US-Trägerraketen 2 - Bernd Leitenberger - E-Book

US-Trägerraketen 2 E-Book

Bernd Leitenberger

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Beschreibung

Die Titan war über einen Zeitraum von vier Jahrzehnten das Rückgrat der militärischen Raumfahrt der USA. Sie wurde sowohl für den Transport von busgroßen Spionagespähern in niedrige Erdumlaufbahnen und ausgeklügelten Frühwarnsatelliten in hohe Orbits eingesetzt. Darüber hinaus startete sie erfolgreich die Raumsonden Viking, Voyager, Helios und Cassini. Viele erinnern sich jedoch vor allem an die Rolle der Titan II im bemannten Geminiprojekt. Im zweiten Teil der Enzyklopädie "US-Trägerraketen" wird die Titan-Familie von der Titan 1 bis zur Titan 4B behandelt. Es wird ausführlich die Geschichte ihrer Entwicklung und der verschiedenen eingesetzten Versionen beleuchtet. Die technischen Details der Raketen sowie ihre Weiterentwicklungen werden ausführlich beschrieben. Jedes Kapitel wird durch ein einheitliches Datenblatt und eine vollständige Startliste abgerundet. Neben den bereits eingesetzten Versionen von der Gemini-Titan bis zur letzten Einsatzversion Titan 4B enthält das Buch auch Informationen und Steckbriefe zu Versionen, die ernsthaft in Erwägung gezogen, aber letztendlich nie umgesetzt wurden. Dazu gehören die Titan 2S, Titan 2 Centaur, Titan 3BAS2 und die Titan 3M, die für den Start der bemannten militärischen MOL-Station vorgesehen war. Die beiden auf der Titan eingesetzten Oberstufen, Agena und Centaur, werden in eigenen Kapiteln behandelt. Auch hier folgt nach einem historischen Überblick eine detaillierte technische Beschreibung.

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Seitenzahl: 240

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Ein besonderer Dank an Mario Remler,

der dieses und andere Bücher von mir Korrektur gelesen hat, um zumindest die gröbsten Schnitzer zu entfernen.

Inhaltsverzeichnis

Agena Oberstufe

Die Agena A

Die Agena B

Die Agena D

Ausbaupläne

Centaur Oberstufe

Die Technik der Centaur

Subversionen der Centaur

Centaur G / Centaur G Prime

Das Triebwerk RL10

IUS Oberstufe

Titan

Nomenklatur der Titan

Titan 1

Titan 2 / Gemini Launch Vehicle

Titan 23G

Titan 2S

Titan 3A

Titan 3B / 23B / 33B

Titan 24B / 34B

Titan 2 Centaur

Titan 3BAS2 und Titan 3BAS6

Titan 3C

Titan 3D

Titan 3M / Titan 3F

Titan 3E / Centaur D-1T

Titan 34D

Commercial Titan

Titan 34 Centaur

Titan 4

Titan 4B

Gesamtübersicht Titan

Vorwort

Dieses Buch entstand aus meinem Buch „US Trägerraketen“, welches 2013 erschien. Im Jahr 2016 folgte eine aktualisierte Auflage. Seitdem kamen zahlreiche neue Träger hinzu. Doch es gibt ein Limit von 700 Seiten, das mir der Verlag setzt. Trotzdem musste ich die Ränder auf ein Minimum beschränken und eine kleine Schrift mit engem Schriftbild wählen, um alle Träger unterzubringen.

Für die Neuauflage habe ich mich daher entschlossen, das Buch in einzelnen Bänden zu veröffentlichen, geordnet nach den Trägern:

Band 1: Einführung und kleine, frühe US-Trägerraketen: Vanguard, Redstone, Juno, Scout.

Band 2: Titan (dieser Band)

Band 3: Thor und Delta (erscheint nach den letzten Flügen der Delta 4H, die 2024 anstehen)

Band 4: Atlas (erscheint 2025, wenn nur noch die Flüge für den Starliner anstehen. Diese gehen bis 2029, doch so lange wollte ich nicht warten)

Band 5: Schwerlastraketen: Ares, SLS und Space Shuttle. Eventuell auch Starship, doch das hängt von der mageren Informationslage zu diesem Projekt ab.

Band 6: Neue US-Trägerraketen nach 1990.

Für die Saturn gibt es bereits einen eigenen, viel weiter gehenden Band im Rahmen des Apolloprogramms (ISBN: 978-3739203805).

Die Bücher sind dadurch kürzer und besser zum Nachschlagen geeignet. Sie bilden aber nach wie vor ein Gesamtwerk. So enthält Band 1 die Einführung in die Technologie von Trägerraketen und in die Weltraumbahnhöfe der USA. In diesem Band befindet sich die komplette Beschreibung der Agena und Centaur Oberstufen, auch wenn auf der Titan nur die Agena D und Centaur D-1T / G eingesetzt wurden.

In diesen Band habe ich zahlreiche Risszeichnungen eingefügt, für die im ersten Band einfach kein Platz war. Daneben habe ich die Liste der Titanmodelle um einige Versionen erweitert, die zumindest ernsthaft in Erwägung gezogen wurden.

Die Startlisten stammen von Jonathan McDowell's Space Report. Er betreibt die umfangreichste Website zu diesem Sachgebiet https://www.planet4589.org/space .Ich habe die Daten extrahiert und mit einem selbst geschriebenen Computerprogramm formatiert. Daraus wurden dann die Grafiken erstellt. Die Einstufung eines Erfolgs ist subjektiv: Jonathan McDowell stuft die Starts als erfolgreich ein, wenn eine Umlaufbahn erreicht wurde. Das bedeutet aber nicht, das dies der geplante Orbit war. Ergänzt wurde das Buch durch Skizzen und Diagramme. Sie machen den Aufbau und die Abmessungen der Stufen deutlicher, als eine Beschreibung oder grafische Statistiken. Viele Diagramme der Raketen stellte Norbert Brügge zur Verfügung, die er für seine Website http://www.b14643.de erstellt hat.

Die technischen Daten habe ich, soweit möglich, aus den originalen Launch Presskits entnommen. Bei neueren Raketen stammten sie aus der aktuellen Version des Users Guide. Zumindest bei den Launch Presskits gelten diese für den beschriebenen Start. Für zahlreiche historische Träger ist dies leider die einzige heute noch verfügbare Information. Die benutzten Informationen habe ich am Ende jedes Artikels als Referenz angefügt. Die wichtigste Quelle war der NASA Technical Report Server http://ntrs.nasa.gov/search.jsp. Für die von der NASA benutzten Träger finden sich hier zahlreiche Daten. Das gilt leider nicht für militärisch genutzte Raketen, wie die Thor, Titan III oder Minotaur. Bei den neuen Typen, die von der Privatwirtschaft entwickelt wurden, ist man auf die User Manuals angewiesen. Die lassen leider viele Fragen offen. Ebenso gibt es kaum qualitativ hochwertige Fotos von Starts militärischer Träger.

Bernd Leitenberger, Ostfildern im März 2023

Agena Oberstufe

An dieser Stelle zwei Einschübe über die Entwicklungsgeschichte zweier über mehrere Jahrzehnte eingesetzte Oberstufen: die Agena und die Centaur. Die Agena Oberstufe war lange Zeit die am häufigsten eingesetzte Oberstufe im US-Programm. Sie wurde auf der Thor, Atlas und Titan eingesetzt. Eine Anpassung der Agena an den Space Shuttle war geplant.

Die Agena wurde ab 1956 von Lockheed entwickelt. Der Ursprung der Agena lag im Waffensystemprogramm W-117L, einem Fotoaufklärungssatelliten. Das Triebwerk Bell 8001 wurde für das Antriebssystem RM-81 „Rascal“ entwickelt. Das sollte eine Atombombe nach dem Abwurf vom B-58 Bomber entfernen, um diesem eine bessere Chance zum Ausweichen zu geben. Zugleich sollte es die Wahrscheinlichkeit verringern, dass der Bomber abgeschossen wird. Dieses System ging allerdings nie in die Produktion. Es hätte mit einer Thor 90 bis 140 kg Nutzlast in einen Orbit befördert und mit einer Atlas 700 – 900 kg. Beides sind nur Bruchteile der Nutzlast der entsprechenden Kombination mit der Agena. Das Triebwerk der Rascal wurde von 53,9 auf 66,7 kN Schub gesteigert und der Treibstoff Kerosin durch das hypergole UDMH ersetzt. Das neue Triebwerk Bell 8048 war einfacher aufgebaut und zuverlässiger als das Bell 8001 der Rascal. Das Bell 8048 Triebwerk wurde in der Agena A eingesetzt. Als Oxidator wurde konzentrierte Salpetersäure eingesetzt. Salpetersäure ist der Vorläufer von Stickstofftetroxid. Chemisch ist es in Wasser gelöstes Stickstofftetroxid. Da das Wasser nicht an der Verbrennung teilnimmt, ist der Energiegehalt geringer als bei Stickstofftetroxid.

Aus dem Projekt W-117L sollten später drei Satellitensysteme entstehen: Corona (Fotoaufklärung), SAMOS (Echtzeitüberwachung) und MIDAS (Raketenfrühwarnung). Dabei sollte SAMOS die meisten der ambitionierten Ziele von W-117L umsetzen. Alle drei Systeme wurden mit der Agena A gestartet.

Die Agena A

Die Agena A setzte als Treibstoff die hypergole Mischung von korrosionsinhibitierter, rotrauchender Salpetersäure (IRFNA) und UDMH ein. Das Mischungsverhältnis betrug 2,5 zu 1. Der Zusatz von Natriumfluorid zur Salpetersäure bildete mit dem Edelstahl eine dünne Fluoridschicht. Sie schützte die Treibstofftanks bei längerer Lagerung vor Korrosion. Die Agena Oberstufe arbeitete mit derselben Treibstoffkombination wie die Able oder Ablestar und hatte auch die gleiche Größe. Allerdings war sie technologisch weiter entwickelt. So hatte das Triebwerk den doppelten Schub. Das gelang durch eine Turbopumpe, die den Brennkammerdruck erhöhte. Der Start der Turbine erfolgte durch das Gas eines Feststofftreibsatzes. Brennkammerdruck und spezifischer Impuls waren höher als bei dem Triebwerk AJ10 der Able/Ablestar. Wie das AJ10 bestand das Triebwerk Bell 8048 aus Aluminium. Die Brennkammer und die Düse waren mit einer Aluminiumoxidschicht als Thermalschutz überzogen. Wie sein Vorgänger Bell 8001 war auch das Bell 8048 für die Zündung bei 1 bar Außendruck ausgelegt. Es wurde der Düsenhals mit einer Membran versiegelt, die bei der Zündung gesprengt wurde. Dadurch war es nur einmal zündbar.

Das Triebwerk war schwenkbar aufgehängt. Die Kontrolle um die Rollachse geschah mit Stickstoff-Druckgas, das in zwei Flaschen am Heck mitgeführt wurde. Das Durckgas diente auch zur Druckbeaufschlagung der Tanks. Bei der Agena A waren Nutzlast und Oberstufe fest miteinander verbunden. Mit der Thor Agena A wurden ausschließlich die ersten experimentellen Aufklärungssatelliten Discoverer I bis XV gestartet. „Discoverer“ war die offizielle Tarnbezeichnung für die Satelliten des KH-1 Programms. Vier Starts der Agena A auf der Atlas transportierten je zwei Midas und zwei Samos Satelliten.

Am Heck der Agena wurden Sekundärnutzlasten befestigt. Alternativ installierte man dort Solarpaneele, wenn die Nutzlast fest mit der Agena verbunden war. Dies war eine Besonderheit der Agena. Bei den Satelliten KH 1 bis 4 und KH-7 und 8 war die Agena ein Bestandteil des Satelliten. Sie erhielt Strom von ihm und führte die Lageregelung und Retromanöver für das Aussetzen der Rückkehrkapseln mit Film aus. Die Betriebsdauer betrug anfangs nur wenige Tage, erreichte bei der letzten Generation schließlich drei Monate.

Die Agena A wurde nur kurz von 1959 bis 1961 eingesetzt. Sie hatte eine erschreckend niedrige Zuverlässigkeit. Nur 11 der 19 Starts gelangen. Das sind 57,9 Prozent.

Triebwerk Bell 8048 (eingesetzt in der Agena A)

Schub:

68,9 kN

Gewicht:

127 kg

Länge:

2,16 m

Maximaler Durchmesser:

1,52 m

Spezifischer Impuls (Vakuum)

2.707 m/s

Brennkammerdruck:

10 bar

Expansionsverhältnis:

10:1

Brenndauer:

120 s

Abbildung 1: Stark beschädigte Agena A Stufe als Ausstellungsstück im Air Force Space and Missile Museum (Photos: Richard Kruse, 2009)

Die Agena B

Am Entwurf der Agena B war auch die NASA beteiligt, da die Atlas Agena B als Träger für die Ranger Mondsonden vorgesehen war.

Gegenüber der Vorgängerversion wurden die Treibstofftanks vergrößert. Damit konnte doppelt so viel Treibstoff mitgeführt werden. Das war möglich, weil das Triebwerk der Agena A einen höheren Schub lieferte, als für die kleine Stufe notwendig. Nun konnte die Agena von der Nutzlast getrennt werden.

Das neue Triebwerk Bell 8081 besaß einen etwas höheren Schub. Es nutzte den Treibstoff besser aus, da es an den Betrieb im Vakuum angepasst war. Die Düse hatte ein Entspannungsverhältnis von 45 anstatt von 10 wie beim Vorgängermodell. Bis zu einem Entspannungsverhältnis von 13 wurde die Düse, wie bei der Agena A, regenerativ gekühlt. Der verlängerte Teil war niedrigeren Temperaturen ausgesetzt, sodass auf eine aktive Kühlung verzichtet wurde. Die Verlängerung bestand aus Titan, dass mit Molybdän überzogen war. Eine weitere Neuerung war die Fähigkeit der Agena B zur (einmaligen) Wiederzündung. Es war das erste US-Triebwerk mit Turbopumpenförderung, welches wiederzündbar war. Dafür gab es zwei Treibsätze mit Feststoff, die jeweils den Gasgenerator starteten. Die Tanks bestanden aus Aluminium und hatten eine Wandstärke von 2 mm. Sie fassten 6.067 kg Treibstoff, der bis auf einen Rest von 49 kg verbraucht wurde.

Die Agena B verfügte nun am Bug über eine eigene Steuerung mit einer Inertialplattform. Dazu kamen Horizontsensoren, welche die Drift der Gyroskope korrigierten. Sie war unabhängig von den Steuerungen der Grundstufen, auf denen sie eingesetzt wurde und die lediglich über eine Radiolenkung verfügten. Die Steuerung der Agena B dagegen war ein Mix aus Radiolenkung und Sequencer. Ein Bahnverfolgungssender auf der Stufe sandte Signale im C-Band, aus denen die Bodenstation Geschwindigkeit und Entfernung ermittelte. Die Agena führte die gesamte Lageänderung während des Fluges aus. Der Brennschluss und die Wiederzündung wurden nach der Auswertung der Bahnverfolgung per Radar durch ein Funksignal ausgelöst. Sonst hätte ein Backup-Timer die Ereignisse einige Sekunden später selbst ausgelöst. Reaktionsschwungräder führten während der Freiflugphase Veränderungen in der Nick- und Gierachse durch. Für die Rollachse wurde Stickstoffkaltgas eingesetzt.

Für die Freiflugphase wurde das Steuer- und Lageregelungssystem überarbeitet. Ventile entließen kontrolliert den Überdruck aus dem Tank. Die zweite Brennperiode fand nach 3.150 Sekunden Flugzeit im Apogäum statt. Sie war mit einer Dauer von 2 Sekunden nur kurz und zirkularisierte die Bahn. Die Agena B Oberstufe war für eine maximale Belastung von 26,7 kN durch die Nutzlast ausgelegt.

Die Agena B wurde häufiger als ihr Vorgängermodell eingesetzt und war deutlich zuverlässiger. 74 Starts fanden von 1960 bis 1966 statt. Zwölf dieser Starts missglückten (Zuverlässigkeit 83,8 Prozent). Die Agena B wurde 29-mal auf der Atlas und 45-mal auf der Thor eingesetzt.

Agena B

Struktur und Tanks:

233,6 kg

Haupttriebwerk:

143,3 kg

Verniertriebwerke und Druckgas:

39,0 kg

Steuerung:

51,7 kg (inklusive 1,4 kg verbliebenes Kontrollgas)

Stromversorgung:

65,7 kg

Kommunikation:

12,7 kg

Verschiedenes:

7,2 kg

Nicht nutzbarer Resttreibstoff:

64,8 kg

Trockengewicht:

580,2 kg

Brennschlussgewicht

646,4 kg

Triebwerk Bell 8081 (eingesetzt in der Agena B)

Schub:

71,2 kN

Gewicht:

130 kg

Maximaler Durchmesser:

1,52 m

Spezifischer Impuls (Vakuum)

2.834 m/s

Brennkammerdruck:

17,5 bar

Expansionsverhältnis:

45:1

Brenndauer:

240 s

Trockengewicht:

580,2 kg

Brennschlussgewicht

646,4 kg

Abbildung 2: Agena D umgebaut zum Geminizielkörper im Orbit

Abbildung 3: Agena B im Steven F. Udvar-Hazy Center (Photo: Richard Kruse, 2008)

Die Agena D

Die D-Version der Agena war die letzte und am häufigsten eingesetzte Version dieser Oberstufe. Gegenüber der B-Version waren nur geringe Änderungen im Lenksystem nötig. Das neue Triebwerk Bell 8096 wurde nochmals in der Leistung gesteigert. Die wesentlichste Änderung war die Standardisierung der Agena. Aus den verschiedenen Komponenten konnten maßgeschneidert diejenigen ausgewählt werden, die für die Mission am besten geeignet waren:

Wiederzündbarkeit: Das Bell 8096 Triebwerk hatte zwei Sätze von Feststofftriebwerken. Sie dienten zur Sammlung des Treibstoffs und dem Start des Gasgenerators. Es war zweimal zündbar und für den Start von Planetensonden und Transporte in polare Orbits ausgelegt. Bei Bedarf konnte auf einen Satz Feststofftriebwerke verzichtet werden. Das Bell 8247 Triebwerk als Alternative hatte dagegen Starttanks. Es war vierzehnmal wiederzündbar. Die Starttanks wurden beim Betrieb erneut gefüllt und unter Druck gesetzt. Dafür musste das Haupttriebwerk mindestens 2 s lang arbeiten. Der Treibstoff in den Starttanks zündete den Gasgenerator beim Triebwerksstart. Das Bell 8247 wurde für das Gemini Kopplungsziel GATV und spezielle Aufklärungssatelliten eingesetzt. Es erlaubte Bahnmanöver und das Deorbitieren von Rückkehrkapseln mit belichteten Filmen. Die meisten Einsätze der Agena D erfolgten mit dem Bell 8096 Triebwerk.

Betriebsdauer: Die Agena hatte immer eine eigene Steuerung mit Gyroskopen als Referenzsystem und Beschleunigungs- und Horizontsensoren. Dazu kamen ein Sequenzer sowie je ein Empfänger und Sender für Telemetrie und Radar. Je nach Mission konnte eine Batterie von 340, 966 oder 10.700 Wh Kapazität eingesetzt werden. Der Stromverbrauch betrug im Mittel 531 Watt und maximal 1.101 Watt. Die kleinste Batterie wurde genutzt für den Start von Nutzlasten, die nach weniger als einer Stunde ausgesetzt wurden. Diese Nutzlasten erforderten nur eine Zündung. Die zweite Batteriegröße war der Standard. Sie wurde für die militärischen Aufklärungssatelliten (zwei Zündungen, Freiflugphase über einen halben Umlauf) eingesetzt. Die Dritte war für den Einsatz im Gemini Programm entwickelt worden. Diese Batterie erlaubte eine Betriebsdauer von bis zu 30 Tagen. Sie wog mit 53,5 kg aber auch viermal bzw. siebenmal mehr als die anderen beiden Typen. Der Tankdruck wurde während dieser Zeit durch eine zusätzliche Stickstoff-Druckgasflasche aufrechterhalten. Wurde die Stufe durch die Nutzlast mit Strom versorgt, wie bei militärischen Satelliten, war sogar ein Betrieb über drei Monate möglich. Dabei wurde die Agena auch zum Deorbitieren der Aufklärungssatelliten eingesetzt.

Sekundäres Korrektursystem: Für feine Bahnkorrekturen und als BackupSystem konnte ein weiteres System mit zwei Triebwerkstypen mit 71 und 889 N Schub eingebaut werden. Es wog leer 57,5 kg und führte bis zu 137,8 kg Treibstoff mit. Sein Gesamtimpuls betrug 178.000 Ns. Es wurde für die Lagekontrolle der Agena bei den Gemini Missionen entwickelt. Das System kam danach vor allem bei militärischen Missionen zum Einsatz, da damit feinere Kurskorrekturen als mit dem Haupttriebwerk möglich waren.

Retroraketen: Es gab zwei Typen von Retroraketen. Dazu kam eine weitere Rakete, um die Stufe in Rotation zu versetzen. Die Retroraketen konnten weggelassen werden, wenn die Stufe sowieso bald verglühte. Die Retroraketen hatten einen Gesamtimpuls von 9.900 und 2.000 Ns. Die Spinrakete hatte einen Impuls von 133 Ns.

Die Leermasse der Agena D wurde gesenkt. Dies gelang durch die Verwendung von Aluminium anstatt Edelstahl für die Tanks. Die Struktur wurde teilweise aus noch leichteren Beryllium-Magnesiumlegierungen gefertigt. Röhren bei Trägern hatten dieselbe Steifheit wie massive Streben. Weiterhin wurden an den Treibstoffleitungen Sümpfe angebracht, aus denen sich die Treibstoffe bis auf geringe Reste entnehmen ließen. Diese erlaubten den Verzicht auf die vorher notwendigen Vorbeschleunigungsraketen. Alleine der in den Sümpfen gebundene Treibstoff genügte zum Start des Triebwerks. Auch dies reduzierte die Leermasse.

Die vordere Sektion von 103 cm Länge beinhaltete die Elektronik, Batterien, Sender und Sensoren. In ihr gab es acht Türen für die Zugänge zur Avionik. Sie bestand einem Aluminiumrahmen, verkleidet mit Berylliumblechen.

Der Brennstofftank hatte ein Volumen von 2.149 l, er nahm 1.786 kg UDMH auf. Der Salpetersäuretank hatte ein Volumen von 2.786 l, er nahm 4.383 kg Oxidator auf. Die Tanks wurden durch einen gemeinsamen Zwischenboden getrennt. Am Ende jedes Tanks befand sich vor der Tankleitung ein „Sumpf“. Dieser Sumpf hatte beim UDMH-Tank 7 l Volumen und beim Salpetersäuretank 15,7 l. Dort sammelte sich der Treibstoff vor der Leitung zum Triebwerk. Eine weitere Verbesserung war die Erhöhung des Brennkammerdrucks von 10 auf 35 bar. Dadurch stieg der spezifische Impuls um rund 150 m/s. Die Tanksektion war 3,27 m lang, davon 2,45 m im zylindrischen Teil. Eine Leitung führte vom UDMH-Tank durch den Oxidatortank zum Triebwerk. An der Außenseite waren in zwei Strängen Leitungen für das Druckgas und die Stromversorgung angebracht. Drosselblenden ersetzten bei der Treibstoffdruckbeaufschlagung die Ventile. Die Agena D war qualifiziert für mindestens 15 Zündungen und einen Betrieb über ein Jahr. Dieser Zeitraum wurde aber nur erreicht, wenn sie Bestandteil eines Satelliten war, z. B. bei den Satelliten der Keyhole Serie. Sie verfügte über 2,7 kg Druckgas für die Druckbeaufschlagung und 13,5 kg Kaltgas für das Lageregelungssystem.

Das Triebwerk mit seinem aus Magnesium bestehenden Schubrahmen war an der 2,02 m langen Hecksektion befestigt. Dort befanden sich auch die Stickstoff-Druckgastanks und zwei Gruppen von Kaltgastriebwerken. Die Verkleidung bestand aus Aluminium. An ihr konnte bis zu 450 kg Ausrüstung angebracht werden. Dies wurde genutzt, um Experimente mitzuführen. Sie konnten dann batteriebetrieben noch Tage und Wochen weiterarbeiteten. Das wurde bis 1970 über 40-mal eingesetzt. Ab 1963 nutzte man das Feature zum Starten von Sekundärnutzlasten. Bis 1970 gab es zwanzig dieser Transporte. Bei Aufklärungssatelliten, die fest mit der Agena verbunden wurden, befanden sich dort die Solarpaneele zur Stromversorgung von Satellit und Agena. Für die Nutzlast hatte die Agena D einen standardisierten Adapter. Die Agena A und B waren oft fest mit dem Satelliten verbunden. War dies nicht der Fall (z. B. bei den Ranger Mondsonden), musste ein eigener Adapter entwickelt werden.

Die Agena D Oberstufe wurde auf der Thor, der Atlas und erstmals auch auf der Titan eingesetzt. Sie erwies sich als zuverlässige Oberstufe. Von den 255 Starts von 1962 bis 1984 gelangen 237 Flüge (92,4 Prozent). 125 Starts fanden auf der Thor statt, 76 auf der Atlas und 54 auf der Titan. Es fanden bis zu 41 Agena Starts pro Jahr statt.

Bis 1967 konnte Bell, der Triebwerkshersteller, insgesamt 5.783 Bodentests und 200 Zündungen im Weltraum vorweisen. Das Triebwerk Bell 8096 besteht aus 26 Untergruppen mit 1.860 Bauteilen.

Triebwerk Bell 8096 (eingesetzt in der Agena D)

Triebwerk Bell 8247 (eingesetzt in dem GATV)

Schub:

71,2 kN

71,2 kN

Gewicht:

140 kg

132 kg

Länge:

211 cm

Durchmesser des Schubrahmens:

90 cm

Maximaler Durchmesser:

1,52 m

1,52 m

Spezifischer Impuls (Vakuum):

2.874 m/s

2.855 m/s

Brennkammerdruck:

35 bar

34 bar

Expansionsverhältnis:

45:1

45:1

Brenndauer:

240 s

240 s

Restarts:

2, später 3

>15

Zündung:

Pyrotechnisch

Starttanks

Abbildung 4: Agena D Oberstufe

Ausbaupläne

Es gab Pläne, die Agena zu verbessern. Allerdings wurde keiner dieser Pläne umgesetzt.

Agena C: Wie der Buchstabe andeutet, ist dies die Lücke zwischen der B- und D-Version. Bereits zwischen der A- und B-Version wurde der Treibstofftank vergrößert. Die Agena C sollte nochmals doppelt so viel Treibstoff aufnehmen, aber ohne die Verbesserungen der Agena D. Bei den Trägerraketen, welche die schwere Stufe transportieren könnten (Atlas und Titan, beide aber nur mit Zusatzboostern), wäre die Nutzlast deutlich gesteigert worden. Man verwarf das Konzept, da die Atlas keine Booster erhielt und für die Titan die Transtage entwickelt wurde. Man vergab den Buchstaben aber nicht neu.

Eine Leistungssteigerung war durch den Einsatz der Treibstoffkombination NTO/ Aerozin 50 möglich. Für die Agena B war ein Triebwerk des Typs Bell 8133 vorgesehen, für die Agena D das Bell 8533. Es entstand durch Anpassungen an die neue Treibstoffkombination aus dem Bell 8081/8096. Bei gleichem Schub war der spezifische Impuls um 70 m/s höher. Das hätte die Nutzlast um mindestens 10 Prozent gesteigert. Bei höheren Δv (z. B. GTO-Bahnen) war der Gewinn noch höher.

Agena B modifiziert mit Bell 8133

Struktur und Tanks:

194,5 kg

Haupttriebwerk:

186,9 kg

Verniertriebwerke und Druckgas:

36,7 kg

Steuerung:

50,8 kg

Stromversorgung:

62,6 kg

Kommunikation:

22,2 kg

Verschiedene Teile, die vor der Zündung abgeworfen werden:

11,7 kg

Nicht nutzbarer Resttreibstoff:

59,9 kg

Reserve:

26,2 kg

Treibstoffe für das Lageregelungssystem:

30,8 kg

Druckgas:

8,6 kg

Nutzbare Treibstoffe:

7.221 kg

Agena B modifiziert mit Bell 813

Startgewicht:

7.922 kg

Trockengewicht:

635,0 kg

Brennschlussgewicht:

694,9 kg

Spezifischer Impuls:

3.070 m/s

Brennkammerdruck:

34,4 bar

Expansionsverhältnis:

45:1

Zündungen:

Unbegrenzt

Schub:

71,9 kN

1972 fand der letzte Start einer Agena auf der Thor statt. Seit 1968 war die Startrate rückgängig. Das galt auch für die Atlas. Hier erfolgte der letzte Start 1978. Auf der Titan dagegen war die Agena noch lange im Einsatz. Hier erfolgte der letzte Start erst 1987. Allerdings sank die Startrate ab 1976 auf ein bis zwei Flüge pro Jahr.

Die Agena Oberstufe wurde für viele Starts eingesetzt. Sie ist jedoch eng mit den Aufklärungssatelliten des Keyhole Programmes verknüpft. Die ersten vier Generationen, KH 1 bis 4, wurden mit der Thor gestartet. Waren die Satelliten für eine Thor (KH-7, Gambit erste Generation) zu schwer, so wurde die Agena mit dem Satelliten auf der Atlas eingesetzt. Als die Satelliten auch für die Atlas zu schwer wurden, wechselte die Kombination bei den KH-8 (Gambit, zweite Generation) auf die Titan. Diese enge Bindung führte dazu, dass die Oberstufe kaum weiterentwickelt wurde, anders als ihr ziviles Pendant, die Delta-Oberstufe.

Noch 1972 schlug der Hersteller eine Agena-Variante vor, die an den Space Shuttle angepasst war. Vorgesehen waren folgende Verbesserungen:

Verlängerte Tanks (Länge 7,93 anstatt 6,31 m).

Übergang zu MMH anstatt UDMH als Treibstoff. Anreicherung um 44 Prozent NTO in der Salpetersäure als Oxidator.

Düse mit einem Expansionsverhältnis von 160:1 (normale Agena: 45:1).

Einsatz des digitalen DF-224 Computers (derselbe Computer wurde im Hubble Space Teleskope eingesetzt).

Sternsensoren für die Orientierung relativ zu den Sternen anstatt auf den Erdhorizont für längere Missionen.

Flexibles System, mit dem zwei weitere Zusatztanks angebracht werden konnten. Der Durchmesser der Agena lag nach wie vor bei 1,52 m, die Shuttle Bucht nahm aber bis zu 4,48 m breite Nutzlasten auf. Die Zusatztanks verbreiterten die Stufe, die Länge blieb aber konstant.

Ein Upgrade, bei dem zahlreiche Systeme redundant ausgelegt waren (Sender, Antennen, Verniertriebwerke etc.), hatte eine nominelle Zuverlässigkeit von 0,98. Eine zweite Option war das komplette Umstellen des Oxidator auf 100 Prozent NTO. Mit dem Triebwerk Bell 8096B und einer kürzeren Düse (Expansionsverhältnis 100:1) beträgt der spezifische Impuls 3.197 m/s.

Diese Shuttle-Agena war für Nutzlasten bis zu 4.500 kg Gewicht ausgelegt. Mit leichten Strukturverstärkungen (+30,4 kg Leergewicht) auch für 9.000 kg. Je nach Düsenlänge standen 10,7 bis 12,2 m vom Nutzlastraum für Satelliten zur Verfügung. Bis zu einer Geschwindigkeitsänderung von 2,5 bis 3 km/s reichte eine Agena ohne Zusatztanks. Mit zwei Zusatztanks konnte die Geschwindigkeit um bis zu 6,5 km/s verändert werden. Die Stufe konnte wiederverwendet werden (Einfangen beim nächsten Shuttle Start und Neubefüllen nach der Landung).

Wiederverwendbar

Nicht wiederverwendbar

Basisstufe Nutzlast vom LEO in den GEO:

1.470 kg

Basisstufe und Apogäumsantrieb vom LEO in den GEO:

1.309 kg

2.048 kg

Agena mit Zusatztanks und Apogäumsantrieb vom LEO in den GTO:

4.958 kg

5.947 kg

Agena mit Zusatztanks vom LEO in den GEO:

1.767 kg

6.069 kg

Die Entwicklungskosten der Shuttle-Version wurden auf 195 Millionen Dollar (Wert 1973) geschätzt. Bei zehnmaliger Wiederverwendung einer Agena wurden die Gesamtkosten für 93 Flüge auf 234 Millionen Dollar geschätzt. Das waren nur 2,5 Millionen Dollar pro Flug (mit anteiligen Beteiligungen an den Entwicklungskosten). Eine nicht wiederverwendbare Variante wäre doppelt so teuer gewesen.

Shuttle/Agena Basisversion

Shuttle/Agena mit Zusatztanks

Triebwerk:

Bell 8096B

Länge:

7,93 m

Spezifischer Impuls (Vakuum):

3.180 m/s

Zuverlässigkeit:

0,974

Struktur und Tanks:

276 kg

631 kg

Antrieb:

258 kg

348 kg

Steuerung und Navigation:

47,6 kg

57,6 kg

Stromversorgung:

106 kg

108 kg

Datenverarbeitung:

67,8 kg

75,3 kg

Kommunikation:

35,6 kg

35,6 kg

Thermalschutz:

12,2 kg

26,3 kg

Sicherheitsreserve

37,6 kg

79,4 kg

Trockengewicht:

854 kg

1.321 kg

Nicht nutzbare Treibstoffreste:

33,5 kg

90,7 kg

Treibstoffreserve:

23,6 kg

37,6 kg

Brennschlussgewicht:

911 kg

1.411 kg

Nutzbarer Treibstoff:

6.697 kg

25.182 kg

Lageregelungstreibstoff:

18,1 kg

24,5 kg

Start/Stopp-Verluste:

58,5 kg

98,9 kg

Startgewicht:

7.685 kg

26.756 kg

Befestigungen am Shuttle

742 kg

697 kg

Gesamte installierte Masse:

8.427 kg

27.453 kg

Referenzen:

NASA Agena D Mission Capabilities and Restraints Catalog

Reuse Agena Final Report

Robert D. Roach: The Agena Rocket Engine – Six Generations of Space Propulsion David Field: The Agena Engine

Bob Mount: Acrobatic Agena: Prize Performer in Space

NASA TM-X65553:

The Delta and Thor/Agana Launch Vehicles for Scientific and Application Satellites NASA-CR-115485: Shuttle/Agena study. Annex A: Ascent agena configuration

Trägerfamilie

Starts

Erfolge

Erfolgreich [Prozent]

Einsatzzeitraum

Atlas Agena A

4

2

50,00

1960 – 1961

Atlas Agena B

29

24

82,76

1961 – 1966

Atlas Agena D

16

16

100,00

1963 – 1978

Atlas SLV-3 Agena D

48

44

91,67

1964 – 1967

Atlas SLV-3A Agena D

12

11

91,67

1968 – 1978

LTAT Thor Agena D

43

41

95,35

1966 – 1972

TAT Thor Agena B

2

2

100,00

1963 – 1966

TAT Thor Agena D

61

57

93,44

1963 – 1968

Thor Agena A

15

9

60,00

1959 – 1960

Thor Agena B

43

36

83,72

1960 – 1965

Thor Agena D

21

17

80,95

1962 – 1967

Titan 34B

14

13

92,86

1971 – 1987

Titan IIIB

54

51

94,44

1966 – 1984

Gesamt

362

323

89,23

1959 – 1987

Abbildung 5: Gesamtübersicht über alle Starts der Agena A-D

Centaur Oberstufe

Die Entwicklung der Centaur war zu ihrer Zeit eines der teuersten Raumfahrtprojekte. Zum Teil lagen die Gründe darin, dass die NASA in vielen Bereichen technisches Neuland betrat – mit entsprechenden Problemen und Kostensteigerungen. Verzögerungen entstanden zudem durch eine Reihe organisatorischer Mängel. Das Centaur Programm wurde von der Air Force begonnen, am Marshall Space Flight Center (MSFC) in Huntsville fortgeführt und vom Lewis Forschungszentrum beendet. Daher ist die aufgetretene Kostenexplosion nicht verwunderlich.

Pläne für Triebwerke, die Wasserstoff als Treibstoff nutzen, gab es schon länger. Der Startschuss für die Entwicklung fiel mit einer Ausschreibung im Jahre 1956. Die Centaur wurde von Krafft Ehricke entworfen. Er war einer der vielen „Deutschen“, die im NASA-Programm arbeiteten. Im Dezember 1957 schlug Ehricke der Air Force die Entwicklung eines Triebwerks vor, das Wasserstoff verbrannte. Damals lehnte die USAF die Anfrage nach 15 Millionen Dollar Fördergeldern noch ab. Dieser erste Entwurf basierte auf einem Design mit vier Triebwerken, jeweils mit 33,6 kN Schub. Dieser geringe Schub ließ eine Druckgasförderung zu. Das hatte den Vorteil, dass auf eine Turbopumpe verzichtet werden konnte. Denn die Entwicklung einer Turbopumpe, die bei den tiefen Temperaturen von flüssigem Wasserstoff (LH2) arbeitet, war eine der großen Herausforderungen für den Einsatz von LH2. Mit der Druckförderung umging Ehricke dieses Problem.

Das ursprüngliche Design von Ehricke wurde überarbeitet. Inzwischen hatte Rocketdyne eine Turbopumpe in der Entwicklung, die auch für flüssigen Wasserstoff einsetzbar war. Die Tanks wurden beim neuen Konzept wie bei der Atlas durch den Innendruck stabilisiert. Sie hatten einen gemeinsamen Zwischenboden. Der doppelwandige Zwischenboden erwies sich als eine der wichtigsten Neuerungen bei der Centaur. Aber seine Entwicklung entpuppte sich als sehr schwierig.

Ehricke stellte das veränderte Konzept im August 1958 vor und konnte nun auch den Kostenrahmen präzisieren. Die Entwicklung der Centaur einschließlich sechs Flugeinheiten sollte 36 Millionen Dollar kosten und lediglich 25 Monate dauern. Der Jungfernflug war für Januar 1961 geplant. Die Air Force genehmigte nun das Projekt. Die Entwicklung begann im Oktober 1958 unter der Auflage, soweit möglich Herstellungsmethoden und Werkzeuge der Atlas zu verwenden. So erhielt die Stufe den Durchmesser der Atlas. Ihre innendruckstabilisierten Tanks wurden aus Edelstahl gefertigt. Im Juni 1959 stiegen die Kosten durch die Hinzunahme einer Steuerung auf 42 Millionen Dollar an. Im Monat darauf erfolgte der erste Test eines RL10 Triebwerks bei Rocketdyne.

Im Februar 1960 wurde Wernher von Braun für den Einsatz der RL10 Triebwerke in der S-IV Stufe der Saturn I gewonnen. Allerdings war die S-IV eine konventionelle Konstruktion ohne druckstabilisierte Tanks. Die S-IV übernahm daher das RL-10 Triebwerk, aber nicht die Technologie der Centaur. Doch von nun an überwachte das MSFC die Centaur Entwicklung. Aus dem USAF-Projekt war ein NASA-Projekt geworden. Anders als bei der Centaur gab es beim Einsatz des RL10 auf der Saturn I keinerlei Probleme, obwohl sechs Triebwerke pro Stufe eingesetzt wurden.

Bei der Entwicklung der Centaur gab es große Verzögerungen. So zündete beim ersten Test nur eines der beiden Triebwerke. Der dadurch austretende Wasserstoff explodierte. Später diffundierte Wasserstoff in den evakuierten Zwischenboden, der Sauerstoff fror aus und der Wasserstoff verdampfte. Neue Anforderungen an die Stufe – der Transport von Nutzlast in geostationäre Bahnen – machten eine Isolation notwendig. Die Isolation wurde zur Gewichtseinsparung in Form von zwei abwerfbaren Schalen an der Außenseite angebracht.