Er - Markus Maria Saufhaus - E-Book

Beschreibung

Beschwingt ging Fau Wanda Wand in Australien zurück an Bord des Kreuzfahtschiffes. Sie befand sich auf Weltumrundung. Dass das Souvenir welches sie hier gekauft hatte Ursache von unzähligen Vebrechen wurde, konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen. Warum schnitt man 51 Personen in Deutschland und Österreich je einen Ringfinger ab? Was hat eine Entführung in New York sowie der Überfall eines Ehepaares in einem Aufzug eines New Yorker Luxushotels damit zu tun? Wo ist der Zusammenhang? Warum ermittelten das BKA, das FBI und ebenfalls Interpol weltweit?

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Seitenzahl: 150

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhaltsverzeichnis

Hamburg, April, Dienstag

Flensburg, April, Dienstag

Bremen, April, Dienstag, Vormittag

Vorort von Bremen, April, Dienstag, Nachmittag

Rostock, April, Dienstag, Nachmittag

Flensburg, April, Dienstag, Nachmittag

Warnemünde, April, Dienstag

Markgrafenheide bei Warnemünde, April, Dienstagmittag

Berlin, Stadtteil, April, Dienstagmorgen

Berliner Stadtteil, April, Dienstag, 12 Uhr

Leipzig, April, Dienstag, morgens

Taucha bei Leipzig, April, Dienstagmittag

Altenburg bei Leipzig, April, Dienstag, abends

Eine Stunde südlich von Hannover, ein abgelegener Bauernhof, Mittwochvormittag

Düsseldorf, April, Mittwoch, 12 Uhr

Köln, April, Mittwochnachmittag

Trechtingshausen, April, Mittwochmorgen

Bad Kreuznach, April, Mittwochmittag

Vorort von Mainz, April, Mittwoch

Im Odenwald, April, Mittwoch

Ludwigsburg, April, Mittwoch

Ludwigsburg, April, Mittwoch

Darmstadt, April, Mittwoch abends

Bei Ulm, April, Mittwochmorgen

2 km von Freiburg, April, Mittwochmittag

Hamburg, April, Dienstag

Im Erdgeschoss eines Hamburger Mehrfamilienhauses klingelte es bei Meier. Frau Meier wunderte sich, denn sie erwartete keinen Besuch.

Von einem großen Flur aus, bestückt mit einer dekorativen Garderobe, gelangte man in alle Räume des Erdgeschosses. Wie auch im Flur waren es sehr hohe Räume, die von stuckverzierten Decken begrenzt wurden. Das Parkett auf dem Boden spiegelte die Eleganz aller Räume wider.

Seit dem Tod ihres Mannes lebte Frau Meier allein in dieser herrlichen Wohnung an der Alster. Sie hatten es gemeinsam liebevoll eingerichtet. Er war zur See gefahren. Im Winter musste sie sogar alleine auf die gemeinsam geplante Weltreise gehen. Jetzt lebte sie von der Witwenrente. Wie lange sie noch in dieser kostenintensiven Wohnung leben konnte, wusste sie nicht; vielleicht noch zwei bis drei Jahre, denn dann waren ihre Ersparnisse aufgebraucht.

Vielleicht müsste sie ihren geliebten Schmuck verkaufen, um mit dem Erlös die Wohnung etwas länger behalten zu können.

Im Salon stand ein runder Tisch mit vier passenden Stühlen, die mit italienischen Intarsien verziert waren. Das angrenzende Wohnzimmer beinhaltete keine monströsen Möbel, sondern nur eine kleine Anrichte, außerdem passend dazu zwei kleine Beistelltische sowie einen Getränkewagen. Außerdem standen in diesem Raum eine üppige Zweiercouch, dazu zwei passende einzelne Sessel mit edelstem Brokatstoff bespannt. Die Küche war sehr groß, zugleich geschmackvoll mit ostfriesischen Fliesen in blau-weiß gehalten. Das Badezimmer war an den Wänden sowie auf dem Boden mit italienischem Marmor belegt. Auf halber Höhe war eine kunstvolle Bordüre aus Marmor zu sehen. Ein Spiegelschrank war eingepasst in eine Nische, die ebenfalls mit der gleichen Zierbordüre eingefasst war. Im Bad befanden sich außer einer Badewanne noch eine Toilette, ein Bidet und ein Waschbecken in einer verspielten italienischen Keramik. Das Schlafzimmer sowie das Büro waren recht nüchtern, jedoch qualitätsvoll möbliert. Überall in der Wohnung, besonders im Wohnzimmer, hingen Ölgemälde mit Seemotiven. Ebenfalls im Salon. Hier und da stand ein Artefakt aus Asien oder einem anderen Teil der Welt herum. Man sah den Objekten an, dass sie nicht billig waren. Die sehr gepflegten Kunstgegenstände ließen vermuten, dass sie wertgeschätzt wurden. Den kleinen Wohnungsflur zum Beispiel zierte eine echte Ming-Vase.

Frau Meier ging an die Sprechanlage. Es meldete sich ein Paketdienst. Sie erwartete kein Paket, aber eventuell war es ja für ihren Nachbarn aus dem ersten Stock. Der bestellte ja laufend irgendwelche Sachen. Leider war er nie da, wenn ein Paket kam. Also drückte Frau Meier auf der Sprechanlage den Türöffner-Knopf.

Wenige Sekunden später stand ein freundlich wirkender Mann, bekleidet wie ein Paketbote, vor der Tür, der tatsächlich für Meier ein Paket hatte. Wie es so üblich war, bat Frau Meier den Mann, etwas zu warten, da sie ihm ein Trinkgeld holen wollte.

Diesen Moment nutzte der Mann aus. Er betrat die Wohnung, folgte der Dame unbemerkt ins Wohnzimmer. Brutal ergriff er sie an beiden Armen; forderte von ihr: „Schmuck und Geld, der Safe, los!"

Frau Meier begriff den Ernst ihrer Lage sofort. Ohne sich zu weigern, lief sie an das Sideboard und gab ihm alles Geld, das sie in der Wohnung hatte.

Der mit markantem Akzent sprechende Mann forderte jetzt: „Frau, den Schmuck!“

Frau Meier erklärte ihm, der Schmuck sei im Schlafzimmer, außerdem habe sie keinen Safe.

Der Bandit fauchte: „Wo Schlafzimmer, los!“ Nachdem die Frau ihm die Richtung wies, schuppste er sie rücksichtslos hinüber zum Schlafzimmer.

Dort händigte sie ihm ihren geliebten, wertvollen Schmuck aus.

Er schaute sich jedes Teil genau an, dennoch rief er ständig: „Nicht alles!“

Frau Meier beteuerte immer wieder, dass dies ihr gesamter Schmuck sei, doch der Bandit glaubte ihr nicht. Er zog sie ins Wohnzimmer auf einen Stuhl, band sie fest, knebelte sie; zugleich sprach er immer wieder von noch mehr Schmuck. Sie hatte ihm doch schon alles gegeben.

Nach ungefähr fünf Minuten ließ er von ihr ab. Sie dachte, er würde jetzt gehen, doch da hatte sie sich getäuscht. Er ging in die Küche, durchsuchte dort alles. Das Gleiche machte er in Windeseile mit dem Schlafzimmer sowie dem Wohnzimmer. Auch den Salon ebenfalls das Büro vergaß er genauso wenig wie das Badezimmer und den Flurbereich.

Dann kam er zurück zu Frau Meier, zog ein Teppichmesser aus der Hosentasche und schnitt ihr den Ringfinger der linken Hand ab. Sie schrie sehr laut, aber durch den Knebel war der Schrei gedämpft. Es schmerzte sie so stark, dass sie in Ohnmacht fiel.

Später im Krankenhaus wurde sie nur noch einmal kurze Zeit wach. Sie äußerte sich dem betreuenden Arzt gegenüber. Sie erzählte ihm vom Erlebten, auch beschrieb sie ihren Peiniger, bevor sie ins Koma fiel, aus dem sie nie mehr aufwachte.

Die Ärzte kämpften noch um das Leben von Frau Meier. Sie war schon betagt, das Schockerlebnis des Überfalls war zu viel für sie gewesen.

Die Polizei tappte im Dunkeln. Ein an Meier adressiertes Paket stand im Flur. Die Masche mit dem Paketboten anzunehmen, lag für die Ermittler nahe. Warum man aber der Frau den Ringfinger abschnitt, stellte die Polizei vor ein Rätsel, das sie nicht zu lösen vermochte.

Protokoll: Raubüberfall einer alten Dame, Beute Geld und Schmuck, Frau verlor Leben wohl durch Schock Frau Meier hatte noch eine ungefähre Täterbeschreibung vor ihrem Tod abgeben können: ca. 40 Jahre alt, so groß wie der Herr im ersten Stock, schwarze, ölige Haare und langer Vollbart, breite Narbe auf der Stirn, markanter Akzent

Flensburg, April, Dienstag

Das Haus der Mohnens, ein abgelegenes, verklinkertes Einfamilienhaus, stand prachtvoll in der aufgehenden Sonne. Das Haus war wunderhübsch von außen und von innen anzusehen, auch wenn die niedrigen Decken einem bedrückend vorkommen konnten. Einfach aber gediegen war das Haus eingerichtet. Unten befanden sich Wohnzimmer sowie Küche und ein Esszimmer, ein Duschbad und eine Gästetoilette. Im oberen Stockwerk befanden sich die Schlafzimmer und ebenfalls ein Bad.

Die Möbel waren alle aus massiven Naturholz von einer schlichten Eleganz. Liebevoll waren die vielen kleinen Fenster in beiden Stockwerken mit weißen Gardinen und blau gemusterten Übergardinen dekoriert. Auf den niedrigen Schränken, auch in der Diele, standen kunstvoll gerahmte Familienfotos. An der Wand im Flur hing eine flache Ausstellungsvitrine, in der alle Seemannsknoten mit Seilstücken nachgebildet waren. Im Esszimmer stand eine Eckbankkombination mit Kissen passend zu den Übergardinen.

Das Ehepaar Mohnen saß auf der Terrasse beim Frühstück, als ein Unbekannter um die Ecke des Hauses auf sie zukam.

„Haben Sie sich verlaufen, oder womit können wir Ihnen helfen?“, fragt der Hausbesitzer.

Der Fremde zeigte ihnen einen Revolver und sagte nur: „Schmuck, Geld, Safe!“

Frau Mohnen fiel die Kaffeetasse aus der Hand.

Der Fremde packte Herrn Mohnen am Hals, wie ein Karnickel, drängte ihn ins Haus. Dort übergab ihm Herr Mohnen alles was im Safe war. Anschließend wurde er mit dem Revolverknauf niedergeschlagen.

Der Mann eilte zurück zur Terrasse. Er ergriff die zitternde, unter Schock stehende Frau. Er befahl ihr, ins Haus zu gehen. Sie wurde von dem Fremden die Treppe hoch in den ersten Stock gedrängt. Dort wiederholte er seine Forderungen nach Geld und Schmuck.

Sie kramte im Schlafzimmer ihre Schmuckschatulle hervor, bevor sie der Eindringling ins Bad schleppte. Dort hatte sie nur Modeschmuck, den sie dem Mann auch noch übergab. Zwischendurch dachte sie an ihren Mann. Ja sogar vorwurfsvoll dachte sie: Warum hilft er mir nicht? Inmitten ihres Gedankens wurde sie zusammengeschlagen.

Als sie später im Krankenhaus aufwachte, fehlte ihr der Ringfinger der linken Hand.

Die aufmerksame Nachbarin konnte von ihrem Küchenfenster aus auf die Terrasse der Mohnens schauen. Um die Mittagszeit hatte sie festgestellt, dass dort das gesamte Frühstücksgeschirr noch auf dem Tisch stand, was ihr mehr als merkwürdig vor-kam. Sie ging hinüber. Laut rief sie an der Terrassentür nach den Nachbarn. Da sich niemand meldete, ging sie zuerst zur Garage, um nachzusehen, ob das Auto dastand. Es hätte ja auch ein Notfall sein können und der eine hätte den anderen ins Krankenhaus gefahren. Das Auto stand aber in der Garage, also ging sie zurück ins Haus. Zuerst fand sie Herrn Mohnen und griff sofort zum Telefon. Sie alarmierte die Polizei sowie den Rettungsdienst. Erst dann ging sie nach oben. In den Schlafzimmern sowie im Gästesimmer fand sie die Nachbarin nicht. Alles war durchwühlt. Das Bad war von außen abgeschlossen, jedoch steckte der Schlüssel. Sie schloss auf. Sie fand die Nachbarin ohnmächtig vor. Die Wiederbelebungsversuche gelangen nicht. So rannte sie nach unten, um das Telefon zu erreichen. Wiederholt rief sie die Rettung an.

„Sie haben doch vor fünf Minuten schon einmal angerufen“, sagte der Diensthabende. „Das stimmt. Ich wollte nur melden, dass es zwei Schwerverletzte sind.“

„Ort bekannt! Wir kommen!“, war die knappe Antwort.

Beide hatten schwere innere Blutungen, aber sie überlebten. Im Krankenhaus wurden die beiden nach drei Tagen vernommen. Herr Mohnen konnte sich an nichts mehr erinnern. Sogar die wunderschöne Kreuzfahrt, die sie im Winter gemacht hatten, war vergessen.

Nach den Aussagen von Frau Mohnen lautete das Protokoll: Überfall im eigenen Haus mit zwei Schwerverletzten.

Dass Frau Mohnen der Ringfinger der linken Hand entfernt wurde, stand nicht im Protokoll.

Protokoll: schwerer Raubüberfall; zwei ältere Personen schwer verletzt im Krankenhaus

Täterbeschreibung: ca. 1,75m groß, zwischen 30 und 40 Jahren, Akne-Narben im Gesicht, fast schwarze, gewellte, pomadige Haare

Bremen, April, Dienstag, Vormittag

Eine Großfamilie bewohnte ein schmuckes sogenanntes Bremer Haus oder auch Altbremer Haus genannt, erbaut 1935. Die Wohnungen hatten bis auf das Dachgeschoss hohe Räume. Die Großeltern im Erdgeschoss waren zu Hause. Anhand der Möblierung sah man, dass es wohlhabende Leute waren. Die Sitzgarnitur des Wohnzimmers war aus schwerem, braunem Leder. Massige Gardinen umrahmten die Fenster. Das Esszimmer war mit einem ovalen Tisch mit passenden Stühlen ausgestattet. Auf dem Tisch lag eine schwere Brokatdecke, mittig stand ein 5-strahliger Leuchter aus Silber. Auch ein Flügel war mit einem Kerzenständer aus Silber dekoriert. Die Küche, das Bad sowie alle anderen Räume waren funktional, eher moderner eingerichtet.

Der Sohn und die Schwiegertochter waren bei der Arbeit. Die jungen Leute in der Schule. Es klingelte schon um 9 Uhr morgens. Das konnte schon der Postbote sein, sagte sich der Mann und ging zur Tür.

Auf übelste Weise wurde die Tür nach innen aufgestoßen. Der alte Herr erhob seine Stimme „Was …?

Abrupt wurde er gestoppt, indem man ihm den Mund zuhielt und würgte. „Wo ist Geld, Safe und Schmuck?“ Der Wohnungsbesitzer deutete auf eine Tür, die vom Flur aus zu sehen war. Es war das Wohnzimmer, wo seine Frau und er morgens um diese Uhrzeit die neuesten Nachrichten im Fernsehen anschauten.

Im Wohnzimmer erschrak die Frau sehr. Sie saß zitternd im Sessel. Jetzt wurde vor ihren Augen ihr Mann zusammengeschlagen. Sie musste das mit ansehen. Sie war der Ohnmacht nahe, aber sie musste ja durchhalten. Sie war immer die Stärkere gewesen.

Der Fremde forderte: „Schmuck, Safe und Geld!“

Sie ging zum Wohnzimmerschrank, in dem der Safe versteckt war. Sie öffnete ihn. Dann übergab sie den gesamten Inhalt dem Fremden – in dem Glauben, dass jetzt alles erledigt sei.

Unnachgiebig schlug er aber auf sie ein, bis auch sie ohnmächtig war.

Als sie wieder erwachte, lag sie in ihrem eigenen Blut neben ihrem schwer verletzten Mann. Das Wohnzimmer sah aus, als wären Bluthunde hindurchgeritten.

Stunden später kam ihr Sohn von der Arbeit, jedoch das Erste, was er sagte, war: „Gut, dass die Kinder heute auf Klassenfahrt sind!“ Dann band er seine Eltern los. Er versuchte, seinen Vater wiederzubeleben. Als dies nicht gelang, rief er den Rettungsarzt an. Auch informierte er die Polizei.

Der Notarzt stellte nur noch den Tod des Vaters fest.

Als dies die Mutter hörte, brach sie zusammen. Das alles war zu viel für ihr krankes Herz. Die Sanitäter sowie der Arzt konnten nicht mehr helfen.

Die Polizisten erfuhren also nie, was genau geschehen war. Der Sohn konnte nur feststellen, dass der jetzt inhaltslose Safe offenstand und das ganze Haus durchsucht worden war. Warum der alten Dame der Finger fehlte, konnte man nur so herleiten, dass man den Ehemann auf diese Weise unter Druck gesetzt hatte, den Safe zu öffnen.

Protokoll: Raubüberfall in Mehrfamilienhaus; brutale Körperverletzung mit Todesfolge an zwei Personen

Täterbeschreibung: keine

Täter unbekannt

Fingerabdrücke und ein Haar des mutmaßlichen Täters archiviert

Vorort von Bremen, April, Dienstag, Nachmittag

In einer alten Villa klingelte es. Der Garten, der das Haus umgab, sah aus wie aus Dornröschens Märchen. Ein Rosenspalier gab den Weg zur Eingangstür frei.

Nach Öffnung der Eingangstür aus Eiche mit Butzenscheiben betrat man ein riesiges Foyer.

Eine breite Eichentreppe führte in das obere Stockwerk. Im Inneren befanden sich großzügige Räumlichkeiten mit teuren Möbeln sowie diversen Artefakten. Unten waren mehrere Salons und oben im ersten Stock mehrere Schlafzimmer. Jedes Schlafzimmer verfügte über ein Bad mit dazugehöriger Badewanne zu einem bestimmten Thema. Z.B das venezianische Zimmer: Das Bett erinnerte an die Seufzerbrücke. Die Badewanne hatte die Form einer Gondel.

Zwei Zimmer erinnerten an Jugendzimmer der 1970er Jahren. In einem Zimmer waren Bravo-Poster an der Wand, ein Schlagzeug und ein Cricket-Schläger standen in den Ecken. Auch noch andere Dinge deuteten auf ein Knabenzimmer hin. Im „‚Mädchenzimmer“ saßen auf einem Regal diverse Barbie-Puppen.

Keiner öffnete auf das Klingen hin. Der Besucher ging um das Haus herum, über den Garten betrat er die Terrasse. Er vergewisserte sich, dass keine Alarmanlage die Terrassentür schützte. Mit einem Brecheisen öffnete er gekonnt die Terrassentür. Er durchsuchte das ganze Haus. Geld und Schmuck steckte er in eine vergammelte Plastiktüte, die er aus der Hosentasche zog.

Plötzlich hörte er das Geräusch des Schließmechanismus‘ der Eingangstür. Eine alte Dame kam gut gelaunt ins Haus mit einem Liedchen auf den Lippen. Der Ton blieb ihr im Halse stecken, als sie das Chaos sah. Auf dem Weg zum Telefon kam der zweite, weit größere Schock. Ein fremder großer Mann stand vor ihr. Er teilte ihr in gebrochenem Deutsch mit, sie solle ins Esszimmer gehen. Dort setzte sie sich wie befohlen auf einen Stuhl. Bevor er sie mit Kabelbindern am Stuhl festband, streifte er ihr jedes Schmuckstück von den Armen sowie den Händen ab. Anschließend befragte er sie nach Geld, Schmuck und einem Safe - obwohl er sich ja an Geld und an dem Schmuck, den sie trug, schon bedient hatte.

„Mein Schmuck ist im Schlafzimmer, das Geld ist hier in der Dose, die sie schon gefunden haben, und einen Safe habe ich nicht.

Brutal schlug der Einbrecher der Frau mit einem Schlagring ins Gesicht. Sie weinte und beteuerte immer wieder, dass sie keinen Safe habe. Das Gesicht brannte, doch immer wieder schlug der Brutalo zu. Die Dame wurde ohnmächtig. Als sie erwachte, glaubte sie zuerst an einen schlechten Traum. Aber das Chaos um sie herum holte sie in die Wirklichkeit zurück.

Sie schaute in eine Blutlache links von sich. Jetzt erst bemerkte sie, dass sie es war, die geblutet hatte. Schmerzen hatte sie keine im linken Arm, aber ihr fehlte der Ringfinger an der linken Hand. Fast fiel sie in Ohnmacht. Ihr erster Gedanke drehte sich um ihre Befreiung; ihr zweiter um die herrliche, erst kürzlich unternommene, Reise zu den schönsten Orten der Welt.

Erst am nächsten Morgen um 9 Uhr würde die Zugehfrau kommen. Ihre Kinder wohnten weit weg. An das Telefon konnte sie nicht. Die Nachbarn konnten sie nicht hören. Ausweglos! Sie musste durchhalten bis am nächsten Morgen um neun Uhr.

Ihr ganzes Leben ging ihr durch den Kopf. Sie musste jetzt zugeben, dass ihre Kinder wohl recht hatten, als sie ihr geraten hatten, in ein Haus für altersgerechtes Wohnen umzuziehen. Dort wäre das vermutlich nicht geschehen. Auf alle Fälle hätte man sie früher gefunden.

Endlich brach der nächste Tag an. Pünktlich und neun Uhr kam Sybilla, die Zugehfrau. Als sie die Unordnung sah, kam sie schimpfend ins Wohnzimmer. Vor Schreck blieb sie starr in der Tür stehen. Wortlos ging sie zu der Dame. Sie schaute sich die Situation an. Dann eilte sie in die Küche und kam mit einer Haushaltsschere zurück. Sie trennte die Kabelbinder auf. Dann meinte sie kurz: „Ich hole jetzt die Rettung sowie die Polizei!“

Ein Rettungswagen und die Polizei waren fast zeitgleich vor Ort. Die Dame konnte der Polizei nur noch mitteilen, dass es ein Mann mit Akzent gewesen sei, der sie am Vortag gegen fünfzehn Uhr überfallen habe. Man brachte sie inklusive des abgeschnittenen Fingers ins nahegelegene Krankenhaus. Der Finger konnte nicht mehr gerettet werden. Man behielt die Dame zur Beobachtung noch einen Tag in der Klinik. Am nächsten Tag wurde sie von Sybilla in ihr wieder aufgeräumtes Haus gebracht.

Am Nachmittag kam noch einmal die Polizei zu einer Befragung. Sie erzählte den Beamten genau, was geschehen war, doch keiner konnte ihr sagen, warum man ihr den Ringfinger der linken Hand abgeschnitten hatte. Den Brillantring sowie den anderen Schmuck, den sie am Körper trug, hatte der Einbrecher direkt von ihr verlangt. Warum also noch den Finger abschneiden? Sie kramte für die Beamten die Fotos sowie die Expertisen für den Schmuck heraus. Ebenfalls teilte sie ihnen mit, wieviel Bargeld entwendet wurde. Nachdem sich die Beamten verabschiedet hatten, ging sie den Gang nach Canossa. Sie rief ihre Kinder an. Ja, sie konnte sich vorstellen, welche Vorwürfe jetzt kamen. Um jeder Diskussion aus dem Weg zu gehen, teilte sie ihren Kindern mit, dass sie recht hätten. Sie mochten doch bitte kommen, um ein altenbetreutes Haus für sie zu suchen.

Protokoll: Raubüberfall einer alten Dame, nach einem Tag Krankenhaus wieder entlassen. Abgetrennter Ringfinger konnte nicht wieder angenäht werden.

Täterbeschreibung: ca. 30 Jahre alt, glatt gegelte, schwarze Haare, getrimmter Bart, Größe ca. 180 cm, Brille mit schwarzem, breitem Gestell