Verführerische Augenblicke - Patricia Vandenberg - E-Book

Verführerische Augenblicke E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Das Ehepaar Dr. Daniel Norden und Fee sehen den Beruf nicht als Job, sondern als wirkliche Berufung an. Aber ihr wahres Glück finden sie in der Familie. Fünf Kinder erblicken das Licht der Welt. Die Familie bleibt für Daniel Norden der wichtige Hintergrund, aus dem er Kraft schöpft für seinen verantwortungsvollen Beruf und der ihm immer Halt gibt. So ist es ihm möglich, Nöte, Sorgen und Ängste der Patienten zu erkennen und darauf einfühlsam einzugehen. Familie Dr. Norden ist der Schlüssel dieser erfolgreichsten Arztserie Deutschlands und Europas. »Und? Wie findest du es?« Nachdem sie sich glücklich und überschwenglich, wie es ihre Art war, um die eigene Achse gedreht hatte, wandte sich Alessandra di Lorenzo mit einem erwartungsvollen Blitzen in den braunen Augen an ihren Sohn Giovanni. »Gefällt es dir?« Doch Gios Aufmerksamkeit ge-hörte nicht dem kleinen, liebevoll renovierten und neu ausgestatteten Lokal, das die neue Wirkungsstätte seiner Mutter werden sollte. Vielmehr blickte er aus den großen Fenstern hinaus auf die Straße und nickte anerkennend und mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht: »Zumindest die Aussicht ist nicht schlecht.« Alessandra trat neben ihren Sohn und schob den Vorhang ein wenig beiseite. Ihr Blick erhaschte gerade noch die beiden schlanken hübschen Mädchen, die sich untergehakt hatten und angesichts Giovannis augenscheinlichem Interesse kichernd über die Straße davonliefen. Genervt verdrehte Alessandra daraufhin die Augen und zog den Vorhang vehement zu. »Ich bin sicher, du erinnerst dich an unsere Abmachung, amore. Keine gebrochenen Mädchenherzen mehr. Ab jetzt kümmerst du dich ausschließlich um die Schule. Ich habe es satt, wegen deines unmöglichen Benehmens von Stadt zu Stadt ziehen zu müssen. Ab heute kehrt Ruhe ein in unser Leben«, funkelte sie ihren Sohn temperamentvoll an. In diesen Momenten war sie ganz die italienische Mamma: leidenschaftlich verliebt in den eigenen Sohn, eifersüchtig auf die Konkurrenz, die ihr ihren Liebling über kurz oder lang weglocken würde. Alessandras leidvolle Erfahrungen hatten sie aber auch gelehrt, weiterzudenken und aus ihrem einzigen Sohn einen sensiblen Mann machen zu wollen, der mitfühlend mit den Frauen umging. »Ich will keinen italienischen Macho großziehen, der mit Schu-hen und Strümpfen über die Gefühle der Frauen hinweggeht. Hast du mich verstanden?« Giovanni, der seine Mutter besser kannte als irgendein anderer Mensch, lächelte nun liebevoll, als er die Arme um sie legte.

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Familie Dr. Norden – 766 –

Verführerische Augenblicke

Sandras Vertrauen ist grenzenlos …

Patricia Vandenberg

»Und? Wie findest du es?« Nachdem sie sich glücklich und überschwenglich, wie es ihre Art war, um die eigene Achse gedreht hatte, wandte sich Alessandra di Lorenzo mit einem erwartungsvollen Blitzen in den braunen Augen an ihren Sohn Giovanni. »Gefällt es dir?«

Doch Gios Aufmerksamkeit ge-hörte nicht dem kleinen, liebevoll renovierten und neu ausgestatteten Lokal, das die neue Wirkungsstätte seiner Mutter werden sollte.

Vielmehr blickte er aus den großen Fenstern hinaus auf die Straße und nickte anerkennend und mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht: »Zumindest die Aussicht ist nicht schlecht.«

Alessandra trat neben ihren Sohn und schob den Vorhang ein wenig beiseite. Ihr Blick erhaschte gerade noch die beiden schlanken hübschen Mädchen, die sich untergehakt hatten und angesichts Giovannis augenscheinlichem Interesse kichernd über die Straße davonliefen. Genervt verdrehte Alessandra daraufhin die Augen und zog den Vorhang vehement zu.

»Ich bin sicher, du erinnerst dich an unsere Abmachung, amore. Keine gebrochenen Mädchenherzen mehr. Ab jetzt kümmerst du dich ausschließlich um die Schule. Ich habe es satt, wegen deines unmöglichen Benehmens von Stadt zu Stadt ziehen zu müssen. Ab heute kehrt Ruhe ein in unser Leben«, funkelte sie ihren Sohn temperamentvoll an. In diesen Momenten war sie ganz die italienische Mamma: leidenschaftlich verliebt in den eigenen Sohn, eifersüchtig auf die Konkurrenz, die ihr ihren Liebling über kurz oder lang weglocken würde.

Alessandras leidvolle Erfahrungen hatten sie aber auch gelehrt, weiterzudenken und aus ihrem einzigen Sohn einen sensiblen Mann machen zu wollen, der mitfühlend mit den Frauen umging.

»Ich will keinen italienischen Macho großziehen, der mit Schu-hen und Strümpfen über die Gefühle der Frauen hinweggeht. Hast du mich verstanden?«

Giovanni, der seine Mutter besser kannte als irgendein anderer Mensch, lächelte nun liebevoll, als er die Arme um sie legte.

»Keine Sorge, mia bella Mamma, ich werde dich nicht enttäuschen. Das habe ich dir doch versprochen«, versicherte er mit tiefer und samtener Stimme, die erstaunlich war für sein jugendliches Alter.

Alessandra konnte nicht anders, als dahinzuschmelzen.

»Wo soll das noch hinführen mit dir?« seufzte sie und gab Gio einen liebevollen Klaps auf die Wange. »Aber genug geplaudert. An die Arbeit. In einer Woche ist Eröffnung. Nicht nur, daß wir die Wohnung bis dahin eingerichtet haben wollen. Wir müssen Lieferanten ausfindig machen, Personal einstellen, die Großmarkthalle inspizieren und auch diesem sagenumwobenen Viktualienmarkt einen Besuch abstatten. Schließlich verwende ich in meiner Küche nur die besten Zutaten.«

»Das ist das Geheimnis deines Erfolgs. Einfach, aber unbestechlich frisch. So, wie du auch bist«, lachte Giovanni und küßte seine Mutter auf die Wange, ehe er sie losließ. Nach einem weiteren, sehnsüchtigen Blick aus dem Fenster wuchtete er eine der zahllosen Kisten hoch, die überall herumstanden, und brachte sie in die Küche.

»Charmant wie ein Alter! Das scheint euch italienischen Männern einfach im Blut zu liegen. Egal, wo ihr aufwachst«, konnte Alessandra nur den Kopf über ihren Siebzehnjährigen schütteln.

Sie lachte übermütig, ehe auch sie mit ihren kräftigen Armen zupackte. Bald schon hörte man Mutter und Sohn in der Küche scherzen, singen und lachen. Bis auf die Straße drang der fröhliche Lärm und wirkte ansteckend auf die Passanten, die sich anlächelten, als hätte ein Sonnenstrahl ihre düsteren Gemüter erhellt. Die italienische Lebendigkeit wirkte ansteckend in dieser schmucklosen Straße in einem Münchner Viertel, in der das Auge nicht viel Ablenkung vom grauen Asphalt und den nüchternen Fassaden der Häuser fand.

Als sie den ausgelassenen Gesang aus dem noch verschlossenen Lokal vernahm, erhellte sich auch die Miene von Felicitas Norden, die mit ihrem Mann Dr. Daniel Norden eben vorüberschlenderte. Die beiden waren auf dem Weg zu ihrem derzeitigen Lieblingslokal, das nicht weit entfernt auf der anderen Straßenseite lag.

»Wie schön, daß es noch so fröhliche Menschen gibt«, stellte Fee sinnend fest.

»Ich lasse mich ja ungern zu Klischees hinreißen. Aber ganz offensichtlich haben Italiener doch ein Talent, das Leben zu genießen und den Alltag leichter zu nehmen.«

»Woher willst du wissen, daß es Italiener sind?« wandte sich Fee verwundert an ihren Mann.

Der lachte, erfreut darüber, einmal eine Neuigkeit aus dem Viertel vor seiner Frau zu erfahren.

»Mein Patient Herr Behringer hat mir gestern erzählt, daß eine alleinstehende Italienerin mit ihrem Sohn hier ihr Glück mit einem Restaurant versuchen will. In einer Woche schon soll Eröffnung sein.«

»Ein mutiges Unterfangen«, stellte Felicitas anerkennend fest. »Unseren lieben Edmund wird die Konkurrenz vor der Haustür allerdings nicht gerade erfreuen. Zumal eine lebhafte Italienerin das genaue Gegenteil von ihm zu sein scheint. Manchmal meine ich, Edmund geht in den Keller zum Lachen.«

Doch Daniel schien diesen Umstand in einem anderen Licht zu sehen als seine Frau.

»Sei nicht so streng mit ihm. Außerdem belebt Konkurrenz bekanntlich das Geschäft. Ich bin sicher, daß Edmund das genauso sieht und ein sportlicher Gegner ist.« Mit diesen Worten ließ Daniel den Arm seiner Frau los und ging voraus, um ihr die Tür zum Restaurant aufzuhalten. Felicitas dankte ihrem Mann mit einem strahlenden Lächeln, ehe sie in den schlicht und modern gehaltenen Gastraum eintrat. Dort herrschte eine angenehme aber kühle Atmosphäre. Kein Einrichtungsgegenstand war zuviel, jedes der wenigen aber großformatigen Bilder exakt auf das Ambiente abgestimmt.

Zu dieser frühen Stunde war das Restaurant noch leer. Im Hintergrund lief leise moderne Jazzmusik, und Edmund Weitzmann eilte herbei, um seine Gäste persönlich zu begrüßen.

»Daniel, Felicitas, was für eine Freude, daß ihr euch die Ehre gebt«, erklärte er etwas steif und hauchte Felicitas einen Kuß auf die Hand. »Ich habe den besten Tisch für euch reserviert. Hoffentlich seid ihr zufrieden mit meiner Wahl.«

»Es ist ja nicht für ein ganzes Leben sondern nur für einen einzigen Abend«, entfuhr es Felicitas, der die Dramaturgie ihres Bekannten manchmal etwas zu weit ging.

Daniel warf ihr einen tadelnden Blick zu, doch Edmund nickte geflissentlich.

»Natürlich hast du recht. Trotzdem möchte ich, daß ihr euch rundherum wohl fühlt. Bitte, nehmt doch Platz.« Er rückte für Fee einen Stuhl zurecht, und sie nahm mit einem gequälten Lächeln Platz. Auch Daniel setzte sich.

Edmund sah die beiden kurz erwartungsvoll an. Dann lächelte er siegessicher und schnippte mit dem Finger. »Dasselbe wie immer? Einen Kir Royal für dich, meine Liebe? Und für meinen Freund Daniel einen trockenen Martini?«

Daniel nickte zufrieden. Doch aus irgendeinem nicht näher erklärbaren Grund war Felicitas an diesem Abend zum Widerspruch aufgelegt.

»Weißt du was, Edmund? Ich nehme heute einen Ramazotti als Aperitif«, bestellte sie mit schelmischem Grinsen in Richtung ihres Mannes.

Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, hob Edmund mißbilligend die Augenbrauen.

»Aber das ist ein Digéstif, liebste Felicitas.«

»Na und? Mir steht eben gerade der Sinn danach«, unterdrückte Fee ein übermütiges Lachen.

Edmund zuckte daraufhin nur mit den Schultern und verschwand ohne ein weiteres Wort.

Daniel Norden warf seiner Frau einen amüsierten, aber leicht verständnislosen Blick zu.

»Was ist los mit dir? Du konntest Edmund bisher doch ganz gut leiden«, fragte er mit sichtlicher Verwunderung.

Fee, die sich einem Heiterkeitsausbruch nahe fühlte, konnte ein lautes Lachen nur mühsam unterdrücken. Sie beugte sich über den Tisch zu ihrem Mann und nahm seine Hand.

»Es tut mir leid, mein Liebling. Ich weiß auch nicht, welcher Teufel mich gerade reitet. Aber Edmund erscheint mir gerade so schrecklich korrekt, daß ich ihn ein wenig aus dem Konzept bringen muß.«

Daniel lächelte amüsiert.

»Dachte ich es mir doch. Der Schalk sitzt dir förmlich in den Augen.«

»Herrje, kann er ihn sehen?« spielte sie die Erschrockene, und Daniel spielte das Spiel mit.

»Nein. Nur der, der dich wirklich kennt, sieht das kleine Teufelchen«, sprach er ihr mit Verschwörermiene zu.

Felicitas drückte die Hand ihres Mannes und lächelte ihn liebevoll an, als auch schon Edmund mit dem Tablett zurückkehrte. Für sich und Daniel hatte er einen Martini Dry gebracht, Felicitas servierte er den bestellten Ramazotti und machte keinen Hehl daraus, wie unverständlich diese Wahl in seinen Augen war. Doch die Arztehefrau wollte ihre kleine Neckerei wieder gutmachen und wand-
te sich freundlich an den Gastronom.

»Setz dich kurz zu uns und erzähl uns, wie es dir geht, Edmund. Und was macht Sandra? Fühlt sie sich wohl auf dem Internat?«

Als hätte er nur auf diese Fragen gewartet, zog sich Edmund einen Stuhl heran und setzte sich zu dem Arztehepaar, das er seit Jahren kannte und das viele schwere Zeiten mit ihm durchgestanden hatte.

Er seufzte tief.

»Ich glaube nicht, daß Sandra sehr glücklich ist mit der Entscheidung, aufs Internat zu gehen. Aber seit ich das Lokal habe, kann ich mich einfach nicht mehr richtig um sie kümmern. Ich denke, so ist es die beste Lösung für sie.«

»Aber Sandra ist schon fünfzehn. Sie braucht doch keine
Rundumbetreuung mehr. Ganz im Gegenteil könnte sie dir eine echte Hilfe sein«, wagte Daniel einen vorsichtigen Einwand. »Das würde auch eurem Verhältnis zugute kommen, da bin ich sicher.«

Edmund wich dem Blick seines Freundes aus und zuckte ratlos mit den Schultern.

»Mir gefällt es nun einmal nicht, wenn sie sich hier im Lokal herumtreibt und den jungen Männern die Augen verdreht. Sie soll lieber lernen und einen guten Abschluß machen. Das ist wichtiger als alles andere.«

»Wichtiger als alles andere ist die Liebe und Nähe der Eltern«, erklärte Felicitas voller Überzeugung.

Edmund lachte bitter.

»Ich kann ihr nicht Mutter und Vater gleichzeitig sein und bin schon froh, daß sie Irenes Tod so gut verkraftet hat. Nun ja, es sind ja auch schon so viele Jahre ins Land gegangen.«

»Eben. Und da bisher alles so gut geklappt hat, verstehe ich deine Entscheidung um so weniger«, teilte Daniel die Meinung seiner Frau. »Hätte es keine Möglichkeit gegeben, daß deine Tochter bei dir bleibt?«

»Als Koch hatte ich andere Arbeitszeiten als jetzt, wo kaum mehr Freizeit übrig bleibt. Ich will nicht, daß mein Kind auf die schiefe Bahn gerät, weil ich keine Zeit habe, mich um es zu kümmern. Die Schule, die ich ausgesucht habe, hat einen hervorragenden Ruf, ist sehr fortschrittlich. Das schlägt sich auch im Preis nieder. Ich lasse mir die Erziehung meiner Tochter schon etwas kosten«, erklärte Edmund kühl. »Aber laßt uns von etwas anderem sprechen. Habt ihr schon gehört, daß eine Italienerin gekommen ist, um mir Konkurrenz zu machen?«

»Ein Patient erzählte mir davon«, bestätigte Daniel offenherzig. »Allerdings würde ich es nicht als Konkurrenz sondern als Bereicherung sehen. So kommen mehr Leute in die Straße und werden dadurch auch auf dein Restaurant aufmerksam.«

»Zudem biete ich eine ganz andere Qualität als so eine schludrige Italienerin es kann«, entfuhr es Edmund und man sah seiner herab-lassenden Miene an, daß er aus tiefster Überzeugung sprach. Er prostete Daniel und Fee zu und erhob sich. »Und nun sagt mir, was ihr heute essen wollt. Ich werde ein Festmahl für euch zaubern, von dem meiner Konkurrentin schon beim Geruch die Lust auf ein eigenes Geschäft hier vergehen wird.«

Irritiert von diesen ungerechtfertigten Worten gaben sowohl Daniel als auch Fee ihre Bestellung auf. Als Edmund Weitzmann in der Küche verschwunden war, warfen sie sich vielsagende Blicke zu.

»Je länger Irene tot ist, um so wunderlicher wird Edmund. Findest du nicht?« faßte Fee ihre Gedanken schließlich in Worte.

Daniel nickte bekümmert.

»Besonders leid tut mir seine Tochter Sandra. Wie muß das arme Mädel sich jetzt fühlen? Beinahe mache ich mir Vorwürfe, nicht intensiver auf Edmund eingewirkt zu haben. Vielleicht hätte ich diesen einschneidenden Schritt verhindern können.«

Doch Fee hatte ihre Meinung inzwischen korrigiert.

»Weißt du, Dan, nicht alle Menschen denken bezüglich ihrer Kinder so wie wir. Manchmal glaube ich sogar, wir sind eine Ausnahmeerscheinung. Und das, was uns richtig und wichtig erscheint, ist in den Augen anderer Menschen vollkommen nichtig. Ich finde, jeder muß seinen eigenen Weg finden und gehen. Mehr als Hilfestellungen und Anregungen kann man nicht geben.«

Daniel warf seiner Frau einen dankbaren Blick zu. Wieder einmal hatte sie mit wenigen Worten vermocht, seine Bedenken zu zerstreuen.

»Du bist eine wunderbare Frau, mein Schatz, die beste Mutter und die einfühlsamste Partnerin, die ein Mann sich wünschen kann.«

»Nicht irgendein Mann«, widersprach Fee glucksend, und schon blitzte wieder der Schalk aus ihren Augen. Sie war viel zu gut gelaunt, um sich von dem deprimierten Edmund Weitzmann die Laune verderben zu lassen. »Mir ist nur an einem einzigen gelegen.« Noch ehe Daniel etwas erwidern konnte, hob sie ihr Glas und prostete ihrem Mann zu. Dabei konnte sie durch das Fenster aus den Augenwinkeln beobachten, wie die Italienerin auf der anderen Straßenseite neben einem jungen Mann lachend aus ihrem Restaurant trat und lebhaft diskutierte. Vor Fees geistigem Auge erschienen mit gut gelaunten Menschen gefüllte Tische, Kübel voll duftender Blumen, Kerzen auf den rot karierten Tischdecken. Alles war in ihrer Vorstellung so anders als in diesem stillen, vornehmen Restaurant ihres Freundes Edmund. Dort draußen würde bald das fröhliche Leben regieren, und Fee spürte deutlich, daß sie eines Tages Teil davon sein wollte, egal, was Edmund darüber dachte.

Stumm saß Sandra Weitzmann am Schreibtisch ihres Zimmers, das sie sich mit einem anderen Mädchen teilte und blickte mißmutig aus dem Fenster.

Ihre Zimmergenossin Nele, die auf dem Bett lag, sah ihr eine Weile dabei zu.

»Mach nicht so ein Gesicht. Hier ist es gar nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick scheint«, versuchte sie schließlich, die neue Freundin zu trösten.

Sandra seufzte aus tiefstem Herzen und wandte sich ab von der alten Klostermauer, die dem Gelände trotz des wunderschönen, weitläufigen Parks den Eindruck einer Anstalt verlieh.

»Mag sein. Trotzdem vermisse ich meine Freunde und meine alte Schule. Ich verstehe einfach nicht, was in Papa gefahren ist. Je älter ich werde, um so strenger wird er.«

»Das haben eifersüchtige Väter so an sich. Du solltest froh sein, daß du seinen strengen Augen entkommen bist.«

»Wie meinst du das? Statt der strengen Vateraugen wachen hier viel mehr noch viel strengere Lehrerinnen darüber, daß wir ja keinen Unsinn machen. Als ob wir kleine, unvernünftige Kinder wären«, stellte Sandra gekränkt fest. Sie konnte ihrem Vater diese eigenmächtige Entscheidung einfach nicht verzeihen und war zutiefst verletzt.

Nele, die schon beinahe ihr ganzes Schulleben auf wechselnden Internaten verbracht hatte, verstand ihre Mitschülerin nicht und schüttelte den Kopf.