Traumwandler - Julia Flaig - E-Book

Traumwandler E-Book

Julia Flaig

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Beschreibung

Nachdem Rose wieder zurück in die Parallelwelt zurückgekehrt ist, setzen sie und Solas ihre Reise fort zu den Schneeelfen, die Solas um Rat fragen möchte. Auf der Reise dort hin allerdings ist noch immer eine spannungsgeladene Atmosphäre zwischen den beiden, bis es schließlich zu einem Kuss unter den Nordlichtern kommt. Dann allerdings distanziert der Elf sich von Rose, als sie plötzlich von den Schneeelfen überrascht werden. Hier wird Rose bloßgestellt, als sich herausstellt, dass sie die Sprache der Elfen nicht spricht. Rose und Solas folgen den Schneeelfen in ihr Reich, das von Solas‘ Mutter Lilíth beherrscht wird, welche nach dem Vorfall mit Melody das Waldreich verließ. Schon bald wird Rose bewusst, dass Lilíth sich über ihre Herkunft bewusst ist. Während Solas ihr erklärt, was im Norden geschehen ist, lässt Lilíth schließlich die Bombe platzen, enthüllt Rose‘ wahres Gesicht und beschuldigt sie an den Vorfällen im Norden. Nach einer heftigen Diskussion mit Solas verlässt Rose schließlich die Halle und begibt sich nach draußen. Solas allerdings folgt ihr und stellt sie zur Rede. Mitten im Gespräch wird Rose allerdings wieder aus der Welt herausgerissen. Sie wird von Alisa und Helen beschuldigt, zu unvorsichtig gewesen zu sein – zudem bekommt sie eine neue Mission, die sie in den Süden führt. Rose ist sich bewusst, dass Solas, der sich immerhin gerade mit ihr im Norden befindet, nicht mit ihr kommen wird. Zurück in der Parallelwelt berichtigt sie Solas von ihrer neuen Mission in den Süden. Er willigt er ein, mit ihr zu gehen. Rose ist freudig verblüfft über seine Entscheidung; die beiden brechen am nächsten Morgen auf. Die Reise allerdings ist nicht wie erwartet: Noch immer verhält Solas sich kühl und distanziert. Gleichzeitig werden die beiden von einer neuen Gefahr informiert, die im Wald lauert – und als Solas wieder in seine Heimat zurückkehren will, muss Rose sich wieder einmal entscheiden, zwischen ihrer Mission und ihrem eigenen Willen. Doch was wenn Solas ihr niemals vergeben kann und sie nun als sein Feind betrachtet? Sollte sie dann nicht lieber ihrer Mission, ihrem Schicksal folgen, als sich verzweifelt an einer Beziehung festzuklammern, die ihr immer mehr entgleitet?

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Seitenzahl: 218

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Kapitel1

„KeinSchneemehr“,seufzteicherleichtert.Ich

schwelgteindemGefühl,weichesGrasuntermeinen

Füßenzuspüren.KeineeisigeKältemehr,diemirdurch

dieKleidungindieHauteindrang.WarmeSonne,dieauf

meinGesichtschien.FüreinenMomentlangeerlaubte

ichesmir,stehenzubleibenundmeineAugenzu

schließen.

DannspürteichplötzlicheinenBlickaufmir.Nichtnur

irgendeinenBlick–seinenBlick.Soeindringlich,dassich

wieimmerdasGefühlhatte,erwürdegeradewegsin

michhineinsehen.

Ichspürte,wieeineWärmeinmeinemInneren

aufblubberte,dievielstärkerwaralsdiederSonne.Fast,

alswürdeichmagnetischvonseinemBlickangezogen

werden, schlug ichdieAugen wiederauf.

Solassahmich leicht belustigtan.

„Was?“,sagteich,spürteaber,wiemirleichteRöteins

Gesichtstieg.SeitCaroundichunserGesprächüber

denElfengeführthatten,mussteichjedesMaldaran

denken,wennichihnansah–wasnichtgeradesehr

hilfreich,abervermutlichvonihrbeabsichtigtgewesen

war.Sosadistisch wie sieebengestricktwar.

Nicht,dassdasgerade meingrößtesProblemwäre.

TagfürTagwarteteichdarauf,dassichwieder

zurückgeholtwerdenwürde,ummeineneueMissionzu

bekommen–undobdiesemichvonihmspaltenwürde.

DennimmerhingingdieMissionvor,wieHelenmichso

schönerinnerthatte.

1

Himmel,ichwareigentlichimmerpflichtbewusst

gewesen,aberdiesesganze Tamtamgingmirdanndoch

sehraufdieNerven.

Ichbemühtemich,mirmeineGedankennichtallzusehr

anzusehenlassen,daichwusste,dassSolasmir

vermutlichallesvomGesichtablesenkonnte.

ErschütteltekaummerklichdenKopf.„Nichts“,murmelte

erundwandte denBlickwieder ab.

SeitichmichvonCaroundmeinenElternverabschiedet

hatteundwiederhierhergekommenwar,hatteichmich

bemüht,michsonormalwiemöglichgegenüberihmzu

verhalten.KeinervonunshatteunserenKuss–und

unserenFast-Kuss–erwähnt.Ichwusstejanicht,wiees

ihmging,abernebenmeinenProblemenwardiessodas

Einzige, was mirständigimKopfherumging.

„Wielangedauertesnoch,biswirbeidenSchneeelfen

sind?“, sagteichhastig.

ErzucktedieAchseln.„VermutlichnuretwaeinenTag.

Allerdings“,erneutwarfermireinenbelustigtenBlickzu,

müssenwirunsnundafürwiederRichtungNorden

wenden.“

AbernichtsoweitnachNordenwievorhin“,

argumentierteich.„Sindwirüberhauptschonaufder

Halbinsel?“

„Ja“, sagteer.

TolleAntwort.Ichversuchehier,Konversationzuführen,

okay?„Interessant“,kommentierteich.Ichhätte

schwörenkönnen,dassersichschonwiederübermich

lustigmachte.

IchwolltemehrüberdieSchneeelfenherauskriegen,weil

ichimmerhineinpaarInformationenübersiebrauchte.

2

NatürlichkönnteichdafürzurückgehenundHelen

fragen,aber… ichwollteeinfach nicht.

AndererseitswarichmirdarüberimKlaren,dasses

ziemlichverdächtigwar,wennichnichtsübersiewusste.

Deshalbversuchteich,meineFragenmöglichstharmlos

zu formulieren.

„DieSchneeelfensindvermutlichfroh,dasswirdieWölfe

irgendwiegetötethaben,hm?“,sagteich.Argh,blöde

Frage!

Erverkniffsich einLächeln.„Vermutlich.“

KonnteermirvielleichteinmaleinelängereAntwort

geben?„Wirstdusie…fragenwegendem…was

geschehenist?“,sagteichzögernd.„Ichmeine,weilwir

nichtwirklich verstehen, was passiert ist.“

SofortsahichwiederinseinemBlick,dassihmdas

GanzezuSchaffenmachte.„Ich…ja,wahrscheinlich

schon“,seineAntwortwargenausozögernd,beinahe

vorsichtigformuliert.Dannsahermichplötzlichdirektan.

„Lilíth wirdsicherlich einigeAntworten haben.“

„Lilíth“,wiederholteich.Hoffentlichsahermirnichtan,

dassichkeineAhnunghatte,wer daswar.

SeinBlick wurdeleichtseltsam.„MeineMutter.“

EsdauerteeinpaarSekunden,bisichschaltete.Ich

starrteihnan.Wiemeinteerdas?„DeineMutter?“,

echote ich,wie einPapagei.

Ernickte.„Lilíth,dieKöniginderSchneeelfen,istmeine

Mutter.“

Ach. Du.Scheiße.

Ichwarüberhauptnichtdaraufvorbereitet,seineMutter

zutreffen!Verdammt,würdeerihrsagen,dasswir…

dasswir…waswarenwir?Überhauptgarnichts.Under

3

würdeihrwohlkaumanvertrauen,dassermichgeküsst

hatte.

„Oh“,sagteichschwach.Obichdasnunwissenmüsste

keineAhnung.DochimMomentkonnteichnichtso

tun,alswäreichmirdieserTatsacheschonbewusst.

MeineSchauspielkünstehattenmichverlassen.

Verdattertstarrteichihnan.

ErhobleichtdieBraue.„Daswusstestdunicht,nehme

ichan?“

Verblüfftschüttelteichden Kopf. „Nein.“Meine Gedanken

rasten.WarsiedieFrau,mitderseinDadmeine

Schwesterbetrogenhatte?WarsiedeshalbimNorden–

weilsiedasmitMelodyherausbekommenhatte?

Allmählichwurdeichmirbewusst,dassunserezwei

Familiengeschichtenziemlichineinanderverstrickt

waren.

Waswürdeertun,wennerjeherausfand,dassMelody

meineSchwester war?

PlötzlichbekamichPanik:Ichwusste,dassMelodyund

ichunsziemlichähnlichsahen.Was,wennLilíthmich

erkannte? Hattesie Melodygekannt?

Dasweißtduallesgarnicht,versuchteichmichzu

beruhigen.

Aberwenndu…einWaldelfbist“,fingichzögerlichan.

WiesoistdeineMutterdanndieKöniginder

Schneeelfen?SolltesienichtdieKöniginderWaldelfen

sein?“

SeinBlickwurdeeinwenigdunkler.„Sollte“,wiederholte

er.„Vermutlichschon…allerdingsistsieschonseit

JahrennichtmehrimWaldgewesen.“

Ichwäre beinahegestolpert. „Warum?“ Ich quiektefast.

4

DiesesMalschienersoinseinenGedankenversunken

zusein,dassermeinenmerkwürdigen

Stimmungsumschwunggarnichtbemerkte.„MeinVater

ist tot“,sagteerschließlich. „Wusstestdudas?“

Ichwarverblüfftdarüber,wiewenigGefühleinseiner

Stimmemitschwangen.KeineTrauer,keineWut…er

sagteesganzsachlich,alswürdeeresmirauseinem

Geschichtsbuch vorlesen.

Irritiertdarüber,dassermirdaserzählte,schüttelteich

nurlahmdenKopf.„Nein“,logich,meineStimmewar

leise.„Istsiedeshalbgegangen?“,fügteichhinzu.Bitte

sag,sieist deshalb gegangen!

EineFaustschlosssichummeinHerz,alserdenKopf

schüttelte.„Nein.“ErstießdieLuftaus.„Kurzvorseinem

Tod…hatmeinVatersiebetrogen.Miteineranderen

Frau.“ErwarfmireinenkurzenBlickzu.„Siehates

herausgefunden.“

Aberhatteersiedannbenutzt,ummeineSchwesterzu

betrügen?OderwarnocheinedritteimSpielgewesen?

DuliebeGüte,seinVaterwarjaeinrichtigerCasanova

gewesen!

Hießdas,erwarauchso?Unwillkürlichdachteichan

unseren Kuss.

Oh“,sagteicherneut;diesesMalwarmeineStimme

kaummehrzu hören.

Estutmirleid“,sagteichschließlichlahm.„Wegen…

deinen Eltern.“

ErzucktenurdieAchseln.„Mirnicht.Eswardie

EntscheidungmeinerMutterzugehen–ichdenke,ich

hättedasselbe getan.“

5

„Ja,ichauch“,murmelteich.„DeinVateristjaziemlich…

naja…frauenfreudig“,platzteesdannausmirheraus.

Gleichdaraufwurdeich knallrot.

Vielen DankfürsGespräch,Caro.

EinenMomentlangsahermichüberraschtan,dann

lachteer aufeinmal lautlos.

Ichmerkte,wiemirwarmwurde.IchliebteseinLachen

sosehr.AutomatischstahlsichaucheinLächelnauf

meineLippen.

„Allerdings“,sagteerschließlich,alsseinLachenverebbt

war.Amüsiert sahermichan.

Ichschlucktemein„Ichhoffe,dasistnichtvererbbar“

herunter.„WarereinKönig?“

Solaswurdewiederernst.ErschütteltedenKopf.„Bei

denWaldelfengibtessoetwasnicht.Erwar…der

Anführer,ja.AllerdingshabenwirnichteinenKönigwie

dieSchneeelfen oder die Seeelfen.“

„SiehabenauchkeinenKönig“,erwiderteich.„Sondern

eineKönigin,richtig?“Ichkonntenichtanders,alsihn

auftrumpfend anzublicken.

Erneutsahessoaus,alsmüsseersicheinLächeln

verkneifen.„Allerdings.Sehrverspottetvonden

Menschen.Dortwäreesundenkbar,dasseseine

Königin gäbe.“

„Ach,keinWunderhabendieimmernurKrieg“,erwiderte

ichschnippisch.„Undsoweitichmicherinnere,waren

dieseIdioten,diedieBurgengebauthabenundgleich

daraufeinenKrieganfingen,auchMänner,nichtwahr?“

IchhobdieAugenbrauen.

ErwarfmireinenentwaffnendenBlickzu;mussteaber

eingestehen,dassichRechthatte.„Wasistmitdir?“,

sagte erplötzlich.

6

Ichblinzelte verdutzt. „Ich? Ichbin keine Königin.“

SeinMundwinkelzuckte. „Dasmeinteichnicht.Wasist…

mitdeinenEltern?“Unddannspracherplötzlichgenau

meineGedankenaus:„Unglaublich,dassichschon

wochenlangemitdirunterwegsbinundüberhauptnichts

überdich weiß.“

Unglaublich,dassichdichschongeküssthabeundgar

nichtsüberdichweiß,spannichseineGedankenweiter.

FüreinenMomentbildeteichmirein,genaudieseWorte

inseinenAugenaufblitzen zu sehen.

„MeineEltern“,wiederholteich.Unwillkürlichmussteich

anMumundDaddenken,wieichsiedasletzteMal

gesehenhatte.DadsWorte:Wennerdirjewehtut,sag

ihm,dassereinWörtchenmitmirzuredenhat.

Unwillkürlichmussteich grinsen.

„MeineElternsind...“IchdachteanihreBlicke,alsich

ihnenvonSolaserzählthatte.„Siehabeneinen

ausgeprägtenBeschützerinstinkt“,sagteichschließlich

vage.

DerElfhobdieBrauen.„Dassagtmirjetztnatürlich

alles“, erwiderteer,leichtspöttisch.

Ichkonnteesnichtverhindern;erneutwurdeichrot.

„MeinVaterist…ähm…nunja,erwolltemichniemals,

alleinenachtsnachdraußenlassenundso“,sagteich

undversuchteverzweifelt,Solasetwaszuerzählen,was

nichtsvonalldempreisgab.

Ersah verwirrtaus.„Warumdenn das?“

„Weilesgefährlichist“,sagteich.„Ichmeine…dachte

er.“Lahmverstummteich.Erschienesabsolutnichtzu

verstehen.„MeineMutter“,redeteichhastigweiter,„sie

ist…wiemeinebesteFreundin.Mitihrkannichüber

allesreden“,ichverlormichfürdenAugenblickinmeinen

7

Erinnerungen,„duweißtschon;übermeineFreundinnen,

überJungs undüber-“Abruptbrach ichab.

Jungs.

Verdammt.Wasdachteernun,wiealtichwar?Wäreich

1

000Jahrealt,hätteichsicherschonmindestens900+

JahrenichtmehrüberJungs nachgedacht.

Ichmeine,Männer“,korrigierteichmichhastig;drei

Stundenspäter.

WiederhoberdieBrauenundseinBlickwurdeso

eindringlich,dassmeinganzerKörperzuprickeln

begann.„Interessant“,sagteernur,ineinemTon,dermir

dasBlutzumKochenbrachte.

FürdenBruchteileinerSekundehätteichschwören

können,dassseinBlickzumeinenLippenwanderte.

Danndrehte ersichwieder weg undgingweiter.

IchnahmmireinenMoment,ummirgedanklichaufdie

StirnzuschlagenundmichundCarozuverfluchen,dann

folgte ichihm.

„DeineMutterweißabernicht,dasswirkommenoder?“,

versuchteich,dasGesprächineineandereRichtungzu

lenken. Vermutlichnichtgerade eine bessere.

Erschüttelteden Kopf. „Nein.“

„Glaubst

du,

sie

haben

von

alldem

etwas

mitbekommen?“,wollteichwissen.„Ichmeine,dassdie

Wölfe totsind?“

ErneuteinKopfschütteln.„Ichweißesnicht.Vermutlich

nicht.Ichkannesnichtsagen.“Erseufzteleise.„Ich

habenochimmerdasGefühl,etwasdaranistfalsch.

Das,wasimNordengeschehenist…ichverstehees

einfachnicht.“

Ichfühltemichunglaublichschuldig.„DochLilíthkann

helfen?“, sagteich vorsichtig.

8

Solasnickte.„Sieweißbeinahealles.Sieistüber5000

Jahrealt–fragesieetwasundsiewirddieAntwort

wissen.“

Oh.Nasuper.Dannwürdeichschoneinmalfleißig

anfangen,eineListevonFragenzuschreiben.Dieerste

gleich:HatSolasGefühlefürmich?,gefolgtvonWie

endetdie achte Staffel vonGame ofThrones?

„5000Jahre...“,sinnierteichvormichhin.„Wiealtbist

du?“,hörteichmichfragen.Natürlichwussteiches

schon;BertadieGrimmigehatteesmirnetterweise

damalsimFlugzeugerzählt.Allerdingswollteichesvon

ihmselbsthören,damitichmirauchsicherseinkonnte,

dassesstimmte.

Erlächelte.„1503 Jahre alt.“

„Wow“,sagteich.EsfühltesichanwieeinSchlaginden

Magen. „Dasist…jaganz jung“, sagteichlahm.

ErkonnteanmeinemBlicksehen,dassichlog.

Allerdingserwiderteernichtsdarauf.„Wiealtbistdu?“,

sagte erdannplötzlich.

Mist.

„SoetwasfragtmaneineFraunicht,oder?“,wardas

Einzige, was mirdarauf einfiel.

ErneutdieserverwirrteBlick.„Wiesodenn nicht?“

„Naja,weil...“Ichkonntemichselbstnichtmehranden

Grunddafürerinnern.„Weilesunhöflichist?“,sagteich

schließlich einigermaßen vernünftig.

Ersah michbelustigt an.„Soaltalso?“

IchzucktenurdieSchulternundmurmelteetwasvor

michhin.19.DaswarjanureinWimpernschlagfürihn!

1

503Jahrealt.IchwarnichtgutmitZahlen,aberselbst

ichwusste,eswarbeinahedasHundertfachemeines

Alters.

9

„Nagut“,hörteichschonCaroinmeinemKopf.„Du

hattestindeinen19JahreneinenFreund.Dannrechne

dasMalhundert–undduweißt,wievieleFrauener

hatte!Easy-peasy.Allerdings“,ichkonntesiedieAugen

zusammenkneifensehen,„hatteichzumBeispielschon

dreiBeziehungenundbinaucherstneunzehn.Dann

hatteervielleicht auchschon 300Freundinnen?“

ÄrgerlichverbannteichsieausmeinemKopf.Verstohlen

sahichzudemElfenhin.DieFragebranntemiraufder

Zunge;dochichhättemirdieseeherabgebissenalsihn

zu fragen.

Deshalbschwiegich;genausowieer.EinpaarMinuten

langenochversuchteich,neueGesprächsthemenzu

finden,dochmirfielenkeine mehrein.

Außerdemhatte ichmichheute schongenug blamiert.

AlsohieltichdenMund,währendwirwiederweiternach

Nordendrangen.Allmählichwurdeeswiederkälter;ich

warenttäuscht,alsdasGrasuntermeinenFüßennach

undnachwiederdurcheineweißeSchneedeckeersetzt

wurde.

DannkamdieKältewieder;eswarkeineschneidende,

klirrendeKältewiesieoberhalbdesFlussespräsent

gewesenwar.SielegtesicheheraufmeineHaut;sofein

wieeinHauch.Beinahekörperlichkonnteichspüren,

dasswirunseinemElfenreich näherten.

DieLandschaftumunsherumwaratemberaubend;

gigantische,schneebedeckteBergeragtenvorunsauf;

einewilde,kahle,aberwunderschöneNatur.

UnwillkürlichwurdeichanNorwegenerinnert;dochdie

LandschaftinNorwegen,dieichbishergesehenhatte,

warvergleichsweisesehrmildundnichtannäherndso

wild undfrei wie dieNaturhier.

1

0

Ichkonntenichtanders,alsmichständigumzublicken;

eswareinfachsoatemberaubendhier.Ichwusstenicht,

wohinichmeinenBlickwendensollte;derHimmelwar

klar,weshalbichweitindieFernesehenkonnte.Alles

ummichherumbestand ausEis undSchnee.

Leiderbedeutetediesauch,dassdieRutschgefahrsich

erheblichsteigerte.Ichversuchte,langsamundvorsichtig

zulaufen,dochSolaswarsosicherundschnellaufden

Füßen,dassichunsnichtverlangsamenwollte.Er

schienüberhauptgarnichtdaranzudenken,dassnicht

jedersoüber denBoden schweben konntewie er.

Verbissenkonzentrierteichmichdarauf,meineFüßeso

aufzusetzen,dassichnichtausrutschte.Dieserwiessich

alsgarnichtsoeinfach,weshalbichvollaufmitmeinen

Bewegungenbeschäftigtwar.Somithattesicheine

Fortsetzung unseresGesprächs sowieso erledigt.

Alsesdämmerte,hielt Solas plötzlich an.

Fastwäreichgegenihngeknallt,weilichsosehrdamit

beschäftigt war,auf meine Füße zu blicken.

„Wasist?“,sagteichundkamleichtstrauchelndzum

Stehen.

Ersahmichan.„Wirsindbeinaheangekommen“,sagte

er.

Ichfragte mich,weshalbwir dannHaltmachten.„Und?“

Erlächelteleicht.„Ichweißnicht,wievielZeitwirhaben,

wennwirdortsind.Undichwollte,dassdudieLichter

siehst.“

„DieLichter?“,wiederholteich fragend.

„Kommmit.“ErnahmmeineHand,alswärees

vollkommen selbstverständlich.

NatürlicherlittichwiedereinenkleinenAnfall,alsich

seinewarmeHandummeinespürte.MeinAtemund

11

meinHerzschlagbeschleunigtensichprompt;ich

versuchte,mirnichtsanmerken zu lassen.

Eswarsovieleinfacherzulaufen,wennermichfesthielt.

SchnellenSchrittesbewegtenwirunsüberdasEisund

denSchnee;schonbaldmerkteich,dassesleicht

bergaufging.AlswiraufeinemkleinenHügel

angekommen waren,waresschonganz dunkel.

Solaszogmichvollendszuihmher,dannließermich

los.GeradebreitetesichdieEnttäuschunginmiraus,als

seineHandplötzlichaufmeinerSchulterlag.Erschob

mich einwenig vorsich,dann deuteteernach Norden.

„Siehst dusie?“

IchstarrteindenNachthimmelhinauf.Wiekönnteich

nicht?,warmeine erste Reaktion.

EswarendiePolarlichter–oderetwasähnliches.Die

PolarlichterdieserWelt.InallenFarbendes

Regenbogensspanntensiesichmagischüberden

nachtschwarzenHimmel;rotundgrün,einweniggelb

undorange.Ichkonntenichtanders,alsgebanntdort

hinaufzustarren.DieLichterformteneineSpirale;ich

bildete mirsogarein,dasssie sichbewegten.

IchwarsogefangenvondiesemAnblick,dassicherst

nacheinerWeilebemerkte,dassSolas‘Handnoch

immeraufmeinemArmlag.Unddass ermichansah.

LangsamwandteichdenKopf.SeinBlickwarsotief,

dassichaugenblicklich darin versank.

Wunderschön“,sagteichkrächzend.Ichwusstenicht,

obich die Lichteroderihn meinte.

Allerdings“, murmelteer.

IchversankinseinemBlick.DieHitzeformtesichwieder

inmeinemInneren,krochdurchmichhindurchund

1

2

schlosssichummeinHerz.TrotzdereisigenKältedes

Nordenswurdemirheiß.

Ichkonnte nichtmehratmen.

AusdemAugenwinkelsahich,dassdieLichternoch

immerwunderschönundleuchtendamHorizontwaren;

dochichkonnteihnenkeineBeachtungmehrschenken.

Ichwar sogefangen vonseinemBlick.

Erflüstertemeinen Namen.

FüreinenMomentdachteich,erwürdenunsagen,dass

ermichliebte.Stattdessenbeugteersichzumirherab.

AlsseineLippenaufmeinetrafen,konnteichnicht

anders, alsaufzuseufzen.

Augenblicklichzogermichfesteransich.Einheißer,

kribbelnder,feurigerBlitzschossdurchmich.Ichhatte

dasGefühlzufliegen.IchschlangdieArmeumihnund

erhieltmichfest.SeinKusswarsanft,seineLippen

warm.DieganzeWeltumunsherumverblasste;ich

vergaßalles; ZeitundRaum.

AllemeineGedankenwarenvollkommenausgeschaltet.

IchgenossdieWärmeseinesKörpers,unsereNähe.Ich

fühltemichsoleichtundsicher,alswürdenwir

schweben.

Wiedereinmalhatteichkeine Ahnung,wielangewiruns

geküssthatten, als ersichvonmirlöste.

MeineBeinehattensichinPuddingverwandelt.Mirwar

leicht schwindelig.

DieLichterwarenschonamVerblassen.Allerdings

konnteichauchdemkeineBeachtungschenken.Ichwar

aufseineAugenfixiert,diesodunkelwaren,dassmirder

Atemstockte. Sie glühten.

„Wie gesagt,wunderschön“, sagteichetwas atemlos.

1

3

Erlächelte.SeinBlickwarsowarm,dassmeinBlutzu

kochenbegann.„Allerdings.“Ichhätteschwörenkönnen,

dassermichgleich noch einmal küssenwürde.

Danndurchbrach plötzlich einlautes Horn die Stille.

Heftigzuckteichzusammen;auchSolashobüberrascht

denBlick,sahaber keinbisschenverängstigtaus.

SeineHandlagnochimmeraufmeinerWange;under

standsonahebeimir,dassichseineKörperwärme

spürenkonnte.

Dochdann,alsdasHornnocheinmalerschallte,lösteer

sichplötzlich vonmirund trat einen Schritt zurück.

Eswar wieein Schlagins Gesicht.

Weristdas?“MeinGehirnwarnochimmervollkommen

benebelt.Ichkonntekaum einen Satzformulieren.

DieSchneeelfen“,sagteer.Ichwarmirnichtsicher,aber

ichbildetemirein,dassseineAugensicherneutein

wenig verdunkelten.

„DieSchneeelfen“,wiederholteichsehreinfallsreich.War

erdeshalbvonmirzurückgetreten?Wollteernicht,dass

siesahen, wie wirunsküssten?

Na,dann…

SicherheitshalbertratichnocheinenSchrittzurück.Und

nocheinen.Vonmirauskonnteichmichauchgleichvon

demBerg herunterschmeißen, wenn ihn dasberuhigte.

Ichwusstenicht,obermeinemBlickansah,wieverletzt

ichwar.Allerdingskonnteersonstauchimmermeine

Gedanken lesen.

AuchdiesesMalschienergenauzuwissen,wasich

dachte.„Rose-“,begann er.

„Solas!“,durchschnitt daeine Stimme dieLuft.

DerElfsahmichnocheinpaarSekundenlangeanund

ichhätteschwörenkönnen,dassetwasinseinemBlick

1

4

aufblitzte–beinahe,alsschieneerverärgertdarüber,

dasserunterbrochenwurde.Schließlichstießereinen

leichtresigniertenSeufzerausundwandtesichzuder

Hügelkuppe, die wirvorhin hochgekommen waren.

AnstattzweiElfenzuFußallerdingssahichplötzlichein

ganzesRegimentvonElfen,dieaufunszugeritten

kamen.Ichmerkte,wiemirderMundaufklappte;diesen

Auftritthatteich nichterwartet.

DiePferdeschnaubtenundtrabtenumunsherum,bis

sieeinenlockerenKreisbildeten;eswarnichtdrohend,

eherso,alswürden sieunsbeschützenwollen.

Plötzlichfielmirein,dassSolas,wennseineMutterihre

Königinwar,jairgendwieauchihrPrinzwar.So

halbwegs.

Wow.Ich hatte einen Prinzengeküsst.

UnddanachhatteichvoneinemPrinzeneinenKorb

bekommen.

„Solas!“EinerderElfenschwangsichsoelegantvom

Pferd,dassmirdieKinnladenochweiterherunterklappte.

AusdemAugenwinkelbemerkteichSolas‘halb

verärgerten, halb belustigten Blick,deraufmirruhte.

„Tair!“,begrüßteerdenNeuankömmling.Ersagteetwas

inderElfensprache,wasichnichtverstand,derandere

antwortete inderselben Sprache.

UnddannwendetesichderNeuankömmling,Tair,

plötzlichzumirum–undsagteetwaszumirinder

fremden Sprache.

Ichstarrte ihnan.

Siedendheißwurdemirbewusst,dassnochniejemand

vonihnenversuchthatte,inderSprachederElfenmit

mirzureden.Deshalbwussteauchkeiner,dassichsie

nichtverstand.Nicht einmalSolas.

1

5

Verdammt,verdammt!„Ich...“,fingichan,unschlüssig,

wasichsagensollte.„Ähm...“Sollteichihmeinfachauf

französischantwortenundbehaupten,daswäredie

SprachederElfenwoichherkam?Immerhinwusste

keiner,wodaswar?„Bonjour“,kramteichdieSätzein

meinemGedächtniszusammen,diemirnocheinfielen.

„Ähm…ca va?Lavie, Paris… trèsbien.Äh,Tair?“

Solas,Tairunddieanderenstarrten michan,alshätteich

gerade einen Rückwärtssalto gemacht.

Nagut, blöderVergleich.

„Wie bitte?“, sagte Solas.

„WasfüreineSpracheistdas?“,setzteTairneugierig

hinzu.

Französisch–nochnieinParisgewesen?„DieSprache

derElfen,woichherkomme“,sagteichundhobleicht

denKopf.

IchkonnteSolasansehen,dassermichschonwieder

durchschaute–undmirnichtglaubte.Allerdingshätteich

schwörenkönnen,dasserauchleichtbewundernd

aussah. Ha!Dashatteerwohl nichtvonmirerwartet!

„WokommtIhrher?“DerElfklangnochimmerneugierig,

nichtaggressivodermisstrauisch.

IchwarfSolaseinenraschenBlickzuundöffneteschon

denMund,umirgendeineLügeaufzutischen,alsSolas

plötzlich dasGesprächunterbrach.

„Tair,Roseistverwundet.Wirsolltensoschnellwie

möglichzuLilíthundmitihrreden.Wirhabeneinige

dringendeAngelegenheiten,diewirmitihrbesprechen

sollten.“

Ichwarverblüfft.Hatteergeradefürmichgelogen?Ja,

ichwarverwundet,dochimmerhinwaresnurein

Kratzer!EserforderteüberhauptkeineEile;undauchdie

1

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anderenAngelegenheitenwarennichtsodringend,oder

nicht?Ichmeine,wirwarennichthierhergejoggtoderso;

undimmerhinhatteersichauchdieZeitgenommen,um

mir dieLichter zu zeigen?

Wieimmerschaffteeres,michinkürzesterZeit

vollkommen zu irritieren.

AuchTairschienleichtverwirrt.„Natürlich“,sagteer

allerdingssofort – klar,Solas warder Prinz.

Dermirgerade einen Korb gegebenhatte.

IchspürteeinenleichtenStichinmeinerBrust.MeinEgo

warziemlichangekratztundamliebstenhätteichdem

ElfeneineOhrfeigegegeben–oderihnangebettelt,mich

bitte wiederzu küssen.

„GebtSolasundseinerGefährtinzweiPferde!“,sagte

Tair.

Pferde.

IchhattemalvoreinigenJahreneinpaarReitkurse

belegt;obmirdieseKünsteausreichten,umerfolgreich

biszuLilíthzugelangen,wagteichzubezweifeln.

Allerdingshatteichmichschongenugverdächtig

gemacht,deshalb sagte ichnichts.

DieElfenbrachtenzweiwunderschöneStutenzuuns–

zumindestglaubteich,eswarenStuten.Ichredetemir

einfachein,dassdiePferdeweiblichwaren,weilich

dannwenigerAngsthatte.

IchliefzueinemderPferdehin.„Hallo,du“,sagteich

leise. Dann sah ichzuTair.„Sieistwunderschön.“

Ersah michirritiert an.

Solassahaus,alsmüsseersicheinLachenverkneifen.

„Eristein Hengst.“

Shit.

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DerElfblicktezudenSchneeelfen„Gehtvoran“,befahl

er.„Roseund ichfolgen euch.“

AuchwennseinBefehlschonwiederVerwirrung

auszulösenschien,wagtekeinerzuwidersprechen.Die

Elfenzogenab;genausoschnellundplötzlich,wiesie

gekommen waren.

Ichhoffte,dassSolasjetztvielleichterklärenwürde,

warumermichvorhineinfachsoweggeschubsthatte–

nagut, nichtwörtlich, aberfast.

Stattdessensahermichscharfan.„Duverstehstdie

Elfensprache nicht?“

Ichzwangmich,ebensoscharfzurückzublicken.„Du

verstehst meineElfenspracheauch nicht.“

DeineElfensprache?“Ungläubigsah ermichan.

„Die,wowirsprechen,woichherkomme!“,blaffteichihn

an.„Oderbildestdudirein,dukennstdieganzeWeltnur

weil duuraltbist?“

„Uralt?“Er runzelte dieStirn.

„Älter“,schobichschnellhinterher.Natürlichwussteich,

dass1500JahrefüreinenElfenvermutlichüberhaupt

geradedasGegenteilvonuraltwaren–allerdingswar

ichimMomentsowütendaufihn,dassichsolcheDetails

außerAchtließ.

„Könnenwirjetztbittelosreiten?“,blaffteichschließlich,

weilichseinenBlicknichtmehrlängeraufmirspüren

wollte.IchergriffdieZügelmeinesPferdes–unddann

sahichnachoben;derSattelaufdemRückendes

HengstesschienweiterentferntzuseinalsderGipfel

desBerges.

IchhattekeineAhnung,wieichdorthinaufkommen

sollte.Hilflosbemühteichmich,meinenKörperdorthoch

zumanövrieren. Ichschaffteesnicht.Gleichzeitigwarich

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mirpeinlichbewusst,dassermichnochimmer

beobachtete.

„HastduüberhauptschoneinmaleinPferdgesehen?“,

sagteerschließlich.Esklangnichtspöttisch,nur

verwundert.

„Natürlich!“, schnauzte ich ihnan.

„Warumdachtestdudann,esseieineStute?“,fragte er.

IndemMomentrissmeineGeduld.Ichwirbelteherum;

beinahehätteichihmmitmeinemFingerinsAuge

gestochen.„Warum?Warum?Wasstellstduüberhaupt

sovieleFragen?“,blaffteich.„Sollichvielleichtmal

meinestellen?

GleicheinmalangefangenmitWarumküsstdumichdie

ganzeZeitwenndumirüberhauptnichtvertraust?.Oder