlich waren Jakob und Hannelore ganz alleine im Feld.
Jetzt war es ganz still, nur die rot-weiße Absperrung bewegte sich langsam im Wind. Nun konnte sich Jakob endlich vorwagen, um zu schauen, was da aus der Tasche gefallen war. Er musste eine ganze Weile suchen, aber schließlich fand er unter Blättern und Wurzeln eines dieser kleinen Kästchen, auf das die Menschen immer stundenlang starren und sich auch manchmal ans Ohr halten und damit sprechen. Sie nannten es ›Handy‹. Hannelore erkannte es sofort, es war das Handy von Herrn Lanz.
»Das können wir doch nicht einfach hier liegen lassen!« Jakob betrachtete das Ding genauer. Es war nicht besonders groß. »Am besten wir nehmen es mit nach Hause«, schlug er vor.
Hannelore nickte nur. Jakob schnappte sich das Handy und trug es wie eine Maus in seinem Maul. Aber es war doch schwerer als gedacht und außerdem ziemlich glatt. Er hatte Mühe, es sicher zu halten. Schließlich wurde es ihm zu schwer und so versteckten sie es auf halbem Wege im Gebüsch. Jakob würde es dann heute Abend holen und bis nach Hause tragen.
»Oh nein – nicht schon wieder Gründorf!«, seufzte die Kriminalinspekteurin der Wallhauer Polizei. Das wäre jetzt bereits das dritte Mal in einem Jahr, dass das Örtchen Gründorf in die Schlagzeilen geriete. Nach dem lächerlichen Skandal um das Hanffeld und die Schlägerei bei der Demo jetzt noch ein Gewaltverbrechen! Sie beschloss, die beiden anderen Fälle noch einmal zu sichten, bevor die Reporterin zur Pressekonferenz eintraf.
Aus dem Archiv holte sie sich die beiden Mappen, suchte die Zeitungsausschnitte heraus und begann zu lesen:
Drogensumpf in Gründorf
Hanffeld sorgt für Aufregung
Von unserer Redakteurin Rebecca Rath
Spaziergänger haben am vergangenen Samstag ein Feld mit Hanf in der Gemarkung Gründorf entdeckt. Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot an und sperrte das Feld ab. Anschließend wurde es unter Aufsicht geerntet und der Hanf beschlagnahmt.
So weit ist es also im idyllischen Gründorf schon gekommen! Internationale Drogenhändler können unbesorgt ganze Ackerflächen für ihre illegalen Geschäfte nutzen. Unsere Jugendlichen stehen vor einer Drogenkarriere! Bereits in den letzten Tagen waren auffällig viele Spaziergänger in dem kleinen Waldstück neben dem jetzt entdeckten Feld gesehen worden. Nachdem das Feld nun abgeerntet ist, beruhigt sich die Lage vor Ort wieder. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass in unmittelbarer Umgebung weitere Anpflanzungen gefunden werden. In den nächsten Tagen soll eine Erkundung per Hubschrauber erfolgen, so ein Polizeisprecher.
Das mit dem Hubschrauber war natürlich nicht ernsthaft in Erwägung gezogen worden. Dazu hätte ihr Vorgesetzter auch niemals sein Einverständnis gegeben. Eine Stunde Hubschraubereinsatz hätte fast das Monatsbudget seiner kleinen Kriminalabteilung aufgezehrt. Aber es kam ja auch alles ganz anders:
Neues vom Drogenfeld
Aufregung löst sich in Rauch auf
Von unserer Redakteurin Rebecca Rath
Beim Fall des neulich entdeckten Hanffeldes hat sich eine Wendung ergeben. Wie aus gut informierten Kreisen verlautete, handelt es sich bei der vorgefundenen Hanfsorte um sogenannten Nutzhanf. Dieser darf legal angebaut werden. Der betreffende ortsansässige Landwirt konnte Unterlagen vorlegen, aus denen hervorging, dass die Hanfsorte für Hanfmehl, Hanfflocken und sogar für Kleidung und Pflegeprodukte verwendet wird und für Rauschmittel gänzlich ungeeignet ist.
Der Gehalt an berauschenden Bestandteilen ist bei dieser Pflanzensorte so gering, dass für die Bevölkerung keine Gefahr besteht.
Ja, die gute Rebecca! Die ganze Bevölkerung hatte damals wohl nichts anderes zu tun, als dem armen Landwirt seinen Hanf wegzurauchen.
Aber dann hatte Rebecca noch einen weiteren Skandal verursacht und Schüler mit Schlägertrupps gleichgesetzt. Diese Geschichte war fast noch besser:
Unschuldiger Spaziergänger von Schlägertrupp verletzt
Gründorfer Wege nicht mehr sicher
Von unserer Redakteurin Rebecca Rath
Bei einer Demonstration gegen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen. Wie Augenzeugen berichten, gingen Mitglieder einer militanten Umweltschutzgruppe brutal auf einen unbeteiligten Spaziergänger los und verletzten ihn schwer.
Nur durch das beherzte Eingreifen der Polizei konnte Schlimmeres verhindert werden.
Diese Geschichte hätte beinahe ein disziplinarisches Nachspiel für den Kollegen aus Gründorf gehabt. Die internen Ermittlungen gegen ihn wurden von der Landespolizeidirektion geleitet. Zum Glück stellte sich am Ende die ganze Sache weit weniger dramatisch dar als von Rebecca geschildert. Ein paar engagierte Schüler waren mit Plakaten vor dem frisch gepflanzten Feld aufgezogen und sprachen vorbeikommende Spaziergänger an, um auf die Pflanzen aufmerksam zu machen. Sie erklärten ihnen, dass sich hier genmanipulierte Pflanzen in einem Versuchsanbau befänden und dies eine Gefahr für die Umwelt darstelle.
Einer der Spaziergänger lies sich zu der Bemerkung hinreißen, dass sie lieber nach Hause gehen und etwas lernen sollten, statt hier rumzustehen. Daraufhin schlug einer der Schüler ihn mit der Hand gegen die Schulter. Das beherzte Eingreifen der Polizei beschränkte sich darauf, den Schüler zurechtzuweisen und die Anzeige wegen Körperverletzung aufzunehmen. Seitdem war die Sache natürlich aktenkundig.
Der Inspekteurin war schon ganz mulmig, welche Geschichte Rebecca jetzt wieder in die Zeitung und damit in die Welt setzen würde, wenn sie erfuhr, dass der Mann im Sojafeld tatsächlich eines gewaltsamen Todes gestorben war.
»Frau Inspekteurin, die Presse wäre jetzt da«, meldete sich ihre Assistentin aus dem Vorzimmer.
»Frau Rath soll im kleinen Zimmer Platz nehmen, ich komme.«
Sie nahm die Akte und erhob sich.
»Na, dann wollen wir mal.«
Heute gab es wieder mal nur dieses tröge Trockenfutter. Jakob wandte sich nach ein paar Bissen enttäuscht von seinem Fressnapf ab. Er nahm noch ein paar Schluck Wasser und beschloss dann, sich nach etwas Besserem umzusehen.
Durch die Terrassentür in der Küche, die meist einen Spalt offen war, trottete er ins Freie. Sein erster Weg führte ihn zum Spielplatz. Aber hier war heute nichts los. Die nächste Station auf seinem Rundgang war die kleine Polizeistation des Ortes. Hier war immer jemand anzutreffen, und jeder der Polizisten kannte ihn bereits und freute sich, wenn Jakob wieder einmal vorbei schaute, um ihnen die Dienstzeit zwischen Bereitschaft und Papierkram zu verkürzen. Außerdem gab es hier häufig ein paar leckere Bissen abzustauben.
Auch heute wurde er nicht enttäuscht. Mit einem freundlichen »Na, da kommt ja unser vierbeiniger Freund wieder!«, wurde er begrüßt. Er ließ sich eine Weile von den Beamten streicheln und hatte wieder einmal Glück, denn es standen noch ein paar Schokokekse auf dem Tisch, von denen er einen abbekam.
»Was machen wir jetzt mit dem Jungen?«
Die Frage kam vom anderen Ende des Zimmers. Dort saß der diensthabende Stationsleiter vor seiner Schreibmaschine und war dabei, den Bericht vom ersten Einsatz des Tages zu tippen.
»Die Anzeige gegen ihn wurde erstattet, da können wir nichts ändern. Aber wenn seine Geschichte stimmt und uns jemand früher so angeschnauzt hätte, hätten wir doch auch so reagiert, oder?«
»Du vielleicht, ich nicht. Ich hätte mich als Junge nie getraut, einen Erwachsenen zu schlagen.«
»Aber schlussendlich steht hier Aussage gegen Aussage. Die Zeugen von beiden Seiten sind gleich glaubwürdig und gleich voreingenommen.«
»Ja, aber um eine offizielle Verwarnung kommt der Junge nicht herum. Sag’ ihm, dass er in Zukunft solche Tätlichkeiten zu unterlassen hat und schicke ihn nach Hause – oder was meinst Du?«, wandte er sich an den Kater zu seinen Füßen.
»Miau!«, stimmte Jakob zu. Aber eigentlich war er mehr mit seinem Schokokeks beschäftigt.
Die Redakteurin saß bereits in der ersten der beiden Stuhlreihen und hatte Stift und Notizblock erwartungsvoll in den Händen.
Eigentlich wäre die offizielle Begrüßung so etwas wie ›Sehr geehrte Damen und Herren, werte Vertreter der Presse‹ gewesen. Aber weil nur eine Person anwesend war, sagte die Inspekteurin einfach: »Hallo Rebecca!«
Sie kannten sich schon seit der Schule. Nach dem Abitur trennten sich ihre Wege. Während sie selbst unbedingt zur Polizei wollte, schob Rebecca erst mal ein freiwilliges soziales Jahr ein; ›um sich zu orientieren‹, wie sie damals sagte.
Sie selbst ging auf die Polizeischule. Es folgten zwei Jahre Streifendienst, dann der Wechsel zur Kripo, der Besuch der Polizeiakademie und schließlich eine Beamtenlaufbahn in dem Dezernat, das für die Untersuchung von Gewaltverbrechen zuständig war. Ihren Mann, ebenfalls im Polizeidienst, sah sie durch dessen Schichtarbeit im Streifendienst und ihre ständigen Überstunden nur selten.
Rebecca dagegen reiste eine Weile um die Welt, lernte einen jungen Mann kennen und bekam zwei Kinder. Die Beziehung scheiterte jedoch und so war sie nun alleinerziehende Mutter. Während die Kinder größtenteils bei der Oma aufwuchsen, besuchte sie die Journalistenschule und war nun die Lokaltante beim Wallhauer Boten.
Die Inspekteurin fragte sich oft, wer von ihnen beiden eigentlich das glücklichere Leben führte.
»Hi, Birgit – stimmt das, ein echter Mord? Klasse!«
»Im Moment sprechen wir besser von einem Gewaltverbrechen. Aber der Reihe nach! Hier sind die Einzelheiten: Gestern Nachmittag gegen sechzehn Uhr vierzig ging bei der Rettungsleitstelle Wallhau ein Notruf ein. Darin wurde eine leblose Person auf einem Gründorfer Sojafeld gemeldet. Bei dem Opfer handelt es sich um den neunundfünfzig-jährigen Landwirt Horst Lanz aus Gründorf. Der eintreffende Notarzt konnte nur noch den Tod der Person feststellen. Die daraufhin eingeleiteten polizeilichen Untersuchungen legten den Schluss nahe, dass es sich hier um ein Tötungsdelikt handeln könnte. Aus diesem Grund wurde die Spurensicherung hinzugezogen und das Opfer gerichtsmedizinisch untersucht.«
»Wow, da mache ich eine Serie draus, das gibt mindestens drei Seiten!«
»Der Gerichtsmediziner stellte Spuren einer Gewalteinwirkung fest. Das Opfer wurde mit einem stumpfen Gegenstand, etwa einem Spatenstiel oder Ähnliches, von hinten am Kopf und im Nackenbereich getroffen. Ein weiterer Schlag traf den Rücken oberhalb der Nierengegend. Durch die Wucht der Schläge auf den Kopf wurde das Opfer höchstwahrscheinlich sofort bewusstlos. Eine Verletzung der Nerven im Bereich der Halswirbel führte dazu, dass die Atmung aussetzte, sodass das Opfer noch am Tatort verstarb.
Vom Täter fehlt noch jede Spur. Kenntnisse über ein mögliches Motiv liegen uns derzeit nicht vor. Ach ja, und bitte vergiss nicht: Wir bitten jeden, der gestern Nachmittag verdächtige Beobachtungen im Bereich Gründorfer Wehr gemacht hat, sich bei der Polizei zu melden.«
Einen Moment lang war es still in dem kleinen Raum. Dann brach es aus Rebecca heraus:
»Das wird mein großes Ding! Ich werde sofort … Das war bestimmt …«
»Rebecca, bitte! Keine phantasievollen Ausschmückungen! Wir wollen die Leute informieren, nicht unterhalten. Es gab schließlich einen Toten!«
»Natürlich. Gibt es Bilder vom Opfer, Röntgenaufnahmen, ein Phantombild? Ich brauche alles!«
»Ein Phantombild – von wem? Wir kennen weder Täter noch Tatmotiv. Wenn sich niemand meldet, der was gesehen hat, kommen wir in dieser Sache auch nicht viel weiter.«
Bevor Rebecca ihre Kinder wieder bei der Oma abholen musste, waren noch zwei Stunden Zeit.
Der Gedanke an den Mordfall in Gründorf ließ sie nicht mehr los. Wenn Sie in dieser Sache alles richtig machte, konnte sie vielleicht endlich den Lokalteil der Zeitung loswerden und die Redaktion wechseln. Sie hasste es schon lange, ständig nur über Dorffeste und Turnhalleneinweihungen berichten zu müssen.
Das Opfer, dieser Landwirt Lanz – sie hatte schon mal über ihn berichtet! Sie ging in ihr Arbeitszimmer, setzte sich an ihren Rechner und begann, ihre alten Reportagen durchzuforsten. Es musste vor etwa zwei Jahren gewesen sein. Es war damals ihr erster größerer Beitrag für den Wallhauer Boten nach ihrem Volontariat. Schließlich fand sie den Artikel:
Gründorf wird Bio
Landwirte beteiligen sich an neuem Projekt
Von unserer Redakteurin Rebecca Rath
Die Gesundheits- und Bio-Welle erreicht jetzt auch unser beschauliches Gründorf. Auf Initiative des Fabrikanten und Unternehmers Benjamin Bonner haben sich mehrere Landwirte zu einer Zweckgemeinschaft zusammengeschlossen. Ziel dieser Gemeinschaft ist es, die Höfe und Felder der Mitglieder auf Bioproduktion umzustellen. Mit dem Anbau neuer Pflanzen- und Getreidearten soll noch dieses Jahr begonnen werden.
Lesen Sie dazu auch unser Interview auf Seite 5.
Richtig – das Interview! Sie erinnerte sich noch genau. Drei Landwirte aus Gründorf, der dicke Fabrikbesitzer aus dem Nachbardorf, ein Kater – und sie als frischgebackene Redakteurin – saßen in dem kleinen Nebenraum der Dorfkneipe. Sie konnte jetzt noch die abgestandene, nach Bier und kaltem Zigarettenrauch miefende Luft in dem Zimmer riechen und die misstrauischen Blicke der Männer spüren. Das Interview verlief schleppend und sie arbeitete danach bis spät in die Nacht, um aus ihren Notizen einen halbwegs brauchbaren Beitrag zusammenzubasteln.
Nach kurzer Suche fand sie den Interviewbeitrag und las ihn noch einmal durch.
Die Bio-Zweckgemeinschaft
Ein Wallhauer Bote Exklusivinterview
Von unserer Redakteurin Rebecca Rath
Wir sprachen für unsere Reihe mit Exklusivinterviews dieses Mal mit den Mitgliedern der neu gegründeten Zweckgemeinschaft für Bioanbau in Gründorf.
Herr Bonner, um was für ein Projekt handelt es sich bei ihrer neuen Zweckgemeinschaft genau?
Bonner:Nun, die Idee hinter dem Ganzen ist, dass wir versuchen wollen, unter der Marke ›Bonners Bestes Bio‹ reine lokale Bioprodukte zu produzieren. Mir als Hersteller der Produkte ist es dabei ganz wichtig, die Herkunft aller Rohstoffe zu kennen. Und auch der persönliche Kontakt zu meinen Lieferanten steht ganz oben auf meiner Liste.
Ich bin froh, mit Herrn Hurtler und Herrn Lanz zwei Landwirte für meine Idee gefunden zu haben, die bereit sind, mit mir gemeinsam diesen Schritt zu wagen.
Herr Lanz, was genau ist ihre Aufgabe in dem Projekt?
Lanz:Ich baue auf meinen Äckern und Feldern schon seit Jahren Kartoffeln und Getreide an. Jetzt kam Herr Bonner auf mich zu und fragte, ob ich nicht für ihn Soja und Lupinen anbauen könnte.
Wissen Sie, mit dem neumodischen Zeug habe ich eigentlich nichts am Hut. Aber man muss ja auch mal was Neues wagen! Mit dem herkömmlichen Anbau verdient man ja nichts mehr.
Herr Hurtler, was tragen Sie zu diesem Projekt bei?
Hurtler:Mein Betrieb arbeitet schon lange daran, mit weniger Dünge- und Spritzmitteln auszukommen. Jetzt stellen wir ganz auf Bio um und liefern die Produkte direkt an Herrn Bonner für seine Produktion.
Bonner:Das ist ja gerade das Neue an diesem Vorgehen. Ich kann dem Kunden die Namen meiner Lieferanten nennen und jedes meiner Produkte bis auf den Acker zurückverfolgen. Das schafft Vertrauen!
Ist dieses Vorgehen nicht aufwendig?
Lanz:Wir bauen andere Sorten an, aber die Arbeit ist die gleiche.
Bonner:Wir haben mehr Aufwand für die Dokumentation und natürlich ist die Verarbeitung kleinerer Mengen aufwendiger und teurer. Aber ich bin sicher, dass der Kunde diesen Aufpreis akzeptieren wird.
Ich habe viel Geld in die Umrüstung meiner Fabrik gesteckt. Nun können wir unsere Produkte in kleinen Mengen kostendeckend und flexibel produzieren.
Hurtler:Ich rechne mit einem höheren Arbeitsaufwand im ersten Jahr. Wenn wir die Arbeit dann im Griff haben, wird der Lupinenanbau sogar weniger Aufwand erfordern, weil die ganze Spritzerei gegen Schädlinge wegfällt.
Was genau stellen sie eigentlich her?
Bonner:Wir haben bereits begonnen, Müsliriegel und Fruchtschnitten herzustellen. Die Zutaten muss ich im Moment noch überregional zukaufen. Sobald die erste Ernte von Herrn Hurtler eingebracht wird, machen wir Lupinensteaks aus seinen Lupinen. Und wenn Herr Lanz seine Sojabohnen aus eigenem Anbau anliefert, läuft unsere Tofuproduktion an.
Meine Herren, ich wünsche Ihnen viel Erfolg! Vielen Dank für das Interview!
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