Totengedenken - Stuart MacBride - E-Book
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Totengedenken E-Book

Stuart MacBride

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Beschreibung

Kinder verschwinden und der falsche Tote liegt in einem Grab – um die Wahrheit zu finden, ermittelt DI Logan McRae in den eigenen Reihen.

DI Logan McRae, der aktuell bei der Internen Ermittlung von Police Scotland arbeitet, wird zu einem tödlichen Verkehrsunfall gerufen. Der Fahrer weist eine Stichwunde in der Brust auf, und es stellt sich heraus, dass es sich um den Ex-Kollegen DI Duncan Bell handelt, dessen verkohlte Leiche man vor zwei Jahren gefunden hatte. Warum hatte Bell damals seinen Selbstmord vorgetäuscht? Wer hat ihm nun ein Messer in die Brust gerammt? Und wozu hatte er Schaufel und Hacke in seinem Kofferraum? Die Antwort könnte mit einer Serie von Kindesentführungen zu tun haben, die Schottland in Atem halten. Denn Bells letzter Fall vor seinem Verschwinden war die Entführung des kleinen Aiden MacAuley und der Mord an dessen Vater …
Der 11. Fall für DI Logan McRae von Schottlands gefeiertem Nr.-1-Bestsellerautor.

»Eine Glanzleistung! Temporeich und messerscharf.« Guardian

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Seitenzahl: 790

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Buch

DI Logan McRae hat keinen leichten Stand in seinem neuen Job als interner Ermittler bei der schottischen Polizei. Und es wird nicht leichter, als die Leiche eines alten Bekannten in einem Autowrack gefunden wird. Das Problem: Der Tote, DI Duncan Bell, wurde bereits vor zwei Jahren mit allen polizeilichen Ehren begraben. Damit nicht genug, in Bells letztem Fall ging es um einen vermissten dreijährigen Jungen. Und wieder verschwinden Kinder in Aberdeen. McRae muss in den eigenen Reihen ermitteln, um die Verbindung herzustellen und weiteres Blutvergießen zu verhindern. Doch auf sich allein gestellt, geht er ein tödliches Risiko ein.Weitere Informationen zu Stuart MacBride sowie zu lieferbaren Titeln des Autors finden Sie am Ende des Buches.

Stuart MacBride

Totengedenken

Der elfte Fall für Logan McRae

Thriller

Aus dem Englischen von Andreas Jäger

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Bloor Road« bei HarperCollinsPublishers, London.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Deutsche Erstausgabe Oktober 2020

Copyright © der Originalausgabe

2018 by Stuart MacBride

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2020

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagfoto: Elena Brasili/EyeEm/Getty Images

Redaktion: Eva Wagner

AB ∙ Herstellung: kw

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-23779-0V003

www.goldmann-verlag.deBesuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz

In liebevoller Erinnerung an Peggy Reid – Katzenfreundin, Blumen-Arrangeurin und Schöpferin der besten Käsestangen der Menschheitsgeschichte. 1937–2017

0

Duncan schlug die Augen auf, packte das Steuer und riss den Wagen vom Straßenrand weg. Der regenglatte Asphalt glitzerte im Scheinwerferlicht, das über Trockenmauern und hohle Bäume hinwegstrich.

Nicht einschlafen.

Nicht ohnmächtig werden.

AMLEBENBLEIBEN!

Madre de Dios, tat das weh … Feuer und Eis tobten tief drinnen in seinem Bauch, Hitze und Kälte frästen sich durch seine Wirbelsäule, quetschten seinen Brustkorb zusammen, jeder Atemzug ein reißender Schmerz wie Stacheldraht in wundem Fleisch.

Die Wischerblätter kratzten quietschend über die Scheibe, im Takt mit dem Pochen in seinen Ohren, während das Gebläse ihm kalte Luft ins Gesicht röhrte.

Er schaltete das Radio ein und drehte es laut, um das Getöse zu übertönen.

Eine schmalzige Stimme dröhnte aus den Boxen: »… dauert die Suche nach der dreijährigen Ellie Morton an. Sie hören Late Night Smoothness auf Radio Garioch und lassen sich von uns die frühen Morgenstunden an diesem trüben Freitag verkürzen …«

Duncan blinzelte, fletschte die Zähne – und stieß zischend die Luft aus, als der Wagen wieder zur Seite driftete. Knapp vor dem Randstreifen riss er das Steuer herum, wischte sich mit einer Hand den kalten Schweiß von der Stirn.

»Um vier ist dann Sally an der Reihe mit ihrer »O.M.G. It’s Early!«-Show, aber jetzt wollen wir es erst mal ganz gemächlich angehen lassen mit David Thaw und ›Stones‹.«

Seine linke Hand glänzte feucht – dunkel und klebrig.

Er ballte sie wieder zur Faust und presste sie auf den brennenden Schmerz in seiner Seite. Bohrte sie in den feuchten Stoff. Blut troff von seinen Fingern, als ihm die Augen wieder zufielen …

Teresa überquert den Stadtplatz, der Wind spielt mit ihren braunen Haaren. In ihren Armen blickt der kleine Marco zu ihr auf, himmelt sie an wie die Göttin, die sie tatsächlich ist. Der Himmel ist blau wie eine Schottlandfahne, die Kirche golden in der Sommersonne.

Duncan legt ihr den Arm um die Schultern und zieht sie zu sich, um sie zu küssen – warm und rauchig vom estofado de pollo ihrer Mutter.

Sie legt ihm zärtlich die Hand auf die Wange und lächelt ihn an. »Te quiero mucho, Carlos.«

Er strahlt zurück. »Te quiero mucho, Teresa!« Und es stimmt. Er liebt sie mit jeder pulsierenden Faser seines Herzens.

Das Auto brach nach rechts aus, schoss auf die Trockenmauer zu.

Duncan riss es zurück, packte das Lenkrad fester mit der rechten Hand und atmete zischend aus, Stacheldraht in seiner Lunge. Er schüttelte den Kopf. Blinzelte wieder …

– Mäuse (und anderes Ungeziefer) –

1

Ein feiner Sprühnebel driftete aus dem lehmfarbenen Himmel herab. Er lag wie ein feuchter Deckel über einem tristen grauen Feld am Fuß eines tristen grauen Hügels. Die aufgehende Sonne schob sich dazwischen und tauchte eine halb nackte Eiche in Feuer und Blut.

Durchaus passend.

Ein brauner Ford Focus hatte sich um den Stamm des Baums gewickelt, die Motorhaube war zerdrückt, die Windschutzscheibe ein Spinnennetz von Rissen. Eine Gestalt saß zusammengesackt auf dem Fahrersitz. Reglos und bleich.

Das Absperrband zuckte und surrte im Wind, gelb-schwarz wie eine wütende Wespe, während eine Handvoll Kriminaltechniker in voller Tatortmontur um das Wrack herumstaksten. Blitzlichter flammten auf, Fingerabdruckpulver wirbelte durch die Luft, es roch nach Diesel und verrottendem Laub.

Logan zupfte die Kapuze seines Schutzanzugs zurecht. Das weiße Tyvek-Material raschelte wie Zeitungspapier, als er mit den quietschigen Nitrilhandschuhen den Reißverschluss hochzog. Er reckte das Kinn, um sich nicht die Haut am Hals einzuzwicken. »Mir ist immer noch nicht klar, was ich hier soll, Doreen.«

Detective Sergeant Taylor schlängelte sich mit der ganzen Grazie einer molligen Tante, die bei der Hochzeit ihrer Nichte das Tanzbein schwingt, in ihren Tyvek-Anzug. Die Kapuze verbarg ihre ergrauende Bobfrisur, den Rest verhüllte ein Outfit, das man bestenfalls als »Strickjacken-Chic« charakterisieren mochte. Wenn man gnädig gestimmt war. Sie wies auf den zerknautschten Ford. »Das wirst du gleich sehen.«

Typisch – reizte es aus bis zum Gehtnichtmehr.

Sie setzten ihre Schutzmasken auf, dann ging sie voran, den Hang hinunter zur Absperrung. Sie hielt das Band hoch, damit er darunter durchschlüpfen konnte. Er schlüpfte.

»Ich meine nur, weil Verkehrsunfälle doch normalerweise kein Fall für die Interne Ermittlung sind.«

Sie drehte sich um und wies hinauf zur Straße. »Der Postbote war auf dem Weg zur Arbeit und hat die Bremsspuren gesehen. Er schaut den Hang hinunter, sieht den verunglückten Wagen und ruft die Polizei an.«

Eine doppelte Reifenspur zog sich in wilden Schlangenlinien durch das vergilbte Gras bis zu den Überresten des Ford Focus. Wie der Fahrer es geschafft hatte, einen Überschlag zu vermeiden, blieb sein Geheimnis.

»Weißt du, wir sind nämlich eher zuständig für die Untersuchung von Beschwerden gegen Polizeibeamte, die sich danebenbenommen haben.«

»Die Kollegen vom Verkehr treffen um sechs Uhr fünfzehn ein, stapfen den Hang hinunter und finden unseren Fahrer hier.«

Logan spähte durch das Beifahrerfenster.

Der Mann hinter dem Steuer war gebaut wie ein Bär. Er war nach vorne in den Gurt gefallen, sein kahler Schädel glänzte matt im Schein der ersten Sonnenstrahlen. Das breite Gesicht erschlafft und blass, trotz der ausgeprägten Sonnenbräune. Die Augen offen, der Mund wie ein Einschussloch im wuchernden Dickicht seines Vollbarts. Eindeutig tot.

»Ich kapier’s immer noch nicht, Doreen.«

Sie winkte ihn auf die andere Seite. »Klar, es siehtaus wie ein Unfalltod, aber dann machen sie die Fahrertür auf, und was finden sie da?«

Logan ging um den Wagen herum zur offenen Fahrertür … und hielt inne.

Blut. Es bildete eine Lache im Fußraum, zog sich in dunkelroten Bahnen über die Polster. Logan verfolgte seine Spur zurück zu einem klaffenden Loch im Hemd des Fahrers. Dunkel, beinahe schwarz innen drin.

»Autsch …« Logan zog die Luft durch die Zähne ein. »Stichwunde?«

»Wahrscheinlich. Also, die Kollegen melden den Fall, und wir eilen alle herbei wie brave kleine Soldaten. Leiche wurde schon durchsucht: keine Papiere.«

»Ruft bei der Autovermietung an. Die hätten ihm den Wagen nicht gegeben, ohne dass er sich ausweist.«

Sie wandte sich um und starrte ihn an. »Ja, vielen Dank auch, Mr Superhirn – da sind wir schon von selbst draufgekommen. Der Wagen wurde von einem gewissen Carlos Guerrero y Prieto gemietet.«

»Na bitte: Geheimnis gelüftet.« Logan stemmte die Hände in die Hüften. »Also, jetzt lass endlich die Katze aus dem Sack, Doreen: Warum – bin – ich – hier?«

Kleine Fältchen erschienen in ihren Augenwinkeln. Sie grinste ihn hinter ihrer Maske an. Zögerte es absichtlich hinaus.

»Im Ernst, ich dreh mich um und geh, wenn …«

»Während wir darauf gewartet haben, dass die bei der Trans-Buchan-Autovermietung endlich in die Gänge kommen und aufhören, sich wegen Datenschutz querzustellen, hatte irgendwer die geniale Idee, die Fingerabdrücke des Verstorbenen mit einem dieser kleinen tragbaren Scanner abzunehmen. Und siehe da, die Datenbank spuckt einen Treffer aus. Dramatische Pause …«

Die einzigen Geräusche waren das Klacken und Sirren des Tatort-Fotoapparats, während sie ihn ansah und mit den Augenbrauen wackelte.

»Warst du immer schon so nervig? Ich kann mich nämlich nicht erinnern, dass du früher so nervig warst.«

Sie rollte mit den Augen. »Wundert mich, dass du ihn nicht erkennst. Gut, er hat ein bisschen abgenommen und sich den Schädel rasiert, und der Grizzly-Adams-Bart und die Sonnenbräune sind neu, aber er ist es trotzdem.«

»Doreen …«

»Carlos Guerrero y Prieto heißt in Wirklichkeit Duncan Bell, alias Ding-Dong, ehemals Detective Inspector in diesem Sprengel.«

Logan riss die Augen auf.

Die behaarten Hände am Ende dieser bärengleichen Arme. Die runden Schultern. Die buschigen Augenbrauen. Wenn man sich den Bart wegdachte, ein bisschen Haupthaar hinzufügte und das Ganze in einen schlecht sitzenden Anzug steckte …

»Aber … er ist tot. Und ich meine nicht ›frisch verstorben‹ – wir haben ihn vorzwei Jahren beerdigt.«

Doreen nickte. Sie troff geradezu vor Selbstgefälligkeit. »Und deswegen haben wir dich angerufen.«

Die Bestatter hoben den glänzenden grauen Sarg an und stapften rutschend und schlitternd durch das feuchte Gras. Zwei der Spurensicherer unterbrachen ihre Arbeit und eilten herbei, packten jeder einen Griff und halfen, den Sarg von dem verunglückten Ford wegzutragen.

Logan zog den Reißverschluss seines Schutzanzugs ein Stück herunter und ließ die angestaute Hitze entweichen. Dann hob er das Handy wieder ans Ohr. »Wir brauchen einen DNS-Abgleich, um auf der sicheren Seite zu sein, aber die Kollegen haben seine Fingerabdrücke inzwischen fünfmal gescannt, und jedes Mal kommt DI Bell raus.«

»Verstehe.« Superintendent Doig machte eine Weile lutschende Geräusche. Als er weitersprach, war seine Stimme sanft, beinahe nachsichtig. »Aber sehen Sie, Logan, er kann es nicht sein. Wir haben ihn begraben. Ich war bei seiner Beerdigung. Ich habe eine Rede gehalten. Die Leute waren sehr gerührt.«

»Sie sind über das Podium gestolpert und haben ein Blumengesteck umgeschmissen.«

»Ja, nun … Ich finde, wir müssen uns jetzt nicht mit jedem kleinen Detail der Trauerfeier aufhalten.«

»Wenn es DI Bell ist, dann war er in irgendeiner sonnigen Gegend untergetaucht. Nach der Bräune und dem neuen Namen zu urteilen, würde ich auf Spanien tippen.«

»Warum sollte Ding-Dong seinen eigenen Tod vortäuschen?«

»Und warum sollte er zwei Jahre, nachdem er seinen eigenen Tod vorgetäuscht hat, zurückkommen? Warum jetzt?«

Eine der Kriminaltechnikerinnen kam herbeigeschlendert und zog ihre Schutzmaske ab, unter der ein Mund voll schiefer Zähne zum Vorschein kam, eingerahmt von pinkfarbenem Lippenstift. »Inspector McRae? Das sollten Sie sich vielleicht mal ansehen.«

»Augenblick mal, Chef, es gibt offenbar was Neues.« Logan hielt sich das Handy an die Brust und folgte der in knittriges Weiß gekleideten Gestalt zum Kofferraum des verunglückten Ford.

Eine Schaufel und eine Spitzhacke lagen da drin, noch halb in ihre Verpackung aus schwarzen Müllsäcken gehüllt. Die Metallteile waren blitzsauber und schimmerten im schwachen Licht.

Sie deutete mit einem Nicken auf das Werkzeug. »Bisschen verdächtig, oder? Warum kutschiert er eine Hacke und eine Schaufel durch die Gegend?«

Logan trat vorsichtig näher und schnupperte. Da war so ein merkwürdiger Toilettengeruch – wie grüne WC-Steine, unterlegt mit einer dunkleren Note. »Riechen Sie das?«

»Was?«

»Lufterfrischer.«

Sie beugte sich vor und schnupperte ebenfalls. »Oh … Stimmt, jetzt riech ich’s auch. So was in der Richtung Tannenduft und Lavendel? Ich liebe ja diese kleinen Dinger, die man in die Steckdose …«

»Lassen Sie die Hacke und die Schaufel untersuchen. Er hat irgendetwas ausgegraben oder vergraben – ich will wissen, was und wo.«

Ihr Kollege kam herangeschlurft, die Hände in den Taschen, und blickte zur Straße hinauf. »Sieh mal an, wir haben Publikum.«

Ein schlammbespritzter Fiat 500 hielt am Straßenrand, nicht weit von der Stelle, wo die Reifen des verunglückten Wagens ihre Spur durch Matsch und Gras gepflügt hatten. Eine Gestalt stand neben dem Auto und spähte durch ein Fernglas. Die rotbraunen Locken, die sie hinter die Ohren gesteckt hatte, fassten ihren Kopf ein wie ein Halo. Sie trug einen Leinenanzug, der aussah, als ob sie darin geschlafen hätte. Aber ihr Blick war nicht auf Logan und die Kriminaltechnikerin gerichtet, sondern folgte den Bestattern mit dem Sarg.

»Verdammte Presse.« Die Kriminaltechnikerin mit dem pinkfarbenen Lippenstift räusperte sich geräuschvoll und spuckte aus. »Gleich packt sie noch das Teleobjektiv aus.«

Logan hob das Handy wieder ans Ohr. »Chef? DCI Hardie leitet das Sonderermittlungsteam, könnten Sie mal mit ihm reden? Ich glaube, in diesen Fall sollten wir eingebunden sein.«

»Puh … Noch mehr Papierkram, das hat uns gerade noch gefehlt. Na gut, ich sehe mal, was sich machen lässt.«

Logan legte auf, ehe Doig zu seinem Verabschiedungs-Sermon ansetzen konnte, und beobachtete die Gestalt oben an der Straße. Er runzelte die Stirn. Dann wandte er sich ab, tippte auf das Display seines Handys, scrollte sich durch die Kontakte und rief an.

Die Frau mit den lockigen Haaren zog ihr Handy heraus, jonglierte ein wenig mit Telefon und Fernglas, und dann tönte eine misstrauische Stimme mit Inverness-Akzent in Logans Ohr. »Hallo?«

»Detective Sergeant Chalmers? Inspector McRae hier. Hi. Wollte mich nur vergewissern, dass Sie noch an unseren Termin denken: heute Mittag Punkt zwölf.«

»Was? Ja. Den vergesse ich bestimmt nicht. Bin schon ganz aufgeregt.«

Ja, das glaube ich gern.

»Ich meine nur, weil Sie die letzten drei Termine versäumt haben und ich allmählich das Gefühl habe, dass Sie mir aus dem Weg gehen.«

»Naaain! Ganz bestimmt nicht. So, dann sollte ich mich mal wieder an die Arbeit machen, muss noch eine Menge Anwohner befragen. Also …«

»Sie sind doch im Ellie-Morton-Ermittlungsteam, nicht wahr?«

Die Frau beobachtete immer noch die Bestatter durch ihr Fernglas. Sie arbeiteten sich mühsam mit dem Sarg den Hang hinauf, kämpften gegen die Steigung und das nasse Gras an. Der kleinste Fehltritt könnte der Startschuss zu einer höchst peinlichen und unprofessionellen Schlittenfahrt werden.

»Genau. Wie gesagt, wir …«

»Irgendwelche Hinweise? Ein dreijähriges Mädchen wird vermisst – die Eltern müssen doch außer sich vor Sorge sein.«

»Wir klappern gerade Tillydrone ab. Bislang ohne Erfolg.«

»Tillydrone?«

»Genau. Werden wahrscheinlich den ganzen Vormittag brauchen … Ah, verdammt … Wenn ich’s mir recht überlege, werde ich wohl auch noch den ganzen Nachmittag hier beschäftigt sein. Tut mir leid. Können wir unsern Termin noch mal auf Ende der Woche verschieben?«

»Sie sind in Tillydrone?«

»Klar.«

»Das ist aber merkwürdig. Ich stehe nämlich gerade auf einer Wiese ein paar Meilen westlich von Inverurie, und ich könnte schwören, dass ich Sie in diesem Moment direkt anschaue.« Er winkte zu ihr hinauf. »Können Sie mich winken sehen?«

»Mist …« Chalmers duckte sich hinter ihr Auto. »Nein, ich bin ganz bestimmt in Tillydrone. Das muss jemand anders sein. Äh … Muss jetzt Schluss machen. Der DI braucht mich. Wiederhören.«

Die Verbindung brach ab. Sie hatte einfach aufgelegt.

Die rotbraunen Locken tauchten noch einmal kurz auf, als sie in ihr Auto stieg, dann röhrte der Motor auf, und der Fiat brauste davon und verschwand hinter der nächsten Kurve.

Ausgesprochen geschickt eingefädelt, wirklich.

Logan schüttelte den Kopf. »Unglaublich.«

Eine rockige Nummer wummerte aus den Lautsprechern des Audi auf dem Weg zurück nach Aberdeen. Es ging vorbei an Feldern mit braungrauer Erde, Feldern mit mattem Gras, Feldern mit depressiven Schafen und Feldern, auf denen das Wasser in zinngrauen Lachen stand. An einem schönen Tag wäre die Aussicht wundervoll gewesen, aber nicht bei diesem aschfarbenen Himmel und dem Dauerregen.

Das war ein Grund, warum die Leute auswanderten.

Die Musik verstummte, ersetzt vom Klingelton des Autotelefons.

Logan drückte den Knopf. »Hallo?«

»Chef? Ich bin’s.« Mit anderen Worten: Detective Sergeant Simon-»Gelegentlich-ganz-nützlich-wenn-er-gerade-nicht-tierisch-nervt«-Rennie. Er hörte sich an, als ob er auf einem Toffee herumkaute. »Ich war unten im Archiv und hab sämtliche alten Fallakten von DI Bell rausgesucht. Wo soll ich anfangen?«

»Wie wär’s mit der Untersuchung seines Selbstmords?«

»Nee, geht leider nicht. Einer von DCI Hardies Knechten hat die Akte schon ausgeliehen.«

Mist.

»Okay. Wenn das so ist, dann fang mit der neuesten Akte an und geh von da aus rückwärts.«

»Da lebt unser DI Bell zwei Jahre in Saus und Braus an der sonnigen Costa del Weißnichtwo, und dann kehrt er zurück ins trübe, kalte Aberdeenshire? Also, ich an seiner Stelle hätte das schön bleiben lassen.«

»Er hatte eine Spitzhacke und eine Schaufel im Kofferraum.«

»Vielleicht wollte er einen Schatz vergraben?«

Ein Traktor kam auf der Gegenfahrbahn herangedonnert und spritzte mit seinen gewaltigen Hinterreifen einen Schwall Schmodder auf.

Logan schaltete die Scheibenwischer ein. »Ich tippe eher auf ausgraben. Man kehrt nicht von den Toten zurück, um etwas irgendwo in der Pampa zu verbuddeln. Sondern um es auszubuddeln.«

»Ah, verstehe. Er vergräbt den Schatz oder was auch immer, täuscht seinen eigenen Tod vor und düst ab in den sonnigen Süden. Und nach zwei Jahren findet er, dass er es wagen kann, einen Abstecher in die alte Heimat zu machen, um das Ding wieder auszubuddeln.«

»Oder aber das, was er vergraben hat, ist nicht mehr sicher, und er muss es in Sicherheit bringen, bevor jemand anders ihm zuvorkommt.«

»Hmm …« Rennies Stimme klang plötzlich ganz gedämpft, dann war er wieder da. »Okay, ich such mal in den Akten nach Überfällen auf Banken oder Juweliergeschäfte. Irgendwelche ungelösten Fälle mit hoher Beute. Etwas, wofür es sich lohnt, seine eigene Beerdigung zu inszenieren.«

»Und finde raus, mit wem er zusammengearbeitet hat. Mal sehen, ob wir den einen oder anderen ein bisschen nervös machen können.«

Ein paar Fernsehleute hatten sich vor dem Polizeipräsidium zusammengerottet. Alle Kameras waren auf eine kleine Gruppe von Demonstranten gerichtet, die im Dauerregen unermüdlich ihre Runden drehten. Sie waren nur ungefähr ein Dutzend, machten aber das zahlenmäßige Defizit durch umso größeren Eifer wett. Auf den Plakaten, die sie schwenkten, stand »GERECHTIGKEITFÜRELLIE!«, »SCHANDEÜBERDIEPOLIZEI!«, »FINDETELLIE, ABERSCHNELL!« Fast auf jedem Schild prangte ein Foto von Ellie Morton: ihr grinsendes Mondgesicht, umringt von blonden Löckchen, die großen grünen Augen von Lachfältchen gesäumt – offenbar, weil irgendjemand außerhalb des Bildausschnitts sie kitzelte.

Logan nahm den Fuß vom Gas, als er vorbeifuhr. Eine Frau in einer Tweedjacke sprach mit ernster Miene in eine Kamera. Wahrscheinlich erklärte sie den Zuschauern gerade, was für ein unfähiger Haufen von Trotteln Police Scotland war. Wie konnte es sein, dass sie Ellie Morton immer noch nicht gefunden hatten? Was war mit der armen Familie? Warum dachte niemand an sie?

Von wegen.

Der Audi rumpelte über den unebenen Asphalt auf den Parkplatz hinter dem Präsidium. Logan steuerte den Stellplatz mit dem Schild »RESERVIERT FÜR INTERNE ERMITTLUNG« an. Jemand hatte auf die Mauer unter dem Schild einen Sensenmann gesprayt. Und der unbekannte Täter hatte Superintendent Doig gar nicht mal schlecht getroffen, das musste man zugeben. Immer wieder schön zu wissen, dass man die Anerkennung der Kollegen genoss …

Logan stülpte sich die Mütze auf den Kopf, stieg aus und trabte im Slalom um die Pfützen herum und auf die Doppeltür zu. Durch einen kahlen Korridor weiter ins Treppenhaus und die Stufen hinauf, immer zwei auf einmal.

Zwei uniformierte Constables waren auf dem Weg nach unten und unterhielten sich angeregt.

Sie drückten sich flach an die Wand, als Logan auf sie zukam, und das Lächeln auf beiden Gesichtern erstarrte zur Grimasse.

Der mit den Pickeln überwand sich zu einem zaghaften Winken. »Inspector.«

Logan war gerade im dritten Stock angelangt, als sein Handy den Eingang einer Textnachricht vermeldete. Er zog es heraus und warf einen genervten Blick aufs Display.

»STEEL-ALARM!« las er, und seine Schultern sackten ein paar Zentimeter ab. »Was willst du denn schon wieder, du runzliges Monster?«

Er rief die Nachricht auf.

Komm schon, du weißt, dass du es willst.

Nix da. Logan daumte eine Antwort, während er an den Aufzügen vorbeimarschierte:

Hab dir doch gesagt, ich hab keine Zeit. Frag jemand anders.

Er stieß die Zwischentür auf und trat in einen gesichtslosen Flur, der leicht nach frischer Farbe und Instantnudeln duftete.

Ein kleines Grüppchen Büromitarbeiter lachte sich gerade scheckig über einen Witz.

Dann erspähte einer von ihnen Logan und stupste die anderen an, die jäh in ängstliches Schweigen verfielen.

Logan nickte ihnen im Vorbeigehen zu und klopfte an die Tür mit dem weißen Plastikschild, auf dem stand: »DETECTIVE CHIEF INSPECTOR STEPHEN HARDIE.«

Von drinnen kam eine müde Stimme: »Herein.«

Logan öffnete die Tür.

Die Einrichtung von Hardies Büro war ganz auf Zweckmäßigkeit, Ordnung und Effizienz abgestellt: Sechs Whiteboards, voll mit Notizen zu verschiedenen laufenden Ermittlungen, ebenso viele Aktenschränke, ein Computer, der so aussah, als ob er nicht mit Kohle oder Hamsterkraft betrieben würde. An der Wand hing ein Porträt der Queen, nebst einer Sammlung von gerahmten Belobigungen und ein paar Fotos von Hardie höchstpersönlich beim Handshake mit diversen lokalen Größen. Alles, was man für eine erfolgreiche Ermittlerkarriere brauchte.

Schade nur, dass es nicht zu funktionieren schien.

Hardie hockte auf der Kante seines Schreibtischs, wobei seine Füße nicht ganz bis auf den Boden reichten. Ein kleiner Mann mittleren Alters mit kleinen runden Brillengläsern. Dunkle Haare, aus der hohen Stirn zurückgekämmt. Die Stirn in Falten gezogen, während er einen Stapel Papiere durchsah.

Er war allerdings nicht allein im Raum. Ein spindeldürrer Mann mit schütterem Haar stand in gebeugter Haltung vor einem der Whiteboards und schrieb darauf mit einem schmierenden grünen Marker.

Und Nummer drei kaute auf ihrem Kuli herum, während sie den Inhalt ihres Klemmbretts studierte. Ihre Hängebacken schwabbelten, als sie den Kopf schüttelte. »Pfff … Wir kriegen schon Anfragen von Radio Scotland und Channel 4 News. Wie zum Teufel haben die so schnell davon erfahren?«

Hardie blickte von seinen Papieren auf und verzog das Gesicht, als er Logan sah. »Ah, Inspector McRae. Ich würde ja sagen ›Was verschafft uns das Vergnügen?‹, aber ein Vergnügen ist es ja eher selten.«

Nummer drei schniefte. »Das einzig Gute ist, dass sie nicht wissen, wer unser Opfer war.«

Nummer zwei hielt seinen Stift hoch. »Noch nicht, George. Sie wissen es noch nicht.«

George seufzte. »Stimmt.«

Logan lehnte sich an den Türrahmen. »Ich nehme an, Superintendent Doig hat mit Ihnen gesprochen?«

»O Mann.« Hardie warf seinen Papierstapel auf den Schreibtisch. »Da wird uns die Scheiße so richtig um die Ohren fliegen, das ist Ihnen wohl klar? Sobald die rauskriegen, dass wir einen ermordeten Cop haben, der seinen eigenen Tod vorgetäuscht hatte, werden da draußen nicht bloß ein oder zwei Fernsehteams kampieren. Sondern alle.«

»Sind Ihnen je irgendwelche Gerüchte über DI Bell zu Ohren gekommen? Bestechung, verschwundene Beweisstücke, Korruption?«

»Ding-Dong? Seien Sie nicht albern.« Hardie verschränkte die Arme. »Also, wir müssen unsere Ermittlungen koordinieren. Interne Ermittlung und Sonderermittlungsteam.«

»Ein ehrlicher Polizist setzt sich nicht nach Spanien ab und taucht unter, während zu Hause alle glauben, er sei tot.«

»Sie können zwei Officers haben, die Ihnen bei Ihren Ermittlungen helfen.« Hardie deutete auf seine hängebackige Helferin. »George wird sich darum kümmern.«

Sie lächelte Logan an. »Keine Sorge, ich drücke Ihnen schon nicht die größten Flaschen aufs Auge.«

»Das will ich doch hoffen. Und ich könnte auch eine Kopie der Ermittlungsakte zu DI Bells vermeintlichem Selbstmord gebrauchen.«

»Die hat Charlie, glaube ich.«

Nummer zwei nickte. »Ich bring sie Ihnen vorbei.«

Logan schlenderte zu den Whiteboards hinüber und blieb davor stehen, den Kopf zur Seite geneigt, während er die ganzen ungelösten Fälle überflog.

Hardie versuchte, Autorität in seine Stimme zu legen. »Mein SET wird sich auf die Ergreifung des Täters konzentrieren, der Ding-Dong erstochen hat. Sie können sich mit seinem … Verschwinden befassen.«

Logan blieb, wo er war. »Sie leiten die Suche nach Ellie Morton?«

»Ich erwarte, dass Sie jegliche Erkenntnisse mit meinem Team teilen. Sie berichten mir zuerst.«

Ja, klar doch. »Und Superintendent Doig war damit einverstanden? Das sieht ihm gar nicht ähnlich. Wissen Sie, da frage ich besser noch mal nach. Um eventuelle Missverständnisse zu vermeiden.«

Von Hardie kam nur ein lautes Räuspern. Erwischt.

Logan schenkte ihm ein Lächeln. »Wie lange wird Ellie schon vermisst – vier Tage?«

DS Scott tippte mit seinem Marker auf das Whiteboard. »DI Fraser arbeitet daran. Wenn Sie mich fragen: Es war der Stiefvater. Vorstrafe wegen Exhibitionismus als junger Mann. Einmal ein Perverser …«

Logan nickte. »Dann ruf ich Fraser mal an.«

Hardie räusperte sich abermals. »Wenn ich Ihre Aufmerksamkeit für einen kurzen Moment aufs Thema lenken dürfte, Inspector. DI Bells Akten – wo sind die?«

»DS Rennie arbeitet sie gerade durch.« Logan drehte sich um und setzte ein Lächeln auf. »Sie wollen doch, dass wir uns dem historischen Aspekt des Falls widmen, schon vergessen? Bells Verschwinden?«

Ein verwirrter Blick. »Aber das habe ich Ihnen doch gerade eben erst gesagt?«

Logans Grinsen wurde breiter. »Sehen Sie: Wir funktionieren jetzt schon wie eine gut geölte Maschine.«

3

Logan betrat das Büro des Sonderermittlungsteams und machte die Tür hinter sich zu.

Chief Superintendent »Big Tony« Campbell tigerte vor der Reihe von elektronischen Whiteboards am Kopfende des Raums umher wie ein Gruselfilm-Monster: groß und kahlköpfig, mit buschigen schwarzen Augenbrauen über kleinen, finster dreinblickenden schwarzen Augen. Mit seinem breiten Kreuz und den kräftigen, mit grau meliertem Pelz bedeckten Armen sprengte er fast sein schwarzes Police-Scotland-T-Shirt.

Hardie sah auch nicht viel glücklicher aus. Er hockte auf einem Schreibtisch in einer der Arbeitsnischen, die sich an den übrigen drei Wänden entlangzogen und den Besprechungstisch in der Mitte umrahmten. »Nein, wirklich, wenn Sie irgendwelche Ideen haben, ich bin ganz Ohr.«

Big Tony wies mit einer ungehaltenen Geste zu den Fenstern. »Also, irgendwo muss er ja gewohnt haben!«

»Ich lasse gerade sämtliche Hotels und Pensionen in der Region überprüfen. Die Pressestelle gibt Plakate mit seinem Foto heraus. Ein weiteres Team ist am Flughafen Aberdeen, um die Überwachungsvideos zu sichten und sämtliche Passagierlisten der letzten zwei Wochen durchzugehen. Was soll ich denn sonst noch tun?«

Logan klopfte an eine Trennwand. »Ich hoffe, ich störe nicht.«

Von Big Tony kam ein Räuspern und dann: »Inspector McRae, bitte sagen Sie mir, dass Sie etwas haben.«

»Im Moment ermitteln wir noch in verschiedene Richtungen.«

»Wunderbar. Dann haben Sie also auch rein gar nichts.«

»Es ist noch zu früh, Sir. Wir fangen ja erst an.«

Big Tony stapfte mit schweren Schritten zum Fenster und blickte auf die versammelten Fernsehleute und die Demonstranten hinab. »Schaut sie euch an, wie sie da rumschnüffeln und sich über uns lustig machen, wie sie ihre höhnischen Kommentare in die Kameras sprechen und den Leuten erzählen, dass die NE-Division nicht mal einen Furz in einem Schlafsack finden könnte!«

Logan steckte die Hände in die Hosentaschen. »Ich will jemanden exhumieren lassen.«

»Ellie Mortons Mutter gibt um zwölf eine Pressekonferenz. Dreimal dürfen Sie raten, was ihr Hauptthema sein wird. Sie ist …« Big Tony runzelte die Stirn. »Moment mal, was haben Sie gesagt? Sie wollen jemanden exhumieren? Wen?«

»Das weiß ich noch nicht.«

Hardie rümpfte die Nase. »Wie können Sie nicht wissen, wen Sie exhumieren wollen?«

»Wir haben DI Bell vor zwei Jahren beerdigt, wissen Sie noch? Nur dass er gar nicht tot war – er hatte die ganze Sache inszeniert. Da stellt sich doch die Frage: Wen haben wir in Wirklichkeit beerdigt?«

Big Tonys Augen weiteten sich, als bei ihm der Groschen fiel. »Ach du … GRÜNESCHEISSE!« Er versetzte dem nächstbesten Papierkorb einen solchen Tritt, dass das Ding durch die Luft flog und Papierknäuel und Schokoladenpapierchen herausschossen wie billiges Konfetti.

Hardie vergrub das Gesicht in den Händen und stöhnte. »Nicht schon wieder.«

»Warum ist da bis jetzt niemand draufgekommen? Gottverdammte Schhhhhh …« Big Tony zog eine Grimasse, marschierte auf den verbeulten Papierkorb zu und gab ihm noch einen Tritt, sodass er krachend gegen einen Aktenschrank flog. »Aaaaaaaaah!«

»Na ja …« Hardie lugte zwischen seinen Fingern hervor. »Man muss fairerweise sagen, es war eine Menge los, und …«

»Also, ich stelle fest: Wir haben nicht nur ein PR-Desaster, weil DI Bell seinen eigenen Tod vorgetäuscht hat und dann erstochen in einem Autowrack aufgefunden wurde – nein, jetzt müssen wir auch noch wegen Mordes gegen ihn ermitteln! Wir haben ihn mit allen polizeilichen Ehren begraben!«

Logan nickte. »Ich kann also wen auch immer exhumieren?«

»Die Medien werden begeistert sein …« Big Tony ließ die Schultern sacken. »Unsere geliebten Oberbosse in Tulliallan schnüren schon ihre Springerstiefel, um mir einen Arschtritt zu verpassen. Wenn die Bombe platzt … Aaah!« Er versetzte dem Papierkorb einen letzten Tritt und stürmte zur Tür hinaus, wild mit den Armen rudernd, als ob er in Flammen stünde. »Graben Sie ihn aus! Graben Sie sie alle aus! Bis auf den letzten gottverdammten Mann!«

Die Tür knallte zu.

Hardie starrte sie einen Moment lang an. »Ich würde ganz gerne festhalten, dass nichts von alledem meine Schuld ist.«

»Ich kann Sie gut verstehen.« Logan lehnte sich an den Besprechungstisch. »Apropos: Sagt Ihnen der Name Fred Marshall irgendwas?«

Stirnrunzeln. »Kann sein. Wahrscheinlich … Doch, ich glaube schon. War das nicht so ein freischaffender Auftragsschläger, der mit seinem Baseballschläger durch die Lande reist? Wieso fragen Sie?«

»Ach, nur so.«

Das Büro, das sie ihm zugewiesen hatten, war nicht gerade riesig, mit einem halben Dutzend schmieriger alter Schreibtische an den Wänden, zwei zerschrammten Whiteboards und einer Sammlung von Drehstühlen, die aussahen, als ob sie von einem Lastwagen gefallen wären. Und anschließend überfahren. Zweimal. Alles sah schäbig und gebraucht aus, vor allem der Teppichboden.

Logan lehnte sich auf einem der quietschenden Bürostühle zurück, das Telefon am Ohr, die aufgeschlagene Fallakte vor sich auf dem zerkratzten Schreibtisch. Stirnrunzelnd las er den Bericht der Rechtsmedizin über die Leiche, die sie in DI Duncan Bells Grab beigesetzt hatten. »Also, hier steht, die Todesursache sei nicht eindeutig zu ermitteln gewesen, aber wahrscheinlich sei es die ausgedehnte Schädelverletzung durch den Schuss aus einer Schrotflinte.«

Am anderen Ende der Leitung lachte Rennie sarkastisch. »›Wahrscheinlich‹? Ich dachte, er hätte sich damit den halben Kopf weggepustet!«

»Offenbar hatte DI Bell ungefähr fünfzehn Liter Benzin im Wohnwagen verteilt und es dann angezündet, bevor er Wen-auch-immer mit der Schrotflinte seines Vaters gurgeln ließ.« Logan blätterte weiter. Ein Tatortfoto sprang ihm ins Gesicht – wie ein Schnappschuss von einem aus dem Ruder gelaufenen Kannibalen-Grillfest. »Würg … Kein schöner Anblick, was damals von der Leiche übrig war.« Er blätterte rasch weiter, um das Bild verschwinden zu lassen. »Tu mir einen Gefallen und gib mal den Namen Fred Marshall in die Datenbank ein. Männlich, weiß, Auftragsschläger.«

»Sekunde, muss erst meine Tastatur ausgraben.« Papiergeraschel. »Fred Marshall. Fred Marshall … Wieso kommt mir der Name so bekannt vor?«

»War der Hauptverdächtige im Fall Aiden MacAuley.«

»Ah, der Fred Marshall. Also, dann wollen wir mal. Klicketi-klick … Fred Marshall.« Ein leiser Pfiff drang aus dem Hörer. »Na, der hört sich ja an wie der Traum aller ledigen Frauen. Fünf Verurteilungen wegen Bedrohung und Erpressung, vier schwere Körperverletzungen, dreimal Drogenbesitz mit Verkaufsabsicht, zwei Einbruchdiebstähle und ein Rebhuhn in einem Birnbaum.«

»Und wo ist der Märchenprinz jetzt?«

Die Tastatur klapperte wieder. Und immer weiter und weiter und weiter …

»Rennie? Bist du noch da?«

»Ich recherchiere.«

»Ich will schwer hoffen, dass du nicht auf den Dienstcomputern nach Pornos suchst. Wir sind hier nicht im Londoner Parlament.«

»Wer, ich? Niemals. Na ja, vielleicht das eine Mal … Okay, ich finde hier nichts zu Fred Albert Marshall seit … sechsundzwanzig Monaten.«

Klang unwahrscheinlich.

»Absolut gar nichts?«

»Nicht mal eine Verwarnung wegen Falschparkens.Augenblick, ich schau mal noch bei Twitter und Facebook nach …« Noch mehr Geklapper. »Nichts. Null Komma. Sein letztes Status-Update war eine Änderung von ›in einer Beziehung‹ zu ›es ist kompliziert‹, und sein letztes Posting … da haben wir’s: ein Bild von einem Affen, der sich ins eigene Maul pinkelt, mit der Unterschrift ›Unsere Freunde und Helfer von Police Scotland‹. Das war vor zwei Jahren und zwei Monaten.«

Logan nickte und starrte eine Weile nachdenklich die Wand an. Etwas über zwei Jahre. Dann war Fred Marshall definitiv ein Kandidat für das Double in DI Bells Grab.

»Chef?«

»Ja, also, du musst mir alles besorgen, was es zu Fred Marshall gibt: Zahnarztunterlagen, Röntgenaufnahmen aus dem Krankenhaus, alles.«

»Und soll ich das vor oder nach den vier Millionen anderen Sachen erledigen, um die du mich gebeten hast?«

»Danke, Simon.« Er legte auf und hatte das Handy fast wieder in der Tasche verstaut, als es sich mit einem Ping meldete.

STEEL-ALARM!

Stell dich nicht so an. Es sind auch deine Kinder – würde dir nicht schaden, die kleinen Monster ab und zu mal zu hüten!

Er daumte eine Antwort:

Ich stelle mich nicht an, ich habe zu tun. Ich habe schon etwas vor. Und ich habe sie erst vor zwei Tagen gehütet, du undankbare Tomate!

Logan klappte die Akte zu.

Ping.

Okay, du kannst deine rothaarige Sexbombe mitbringen, solange ihr nicht wieder eklige heterosexuelle Flecken auf der Couch hinterlasst.

Antwort:

Das war Hummus, und das weißt du auch. Und ich habe zu tun. Such dir jemand anders.

Und mit etwas Glück war der Fall damit erledigt.

Logan rief die abteilungsübergreifende Kontaktliste auf seinem dampfbetriebenen Computer auf. »So: Exhumierung.«

»Okay, danke. Wiederhören.« Logan legte auf und steckte sein Handy ein. Er marschierte beschwingt zum Whiteboard und machte einen dicken roten Haken hinter die Worte »EXHUMIERUNGBEANTRAGEN«.

Das andere Whiteboard war zugekleistert mit Karten, Obduktionsfotos, Aufnahmen eines ausgebrannten Wohnwagens irgendwo auf einer Lichtung sowie Fotos eines kräftigen, stark behaarten Mannes in mittleren Jahren. DI Duncan Bell. Bullig, mit runden Schultern, dichtem Haupthaar und einem Pelz, der aus dem Halsausschnitt seines Hemds wucherte. Eine Haut wie gekochte Kutteln.

Logan legte den Marker in die Ablage unter der Tafel zurück, nahm seine Fleecejacke und trat hinaus auf den Flur.

Zwei zivile Mitarbeiter standen plaudernd vor dem Materialschrank. Beide zuckten zurück, als er vorbeikam, und senkten die Stimmen zu einem ehrfürchtigen Flüstern.

Er nickte ihnen zu und ging weiter.

Dann fürchteten sie ihn eben alle wie der Teufel das Weihwasser – na und? Konnte er doch nichts dafür, oder? Nur weil er jetzt bei der Internen Ermittlung arbeitete, war er noch lange kein Ungeheuer. Jedenfalls nicht oft.

Gelächter hallte durchs Treppenhaus, es kam aus einem der unteren Stockwerke.

Logan trabte die Stufen hinunter, fischte mit einer Hand die Autoschlüssel aus der Hosentasche und … erstarrte.

DI Fraser kam die Treppe herauf. Ende zwanzig, nicht besonders groß, in einem schwarzen Hemdblusenkleid aus Jeansstoff, darüber eine schwarze Lederjacke. Lange rote Haare, Sonnenbrille auf den Kopf geschoben. Riesige Handtasche. Im Schlepptau hatte sie zwei Kollegen in Zivil: Eine kleine, zerknitterte Frau in einem zerknitterten Hosenanzug und einer Frisur, als ob jemand Albert Einstein mit einem Aufsitzmäher über den Haufen gefahren hätte. Und ein dünner Hänfling in schwarzer Police-Scotland-Ninja-Montur, mit rotem Bürstenhaarschnitt und spitzer Nase. Detective Sergeant Steel und Police Constable Quirrel. Das seltsame Paar der NE-Division.

Alle drei blieben wie angewurzelt stehen, als sie Logan erblickten. Als ob sie für ein lebendes Bild mit dem Titel »Die zu kurz Geratenen« posieren wollten.

Er lächelte ihnen zu. »Ah, Kim, ich wollte gerade zu Ihnen.«

Sie kniff skeptisch die Augen zusammen. »Ach ja?«

Er nickte ihren kleinen Freunden zu. »Roberta, Tufty.«

Tufty strahlte zurück. »Hi, Sarge. Äh, wollte sagen: Inspector. Tut mir leid – die Macht der Gewohnheit.«

Steel formte mit den Fingern ein Kreuz, als ob sie einen Vampir abwehren wollte, und fauchte ihn an wie eine wütende Katze.

»Okay …« Er wandte sich Fraser zu. »Sie bearbeiten doch den Fall Ellie Morton. Kann ich Sie kurz sprechen?«

»Ich bin eigentlich ziemlich damit beschäftigt, nach einer vermissten Dreijährigen zu fahnden.«

Logan blieb einfach stehen und schwieg.

Sie verdrehte die Augen und ließ die Schultern sacken. »Uhh … Na, dann schießen Sie los.«

»Vielleicht irgendwo, wo wir ungestört sind?«

Fraser schnippte mit den Fingern. »Tufty: ein Tee, mit so viel Milch, dass es schon gegen die guten Sitten verstößt, zwei Kaffee – einmal mit Zucker, einmal schwarz. Roberta: Gehen Sie und machen Sie der Pressestelle Dampf wegen dieses Aufrufs.«

Tufty flitzte gleich los, aber Steel zögerte noch.

»Jetzt, Roberta.«

Wieder ein Fauchen, dann machte Steel kehrt und stampfte die Treppe hinunter.

»Und hören Sie auf, die Leute anzufauchen!« Fraser sah Logan an und verzog das Gesicht. »Entschuldigen Sie bitte.«

»Sie ist sauer, weil ich heute Abend nicht die Kinder hüten will.« Er senkte die Stimme. »Was ist das für eine Geschichte mit Ellie Morton?«

»Wieso?«

»Sie haben sich über DS Chalmers beschwert.«

»Ah.« Frasers Wangen röteten sich. Sie räusperte sich. »Vielleicht sollten wir das wirklich besser unter vier Augen besprechen.«

Die Wände von Frasers Büro waren mit Fotos behängt. Die meisten zeigten irgendwelche Familientreffen, aber den Ehrenplatz nahm ein großes Porträt eines schwarzen Labradors ein, den ein Metallschildchen am Rahmen als »Maggie« identifizierte.

Fraser parkte ihre Riesenhandtasche auf dem Schreibtisch und nahm auf dem Stuhl dahinter Platz. »Ellie Morton wird seit Montagmorgen vermisst. Die Mutter lässt sie im Garten allein und geht mal eben rasch eine Schachtel Zigaretten und vier Dosen Billig-Lager kaufen. Es ist ein Co-op am Ende der Straße, normalerweise wäre sie also in höchstens fünf Minuten zurück. Auf dem Rückweg bleibt sie stehen, um mit einer Freundin zu quatschen, was bedeutet, dass Ellie – und ich kann das nicht genug betonen –, dass ein dreijähriges Mädchen gut zwanzig, fünfundzwanzig Minuten unbeaufsichtigt war.«

Logan lehnte sich an die kurze Reihe von Aktenschränken. »Spurensicherung?«

»Nichts Brauchbares. Keine Fingerabdrücke, keine Fußspuren, keine Faserspuren oder Anzeichen eines Kampfs. Hinter dem Garten verläuft ein ziemlich stark frequentierter Fußweg.« Fraser fischte ihr iPhone aus der Monstertasche und wischte darauf herum. »Sie wissen ja, wie das ist mit Kindesentführungen: Wenn es innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunden keinen großen Durchbruch gibt …« Twitterte sie etwa? »Niemand hat Ellie weglaufen sehen, niemand hat beobachtet, wie jemand sie mitnahm. Wir haben ein paar Aussagen bezüglich eines roten oder eventuell blauen Autos, eines Kombis und-Schrägstrich-oder Kleinwagens, der in der Nähe gesehen wurde, aber das ist alles.«

»Und DS Chalmers?«

Fraser seufzte schwer. »Ich habe ehrlich geglaubt, sie hätte die Kurve gekriegt. Okay, sie war schon immer übertrieben ehrgeizig, fanatisch geradezu, aber … Ich weiß nicht.« Fraser legte ihr Handy hin. »Ich bitte sie, jemanden zu vernehmen, sie tut es nicht. Ich teile sie zu einer Anwohnerbefragung ein, sie taucht nicht einmal auf. Ich befehle ihr, bei der Durchsuchung der Schuppen und Garagen in der Nachbarschaft zu helfen, und sie setzt sich einfach ab.«

Nicht weiter überraschend.

»Wo ist sie jetzt?«

»In Tillydrone, um das Alibi des Stiefvaters zu knacken. Jedenfalls sollte sie dort sein. Bei ihr kann man sich nie so sicher sein.«

Logan schlug einen milden Ton an. »Was passiert, wenn Sie sie darauf ansprechen?«

»Da können Sie sich genauso gut einen Pinguin auf den Schniedel malen und das Ganze Antarktika taufen. Es tut ihr leid, sie wird sich ändern, sie macht gerade eine schwierige Phase durch.« Fraser zog ihre Schreibtischschublade auf, nahm eine blaue Mappe heraus und warf sie auf den Schreibtisch. »Ich habe alles dokumentiert, jeden Verstoß, jedes Gespräch, und was dabei herausgekommen ist.«

»Sie hätten schon eher zu mir kommen sollen.«

»Ich weiß, ich weiß. Aber … manchmal brauchen die Leute nur einen kleinen Rüffel. Wenn wir da immer gleich euch einschalten …« Sie begann wieder auf ihrem Handy herumzutippen. »Es sind immer noch meine Leute.«

»Die Interne Ermittlung ist nicht dazu da, Leute fertigzumachen, Kim. Wir sind da, um zu helfen.« Logan nahm die Mappe und klemmte sie sich unter den Arm. »Wollen Sie sie nach wie vor in Ihrem Team behalten?«

Fraser hielt den Blick auf das Display ihres Handys geheftet. »Ich … Wir suchen nach einem kleinen Mädchen, Logan. Wir können es uns nicht leisten, so viel Zeit zu verlieren.« Endlich blickte sie auf. »Und Loyalität darf keine Einbahnstraße sein.«

Warum brauchte man für jeden Mist neun Millionen Formulare in dreifacher Ausfertigung? Bei der Polizei konnte man ja nicht mal pinkeln gehen ohne ein 369B, zwei unabhängige Zeugen und ein …

Logans Handy machte Ping.

STEEL-ALARM!

Wir wär’s mit ’nem Kompromiss? Du passt heute Abend auf J&N auf, und ich hüte Cthulhu, wenn du die rothaarige Sexbombe später auf ein versautes Wochenende mitnehmen willst.

Antwort:

Nein. Und hör auf, sie »rothaarige Sexbombe« zu nennen!

Er hatte gerade erst auf »SENDEN« gedrückt, als die Bürotür aufgestoßen wurde und Steel hereinschlappte. Das Handy in ihrer Tasche zirpte, als sie sich auf die Kante seines Schreibtischs hockte.

»Ich will doch schwer hoffen, dass das die Nachricht mit deiner positiven Antwort ist, Laz.«

Logan legte sein Handy hin, beugte sich vor, legte die Fingerspitzen aneinander und starrte sie an. »Ah, Detective Sergeant Steel, ich wollte Sie ohnehin sprechen.«

»Geht es darum, wann du zum Babysitten aufkreuzen sollst? Wenn nicht, interessiert’s mich nicht.«

»Erzähl mir mal was über DS Lorna Chalmers.«

Schulterzucken. »Prächtiger Busen, Hintern so lala. Aber alles in allem? Also, ich würde sie trotz allem reiten wie einen abgehalfterten Esel.«

O Gott, was für ein Bild.

»Nein! Ich meine, wie ist sie so als Kollegin?«

»Ach ja, weil ich ja ganz bestimmt eine aus meinem Team an euch Drecksäcke von der Internen verpfeifen werde.«

»Drecksäcke?«

»Bei allem gebührenden Bla-bla-bla und so weiter. Also, was ist jetzt mit Babysitten?«

Er verschränkte die Arme. »Ich hab keine Zeit.«

»Doch, hast du. Jeder Gartenzwerg hat ein aufregenderes Sozialleben als du.«

»Nein, hab ich nicht. Aber wenn du mir einen Gefallen tun würdest …« Er ließ den Satz unvollendet.

»Lorna Chalmers nervt gewaltig.« Steel stand auf. »Aber ich verpfeif sie trotzdem nicht.«

Interessant.

»Aber du gibst zu, dass es etwas zu verpfeifen gäbe?«

»Ich geb gar nix zu.« Sie reckte das Kinn. »Und wenn du keine Lust hast, auf deine eigenen Kinder aufzupassen, hättest du meine Frau nicht schwängern dürfen.«

»Nicht schon wieder das Thema.« Er zeigte zur Tür. »Ab mit dir. Raus. Abflug. Bevor ich dich noch wegen Gehorsamsverweigerung verknacke.«