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Nachdem Rose wieder zurück in die Parallelwelt zurückgekehrt ist, setzen sie und Solas ihre Reise fort zu den Schneeelfen, die Solas um Rat fragen möchte. Auf der Reise dort hin allerdings ist noch immer eine spannungsgeladene Atmosphäre zwischen den beiden, bis es schließlich zu einem Kuss unter den Nordlichtern kommt. Dann allerdings distanziert der Elf sich von Rose, als sie plötzlich von den Schneeelfen überrascht werden. Hier wird Rose bloßgestellt, als sich herausstellt, dass sie die Sprache der Elfen nicht spricht. Rose und Solas folgen den Schneeelfen in ihr Reich, das von Solas‘ Mutter Lilíth beherrscht wird, welche nach dem Vorfall mit Melody das Waldreich verließ. Schon bald wird Rose bewusst, dass Lilíth sich über ihre Herkunft bewusst ist. Während Solas ihr erklärt, was im Norden geschehen ist, lässt Lilíth schließlich die Bombe platzen, enthüllt Rose‘ wahres Gesicht und beschuldigt sie an den Vorfällen im Norden. Nach einer heftigen Diskussion mit Solas verlässt Rose schließlich die Halle und begibt sich nach draußen. Solas allerdings folgt ihr und stellt sie zur Rede. Mitten im Gespräch wird Rose allerdings wieder aus der Welt herausgerissen. Sie wird von Alisa und Helen beschuldigt, zu unvorsichtig gewesen zu sein – zudem bekommt sie eine neue Mission, die sie in den Süden führt. Rose ist sich bewusst, dass Solas, der sich immerhin gerade mit ihr im Norden befindet, nicht mit ihr kommen wird. Zurück in der Parallelwelt berichtigt sie Solas von ihrer neuen Mission in den Süden. Er willigt er ein, mit ihr zu gehen. Rose ist freudig verblüfft über seine Entscheidung; die beiden brechen am nächsten Morgen auf. Die Reise allerdings ist nicht wie erwartet: Noch immer verhält Solas sich kühl und distanziert. Gleichzeitig werden die beiden von einer neuen Gefahr informiert, die im Wald lauert – und als Solas wieder in seine Heimat zurückkehren will, muss Rose sich wieder einmal entscheiden, zwischen ihrer Mission und ihrem eigenen Willen. Doch was wenn Solas ihr niemals vergeben kann und sie nun als sein Feind betrachtet? Sollte sie dann nicht lieber ihrer Mission, ihrem Schicksal folgen, als sich verzweifelt an einer Beziehung festzuklammern, die ihr immer mehr entgleitet?
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Seitenzahl: 218
Kapitel1
„KeinSchneemehr“,seufzteicherleichtert.Ich
schwelgteindemGefühl,weichesGrasuntermeinen
Füßenzuspüren.KeineeisigeKältemehr,diemirdurch
dieKleidungindieHauteindrang.WarmeSonne,dieauf
meinGesichtschien.FüreinenMomentlangeerlaubte
ichesmir,stehenzubleibenundmeineAugenzu
schließen.
DannspürteichplötzlicheinenBlickaufmir.Nichtnur
irgendeinenBlick–seinenBlick.Soeindringlich,dassich
wieimmerdasGefühlhatte,erwürdegeradewegsin
michhineinsehen.
Ichspürte,wieeineWärmeinmeinemInneren
aufblubberte,dievielstärkerwaralsdiederSonne.Fast,
alswürdeichmagnetischvonseinemBlickangezogen
werden, schlug ichdieAugen wiederauf.
Solassahmich leicht belustigtan.
„Was?“,sagteich,spürteaber,wiemirleichteRöteins
Gesichtstieg.SeitCaroundichunserGesprächüber
denElfengeführthatten,mussteichjedesMaldaran
denken,wennichihnansah–wasnichtgeradesehr
hilfreich,abervermutlichvonihrbeabsichtigtgewesen
war.Sosadistisch wie sieebengestricktwar.
Nicht,dassdasgerade meingrößtesProblemwäre.
TagfürTagwarteteichdarauf,dassichwieder
zurückgeholtwerdenwürde,ummeineneueMissionzu
bekommen–undobdiesemichvonihmspaltenwürde.
DennimmerhingingdieMissionvor,wieHelenmichso
schönerinnerthatte.
1
Himmel,ichwareigentlichimmerpflichtbewusst
gewesen,aberdiesesganze Tamtamgingmirdanndoch
sehraufdieNerven.
Ichbemühtemich,mirmeineGedankennichtallzusehr
anzusehenlassen,daichwusste,dassSolasmir
vermutlichallesvomGesichtablesenkonnte.
ErschütteltekaummerklichdenKopf.„Nichts“,murmelte
erundwandte denBlickwieder ab.
SeitichmichvonCaroundmeinenElternverabschiedet
hatteundwiederhierhergekommenwar,hatteichmich
bemüht,michsonormalwiemöglichgegenüberihmzu
verhalten.KeinervonunshatteunserenKuss–und
unserenFast-Kuss–erwähnt.Ichwusstejanicht,wiees
ihmging,abernebenmeinenProblemenwardiessodas
Einzige, was mirständigimKopfherumging.
„Wielangedauertesnoch,biswirbeidenSchneeelfen
sind?“, sagteichhastig.
ErzucktedieAchseln.„VermutlichnuretwaeinenTag.
Allerdings“,erneutwarfermireinenbelustigtenBlickzu,
„
müssenwirunsnundafürwiederRichtungNorden
wenden.“
AbernichtsoweitnachNordenwievorhin“,
„
argumentierteich.„Sindwirüberhauptschonaufder
Halbinsel?“
„Ja“, sagteer.
TolleAntwort.Ichversuchehier,Konversationzuführen,
okay?„Interessant“,kommentierteich.Ichhätte
schwörenkönnen,dassersichschonwiederübermich
lustigmachte.
IchwolltemehrüberdieSchneeelfenherauskriegen,weil
ichimmerhineinpaarInformationenübersiebrauchte.
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NatürlichkönnteichdafürzurückgehenundHelen
fragen,aber… ichwollteeinfach nicht.
AndererseitswarichmirdarüberimKlaren,dasses
ziemlichverdächtigwar,wennichnichtsübersiewusste.
Deshalbversuchteich,meineFragenmöglichstharmlos
zu formulieren.
„DieSchneeelfensindvermutlichfroh,dasswirdieWölfe
irgendwiegetötethaben,hm?“,sagteich.Argh,blöde
Frage!
Erverkniffsich einLächeln.„Vermutlich.“
KonnteermirvielleichteinmaleinelängereAntwort
geben?„Wirstdusie…fragenwegendem…was
geschehenist?“,sagteichzögernd.„Ichmeine,weilwir
nichtwirklich verstehen, was passiert ist.“
SofortsahichwiederinseinemBlick,dassihmdas
GanzezuSchaffenmachte.„Ich…ja,wahrscheinlich
schon“,seineAntwortwargenausozögernd,beinahe
vorsichtigformuliert.Dannsahermichplötzlichdirektan.
„Lilíth wirdsicherlich einigeAntworten haben.“
„Lilíth“,wiederholteich.Hoffentlichsahermirnichtan,
dassichkeineAhnunghatte,wer daswar.
SeinBlick wurdeleichtseltsam.„MeineMutter.“
EsdauerteeinpaarSekunden,bisichschaltete.Ich
starrteihnan.Wiemeinteerdas?„DeineMutter?“,
echote ich,wie einPapagei.
Ernickte.„Lilíth,dieKöniginderSchneeelfen,istmeine
Mutter.“
Ach. Du.Scheiße.
Ichwarüberhauptnichtdaraufvorbereitet,seineMutter
zutreffen!Verdammt,würdeerihrsagen,dasswir…
dasswir…waswarenwir?Überhauptgarnichts.Under
3
würdeihrwohlkaumanvertrauen,dassermichgeküsst
hatte.
„Oh“,sagteichschwach.Obichdasnunwissenmüsste
–
keineAhnung.DochimMomentkonnteichnichtso
tun,alswäreichmirdieserTatsacheschonbewusst.
MeineSchauspielkünstehattenmichverlassen.
Verdattertstarrteichihnan.
ErhobleichtdieBraue.„Daswusstestdunicht,nehme
ichan?“
Verblüfftschüttelteichden Kopf. „Nein.“Meine Gedanken
rasten.WarsiedieFrau,mitderseinDadmeine
Schwesterbetrogenhatte?WarsiedeshalbimNorden–
weilsiedasmitMelodyherausbekommenhatte?
Allmählichwurdeichmirbewusst,dassunserezwei
Familiengeschichtenziemlichineinanderverstrickt
waren.
Waswürdeertun,wennerjeherausfand,dassMelody
meineSchwester war?
PlötzlichbekamichPanik:Ichwusste,dassMelodyund
ichunsziemlichähnlichsahen.Was,wennLilíthmich
erkannte? Hattesie Melodygekannt?
Dasweißtduallesgarnicht,versuchteichmichzu
beruhigen.
„
„
Aberwenndu…einWaldelfbist“,fingichzögerlichan.
WiesoistdeineMutterdanndieKöniginder
Schneeelfen?SolltesienichtdieKöniginderWaldelfen
sein?“
SeinBlickwurdeeinwenigdunkler.„Sollte“,wiederholte
er.„Vermutlichschon…allerdingsistsieschonseit
JahrennichtmehrimWaldgewesen.“
Ichwäre beinahegestolpert. „Warum?“ Ich quiektefast.
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DiesesMalschienersoinseinenGedankenversunken
zusein,dassermeinenmerkwürdigen
Stimmungsumschwunggarnichtbemerkte.„MeinVater
ist tot“,sagteerschließlich. „Wusstestdudas?“
Ichwarverblüfftdarüber,wiewenigGefühleinseiner
Stimmemitschwangen.KeineTrauer,keineWut…er
sagteesganzsachlich,alswürdeeresmirauseinem
Geschichtsbuch vorlesen.
Irritiertdarüber,dassermirdaserzählte,schüttelteich
nurlahmdenKopf.„Nein“,logich,meineStimmewar
leise.„Istsiedeshalbgegangen?“,fügteichhinzu.Bitte
sag,sieist deshalb gegangen!
EineFaustschlosssichummeinHerz,alserdenKopf
schüttelte.„Nein.“ErstießdieLuftaus.„Kurzvorseinem
Tod…hatmeinVatersiebetrogen.Miteineranderen
Frau.“ErwarfmireinenkurzenBlickzu.„Siehates
herausgefunden.“
Aberhatteersiedannbenutzt,ummeineSchwesterzu
betrügen?OderwarnocheinedritteimSpielgewesen?
DuliebeGüte,seinVaterwarjaeinrichtigerCasanova
gewesen!
Hießdas,erwarauchso?Unwillkürlichdachteichan
unseren Kuss.
„
Oh“,sagteicherneut;diesesMalwarmeineStimme
kaummehrzu hören.
Estutmirleid“,sagteichschließlichlahm.„Wegen…
„
deinen Eltern.“
ErzucktenurdieAchseln.„Mirnicht.Eswardie
EntscheidungmeinerMutterzugehen–ichdenke,ich
hättedasselbe getan.“
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„Ja,ichauch“,murmelteich.„DeinVateristjaziemlich…
naja…frauenfreudig“,platzteesdannausmirheraus.
Gleichdaraufwurdeich knallrot.
Vielen DankfürsGespräch,Caro.
EinenMomentlangsahermichüberraschtan,dann
lachteer aufeinmal lautlos.
Ichmerkte,wiemirwarmwurde.IchliebteseinLachen
sosehr.AutomatischstahlsichaucheinLächelnauf
meineLippen.
„Allerdings“,sagteerschließlich,alsseinLachenverebbt
war.Amüsiert sahermichan.
Ichschlucktemein„Ichhoffe,dasistnichtvererbbar“
herunter.„WarereinKönig?“
Solaswurdewiederernst.ErschütteltedenKopf.„Bei
denWaldelfengibtessoetwasnicht.Erwar…der
Anführer,ja.AllerdingshabenwirnichteinenKönigwie
dieSchneeelfen oder die Seeelfen.“
„SiehabenauchkeinenKönig“,erwiderteich.„Sondern
eineKönigin,richtig?“Ichkonntenichtanders,alsihn
auftrumpfend anzublicken.
Erneutsahessoaus,alsmüsseersicheinLächeln
verkneifen.„Allerdings.Sehrverspottetvonden
Menschen.Dortwäreesundenkbar,dasseseine
Königin gäbe.“
„Ach,keinWunderhabendieimmernurKrieg“,erwiderte
ichschnippisch.„Undsoweitichmicherinnere,waren
dieseIdioten,diedieBurgengebauthabenundgleich
daraufeinenKrieganfingen,auchMänner,nichtwahr?“
IchhobdieAugenbrauen.
ErwarfmireinenentwaffnendenBlickzu;mussteaber
eingestehen,dassichRechthatte.„Wasistmitdir?“,
sagte erplötzlich.
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Ichblinzelte verdutzt. „Ich? Ichbin keine Königin.“
SeinMundwinkelzuckte. „Dasmeinteichnicht.Wasist…
mitdeinenEltern?“Unddannspracherplötzlichgenau
meineGedankenaus:„Unglaublich,dassichschon
wochenlangemitdirunterwegsbinundüberhauptnichts
überdich weiß.“
Unglaublich,dassichdichschongeküssthabeundgar
nichtsüberdichweiß,spannichseineGedankenweiter.
FüreinenMomentbildeteichmirein,genaudieseWorte
inseinenAugenaufblitzen zu sehen.
„MeineEltern“,wiederholteich.Unwillkürlichmussteich
anMumundDaddenken,wieichsiedasletzteMal
gesehenhatte.DadsWorte:Wennerdirjewehtut,sag
ihm,dassereinWörtchenmitmirzuredenhat.
Unwillkürlichmussteich grinsen.
„MeineElternsind...“IchdachteanihreBlicke,alsich
ihnenvonSolaserzählthatte.„Siehabeneinen
ausgeprägtenBeschützerinstinkt“,sagteichschließlich
vage.
DerElfhobdieBrauen.„Dassagtmirjetztnatürlich
alles“, erwiderteer,leichtspöttisch.
Ichkonnteesnichtverhindern;erneutwurdeichrot.
„MeinVaterist…ähm…nunja,erwolltemichniemals,
alleinenachtsnachdraußenlassenundso“,sagteich
undversuchteverzweifelt,Solasetwaszuerzählen,was
nichtsvonalldempreisgab.
Ersah verwirrtaus.„Warumdenn das?“
„Weilesgefährlichist“,sagteich.„Ichmeine…dachte
er.“Lahmverstummteich.Erschienesabsolutnichtzu
verstehen.„MeineMutter“,redeteichhastigweiter,„sie
ist…wiemeinebesteFreundin.Mitihrkannichüber
allesreden“,ichverlormichfürdenAugenblickinmeinen
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Erinnerungen,„duweißtschon;übermeineFreundinnen,
überJungs undüber-“Abruptbrach ichab.
Jungs.
Verdammt.Wasdachteernun,wiealtichwar?Wäreich
1
000Jahrealt,hätteichsicherschonmindestens900+
JahrenichtmehrüberJungs nachgedacht.
Ichmeine,Männer“,korrigierteichmichhastig;drei
„
Stundenspäter.
WiederhoberdieBrauenundseinBlickwurdeso
eindringlich,dassmeinganzerKörperzuprickeln
begann.„Interessant“,sagteernur,ineinemTon,dermir
dasBlutzumKochenbrachte.
FürdenBruchteileinerSekundehätteichschwören
können,dassseinBlickzumeinenLippenwanderte.
Danndrehte ersichwieder weg undgingweiter.
IchnahmmireinenMoment,ummirgedanklichaufdie
StirnzuschlagenundmichundCarozuverfluchen,dann
folgte ichihm.
„DeineMutterweißabernicht,dasswirkommenoder?“,
versuchteich,dasGesprächineineandereRichtungzu
lenken. Vermutlichnichtgerade eine bessere.
Erschüttelteden Kopf. „Nein.“
„Glaubst
du,
sie
haben
von
alldem
etwas
mitbekommen?“,wollteichwissen.„Ichmeine,dassdie
Wölfe totsind?“
ErneuteinKopfschütteln.„Ichweißesnicht.Vermutlich
nicht.Ichkannesnichtsagen.“Erseufzteleise.„Ich
habenochimmerdasGefühl,etwasdaranistfalsch.
Das,wasimNordengeschehenist…ichverstehees
einfachnicht.“
Ichfühltemichunglaublichschuldig.„DochLilíthkann
helfen?“, sagteich vorsichtig.
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Solasnickte.„Sieweißbeinahealles.Sieistüber5000
Jahrealt–fragesieetwasundsiewirddieAntwort
wissen.“
Oh.Nasuper.Dannwürdeichschoneinmalfleißig
anfangen,eineListevonFragenzuschreiben.Dieerste
gleich:HatSolasGefühlefürmich?,gefolgtvonWie
endetdie achte Staffel vonGame ofThrones?
„5000Jahre...“,sinnierteichvormichhin.„Wiealtbist
du?“,hörteichmichfragen.Natürlichwussteiches
schon;BertadieGrimmigehatteesmirnetterweise
damalsimFlugzeugerzählt.Allerdingswollteichesvon
ihmselbsthören,damitichmirauchsicherseinkonnte,
dassesstimmte.
Erlächelte.„1503 Jahre alt.“
„Wow“,sagteich.EsfühltesichanwieeinSchlaginden
Magen. „Dasist…jaganz jung“, sagteichlahm.
ErkonnteanmeinemBlicksehen,dassichlog.
Allerdingserwiderteernichtsdarauf.„Wiealtbistdu?“,
sagte erdannplötzlich.
Mist.
„SoetwasfragtmaneineFraunicht,oder?“,wardas
Einzige, was mirdarauf einfiel.
ErneutdieserverwirrteBlick.„Wiesodenn nicht?“
„Naja,weil...“Ichkonntemichselbstnichtmehranden
Grunddafürerinnern.„Weilesunhöflichist?“,sagteich
schließlich einigermaßen vernünftig.
Ersah michbelustigt an.„Soaltalso?“
IchzucktenurdieSchulternundmurmelteetwasvor
michhin.19.DaswarjanureinWimpernschlagfürihn!
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503Jahrealt.IchwarnichtgutmitZahlen,aberselbst
ichwusste,eswarbeinahedasHundertfachemeines
Alters.
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„Nagut“,hörteichschonCaroinmeinemKopf.„Du
hattestindeinen19JahreneinenFreund.Dannrechne
dasMalhundert–undduweißt,wievieleFrauener
hatte!Easy-peasy.Allerdings“,ichkonntesiedieAugen
zusammenkneifensehen,„hatteichzumBeispielschon
dreiBeziehungenundbinaucherstneunzehn.Dann
hatteervielleicht auchschon 300Freundinnen?“
ÄrgerlichverbannteichsieausmeinemKopf.Verstohlen
sahichzudemElfenhin.DieFragebranntemiraufder
Zunge;dochichhättemirdieseeherabgebissenalsihn
zu fragen.
Deshalbschwiegich;genausowieer.EinpaarMinuten
langenochversuchteich,neueGesprächsthemenzu
finden,dochmirfielenkeine mehrein.
Außerdemhatte ichmichheute schongenug blamiert.
AlsohieltichdenMund,währendwirwiederweiternach
Nordendrangen.Allmählichwurdeeswiederkälter;ich
warenttäuscht,alsdasGrasuntermeinenFüßennach
undnachwiederdurcheineweißeSchneedeckeersetzt
wurde.
DannkamdieKältewieder;eswarkeineschneidende,
klirrendeKältewiesieoberhalbdesFlussespräsent
gewesenwar.SielegtesicheheraufmeineHaut;sofein
wieeinHauch.Beinahekörperlichkonnteichspüren,
dasswirunseinemElfenreich näherten.
DieLandschaftumunsherumwaratemberaubend;
gigantische,schneebedeckteBergeragtenvorunsauf;
einewilde,kahle,aberwunderschöneNatur.
UnwillkürlichwurdeichanNorwegenerinnert;dochdie
LandschaftinNorwegen,dieichbishergesehenhatte,
warvergleichsweisesehrmildundnichtannäherndso
wild undfrei wie dieNaturhier.
1
0
Ichkonntenichtanders,alsmichständigumzublicken;
eswareinfachsoatemberaubendhier.Ichwusstenicht,
wohinichmeinenBlickwendensollte;derHimmelwar
klar,weshalbichweitindieFernesehenkonnte.Alles
ummichherumbestand ausEis undSchnee.
Leiderbedeutetediesauch,dassdieRutschgefahrsich
erheblichsteigerte.Ichversuchte,langsamundvorsichtig
zulaufen,dochSolaswarsosicherundschnellaufden
Füßen,dassichunsnichtverlangsamenwollte.Er
schienüberhauptgarnichtdaranzudenken,dassnicht
jedersoüber denBoden schweben konntewie er.
Verbissenkonzentrierteichmichdarauf,meineFüßeso
aufzusetzen,dassichnichtausrutschte.Dieserwiessich
alsgarnichtsoeinfach,weshalbichvollaufmitmeinen
Bewegungenbeschäftigtwar.Somithattesicheine
Fortsetzung unseresGesprächs sowieso erledigt.
Alsesdämmerte,hielt Solas plötzlich an.
Fastwäreichgegenihngeknallt,weilichsosehrdamit
beschäftigt war,auf meine Füße zu blicken.
„Wasist?“,sagteichundkamleichtstrauchelndzum
Stehen.
Ersahmichan.„Wirsindbeinaheangekommen“,sagte
er.
Ichfragte mich,weshalbwir dannHaltmachten.„Und?“
Erlächelteleicht.„Ichweißnicht,wievielZeitwirhaben,
wennwirdortsind.Undichwollte,dassdudieLichter
siehst.“
„DieLichter?“,wiederholteich fragend.
„Kommmit.“ErnahmmeineHand,alswärees
vollkommen selbstverständlich.
NatürlicherlittichwiedereinenkleinenAnfall,alsich
seinewarmeHandummeinespürte.MeinAtemund
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meinHerzschlagbeschleunigtensichprompt;ich
versuchte,mirnichtsanmerken zu lassen.
Eswarsovieleinfacherzulaufen,wennermichfesthielt.
SchnellenSchrittesbewegtenwirunsüberdasEisund
denSchnee;schonbaldmerkteich,dassesleicht
bergaufging.AlswiraufeinemkleinenHügel
angekommen waren,waresschonganz dunkel.
Solaszogmichvollendszuihmher,dannließermich
los.GeradebreitetesichdieEnttäuschunginmiraus,als
seineHandplötzlichaufmeinerSchulterlag.Erschob
mich einwenig vorsich,dann deuteteernach Norden.
„Siehst dusie?“
IchstarrteindenNachthimmelhinauf.Wiekönnteich
nicht?,warmeine erste Reaktion.
EswarendiePolarlichter–oderetwasähnliches.Die
PolarlichterdieserWelt.InallenFarbendes
Regenbogensspanntensiesichmagischüberden
nachtschwarzenHimmel;rotundgrün,einweniggelb
undorange.Ichkonntenichtanders,alsgebanntdort
hinaufzustarren.DieLichterformteneineSpirale;ich
bildete mirsogarein,dasssie sichbewegten.
IchwarsogefangenvondiesemAnblick,dassicherst
nacheinerWeilebemerkte,dassSolas‘Handnoch
immeraufmeinemArmlag.Unddass ermichansah.
LangsamwandteichdenKopf.SeinBlickwarsotief,
dassichaugenblicklich darin versank.
„
Wunderschön“,sagteichkrächzend.Ichwusstenicht,
obich die Lichteroderihn meinte.
Allerdings“, murmelteer.
„
IchversankinseinemBlick.DieHitzeformtesichwieder
inmeinemInneren,krochdurchmichhindurchund
1
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schlosssichummeinHerz.TrotzdereisigenKältedes
Nordenswurdemirheiß.
Ichkonnte nichtmehratmen.
AusdemAugenwinkelsahich,dassdieLichternoch
immerwunderschönundleuchtendamHorizontwaren;
dochichkonnteihnenkeineBeachtungmehrschenken.
Ichwar sogefangen vonseinemBlick.
Erflüstertemeinen Namen.
FüreinenMomentdachteich,erwürdenunsagen,dass
ermichliebte.Stattdessenbeugteersichzumirherab.
AlsseineLippenaufmeinetrafen,konnteichnicht
anders, alsaufzuseufzen.
Augenblicklichzogermichfesteransich.Einheißer,
kribbelnder,feurigerBlitzschossdurchmich.Ichhatte
dasGefühlzufliegen.IchschlangdieArmeumihnund
erhieltmichfest.SeinKusswarsanft,seineLippen
warm.DieganzeWeltumunsherumverblasste;ich
vergaßalles; ZeitundRaum.
AllemeineGedankenwarenvollkommenausgeschaltet.
IchgenossdieWärmeseinesKörpers,unsereNähe.Ich
fühltemichsoleichtundsicher,alswürdenwir
schweben.
Wiedereinmalhatteichkeine Ahnung,wielangewiruns
geküssthatten, als ersichvonmirlöste.
MeineBeinehattensichinPuddingverwandelt.Mirwar
leicht schwindelig.
DieLichterwarenschonamVerblassen.Allerdings
konnteichauchdemkeineBeachtungschenken.Ichwar
aufseineAugenfixiert,diesodunkelwaren,dassmirder
Atemstockte. Sie glühten.
„Wie gesagt,wunderschön“, sagteichetwas atemlos.
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Erlächelte.SeinBlickwarsowarm,dassmeinBlutzu
kochenbegann.„Allerdings.“Ichhätteschwörenkönnen,
dassermichgleich noch einmal küssenwürde.
Danndurchbrach plötzlich einlautes Horn die Stille.
Heftigzuckteichzusammen;auchSolashobüberrascht
denBlick,sahaber keinbisschenverängstigtaus.
SeineHandlagnochimmeraufmeinerWange;under
standsonahebeimir,dassichseineKörperwärme
spürenkonnte.
Dochdann,alsdasHornnocheinmalerschallte,lösteer
sichplötzlich vonmirund trat einen Schritt zurück.
Eswar wieein Schlagins Gesicht.
„
Weristdas?“MeinGehirnwarnochimmervollkommen
benebelt.Ichkonntekaum einen Satzformulieren.
DieSchneeelfen“,sagteer.Ichwarmirnichtsicher,aber
„
ichbildetemirein,dassseineAugensicherneutein
wenig verdunkelten.
„DieSchneeelfen“,wiederholteichsehreinfallsreich.War
erdeshalbvonmirzurückgetreten?Wollteernicht,dass
siesahen, wie wirunsküssten?
Na,dann…
SicherheitshalbertratichnocheinenSchrittzurück.Und
nocheinen.Vonmirauskonnteichmichauchgleichvon
demBerg herunterschmeißen, wenn ihn dasberuhigte.
Ichwusstenicht,obermeinemBlickansah,wieverletzt
ichwar.Allerdingskonnteersonstauchimmermeine
Gedanken lesen.
AuchdiesesMalschienergenauzuwissen,wasich
dachte.„Rose-“,begann er.
„Solas!“,durchschnitt daeine Stimme dieLuft.
DerElfsahmichnocheinpaarSekundenlangeanund
ichhätteschwörenkönnen,dassetwasinseinemBlick
1
4
aufblitzte–beinahe,alsschieneerverärgertdarüber,
dasserunterbrochenwurde.Schließlichstießereinen
leichtresigniertenSeufzerausundwandtesichzuder
Hügelkuppe, die wirvorhin hochgekommen waren.
AnstattzweiElfenzuFußallerdingssahichplötzlichein
ganzesRegimentvonElfen,dieaufunszugeritten
kamen.Ichmerkte,wiemirderMundaufklappte;diesen
Auftritthatteich nichterwartet.
DiePferdeschnaubtenundtrabtenumunsherum,bis
sieeinenlockerenKreisbildeten;eswarnichtdrohend,
eherso,alswürden sieunsbeschützenwollen.
Plötzlichfielmirein,dassSolas,wennseineMutterihre
Königinwar,jairgendwieauchihrPrinzwar.So
halbwegs.
Wow.Ich hatte einen Prinzengeküsst.
UnddanachhatteichvoneinemPrinzeneinenKorb
bekommen.
„Solas!“EinerderElfenschwangsichsoelegantvom
Pferd,dassmirdieKinnladenochweiterherunterklappte.
AusdemAugenwinkelbemerkteichSolas‘halb
verärgerten, halb belustigten Blick,deraufmirruhte.
„Tair!“,begrüßteerdenNeuankömmling.Ersagteetwas
inderElfensprache,wasichnichtverstand,derandere
antwortete inderselben Sprache.
UnddannwendetesichderNeuankömmling,Tair,
plötzlichzumirum–undsagteetwaszumirinder
fremden Sprache.
Ichstarrte ihnan.
Siedendheißwurdemirbewusst,dassnochniejemand
vonihnenversuchthatte,inderSprachederElfenmit
mirzureden.Deshalbwussteauchkeiner,dassichsie
nichtverstand.Nicht einmalSolas.
1
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Verdammt,verdammt!„Ich...“,fingichan,unschlüssig,
wasichsagensollte.„Ähm...“Sollteichihmeinfachauf
französischantwortenundbehaupten,daswäredie
SprachederElfenwoichherkam?Immerhinwusste
keiner,wodaswar?„Bonjour“,kramteichdieSätzein
meinemGedächtniszusammen,diemirnocheinfielen.
„Ähm…ca va?Lavie, Paris… trèsbien.Äh,Tair?“
Solas,Tairunddieanderenstarrten michan,alshätteich
gerade einen Rückwärtssalto gemacht.
Nagut, blöderVergleich.
„Wie bitte?“, sagte Solas.
„WasfüreineSpracheistdas?“,setzteTairneugierig
hinzu.
Französisch–nochnieinParisgewesen?„DieSprache
derElfen,woichherkomme“,sagteichundhobleicht
denKopf.
IchkonnteSolasansehen,dassermichschonwieder
durchschaute–undmirnichtglaubte.Allerdingshätteich
schwörenkönnen,dasserauchleichtbewundernd
aussah. Ha!Dashatteerwohl nichtvonmirerwartet!
„WokommtIhrher?“DerElfklangnochimmerneugierig,
nichtaggressivodermisstrauisch.
IchwarfSolaseinenraschenBlickzuundöffneteschon
denMund,umirgendeineLügeaufzutischen,alsSolas
plötzlich dasGesprächunterbrach.
„Tair,Roseistverwundet.Wirsolltensoschnellwie
möglichzuLilíthundmitihrreden.Wirhabeneinige
dringendeAngelegenheiten,diewirmitihrbesprechen
sollten.“
Ichwarverblüfft.Hatteergeradefürmichgelogen?Ja,
ichwarverwundet,dochimmerhinwaresnurein
Kratzer!EserforderteüberhauptkeineEile;undauchdie
1
6
anderenAngelegenheitenwarennichtsodringend,oder
nicht?Ichmeine,wirwarennichthierhergejoggtoderso;
undimmerhinhatteersichauchdieZeitgenommen,um
mir dieLichter zu zeigen?
Wieimmerschaffteeres,michinkürzesterZeit
vollkommen zu irritieren.
AuchTairschienleichtverwirrt.„Natürlich“,sagteer
allerdingssofort – klar,Solas warder Prinz.
Dermirgerade einen Korb gegebenhatte.
IchspürteeinenleichtenStichinmeinerBrust.MeinEgo
warziemlichangekratztundamliebstenhätteichdem
ElfeneineOhrfeigegegeben–oderihnangebettelt,mich
bitte wiederzu küssen.
„GebtSolasundseinerGefährtinzweiPferde!“,sagte
Tair.
Pferde.
IchhattemalvoreinigenJahreneinpaarReitkurse
belegt;obmirdieseKünsteausreichten,umerfolgreich
biszuLilíthzugelangen,wagteichzubezweifeln.
Allerdingshatteichmichschongenugverdächtig
gemacht,deshalb sagte ichnichts.
DieElfenbrachtenzweiwunderschöneStutenzuuns–
zumindestglaubteich,eswarenStuten.Ichredetemir
einfachein,dassdiePferdeweiblichwaren,weilich
dannwenigerAngsthatte.
IchliefzueinemderPferdehin.„Hallo,du“,sagteich
leise. Dann sah ichzuTair.„Sieistwunderschön.“
Ersah michirritiert an.
Solassahaus,alsmüsseersicheinLachenverkneifen.
„Eristein Hengst.“
Shit.
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DerElfblicktezudenSchneeelfen„Gehtvoran“,befahl
er.„Roseund ichfolgen euch.“
AuchwennseinBefehlschonwiederVerwirrung
auszulösenschien,wagtekeinerzuwidersprechen.Die
Elfenzogenab;genausoschnellundplötzlich,wiesie
gekommen waren.
Ichhoffte,dassSolasjetztvielleichterklärenwürde,
warumermichvorhineinfachsoweggeschubsthatte–
nagut, nichtwörtlich, aberfast.
Stattdessensahermichscharfan.„Duverstehstdie
Elfensprache nicht?“
Ichzwangmich,ebensoscharfzurückzublicken.„Du
verstehst meineElfenspracheauch nicht.“
„
DeineElfensprache?“Ungläubigsah ermichan.
„Die,wowirsprechen,woichherkomme!“,blaffteichihn
an.„Oderbildestdudirein,dukennstdieganzeWeltnur
weil duuraltbist?“
„Uralt?“Er runzelte dieStirn.
„Älter“,schobichschnellhinterher.Natürlichwussteich,
dass1500JahrefüreinenElfenvermutlichüberhaupt
geradedasGegenteilvonuraltwaren–allerdingswar
ichimMomentsowütendaufihn,dassichsolcheDetails
außerAchtließ.
„Könnenwirjetztbittelosreiten?“,blaffteichschließlich,
weilichseinenBlicknichtmehrlängeraufmirspüren
wollte.IchergriffdieZügelmeinesPferdes–unddann
sahichnachoben;derSattelaufdemRückendes
HengstesschienweiterentferntzuseinalsderGipfel
desBerges.
IchhattekeineAhnung,wieichdorthinaufkommen
sollte.Hilflosbemühteichmich,meinenKörperdorthoch
zumanövrieren. Ichschaffteesnicht.Gleichzeitigwarich
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mirpeinlichbewusst,dassermichnochimmer
beobachtete.
„HastduüberhauptschoneinmaleinPferdgesehen?“,
sagteerschließlich.Esklangnichtspöttisch,nur
verwundert.
„Natürlich!“, schnauzte ich ihnan.
„Warumdachtestdudann,esseieineStute?“,fragte er.
IndemMomentrissmeineGeduld.Ichwirbelteherum;
beinahehätteichihmmitmeinemFingerinsAuge
gestochen.„Warum?Warum?Wasstellstduüberhaupt
sovieleFragen?“,blaffteich.„Sollichvielleichtmal
meinestellen?
GleicheinmalangefangenmitWarumküsstdumichdie
ganzeZeitwenndumirüberhauptnichtvertraust?.Oder