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Thekla, der frechen, sprechenden Schlange gefällt es nicht nur in Japan ("Theklas Abenteuer in Japan"), sie erlebt mit ihrer "Familie", Maria und Bernd, in "Theklas Deutschlandreise" auch Aufregendes an der Nord- und Ostsee und "mischt" anschließend ein bisschen ein Luxushotel im Hunsrück auf. Lest mehr darüber, was die gewitzte australische Schlange an Abenteuern in dem ihr unbekannten Deutschland erlebt, das sie ein Profi im Kirschkernweitspucken und auch Drachenflug wie Fischbrötchen nicht abgeneigt ist.
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Seitenzahl: 156
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Handlungen und Personen sind frei erfunden.
Gewidmet Hilke und Jan Wiegers
Was vorher geschah, von Thekla selbst erzählt:
Theklas Rheinreise mit Moon
Thekla und der »kleine ICE«
Wenn einer eine Reise tut …
Sylt, wir kommen!
Thekla »mischt« Buffet und Küche auf
Star des Promenaden-Konzertes
Turbulente Busfahrt dank Thekla
Thekla mag auch Fisch
Ein schlangenmäßiger Bonbon-Staubsauger
Thekla fährt Riesenrad
Thekla der Versteck-Profi
Auch Schlangen müssen Diät halten
Thekla bittet um milde (Fress-)Gaben
Theo – der gefiederte Brötchendieb
Thekla wagt den Bungee-Sprung
Mitfahrgelegenheit Fahrradkorb
Auf geht’s nach Munkmarsch
Drachenflug mit Thekla
Thekla, die Boßel-Meisterin
Abenteuer Wattwanderung
Von der Nord- an die Ostsee
Neue Freunde mit musikalischem Hintergrund
Thekla als offizieller Hotelgast
Erste Thekla-»Opfer« am Ostsee-Strand
Thekla – keine Freundin der lauten Töne
Schlangenmäßiger Massage-Marathon
Warnemünde hin und zurück
Die Kirschen in Nachbars Garten
Kirschkernbeschuss im Hotel-Restaurant
Metallic-Blau der neue Schlangen-Schick
Thekla schillert im Sonnenuntergang
Thekla findet: Leberwurst verbindet
Eine Überdosis Erdbeeren für Thekla
Computer-Schreck Thekla
Gummiboot-Ahoi! Theklas unfreiwilliger Schiffsausflug
Thekla kann auch anders …
Eine unfreiwillig verlängerte Busfahrt
Thekla mag kein Schlangenmuster
Strandimbiss für Thekla
Thekla hat ein Herz für Köche
Thekla die schwimmende Pool-Schlange
Thekla schnuppert Bühnenluft
Zungenbrecher sind nichts für Schlangen
Fahrstuhl-Attacke auf Thekla
Abschied mit Schrecksekunde
Theklas Liebling: der neue Putzroboter
Moon springt mit Zöpfchen so hoch wie nie
Thekla die Vogelwächterin
Thekla geht in die Luft
Trauriger Abschied von Bernd
Luxuriöses Warten auf die Kreuzfahrt
Das Land & Golf Hotel Stromberg
»Schau mir in die Augen, Kleines …«
Keine Chance, das Büffet zu plündern
Thekla: (Schlangen-)Prinzessin im Luxus-Ambiente
Trotz allem: schlaf- und heimatlos
»Nein, meinen Wirsing ess‘ ich nicht«
Thekla lässt Saunabesucher frösteln
Thekla und der sprachlose Papagei
Cocos Bruchlandung
Wer hoch fliegt, fällt tief …
Theklas zeigt, was sie kann
Enten-Abenteuer im Whirl-Pool
Eine gelbe Rose für Thekla
Krankenschwester Thekla leistet Erste Hilfe
Weitere Titel der Thekla-Reihe
Was vorher geschah, von Thekla selbst erzählt:
Also Ihr lieben Leute, wer mich noch nicht aus meinen ersten beiden Abenteuern in Australien und Japan kennt, dem stelle ich mich hier noch einmal vor. Mein Name ist Thekla Markus Maria Bernd Saufhaus – cooler Name, oder? Den habe ich mir selbst gegeben! Der passt, denn ich bin schon etwas sehr Ungewöhnliches. Das begann schon, als ich ganz klein war. Denn als ich in Australien auf die Welt kam, wuchs ich nicht, wie es sich meine Eltern erhofft hatten, zu einer hochgiftigen Braunschlange heran. Nein, ich bin ganz anders als alle meine Verwandten. Ich bin weder braun noch hochgiftig und jemanden würgen mag ich schon gar nicht. Stattdessen schillere ich in 100 (mindestens!) Regenbogenfarben und obendrein bin ich auch noch hoooochintelligent, wirklich! Leider wurde das von meiner Familie gar nicht geschätzt. Die fanden mich absolut doof und verließen mich. Ich hatte aber Glück im Unglück, denn in dem Haus über meiner Wohnhöhle wohnte jeden Sommer eine deutsche Familie: Maria und Bernd sowie die Enkelinnen von Bernd, Clara und Paula, mit ihren Eltern. Die habe ich dann kurzerhand adoptiert und ihre Sprache gelernt. Als deren Urlaub dann vorbei war, habe ich mich in einen Schiffscontainer geschmuggelt und bin ihnen hinterher gereist. Und jetzt lebe ich bei Maria und Bernd in Bingen, bin nun eine durch Funk und Fernsehen bekannte Schlange, was meiner einzigartigen Persönlichkeit sehr entgegenkommt. In einem Wort: Ich fühle mich hier schlangenwohl. Meine Abenteuer, die ich nicht nur in Australien und Deutschland, sondern auch schon bei einer Reise durch Japan erlebt habe, sind schon in zwei Büchern festgehalten. Aber das waren längst nicht alle meine Abenteuer. Wir sind nämlich auch an die Nord- und Ostsee gereist, aber da lasse ich jetzt mal Maria erzählen. Mein Gott war das aufregend …
Viel Spaß beim Lesen wünscht Euch Eure Thekla!
Also, dann übernehme ich mal das Erzähl-Ruder. Ich bin die Maria und Theklas Adoptivmama. Es ist vielleicht auch besser, dass ich erzähle, denn Thekla neigt ab und zu zum Übertreiben – wenn nicht gar zum Flunkern … Außerdem bekommt unsere liebe Hausschlange, wenn sie am Computer sitzt und arbeiten muss, noch größeren Hunger, als sie sonst immer schon hat. Also setzte ich mich besser an den Computer und halte mal fest, was wir in den letzten Monaten so alles »Wildes« mit unserer Thekla erlebt haben.
Eigentlich wollten wir uns nach unserer anstrengenden Reise durch Japan erst einmal ein bisschen erholen. Doch Thekla war ganz schlängelig, sprich unruhig, sie wollte unbedingt Paula und Clara, unseren Enkelinnen, die jetzt auch ihre Freundinnen sind, persönlich von ihren Abenteuern erzählen. Leider wohnen die beiden nicht in Bingen, sondern in der Nähe von Stuttgart. Und dort wohnt auch »Moon«. Das ist das Pferd von Paula. Es ist eines der wenigen Tiere, die Thekla kennt, welches auch sprechen kann. Thekla ließ uns also keine Ruhe und zwei Tage nach unserer Rückkehr aus Japan fuhren wir doch nach Stuttgart, luden dort Paula und Clara ins Auto und weiter ging es zum Stall von Moon. Dort angekommen, legte Thekla so richtig los. Als echte Plauderschlange erzählte sie zwei Stunden lang ohne Punkt und Komma, wie man so schön sagt, von ihrer Japan-Reise. Paula versuchte Thekla ein bisschen zu bremsen, in dem sie sagte, dass sie ja viele von Theklas Abenteuern auch im Fernsehen gesehen hätten. Aber Moon wieherte leise und meinte etwas traurig: »Bitte, lasst Thekla doch weitererzählen. Ich habe ja keinen Fernseher in meiner Box und zu euch nach Hause durfte ich ja nicht kommen.« Also berichtete Thekla ungebremst weiter. Als sie endlich fertig war, gab es auf der großen Wiese vor Moons Stall ein Picknick. Thekla schnappte sich, ehe wir es verhindern konnte, »nur« ein Viertel Torte und ließ sich dann mit gerundetem Schlangenkörper von Paula auf den Rücken von Moon heben, um
mit ihm ein wenig durch die Gegend zu reiten. Wir anderen unterhielten uns gut, aßen, was Thekla uns übriggelassen hatte, und behielten das Pferd mit seiner ungewöhnlichen Reiterin dummerweise nicht im Blick. Das sollte sich rächen. Denn als wir unsere Sachen zusammenräumten und Paula ihren Moon in den Stall zurückbringen wollte, fehlte von beiden Tieren jede Spur. Das Pferd und das reitende Reptil waren wie vom Erdboden verschluckt waren sie. Gut dachten wir, wir sind mit mehreren Autos hierhergefahren, da werden wir einfach mal ein bisschen herumfahren und suchen. Aber so einfach war die Sache nicht. Moon und Thekla blieben verschwunden. Und es wurde schon dunkel! Allmählich machten wir uns Sorgen. Wir überlegten zur Polizei zu gehen. Aber was sollten wir sagen? Unsere Schlange Thekla ist auf einem sprechenden Pferd namens Moon ausgebüxt? Wir beschlossen erst dann der Polizei Bescheid zu geben, wenn die beiden bis zum nächsten Tag nicht wieder aufgetaucht waren.
Keiner von uns schlief in dieser Nacht gut. Am nächsten Morgen fuhren Bernd und Peter, dem Papa von Paula und Clara, zur Polizeistation. Der Polizist der die Vermisstenmeldung aufnahm schien nicht so besorgt und meinte ziemlich trocken: »Ihrer Thekla wird scho‘ nix passiert soi. Die ist ja nicht aufs Mündle gefalle. Die kommt scho‘ wieder oder irgendjemand bringt‘s halt«. Aber so schnell sollten wir Thekla und Moon nicht wiedersehen. Erst nach vielen unruhigen Tagen kam ein Anruf. Mittlerweile waren Bernd und ich, weil wir in Stuttgart auch nichts ausrichten konnten, nach Bingen zurückgekehrt. Es war die Binger Polizei, die anrief und berichtete, dass man Thekla auf einem Pferd in den Rheinwiesen bei Bingen-Gaulsheim gesichtet hätte. Die herbeigerufene Polizei hatte Thekla und Moon angeboten, sie könnten dem Polizeiauto bis zu unserem Haus folgen, aber das lehnte Thekla ab. »Wir brauchen keine Hilfe!«, rief sie den Polizisten zu, »Ich finde schon nach Hause, denn ich habe ja einen »Eins-A-Schlangen-Orientierungssinn!« »Typisch Thekla!«, dachten wir, »Großmäulig wie immer. Dann ist es den beiden wohl gar nicht so schlecht ergangen.« Trotzdem sprangen wir nach dem Anruf schnellstens in unser Auto und fuhren nach Bingen-Gaulsheim ans Rheinufer. Und tatsächlich, da graste Moon ganz genüsslich, als wäre nichts geschehen, und Thekla genoss auf Moons Rücken die warmen Sonnenstrahlen.
Zwar waren wir angesichts dieser friedlichen Idylle erleichtert, andererseits aber schon etwas aufgebracht, denn was hatten wir uns für Sorgen gemacht! Und diese beiden waren überhaupt nicht aus der Ruhe zu bringen: »Was habt ihr euch denn da gedacht!« musste ich dann doch schimpfen, »Wir alle hatten solche Angst um euch! Macht das ja nicht noch einmal«. Wie immer war Thekla nur wenig beeindruckt, wohingegen Moon schon ein bisschen das schlechte Gewissen drückte. Verschämt meinte er: »Thekla wollte mir… wollte mir einfach mal zeigen, wo sie wohnt.« Im Gegensatz zu mir blieb mein Mann Bernd – pragmatisch wie immer – sehr gelassen. Er fragte nur: »Thekla, wie hast du denn den Weg überhaupt gefunden? Das sind ja mehr als 200 Kilometer!« Nun zeigte es sich, dass ein bisschen von Theklas Selbstbewusstsein auf Moon abgefärbt hatte, mit stolzgeschwellter Pferdebrust antwortete er: »Paula ist mit mir einmal bis zum Neckar geritten und sie hat mir erzählt, dass der Neckar ein Nebenfluss des Rheins ist und man könnte, wenn man wollte mit dem Boot über Necker und Rhein direkt bis zu euch fahren.«
Und jetzt stand Thekla ihrem Freund Moon bei: »Und da Moon unbedingt wissen wollte, wo ich wohne, bin ich mit ihm immer am Fluss entlang, bis wir in Bingen waren. Unterwegs haben wir viele, viele nette Leute getroffen, die zum Glück nicht die Polizei informiert, sondern uns geholfen haben. Ich konnte alle überzeugen, dass ich schon alleine nach Hause finde. Die Bauern waren sehr nett, die haben uns in ihren Scheunen schlafen lassen. Sogar Leberwurst haben wir bekommen. Moon hat die aber gar nicht geschmeckt und er hat sie gleich wieder ausgespuckt.« Und Moon ergänzte etwas angeekelt: »Und du hast so viel gegessen, dass du fürchterlich laut gerülpst hast. Ich hatte sogar Angst, dass die Scheune davon zusammenbricht«.
»Phhh«, meinte Thekla, »was seid ihr alle immer so empfindlich, wenn ich mal ein bisschen rülpse. Aber egal. Es ist zwar schön, dass ihr da seid, aber wir müssen jetzt noch weiter. Ich will mit Moon noch bis an die Rheinpromenade von Bingen. Die ist so schön und die muss ich ihm unbedingt noch zeigen.«, ergänzte sie ganz unbeeindruckt von meiner Standpauke und sie erklärte uns ziemlich von oben herab: »Keine Sorge, dann kommen wir auch nach Hause«.
Grummelnd stimmten wir zu – woher hätten wir auch jetzt einfach einen Pferdetransporter nehmen sollen, um Moon einzuladen, und so meinte ich: »Dann fahren wir jetzt auch zur Rheinpromenade und setzten uns in die Vinothek. Wenn ihr dann dort ankommt geht’s nach Hause. Ist das klar?«
Mit einem dann doch erleichterten »Ok« auf den Lippen stimmten Moon und Thekla meinem Vorschlag zu und trabten los.
Doch es sollte noch geschlagene zwei Stunden dauern, bis Thekla und Moon an der Rheinpromenade ankamen. Thekla selbst erregte ja schon Aufsehen, aber der Anblick der reitenden Schlange war noch spektakulärer, sodass die beiden immer wieder für ein Handyfoto angehalten wurden. Mit einem ganzen Geleitzug von Menschen kamen sie schließlich an der Vinothek an. Thekla war nicht weiter beeindruckt. Sie kannte das ja. Wo sie auftaucht, steht sie ja immer förmlich im Blitzlichtgewitter – eine echte »Star«-Schlange. Doch Thekla wäre nicht Thekla gewesen, wenn nicht das Erste, was sie zu uns sagte: »Ich habe Hunger und Durst« gewesen werden. Die gute, alte Thekla: frech und verfressen. Bernd und ich hätten uns sonst schon sehr gewundert, wenn es anders gewesen wäre. So bestellten wir zur Feier ihrer Heimkehr ein Leberwurstbrot und eine Schokolade für Thekla und einen Eimer Wasser für Moon. Zum Glück blieb Moon im Beisein von Fremden still, sodass es nicht noch mehr Spektakel um die beiden ohnehin schon spektakulären Besucher des Rheinufers gab. Allmählich wurde es nun aber schon dunkel. Und so fuhren wir mit dem Auto nach Hause und Thekla auf Moons Rücken verabschiedete sich auch von den immer noch zahlreichen Fans, weil beide allmählich müde wurden. Zuhause angekommen, machten wir, weil es sommerlich warm war, die Terrassentür auf und hielten ständig Ausschau nach den Beiden. Und wieder mussten wir warten. Erst nach einer Stunde hörte ich, als ich gerade im Bad war, Hufgeklapper auf dem Marmorboden im Wohnzimmer. Oh nein – hoffentlich hielt der teure Boden das Gewicht des Pferdes und die Eisenhufe aus. »Wo wart ihr denn so lange. Für den Weg bräuchtet ihr doch nur eine Viertelstunde und jetzt haben wir schon wieder auf euch gewartet?«, fragte Bernd. Moon erwiderte: «Thekla war noch mit mir auf der Polizeistation, die liegt ja am Weg. Sie wollte mir die netten Polizisten vorstellen und denen sagen, dass ich ihr Freund Moon bin und sie auch auf mich achtgeben müssen. Aber keine Angst ich habe nicht gesprochen – nur Thekla.«
So, und jetzt müsst ihr euch diesen gediegenen Abend einmal vorstellen. Auf unserer wirklich großen Leder-Wohnlandschaft im Wohnzimmer saßen heute Moon, Thekla, Bernd und ich. Unvorstellbar aber wahr. Unser Sofa hat echt ein wenig geächzt. Aber wir hatten viel Spaß – mit der frechen Thekla und dem bedächtig-freundlichen Moon. Noch eine Nacht und dann hieß es Abschied nehmen von Moon, denn vom Rheinufer aus hatten wir schon in Stuttgart angerufen und Bescheid gegeben, dass Moon und Thekla wohlbehalten in Bingen angekommen waren. Alle hatten sich gefreut und am nächsten Tag kam Peter mit dem Pferdetransporter vorbei und holte Moon ab. Es war eine herzliche Verabschiedung und Moon dankte nicht nur einmal seiner Thekla für diesen tollen Ausflug. Alle atmeten auf, dass das so gut ausgegangen war.
Bald hatten Bernd, Thekla und ich wieder Reisepläne. Wir wollten zu Pfingsten 2019 an die Nordsee auf die Insel Sylt und zwar mit dem Zug, was sich als nicht ganz so gute Idee herausstellte. Denn viele Menschen hatten die gleiche Idee. Die Großraumwaggons der Bahn waren gut gefüllt. Wir hatten bei der Buchung Glück. Zusammen mit einer jungen Mutter und ihrem kleinen Sohn Fabrice saßen wir an einem der begehrten Vierersitze mit Tisch. Weil wir mit unserer Schlange kein Aufsehen erregen wollten, hatten wir Thekla in Bernds Rucksack verstaut und versuchten uns so unauffällig wie möglich zu verhalten, bis – ja bis eine ältere Dame uns erkannte. Sie hatte uns im Fernsehen gesehen.
Neugierig fragte sie nach Thekla, und so holten wir unsere dramatisch aufatmende Schlange (»Na, endlich!«) aus dem Rucksack für ein Handy-Selfie heraus, baten aber darum, nichts über Theklas Anwesenheit im Zug weiterzuerzählen. Nachdem Thekla von uns einige Verhaltensrichtlinien (»Nicht singen, nicht rülpsen nicht zischeln!«) erhalten hatte, freundete sie sich schnell mit unserem jungen Sitznachbarn Fabrice an. Die beiden spielten mit seinem großen Teddybären, einem Plüsch-Panda, einem Plastikäffchen namens Fritz und einem Gummi-Elefanten Safari. Anschließend malten sie Bonbons in den schönsten Farben auf unzählige Papierblätter. Als die Mutter von Fabrice diesem etwas zu essen anbot, horchte Thekla sofort auf. Die Mutter fragte: »Käse- oder Leberwurstbrot«. »Keine Frage«, schrie Thekla geradezu heraus, »Leberwurst!« Mit erschreckt geweiteten Augen starrte die junge Frau die immer-hungrige Schlange an. »Soll ich?«, fragte sie uns. Fabrice war eigentlich nicht so gewillt sein Leberwurstbrot an Thekla abzugeben. Als Thekla sehr »großzügig« sagte: »Wir teilen«, war der Junge ganz anderer Meinung: »Ich kenne die Thekla aber noch gar nicht richtig. Ich will nicht teilen!« Doch die Mutter von Fabrice traf die Entscheidung: jeder bekam eine Hälfte vom Leberwurstbrot und vom Käsebrot. Und während Fabrice noch nicht einmal von seinem Leberwurstbrot abgebissen hatte, da war von Theklas Brot nichts mehr zu sehen. Schon sperrte sie ihr Maul auf, um auch ihre Käsebrothälfte mit einem Happs herunter zu schlingen. Aber das konnte Bernd gerade noch verhindern. Jetzt war Schluss mit lustig, denn wenn Thekla zu schnell fraß, wurde ihr oft schlecht, und das war kein schöner Anblick. Das konnten wir im vollbesetzten Zug überhaupt nicht gebrauchen. Bernd packte also das Käsebrot weg. Einen Moment war Thekla ein bisschen sauer, aber nach zwei Minuten war sie schon wieder abgelenkt und fragte Fabrice: «Was spielen wir denn jetzt?« Aber Fabrice meinte, er gehe jetzt mit seiner Mutter in den Bistrowagen, dort gebe es für Kinder etwas Kostenloses zum Spielen. Als Mutter und Sohn zurück kamen hatten sie zwei Mal-Hefte und ein kleines Paket Buntstifte sowie Spielkarten mit dem Namen »Der kleine ICE« dabei. In dem kleinen Paket war außerdem ein sehr hübsches ICE-Modell aus Plastik. In den Heften konnte man lesen, Bilder anschauen und ausmalen. So etwas wollte Thekla jetzt auch haben. Also ging Bernd mit Thekla in den Bistrowaggon. Mit Thekla im Rucksack konnte er ungehindert durch den Zug laufen. An der Theke des Bistrowagens schaute Bernd sich vorsichtig um. Niemand sollte sehen, wie Thekla aus dem Rucksack schaute. Dem Barmann flüsterte er zu, dass da die sprechende Schlange Thekla im Rucksack sei, die liebend gerne auch so ein Spielzeugset der Bahn hätte. Und schon kam Thekla vorsichtig aus dem Rucksack raus, schaute mit großen Augen den Barmann an und flüsterte ein zartes »Bitte, bitte«. Der Barmann freute sich so sehr, die berühmte sprechende Schlange »live« zu sehen, dass er ihr mehrere kleine Pakete mit Plastik-Loks gab, dazu das Kartenspiel und die beiden Hefte. Reich beschenkt und mit einer sehr glücklichen Thekla lief Bernd zurück zu unseren Sitzplätzen. Und hier wurden wir positiv überrascht: Ohne dazu aufgefordert zu sein, teilte unser Herzchen mit Fabrice ihre Geschenke. Tja, wenn es nicht um’s Essen ging, konnte Thekla wirklich sehr großzügig sein. Von dieser Minute an waren der kleine Mensch und die bunte Schlange wirklich dicke Freunde.
Am Bahnhof von Münster/Westfalen angekommen, mussten wir dann umsteigen. Und nun begann der ungemütliche Teil unserer Reise. Als der Zug auf dem Gleis einlief sahen wir es schon: Die Waggons waren überfüllt! So voll hatte ich einen Zug das letzte Mal vor vielen Jahrzehnten gesehen. Wir quetschten uns mit Thekla im Rucksack durch die Gänge bis wir glaubten, unsere reservierten Plätze erreicht zu haben. Doch wie unangenehm, hier saßen schon zwei ältere Damen, die der Meinung waren auch sie hätten die Sitzplätze 88 und 89 reserviert.
»Das haben wir auch« meinte ich. Aber nachdem ich unsere Fahrkarte mit den Reservierungen herausgeholt hatte, wurde es peinlich: Denn wir hatten uns geirrt. Statt im Waggon 8 waren wir im Waggon 7. Also entschuldigten wir uns vielmals und machten uns auf den Rückweg. Das war ein endloses Durchzwängen vorbei an Taschen und Koffern. Wenn uns andere Fahrgäste entgegenkamen, drückten wir uns auf die Seite und saßen den anderen Fahrgästen fast auf dem Schoß. Die Luft stand, es war sehr heiß und stickig im Zug. So kamen wir ganz schön ins Schwitzen. Im Rucksack fing Thekla zu jammern an.
