Übungen des praktischen Lebens für Kinder ab drei Jahren - Jutta Bläsius - E-Book

Übungen des praktischen Lebens für Kinder ab drei Jahren E-Book

Jutta Bläsius

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Beschreibung

* Ohne Vorkenntnisse der Montessori-Pädagogik * Mit Fotografien zu jeder Übung Schon die Unter-Dreijährigen wollen sich aktiv an täglich anfallenden Arbeiten beteiligen und sie selbstständig ausführen. Maria Montessori hat daher solche Übungen in ihre Pädagogik integriert. Alle Übungen lassen sich mit alltäglichen Materialien durchführen. Diese Arbeiten helfen dem Kind, selbstständig zu werden und fördern die Entwicklung der Sinne, der Feinmotorik, der Koordination und des Selbstvertrauens.

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Jutta Bläsius

Übungen des praktischen Lebens

nach Maria Montessori für Kinder ab drei Jahren

Impressum

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: Berres & Stenzel, Freiburg

Umschlagmotiv: © Sönke Held

Abbildungen im Innenteil: Jutta Bläsius

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN (E-Book) 978-3-451-80525-7

ISBN (Buch) 978-3-451-32865-7

Inhalt

Einleitende Worte

I.Grundlagen

1. »Nun – dies ist das Werk des Kindes« – Maria Montessoris Blick auf das Kind

2. »Das Kind steht im Mittelpunkt!« – Die Grundprinzipien der Pädagogik

3. »Das Material ist gleichsam nur ein Anfang« – Die Übungen des praktischen Lebens

4. »Hilf mir, es selbst zu tun« – Die Ziele der Übungen

5. »Ich zeige dir, wie es geht!« – Die Analyse der Bewegungen

6. »Ein Beitrag zur Sozialerziehung« – Die Stufen des Tuns

7. »So bringen uns die kleinen Schritte zu großen Dingen« – Wie die Übungen gelingen

II.Die Übungen des praktischen Lebens

1. »Ordnung ist das halbe Leben« – Sortierübungen

2. »Passt es oder passt es nicht?« – Auf- und Einsteckübungen

3. »Löffeln will gelernt sein!« – Löffelübungen

4. »Sesam, öffne dich!« – Übungen zum Öffnen und Schließen

5. »Aufgepasst, sonst geht’s daneben!« – Schütt- und Gießübungen

6. »Alles fällt durch!« – Übungen mit Sieben

7. »Ich habe alles im Griff!« – Spielideen mit Zangen und Pinzetten

8. »Wasser marsch!« – Arbeiten mit Pipette und Spritze

9. »Das hat sich gewaschen!« – Übungen rund um die Wäschepflege

10. »Das bisschen Haushalt …« – Kinder helfen bei der Hausarbeit

11. »Ran an die Schere« – Übungen mit Bastel- und Schreibmaterial

12. »Haare kämmen, Hände waschen« – Übungen zur Pflege der eigenen Person

13. »Kindern Nahrung geben« – Übungen zur Nahrungszubereitung

14. »Dies und das macht auch noch Spaß!« – Weitere Möglichkeiten

Anhang

Maria Montessori – Gesammelte Werke

Literatur zum Weiterlesen

Anschriften wichtiger Montessori-Organisationen

Adressen von Firmen, die Montessori-Material anbieten

Einleitende Worte

»Will alleine!« Wer kennt ihn nicht, diesen energischen Aufschrei eines jungen Kindes, das sich in einer Tätigkeit übt und vom Erwachsenen dabei gestört wird. Dieses »Will alleine!« sollte uns wie eine schrille Alarmglocke in den Ohren klingeln und uns deutlich machen, dass wir gerade im Begriff sind, dem Kind eine wichtige Chance für seine Entwicklung zu nehmen.

Bedürfnis nach Selbsttätigkeit

Denn mit diesen zwei Wörtern bringt es unmissverständlich sein inneres Bedürfnis nach Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit zum Ausdruck. Es möchte alleine die Jacke anziehen, alleine den Saft in seinen Becher schütten, alleine den Reißverschluss seiner Kindergartentasche schließen. Es möchte hierbei nicht vom Erwachsenen gestört werden, und es möchte auch nicht bedient werden. Es will vielmehr sein Tun vollkommen selbstständig und mit allen Konsequenzen zu Ende bringen. Viele Erwachsene neigen dazu, dem Kind die Arbeit abzunehmen – aus ganz unterschiedlichen Gründen: Sie können alles viel schneller und effektiver erledigen. Sie fürchten den großen zeitlichen Aufwand, den das Kind zu seiner Arbeit benötigt. Sie ertragen es nicht, das Kind in seiner Ungeschicklichkeit zu sehen. Sie haben Angst um die Dinge, die es handhabt – denn ein wertvoller Teller, den es tragen möchte, könnte zu Boden fallen und zerbrechen. Sie befürchten, dass das Kind sich verletzt, sich beim Zerteilen seines Brotes in den Finger schneidet. Sie denken, dass es sich zu sehr mühen muss, und möchten ihm dies ersparen. Sie glauben tatsächlich, dem Kind etwas Gutes zu tun, indem sie ihm die Arbeit abnehmen.

Das Kind muss und will sich aber mühen und anstrengen, denn nur durch die Eigentätigkeit kann es »wachsen« und seine Entwicklung vorantreiben. Wir können ihm diese Arbeit nicht abnehmen und die Wachstumsaufgabe an seiner Stelle übernehmen.

Aufgabe des Erwachsenen

Aufgabe des Erwachsenen in diesem Geschehen ist es vielmehr, dem Kind in einem geschützten Rahmen immer wieder Gelegenheiten zu bieten, sich in den unterschiedlichen Tätigkeiten zu üben, und ihm dabei Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.

Wie sieht diese Hilfe in der Praxis aus? Wie kann sie in unserem heutigen, oft hektischen Alltag praktisch umgesetzt werden? Welche Materialien eignen sich hierzu? Diesen Fragen möchte dieses Buch nachgehen. Es soll dabei als praktisches Handbuch dienen, vielfältige Möglichkeiten aufzeigen und vor allem auch Mut machen, eigene Ideen zu entwickeln und umzusetzen.

Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren!

Jutta Bläsius

1. »Nun – dies ist das Werk des Kindes« – Maria Montessoris Blick auf das Kind

Kinder und Alltagstätigkeiten

Kinder nehmen gerne aktiv am Leben ihrer Umgebung teil. Es macht ihnen Spaß, solche Arbeiten nachzuahmen, die sie bei Erwachsenen im täglichen Miteinander beobachten. So decken sie gerne den Tisch, falten emsig Wäsche, spülen mit Ausdauer Geschirr, putzen mit Begeisterung den Boden oder helfen beim Säubern der Wohnung. All diese Tätigkeiten möchten Kinder können, um groß und unabhängig zu werden, so wie Mama und Papa.

Auch Maria Montessori (1870–1952), die Begründerin der nach ihr auch benannten Pädagogik, beobachtete dieses unermüdliche Interesse der Kinder an der Nachahmung der Tätigkeiten Erwachsener und ihre geschäftige Mitarbeit bei häuslichen Arbeiten.

Ihr wurde dabei schnell klar, dass Kinder dazu nicht nur durch bloße Neugierde oder durch ihren starken Bewegungsdrang angetrieben werden. Als Motor kindlichen Handelns sieht sie vielmehr das starke Bedürfnis des Kindes, sich über die Auseinandersetzung mit den Alltagsgegenständen Stück für Stück seine Welt zu erobern, um schließlich unabhängig vom Erwachsenen und damit selbstständig zu werden.

Maria Montessori studierte die Kinder sehr genau bei der Verrichtung alltäglicher Arbeiten und erkannte das Potenzial, das hier verborgen liegt. Sie sah als erste Pädagogin die Notwendigkeit, die Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit des Kindes durch kindgemäße Angebote aus dem Bereich der alltäglichen häuslichen Arbeiten zu unterstützen und zu fördern.

Auf der Grundlage ihrer wissenschaftlichen Beobachtungen entwickelte sie schließlich spezielle Übungen, die es vor allem dem jungen Kind ermöglichen sollen, aktiv am häuslichen Leben teilzunehmen.

Übungen des praktischen Lebens

Sie nennt diese Materialgruppe »Übungen des praktischen oder täglichen Lebens«, denn diese Begriffe geben ihrer Meinung nach am deutlichsten wieder, dass es das praktische, tägliche Leben nicht nur zu Hause, sondern auch im Kinderhaus wirklich gibt. Die Übungen gliedern sich in drei Untergruppen:

Übungen zur Pflege der eigenen Person (z.B. kämmen, Hände waschen);

Übungen zur Pflege sozialer Umgangsformen (z.B. grüßen, verabschieden, bedienen);

Übungen zur Pflege der Umgebung (z.B. kehren, Blumen gießen, abstauben).

Die Übungen erlauben es dem Kind, Handlungen und Tätigkeiten seines Alltags in einem geschützten, vorbereiteten Rahmen einzuüben. Entsprechende Angebote sind weltweit als fester Bestandteil in den Alltag der Montessori-Einrichtungen integriert.

2. »Das Kind steht im Mittelpunkt!« – Die Grundprinzipien der Pädagogik

Aufgabe der Erwachsenen

»Hilf mir, es selbst zu tun.« Mit diesem bezeichnenden Satz, so schreibt Maria Montessori, haben die Kinder in den Kinderhäusern immer wieder ihr inneres Bedürfnis nach Eigentätigkeit zum Ausdruck gebracht. Die große Pädagogin erkannte, dass es dementsprechend die Hauptaufgabe des Erwachsenen sein muss, dem Kind immer wieder Möglichkeiten zu schaffen, alleine tätig zu werden. Diese Idee der Hilfe zur Selbsthilfe wurde für sie zu einem wichtigen Kriterium in der Erziehung der Kinder.

Die von ihr dazu entwickelten Übungen des praktischen Lebens sind konsequent in das Erziehungskonzept der Montessori-Pädagogik integriert. Sie werden dem Kind in der Regel als erstes Material angeboten, da es nach Maria Montessori wenig Sinn macht – und sogar schädlich sein kann – »den Kindern Material zur sensorischen und kulturellen Entwicklung zu geben, bevor sie den daraus erwachsenden Nutzen ziehen können« (vgl. Montessori 2007: 252).

Für ein tieferes Verständnis der hier vorgestellten Übungen ist es ratsam, einen kurzen Blick auf die Leitlinien der Montessori-Pädagogik zu werfen. Nur dadurch werden Definitionen verständlich und Zusammenhänge erkennbar, und nur so wird Maria Montessoris Vorstellung von Erziehung und Bildung deutlich.

Der »innere Bauplan« im Kind

Die Bedeutung, die Maria Montessori den ersten Lebensjahren beimisst, kommt in ihrem Wort zum Ausdruck, dass das Kind der »Baumeister des Menschen« sei. Sie geht davon aus, dass der Mensch von Geburt an über einen »inneren Bauplan« und bestimmte innere Richtlinien verfügt, die seine Entwicklung leiten und vorantreiben.

2.1 Der absorbierende Geist

Unbewusste Geistestätigkeit

Besondere Bedeutung hat in diesem Geschehen der »absorbierende Geist«. Es handelt sich hierbei um eine Form geistiger Tätigkeit, mit deren Hilfe das junge Kind in der Lage ist, die unterschiedlichsten Eindrücke aus seiner Umgebung mühelos, schnell, ganzheitlich und unreflektiert aufzunehmen, zu sammeln und zu speichern. Es kann sich somit unbewusst bzw. mit einem noch lediglich schwach ausgebildeten Bewusstsein ein Bild seiner Umgebung aneignen und die Kultur, in der es aufwächst, verinnerlichen. Der absorbierende Geist nimmt in dem Maße mehr und mehr ab, wie sich das Bewusstsein des Kindes stetig entwickelt. Mit zunehmendem Alter und mit wachsender Intelligenz sowie stärker werdendem Willen ist das Kind nun darum bemüht, Ordnung und Struktur in seine gesammelten Eindrücke zu bringen.

Das Kind muss von Anfang an am Leben der Erwachsenen und der Gesellschaft teilhaben können. Nur so gelingt es ihm, mithilfe des absorbierenden Geistes alles Lebensrelevante wie Sprache, Verhalten, Kulturtechniken usw. aufzunehmen.

Mit zunehmendem Alter benötigt es dann Hilfen, um die Vielfalt an gesammelten Eindrücken neu entdecken und ordnen zu können. Hier helfen ihm z.B. die »Vorbereitete Umgebung« mit den »Übungen des praktischen Lebens«. Diese können den Kindern sowohl im institutionellen als auch im häuslichen Umfeld in schier unerschöpflichen Variationen angeboten werden.

2.2 Die sensiblen Perioden

»Zeitfenster« zum Erwerb von Fähigkeiten

Wichtige, grundlegende Fähigkeiten, Fertigkeiten und erste Erkenntnisse erwirbt das Kind innerhalb der sog. »sensiblen Perioden«. Dies sind Entwicklungsabschnitte, in denen der heranwachsende Mensch für den Erwerb bestimmter Fähigkeiten besonders empfänglich ist. Sie sind meist nur von kurzer Dauer. Maria Montessori beschreibt unterschiedliche »sensible Phasen« bis in das junge Erwachsenenalter hinein. Ganz grundlegende Fähigkeiten werden in der Entwicklungsphase von 0–6 Jahren erworben: Hier liegen die sensiblen Perioden für Bewegung, für den Erwerb der Muttersprache und für Ordnung.

Gerade im Hinblick auf die Arbeit mit den »Übungen des praktischen Lebens« spielt Ordnung auf unterschiedlichen Ebenen eine wichtige Rolle.

Die Ordnung bezieht sich auf folgende Bereiche:

auf die genau festgelegte räumliche Anordnung der Dinge: Alles hat seinen festen Platz im Raum. So ist das Tablett mit der Löffelübung immer in dem gleichen Regal und dort an der gleichen Stelle zu finden. Der Kinderbesen hängt immer am gleichen Haken der Leiste neben der Türe.auf die Zusammenstellung einer Übung: Jede Übung beruht auf bestimmten Materialien. Wird ein Gegenstand durch einen anderen ersetzt, ruft dies bei den Kindern in der Regel zunächst große Verwirrung hervor.auf den exakt gleichen Ablauf einer Übung: Jede Übung hat immer den gleichen Ablauf. Beim Binden der Schleife wird z.B. immer mit dem linken Schnürsenkel begonnen und in einer festgelegten Abfolge weitergearbeitet. Wird diese Reihenfolge geändert, reagieren viele Kinder verwirrt und orientierungslos.

Eine geordnete Umgebung gibt Kindern Sicherheit, Orientierung und Zuversicht.

2.3 Die Polarisation der Aufmerksamkeit

Zustände tiefer Konzentration

Durch die genaue Beobachtung der Kinder in ihrer Entwicklung entdeckte Maria Montessori, dass Kinder bei ihren Tätigkeiten, in der tätigen Auseinandersetzung mit einem Material zu tiefer Konzentration fähig sind.

Sie prägte dafür den Begriff der »Polarisation der Aufmerksamkeit« und beschreibt damit die Fähigkeit des Kindes zu höchster Sammlung und Versunkenheit in eine Arbeit, aus der es gestärkt, gefestigt und glücklich »erwacht«. Sie erkannte die Bedeutung dieses Phänomens für die kindliche Entwicklung und forschte intensiv nach den Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit Kinder immer wieder zur Polarisation der Aufmerksamkeit gelangen.

Ist ein Kind intensiv mit einer Arbeit beschäftigt, so stören Sie es auf keinen Fall! Unterbrechen Sie sein Tun nicht, indem Sie es auf etwas aufmerksam machen, es kritisieren oder loben, denn, so schreibt Maria Montessori: »Lob, Hilfe und auch nur ein Blick können genügen, um es [das Kind] zu unterbrechen oder die Aktivität zu zerstören« (Montessori 2007: 253).

2.4 Die freie Wahl und die Wiederholung der Übungen

Entwicklungsgerechte Tätigkeit

Maria Montessori beobachtete, dass nur die selbsttätige Auseinandersetzung der Kinder mit einem frei gewählten Gegenstand in einem selbst bestimmten zeitlichen Rahmen, der ihr Wiederholungsbedürfnis befriedigt, die Kinder zu tiefer geistiger Versunkenheit führt. In der freien Wahl, die von starken inneren Motiven geleitet wird, kommt zum Ausdruck, was das Kind in seiner Entwicklung benötigt. Wird ihm vorgeschrieben, womit es arbeiten soll, wird es in seiner Entwicklung behindert, und sein Gleichgewicht wird gestört.

Daher sind die freie Wahl und die Wiederholung der Übungen wichtige Grundsätze der Montessori-Pädagogik.

Beobachten Sie die Kinder in ihrem Tun. Bemerken Sie, dass ein Kind mit der freien Wahl noch nicht umzugehen versteht, so unterstützen Sie es darin.

Prüfen Sie, ob die notwendigen Bedingungen gegeben sind, damit das Kind seine Tätigkeit frei wählen kann. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:

Ist die Vorbereitete Umgebung überschaubar gestaltet, so dass das Kind sich darin zurechtfinden kann?Ist Material vorhanden, das das Interesse des Kindes weckt?Kennt das Kind den sachgerechten Umgang mit diesem Material?Kann es ungestört arbeiten, ohne ständig unterbrochen oder abgelenkt zu werden?

2.5 Die Vorbereitete Umgebung

Kindgerechte Umgebung

Als weiterer wichtiger Faktor für die Polarisation der Aufmerksamkeit kristallisiert sich die Vorbereitete Umgebung heraus. Maria Montessori orientiert sich als erste Pädagogin u.a. bei der Wahl der Möbel an der Größe der Kinder. Kleine Tische und Stühle, niedrige Regale und Schränke, handliche und kindgerechte Gebrauchsgegenstände kennzeichnen bald die Ausstattung ihrer Kinderhäuser.

Innerhalb der Vorbereiteten Umgebung ist es Aufgabe des Erwachsenen, dem Kind Materialien zur Verfügung zu stellen und Aktivitätsmöglichkeiten zu schaffen, die seinem momentanen Entwicklungsbedürfnis Rechnung tragen und ihm beim Aufbau seiner selbst helfen.

Die Vorbereitete Umgebung mit kindgerechten Möbeln und Materialien gewährleistet, dass die Kinder hier viele Tätigkeiten des praktischen Lebens auch wirklich selbstständig und ohne Hilfe eines Erwachsenen durchführen können. So wischen sie den niedrigen Tisch sauber, stauben die Regale ab, pflegen die Blumen und Zimmerpflanzen, räumen ihre Arbeiten selbstständig weg, sorgen für Ordnung und Sauberkeit. Hier wird deutlich, dass das praktische Leben in einem Kinderhaus oder im häuslichen Umfeld unter solchen Voraussetzungen wirklich existiert.

Innerhalb dieser Vorbereiteten Umgebung haben zudem alle Materialien ihren festen Platz. Jede Übung ist so angeordnet, dass sie selbstständig von einem Kind aus dem Regal genommen und zu einem Tisch getragen werden kann. Gegenstände, die zu schwer oder zu unhandlich für das Kind sind, werden an einem festen Arbeitsplatz installiert.

2.6 Die Materialien

»Entwicklungsmaterial«

Das Montessori-Material spielt im Erziehungskonzept der Reformpädagogin eine bedeutende Rolle. Maria Montessori versteht es nicht als Hilfsmittel, das den Erzieher in seiner Unterweisung unterstützen soll. Sie sieht darin vielmehr ein Entwicklungsmaterial. Durch den selbsttätigen Umgang beispielsweise mit dem Rosa Turm, den Sandpapierbuchstaben, den Ziffern und Chips oder den unterschiedlichen Verschlussrahmen soll das Kind in seiner gesamten Entwicklung und in seiner Persönlichkeit gefördert werden.

Die Montessori-Materialien erfüllen bestimmte Kriterien, die wir an anderer Stelle noch genauer betrachten werden.

2.7 Der Erwachsene

Zurückhaltung als pädagogische Tugend

Auch der Rolle des Erwachsenen misst Maria Montessori im Erziehungsgeschehen eine fundamentale Bedeutung zu. Sie fordert den »neuen Erzieher«, den »Diener des Kindes«, der sich u.a. in Geduld, in Demut, in Zurückhaltung, in Passivität und in Schweigsamkeit übt. Seine Liebe zum Kind, sein Wissen um die kindlichen Entwicklungsgesetze und sein Vertrauen in die positiven Kräfte, die im Kind verborgen liegen, sollen das Denken und Handeln des Erziehers und den Umgang mit dem Kind gestalten.

Seien Sie sich Ihrer wichtigen Rolle bei der Entwicklung und Erziehung des Kindes bewusst!

Sie haben in vielen Dingen eine Vorbildfunktion.

Verbringen Sie viel Zeit damit, die Kinder zu beobachten.

Hinterfragen Sie Ihr Vorgehen und Ihren Umgang mit den Kindern immer wieder im Hinblick auf die Kriterien der Montessori-Pädagogik, die eine gute »Leiterin« beschreiben.

3. »Das Material ist gleichsam nur ein Anfang« Die Übungen des praktischen Lebens