Die ISS - Bernd Leitenberger - E-Book

Die ISS E-Book

Bernd Leitenberger

4,4

Beschreibung

Die zweite Auflage des Buches über die Internationale Raumstation ISS informiert kompakt und kompetent über den Aufbau der Station, die einzelnen Module und die Versorgung der ISS. Besonderes Augenmerk wird auf die wechselvolle Geschichte, die sich über fast drei Jahrzehnte hinzieht, gelegt. Neu in der zweiten Auflage ist neben der Ergänzung des Aufbaus der ISS eine genauere Betrachtung der Forschung an Bord der ISS, die Diskussion über ihren Nutzen und ein sehr umfangreiches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe und die Sojus-Raumschiffe. Dieser Band ist gedacht für an Raumfahrt interessierten, die sich vor allem für die Station, die Aufgabe und den Aufbau der einzelnen Bauabschnitte und nicht für die Astronauten und die Expeditions interessieren. Es konzentriert sich auf die wesentlichen Fakten und bereitet diese vor allem durch zahlreiche Tabellen und Schnittbilder leserfreundlich auf.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Internationale Raumstation ISS

Von Skylab zu Mir

Die Geschichte der Station

Freedom

Über Alpha zur ISS

Die Namenssuche

Die Beteiligung Europas und Japans

Der Aufbau der ISS von 1998–2003

Der Verlust der Columbia und die Folgen

Die ISS nach der Wiederaufnahme des Flugbetriebs

Das Ende von Constellation und die Wiedergeburt der ISS

Die Zukunft der Station

Kosten

Das Setzen auf die Shuttle-Karte

Liste der Assembly-Missionen

Die einzelnen Module der Raumstation

Die Integrated Truss Structure (ITS)

Russische Module

Sarja

Swesda

Pirs und Poisk

Rasswet

Nauka

Verbindungsknoten

Node 1 (Unity)

Node 2 (Harmony)

Node 3 (Tranquility)

Labormodule

Destiny

Columbus

Kibō

Pressurized Module

Experiment Logistics Module – Pressurized Section

Exposed Facility

Verschiedene Teile

Pressurized Mating Adapters (PMA)

Joint Airlock Module (JAM) „Quest“

Canadarm2 und Dextre

European Robotic Arm

Strela 1+2

External Stowage Platforms

ExPRESS Logistics Carrier

Cupola

Permanent Multi-Purpose Module

Alpha Magnetspektrometer (AMS)

Bigelow Expandable Activity Module (BEAM)

Gestrichene Module

Habitation Module

Centrifuge Accommodation Module (CAM)

Russische Forschungsmodule / Universal Docking Module

Science Power Platform

Crew Return Vehicle (CRV)

Die Forschung

NASA

ESA

JAXA

Die Rolle der Forschung auf der ISS

Vorteile der ISS

Die Betrachtung im wissenschaftlichen Kontext

Die Zukunft der Forschung auf der ISS

„You got no Bucks without Buck's Roger“

Kontrollzentren

Die ISS und Flüge zu Mars und Mond

Keeping it Up-To-Date

Die Rolle der ISS für die bemannte Raumfahrt

Die ISS in Zahlen

Die Versorgungssysteme der ISS

Die Verträge rund um die ISS

Nachschubsysteme für die ISS

Der Progress Raumtransporter

Ankopplung

Progress M1

Progress M+M

Einsatz

Die Sojus-Kapsel

Sojus TM

Sojus TMA

Sojus TMA-M

Der zukünftige Einsatz

Das Space Shuttle

Die MPLM

Spacehab-Module

Paletten

Das ATV

Das HTV

Neue US-Systeme

CCDev

CRS-2

Das Cygnus-Raumschiff

Das Dragon-Raumschiff

Das Shuttle und die ISS

Nachwort

Abkürzungsverzeichnis

Links

Literatur zur ISS und ihrer Vorgeschichte

Vorwort

Es gibt viele Bücher über die ISS. Bei fast allen stehen die Missionen, die Astronauten im Vordergrund. Dieses Buch beschränkt sich auf zwei Schwerpunkte. Das eine ist die wechselvolle Geschichte der ISS. Das Zweite ist ein technischer Steckbrief der Station, konzentriert auf die wesentlichen Angaben über die Module.

Natürlich wäre es möglich, über die Raumstation erheblich mehr zu schreiben oder diese noch durch die Geschichte der Raumstationen selbst zu ergänzen. Dem Charakter des Buches, das in der Edition „Raumfahrt kompakt“ erscheint, habe ich mich auf die wesentlichsten Fakten und eine Kurzzusammenfassung der Geschichte entschieden. Es soll den Leser über die wichtigsten Fakten kompakt informieren. Weiterführende Informationen finden sie in den Webseiten, die bei den Links aufgeführt sind.

Es gibt in der Weltraumfahrt sehr viele Abkürzungen. Ich habe diese bei der ersten Benutzung erklärt und verweise beim erneuten Auftreten im Text auf das Abkürzungsverzeichnis auf S.→.

Die erste Auflage erschien 2010, vor den beiden letzten Shuttle Missionen, als deren Nutzlasten schon feststanden. Seitdem hat sich an der Station wenig geändert. Ich habe mich zu einer Neuauflage entschlossen, weil neue Druckkonditionen es erlaubten, das Buch zu erweitern, ohne den Preis anzuheben.

Neu in der zweiten Auflage ist ein Kapitel über die Versorgungssysteme der Station. Ich habe dieses aus meinem Buch über das ATV entnommen. Erweitert wurde das Kapitel über die Forschung auf der ISS. Die Geschichte wurde aktualisiert um die wesentlichsten Ereignisse von 2010 bis 2015 und ein Ausblick auf die weiteren Jahre gegeben. Eine Einführung über die Geschichte der Raumstation ergänzt den historischen Teil des Buchs. Am zentralen Teil über die Module habe ich wenig geändert und nur um die wenigen Neuigkeiten in den letzten Jahren, die es in den letzten Jahren gab, ergänzt.

Ganz besonderen Dank schulde ich Ralph Kanig und Kevin Glinka für das Korrekturlesen des Manuskripts.

Die Internationale Raumstation ISS

Als die ISS im Jahre 2011 fertiggestellt wurde, gingen mehr als ein Vierteljahrhundert der Planung, Verhandlungen und Montage zu Ende. In den letzten Jahren gab es viele Diskussionen und Pläne über die Zukunft der ISS.

Das erste Kapitel behandelt die Geschichte der ISS, beginnend mit der Proklamation durch Reagan 1984 bis zur Fertigstellung 2011. Es folgt eine kurze Beschreibung der einzelnen Module und Bauteile der ISS. Den Abschluss bildet eine Diskussion und Übersicht über die Forschung an Bord der Raumstation. Ergänzt wird das Buch durch eine kurze Beschreibung der Versorgungssysteme.

Obwohl die Station sich „international“ nennt, besteht sie aus einem russischen und einem westlichen Teil. NASA und Roskosmos bestanden jeweils auf die Nutzung ihrer Standards und Systeme. Diese Unterschiede finden sich auch im Betrieb und der Versorgung. Nicht zuletzt gab es auch Spannungen zwischen den Partnern während der Entwicklung und des Aufbaus der ISS.

Abbildung 1: Die ISS nach der Fertigstellung © der Grafik: NASA

Von Skylab zu Mir

Die ISS ist nicht die erste Raumstation. Sie ist die zehnte, wobei von den anderen neun nur eine von den USA betrieben wurde. An dieser Stelle daher eine kleine Geschichte der Raumstationen.

Skylab war zwar nicht die erste Raumstation, aber da danach keine weitere US-Station kam, bietet es sich an sie zuerst zu erwähnen. Skylab entstand aus dem Apolloprogramm. Das NASA-Management ging davon aus, dass man bald nach Beendigung von Apollo ein neues bemanntes Programm beschließen würde. Entweder würde es zum Mars gehen oder man würde einen wiederverwendbaren Raumgleiter bauen. Bisher war es so, dass sich die Programme überlappten: Gemini wurde beschlossen, als die ersten Mercury Flüge anstanden. Ein Jahr später folgte Apollo. Das bedeutete, dass die vielen Techniker und Ingenieure von einem Projekt zum anderen wechseln konnten, wenn der Höhepunkt der Entwicklung erreicht war und man weniger Personen brauchte. Das war bei Apollo das Jahr 1967. Doch ein Nachfolgeprojekt war 1967 nicht in Sicht. So beschloss man bei der NASA auf das Apollo Application Programm AAP. Das Programm sollte untersuchen, wie man aus der Apollo-Hardware mehr machen konnte. Damit waren die Mitarbeiter weiter gebunden und man konnte die Pause bis zu einem neuen Programm überbrücken. Von den Vorschlägen konnte sich nur einer durchsetzen, das war der einer Raumstation.

Skylab wurde aus einer Saturn S-IB Stufe entwickelt. Der Wasserstofftank wurde zur Wohnung der Besatzung umgebaut. Der Sauerstofftank diente als Abfallbehälter. An die umgebaute Stufe, den Orbital Workshop schloss sich die Luftschleuse an, die von einem Ring mit Vorratsbehältern für Sauerstoff, Wasser und Stickstoff umgeben war. Über die Luftschleuse mussten die Astronauten aussteigen, um im Sonnenteleskop, das dort angebracht war, die Filme zu wechslen oder Wartungsarbeiten durchzuführen. Den Abschluss bildete ein Kopplungsadapter für zwei Raumschiffe – eine Besatzung und ein Rettungsraumschiff. Erstmals machte man sich bei Skylab Gedanken über die Rettung der Besatzung. Dies war wegen der Startvorbereitungen aber nur möglich, wenn es ein Problem an dem Apollo-Raumschiff gab oder die Station noch für einige Zeit bewohnbar war. Skylab war für drei Besatzungswechsel ausgelegt. Die erste sollte 28 Tage im All bleiben, die beiden nächsten jeweils 56 Tage. Die Vorräte erlaubten es, die dritte Besatzung sogar 84 Tage lang forschen zu lassen. Die Forschungsmöglichkeiten an Bord von Skylab waren für die damalige Zeit sehr gut. Das ermöglichte die hohe Nutzlast der Saturn V Trägerrakete. Es waren 54 Experimente fest installiert dazu kamen weitere die mit den Missionen an Bord gebracht wurden, sowie Untersuchungen an den Astronauten selbst, die keine besonderen Vorrichtungen erforderten. Zusammen waren es 82 Experimente, mit denen 270 Untersuchungen durchgeführt werden konnten. Skylab brachte eine große Ausbeute an Ergebnissen. Am meisten profitierte die Sonnenforschung, die auch der Forschungsschwerpunkt war. Eine relativ kleine Rolle spielten die Materialwissenschaften, doch ihre Ergebnisse waren so positiv, dass sie die Hoffnung auf eine spätere Fertigung im Weltraum nährten und dazu führten, dass Materialwissenschaft neben der Humanforschung heute die zweitwichtigste Disziplin an Bord der ISS ist. Andere Forschungen rechtfertigten nicht den Aufwand, so waren die Ergebnisse der astronomischen Forschung nicht überzeugend und die Aufnahmen der Erde waren nicht besser als die der Landsat-Satelliten, die jedoch die Erde kontinuierlich zu geringeren Kosten überwachen konnten.

An Bord von Skylab arbeiteten die drei Astronauten im Schnitt 130 Stunden pro Woche an Experimenten. Die Expeditionen 40+41 stellten an Bord der ISS den derzeitigen Rekord mit 80 Stunden wissenschaftlicher Arbeit pro Woche – allerdings für sechs anstatt drei Astronauten. Das Skylab dreimal produktiver als die ISS war liegt an einigen Faktoren: Die Station hatte eine limitierte Lebensdauer. Eine Versorgung war nicht vorgesehen, waren die Vorräte an Bord verbraucht so war die Mission beendet. Damit gab es kaum Reparaturen, Housekeepingarbeiten und keine Versorgungsraumschiffe, die be- und entladen werden mussten. Vor allem machten die Astronauten viel weniger Übungen, um dem Problem des Muskelabbaus und Knochenschwundes zu begegnen. Erst die Skylabmissionen lenkten die Aufmerksamkeit auf dieses Problem, das bei den vorherigen, maximal 14 Tage dauernden Missionen nicht auftrat.

2. Abbildung: Skylab. Deutlich sichtbar ist der Sonnenschirm über der Station.

Skylab ist heute aus zwei Gründen in Erinnerung geblieben, die nichts mit der Forschung zu tun haben. Zum einen, weil die Station beim Start beschädigt wurde. Aerodynamische Kräfte führten zur Entfaltung eines Solarzellenflügels und des Verlusts des Mikrometeoritenschutzschildes, der zugleich Thermalisolation war. Damit waren die Temperaturen an Bord der Station so hoch, dass sie nicht bewohnbar war. Die NASA erarbeitete innerhalb von 9 Tagen eine provisorische Lösung, bei der eine Abdeckung wie ein Regenschirm durch eine Experimentluftschluse aufgespannt wurde. Damit sanken die Temperaturen auf erträgliche Werte. In einem Außeneinsatz musste die erste Besatzung auch noch ein zweites eingeklemmtes Solarpanel entfalten. Auch dies gelang. Die zweite Besatzung montierte dann ein noch größeres Schutzsegel bei einem Außeneinsatz. Die NASA bewies, wie bei Apollo 13, eine enorme Flexibilität und Geschwindigkeit das Problem zu lösen: Da die Station nur begrenzte Treibstoffvorräte hatte (Lageänderungen sollte das angekoppelte Servicemodul von Apollo durchführen) musste man die erste Besatzung innerhalb von zwei Wochen zur Station schicken, sonst wäre der Vorrat an Kaltgas zur Lageänderung verbraucht gewesen.

1979 geriet die Station erneut in die Schlagzeilen, als sie in die Erdatmosphäre eintauchte und über dem Indischen Ozean verglühte. Einige Trümmer gingen über Australien nieder. Da noch nie ein 90 t schweres Objekt in die Erdatmosphäre eintrat, rauschte es damals kräftig im Blätterwald, wo das Risiko von einem Skylab-Bruchstück getroffen zu werden stark übertrieben wurde. Ursprünglich sollte die Station von einem Space Shuttle in eine sichere Höhe angehoben werden, doch das Programm lag mehrere Jahre hinter den Planungen zurück und der Jungfernflug des Shuttles fand erst zwei Jahre nach dem Verglühen von Skylab statt.

Die USA konzentrierten sich in der Folge auf Kurzzeitmissionen mit dem Spacelab und später Spacehab. Das Spacelab wurde von der ESA entwickelt und den USA gegen einen „halben“ Space-Shuttle-Flug geschenkt (eine gemeinsame Mission bei der einer von zwei Nutzlastspezialisten von der ESA kam). Das Spacelab verinnerlichte die Konzeption des STS (Space Transportion System) – es sollte viele Flüge geben, die relativ preiswert sein sollten. Dadurch sollte das Labor sehr oft zum Einsatz kommen und das Spacelab hatte zahlreiche Konfigurationen um unterschiedliche Fragestellungen zu untersuchen. Es bestand aus drei Elementen: einem kurzen Modul, einem langen Modul und Paletten. Es konnte eines der Module mit Paletten kombiniert werden oder nur Paletten eingesetzt werden. Die Paletten nahmen die Experimente auf, die direkt dem Raum ausgesetzt waren oder freie Sicht auf die Erde oder den freien Raum erforderten wie astronomische oder geophysikalische Instrumente. Das Spacelab führte ein Standardrackformat ein, auf dem die heutigen Racks der ISS basieren. Damit konnte man Experimente leicht austauschen und es gab eine standardisierte Bauform an der sich Entwickler orientieren können. Das erinnert ein an das Standard-Hifi-Rack: Ob sie in dieses einen CD-Player, Plattenspieler, Kassettendeck, Tuner, Receiver oder Equalizer einbauen, ist ihnen überlassen, aber alle Geräte passen dank Standardabmessungen und Anschlüsse in dasselbe Rack.

Jedoch flog das Shuttle nie so oft wie geplant und auch nicht zu den geplanten Kosten, die bei 14,5 Millionen Dollar im Wert von 1971 nach den Planungen lagen. Es wurde daher weitaus weniger oft eingesetzt als geplant. Die ESA leistete sich nur wenige Missionen und Deutschland war der einzige ESA Staat, der zwei nationale Missionen durchführte. Die NASA rüstete die Columbia um damit diese Langzeitmissionen durchführen konnte. Doch selbst wenn dann Missionen von bis zu 21 Tagen möglich waren, so war dies doch kurz gegenüber den schon erfolgten Skylabmissionen. 22 Spacelab Missionen wurden bis 1998 eingesetzt. Die Paletten wurden noch bei drei weiteren Missionen eingesetzt, die Letzte 2008 bei STS-123. Danach nutzte die NASA das leichtere Spacehab als Labor. Es wurde von 1993 bis 2007 eingesetzt, jedoch meistens als Transportbehälter für die Mir und ISS. 22 Flüge des Spacehabs gab es davon waren neun Versorgungsflüge zur ISS und acht zur Mir. Beide Labore waren nur für Kurzzeitmissionen ausgelegt, da das Space Shuttle nur Flüge von wenigen Tagen bis zu drei Wochen mit Zusatzausrüstung zuließ.

Russland begann noch vor den USA mit dem Start einer eigenen Weltraumstation, genannt Saljut. Unter diesem Namen wurden zwei Typen gestartet, eine zivile Variante genannt DOS (ДОС, Долговременная орбитальная станция, Dolgovremennaja orbitalnaja stancija für „Langzeit-Orbital-Station“) und eine militärische Station, genannt Almaz. Almaz war die ältere Entwicklung. Die Astronauten sollten in Almaz hochauflösende Aufnahmen der Erde anfertigen. In dieser Disziplin war Russland den USA unterlegen. Ihre Zenit Aufklärungssatelliten waren aus den Wostokkpaseln entwickelt worden. Deren Fenster limitierten die Größe des Teleskops und es war nicht möglich wie beim US-System belichteten Film in Rückkehrkapseln zur Erde zu senden, sodass Russland sehr viele Missionen startete, um die USA und ihre Verbündeten zu überwachen. Die USA hatten ein ähnliches Projekt namens MOL, stellten diese Pläne für eine bemannte Raumstation wegen der ausufernden Kosten aber 1969 ein.

Saljut 1 war eine zivile Station (DOS). Sie bestand aus zwei Zylindern dem Wohnraum für die Besatzung, in der auch die Experimente waren und einem Servicemodul einer Sojus zur Steuerung am Heck und einem Kopplungsadapter am Bug. Diese beiden Sektionen enthielten auch die Solarzellen. Das Druckmodul stammte von der Almaz. Saljut 1 wurde sehr schnell aus der Almaz entwickelt und das schon fertige Druckmodul mit der existierenden Serviceeinheit der Sojus „verheiratet“. Es ging darum zum einen Skylab zuvorzukommen, zum anderen aber auch vom gescheiterten eigenen Mondprogramm abzulenken, indem man behauptete, man hätte nie eines gehabt und stattdessen eine Raumstation entwickelt.

Saljut 1 startete am 19.4.1971 als erste Raumstation. Die erste Besatzung von Sojus 10 konnte am 22.4.1971 nicht ankoppeln, da man keine mechanische und elektrische Verbindung bekam. Daraufhin modifizierte man für Sojus 11 den Kopplungsadapter und diese Besatzung koppelte am 7.6.1971 an Saljut 1 an. Während der 23 Tage an Bord gab es einige Probleme so einen Brandgeruch an Bord, Vibrationen der Station und Verlust an elektrischer Leistung. Die Bitte der Besatzung früher heimkehren zu können, wurden abgelehnt. Als sie am 29.6.1971 abkoppelte, schloss sich ein Ventil nicht und die Luft aus der Kapsel entwich und die Besatzung erstickte – aus Platzgründen hatten die Besatzungsmitglieder nicht den vollständigen Raumanzug an, mit dem sie auch das Raumschiff verlassen konnten, sondern nur einen leichten Overall ohne Helm. Fortan führte Russland alle folgenden Flüge nur noch mit zwei Astronauten durch, da die nun zur Sicherheit bei Start und Landung angelegten Schutzanzüge so sperrig waren, dass der dritte Sitz nicht belegt werden konnte, erst die Sojus T lies wieder drei Astronauten zu. Ein weiterer Besuch der Saljut 1 erfolgte daher nicht. Sie verglühte am 11.10.1971.

3. Abbildung: Saljut 1 mit angekoppelter Sojus

Die beiden nächsten zivilen Stationen Saljut 2A und Kosmos 557 wurden nicht von Besatzungen besucht. Saljut 2A ging bei einem Fehlstart am 29.7.1972 verloren. Die dritte Station wurde am 22.5.1973 gestartet, war jedoch nach Erreichen des Orbits nicht kontrollierbar und verglühte nach 11 Tagen. Sie erhielt die Tarnbezeichnung „Kosmos 557“.

Zwischenzeitlich wurde am 3.4.1973 die erste Almaz Station gestartet. Almaz unterschied sich vor allem in der Steuersektion und dem Kopplungsadapter von DOS. Almaz Adapter war für das zu entwickelnde Raumschiff TKS ausgelegt. Die Druckhülle war identisch zur zivilen DOS. Die erste Almaz bekam die Bezeichnung Saljut 2. Die dritte Stufe, der Proton die ebenfalls in die Umlaufbahn gelangte explodierte nach drei Tagen und ein Bruchstück beschädigte eine Treibstoffleitung, die nach 13 Tagen zur Explosion und dem Druckverlust an Bord führten. Die Station wurde aufgegeben ohne das Sie von einer Besatzung besucht worden wäre.

Saljut 3, die zweite Almaz startete am 25.4.1974. Die Besatzung von Sojus 14 hielt sich 15 Tage an Bord auf. Sojus 15 konnte nicht ankoppeln. Inzwischen hatte man die Almaz auf die Sojus umgerüstet, da das TKS-Raumschiff weiter hinter dem Zeitplan zurücklag. Die Besatzung konnte ihr Beobachtungsprogramm durchführen und auch die erstmals an Bord befindliche Kanone wurde erfolgreich erprobt. In Russland meinte man, sich vor feindlichen Raumschiffen schützen zu müssen. Später arbeitete die Station unbemannt weiter und eine Rückkehrkapsel mit Film wurde kurz vor dem Verglühen abgesetzt. Zentrales Instrument war ein Teleskop, das auf ein Ziel ausgerichtet werden konnte und diesem folgte, auch wenn sich die Station weiter bewegte – in diesem Falle wurde die ganze Station gedreht.

Saljut 4, die zweite nutzbare zivile Station wurde am 26.12.1975 gestartet. Drei größere Solarpaneele um den Druckkörper lieferten bei dieser Station mehr Strom. Zwei Besatzungen (Sojus 17 und 18 hielten sich 29 und 63 Tage an Bord auf – setzten also neue russische Rekorde. Danach wurde ein unbemanntes Sojus Raumschiff gestartet. Mit Sojus 20 erprobte man, wie lange man eine Raumstation nutzen konnte.

Saljut 5 war die letzte militärische Station, da man nun auch in der Sowjetunion das Kosten-/Nutzenverhältnis für nicht gegeben ansah. Von den drei Besatzungen verbrachten zwei (Sojus 21 und 24) 48 bzw. 17 Tage an Bord. Sojus 23 hatte erneut Probleme, anzukoppeln.

Bisher waren alle Raumstationen, sowohl Saljut 1-5 wie auch Skylab mit einem Vorrat an Verbrauchsgütern gestartet worden. Das sind die Gase für die Atmosphäre, das Wasser und die Lebensmittel. Bei den in niedriger Bahnhöhe die Erde umkreisenden Saljuts war auch der Treibstoff eine begrenzte Ressource. Ohne dauernde Bahnanhebungen wären die Stationen innerhalb von wenigen Wochen verglüht. Skylab wurde immerhin 171 Tage lang genutzt, die sowjetischen Stationen 16 bis 92 Tage. Diese kurze Nutzungsdauer war ineffektiv. Russland entwickelte aus der Sojus den unbemannten Raumtransporter Progress, der Gase, Wasser, Nahrungsmittel und Treibstoff zur Station bringen konnte. Damit waren viel längere Missionen möglich und in den folgenden Jahren setzten Kosmonauten neue Langzeitrekorde, nachdem bisher die Besatzung von Skylab 4 diesen seit 1974 hielt.

Saljut 6 hatte zwei Kopplungsadapter – einen am Bug und einen am Heck. Damit war neben einer Sojus auch die Ankopplung eines Progress-Versorgers möglich. Diese Station war von 1977 bis 1981 in Betrieb also über vier Jahre. 16 Besatzungen, davon fünf Langzeitcrews hielten sich bis zu 107 Tage an Bord der Station auf. Dies ermöglichten 12 Progresstransporter. Nach der letzten Mission koppelte ein Prototyp des nun endlich einsatzfähigen TKS-Raumschiffs zum Test an. Propagandistisch nutzte Russland die Kurzzeitmissionen, um Kosmonauten aus sozialistischen Bruderländer zur Station zu bringen: Die NASA hatte angekündigt, Astronauten anderer Länder zu transportieren. Damit kam man diesem Vorhaben zuvor.

Saljut 7 war baugleich zu Saljut 6. Sie wurde als Back-up gebaut, und nachdem Saljut 6 in die Jahre gekommen war, gestartet, da Mir als Nachfolge noch nicht fertiggestellt war. Nach einem Jahr wurde die Station durch ein TKS-Raumschiff erweitert, der in der Rückkehrkapsel 350kg Material zur Erde brachte. 1985 folgte ein zweites TKS-Raumschiff ohne Rückkehrkapsel, dafür mit Erdbeobachtungsinstrumenten. Saljut 7 wurde während ihrer drei Betriebsjahre von 10 Besatzungen, davon fünf Langzeitbesatzungen bewohnt. Russland setzte nun den neuen Sojustyp T ein, der durch eine umgebaute Kabine wieder drei Personen als Besatzung zuließ. Der Rekord für den Aufenthalt im All stieg nun auf 236 Tage an. An Bord von Saljut 7 löste die Besatzung auch erstmals zahlreiche technische Probleme. Obwohl es weniger Besatzungen gab, verbrachten diese noch mehr Zeit auf der Station als in den 5 Jahren die Saljut 6 aktiv war.

4. Abbildung: Saljut 7 mit TKS-Raumschiff (Kosmos 1443) und Sojus

Das TKS-Raumschiff wurde zwar niemals bemannt eingesetzt, doch sein Druckmodul wurde Basis für den FGB, den Funktionellen Cargo Block, dem zentralen Element der Mir.

Der offensichtliche Unterschied der Mir von den Saljut ist, dass jedes Modul bis zu sechs (anstatt zwei) Kopplungsadapter hat. Damit konnte man zahlreiche weitere Module, die auf Basis des TKS-Raumschiffs entstanden, ankoppeln. Jedes Modul hat einen eigenen Antrieb und kann daher wie eine Sojus an die Mir angekoppelt werden. Mir wurde um sechs Module erweitert. Drei bis 1990, dann zwang der Zusammenbruch der Sowjetunion zu einem Baustopp. Zweitweise fehlte es sogar an Geld, eine Ersatzbesatzung zu starten. Die zweite Phase des Ausbaus von Mir begann 1995 mit dem Shuttle-Mir-Programm. Die NASA bezahlte nicht nur die folgenden drei Module der Mir mit, sondern flog auch die Mir an. Dabei fanden nicht nur Besatzungswechsel statt, sondern die Shuttles lieferten auch Versorgungsgüter für die Station. US-Astronauten brachen nun an Bord der Mir den bis dahin über 20 Jahre alten US-Langzeitrekord von Skylab 4. Es wurde allerdings auch klar, dass die Station überaltert war. Eigentlich hätte nach fünf Jahren Mir-2 gestartet werden sollen, doch für die Fertigstellung der Nachfolgestation fehlten Russland die Mittel. Die Kosmonauten waren vor allem damit beschäftigt, die Station im Schuss zu halten und Reparaturen durchzuführen. Besonderes Aufsehen erregte die Kollision des Progressfrachters M-34. Um Kosten zu sparen, wollte Russland das ukrainische KURSSystem zur automatischen Ankopplung durch eine Fernsteuerung durch die Besatzung ersetzen. Ein erster Test mit Progress M-33 scheiterte und bei M-34 reagierte die Progress nicht oder verspätet auf Steuersignale und kollidierte mit der Mir. Ein Modul wurde beschädigt und musste aufgegeben werden.

5. Abbildung: Aufbau der Mir

Mit dem Bau der ISS sollte Russland die Mir eigentlich aufgeben, zumindest gab es nun keine Unterstützung seitens der NASA mehr. Vergeblich versuchte man die Raumstation für den Weltraumtourismus zu nutzen – es gab nicht genügend Interessenten für eine solche Mission. Schließlich deorbitierte man die Mir und auch Russland konzentrierte sich auf die ISS. Mir wurde 15 Jahre lang betrieben, davon 10 Jahre bemannt. Die Station war lange Zeit das Aushängeschild der russischen Raumfahrt. Valery Polyakov hält seit 1995 den Rekord des längsten Aufenthalts am Stück mit 437 Tagen. Es gibt keine Pläne, eine ISS-Besatzung länger als 360 Tage im All zu belassen. Damit dürfte dieser Rekord noch lange Bestand haben.

Nach der Fertigstellung der ISS startete China am 20.9.20111 ihr Tiangong-1 Raumschiff. Dies ist ein verhältnismäßig kleines zylindrisches Druckmodul mit einem Innenvolumen von nur 32m³. Die chinesischen Trägerraketen haben eine kleinere Nutzlast als die russsische Proton, so wiegt Tiangong-1 weniger als die Hälfte eines Mir Moduls. Seitdem wurde es von zwei bemannten und einem unbemannten Shenzou Raumschiff besucht. Tiangong-1 ist ein Prototyp, doch China plant mit dem größeren Tiangong-2 und 3 eine permanente Station, die sukzessive ausgebaut wird. Man weis von dem Tiangong-Modul wenig. Es verwendet aber die ASAP-89 Adapter, die auch die russischen Module haben. Die Shenzhou ist eine Kopie der Sojus TM. Damit könnte China sich auch an der ISS beteilligen. Eine Offerte Chinas, an der ISS Module anzubringen, wurde von der NASA abgelehnt, da ein Kongressbeschluss der NASA eine Zusammenarbeit mit China verbietet.

RaumstationGestartetVerglühtMasse [kg]InnenvolumenBesatzungenTage bemanntSaljut 119.04.7126.10.7119.400kg99m³124Saljut 2A29.07.7229.07.72    Saljut 203.04.7328.05.7318.500kg99m³  Kosmos 55711.05.7322.05.7319.400kg   Skylab14.05.7311.07.79  3171Saljut 324.06.7424.01.7518.500kg   Saljut 426.12.7403.02.7718.900kg90m³392Saljut 522.06.7608.08.7719.000kg100m³267Saljut 629.09.7729.07.8219.624kg90m³16683Saljut 719.04.8207.02.9119.824kg90m³10816Mir20.02.8623.03.01129.700kg350m³324502ISS (am 1.8.2015)20.11.98 ~ 420.000kg 446329Tiangong 120.09.11 8.400kg32m³224

6. Abbildung: Tiangong 1 vor dem Start

Die Geschichte der Station

Am 25.1.1984 gab Präsident Ronald Reagan der NASA den Auftrag, innerhalb eines Jahrzehntes eine Raumstation zu entwickeln. Natürlich erfolgte dieser Schritt nicht ohne eine vorherige Konsultation der NASA. Schon seit 1982 tagte die Space Task Group der NASA, die darüber beriet, welche Projekte nach der Fertigstellung des Space Shuttles angegangen werden könnten. Eine Raumstation war der folgerichtige nächste Schritt. Die Raumfähren waren ursprünglich entwickelt worden, um eine Raumstation aufzubauen und zu versorgen. Erst durch die Forderungen des US-Militärs wurden die Shuttles auf den Transport von Satelliten ausgelegt.

Nach mehr als einem Jahr Planung standen die Kosten und die wichtigsten Basisdaten fest. Präsident Reagan war leicht von dem Projekt zu überzeugen. Schließlich galt es für ihn als bekennenden Antikommunisten, Russland in allen Bereichen zu schlagen. Die Sowjetunion hatte an Bord von Saljut 6 und 7 Langzeitrekorde für den Aufenthalt im All aufgestellt. Seit die letzten Astronauten am 5.2.1974 die Station Skylab verließen, waren für Amerikaner keine längeren Aufenthalte im All mehr möglich. Die Space Shuttles konnten regulär eine Woche im All bleiben, mit einer zusätzlichen Ausrüstung bis zu drei Wochen. In der Verbindung der Raumstation die dauerhafte Forschung ermöglicht mit der Transportkapazität der Space Shuttles, die es ermöglicht Experimente rasch auszutauschen, würde die neue Raumstation „Freedom“ genannt Russlands Raumstationen des Saljutprogramms sowohl in den Forschungsmöglichkeiten, wie auch der Größe deklassieren.

Abbildung 7: Letzte US-Planung von Alpha © der Grafik: NASA

Freedom

Für die künftige Raumstation wurde 1984 ein Kostenrahmen von rund 8 Milliarden Dollar, eine Besatzung von anfänglich sechs bis acht Personen und ein Besatzungswechsel alle drei bis sechs Monate vorgesehen. Sie sollte in einer Höhe von 407km mit einer Bahnneigung von 28,5 Grad die Erde umkreisen, da auf dieser Inklination die Nutzlastkapazität des Space Shuttles maximal ist. (Es ist der Breitengrad des Startorts). Die Umlaufbahn war erdnah um die Nutzlast der Raumtransporter zu maximieren.

Es schlossen sich nun Entwicklungsaufträge für die ersten zwei Jahre an, bei denen die Industrie aufgefordert wurde, Konzepte vorzulegen. 1985 verabschiedete auch die ESA aufgrund deutscher Initiative den Beschluss, sich bei der Raumstation zu beteiligen und began Vorplanungen, wie dies möglich sein sollte. Die erste Konfiguration war 1985 der „Power Tower“. An einem einzigen Träger saßen an einem Ende die zylindrischen Module mit Laboren und Wohnraum für die Besatzung, am anderen Ende befand sich ein Modul ohne Innendruck und Paletten, die dem Weltraum ausgesetzt waren. Ein großer Solarzellenausleger mit 68,3 kW elektrische Leistung war in der Mitte des Trägers vorgesehen. Zwanzig Space Shuttle Flüge wären notwendig, um diese Station zu bauen. Vier Wohn- und Labormodule von jeweils 10,50m Länge sollten die Besatzung aufnehmen. Bei späteren Planungen wurden die Module mit 13,30m etwas länger, aber die Anzahl auf je ein Labor und ein Wohnmodul reduziert. 1991 sollte das erste Modul ins All gebracht werden, bis 1995 sollten sich neun Astronauten auf der Station aufhalten können. Das war die Besatzung für den Vollausbau.

Schon im März 1986 wurde dieses Konzept zugunsten des „Dual Keel“ Konzeptes aufgegeben. Drei Träger bildeten nun das Gerüst. Zwei waren kürzer und deren Enden waren miteinander verbunden, sodass der Buchstabe „O“ entstand. Der Dritte, längere Träger, führte mitten durch das „O“, sodass das Gerüst etwa so aussah wie der griechische Buchstabe Phi: Φ. Diese Konfiguration erlaubte bessere Mikrogravitationsbedingungen als der „Power Tower“, da die Druckmodule nun in der Mitte angebracht waren. Nachdem Europa und Japan ihre Bereitschaft bekundet hatten, sich an der Raumstation zu beteiligen, wurde die Zahl der US-Module reduziert. Zuerst von zwei auf ein Labormodul und dann von zwei Wohnmodulen auf ein einziges Wohnmodul für bis zu acht Astronauten.

Die Raumstation hatte in dieser Konfiguration eine Länge von 153m und wäre 110m breit gewesen. Die Kiele sollten aus 5m langen Stangen und Röhren im Orbit erstellt werden. Bei dem Space Shuttle Flug STS-61B wurde diese Montage im All erprobt. In 55 Minuten errichteten zwei Astronauten aus 93 Stangen von 1,40 und 2,00m Länge einen 14m hohen Turm. Die Energieversorgung sollte aus einer Mischung von Solarzellen und solarthermischer Energie geschehen. Diese Technik nutzt Spiegel die Sonneneinstrahlung auf einen Brennpunkt fokussieren, in dem ein Arbeitsmedium erhitzt wird. Dieses geht in den gasförmigen Zustand über und treibt eine Turbine an, die dann Strom produziert. Das abgekühlte Medium geht zurück zum Brennpunkt, je nach verwendetem Medium kann es durch die Abkühlung verflüssigt werden. Derartige Konstruktionen gibt es im größeren Maßstab auch auf der Erde in Form von solaren Turmkraftwerken. Die solarthermische Versorgung offerierte höhere Wirkungsgrade und galt bei größeren Flächen als billiger als Solarzellen. Auf der anderen Seite war sie noch niemals im Großmaßstab im Weltraum erprobt. Nun sollte dies gleich für die Energieversorgung einer bemannten Station zum ersten Mal erfolgen. Das erschien zu riskant. Als Kompromiss wählte die NASA beide Systeme, so konnten die Solarzellen zumindest die absolut notwendige Energie für einen sicheren Betrieb gewährleisten, selbst wenn die solarthermische Versorgung gestört sein sollte. Die Solarzellen liefern 75 kW Leistung – genug für die erste Baustufe und die solarthermischen Anlagen weitere 50 kW, die für die zweite Ausbaustufe benötigt werden.

Am 25.9.1986 wurde diese Konfiguration vorgestellt. Sie umfasste nur noch vier Module – ein Wohnmodul und jeweils ein Labormodul der USA, Europa und Japan. Lediglich 10 bis 11 Space Shuttle Flüge wären für die Montage erforderlich.

Die nächste Kostenabschätzung im Februar 1987 ging schon von Kosten von 14,5 Milliarden Dollar im Wert von 1984 aus oder 21 Milliarden über die Gesamtbauzeit. Das führte zu einer Revision des Konzeptes, denn es war dem amerikanischen Kongress zu teuer. Ein weiterer Kritikpunkt war nach dem Verlust des Space Shuttles Challenger die große Anzahl an EVA Operationen. Die Besatzung des Space Shuttles hätte von Hand die Gitterstrukturen errichten müssen. Dafür müsste ein Shuttle bis zu 16 Tage im All bleiben, wodurch weitere Kosten für eine Umrüstung der Orbiter für Langzeitaufenthalte hinzukämen.

So wurde Freedom erneut umkonstruiert, und was dabei herauskam, ähnelte der späteren ISS (bis auf die russischen Module) schon sehr. Es gab jetzt nur noch einen Längsträger anstatt zweier. An diesem befanden sich an den Außenseiten die Solarzellen und in der Mitte die Druckmodule. Diese Konfiguration stand 1987, sollte nun noch 12,2 Milliarden Dollar (Wert 1984) oder 19 Milliarden über die Bauzeit kosten. Das erste Element sollte im Januar 1994 in den Orbit befördert werden. Bis Ende 1996 wäre die Station fertiggestellt. Die USA rechneten mit beträchtlichen Investitionen anderer Partner, so sollte Japan 2 Milliarden, die ESA 4,5 Milliarden und Kanada 1,2 Milliarden Dollar für ihre Beiträge aufwenden. Für die USA wurden, inklusive der nötigen Flüge für den Transport von Elementen, Aufwendungen von 10 Milliarden Dollar errechnet.

Zwanzig Space Shuttle Flüge waren nun geplant – deren Kosten die NASA schon damals (trotz Kenntnis der wahren Kosten) mit nur 100 Millionen Dollar pro Flug ansetzte. Die realen Flugkosten betrugen vor dem Verlust der „Challenger“ 153 Millionen Dollar pro Start und stiegen bei Wiederaufnahme der Flüge im Herbst 1988 auf 250 Millionen Dollar pro Flug an. 12 bis 14 Flüge pro Jahr wären für den Aufbau notwendig gewesen. Auch dies war eine Flugrate, die nicht erreichbar war. Mitte der neunziger Jahre starteten die Space Shuttles bis zu achtmal pro Jahr. Seitdem ist die Startrate gesunken.

1988 vergab die NASA, die Entwicklungsaufträge an die Industrie. Die Hauptkontraktoren waren Boeing, McDonnell-Douglas, General Electric und Rocketdyne. Die Verträge hatten eine Laufzeit von zehn Jahren und umfassten eine Gesamtsumme von 6,7 Milliarden Dollar.

So schien die Raumstation, die 1988 von Präsident Reagan „Freedom“ getauft wurde, auf dem Weg, als 1989 die ersten Budgetkürzungen kamen. Die NASA bekam für das Finanzjahr 1990 nur 800 anstatt beantragter 2.050 Millionen Dollar für die Station. Als Folge wurde der Baubeginn um ein weiteres Jahr, nun auf 1996, verschoben. 1990 ergab eine unabhängige Untersuchung des Konzeptes, dass Freedom 23% schwerer als geplant war, 34% zu wenig Strom erzeugte, nicht im Budget lag und zu komplex war. Zwischen 2.200 und 3.200 EVA Stunden pro Jahr wären nach Ansicht der Kommission für den Bau notwendig. Die NASA ging von lediglich 500 Stunden aus. Der Kongress verlangte eine neue Revision des Konzepts und kürzte erneut die Mittel um 551 Millionen Dollar. Das erforderte ein erneutes Redesign der Station. Seit 1984 hatte die NASA nun schon 6 Milliarden Dollar für die Planungen und Verträge ausgegeben.

Dieses neue Konzept wurde von der NASA im März 1991 vorgestellt. Die Labor- und Wohnmodule wurden von 13,40 auf 8,20m gekürzt, die Länge des zentralen Masts von 150 auf 108m verringert. Die Station sollte nun schon 30 Milliarden kosten, das erste Element sollte im Frühjahr 1996 gestartet werden, die erste Mannschaft Mitte 1997 und im Jahr 2000 sollte die Station fertiggestellt sein. Dieses Konzept bekam keine Rückendeckung. So wollte der Senat 1991 die Station sogar ganz einstellen, es gab für diesen Vorstoß auch keine Mehrheit im Repräsentantenhaus. So wurde bei gekürztem Budget weiter geplant, um die Weltraumstation billiger bauen zu können.

Abbildung 8: Freedom im Jahr 1991. © der Grafik: NASA

Abbildung 9: Erstes Freedom Konzept: Power Tower © der Grafik: NASA

Über Alpha zur ISS

1993 stand Freedom, die inzwischen, weil der markige Titel nicht mehr in die Zeit internationaler Zusammenarbeit im Weltraum passte, in „Alpha“ umbenannt wurde, quasi vor dem Aus. Zehn Jahre lang war die Raumstation geplant worden. Die Planung hatte inzwischen 11,2 Milliarden Dollar verschlungen – mehr als die Raumstation ursprünglich fertiggestellt kosten sollte. Nach zehn Jahren sollte sie im All fertiggestellt sein. In der Wirklichkeit war noch kein Stück Hardware gebaut worden. Die Baukosten wurden nun auf 30 Milliarden Dollar geschätzt.

Der neue Präsident Clinton wies die NASA an, die Station ein weiteres – das achte Mal – umzukonstruieren. Nun sollte sie gleich um 9 bis 10,5 Milliarden Dollar billiger werden. Dies würde die NASA wahrscheinlich heute noch tun, wenn nicht auch Russland Probleme gehabt hätte. Russland hatte seit 1986 die „Mir“ im Orbit, aber es fehlte an Geld, die Raumstation zu unterhalten. Mir (russisch: Мир für „Frieden“ oder „Welt“) sollte nach fünf Jahren eigentlich durch die Mir-2 abgelöst werden, doch bereitete schon der Unterhalt der vorhandenen Station Probleme. So fanden sich beide Partner zusammen. Die NASA würde von Russland den FGB (funktsionalno-gruzovoy blok: Russische Bezeichnung für den Antriebsblock der russischen Raumstationen) der Mir-2 kaufen, das Basisteil mit den Kopplungsadaptern, dem Frachtraum und Antriebssystemen. Ein weiteres russisches Modul sollte Russland aus eigener Kasse stellen. Es diente ebenfalls als Antrieb, vor allem aber als Wohnbereich und sollte das Lebenserhaltungssystem für die erste Bauphase beinhalten. Weitere Module Russlands würden in der Spätphase des Stationsaufbaus folgen. 75% der US-Hardware für Alpha könnten so verwendet werden und die Station sollte um 2 Milliarden Dollar günstiger werden. Weitere Einsparungen versprach die Nutzung von Sojus Kapseln als Rettungssystem anstatt der Entwicklung eines eigenen Rettungssystems, das unter der Bezeichnung X-38 gerade in verkleinerter Form erste Tests in der Atmosphäre absolvierte.

Vor allem sollte die Station schneller fertiggestellt sein – im Juni 2002 anstatt im September 2003 und so 1,6 Milliarden Betriebskosten einsparen. In der Summe sollte der US-Anteil der Baukosten von 19,4 auf 17,4 Milliarden Dollar sinken. Aus der, nach Finanzkürzungen entstandenen, Mini-Version für Alpha (für vier Astronauten) und der russischen Mir-2 war die ISS entstanden.

Das Konzept klang gut und es passte in die politische Landschaft einer Annäherung von USA und Russland, dass es den Kongress problemlos passierte. So entstand die amerikanischrussische Raumstation. Weiterhin bewilligte das Parlament elf Shuttle-Flüge, die US-Astronauten von und zur Mir brachten und sie mit Fracht versorgten. Geld gab es auch für die Finanzierung des Spektr-Moduls der Mir. Die dabei entstandenen Zusatzkosten dürften bei 400 Millionen Dollar pro Shuttle-Flug weitaus höher als die Einsparungen bei der ISS gewesen sein, doch da schon damals Raumstation und Space Shuttle unterschiedliche Haushaltsposten waren, zählte das nicht. Zusätzlich wurden 466 Millionen Dollar für die Nutzung der Mir an Russland gezahlt. Die Verträge wurden im September 1993 unterzeichnet.

Damit hielt die NASA die Mir am Leben. Als die ISS bezugsfertig war, blieben die Zahlungen aus. Trotzdem glaubte Russland eine Zeit lang durch den Mittransport von Weltraumtouristen die Betriebskosten aufzubringen, doch erwies sich dies als unmöglich, sodass die Mir 2001 aufgegeben und deorbitiert wurde.

Wenn allerdings Russland schon Probleme hatte, eine laufende Raumstation am Leben zu erhalten – wie sollte sie sich dann am Aufbau einer neuen Raumstation in angemessener Weise beteiligten können?

Schon bevor das erste russische Modul fertig war, gab es Probleme in Russland, die ISS-Beteiligung zu finanzieren. Zuerst wurde 1995 aus Kostengründen der Start der Science Power Plattform mit einer Zenit Trägerrakete gestrichen. Die NASA sagte zu, das Modul mit einem Space Shuttle Flug ins All zu bringen. Dann erwog die russische Raumfahrtagentur Roskosmos, anstatt neue Module für die ISS zu entwickeln, einfach mit Spektr und Prioda die beiden neuesten Module der Mir zu verwenden. Später schlug Russland ernsthaft vor, einfach die Mir zur ISS auszubauen, anstatt überhaupt neue Module zu entwickeln. Dieser Vorschlag wurde von der NASA entschieden abgelehnt.

1996 war offensichtlich, dass sich der Bau von Swesda verzögern würde und die NASA arbeitete an einem Plan, ein eigenes Antriebssystem, basierend auf dem Antrieb eines militärischen Satelliten, ins All zu schicken. Aber auch die eigenen Module hingen hinter dem Zeitplan zurück und 600 Millionen Dollar teurer als geplant. Boeing hatte im Januar 1995 den Vertrag für den Kernbereich der Station im Wert von 5,630 Milliarden Dollar erhalten. 1997 ging die NASA von 22,4 Milliarden Dollar bis zur Fertigstellung aus. Rund 70 t Hardware befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Fertigung,

Abbildung 10: Plan der ISS 1995: © der Grafik: NASA

Abbildung 11: Das Konzept des Dual Keel von 1986 © der Grafik: NASA

Die Namenssuche

Über den Namen der Station gab es heftige Diskussionen. „Alpha“ war anfangs nur einer von mehreren Vorschlägen, Freedom preiswerter zu machen. Eine Zeit lang hieß der Entwurf dann auch „Alpha/R“ mit „R“ für Russland. Damit waren die Russen jedoch gar nicht einverstanden. Alpha klänge nach der ersten Raumstation und das sei falsch, das wäre bekanntlich Saljut 1 gewesen, zudem würde das angehängte „/R“ die Rolle Russlands herabwürdigen.

Russlands Vorschlag war „Atlant“. Dieser Name wurde von ESA und NASA abgelehnt. Die ESA verwies darauf, dass man in Europa darunter ein Nachschlagewerk für Karten verstehe und die NASA befürchtete die Verwechslungsgefahr zur Atlas-Trägerrakete – es war auch derselbe Begriff. Atlant ist in Russland die Bezeichnung des griechischen Halbgottes Atlas, der die Erdkugel auf seinen Schultern trug.

Japan schlug als Namen ernsthaft „Camelia“ vor und hatte schon die Unterstützung Russlands. Dieser Vorschlag wiederum traf auf entschiedenste Ablehnung bei der deutschen Raumfahrtagentur, weil in Deutschland eine Damenbinde mit demselben Namen sehr bekannt ist.

Der Vorschlag, einen Aufruf an Schüler zu machen, um den Namen zu suchen, so wie dies die NASA bei Raumsonden tut, war bei diesem internationalen Projekt auch keine gute Idee. Es wurde vermutet, dass es dann viel mehr national gesinnte Vorschläge geben würde, als wie bei anderen Raumfahrtprojekten und so dasselbe Dilemma erneut aufkam. Zudem war von vornherein klar, dass von den USA erheblich mehr Vorschläge kommen würden, weil diese Vorgehensweise dort Tradition hat, während dies in den anderen Ländern noch nie gemacht wurde.

So einigten sich die 15 beteiligten Nationen auf den kleinsten Kompromiss und beließen es bei der Abkürzung ISS – „International Space Station“ – als Abkürzung der längeren Beschreibung. So wie zahlreiche Satelliten auch die Abkürzung ihrer Projektbezeichnung tragen. Es ist allerdings das erste bemannte Projekt, das so bezeichnet wurde. Ansonsten dominieren in den USA Begriffe aus der griechischen Götterwelt und in Russland Begriffe wie „Union“, „Osten“, „Frieden“, also politisch angehauchte Namen.

Die Beteiligung Europas und Japans

Schon 1985 beschloss die ESA eine Beteiligung an Freedom. Dabei war zuerst eine Konfiguration aus drei Bestandteilen vorgesehen: einem frei fliegenden bemannten Labor, einer unbemannten Plattform und ein an Freedom angekoppeltes Labor.