Über die Liebe - Annette Weber - E-Book

Über die Liebe E-Book

Weber Annette

0,0

Beschreibung

16 kurze und leicht verständliche Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz, Altersdemenz oder Alzheimer +++ Ältere Menschen verfügen über einen reichhaltigen Erinnerungsschatz - der bei Demenz oder Alzheimer jedoch tief vergraben scheint. Es lohnt sich, ihn wieder in die Gegenwart zu holen! Diese Sammlung anrührender und heiterer Geschichten Über die Liebe hilft Ihnen dabei. Die Geschichten erzählen von der großen Liebe, vom Wiedersehen der alten Jugendliebe, von verbotener, nicht standesgemäßer Liebe oder einer verliebten Schwärmerei. Alle Vorlesegeschichten sind kurz und verständlich gehalten, überfordern nicht, verkindlichen aber auch nichts, sodass sich Demenzkranke trotz der einfachen Handlungsstruktur mit den Inhalten und den Figuren sehr gut identifizieren können. Fragen, die an jede Geschichte anknüpfen, aktivieren die Erinnerung und ermuntern die Zuhörer zum Erzählen. Die 5-Minuten-Vorlesegeschichten sind ideal einsetzbar bei der Betreuung Demenzkranker in der Heim- oder Tagespflege, aber auch in der häuslichen Pflege. Sie bieten auch pflegenden Angehörigen die Möglichkeit, mit den Demenzkranken wieder ins Gespräch zu kommen - und wer gar nichts erzählen mag, genießt einfach das Vorleseritual und den Inhalt der jeweiligen Geschichte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 87

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



5-Minuten-Vorlesegeschichten

für Menschen mit Demenz

Annette Weber

Impressum

Titel

5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz Über die Liebe

Ein Hinweis für die Vorlesenden:

Seien Sie umsichtig im Umgang mit Demenzkranken, denn viele Betroffene reagieren beim Lesen des Wortes „Demenz“ sehr empfindlich. Im Einzelfall kann es daher sinnvoll sein, das Wort Demenz im Titel des Covers abzukleben oder Sie verwenden beim Vorlesen eine Schutzhülle als Buchumschlag.

Autorin

Annette Weber

Titelbildmotiv

© claudiarndt – Photocase.com

Verlag an der Ruhr Mülheim an der Ruhrwww.verlagruhr.de

Unser Beitrag zum Umweltschutz:

Wir sind seit 2008 ein ÖKOPROFIT®-Betrieb und setzen uns damit aktiv für den Umweltschutz ein. Das ÖKOPROFIT®-Projekt unterstützt Betriebe dabei, die Umwelt durch nachhaltiges Wirtschaften zu entlasten.

Unsere Produkte sind grundsätzlich auf chlorfrei gebleichtes und nach Umweltschutzstandards zertifiziertes Papier gedruckt.

Urheberrechtlicher Hinweis:

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Der Verlag untersagt ausdrücklich das Herstellen von digitalen Kopien, das digitale Speichern und Zurverfügungstellen dieser Materialien in Netzwerken per E-Mail, Internet oder sonstigen elektronischen Medien.

Kein Verleih. Keine gewerbliche Nutzung.

Zuwiderhandlungen werden zivil- und strafrechtlich verfolgt.

© Verlag an der Ruhr 2013

ISBN 978-3-8346-3137-4

eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

Inhalt

Vorwort

Über die Reihe

Das Hochzeitskleid

Die kleine Lisa

Die Kontaktanzeige

Diese blauen Augen

Die griechische Fee

Die Familienfeier

Fräulein Grünberg

Der heimliche Verehrer

Die Liebesbotschaft

Eine gute Diät

Blind vor Liebe

Verbotene Liebe

Wiedersehen in der Heimat

Der Zimmerirrtum

Zwischenstopp Würzburg

Nachhilfestunden

Liebe Vorlesende liebe Zuhörer,

im vergangenen Jahr im Frühjahr habe ich schon einmal zwei Bücher für diese Reihe geschrieben und war sehr überrascht und erfreut, dass sie so gut angekommen sind. Das hat mich natürlich beflügelt, weitere Geschichten zu schreiben.

Ich heiße Annette Weber. Seit fast 30 Jahren schreibe ich Bücher, Geschichten und Theaterstücke für Kinder und Jugendliche. Nun auch einmal Geschichten für ältere Menschen aufzuschreiben, ist mir eine große Freude. Ich habe es immer spannend gefunden, wenn ältere Menschen von früher erzählten, aber jetzt, seit ich diese Geschichten schreibe, höre ich ganz besonders aufmerksam zu.

Das Thema Liebe ist ein spannendes Thema, das bei jedem Menschen ganz besondere Erinnerungen weckt.

Die Geschichten in diesem Buch habe ich mir zwar selbst ausgedacht, viele enthalten aber einen wahren Kern.

Das Schreiben der Geschichten hat mir viel Spaß gemacht. Ich hoffe, Sie spüren das zwischen den Zeilen.

Ich wünsche Ihnen mit diesem Buch viel Freude und hoffe, dass Sie sich beim Vorlesen oder Zuhören an verschiedene liebevolle Begegnungen erinnern.

Liebe Grüße

Annette Weber

Über die Reihe

Lesen ist eine der schönsten und zeitlosesten Freizeitbeschäftigungen für Jung und Alt. In Erzählungen abtauchen, sich in andere Personen hineinversetzen, via Fantasie Zeitreisen unternehmen … Lesen bietet die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und ihn gleichzeitig zu verarbeiten. Wem das Lesen jedoch Mühe bereitet, kann Lesevergnügen auch über das Vorlesen erleben.

Die Reihe „5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz“ berücksichtigt die Einschränkungen von Demenzkranken mit kurzen, pointierten und einfachen Geschichten, die an das Alltagserleben anknüpfen. Mal humoristisch, mal nachdenklich oder auch religiös-besinnlich – je nach Anlass und Situation können Sie die passende Geschichte auswählen und die Zuhörer zum Gedankenaustausch anregen. Die entsprechenden Anschlussfragen zu jeder Geschichte bieten die dazu nötigen Anknüpfungspunkte – für ein abwechslungsreiches (Vor-)Lesevergnügen!

Das Hochzeitskleidl

„Schau mal? Wie gefällt es dir?“ Meine Schwester Annemarie hielt ihr weißes Hochzeitskleid gegen den Körper gedrückt und drehte sich vor dem Spiegel hin und her. „Und jetzt stell dir noch die Haare vor: Hochgesteckt und am Haarreif steckt der Schleier.“

Mit einer Hand hielt sie die Haare hoch, mit der anderen drückte sie immer noch ihr Kleid an sich. Nun begann sie, durch das Zimmer zu tanzen.

„Wunderschön“, sagte ich bewundernd. „Du siehst wirklich wunderschön aus.“

Wie ich sie beneidete. Um das Kleid, um Gregor, den sie heiraten würde, um die Feier, einfach um alles.

Ich war fünf Jahre jünger als Annemarie, das Nesthäkchen der Familie. Noch nie hatte ich einen Freund gehabt, sieht man mal von Hans, meiner Sandkastenliebe, ab.

Eigentlich war ich schon seit Wochen in Siegfried, Gregors jüngeren Bruder verliebt, doch der beachtete mich nicht. Ich war mir sicher, dass er noch nicht einmal bemerkt hatte, dass Annemarie überhaupt eine kleine Schwester hatte.

Der schwere Gong an der Haustür ertönte.

„Das wird Gregor mit seiner Familie sein. Wir wollen das Hochzeitsessen durchsprechen. Und mit Gregors Bruder Siegfried will ich noch die Schritte einüben, die wir zu gehen haben. Er wird mich doch zum Altar begleiten.“

Auch das noch. Annemarie durfte sich am Arm von Siegfried durch die Kirche führen lassen. Vor Neid schossen mir die Tränen in die Augen. Das Leben war so ungerecht.

Annemarie winkte mir kurz zu, dann schwebte sie aus dem Zimmer, um ihre neue Familie zu begrüßen.

Ich blieb allein im Schlafzimmer zurück.

Eine Weile saß ich bewegungslos auf dem Bett und horchte nach unten. Fröhliches Lachen verriet, dass alle gute Laune hatten. Alle außer mir.

Ich strich vorsichtig über Annemaries Hochzeitskleid. Wie geschmeidig sich die Seide anfühlte. Und wie zart diese Spitzen waren. Auch die Stickerei am Oberteil war aufwändig gearbeitet.

Ich konnte nicht anders. Vorsichtig nahm ich das Kleid vom Bügel, hielt es gegen meinen Körper und trat vor den Spiegel. Wunderschön sah es aus.

Annemarie und ich waren fast gleich groß und hatten dieselbe schlanke Figur. Bestimmt würde mir das Kleid genauso gut passen. Ob ich es wagen sollte, es anzuziehen?

Ich weiß nicht, was in diesem Augenblick in mich gefahren war, aber meine Hände machten etwas anderes, als mein Verstand ihnen sagte. Ehe ich mich versah, hatte ich mich ausgezogen und mir das Hochzeitskleid übergestreift. Es war nicht so einfach, den langen Reißverschluss zu schließen, doch mit ein paar Verrenkungen gelang es mir schließlich. Dann trat ich vor den Spiegel. Mein Spiegelbild verschlug mir fast der Atem. Das Kleid war einfach traumhaft – und nicht nur das Kleid. Auch ich sah zauberhaft darin aus. Wenn nur diese albernen Zöpfe nicht wären. Ich zerrte die Spangen aus meinen Haaren, löste mit den Fingern die Zöpfe und ließ das offene Haar auf meine Schultern fallen. Atemberaubend sah ich aus. Wie eine Fee.

Plötzlich hörte ich Schritte auf der Treppe. Der Schreck fuhr mir in die Glieder. Wenn mich meine Schwester mit ihrem Kleid erwischen würde, würde sie mir ganz gewiss eine Ohrfeige verpassen.

Ich drehte meine Arme auf den Rücken und nestelte an dem Reißverschluss. Aber es gelang mir nicht, ihn zu öffnen. Verflixt noch mal, was sollte ich machen? Ich war verloren.

Die Zimmertür öffnete sich einen Spalt breit und Siegfried schaute ins Zimmer.

„Annemarie? Du wolltest doch mit mir die Schritte üben, die …“

Weiter kam Siegfried nicht. Er starrte mich mit großen Augen an. Oh, wie sehr wünschte ich mir, der Boden vor meinen Füßen würde sich auftun und mich verschlingen. Ich schämte mich in Grund und Boden.

„Marianne!“, rief Siegfried überrascht.

„Was machst du denn in Annemaries Hochzeitskleid?“

Marianne? Er wusste, wie ich heiße?

„Bitte sag es ihr nicht!“, flehte ich ihn an.

„Sie bringt mich um, wenn sie das sieht.“

Siegfried trat nun näher auf mich zu.

Bewundernd blickte er mich an. Als sähe er mich heute zum ersten Mal.

„Wunderschön siehst du aus“, flüsterte er leise.

„Wie eine junge Braut.“

Er hakte sich bei mir unter und schob uns beide vor den Spiegel.

„Wir wären auch ein schönes Paar, oder?“, meinte er leichthin.

Nun kriegte ich erst recht einen Schrecken. Hastig löste ich mich aus seinen Armen.

„Bitte hilf mir!“, flüsterte ich. „Ich bekomme den Reißverschluss nicht mehr auf.“

Siegfried ließ mich los, stellte sich hinter mich und öffnete den Reißverschluss. Dann verbeugte er sich kurz und verließ das Schlafzimmer.

Zitternd schälte ich mich aus dem Kleid, strich es glatt und hängte es wieder auf den Bügel. Dann zog ich mein kariertes Kleid wieder an, flocht mir meine Zöpfe und wartete auf Annemarie. Sie kam zehn Minuten später. Dass ich ihr Kleid getragen hatte, bemerkte sie nicht. Sie hatte viel zu viel zu erzählen. Von Gregors Eltern, von dem Hochzeitsessen, von den Geschenken, die von überall eintrafen.

„Nur der Siegfried ist heute so komisch“, berichtete sie weiter. „Er hatte gar keine Lust, mit mir die Schritte zu üben. Er meinte, das würden wir auch so hinkriegen.“ Sie seufzte. „Ich möchte mal wissen, was dem heute über die Leber gelaufen ist.“

Ich sagte nichts dazu.

Es war ein rauschendes Hochzeitsfest. Annemarie wurde von Siegfried in die Kirche geführt, Gregor stand am Altar und wartete auf sie. Sie sahen so erwachsen und glücklich aus, als sie vor dem Altar standen und sich das Jawort gaben.

Ich saß in der ersten Reihe und wagte nicht, zu Siegfried hinüberzuschauen. Nur einmal schaute ich ganz kurz hin und da sah ich, wie sein Blick nachdenklich auf mir ruhte.

Als das Fest begann und Annemarie und Gregor den Tanz eröffneten, kam Siegfried auf mich zu.

„Darf ich bitten?“, fragte er und verbeugte sich.

Mit klopfendem Herzen ging ich mit ihm zur Tanzfläche, legte meine eine Hand in seine, die andere auf seine Schulter. Dann tanzten wir einen Walzer. Siegfried zog mich dabei ein bisschen fester an sich.

„Übrigens siehst du auch in deinem Tanzkleid mindestens so schön aus wie die Braut“, flüsterte er mir leise ins Ohr.

Die kleine Lisal

Claudia lauschte auf den Flur hinaus. Seit einer Stunde weinte dort jemand in der Wohnung unter ihr. Es hörte sich nach einem kleinen Kind an. Schließlich beschloss sie, nach dem Rechten zu sehen. Sie nahm allen Mut zusammen und klingelte an der Wohnungstür eine Etage tiefer. Das Weinen verstummte. Sie hörte Kinderschritte auf dem Flur, die vor der Wohnungstür anzuhalten schienen. Bestimmt lauschte das Kind jetzt auf der anderen Seite der Tür.

„Hallo!“ sagte Claudia und klopfte gegen die Tür.

„Ich bin Claudia Weiß und wohne über dir.“ Schweigen. Claudia überlegte, wie sie weiter vorgehen sollte.

„Ich wollte nur wissen, ob ich dir vielleicht helfen kann.“

Wieder blieb es still hinter der Tür, aber Claudia bildete sich ein, ein leises Atmen zu hören. Plötzlich wurde die Tür geöffnet. Ein kleines Mädchen mit schulterlangen blonden Haaren stand im Nachthemd vor Claudia.

Ihre Augen waren rot umrändert und sie sah müde aus.

„Hallo“, sagte Claudia und bemühte sich um ein freundliches Lächeln. „Ich dachte mir, du könntest vielleicht Hilfe gebrauchen.“

Die Kleine musterte Claudia misstrauisch.