Träne des Todes - Stephan R. Bellem - E-Book

Träne des Todes E-Book

Stephan R. Bellem

0,0
8,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Lord Trevilles Stadtvilla ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Welche Geheimnisse gingen für immer in den Flammen verloren? Als ein weiterer Mordfall die Londoner Gesellschaft erschüttert, bleibt keine Zeit für Trauer, denn die ersten Spuren deuten auf eine Verbindung zu den Tragödien in Lewis' Leben. Londons brillantester Detektiv muss auf die Hilfe seiner Freunde bauen, wenn er die Schuldigen zur Strecke bringen möchte. Viel Zeit bleibt Lewis nicht, wenn er verhindern will, dass ganz London im Chaos versinkt. Dabei stellt sich mit jedem Schritt das Gefühl ein, dass sie alle bloß Schachfiguren sind, die sorgsam in Position gebracht werden. Wie lange, bis ihr Gegner seinen Zug macht? Und für wen heißt es am Ende »Schachmatt«? Hinweis: Träne des Todes setzt die Ereignisse aus Band 2 Maske des Mondes fort und sollte im Anschluss gelesen werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 394

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



TRÄNE DES TODES

DIE FÄLLE DES LEWIS VAN ALLINGTON

BUCH DREI

STEPHAN R. BELLEM

Copyright © 2024 by

Drachenmond Verlag GmbH

Auf der Weide 6

50354 Hürth

http: www.drachenmond.de

E-Mail: [email protected]

Lektorat: Nina Bellem

Korrektorat: Lillith Korn

Layout Ebook: Stephan R. Bellem

Umschlagdesign: Alexander Kopainski

Bildmaterial: Shutterstock

ISBN 978-3-95991-917-3

Alle Rechte vorbehalten

Hinweis:

Träne des Todes setzt die Ereignisse aus

Band 2 Maske des Mondes fort

und sollte im Anschluss gelesen werden.

INHALT

Montag, 14. Oktober 1895

21:22 Uhr

Dienstag, 15. Oktober 1895

02:53 Uhr

Dienstag, 15. Oktober 1895

11:36 Uhr

Dienstag, 15. Oktober 1895

17:41 Uhr

Dienstag, 15. Oktober 1895

20:05 Uhr

Mittwoch, 16. Oktober 1895

00:17 Uhr

Mittwoch, 16. Oktober 1895

10:32 Uhr

Mittwoch, 16. Oktober 1895

11:59 Uhr

Mittwoch, 16. Oktober 1895

15:37 Uhr

Donnerstag, 17. Oktober 1895

14:07 Uhr

Donnerstag, 17. Oktober 1895

21:48 Uhr

Freitag, 18. Oktober 1895

09:51 Uhr

Freitag, 18. Oktober 1895

12:22 Uhr

Freitag, 18. Oktober 1895

21:56 Uhr

. . . irgendwann zuvor

Samstag, 19. Oktober 1895

00:37 Uhr

Samstag, 19. Oktober 1895

09:22 Uhr

Samstag, 19. Oktober 1895

19:03 Uhr

Samstag, 19. Oktober 1895

21:41 Uhr

Samstag, 19. Oktober 1895

00:39 Uhr

Samstag, 19. Oktober 1895

22:03 Uhr

Sonntag, 20. Oktober 1895

15:44 Uhr

Samstag, 19. Oktober 1895

11:47 Uhr

Montag, 23. Dezember 1895

13:09 Uhr

Nachwort und Danksagung

Montag, 23. Dezember 1895

16:36 Uhr

Drachenpost

Für Mama

Bitte verzeih, dass ich so lange gebraucht habe,

zu verstehen, was du alles für uns getan hast.

MONTAG, 14. OKTOBER 1895

21:22 UHR

Als die Feuerwehr auf das Grundstück stürmte, warteten Claire und Inspector Powler bereits vor dem Haus. Lewis suchte hektisch nach Dietrich, doch ein Blick in Claires Gesicht, die in Tränen ausbrach, bestätigte seine schlimmste Befürchtung.

Er drehte sich um und wollte zurück in das brennende Haus rennen, doch Paul hielt ihn zurück. »Du kannst nichts mehr tun, Lewis«, sagte er leise. »Das Feuer ist zu groß. Der Rauch bringt dich um, bevor du ihn findest.«

»Lass mich!« Lewis wehrte sich, schlug um sich und wollte zurück in die Flammen rennen. Dietrich hätte nicht weniger für ihn getan. Zu seinen Füßen saß Chester, steckte den Kopf winselnd zwischen Lewis’ Knie.

Claire kam zu ihnen gelaufen und nahm den Dürrbächler in den Arm. »Alles gut, kleiner Bär. Alles gut.«

Wasserpumpen wurden in Betrieb genommen, doch das Feuer hatte bereits so große Teile des Hauses verschlungen, dass die Löschversuche einem Kampf gegen Windmühlen glichen.

Auch eine Abteilung von Scotland Yard stürmte das Gelände. Allen voran Chief Inspector Miller.

»Meine Herren«, grüßte er sie, wobei er Powler einen strengen Seitenblick zuwarf. »Lord Treville, da Ihr entschieden habt, Euer Haus abzubrennen, darf ich annehmen, dass Ihr die Gastfreundschaft der Londoner Gerichtsbarkeit vorzieht?«

Lewis brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Es fiel ihm unendlich schwer, den Blick von der brennenden Villa zu nehmen, aus Angst, diese letzte Verbindung zu einem seiner besten Freunde zu verlieren. »Ich denke, als unschuldiger Mann kann Lord Treville wohnen, wo immer er möchte.«

»Unschuldig?«

Powler trat neben seinen Vorgesetzten und räusperte sich. »Es gab neue Entwicklungen in dem Fall«, begann er. »Wie sich herausstellte, hat Lord Ashbourne die Morde begangen.«

Millers Augen wurden schmal. »Und wo ist Lord Ashbourne jetzt?«

Lewis deutete auf die brennende Villa. »Hat es vorgezogen, uns nicht mehr zu begleiten.«

»Und das soll ich glauben?« Der Chief Inspector schüttelte den Kopf. »Wie mir scheint, kommt eher noch ein weiterer Mord auf die Liste.« Von der gestrigen Unterwürfigkeit war nicht mehr viel geblieben. Der Chief Inspector war wild entschlossen, heute noch eine Festnahme durchzuführen.

»Es ist die Wahrheit, Sir«, beharrte Powler. »Lord Ashbourne hat uns angegriffen. Wir wären tot, wenn Lord Treville sich nicht heldenhaft dazwischengeworfen hätte. Lord Ashbourne war der Boxer.«

»Und was ist mit dem Kutscher und seinem Sohn?«

Lewis blickte dem Chief Inspector fest in die Augen. Für einen Moment glaubte er, dort etwas zu entdecken, doch der Mann blinzelte, und was immer da gewesen war, hatte sich in Luft aufgelöst. »Sie haben selbst gesagt, dass die beiden Morde ebenfalls auf das Konto des Boxers gehen.«

Chief Inspector Miller knirschte mit den Zähnen. Für einen Augenblick schien er zu überlegen, wie er das Blatt noch wenden konnte, auch wenn Lewis nicht verstand, wohin. Schließlich nickte er und der alte Speichellecker war wieder zurück. »Wunderbar. Lord Treville, Ihr seid unschuldig.«

»Na, wenn Sie das sagen.« Paul starrte mit großen Augen auf seine Villa, die langsam von den Flammen verschluckt wurde. Alles andere schien für ihn keine Bedeutung mehr zu haben.

Lewis stellte sich neben ihn und legte ihm einen Arm um die Schulter. »Wir bauen sie wieder auf. London braucht die Trevilla. Und bis dahin wohnst du bei mir.«

Paul zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, ob ich die Trevilla brauche.« Er sah seinen Freund von der Seite an. »Aber ich würde gern in der Devonshire Street leben.«

Ehe Lewis etwas erwidern konnte, zog Paul ihn in eine feste Umarmung. »Es tut mir leid. Er war ein toller Freund.«

Immer mehr Feuerwehrleute und Freiwillige strömten auf das Grundstück, versuchten mit Eimern voll Wasser, nassen Tüchern und Besen das Feuer zu bekämpfen. Lewis wollte gern glauben, dass Pauls Nachbarn hier waren, um Lord Treville zu helfen.

Er wusste es besser.

Sie wollten lediglich verhindern, dass das Feuer auf die eigenen Häuser übergriff, denn ein Blick auf die Trevilla sagte mehr als deutlich, dass der alte Prachtbau nicht mehr zu retten war.

»Können wir bitte gehen?«, fragte Paul nach einer Weile. »Wenn ich die Leute nicht beim Plündern beobachten muss, kann ich einen Rest Achtung vor ihnen bewahren.«

Claire, Chester und Powler machten bereits den Feuerwehrleuten Platz und gingen langsam Richtung Straße. Aus den Augenwinkeln bemerkte Lewis, dass der junge Inspector einen Arm um Claires Schultern gelegt hatte und sie an sich heranzog. Unter den anderen hatte er eine dunkle Ledermappe geklemmt. Die Fallakten! Powler hat sie noch vor dem Feuer gerettet, schlussfolgerte Lewis.

Er selbst starrte weiterhin auf Pauls Anwesen, das stur den Flammen trotzte, die bereits aus den Fenstern des oberen Stockwerks schlugen. Immer wieder hörte man Fensterglas, das der Hitze nichts mehr entgegensetzen konnte und zerbarst. Ein lautes Krachen – vermutlich ein Dachbalken, den sein eigenes Gewicht zu Fall gebracht hatte. Gerade als Lewis glaubte, der Anblick könne nicht noch schlimmer werden, erschütterte eine laute Explosion das Gemäuer und ließ seine Eingeweide vibrieren.

»Na wunderbar«, sagte Paul mit einem Seufzen. »Mein Hochprozentiger hat das Zeitliche gesegnet, ohne dass ich auch nur den Hauch von Spaß damit gehabt hätte.«

Lewis blickte ihn verwirrt an.

»Mein Schnaps, Lewis. Ich weiß, dieses profane Laster reizt dich nicht mehr, aber manche von uns genießen etwas, das sich Leben nennt.«

»Hältst du das alles für einen Spaß?«

Paul ließ seine Fassade fallen und sein Blick war ein Spiegel von Lewis’ eigenen Gefühlen. »Du weißt, dass ich nicht anders kann. Wenn ich zulasse, dass …« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Können wir bitte gehen? Lass uns dort um liebe Menschen trauern, wo die Erinnerung an sie am stärksten ist.« Sein Blick schweifte suchend umher, bis er sich an eine Person in der Menge heftete. »Am Ende wird noch jemand von brennendem Geröll erschlagen und der gute Chief Inspector gibt mir die Schuld!«

Lewis wollte noch nicht gehen. Er wollte hierbleiben, wollte warten, bis das Gebäude gelöscht wäre – oder komplett verkohlt. Er wollte – nein, er musste ihn dort rausholen, doch mit jedem Augenblick, den er gebannt in die Flammen starrte, wurde eine Stimme in seinem Hinterkopf lauter. Eine Stimme, die ihm befahl, für seine Freunde da zu sein.

Seine lebenden Freunde.

Als hätte Dietrich ihm diese letzte Aufgabe übertragen.

Er bemerkte Pauls Zittern und legte ihm mitfühlend den Arm um die Schulter, was sein Freund mit einem dankbaren Seufzen erwiderte.

Keiner von ihnen ließ den anderen los, ehe sie die Devonshire Street 17 erreicht hatten.

»Ich … Es tut mir schrecklich leid«, fand Powler als Erster seine Stimme wieder und hielt Claires Hand fest umschlossen, als müsse er sie beschützen. Sie saßen um den Küchentisch, vor jedem von ihnen stand eine Tasse mit heißem Tee, den Claire wortlos zubereitet hatte.

Lewis, der noch immer mit den Tränen kämpfte, war dabei nicht entgangen, dass sie Dietrichs Lieblingssorte, Pfefferminz, gewählt hatte. Er hätte jetzt bestimmt tröstende Worte für sie alle gefunden. Lewis stellte sich vor, dass – wenn er an Dietrichs Stelle gestorben wäre – der Deutsche nun hier sitzen und jedem von ihnen auf seine ganz eigene Art neuen Mut machen würde.

Er blickte in sein Innerstes, suchte nach den richtigen Worten, doch da war nur eine schwarze Leere, die mit jedem Atemzug größer wurde. Er versuchte nicht mehr, die Tränen zurückzuhalten, war eben genau das jahrelang sein Problem gewesen; sich seinen Gefühlen nicht zu stellen, sie nicht anzunehmen.

Aber da er keine tröstenden Worte fand, zwang er seinen Verstand gewaltsam zur Arbeit. Zu viele Fragen waren noch ungeklärt. Zu viele Fragen, deren Antworten er finden musste.

Die erste saß direkt am Tisch.

»Chesters Zustand scheint Sie nicht sonderlich zu verunsichern, Inspector.« Er blinzelte die Tränen beiseite und blickte Powler fest in die Augen, wollte keinen Moment der Reaktion des Mannes verpassen. »Dürfte ich erfahren, wieso?«

Der Inspector wich seinem Blick aus, senkte schamerfüllt die Lider. »Ich war nicht ganz ehrlich zu Ihnen«, sagte er dann mit leiser Stimme. Er drehte den Kopf und sah Claire von der Seite an, die ihm ihre Hand entzog, als hätte sie sich an ihm verbrannt. »Zu Ihnen allen.«

Paul stellte seine Teetasse geräuschvoll auf den Untersetzer. »Ist es die Art Unehrlichkeit, die sich mit Worten aus der Welt schaffen lässt, oder müssen wir uns jetzt duellieren, weil in Wahrheit Sie der Mörder sind?« Er schielte zum Messerblock auf dem Küchenschrank. »Ich hoffe Ersteres, mein Bedarf an Handgreiflichkeiten ist für die nächsten Jahre gedeckt.«

Powler versuchte, erneut Claires Hand zu ergreifen, doch als sie sich ihm wieder entzog, gab er mit resigniertem Seufzen auf und blickte stattdessen Lewis an. »Es war kein Zufall, dass ich mich für Ihre Fälle interessiere … dass ich mich für Sie interessiere.«

Lewis hob überrascht die Augenbrauen. »Wie darf ich das verstehen?«

Powler räusperte sich verlegen. »Durch Herrn Dietrich erfuhr ich, dass es in anderen Ländern durchaus Menschen gibt, die sich mit Phänomenen und Bedrohungen beschäftigen, die jenseits unserer Vorstellung liegen. Er bedauerte einmal ganz offen den Mangel eines BÜROs im Königreich, wie er es nannte. Aber das heißt nicht, dass es hier und speziell bei Scotland Yard nicht Leute gibt, die erkannt haben, dass wir eine solche Abteilung dringend brauchen.«

»Aber wie konnten Sie wissen, dass ich –«

»Wusste ich nicht!«, fiel Powler ihm ins Wort. »Ich hatte einfach die Hoffnung, Londons brillantesten Ermittler für die Sache gewinnen zu können.« Er deutete auf Chester. »Und als ich erkannte, wer Mr Chadwick Witherstream in Wahrheit ist, war ich mir sicher, dass Sie mir helfen würden.«

»Woher wussten Sie von der Behörde für Übernatürliches, Realitätsverzerrung und Okkultes?« Man konnte deutlich sehen, dass Paul es genoss, den vollen Namen der Geheimorganisation zu nennen, für die Dietrich in Deutschland gearbeitet hatte. »Wenn ich es richtig verstanden habe, dann waren nur wir eingeweiht.« Er machte eine Handbewegung, die alle am Tisch, mit Ausnahme von Powler, mit einschloss.

Der Inspector senkte erneut den Blick. »Ich fürchte, Herr Dietrich war auch nicht vollkommen ehrlich mit Ihnen.«

»Sie kannten Dietrich?«, fragte Lewis ein wenig überrascht. »Also, ich meine, Sie kannten seine Geschichte?«

Powler schüttelte energisch den Kopf. »O Gott, Nein! Ich wusste so gut wie gar nichts über den Mann. Es war …« Er richtete den Blick in die Ferne, während er in seinen Erinnerungen kramte. »Es waren Andeutungen, die er machte, Bemerkungen, die mir erlaubten, meinen Vermutungen nachzugehen, anstatt sie als Spinnerei abzutun. Eines Tages fragte ich ihn, ob da mehr sei als die Dinge, die unsere Augen wahrnehmen. Er erzählte mir, dass es in Deutschland das BÜRO gebe, und das nicht ohne Grund. Er sagte nie, dass er Teil davon war, oder was genau es damit auf sich hatte. Doch dieser Wink reichte aus, um mein Leben in eine neue Richtung zu lenken.«

Lewis spürte ein Lächeln an seinen Mundwinkeln zupfen. Wie viele Leben hast du so tief berührt, Dietrich? Wie viele Menschen auf einen neuen Pfad gesetzt? Er atmete tief aus und schüttelte dabei den Kopf. »Und das alles klang für Sie nie zu unglaublich?«

Der Inspector zuckte mit den Schultern. »Wenn man sein ganzes Leben nach Antworten auf verbotene Fragen sucht, ist man bereit, nach den dünnsten Strohhalmen zu greifen.«

»Ihr ganzes Leben?«, fragte Paul und beugte sich auf seinem Stuhl nach vorn. »Wie meinen Sie das?«

Powler stützte die Ellenbogen auf dem Tisch ab und wrang die Hände. »Meine Mutter starb, als ich noch ein kleiner Junge war.« Er machte eine Pause, schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Als ich zum Inspector befördert wurde, sah ich sie zum letzten Mal. An jenem Tag verabschiedete sie sich endgültig von mir.«

»Ihre Mutter war ein Geist?« Paul machte große Augen und auch Claire bedachte Powler von der Seite mit einem Blick, den Lewis unmöglich deuten konnte. Er lag irgendwo zwischen Mitgefühl, Unglaube und Enttäuschung.

Alter Schmerz verzerrte das Gesicht des Inspectors. »Für mich war sie mehr als das«, sagte er tonlos.

Von allen Anwesenden reagierte Chester als Erstes. Der Dürrbächler erhob sich mit leisem Winseln und legte seinen Kopf schwer auf Powlers Schenkel. Der Hund blickte dem jungen Mann von unten ins Gesicht und hechelte aufmunternd, als ihre Blicke sich trafen.

»Das entschuldigt noch immer nicht, dass du mich geschlagen hast«, sagte Powler mit gespielter Strenge, die unter seinem ehrlichen Lächeln mehr als aufgesetzt wirkte. Chester schnaubte verächtlich und wollte sich bereits grummelnd zurückziehen, doch da begann der Inspector, ihn hinter den Ohren zu kraulen. »Danke.«

Lewis blickte auf seine Taschenuhr. Es war bereits weit nach Mitternacht. »Inspector, Sie sind eingeladen, die Nacht in meinem Gästezimmer zu verbringen.« Powler wollte schon kopfschüttelnd ablehnen, daher fügte Lewis rasch hinzu: »Ich habe noch einige Fragen, die wir beim Frühstück klären können.« Er warf Claire einen raschen Blick zu und sie deutete ein Kopfnicken an. »Außerdem glaube ich, dass ich nicht der Einzige bin, der sich mit Ihnen unterhalten will.« Lewis stand auf und klopfte Paul auf die Schulter. »Kommst du mit ins Arbeitszimmer? Ich muss dir etwas zeigen.«

»Sag, Lewis«, begann Lord Treville, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, »wenn der Inspector heute Nacht hier schläft … wie viele Gästezimmer hat dieses Haus? Muss ich mir den Raum erst mit Chester und nun mit Inspector Powler teilen?«

Lewis schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Mist! Das hatte ich vergessen.« Er dachte kurz über eine Alternative nach, ehe er achselzuckend aufgab. »Lassen wir dem Inspector seine Privatsphäre. Du schläfst bei mir.«

»Ja, weil er dein ältester Freund ist.« Paul kicherte. »Als wir uns das letzte Mal ein Bett geteilt haben, waren wir noch an der Uni.«

»Und wir hätten es uns nicht teilen müssen, wenn du den beiden Damen nicht den ganzen Abend von obskuren Fruchtbarkeitsritualen vorgeschwärmt hättest. Sogar ich hatte plötzlich Angst, schwanger zu werden!«

Paul hob eine Augenbraue und bedachte ihn mit einem skeptischen Blick. »Oh ja, meine Geschichten waren das Problem.«

»Ich weiß nicht, was du meinst.«

Paul baute sich vor ihm auf und schritt im Zimmer auf und ab, als würde er dem hohen Gericht eine Beweiskette vortragen. »Warst nicht du es, der den beiden lang und breit von den Überfällen auf junge Frauen im Jahr davor erzählt hat?«

Lewis zuckte mit den Schultern. »Die Zeitungen waren voll davon.«

»Und warst nicht du es, der den Damen versicherte, dass es unmöglich ein Einzeltäter sein konnte, sondern vermutlich zwei Männer gewesen waren?«

»Was sich später auch bestätigte …«

Paul unterbrach ihn brüsk und deutete anklagend mit dem Finger auf ihn: »Und hast du nicht gesagt, dass die jungen Frauen vermutlich auf ähnliche Weise in den Tod geführt wurden, wie unsere Gäste? Verführt von zwei charmanten jungen Männern?«

Lewis kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. »Ich dachte, wenn sie sich ein wenig fürchten, würden sie eher unter unsere Bettdecken huschen«, gab er zu.

»Furcht?!« Paul starrte ihn entsetzt an. »In welcher Welt, Lewis? In welcher Welt?« Er warf die Hände in die Luft. »Herrgott, weißt du eigentlich irgendetwas über Frauen?«

Er schnaubte lächelnd, dann fiel sein Blick auf den leeren Beistelltisch am Kamin und der heitere Moment war verflogen. Er rieb sich die Nasenwurzel und atmete tief durch.

»Wie hältst du durch?«, fragte Paul und scheiterte dabei kläglich an dem Versuch, seine Besorgnis zu überspielen.

»Es … Es muss gehen«, antwortete Lewis matt, ehe ihm bewusst wurde, mit wem er sprach. »O Gott, Paul, es tut mir leid. Dein Haus! Ich sollte dir diese Frage stellen!«

Lord Treville machte eine wegwerfende Handbewegung. »Steine, Holz und hässliche Gemälde. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser fühle ich mich.«

Lewis blickte ihn stirnrunzelnd an.

»Jetzt bin ich frei. Kein alter Familiensitz, der mich in dieses Korsett zwängt, das mir schon lange nicht mehr passt, verstehst du?« Er machte einen Schritt auf die Tafel zu, an der Lewis die Meldungen, Beweise und Spuren der von ihm untersuchten Kriminalfälle sammelte. »Ich sollte mir auch so eine Tafel zulegen«, meinte Paul in Gedanken. »Dann sammle ich erst einmal alle Ideen, die mir für meine Zukunft in den Sinn kommen.«

»Ich kann noch immer nicht glauben, was alles geschehen ist«, sagte Lewis kopfschüttelnd und ließ sich in einen der Sessel am Kamin fallen. Das Leder ächzte unter der plötzlichen Belastung und er schob sich tief in die Sitzkissen. »Mein Hund wird zu einem Menschen, nachdem ihn ein Werwolf beißt …«

»… dessen Morde man mir anzuhängen versucht …«, warf Paul ein.

»… Dietrich …« Lewis’ spürte die Trauer erneut in sich aufsteigen und kämpfte mit den Tränen. Plötzlich ergriff eine Hand die seine und gab ihm den Halt, den er gerade zu verlieren drohte.

»Earl und Georgie.« Auch Pauls Stimme klang brüchig.

Für eine Weile saßen sie stumm nebeneinander und starrten unter Tränen in das lodernde Kaminfeuer. Es bedurfte keiner Worte, um ihren Schmerz zu teilen und sich gleichzeitig gegenseitig Kraft zu spenden.

»So, was halten wir von Powler?«, beendete Paul ihr Schweigen.

»Du traust ihm nicht?«

»Einem Mann, der dich monatelang über seine wahren Absichten im Dunkeln gelassen hat? Mitnichten!«

Lewis klopfte ihm versöhnlich auf die Schulter. »Ja, er hat gelogen. Aber trotz allem vertraue ich ihm. Dietrich hat ihm vertraut.«

»Valider Punkt. Fürs Erste.« Er blickte sich im Raum um, als würde er etwas suchen. »Die Statue passt nicht in dein Arbeitszimmer«, bemerkte er beiläufig.

Lewis zwang sich, das Kunstwerk erneut anzusehen.

Die kniende nackte Frau, deren aufgerissener und grotesk verzerrter Mund ihm entgegenzuschreien schien, dass er sie von ihrem Leid erlösen sollte. Gleichzeitig hielt die Tonfigur schützend die rechte Hand vor ihren schwangeren Bauch, als wolle sie jeglichen Schaden von dem Ungeborenen abhalten. Nichts an der Darstellung schien richtig. Jedes einzelne Detail, wie die linke Hand, die stolz ein Bündel Ähren präsentierte, war für sich allein eine geläufige Darstellung heidnischer Kulte, doch alle zusammen ergaben eine regelrechte Kakophonie an Bildern.

»Sie passt nicht in mein Haus«, murmelte Lewis unhörbar. Laut sagte er: »Wir sollten sie neben die Garderobe stellen, dann haben alle was davon.«

Plötzlich wandte Paul ihm den Kopf zu und blickte ihm fest in die Augen. »Sei bitte ehrlich zu mir. Mit dem Feuer und all dem Chaos … wie wahrscheinlich ist es, dort noch Hinweise auf George und Earls wahren Mörder zu finden?«

Lewis hätte ihm gerne mehr Mut gemacht, doch er konnte ihn nicht belügen. »Ich fürchte, wir sind allein auf das angewiesen, was in Scotland Yards Akten steht.«

»Also nichts.«

»Es tut mir leid.«

Paul stand ruckartig auf und ging im Zimmer auf und ab. »Aber wir müssen doch irgendetwas tun können!« Er kam zum Sessel zurück, drehte ihn herum und starrte Lewis auffordernd an. »Du wirst das nicht zulassen, oder? Dass ihr Mörder davonkommt?«

Lewis legte ihm beruhigend die rechte Hand auf den Unterarm. »Natürlich nicht.« Er deutete auf die Ledermappe auf seinem Schreibtisch, die mit allerlei Papier gefüllt und von einem dünnen Band verschlossen war. »Darin sind alle Spuren und Hinweise auf die Morde des Werwolfs gesammelt«, setzte er an.

»Nur hat der Werwolf Earl und George nicht getötet«, fuhr Paul dazwischen.

»Stimmt. Aber wer auch immer die beiden auf dem Gewissen hat, wusste von Ashbourne.« Lewis blickte dem Freund fest in die Augen. »Es gibt einen Zusammenhang zwischen Asbourne, dem Kult und den Morden. Und wir werden ihn finden.«

Paul verharrte noch einen Moment, schien gedankenverloren ins prasselnde Kaminfeuer zu starren, ehe er kraftlos in den freien Sessel sank. »So hatte ich mir meine Tage nicht vorgestellt.«

Lewis drehte den eigenen Sessel wieder zum Kamin. Er vermutete, dass auf Pauls Aussage noch eine Erklärung folgen würde, und nahm einen tiefen Schluck Tee, um Lord Treville die Zeit zu geben, seine Gedanken zu sortieren.

Schließlich sah der Freund ihm wieder in die Augen. »Mein Lebenswandel, weißt du?« Er schnaubte verächtlich. »Es ging um Spaß. Immer nur um Spaß, Lewis. Ich hätte nie gedacht, dass meine … Laster einmal anderen schaden könnten.«

»Ashbourne hat die beiden nicht umgebracht«, gab Lewis erneut zu bedenken.

Paul zuckte mit den Schultern. »Aber hätte er davor zurückgeschreckt?« Er machte eine ausladende Geste. »Oder hätte er gezögert, dich zu töten?« Ein tiefer Schluck leerte seine Teetasse. »Nein, mein Freund, meine Zügellosigkeit hat uns alle in Gefahr gebracht.«

Lewis wollte davon nichts hören. Er wusste, auf welchen Pfad solche Gedanken führten. Einen, auf dem man sich die Schuld und das Leid der Welt auf die eigenen Schultern lud. Wie er bestimmt seine Hand auf Pauls Schulter legte, erkannte er plötzlich Dietrichs Geist in sich. Der Deutsche hatte den Pfad stets klar vor Lewis’ Füßen gesehen. Hatte versucht, ihn davon abzubringen. Viel zu lange habe ich dir nicht zugehört, dachte Lewis traurig. »Es ist nicht deine Schuld, Paul«, sagte er ruhig, aber mit Nachdruck, zwang Lord Treville, ihm wieder in die Augen zu blicken. »Wir sind nicht verantwortlich für die Taten anderer, verstehst du?«

»Aber–«

»Sophia hätte Harry einfach verlassen können, aber sie wollte sein Geld«, hielt Lewis dagegen. Gerade wollte Paul widersprechen, doch Lewis schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. »Ich bitte dich, du weißt, dass ich recht habe. Und Harry? Der hätte seine Frau verstoßen können. Es wäre nicht die erste Gespielin gewesen, die er ausgetauscht hätte. Niemand hat ihn gezwungen, Menschen zu töten, das hat er ganz allein entschieden.«

»Bei dir klingt es so einfach.«

»Ist es auch«, sagte er mit einem Kopfnicken. »Wir machen es uns nur immer kompliziert.« Er deutete zum Schreibtisch, wo die heutige Tageszeitung lag. Das London Journal. Früher hatte Lewis es nie gelesen, doch seit den Ereignissen um Kate hatte er das Gefühl, es der jungen Frau schuldig zu sein. Zudem mochte er John Barnes, der das Blatt als Chefredakteur leitete – zumindest bis heute. »Barnes hat seinen Hut genommen und das Journal verlassen. Und warum? Weil er sich selbst die Schuld an Kates Tod gibt.«

»Manche Menschen wollen eben Verantwortung übernehmen«, wagte Paul noch einen Vorstoß.

»Verantwortung?!« Lewis stand auf und ging die zwei Schritte zum Schreibtisch, nahm die Zeitung und knallte sie Paul auf den Schoß. »Selbstmitleidige Menschen übernehmen gerne Verantwortung, doch nie für das eigene Handeln, sondern gleich für die ganze Welt. Für all die Missgeschicke, die um sie herum geschehen.«

Er wedelte mit dem Zeigefinger vor Pauls Gesicht, ehe er auf sich selbst deutete. »Und glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche. Wie viele Mörder habe ich hinter Gitter gebracht? Und jedes Mal habe ich mir selbst die Schuld an ihren Verbrechen gegeben. Weil ich sie nicht schnell genug gefasst habe. Weil ich ihnen womöglich schon einmal über den Weg gelaufen war.« Er seufzte tief. »Seit einem Monat frage ich mich, ob ich Kate hätte retten können, wenn ich James bloß früher durchschaut hätte. Oder Millie. Oder die anderen Frauen, die er getötet hat.«

Lewis deutete auf die beiden Teetassen, die auf dem kleinen Tablett auf dem Kaffeetisch standen. »Dietrich hat all die Jahre versucht, mir diese Lektion beizubringen. Diese einfache Wahrheit.«

»Welche?«

»Wir sind bloß Menschen, Paul. Wir machen Fehler. Wir sind nicht allwissend.«

»Hört den Prediger.«

Lewis ließ sich nicht beirren. »Wir treffen unsere Entscheidungen aus einem Moment heraus. Ja, oft von langer Hand geplant, aber dennoch ist es stets eine Frage des Augenblicks. Wie hätte ich James überführen sollen? Ohne Beweise? Wie hätte ich ihn verdächtigen sollen?«

Paul nickte, wenn auch zögerlich.

»Ganz davon abgesehen, dass ich kaum bei klarem Verstand war.« Er ließ sich wieder in den Sessel fallen und das Leder ächzte erneut unter dem Aufprall. Kurz befürchtete er, das Möbelstück könnte unter ihm zusammenbrechen, doch die Holzteile waren aus englischer Eiche gefertigt. Mit Sicherheit würden seine Möbel sie alle überleben – ein seltsam beruhigender und zugleich verstörender Gedanke. »Ich kann bloß jeden Tag versuchen, ein besserer Mensch zu sein. Offener zu sein. Wachsamer zu sein. Und hoffen, dass ich einen Unterschied machen kann.«

Paul brummte zustimmend. »Barnes hat also hingeschmissen?«

»Ich weiß nicht«, gestand Lewis achselzuckend. »Vielleicht musste er auch gehen. Der Artikel lässt das zwischen den Zeilen vermuten.«

»Aber du denkst, es war wegen Kate?«

»Ich habe ihn ein paarmal getroffen. Wegen Kates letzter Recherchen. Er nimmt sich die Sache sehr zu Herzen.«

»Denkst du, er braucht eine deiner Predigten?«

»Ha. Ha.« Lewis gab sein überzogenstes vor Sarkasmus triefendes Lachen zum Besten. »So gut kennen wir uns nicht. Die sind allein für dich.«

»O welch Ehre, Gesandter des Herrn!«, ließ Paul den alten Lord Treville kurz aufblitzen, ehe er gedankenverloren nach der leeren Teetasse griff. »Ich weiß nicht, ob ich das kann«, gestand er schließlich. »Ich weiß nicht, ob ich die Schuld von mir weisen kann.«

»Lass einfach nicht zu, dass sie dich unter sich begräbt.«

Paul las den Artikel und legte die Zeitung beiseite. »War es das, was du mir zeigen wolltest?«

»Wie? Ach, ich brauchte bloß einen Vorwand, damit Claire und Powler sich in Ruhe unterhalten können«, gestand Lewis. »Ich glaube, die beiden haben viel zu besprechen.«

»Und so lange willst du dich hier verstecken?«

Lewis kratzte sich am Hinterkopf. So weit hatte er nicht gedacht. Nachdem er sich kurz in seinem Arbeitszimmer umgesehen hatte, brachte er leise hervor: »Es gibt genug zu tun, ich denke, ich kann es hier ein paar Tage aushalten.«

Paul erhob sich aus dem Sessel. Hatte er zuvor noch niedergeschlagen gewirkt, schien jetzt ein kleiner Funke in ihm zu erwachen. »Dann lass uns anfangen.« Er streckte die Arme in einer suchenden Geste aus. »Wie gehst du so was an?«

Lewis verdrängte die Trauer für einen Moment. Dass ausgerechnet die eine Sache, die ihn früher an den Rand des Abgrunds getrieben hatte, ihn heute davor bewahren würde, war eine Wendung des Schicksals, die womöglich nicht einmal Madame Babuschka mit ihren lächerlichen Trickkarten hätte vorhersagen können.

Er stand auf und reichte Paul eine der Fallakten zu den beiden Morden von Lord Ashbourne, die andere behielt er. »Du nimmst Timothy Sondheimer, liest dir jeden Satz genau durch, machst Notizen, trägst Fakten zusammen, versuchst, Zusammenhänge zu erkennen. Ich mache das gleiche für Charles Mollingworth.« Er deutete mit der zweiten Fallakte auf die Schiefertafel. »Wir sammeln unsere Erkenntnisse an der Tafel oder auf Papier. Mit etwas Glück finden wir eine Verbindung.«

Paul blickte ihn stirnrunzelnd an. »Wofür?«

»Wofür was?«

»Mollingworth und Sondheimer wurden von Harry umgebracht. Daran gibt es keinen Zweifel mehr. Wie soll uns das dabei helfen, den Mörder von Earl und George zu finden?«

Lewis stützte die rechte Hand mit gespreizten Fingern auf seine verbliebene Fallakte. »Weil der Kult einen Fehler gemacht hat.«

»Ich kann dir nicht folgen, fürchte ich.«

Lewis lehnte sich gegen die polierte Tischplatte seines Schreibtischs. »Ich hätte ihn selbst beinah übersehen, aber jetzt bin ich mir sicher. Earl und George wurden durch ein Stilett getötet. Anschließend hat man versucht, die Morde wie eine Tat des Boxers, der, wie wir wissen, Harry war, aussehen zu lassen. Warum?« Er wartete Pauls Antwort nicht ab, sondern spann den Faden direkt weiter: »Man wollte dir Harrys Morde anhängen. Der Kult hat George und Earl getötet, um Harry zu schützen. Dich wollte man dafür büßen lassen. Warum? Wenn wir darauf eine Antwort finden, sind wir dem wahren Täter einen Schritt näher.«

Paul hob die Akte Sondheimer fragend in die Luft. »Du glaubst, hier drin finden wir die Antwort?«

»Ich glaube, der Kult der sehenden Rose hat einen ersten Fehler gemacht. Finden wir heraus, warum Harry die beiden umgebracht hat, finden wir die Antwort darauf, warum man dich mit hineinziehen wollte.«

»Sie waren keine Männer, die in meinen Kreisen verkehrten, das kannst du direkt aufschreiben.«

»Also kannte Harry sie in einem anderen Zusammenhang«, sagte Lewis, während er an der Tafel festhielt, dass die beiden Männer nicht Teil der höheren Gesellschaft gewesen waren.

»Und wenn es einfach Zufall war?«

»Das ist selten. Es gibt fast immer eine Verbindung. Wir müssen nur gründlich genug danach suchen.«

Paul seufzte. »Das klingt ja wie im Studium.«

Lewis gestattete sich ein schmales Lächeln. »Du hast es erfasst. Nur studierst du diesmal einen Mörder.«

»Wenigstens war Harry als Monster genauso faul wie als Mensch«, kommentierte Paul mit Blick darauf, dass sie nur zwei Opfer zu untersuchen hatten.

Sie lasen die Polizeiberichte mehrmals. Wenn sie noch mehr Informationen aus ihnen ziehen wollten, müssten sie die spärlichen Beschreibungen schlicht wörtlich auf die Tafel übertragen.

Lewis wollte kein noch so kleines Detail außer Acht lassen. Alles könnte wichtig sein.

Nichts durfte übersehen werden.

Für Dietrich.

Paul hielt sich tapfer, doch immer wieder gewann die Müdigkeit die Oberhand, sorgte dafür, dass sein Kinn auf seine Brust sank, nur damit Lord Treville wieder ruckartig aufschreckte.

»Geh schlafen«, sagte Lewis mit beinah liebevollem Unterton. Paul schien völlig ausgelaugt, geradezu ausgezehrt, wie er da mehr auf dem Sessel lag als saß. Er hat heute Nacht alles verloren, rief sich Lewis ins Gedächtnis. Er braucht Ruhe.

»Es geht schon«, wiegelte Paul ab und richtete sich wieder auf. »Du bist ja auch noch wach.«

»Nur noch ein bisschen.« Lewis blickte dem Freund tief in die Augen. »Du solltest schlafen, Paul. Glaub mir, die nächsten Tage werden anstrengend genug.«

Der Widerstand bröckelte. Man konnte es deutlich in Pauls Gesicht sehen und schließlich gewann die Müdigkeit das Duell. Er nickte und legte die Akte beiseite. Als Paul das Arbeitszimmer verließ, erspähte Lewis durch die geöffnete Tür den Mantel des Freundes, der achtlos über das Treppengeländer geworfen war. Wenn man sein ganzes Leben lang bedient wird, vergisst man die einfachsten Dinge, was? Er machte ihm keinen Vorwurf. Paul war in dem festen Glauben erzogen worden, dass immer jemand hinter ihm aufräumte.

Lewis ging ins Foyer, nahm den Mantel und hängte ihn auf den letzten freien Bügel der Garderobe, wofür er einen seiner Mäntel zur Seite schieben musste. Es war der dunkelgraue Kurzmantel, den er in Berlin getragen hatte, und als er den Stoff beiseiteschob, spürte er einen seltsamen Widerstand.

Er tastete die Außen- und Innentaschen des Mantels ab, bis seine Finger plötzlich stabilen Karton erspürten. Eine abgerundete Ecke mit scharfen Kanten, und als Lewis das Objekt vorsichtig mit Daumen und Zeigefinger herauszog, ahnte er bereits, was er gleich vorfinden würde – auch wenn es absolut unmöglich war.

Im Halbdunkel des Foyers starrte er auf eine Tarotkarte.

Der Narr.

Auf dem Kopf.

»Wie zum Teufel…«, setzte er an, wollte bereits an Zauberei glauben, mit der Madame Babuschka die Karte heimlich in seiner Innentasche platziert hatte, ehe ihm die naheliegende Lösung einfiel und er beinahe über seine eigene Leichtgläubigkeit lachen musste. »Ein Schauspiel«, flüsterte er. »Einer ihrer Angestellten hat die Karte heimlich in meinen Mantel geschmuggelt, während wir abgelenkt waren. Ein Taschenspielertrick.«

Er ging zurück ins Arbeitszimmer und legte die Karte richtig herum auf den Schreibtisch. Er würde sie als Andenken und Mahnung dafür behalten, dass der Aberglaube Berge versetzen konnte.

Lewis umrundete den massiven Eichentisch, ließ sich in den bequemen Ledersessel fallen und griff nach der Fallakte zu Mr Sondheimer. Er erspähte aus dem Augenwinkel die Karte, und ließ die Akte wieder fallen.

»Das kann nicht sein!«, stieß er mit zittriger Stimme hervor.

Die Karte zeigte noch immer den Narren, der auf dem Kopf stand.

»Ich muss die Karte versehentlich gedreht haben«, stammelte Lewis vor sich hin, unfähig, sich zu rühren.

Mit zitternden Fingern griff er nach der Karte, hob sie vor sein Gesicht und studierte das Bild. Der Narr besaß erstaunliche Ähnlichkeit mit ihm selbst. Um das Bild besser studieren zu können, drehte er die Karte um, damit der Narr wieder aufrecht stand.

Die Zeichnung änderte sich schlagartig und wieder stand der Narr auf dem Kopf.

Lewis ließ die Karte fallen, als hätte er sich daran verbrannt, und wich so weit mit dem Sessel zurück, dass er mit dumpfem Poltern gegen die Wand stieß.

Immer wieder schüttelte er den Kopf, während er fassungslos auf das Stück Karton starrte.

»Unmöglich!«, sagte er wieder und wieder, doch die Realität blieb unverändert.

Der Narr stand auf dem Kopf, verhöhnte ihn regelrecht mit seiner Darstellung eines gedankenverlorenen Träumers, einen Schritt vor dem Abgrund – Sinnbild seiner Ahnungslosigkeit.

Lewis versuchte Unterschiede zum Bildnis in Berlin auszumachen, Hinweise darauf, dass es sich bei der handgemalten Karte um eine Kopie handelte, ehe er schnaubend den Kopf schüttelte. Handgemalte Karten ändern sich nicht mit der Drehrichtung des Kartons.

Er stand auf und atmete tief durch, stemmte die Hände rechts und links neben der Karte auf die Tischplatte und zwang sich, sie nüchtern zu betrachten, ihre Existenz zu akzeptieren.

»Also schön«, begann er mit immer noch zittriger Stimme. »Was sehe ich? Eine Tarotkarte, die mir immer dasselbe Bild zeigt, egal wie ich sie drehe.«

Zur Überprüfung seiner Theorie legte er den rechten Zeigefinger auf eine Ecke der Karte und drehte sie im Uhrzeigersinn. Das Bild blieb unverändert, bis zu dem Moment, da er das Stück Kartonpapier weiter als neunzig Grad drehte. Wie von Zauberhand änderte das Bild seine Ausrichtung und stellte den Narren wieder auf den Kopf.

Zauberhand …

Lewis stieß sich vom Tisch ab, verschränkte die Arme vor der Brust und rieb sich mit der linken Hand übers Kinn.

Ein Trickbild?

Es gab optische Täuschungen, die je nach Betrachtungswinkel anders erschienen, Spiele aus Licht und Schatten, die das Auge verwirrten, doch dies hier schien anders gelegen. Die Änderung der Ausrichtung war zu abrupt, folgte der Ausrichtung der Karte zu genau, um … natürlichen Ursprungs zu sein.

Die Erkenntnis, dass er es mit keiner weltlichen Schummelei zu tun hatte, ließ ihn frösteln.

»Madame Babuschka, die Wunderbare«, flüsterte er ihren Namen, fürchtete beinah, sie so heraufzubeschwören.

Lewis sah sich nervös um und entdeckte eine Rettungsleine: Dietrichs Notizbuch.

Wenn es eine Antwort auf all das gab, würde er sie darin finden.

* * *

Claire rang die Hände, in dem verzweifelten Versuch, ihrer Unruhe Herr zu werden. Herr Dietrich war … fort. Chester – Gott sei Dank – war wieder ein fauler und knuddeliger Dürrbächler. Und Nigel Powler hatte sie alle über Wochen, gar Monate hinweg, getäuscht.

Zur Krönung war sie heute aus einem brennenden Haus geflohen, einem Werwolf gegenübergetreten und wäre beinah von Chester angegriffen worden. Wenn nicht Herr Dietrich …

Der Gedanke an den reservierten, doch stets auf seine Weise fürsorglichen Mann, bildete einen solch großen Kloß in ihrem Hals, dass sie fürchtete, nie wieder schlucken zu können.

Sie konnte das Zittern ihrer Hände nicht abstellen. Zuerst war alles ein Abenteuer gewesen, doch heute hatte sich alles zu einem einzigen dunklen Schrecken verwandelt, der nicht enden wollte.

Feuer. Blut. Tod.

»Claire, ich …«

Weiter kam Nigel Powler nicht, denn sie stand so abrupt auf, dass der Stuhl laut über die Küchenfliesen kratzte.

»Ich werde Ihnen das Gästezimmer herrichten, Inspector«, sagte sie tonlos und ohne ihn anzusehen. Sie würde ihm ihre Tränen nicht zeigen.

»Ich … Ich verstehe.« Der niedergeschlagene Klang seiner Stimme versetzte ihrem blutenden Herz einen weiteren Stich.

Claire umrundete den Tisch und blickte stur zu Boden. Er hatte sie belogen. Hatte sie getäuscht.

Gleichzeitig hatte er sie auch unterstützt, ihr seine Gefühle gezeigt.

Echte Gefühle?

Die Frage ließ sich nicht auf Anhieb beantworten.

Sie war schon an der Küchentür, hielt aber doch kurz inne.

Nigel Powler war aufgestanden und blickte sie über den Tisch hinweg an, schien sich jede ihrer Bewegungen genauestens einprägen zu wollen. Wie für eine spätere Befragung oder als wäre es das letzte Mal, dass er sie sah, und vorher wolle er die Erinnerung an sie in sein eigenes Herz brennen.

Das letzte Mal …

Claire erkannte, dass sie dieser Gedanke mehr schmerzte, als sein Verrat.

Sicher, sie war noch wütend auf ihn. Aber wenn sie jetzt ging, würde sie nie erfahren, ob ein Verzeihen möglich war oder wie es sich anfühlen könnte. »Sie könnten sich als Gentleman erweisen und mir dabei zur Hand gehen.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, ein Spiegel ihrer Unsicherheit darüber, ob sie die Worte wirklich aussprechen wollte.

Er nickte verstehend. Trat mit einem zerknirschten Lächeln um den Tisch herum und schloss sich ihrer Führung an, während sie ihn durch das Haus lotste, um das Gästebett frisch zu beziehen.

»Ich wollte Sie nicht verletzen«, sagte er nach einer Weile, in der sie schweigend gemeinsam das Bett gerichtet hatten.

Der Inspector stellte sich nicht ungeschickt dabei an, die Bettdecke zu beziehen, was Claire glauben ließ, dass er wohl allein lebte – und das nicht erst seit gestern. Auch beim Bettlaken hatte er sich effizient in ihren Arbeitsablauf eingefügt. Zudem teilte er offenbar ihre Vorliebe, das Laken zuerst am Kopfende zu befestigen. Es war keine weltumspannende Erkenntnis, aber dennoch brachte diese Gemeinsamkeit Claire zum Schmunzeln.

»Das glaube ich Ihnen«, gestand sie nach einem weiteren Augenblick der Stille.

»Ich wollte es Ihnen schon lange sagen – Ihnen allen.«

Da war es wieder. Dieses eine Wort. Wie lange hatte er sie wohl alle getäuscht? »Ich wünschte, das hätten Sie getan.«

»Würde es etwas zwischen uns ändern, wenn ich verspräche, Ihnen nie wieder etwas zu verheimlichen?« Der Unterton dieser Frage hing schwer im Raum. Fast wie ein zu starker Duft, den man nicht bloß riechen, sondern schon schmecken konnte.

All ihre Sinne waren wie betäubt von dieser einen Frage, deren Beantwortung so viel mehr bedeuten würde. Wollte sie ein solches Versprechen? Falls nicht, hatte sie es jemals gewollt?

Claire zwang sich, Inspector Nigel Powler in die Augen zu blicken, und in jenem Moment, da sie die Hoffnung in seinem Blick erkannte, wusste sie die Antwort. »Ja, Inspector. Ja, das würde es. Nicht sofort, fürchte ich, aber … es würde mich sehr freuen.«

Sie legte das frisch bezogene Kopfkissen zurück aufs Bett und verließ das Gästezimmer. Zu ihrer Überraschung wartete Chester bereits vor der Tür auf sie und begleitete sie mit leisem Brummen in ihr eigenes Zimmer.

»Du musst mich nicht vor Nigel beschützen«, flüsterte sie dem großen Dürrbächler zu.

Chester hob zur Antwort den massigen Kopf und schnitt eine Grimasse, die an zusammengeschobene Augenbrauen erinnerte.

»Ich weiß, dass du ihm nicht vertraust.«

Wieder ein Schnauben.

»Darf ich dich daran erinnern, dass du ihn geschlagen hast?«

Mit einem Mal war die Heiterkeit, die ihr Gespräche mit dem Hund brachten, verschwunden. Chester winselte gequält und jaulte leise. Sein Kopf ruckte herum und er blickte traurig auf Herrn Dietrichs Zimmertür.

Niemand hatte es laut ausgesprochen, doch für alle war fraglos klar gewesen, dass niemand im Zimmer des Butlers schlafen würde.

Claire kämpfte die Tränen nieder und legte Chester eine Hand in den Nacken. »Es war nicht deine Schuld, kleiner Bär.« Und als müsse sie dem Hund weiter Mut zusprechen, fügte sie hinzu: »Mr van Allington wird den wahren Schuldigen zur Strecke bringen.«

Der Dürrbächler schien sich mit dieser Aussage zufriedenzugeben, doch das leise Winseln blieb, hallte durch den Korridor und füllte Claires Herz mit noch mehr Trauer.

»Wir sollten schlafen, kleiner Bär. Einen Schritt nach dem anderen.«

Claire öffnete ihre eigene Zimmertür und Chester folgte ihr stumm. Er würde wieder eine Weile am Fußende liegen, bis es ihm zu warm wurde, und sich dann, wie so oft, vors Bett legen, um ja nicht zu verpassen, wenn sie am nächsten Morgen aufstand. Denn Chester wusste genau, dass er dann das ein oder andere Leckerchen abgreifen konnte.

DIENSTAG, 15. OKTOBER 1895

02:53 UHR

Wieder und wieder las Lewis die Widmung in dem in schwarzes Leder gebundenen Büchlein.

Dietrichs Buch.

»Mr Speermann … war das dein wirklicher Name?«, fragte er flüsternd in die Stille seines Arbeitszimmers hinein.

Er hatte sich das schwarze Buch gegriffen, in der Hoffnung, einen Hinweis auf die Tarotkarte darin zu finden.

Jede Seite las sich wie ein Schauermärchen.

Auf manchen waren Zeichnungen, bei denen Lewis das Blut in den Adern gefror, oder so abscheuliche Beschreibungen von unvorstellbaren Grausamkeiten, dass er mit rumorendem Magen rasch weiterblätterte.

Und dennoch – meine Arbeit trieb mich oft an den Rand dessen, was ein menschlicher Verstand zu begreifen vermag. Mondlicht, welches das menschliche Wesen verändert, goldenes Licht in dunkelster Nacht, Wesen, die Äonen überdauern. Wo Sage auf Wahrheit, Aberglaube auf Wirklichkeit und eine Erklärung ins Nichts fällt – dort bin ich bereit, das Wirken einer höheren Macht in Betracht zu ziehen.

Die Worte gingen Lewis nicht mehr aus dem Kopf. Sie waren Widmung, Warnung und Verheißung zugleich. Hatte jener Mr Speermann das Buch zwar so eingeleitet, war es doch mehr als ein bloßer Gedankengang.

Dietrich – Lewis war sich sicher, dass Speermann der wahre Name seines Butlers gewesen war – hätte nie bloß seine Gedanken aufgeschrieben.

Er strich über die Buchstaben, beinahe zärtlich, als könnten sie verwischen und so eine weitere Erinnerung an den treuen Freund von ihm nehmen, ehe er aufstand, um die Details zum Fluch des Werwolfs, wie Dietrich es genannt hatte, an der Tafel festzuhalten. Wenn er auch keine direkten Hinweise auf die Tarotkarte gefunden hatte, so war das Studium des Büchleins nicht vergebens gewesen.

Er nutzte die Tarotkarte als Lesezeichen, bevor er das Buch in der obersten Schreibtischschublade verstaute.

Lord Ashbourne mochte tot sein, doch irgendetwas sagte Lewis, dass die Lösung des Rätsels eng mit ihm verknüpft war. Nachdem sein Kopf bereits das dritte Mal gefährlich schwer wurde, musste er sich eingestehen, dass er diese Lösung auf keinen Fall heute Nacht finden würde.

Lewis schaltete die Tischlampe aus – Elektrizität wirkte noch immer wie ein kleines Wunder auf ihn – und stieg leise die Treppe hinauf. Lautes Schnarchen aus seinem Zimmer verriet ihm, dass Paul das Bett in Beschlag genommen hatte, und ein Blick durch die halb geöffnete Tür zeigte, dass Lord Seestern nicht vorhatte, es mit jemandem zu teilen.

Die Tür zu Dietrichs Zimmer war nur angelehnt. Lewis führte die Hand in Richtung Türknauf, doch kurz davor verharrte er in der Bewegung, unfähig, die letzten Millimeter zu überbrücken und einzutreten. Sie zu schließen vermochte er jedoch ebenfalls nicht. So stand er Minuten in der Dunkelheit, lauschte auf das Pendel der Standuhr im Erdgeschoss und wartete.

Wartete darauf, dass der Butler aus dem Zimmer käme und ihn fragte, warum er noch nicht schlief.

Darauf, dass Dietrich ihm als Geist erschien, wie Kate es getan hatte.

Darauf, dass er Dietrichs verkohlten Leichnam entdeckte.

Irgendetwas.

Nichts geschah.

Die einfache Wahrheit war, dass er Dietrich verloren hatte.