Tödliche Entsorgung - Roland Bühs - E-Book

Tödliche Entsorgung E-Book

Roland Bühs

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Beschreibung

Der Schein trügt Eine Tote im Stadtgraben stellt das erfolgreiche Team Schilling und Dunker vor eine schwierige Aufgabe. Sind das Resultate eines Drogenkriegs? Oder sollten etwa biedere Geschäftsleute darin verwickelt sein? Anscheinend sagt niemand die Wahrheit, die jemand mit einer weiteren Bluttat verbergen will. Und warum stellen Bremer Polizisten zu einer Chemieanlage in Ritterhude Nachforschungen an? Die beiden Kommissare der Wall-Wache tappen im Dunkeln – bis eine der Spuren sie Richtung Teufelsmoor führt. Dort geraten nicht nur die beiden Kommissare in Gefahr und steuern blindlings einem rasanten Finale entgegen.

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Seitenzahl: 354

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Roland Bühs

Tödliche Entsorgung

Kriminalroman

Wall-Wache

Band 2

KellnerVerlag

Dieses Buch ist bei der Deutschen Nationalbibliothek registriert. Die bibliografischen Daten können online angesehen werden:http://dnb.d-nb.de

Impressum

© 2017 KellnerVerlag, Bremen • Boston

St.-Pauli-Deich 3 • 28199 BremenTel. 0421-77866 • Fax 0421-704058 [email protected] • www.kellnerverlag.de

Lektorat: Sebastian LiedtkeSatz und Umschlag: Roland Bühsunter Verwendung von Fotos von pixelio.de

ISBN 978-3-95651-132-5

Die Handlung und Figuren dieses Romans sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind nicht beabsichtigt und wären rein zufällig.

Ich danke meiner Schwester Waltraud Mika für ihre hilfreichen Vorschläge zum Manuskript.

Der Schein trügt

Eine Tote im Stadtgraben stellt das erfolgreiche Team Schilling und Dunker vor eine schwierige Aufgabe. Sind das Resultate eines Drogenkriegs?

Oder sollten etwa biedere Geschäftsleute darin verwickelt sein? Anscheinend sagt niemand die Wahrheit, die jemand mit einer weiteren Bluttat verbergen will.

Und warum stellen Bremer Polizisten zu einer Chemieanlage in Ritterhude Nachforschungen an?

Die beiden Kommissare der Wall-Wache tappen im Dunkeln – bis eine der Spuren sie Richtung Teufelsmoor führt. Dort geraten nicht nur die beiden Kommissare in Gefahr und steuern blindlings einem rasanten Finale entgegen.

Roland Bühs, Jg. 1949, lebt seit fast sechzig Jahren in Bremen. Er veröffentlichte mehrere Bücher, viele Illustrationen und Cartoons. ›Tödliche Entsorgung‹ ist sein zweiter Bremen-Krimi, dem noch weitere über die ›Wall-Wache‹ folgen werden.

1

An diesem späten Abend roch die Stadt nach Erde. Alles war feucht, und die Scheinwerfer der Autos wiesen mit ihren hellen Fingern den Weg. Die Reifen zischten leise auf dem nassen Asphalt, die wenigen Fußgänger versteckten sich unter ihren Schirmen, Hüten und Mützen und beugten ihre Köpfe, um dem Regen auszuweichen.

Der Regen, der seit Tagen aus dunklen Wolken fiel, ließ die Wallanlagen im Herzen Bremens verlassen erscheinen und verwandelte die Nebenwege in schlammige Pfade mit flachen Pfützen. Die Fassaden der nahen Häuser waren gerade noch zu erkennen, aber verschwanden immer wieder hinter dem Regenvorhang. Nur wenige Fenster waren bereits erleuchtet und bildeten seltsame Orientierungspunkte in dem Durcheinander der grauen Schatten.

Dies alles war kein Grund für Michael Zinke, auf seinen täglichen Fitness-Gang zu verzichten. Unruhig griff er in die Manteltasche und kontrollierte zum wiederholten Male, ob er seine kleine Nikon dabei hatte. Fotografieren war seine Leidenschaft, und er dokumentierte jeden Tag seine Spaziergänge. Vielleicht hätte er heute Glück und fände ein interessantes Motiv. Die Rosselenker-Skulptur zum Beispiel nach der kleinen Brücke, der Spaßvögel eine neuen, bizarren Verkleidung verpasst hatten, oder irgendeinen, sich auf einem Foto sozialromantisch ausmachenden Obdachlosen auf einer Parkbank? Aber heute war das Wetter vielleicht dafür zu schlecht. Na ja, mal sehen. Manchmal gelang es ihm trotzdem, interessante Fotos zu machen, um sie später in seinem Blog zu veröffentlichen.

Der Weg vom Wandrahm führte ihn auf die kleine Brücke, die den Fedelhören mit der Innenstadt verband, und er blieb kurz stehen. Er würde gleich zügig von der Straße herunter zum unteren Pfad der Wallanlagen laufen, am Ostertorsteinweg ein kleines Bier trinken, um auf dem oberen Weg wieder zurückzugehen.

Eine Joggerin, eine Frau in hellem Anzug und leuchtend grünen Schuhen, lief plötzlich ein Dutzend Meter von ihm entfernt wie in einem Werbespot am Wasser Richtung Kunsthalle entlang. Das dunkle Haar war mit einem Band zusammengebunden, und sie bewegte sich elegant, fast schwebend. Bald verschluckte die Dunkelheit sie, so dass er die Frau schnell aus den Augen verlor. Würde er die Frau vielleicht später in der Kneipe treffen? Unwahrscheinlich, entschied er und ging weiter.

Nach kurzer Zeit hatte er den schmalen Pfad direkt am Graben erreicht. Zinke hatte trotz der Kälte zu schwitzen begonnen, ein Tribut, das der regendichte Mantel bei diesem Wetter von ihm forderte.

So dicht am Wasser hatte die Feuchtigkeit alles verändert, und er seufzte. Heute waren wohl keine Fotos drin. Es war zu dunkel, der Regen verschluckte alle Konturen, und man würde trotz Blitz wenig auf den Bildern erkennen können. Na, vielleicht doch. Er erinnerte sich an Fotos von McCurry. Der hätte vielleicht doch eine interessante Komposition aus diesem Schlamassel gemacht.

Wieder fühlte er nach der Nikon, zog sie aus der Tasche, hielt die Hand darüber und blickte in das Display, aber als er nach dem Abzweig wieder freie Sicht hatte, sah er die Joggerin in einiger Entfernung quer auf dem schmalen Weg liegen. Während er auf sie zulief, griff er bereits zu seinem Handy, um Hilfe zu holen. War sie gestürzt, ohnmächtig geworden, oder hatte sie vielleicht Krämpfe?

Da lag sie, vollkommen regungslos, in verdrehter Haltung auf dem Weg. Uwe Zinke kniete sich neben sie, als aus dem Nichts etwas seinen Hinterkopf traf. Dann wurde ihm schwarz vor den Augen.

Als das Handy brummte – in seiner Privatzeit stellte er es immer lautlos –, lag Schilling mit einem Buch im Licht einer gemütlichen Lampe auf dem Rücken im Bett. Er wusste, dass er gleich den Anruf annehmen müsste, und damit die friedliche Stille des Morgens beenden würde, deshalb las er schnell einen Absatz in Ibsens »Volksfeind« zu Ende. Das Handy brummte weiter vor sich hin, schließlich legte er widerstrebend Rosas Lesezeichen mit den gemalten Pferdeköpfen in das Buch. Vorsichtig ging er ins Nebenzimmer, um seine Frau Ayşe nicht aufzuwecken. Es war Dienstag am frühen morgen, er hatte gehofft, gut ausschlafen und anschließend ein halbes Brötchen essen zu können.

Er nahm an, dass Inge Dunker oder Dora Harms am Telefon war, beide Frühaufsteher, die morgens unausstehlich fit waren. Aber vielleicht musste er doch nicht so früh weg, darum sagte er leise in das Handy: »Einen Moment, bitte«. Er ging ins Schlafzimmer, holte sein Buch, während sich seine Gedanken auf einen heißen Becher Kaffee konzentrierten.

»Guten Morgen! Niklas Schilling.«

Sein Kollege Georg Klamp von der Wall-Wache meldete sich. Ein Leichenfund gleich gegenüber, im Stadtgraben, erfordere seine Anwesenheit.

»Gut, dass Sie mich gleich anrufen, Herr Klamp. Wo genau?«, fragte Schilling. »Am Ende des Grabens«, erwiderte Klamp. »Ungefähr beim Designmuseum.«

»Ich brauche nur ein paar Minuten und komme gleich«, reagierte der Hauptkommissar schnell. »Sagen Sie, wer hat heute noch Dienst?«

Er hörte ein Rascheln. Der Polizist blätterte in irgendwelchen Unterlagen. »Inge Dunker.«

»Rufen Sie bitte Kommissarin Dunker an, und benachrichtigen Sie bitte Herrn Dr. Bornemann. Sagen Sie den Polizisten unten am Wall, sie sollen den Tatort weiträumig absperren, den Platz nicht betreten und niemanden durchlassen. Und schicken Sie mir bitte einen Streifenwagen, sagen wir in zehn Minuten.«

Er hatte Ayşe doch geweckt, sie hatte ihn aufstehen hören. Schläfrig stand sie im Türrahmen und fragte: »Was ist los?«

»Da ist eine Leiche im Stadtgraben. Tut mir leid, ich muss sofort dahin. Ich rufe dich an, sobald ich mehr weiß.« Sie lief die Treppe hinunter, während er ins Bad ging.

Der Tod kommt auch für die Polizei selten wie gerufen, philosophierte er unter der Dusche, Wir denken immer, sein Zeitpunkt sei unbestimmt, wir stellen uns diese Stunde in weiter Ferne vor. So ist es leider nicht, denn er wandelt mit uns mit.

Unten hatte Ayşe währenddessen Kaffee gekocht, außerdem ein Brot eingepackt. Er setzte sich hin und überzeugte sich davon, dass seine Uhr pünktlich ging. Dann goss er sich hastig noch eine Tasse Kaffee ein. Er nippte gerade daran, als es klingelte. Ayşe zuliebe steckte er das Brot ein, überlegte aber bereits, wie er es wieder loswerden könnte, ohne sie zu verärgern.

Mit blinkenden Lichtern und heulender Sirene wurde er in die Innenstadt gebracht. Stets vermisste er bei solchen Notfällen seine morgendliche Fahrradtour zum Polizeihaus am Wall, was ihn besser als der stärkste Kaffee wach machte.

Auf dem Osterdeich stand der Verkehr, so dass Schillings Fahrer sich an den vielen Autos vorbeiwinden musste, bis er schließlich die Wallanlagen erreichte. Auf der Wiese vor der Kunsthalle blinkten die Lichter mehrerer Streifenwagen. Schilling bat den Fahrer, den Rasen zu verschonen, deshalb parkte dieser auf dem Gehweg.

Die Luft war dick und feucht, satt vom Duft des nahenden Herbstes. Die Blätter waren mit Tropfen gesprenkelt, die Feuchtigkeit fiel in dicken Tropfen von den Pflanzen herab, und der grüne Überfluss verwandelte sich überall in Verfall und Modder. Einige Radfahrer zischten hinter ihm in ihren unförmigen Regencapes vorbei,

Er passierte die blinkenden Blaulichter, hastig zusammengestellten Absperrgitter, Zuschauer, die in kleinen Gruppen zusammenstanden und die Hälse reckten, um einen Blick auf die Szene zu werfen, die sie an TV-Serien erinnerte. Am Tatort angekommen, hob Schilling das Flatterband hoch, schlüpfte darunter hindurch und erreichte den Wagen der Einsatzleitung.

Erleichtert quälte sich ein Polizist aus dem Auto, um ihn zu begrüßen. Schilling beauftragte zuerst die Streifenpolizisten, das Gelände noch weiträumiger abzusperren. Trotz der frühen Morgenstunde suchten Gaffer einen Platz so nahe wie möglich am Tatort, damit sie diese Sensation zumindest fotografieren konnten, weniger in der Hoffnung, wirklich etwas sehen zu können, sondern eher, um bei Gesprächen so wirksam zur Geltung zu kommen, wie wenn man sitzen bleibt, während andere aufstehen.

Er schlug den Kragen seiner Jacke hoch, als er an der zweiten Absperrung vorbeiging. Eine Beamtin führte ihn zum Stadtgraben, wo ein Polizist beruhigend auf eine blass aussehende, ältere Frau einsprach.

»Hat sie die Leiche gefunden?«, fragte Schilling den Beamten.

»Nein. Sie hat nur einen Spaziergänger gefunden. Der lag bewusstlos hier auf diesem Weg und ist jetzt im Krankenhaus wegen Unterkühlung. Als die Frau die Polizei geholt hat, haben die Streifenbeamten die Leiche im Graben entdeckt.«

»Inge Dunker soll sie und den Spaziergänger vernehmen.«

Schilling erinnerte sich an einen ähnlichen Fall, und ihm grauste vor diesem Tatort, vor allem bei diesem Wetter. Er würde trotz seiner Regenjacke nass werden, weil die Feuchtigkeit langsam in sie hineinkriechen und erst spät wieder verschwinden würde.

Viel zu holen ist da wahrscheinlich sowieso nicht, fiel ihm schließlich ein. Der Stadtgraben war seit hunderten von Jahren eine Art Müllkippe. Er war voller alter Scherben, Konservendosen, Fahrrädern und Plastikmüll. Für Archäologen ein Paradies, für Kriminalisten ein Alptraum.

Die Leute von der Spurensicherung hatten vier Scheinwerfer aufgestellt, die Dutzende unterschiedlicher Fußabdrücke in der feuchten Erde beleuchteten, die sie fotografierten, damit sie später ihre Gipsabdrücke richtig zuordnen konnten. Ein Taucher stand in seinem orangefarbenen Anzug bis zu den Hüften im Wasser, um die Leiche vollständig aus dem Ufergestrüpp zu ziehen. Sie würden vorsichtig sein müssen, damit sie den Körper nicht verletzten. Viel konnte Schilling nicht erkennen. Dunkle Haare – war es ein Mann oder eine Frau? Das würde sich später ergeben.

Weiter oben auf dem kleinen Weg wartete die Polizeifotografin auf ihn. Dr. Bornemann, der Gerichtsarzt, stieg in diesem Moment vorsichtig vom Ufer aus zu ihnen herauf. Beide hatten sich wie Schilling auch nicht richtig für dieses Wetter angezogen, hielten Becher mit heißem Kaffee in ihren klammen Händen, wobei er sah, dass sie trotzdem froren. Beide wirkten unausgeschlafen. Die Fotografin rieb ihre Hände aneinander, um sie zu wärmen. Schilling begrüßte sie und den Gerichtsarzt und konnte an dessen Sonnenbräune nicht vorbeisehen. Er wirkte fit für seine knapp 55 Jahre. Ein klarer Tropfen bildete sich an seiner Nase und fiel herunter.

»Kann bisher leider noch nicht viel sagen.« Bornemann war ständig um knappe Ausführungen bemüht. »Außer natürlich, dass sie tot ist. Hat eine Kopfwunde am Scheitelbein.« Er zeigte auf die Leiche, wies auf ihre Haare, wobei er einer unsichtbaren Spur mit dem Finger bis zu einer Stelle hinter dem Ohr folgte. »Weiblich.« Sein Ton verriet nichts. »Aus der Entfernung so Mitte 30. Und sie hat nur ein T-Shirt, dazu eine Art Jacke mit passender Jogginghose an. Mögliche Spuren am Ufer hat die SpuSi zwar fotografiert, leider …« Er lächelte matt, während er auf die ältere Frau wies. »Sie ist natürlich in ihrer Aufregung überall rumgelaufen.«

Schilling betrachtete wortlos die tote Joggerin. Während sich die Spurensicherung an ihre Aufgabe machte, ging er langsam auf den Weg zurück. Der Regen suchte sich seinen Weg in seinen Kragen, gleichzeitig fühlten sich seine Schuhe schon nass an. Warum hatte er nicht an andere Schuhe gedacht? Er hasste diese klobigen, wetterfesten Schuhe, die viele seiner Kollegen trugen, deshalb bevorzugte er helle italienische Schuhe, denkbar ungeeignet für diesen Tatort.

Woher konnte die Tote gekommen sein? Der Stadtgraben hatte keine nennenswerte Strömung, also musste sie ungefähr an dieser Stelle ins Wasser gestiegen oder gelegt worden sein. Wie war sie gestorben? Es sah für ihn wie ein Selbstmord aus, aber war es wirklich einer?

Er wandte sich an Bornemann. »Könntest du bitte die Frau kurz anschauen, bevor wir hier weiter herum suchen? Ich glaube, die Spurensicherung hat den Bereich um sie eben freigegeben.«

Inzwischen hatte der Berufsverkehr seinen ersten Höhepunkt erreicht. Das Murmeln der Zuschauer war verstummt, seit zwei stämmige Polizisten die Szene mit Sichtschutzwänden verdeckt hatten. Straßenbahnen lärmten, gleichzeitig erfüllte ein gleichmäßiges Brummen der vorbeifahrenden Autos die Luft.

Die junge Frau würde an all dem nicht mehr teilhaben können. Sie lag auf einer Schaufeltrage, und Polizisten öffneten das Absperrband für die Sanitäter. Diese bewegten sich vorsichtig, aber dennoch konnte man ihre Fußspuren im matschigen Untergrund sehen, die sich mit denen der Polizisten vermischten. Es gibt mit Sicherheit Fußspuren, überlegte Schilling. Woher sie kam und wohin sie ging, weiß der Himmel. Auf den ersten Blick gab es keine vom Tatort wegführenden Fußspuren – jedenfalls keine sichtbaren. Es war natürlich möglich, überlegte er, dass diese Spuren dem Weg folgten und durch das spätere Hin- und Herlaufen an dem Morgen vernichtet worden waren.

Die Sanitäter legten die Frau auf eine Trage mit Rädern und deckten sie mit einem Tuch ab.

Zwischen den Sichtblenden zum Wall und der mit Flatterband markierten Absperrung hatten die Polizisten einen Abstand von mehr als 30 Metern gelassen. Ein weißes Zelt stand auf dem Weg.

Schilling und der Gerichtsmediziner zogen sich die weißen Overalls der Spurensicherung über, steckten ihre Köpfe in die Kapuzen, nachdem sie ihre Handschuhe angezogen hatten. Bornemann beugte sich im abgesperrten Bereich über die Frau. Schilf und Gras hingen in ihrem Gesicht und in den dunklen Haaren. Er schob beides vorsichtig beiseite. Jemand hatte ihr einen derben Schlag auf das Scheitelbein versetzt. Ob sie an dieser Kopfverletzung gestorben war, würde er später feststellen müssen. Der Schlag jedenfalls schien mit großer Wucht ausgeführt worden zu sein. Das T-Shirt war durch den Transport hochgerutscht und eine Art Windjacke hing nur noch an einem Arm.

Bornemann wechselte auf die rechte Seite, um die Tote genauer zu studieren. Sie lag flach auf dem Bauch, das Gesicht zur Seite gewandt, ihr kurzes Haar stand wirr durcheinander. Die Arme lagen schlaff am Körper, die Beine waren miteinander verschränkt.

Nachdenklich schob er die Haare hinter ihrem Ohr ein paar Zentimeter zurück, sah zum nahen Stadtgraben und musterte erneut die Tote. Sie hatte eine vom schlammigen Wasser beschmutze Jogginghose. Die dazu passende Jacke sah teuer aus. An einem Fuß war noch ein leuchtend grüner Sportschuh. Zusammen mit den Sanitätern drehte er sie auf der Trage um und zog sofort ihr T-Shirt herunter, um sie zu bedecken. Die Windjacke ließ er am Arm. Heute ist nicht mein Tag!, stand auf dem Shirt.

Er stand auf und wies mit dem Kopf auf den Tatort. »Du solltest nach Schleifspuren suchen, Niklas. Ich würde wetten, jemand hat sie niedergeschlagen und später in den Stadtgraben geworfen.«

Falls sie tatsächlich durch Gewalteinwirkung umgekommen ist, dachte Schilling, hätte der Täter mit Sicherheit Spuren hinterlassen. Aber zu diesem Zeitpunkt würden sie nur noch schwach zu erkennen sein, und nur jemand mit einem sehr sorgfältig und analytisch arbeitenden Verstand könnte die vergangenen Ereignisse rekonstruieren. Denn er musste sie nicht nur finden, sondern die Sprache der Spuren in eine andere Sprache übersetzen.

Bornemann richtete sich auf und zeigte der Fotografin die Kopfwunde. »Bitte fotografieren Sie vor allem diese Verletzung von allen Seiten«, wies er sie an. Dann ging er zurück auf den kleinen Weg zu Schilling.

»Ich denke, dass es sich nicht um Selbstmord handelt. Sie ist nach meiner vorläufigen Einschätzung schon mehrere Stunden tot. Vielleicht am späten Abend oder in der Nacht gestorben«, fügte er hinzu.

Erfreulicherweise war der Morgen ein wenig heller geworden, und der Regen war in ein leichtes Nieseln übergegangen. Das Wasser lief ihm von seinen Haaren in die Augen. Schilling kniff sie zusammen, damit er die Contrescarpe genauer erkennen konnte. War es möglich, von dort, von der Straße aus, den mutmaßlichen Tatort zu sehen? Er rief einen Polizisten zu sich, ging mit ihm auf die andere Seite des Wallgrabens und sah hinüber. Mit viel Glück könnte jemand die Frau oder den Täter gesehen haben.

»Gehen Sie jetzt bitte gleich zu diesen Häusern.« Schilling zeigte auf drei prächtige, alte Häuser, die das alte Bremen früher zu einem höheren Glanz erheben sollten. »Erkundigen Sie sich bitte bei den Bewohnern, ob jemand etwas Außergewöhnliches bemerkt hat«, wies er einen Kollegen an, drehte sich um, wollte zurück. Wo war nur Inge Dunker?

Dann konnte er ihre Löwenmähne zwischen den Bäumen hindurch leuchten sehen. Sie trug ihre widerspenstigen Haare unordentlich aufgebauscht, zu einem kurzen Schwanz zusammengebunden, grau und gekraust, sich andauernd wieder zu neuen Gebilden zusammenfügend, wenn sie sich bewegte. Als er auf sie zuging, grinste sie durch einige nasse Strähnen hindurch, die in ihr Gesicht hingen.

»Zu wenig Kaffee gehabt? Kommen Sie, Chef, die SpuSi ist sowieso noch nicht fertig. Wir gehen was essen. Aber dann geht’s zurück.«

Schilling erriet ihre Gedanken. Wenn er Ja sagte, würden sie zu einem Croissant oder, besser noch, zu einem herrlichen, belegten Brötchen kommen. Dunker hatte eine Vorliebe für Brötchen aller Art, ernährte sich scheinbar vor allem an Bremer Imbissbuden und verbarg die Auswirkungen unter weit geschnittenen Blusen und pulloverähnlichen Kleidungstücken, die Schilling für sich »Russenkittel« nannte.

Sofort meldete sich sein Verlangen nach frischem Kaffee, deshalb nahm er ihren Vorschlag dankbar auf. Sie gingen den kleinen Weg zwischen Designmuseum und Kinderspielplatz über den Wall zum Theatro. Dort würde er zwei Kaffee trinken, mehr als genug, um ihn für den ganzen Vormittag zu mobilisieren. Mit einem ausreichenden Koffeinlevel fühlte sich für ihn jeder Tag an wie jener bei einer Fahrschulprüfung. Dann war er in einem Zustand, in dem er sich für alles interessierte, was sich während seiner Arbeit zutrug und ein fehlendes Mittagessen erfolgreich ausglich.

2

Als sie an den Tatort zurückkehrten, hatten Schilling und Dunker ihre Arbeit bereits untereinander aufgeteilt, deshalb lächelte er zufrieden. Sie hatte ihr zerfleddertes Notizbuch herausgeholt, um sich mit einer Art Mindmap zu dem Todesfall zu versuchen. Auf einer leeren Seite trug sie all die bereits bekannten Details in einem Bubble-Diagramm ein, das sie später in ihrem gemeinsamen Büro auf eine große Tafel übertragen würde.

Er würde als Leiter der Mordkommission mit Bornemann zusammenarbeiten, Spuren detailliert aufarbeiten, um erste Vermutungen zur Lösung des Falls anzustellen.

Im Hintergrund montierte bereits ein Mann von der Spurensicherung eine Filmkamera auf einem Stativ, während zwei Polizisten versuchten, mit einem Streifenlichtscanner bisher nicht entdeckte Spuren zu finden.

Der Polizeiarzt sprach leise mit den Sanitätern, um die Leiche in die Gerichtsmedizin überführen zu lassen. Bornemann, der offensichtlich in seinem modisch geschnittenen Jackett fror, hatte seine Gummihandschuhe immer noch nicht abgelegt. Er fasste mit aller Vorsicht den Körper der Toten an, um ihn zu untersuchen. Schilling ging zu ihm, sank in die Knie und hockte sich neben die Tote. Die unbekannte Tote, dachte er. Sogleich fiel ihm »Der unbekannte Soldat« in Paris ein, der unter dem Triumphbogen bestattet und somit sowohl unbekannt als auch bekannt war. Welche individuellen Vorstellungen erweckten solche Personen in uns und warum? In Gedanken versunken richtete er sich auf und sah sie an.

Seiner Ansicht nach war die Tote Ende 20, gepflegt, sah fit aus und war vielleicht 170 Zentimeter groß.

Der Arzt hatte die Haare der Toten an einer Stelle zurück gestrichen, denn so konnte er Schilling die deutlich sichtbare Verfärbung weit hinter dem rechten Ohr zeigen. »Hier wurde sie verletzt. Sieht aus, als ob sie niedergeschlagen wurde. Von hinten. Er ist Rechtshänder«, sagte Bornemann mit rauer Stimme, die offenbarte, was er angesichts dieser Tat empfand.

»Was denkst du? Kann sie vielleicht ertrunken sein und sich diese Verletzung post mortem zugezogen haben, zum Beispiel später am Ufer an diesen Holzpfählen?«

»Nein, sieht nicht so aus. Ich denke, der hat sie niedergeschlagen, anschließend in den Stadtgraben geworfen. Da ist sie ertrunken«, erwiderte Bornemann etwas verbindlicher. »Woran sie gestorben ist, kann ich erst nach der Autopsie sagen. Schlagwaffe, schätze ich. Liegt hier vielleicht noch herum.«

»Wonach müssten wir suchen?« Die Möglichkeit, dass er die Tatwaffe hier gleich finden könnte, alarmierte Schilling.

»Direkt am Tatort habe ich nichts gefunden. Womit der Täter sie niedergeschlagen hat, kann ich noch nicht sagen. Ich tippe auf einen schweren Gegenstand. Ein Rohr, ein Baseballschläger. In zehn Minuten fahre ich in die Friedrich-Karl-Straße. Im Labor versuchen wir aufgrund der Verletzung zu rekonstruieren, welche Waffe benutzt wurde.« Er maß die Temperatur der Toten, die Umgebungstemperatur, die des Wallgrabens und befand, dass der Tod wahrscheinlich vor sechs bis zwölf Stunden eingetreten war.

»Nach der Obduktion kann ich präzisere Angaben machen. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass die Frau länger als zwölf Stunden tot ist. An der Oberhaut kann ich nur wenige Quellungen und Runzelungen erkennen.« Er wies Schilling auf die Fingerkuppen hin.

»Wann kann ich dich anrufen?« Schilling blickte auf seine altmodische Junghans, um festzustellen, dass es schon nach zehn Uhr war.

Bornemann schaute ebenfalls auf die Uhr. »Vielleicht heute Abend nach zwölf.« Unwillkürlich mussten sie grinsen. Da wären beide schon im Bett, jedenfalls hoffentlich

»Wir wissen nach wie vor noch nicht, wer sie ist. Kannst du versuchen, in die Taschen zu fassen? Vielleicht finden wir …?«, fragte Schilling hoffnungsvoll, der diese Aufgabe gerne dem Polizeiarzt überließ. Er wollte mit seinen großen Händen eventuell vorhandene Spuren nicht verwischen.

Bornemann fuhr sorgfältig mit seinen feingliedrigen Händen über die Kleidung. Plötzlich stockte er bei der linken Tasche. Vorsichtig griff er hinein und fand einen kleinen Plastikbeutel, den er mit spitzen Fingern herauszog. Er legte ihn auf die Trage neben ein Zentimetermaß, bat die Fotografin um eine Aufnahme, schließlich ließ er ihn in eine Asservatentasche fallen, die er beschriftete.

»Da ist noch mehr.« Er griff erneut in die Tasche. Vorsichtig zog er eine kleine Rolle 100-Euro-Scheine heraus, um sie neben den Plastikbeutel zu legen. Dann wiederholte er die vorherige Prozedur. Auf dieselbe Weise verfuhr er mit den anderen Taschen, aus denen er aber nichts mehr zutage förderte.

Mit einem Ächzen stand er auf, zog sich neue Handschuhe an, mit denen er auf den Beutel deutete. »Was das ist, kann ich noch nicht sagen. Vielleicht Rauschgift? Ob es sie umgebracht hat, fragst du dich vielleicht? Ich würde sagen, nein. Es sieht mehr danach aus, als habe jemand sie niedergeschlagen und anschließend ins Wasser geworfen. Vor der Autopsie ist das natürlich noch nicht offiziell.«

»Drehen wir sie um. Vielleicht finden wir noch Dinge in den vorderen Taschen.«

Ihre Augäpfel waren milchig, die Lippen waren zu einem schiefen Grinsen verzogen, deshalb mied Schilling ihren Blick.

Er sah, wie Bornemann der Toten zunächst die Augen verschloss und versuchte, die Lippen in eine normale Position zu bewegen. Danach betastete der Arzt noch zum zweiten Mal alle vorderen Taschen. Wieder hob er die Augenbrauen erstaunt und kniete sich neben die Frau. Er machte seine Finger spitz, holte aus der rechten Tasche ein zusammengeknülltes Pappstück heraus. Bornemann ließ es vorsichtig in eine neue Tasche fallen. Bitte sofort entziffern!, schrieb er darauf. Dann band er vorsichtig Plastikbeutel um die Hände der Toten.

Inge Dunker blickte auf die Tote, dabei runzelte sie die Augenbrauen, während sie ihre Schlussfolgerungen zog. »Kein Handy dabei? Kann nicht sein! Wenn die wirklich hier am Wall rumgejoggt ist, dann hätte sie eins dabei.«

»Vielleicht. Kann Sie das nicht irgendwo deponiert haben?«, widersprach Schilling, den ihr Argument nicht überzeugte.

»Glaub’ ich nicht. Sie joggt hier abends im Park rum, alleine, ohne Schlüssel, ohne Handy? Gibt’s nicht. Wir brauchen einen Fährtenhund!«

Er richtete sich auf und wandte sich Inge Dunker zu.

»Was ist das für ein Pappstückchen? Können Sie das bitte gleich überprüfen, Inge! Und was ist in dem Päckchen? Und holen Sie bitte jemanden mit einem Hund.« Schilling hielt sich die Hand vor den Mund, weil er gähnte, während er nachdenklich den Tatort betrachtete, bis er bemerkte, dass er vor sich hinstarrte. Doch zu wenig Kaffee, dachte er.

»Haben wir jemanden, der den Stadtgraben genauer absucht? Wir müssen Taucher von der Feuerwehr anfordern. Die sollen vorher bei der Landesarchäologin anrufen. Die wissen in Gräben zu suchen.« Schilling musste lächeln, als er an den Besuch im umgebauten, alten Postamt mit dem Sitz der Landesarchäologie zurückdachte. Seine Kinder Rosa und Hakan hatten ungläubig die vielen Relikte aus dem Stadtgraben bestaunt, die dort im Archiv ihren Dornröschenschlaf verbrachten.

Dunker hob fragend ihre Augenbrauen.

»Aber das ist sinnlos. Wir müssen uns erstmal besser um die dahinten kümmern.« Dabei wedelte sie mit ihrem Notizblock unbestimmt in Richtung Contrescarpe.

Das üppige Grün der Wallanlagen, inzwischen vom beginnenden Herbst gelichtet, verdeckte die in näherer Umgebung stehenden Häuser noch teilweise. Ein Spaziergänger würde wohl eher selten den schmalen Spazierweg voller Pfützen wählen, der sich zwischen einem Spielplatz, mit Gestrüpp bewachsenen Abhängen und dem Designmuseum zum Goethetheater hindurch schlängelte. Links würde ihm ein Metallzaun den Zugang zum städtischen Betriebshof versperren. Zusammengefallene Büsche, Brennesseln und Gras am Ufer böten ihm nur einen eher deprimierenden Anblick. Und auf dem Wasser sähe er vor allem nass glänzende Blätter, im Slalom schwimmende Enten, durchnässte Bretter, leere Plastikbehälter und ähnliche Wohlstands-Relikte, die unser Glück scheinbar mehren, um dann weggeworfen zu werden.

Inge nahm ihren Rucksack von der Schulter und zog eine Karte mit der näheren Umgebung aus dem Durcheinander. Die klemmte sie auf ihr Brett, kreiste mit einem roten Stift den Tatort ein, während sie ihm die Grafik zeigte.

»Wirklich beeindruckend«, sagte Schilling in anerkennendem Ton, wieder einmal überrascht von ihrer vorausschauenden Arbeitsweise. Mit zusammengekniffenen Augen sah er auf die Karte, zugleich erweiterte er das Gebiet mit einer Fingerbewegung.

»Lassen Sie bitte auch in diesen Häusern und in diesen drei Restaurants nachfragen. Wenn sie hier wohnt, wird sicherlich jemand eine so attraktive Frau kennen. Erkundigen Sie sich bitte beim Stadtamt, ob sie Parkverstöße von gestern Abend bis heute Früh vorliegen haben«, bat er sie.

»Aber vielleicht haben wir einen Drogenfall. In dem Päckchen, das ist sicher kein Mehl oder Puderzucker. Moment, dabei fällt mir ein, hier ist doch dieser Kinderspielplatz.«

»Genau!« Sie deutete nach links den Weg hoch. »Die Junkies schmeißen da ihre Spritzen weg. Ja, vielleicht?«

Dunker nickte sich wie zur Bestätigung selber zu, um dann in ihrem Heft eine ihrer typischen Illustrationen von Tatorten anzufertigen. Sie stand auf, bewegte sich mit Bedacht nach links, dann nach rechts, hielt den Bleistift wie ein Künstler hoch, kniff ein Auge zu, setzte sich wieder auf einen Klapphocker, den sie aus ihrem Auto mitgebracht hatte, um ihr Werk in Ruhe zu vervollständigen. Schilling bewunderte sie wegen dieser Fähigkeit. Er hatte einmal scherzhaft vorgeschlagen, ihre Tatortskizzen bei der nächsten Documenta einzureichen, zumindest aber, die Illustrationen zu sammeln, binden zu lassen und als eine Art Logbuch des Beruflebens zu nutzen. Sie hatte ihn kurz mit gerunzelten Augenbrauen angesehen und weiter gezeichnet.

Inge Dunker rekonstruierte häufig einen Tatablauf anhand ihrer Aufzeichnungen und Skizzen, ergänzt durch seine Vermutungen und Assoziationen. Oft erwiesen sich diese Illustrationen als hilfreicher als die vielen Tatortfotos, weil sie in ihre Skizzen genaue Entfernungen mit Himmelsrichtungen, außerdem viele auf einem Foto kaum sichtbare Details eintrug, ohne die ihre Vermutungen kaum verständlich wären.

Er wartete, bis sie fertig war. Sie reichte ihm mit einem Nicken ihr Skizzenheft. Schilling setzte seine Lesebrille auf und entzifferte das Bild. Die wichtigsten Elemente waren in einer Art Grundriss angegeben: Leiche, Abstand zum Ufer, ungefähre Fundstelle im Wasser, Wege, Gebüsche und Nummerntafeln. Eine zweite Zeichnung hielt den Tatort dreidimensional fest.

»Und was soll denn das sein?«, entfuhr es Schilling, bevor er sich bremsen konnte. Er zeigte auf eine dünne, spiralförmige Linie, die an einigen Stellen über die Geländeskizze hinausragte. »Das sieht ja aus wie eine Galaxie.«

»Hab’ ich eben auch gedacht«, stimmte sie ihm zu. »Aber so sollte unser Suchmuster aussehen. So sollten wir es absuchen.« Sie bildete mit einer schnellen Armbewegung die Spirale auf die Umgebung ab, deutete dabei auf Gebüsche, Bäume und Wege.

»Die Tatwaffe muss relativ groß sein. Sie muss so schwer sein, dass man jemanden mit einem einzigen Schlag bewusstlos schlagen kann. Aber so etwas schleppt man nicht durch die Stadt. Vielleicht liegt es tatsächlich irgendwo im Gestrüpp. Andererseits, wenn wir Pech haben ...« Er wies mit einer hilflosen Geste auf das Wasser.

Sie verstand sein Argument, lehnte sich vor, während sie ihre Zeichnung wieder zu sich heranzog. »Aber ein Baseballschläger oder so was würde doch schwimmen, oder? Ich sehe nix. Und irgend so ein Metallrohr im Wasser? Viel Arbeit, aber wir würden es finden. Hier in der Nähe. Vielleicht hatte der Typ einen Rucksack oder so. Aber – wir können nicht den ganzen Wall absuchen.«

Dann sahen sie sich die Karte nochmals an. Schilling sprach mit sich selbst über mögliche Fluchtwege, Inge Dunker zeichnete die entsprechenden Möglichkeiten als Pfeile ein, bevor sie anschließend darauf zeigte.

»Da sollten wir suchen, rechts und links, vor allem in diesem Gestrüpp.«

Später würde sie die Zeichnung mit allen ermittelten Spuren sowie weiteren Ergebnisse auf einer Tafel in ihrem Büro festhalten. Inge bestand auf einer geografischen Fallanalyse, das hatte sie schon oft bei ausweglos scheinenden Fällen weiter gebracht. Sie würde ihre Skizzen mit Maßangaben, mit Verkehrswegen in ein erweiterbares Raster eintragen.

Die weitere Spurensuche am Tatort überließ Schilling den Kriminaltechnikern und Inge Dunker. Er machte sich auf den Weg zum Polizeihaus, vorbei an der Kunsthalle. Nur einige Kunstliebhaber kamen vorbei und stiegen über die große Sandsteintreppe hoch zum Eingang. Zwei große Banner kündigten die Ausstellung »Four Roads« an. Schilling überlegte einen Moment, ob das vielleicht ein Omen für diesen Mordfall sein sollte.

Vier Wege? Das könnte wohl zutreffend sein, zumindest in einem abstrakten Sinn, denn in der Tat führten nach seiner Erfahrung immer mehrere Wege zu Erfolgen in den Ermittlungen.

Zunächst bekümmerte ein Todesfall wie dieser ihn jedes Mal sehr – führten ihn seine Gefühle auf einen Weg? Er befand, dass er weitere Wege möglichst schnell finden musste. Bekanntlich blieb Mord ungesühnt, je länger er zurücklag. Und da gab es einige Wege, die er zwangsläufig begehen musste, andere, die er besser vermied, und wieder einige, denen er nicht ausweichen konnte. War das die Frage: »Vier Wege?«

Aber wie auch immer – dieses Verbrechen würde große Aufmerksamkeit bei den Medien hervorrufen, sagte sich Schilling, vielleicht ein weiterer Weg zur Aufklärung des Falls. Die lokale Presse würde über das Ereignis herfallen und so lange ausschlachten, bis ein neuer Skandal die Titelseiten bestimmen würde. Die Halbwertzeit solcher Ereignisse war kurz. Hier kam einiges zusammen, was der Leser liebte: Eine junge Frau, adrett, Drogen, Geld und ein Mord mitten in einem der geheiligten Bereiche Bremens.

Als er am Polizeihaus angekommen war, hatte er bei dieser ersten Annäherung an den Fall zwar Hinweise gefunden. Aber – so seine Erfahrung – entscheidende Hinweise verbergen sich oft hinter banalen Dingen. Aber mit welchem Chiffresystem konnte er das entschlüsseln?

3

Als er über einen kahlen Flur durch seine Abteilung ging, hörte er seine eigenen Schritte widerhallen. Durch die teilverglasten Türen – das war für ihn das einzige, sichtbare Ergebnis einer jahrelangen Unternehmensberatung, deren Ratschläge man am einen Tag glaubt, am anderen verwirft – konnte er einen, allerdings wenig erhellenden Blick in andere Büros werfen. Er sah in das Besprechungszimmer, sah seine Kollegen Klatte und Möhler, während diese lediglich einen diffusen Schatten an ihrer Tür vorbeiziehen sehen würden, wenn er nicht stehenblieb, um sie zu begrüßen,

In seinem Büro hängte Schilling sorgfältig zuerst die Jacke auf und schüttelte die Wassertropfen ab, ehe er sein Jackett auf einen Bügel hängte. Er sah seine Post oberflächlich durch, sobald er eine Auswahl der Notizen auf seinem Schreibtisch gelesen hatte.

Für die Tageszeitung war es am Morgen zu früh gewesen. Deshalb überflog er ihre Überschriften und fühlte sich ertappt. Verdrängten Dinge wie Kriminalfälle, Jubiläen von Turnvereinen oder Eröffnungen von Kindergärten die wichtigen Dinge des Lebens? War es vielleicht eine Art von Snobismus, für die populären Angelegenheiten der Zeitung eine Art weltmännischer Verachtung zu zeigen? Er blätterte zurück zu den Seiten mit spannungsreicheren oder zumindest unterhaltenden, nationalen und internationalen Reportagen. Hatte er nicht vorhin, am Stadtgraben, recht abfällig über Leser geurteilt? Er würde seine mit gesundem Menschenverstand gesegnete Frau Ayşe zu diesem Gegensatz befragen.

Auf seinem Tisch mahnte ihn der Anrufbeantworter zur Arbeitsdisziplin. Er blickte mürrisch auf das Gerät. Widerwillig wollte er auf einen Knopf drücken, um die Nachrichten abzuspielen, zog aber den Finger zurück. Er musste sich zunächst mit dem Aktenberg beschäftigen, der seit einiger Zeit auf seinem Schreibtisch zu hoch geworden war.

Schilling entschied, sich zunächst auf den Drogen-​-Aspekt zu konzentrieren. Doch auch nach sorgfältiger Suche in seinem Aktenstapel konnte er keinerlei Verbindung zu seinem Fall erkennen.

Er rückte einen angebissenen Müsliriegel – Ayşes eigene Komposition – von links nach rechts, wieder zurück, starrte auf das gerahmte Foto, das Ayşe mit ihren gemeinsamen Kinder auf der Galatabrücke in Istanbul zeigte. Nervös griff er zum Telefon, wobei er ungeduldig mit den Fingern auf dem Schreibtisch trommelte. Schließlich legte er auf. Eine Zusammenarbeit mit den Drogenfahndern würde mühsam werden. Seit dem Fall des 35-jährigen mutmaßlichen Dealers aus Sierra Leone, der mit dem Tod des jungen Mannes endete und allerlei seltsame Zustände bei der Drogenfahndung offenbarte, hatte sich Schillings Haltung dieser Abteilung gegenüber geändert. Jetzt ging er vorsichtig an diese Kollegen heran. Er misstraute jedem, dem er zuvor gegenüber leichtgläubig gewesen war. Sollte er anrufen oder nicht? Nach einer Denkpause streckte Schilling erneut die Hand zum Telefon aus, um einen Bekannten im Polizeirevier Innenstadt anzurufen.

In dem Moment klingelte sein Telefon, und er erkannte die Nummer des Abteilungsleiters.

Steinbrück stand mit dem Rücken zur Tür, wie häufig mit einem Marker wie mit einem Säbel bewaffnet, vor seinem Flipchart aus Kreisen, Rechtecken, Pfeilen und Texten, als er wenige Minuten später in dessen Büro trat. Seine Sachbearbeiterin Dora Harms saß vor kleinen, zur Tischkante rechtwinklig ausgerichteten Stapeln von Akten, Büchern, Fotografien, Berichten, einem Notizblock und zwei Kaffeetassen an dem schwarzen Besprechungstisch, die Arme verschränkt. Steinbrück studierte einen rot markierten Eintrag und kommentierte unhörbar murmelnd sein Werk. Schilling vermutete als Thema Geschäftsverteilungsplan, Steinbrücks Hobby. Sein Chef wandte sich unvermittelt um, während er sich nachdenklich in seine durch Geheimratsecken in drei Schöpfe unterteilten Haare griff. Dann bemerkte er Schilling. Seine durch die Brille stark vergrößerten Augen richteten sich auf ihn, und Schilling musste unwillkürlich an einen Goldfisch im Glas denken.

Harms griff zu einem Stift, begleitete die neuen Einträge mit einem Murmeln, während sie diese in ihr Protokoll aufnahm. Zwischendurch zupfte sie zuerst ihren Rock und ihr Halstuch zurecht und wischte sich dann imaginäre Fusseln von ihrem Jackett. Sie drehte sich zu Schilling um und zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

Sein Chef sah ihn durchdringend an, trat rückwärts zurück ans Bürofenster und verschränkte seine Hände hinter dem Kopf, um sein Werk von dort aus zu betrachten. Er kratzte seine Stirn, höchstwahrscheinlich, um sich in Brainstorming-Stimmung zu bringen. Das Licht fiel durch das Fenster auf sein Profil. Ein Maler hätte vor allem sein scharfkantig geschnittenes Gesicht, einen dürren Hals und einen gebeugten Rücken betont, der von zu viel Arbeit am Schreibtisch zeugte. Dann wandte er sich zum Fenster, um das vom Tatort zu sehen, was die Bäume nicht verdeckten, und sagte nach dieser gestischen Einleitung zu Schilling: »Ich habe schon Anrufe bekommen. Was ist das für eine Drogenangelegenheit, Herr Schilling? Ich weiß nichts davon! Wieso direkt neben diesem Kinderspielplatz? Was ist mit diesem Mann, der sie fand? Ist das ein Bandenkrieg? Warum hat die Presse schon davon Wind bekommen? Und schlechte Presse fällt auf uns zurück, Herr Schilling. Wer ist das, diese Frau, ist sie in der Drogenszene bekannt? Und warum haben Sie mich noch nicht angerufen? Warum haben …« Er stach dabei mahnend mit seinem Zeigefinger einen Haufen Löcher in die Luft. Dora Harms verdrehte ihre Augen.

»Guten Morgen, Herr Steinbrück. Wir wissen leider noch nicht, wer die Tote war«, unterbrach ihn Schilling, bevor dieser noch mehr Fragen stellen konnte.

»Es handelt sich wahrscheinlich nicht um einen Drogenfall. Ich habe vor einer Stunde einen Bericht für Sie vorbereitet.« Schilling blieb gelassen, denn er wusste, dass Inge Dunker sicherlich schon einen Standardbericht fertig gestellt hatte. »Ich schicke Ihnen sofort nach der Autopsie den Fahndungsbericht für das BKA. Eine junge Frau wurde niedergeschlagen, ins Wasser geworfen und ist in der Folge vermutlich ertrunken. Ein Taucher und jemand vom Landesarchäologischen Amt untersuchen die Stelle im Stadtgraben. Wir haben den Mann identifiziert, der niedergeschlagen wurde. Es handelt sich – glaube ich – nur um einen Spaziergänger, der da zufällig vorbei gekommen ist.«

Und um sich nicht festzulegen, fügte er vage hinzu: »Frau Dunker erkundigt sich im Moment zum Thema Drogenszene.«

Augenblicklich zeigte Steinbrück seine Ungeduld. »Schilling, gebrauchen Sie Ihren Verstand. Die hatte Drogen bei sich. Also ist es ein Drogenfall. Wenn Sie die Dunker ins Viertel schicken, wird niemand mit ihr reden. Binden Sie sofort die Drogenfahndung mit ein.« Er warf einen hilfesuchenden Blick an die Zimmerdecke, als warte er auf eine Inspiration, wie der Begriffsstutzigkeit seiner Untergebenen beizukommen wäre, und fuhr fort: »Ich weiß, dass Sie da seit diesem Dings Bedenken haben. Die reden aber mit den Leuten, die uns Hinweise geben. Auch wenn die Drogenfahndung Ihrer Ansicht nach seltsame Methoden hat. Also, rufen Sie da an! Machen Sie den Pressebericht für mich fertig. Bereiten Sie eine Statistik zur Drogenkriminalität hier in Mitte vor. Melden Sie sich sofort, wenn Sie eine Festnahme haben. Überprüfen Sie diesen Dingsbums, den Spaziergänger. Ist er vielleicht doch ein Dealer?«

Ohne weitere Worte zu verlieren, drehte Steinbrück sich um, nahm einen Stift, ging zurück zu seiner Grafik, fügte ein rotes Dreieck ein, bevor er anfing, es zu beschriften.

Schilling war damit entlassen, zog die Tür zum Büro hinter sich zu und ging mit steifen Schritten in den Korridor hinaus. Ungeduldig drängte er sich an einer Kollegin vorbei, stieß mit einem entgegenkommenden Beamten fast zusammen, lächelte verlegen und erreichte sein Büro.

Als sei sie schon immer da gewesen, saß Inge Dunker gähnend auf ihrem Stuhl und schüttelte sich kurz.

»Das mit dem Krankenhaus war ein Reinfall – Sie wissen schon, der Zeuge. Der ist noch immer bewusstlos. Aber ich weiß jetzt, wer das ist. Hatte seine Papiere dabei. Völlig unauffälliger Typ. Arbeitet beim Finanzamt.«

Ihren Schreibtisch hatte sie mit Papierstapeln, verschiedenfarbigen Umschlägen, Tatortfotos, Häufchen von hastig hingekritzelten Notizen beladen und darauf eine kleine Ansammlung halb leerer Kaffeebecher gestellt. Momentan schrieb sie konzentriert Bemerkungen auf das Whiteboard, verschob Zettel, ordnete sie neu, fügte andere hinzu, nahm manche weg oder zog Verbindungslinien. Aus dieser Sammlung von Fotos, Notizen, Kopien und Zeichnungen schuf sie eine umfangreiche Collage. Selbst die geringsten Veränderungen ergaben so neue Aspekte. Für sie war der Weg zur Wahrheit eine Annäherung. Sie entschied sich nicht nur nach Ja oder Nein, sondern ließ vergangenen Interpretationen ihren Raum und versuchte so, ihre Fehler einzuschränken.

Aus den Augenwinkeln warf sie ihm einen flüchtigen Blick zu, bevor sie erneut an dem Diagramm arbeitete, ganz genau so, wie er es vorausgesehen hatte. Sie müssen regelmäßig alles möglichst sofort und auch oft wieder neu organisieren und immer wieder anschauen; gleichmäßige Arbeit, das ist der Schlüssel zum Erfolg, das hatte Inge ihm beigebracht. Sie müssen gleichmäßig arbeiten, Niklas. Das ist die Grundvoraussetzung in diesem Gewerbe.

Er war in seiner Ausbildungszeit dankbar und froh gewesen, sie als Mentorin während seines Praktikums bekommen zu haben. Er hatte sich auf die Tätigkeit im altehrwürdigen Polizeihaus gefreut, denn er hatte bis dahin nicht viel von der Welt gesehen. Das hatte niemand in seiner Familie geschafft. Sein Vater hatte nur für ein Jahr in einem Dorf in der Nähe von Münster gewohnt, war in Bremen-Nord aufgewachsen und hatte einen kleinen Teil seiner Lehre zum Optiker in Lübeck absolviert. Aber niemand aus seiner Familie hatte je im Zentrum einer größeren Stadt gelebt. Und überraschenderweise wurde Schilling in Berlin angenommen. Berlin! Eine der interessantesten Städte der Welt! Die Universität erfüllte all seine Träume. Aber Bremen war immer der unangefochtene Favorit für ihn geblieben; alle Menschen, an denen ihm etwas lag, wohnten dort. Und als er nach dem Studium das erste Mal zu einem Praktikum in das alte Polizeihaus kam, konnte er noch dazu im Zentrum einer Großstadt arbeiten. Das bedeutete Arbeit an wirklichen Fällen, mit echten Polizisten und Kommissaren.

Eine Woche nach seiner Ankunft in Bremen hatte er Inge Dunkers Büro betreten und war sofort beeindruckt gewesen. Er lächelte bei dieser Erinnerung und kratzte an seinem Dreitagebart, als wundere er sich immer noch darüber.

Das alles war wie eine Offenbarung für ihn gewesen. Er hatte lange darauf gewartet, dass er die Polizeiarbeit verstehen und sich damit identifizieren könnte, und hatte schon geglaubt, er würde es niemals schaffen. Bis er Inge Dunker traf. Durch sie hatte ihn der Beruf Kriminalist so fasziniert wie noch am heutigen Tag. Und er hatte sich so sehr in seine Arbeit hineingekniet, dass er eines Tages sogar ihr Vorgesetzter geworden war.

Er starrte die Worte, Fotos, Karten, Verbindungslinien und Diagramme an, als könne er so verborgene Beweise aus ihnen ziehen, setzte sich an seinen Platz, kniff die Augen zu, um Ankerpunkte zu erkennen.

»Wir nehmen ›Wall-Fall‹ als Überschrift«, bestimmte er. »Wir wissen wenig. Aber wir legen schon mal ihr Profil an: Wo wohnst du? Wo arbeitest du? Wo wohnen deine Eltern? Was für ein Auto hast du? Wie bist du durch den Wall gelaufen? Wolltest du irgendwo hin? Wo wurdest du genau niedergeschlagen?«

Konzentriert sprach er mit sich selbst und war nicht abzulenken.

»Aber was wissen wir nicht über sie? Was fehlt, was fehlt vielleicht?« Inge Dunker begann auf die Tafel zu schreiben: Handy, Schlüssel, Schmuck, zweiter Schuh, Mütze, Schal, Ohrhörer, Auto. Und: Jogging halber Wall, circa zweieinhalb Kilometer, für den ganzen vielleicht fünf Kilometer.

»Sie rennt wahrscheinlich bis zum Herdentor und zurück, aber gibt es da irgendwo eine Kamera?«, sagte sie und notierte »Kameras«. Später würde sie die Kamerastandorte in der näheren Umgebung des Tatorts eintragen. Schilling beobachtete ihr Gebaren – wie sie total auf die Tafel fixiert war, leise murmelte, manchmal den Kopf schüttelte, als hätte sie etwas übersehen. Sie wischte Einträge weg oder korrigierte sie, trat zurück, um ihr Werk aus der Entfernung zu betrachten. Er wartete. Wenn sie ihre Schultern straffte und den Kopf hob, hatte sie etwas Neues gefunden.

Als sie ihn dann ansah, winkte er ab: »Bevor wir darüber reden, möchte ich mir erst ansehen, welche Berichte die Polizisten über die Spuren und die Häuser in der Contrescarpe eingereicht haben, das sagt mir meine Nase. Vielleicht hat jemand die Frau gekannt. Dann schauen wir noch einmal auf den Plan.« Er griff zu dem kleinen Papierstapel.

Die ersten drei Recherchen waren eher enttäuschend. Beim nächsten Bericht wandte er sich an Inge: »Hören Sie mal bitte!«

»Der Täter hat sie hier über die Böschung ins Wasser geschleppt.« Er zeigte auf eine Skizze.