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Ein letztes Mal? Es ist Bienes drittes Jahr auf Ameland. Ihr drittes Jahr Kinderfreizeit unter dem Leuchtturm. Mittlerweile kennt sie die Insel und hat schon so viele ungewöhnliche Geschichten dort erlebt, dass sie nichts mehr schocken kann. Denkt sie... Denn was Biene in diesem Jahr zu später Stunde über den Leuchtturm erfährt, macht ihr Angst. Angst, dass sie vielleicht zum letzten Mal unter dem kreisenden Licht des Ameländer Wahrzeichens einschlafen kann.
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Seitenzahl: 65
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Wenn müde Kinderaugen plötzlich wieder ganz groß werden, Diskussionen darüber entbrennen, bei wem der weiche Stoff-„Hummels“ in dieser Nacht auf dem Zimmer schlafen darf, Heimwehtränen spannendem Zuhören weichen – dann ist es Lesezeit auf Ameland.
Nach jedem aufregenden Herbstfreizeittag auf unserer Lieblingsinsel kuscheln wir Leiter und die Kinder uns in der Couchecke zwischen Kissen und Decken ein und lesen ein Kapitel aus Veras Büchern.
Und ich muss zugeben: Die Kinder sind nicht die einzigen, die jeden Abend aufs Neue fieberhaft gespannt sind, was Hummels nun wieder anstellen wird…
– Florian Hartmann
Kapitel 1: Geistertöne
Kapitel 2: Ganz in grün
Kapitel 3: Am Leuchtturm
Kapitel 4: Der verrückte Alte
Kapitel 5: Gelingt die Rettung?
„He, was ist das?“ Biene dreht sich zu der großen Fensterfront von ihrem Speisesaal um. Gerade eben hat sie gemütlich mit den anderen Freizeitkindern im Haus De Kuul auf Ameland zusammengesessen und der abendlichen Geschichte gelauscht. Das grelle Licht im Saal ist ausgeschaltet. Die Kinder haben sich beim Schein der Amelandkerze um den Leiter Laus versammelt, der mit geheimnisvoller Stimme die neue Geschichte über die Insel vorliest. Aber jetzt sind alle durch Bienes Ausruf aus dem spannenden Abenteuer herausgerissen worden. „Alles klar bei dir, Biene?“, fragt er daher etwas ärgerlich. „Ja, merkt Ihr denn gar nichts?“, meint Biene aufgeregt. Mittlerweile ist sie aus der weichen Sofaecke aufgesprungen und drückt sich die Nase an der Scheibe platt. „Bäh, Biene, versau doch das Fenster nicht so! Da kommen ja lauter Fettflecken dran“, ruft ihre Freundin Maxi, die eigentlich Maximiliane heißt. Sie ist ziemlich rundlich, ziemlich fröhlich und ziemlich schlau, was leider dazu führt, dass sie mit ihren klugen Ratschlägen manchmal ziemlich nerven kann. So wie jetzt. „Mensch, Maxi, das ist doch gerade nicht wichtig. Sieh mal aus dem Fenster!“, erwidert Biene. In der Zwischenzeit sind etliche Kinder aufgestanden und spähen in die Dunkelheit. Auch Bienes Fußballkumpel Floh und Maxi kommen jetzt zum Fenster und versuchen, draußen etwas zu erkennen. Laus merkt, dass seine Geschichte im Moment niemanden mehr interessiert. Seufzend klappt er das Buch zu und geht zu den Kindern.
Eine Weile schauen sie gemeinsam nach draußen. Die Augen gewöhnen sich allmählich an die Dunkelheit. Man erkennt schemenhaft die große Spielwiese mit dem Volleyballnetz und ganz hinten die beiden Fußballtore. Dahinter verschwimmt die Landschaft zum dunklen Grau. Vor dem Himmel zeichnet sich schwarz der Leuchtturm ab. Plötzlich kreischt Maxi: „Jetzt sehe ich es auch! Da draußen liegt mein Pantoffel! Den habe ich schon überall gesucht. Biene, du bist so gemein. Du hättest nicht vor allen Leuten so eine Show machen müssen.“ Sie öffnet mühsam die wuchtige Terrassentür, drängt sich durch den Spalt und holt wutschnaubend ihren Hausschuh rein. „Aber das meine ich doch gar nicht“, verteidigt sich Biene, „sondern das da!“ Ihre Hand weist in die Ferne Richtung Leuchtturm. Alle schauen angestrengt hin. Schließlich sagt der Leiter Laus: „Also sorry, Biene. Ich sehe nichts.“ „Ich auch nicht!“ - „Wo soll da was sein?“, kommt es von den anderen. „Aber das ist es doch gerade. Da ist nichts!“ „Aber was soll das Ganze dann?“, will nun auch ihr Teamkamerad Floh wissen. „Der Leuchtturm!“, ruft Biene. „Das Licht!“ Alle starren nochmals nach draußen und warten auf die Lichtimpulse des Wahrzeichens der Insel. Normalerweise kommen drei Lichtbündel, acht Sekunden Pause, dann wieder drei Lichtbündel. So ist es immer. Aber heute nicht. Die Nacht bleibt tief grau. Der Leuchtturm leuchtet nicht.
„War der Leuchtturm schon die ganze Zeit dunkel?“, fragt Laus verwirrt. „Ich habe gar nicht darauf geachtet.“ „Nein“, antwortet Biene. „Als du mit der Geschichte angefangen hast, blinkte er ganz normal. Und dann hat er aufgehört.“ „Umso besser“, meint ein älteres Mädchen schnippisch. „Diese blöde Blinkerei hat mich schon im letzten Jahr immer beim Schlafen gestört.“ „Wie kannst du sowas sagen?“, ärgert sich Biene. „Das Licht ist total wichtig für die Schiffe, damit sie ihren Weg finden und nicht auf eine Sandbank oder gegen die Küste fahren! Stimmt doch, Laus, oder?“ Laus will gerade etwas entgegnen, da spricht Maxi dazwischen: „Das war mal so, Biene. Heutzutage geht das alles mit Radar. Die Schiffe finden sich mit ihrer elektronischen Ausrüstung zurecht. Den Leuchtturm als optisches Signal braucht man nicht mehr. Zumindest nicht für die Schifffahrt.“ Biene guckt skeptisch von ihrer Freundin Maxi zu Laus, der nur bestätigend nicken kann. „Ja, Maxi hat Recht.“ Maxi lächelt stolz und das ältere Mädchen schaut höhnisch. „Ich sag’s doch. Kein Mensch braucht diesen Leuchtturm!“ „Oh, sag das nicht“, meint Laus geheimnisvoll. Er lässt die Kinder wieder in der gemütlichen Leseecke Platz nehmen und erzählt eine alte Sage über den Leuchtturm. Wie er in der Vergangenheit Schiffe vor dem Untergang bewahrt und müden Wanderern Orientierung gegeben hat. „Und sogar einem Teilnehmer der Freizeit hat er mal geholfen.“ „Wie das? Erzähl!“, fordert ihn Floh auf. Laus beginnt: „Er war vielleicht in eurem Alter oder etwas jünger, und es war seine erste Freizeit. Wir haben im Wald Burgenkampf gespielt. Das kennen ja viele von euch. Jeder trägt an der Jacke eine Wäscheklammer in seiner Mannschaftsfarbe und versucht, die Klammern von anderen zu erbeuten ohne seine eigene zu verlieren. Um seinen Jägern zu entgehen, hat sich der Junge weit von dem Spielfeld entfernt. Er war ein guter Läufer, weil er gerne Fußball spielte. Er lief immer weiter, um seine Wäscheklammer nicht zu verlieren, und war plötzlich allein im Wald. Er blieb stehen und lauschte, doch von den anderen war nichts zu hören. Rufen wollte er nicht. Noch nicht, das war ihm zu peinlich. Er sah sich um, doch er fand den Weg nicht mehr, denn darauf hatte er beim Rennen gar nicht geachtet.“ Hier macht Laus eine Pause. „Und dann?“, platzt es aus Maxi raus, neugierig wie immer. „Und dann…“, erzählt Laus weiter, „ja dann hat er vor sich den Leuchtturm gesehen. Viel größer und näher als vorher. Da war ihm klar, dass er aus der entgegengesetzten Richtung gekommen sein musste. Er drehte dem Leuchtturm den Rücken zu und lief los. Schon bald hörte er wieder die Rufe und das Gelächter der anderen und fand sie dann auch. So hat ihm der Leuchtturm auch ohne sein Licht den Weg gezeigt.“
Als Biene und Maxi nach der Geschichte zu ihrem Zimmer gehen, rätseln sie noch über das Erlöschen des Leuchtturmlichts. „Merkwürdig, wie so ein Licht einfach ausgehen kann“, findet Biene. Selbst die schlaue Maxi kann sich das nicht recht erklären. „Auch, wenn das Licht für die Schifffahrt nicht mehr existenziell ist, machen die Menschen hier ihren Leuchtturm immer an. Er gehört einfach dazu. Aber vielleicht ist etwas kaputtgegangen. Dass sie kein Notstromaggregat haben!“ Biene meint: „Ich bin gespannt, ob er morgen Abend leuchtet. Komisch ist es schon. Wenn Leo das jetzt sehen könnte! Schade, dass sie in diesem Jahr nicht dabei ist.“ Maxi zuckt mit den Schultern. „Ja, aber ihre Eltern haben einen anderen Urlaub geplant. Sie fliegt nach Griechenland. Ist bestimmt auch ganz schön.“ Biene starrt die Freundin an, als wäre sie verrückt geworden. „Auch ganz schön?“ wiederholt sie angewidert. „Leo wollte überhaupt nicht gerne nach Griechenland. Wie kann es denn irgendwo anders besser sein als hier? Ich denke, du hast so ein gutes Gedächtnis. Überleg doch mal, was wir in den letzten Jahren hier schon erlebt haben. Auch mit Hummels!“ Der Eselspinguin aus dem Zirkus ist Biene sehr ans Herz gewachsen. Vor zwei Jahren haben sie ihn vor einem Entführer gerettet und im letzten Jahr mit seiner Hilfe einem Erpresser das Handwerk gelegt. Biene vermisst den kleinen Kerl und auch das Zirkusmädchen Tessa sehr. „Schreibst du Tessa noch manchmal?“, will Maxi jetzt wissen. „Ja, und eigentlich wollten wir uns in den Sommerferien treffen. Aber da hat der Zirkus seine Hauptsaison und zieht durch die großen Städte und Urlaubsorte. Es hat leider nicht geklappt“, meint Biene niedergeschlagen. „Und Tessa konnte auch nicht genau sagen, ob sie wieder