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Vor Jahren habe ich aus verschiedenen Gründen einen neuen Namen angenommen. Ausgerechnet für meinen alten Erzfeind aus der Schule soll ich die Fake-Verlobte spielen soll. Der Milliardär Ethan Shapiro erkennt mich nicht. Dies bietet mir die perfekte Gelegenheit, mich an ihm zu rächen. Doch es kommt ganz anders als ich dachte. Dass Ethan unwahrscheinlich anziehend ist, stellt nur eines der Probleme dar. Außerdem tritt jemand auf den Plan, mit dem ich gar nicht mehr gerechnet habe und sorgt für eine Menge Ärger.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Evelyne Amara
Verheiratet mit meinem Feind
London Billionaires Standalones Serie 1
Impressum
Mai 2025 Copyright und Urheberrecht Evelyne Amara
Coverabbildungen: New Africa / Shotshop.com (Mann), fenlio / Shotshop.com (London)
Coverdesign: Evelyne Amara
Kontakt(AT)Evelyne-Amara.com
Evelyne Amara
c/o Autorenservice Gorischek
Am Rinnersgrund 14/5
8101 Gratkorn
Österreich
Kapitel 1
Annabelle
Wer hätte gedacht, dass die ehemals gemobbte, pickelige, übergewichtige Tochter eines Supermodels und ihre beste Freundin, die ebenfalls von der Gesellschaft ausgestoßene Tochter einer Domina, mal so weit kommen würden?
Meine beste Freundin Ava ist inzwischen ins Familienunternehmen eingetreten, das mehr floriert als jemals zuvor. Ins schlagfertige Gewerbe.
Früher hätte ich nie gedacht, dass ich mal im Catering-Bereich arbeiten, geschweige denn ein eigenes Unternehmen gründen würde. Für dieses bin ich soeben unterwegs zu einem neuen Auftraggeber.
Doch nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich habe ich mich stark verändert. Mein langes, karamellblondes Haar habe ich zu einem eleganten Chignon hochgesteckt. Mein silbergrauer Hosenanzug ist von ausgesuchter Eleganz und umschmeichelt meine mittlerweile schlankere Figur.
Wer mich von früher kennt, dürfte Schwierigkeiten haben, mich zu erkennen. In der Tat habe ich bis auf Ava keinen Kontakt mehr mit den Leuten von damals, nicht mal mit meiner Mutter.
Ganz besonders nicht mit meiner Mutter.
Ich stehe vor dem imposanten Unternehmensgebäude der Edison-Cornay Corporation. Schon allein deren Größe ist beinahe der Garant für zahlreiche weitere Aufträge, vom Ausrichten von Weihnachtsfeiern bis zu Galas.
Ich bin guter Dinge, als ich die weitläufige, mit weißem Marmor ausgekleidete Eingangshalle betrete. Hinter einer gläsernen Wand befindet sich ein Wasserfall. Exotische Pflanzen flankieren in edlen Behältnissen die vier Aufzüge.
Beim Pförtner melde ich mich an, um Eintritt zu erlangen. Dieser telefoniert mit der entsprechenden Fachabteilung und winkt mich anschließend mit den Worten, dass man schon auf mich wartet, durch. Zuvor drückt er mir noch schnell einen Besucherausweis in die Hand.
Seltsam. Dabei bin ich früher dran, was normalerweise zu Wartezeiten führt. Manche Kunden stört es, dass ich zur Überpünktlichkeit neige, aber egal. Das ist immer noch besser, als zu spät zu sein. Einige Leute wollen alles vorgestern erledigt haben. Das kann ja heiter werden, aber damit komme ich schon zurecht.
Eine freundlich wirkende blonde Dame von Anfang vierzig empfängt mich in der entsprechenden Etage. »Schön, dass Sie kommen konnten und zeitlich so flexibel sind, Ms. Smith. Ich bin Mrs. Thompson. Bitte folgen Sie mir. Der Chef hat gleich Zeit für Sie. Mr. Adamson, mit dem Sie den Termin vereinbart hatten, ist leider kurzfristig verhindert. Es gab einen familiären Notfall.«
Ich will sie gerade darauf hinweisen, dass ich nicht Smith heiße, sondern meine Kollegin, da läuft sie schon voran. Daher belasse ich es bei ihrer Annahme. Tatsächlich hat meine Kollegin Laura Smith den Termin vereinbart. Nur leider liegt sie gerade mit der Grippe und hohem Fieber im Bett, sodass ich für sie einspringen muss.
Sobald ich meinem Auftraggeber gegenüberstehe, werde ich das richtigstellen. Niemand wird sich beschweren, dass die Chefin selbst vorbeikommt.
Ich folge der Dame, die es offenbar sehr eilig hat, durch den Flur. Die Absätze ihrer Schuhe hallen auf dem spiegelnden Fußboden. Sie verströmt einen Hauch von Eleganz und Chanel.
Wir durchqueren ein derzeit unbesetztes Vorzimmer. Sie klopft an eine Tür und öffnet sie dann einen Spaltbreit. »Mr. Shapiro, Ms. Smith ist eingetroffen.«
Shapiro? Das ist kein allzu häufiger Name. Mir läuft es kalt den Rücken herunter, als ungute Erinnerungen an einen Jungen namens Ethan Shapiro, der mir die Schulzeit zur Hölle gemacht hat, mich heimsuchen.
Er wird doch wohl nicht derselbe Shapiro sein? Das ist sehr unwahrscheinlich. London hat mehr als 8.800.000 Einwohner. Das wäre ein großer Zufall.
»Führen Sie sie bitte herein, Mrs. Thompson.«
Die Stimme kommt mir bekannt vor. Aber klingen nicht viele Männerstimmen ähnlich?
Bei der Recherche für die Akquise vor einem Vierteljahr ist noch kein Shapiro in den Chefetagen vorhanden gewesen. Allerdings ist das Unternehmen auch erst vor kurzem von einer Unternehmensgruppe, die sich auf erneuerbare Energien spezialisiert hat, aufgekauft worden. Wer dahinter steckt, konnte ich nicht mehr recherchieren, aber das werde ich wohl in Kürze nachholen. Das im Moment nicht zu wissen ist gar kein Problem. Ich führe schließlich einen Catering-Service und habe nicht vor, in das Unternehmen einzusteigen. Ich kann nicht von jedem Kunden den kompletten Hintergrund durchleuchten und auswendig wissen. Normalerweise genügen ein paar Eckdaten, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe und welche Erwartungen in mich gesetzt werden könnten. Außerdem ist natürlich die Kreditwürdigkeit für uns eine Frage, insbesondere bei größeren Aufträgen.
Edison-Cornay hat sich auf die Vermietung, den Bau und den Betrieb von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen spezialisiert, damit keine landwirtschaftlichen Flächen dafür versiegelt werden müssen. Soweit ich weiß, kann man da als Investor einsteigen. Dies halte ich für eine sehr sinnvolle Sache.
Mrs. Thompson öffnet mit einem geschäftsmäßigen Lächeln die Tür nun ganz und hält sie für mich auf. »Bitte treten Sie ein, Ms. Smith.«
»Vielen Dank.«
Ich gehe an der guten Frau vorbei in das Zimmer. Im ersten Moment bin ich überwältigt von der schieren Größe des Büros, dem spiegelnden Granitfußboden und dem spektakulären, von zwei Drachenbäumen gesäumten Ausblick auf die Skyline von Canary Wharf, dem Teil Londons, der oft mit New York City verglichen wird aufgrund seiner ikonischen Wolkenkratzer.
Diskret schließt Mrs. Thompson die Tür hinter sich.
Der hochgewachsene, schlanke, breitschultrige Mann mit dem gepflegten, dunklen Haar betrachtet ebendiese Skyline gerade und steht mit dem Rücken zu mir. Er ist eine beeindruckende Erscheinung. Sogar noch beeindruckender als die Stadt.
»Guten Tag, Mr. Shapiro. Meine Kollegin Ms. Smith ist leider krankheitsbedingt verhindert und lässt sich entschuldigen. Ich heiße Faulkner. Annabelle Faulkner.« Meine Stimme klingt etwas tiefer als früher, und auch meine Stimmmelodie ist anders. Das muss an meinem größeren Selbstbewusstsein im Vergleich zu früher liegen.
Wie eigenartig, dass es immer noch gewöhnungsbedürftig ist, mich mit diesem Namen vorzustellen. Dabei ist es jetzt schon drei Jahre her, dass ich mithilfe einer einseitigen Rechtserklärung, wie sie in Großbritannien derzeit möglich ist, sowohl meine beiden Vor- als auch meinen Nachnamen habe ändern lassen.
Ich starre Mr. Shapiro an, als er sich zu mir umdreht.
Es kann nicht sein. Es darf nicht sein.
Aber er ist es. Ethan Shapiro, der Albtraum meiner Teenagerjahre. Der Junge, der mich wegen meiner Kleidung, meiner Vornamen und meiner Frisur gehänselt hatte.
Am liebsten würde ich irgendetwas nach ihm werfen und dann auf dem Absatz kehrtmachen und aus dem Zimmer stürmen, doch das wäre höchst unprofessionell. Solch eine Blöße möchte ich mir vor ihm nicht geben. Gerade nicht vor ihm.
Außerdem könnte das meinem Business schaden.
Meine Reaktion auf ihn scheint er fehlzuinterpretieren, dem schiefen Lächeln, das sich auf seinem höchst attraktiven Gesicht abzeichnet, nach zu urteilen. Offenbar denkt er, ich sei hingerissen von ihm, obwohl ich ihn in Wahrheit am liebsten mit dem großen Locher, der auf einem der Sideboards steht, erschlagen würde.
Natürlich denkt er das, denn fast alle Mädchen an unserer ehemaligen Schule sind ihm nachgelaufen. Selbst intelligente, die es eigentlich hätten besser wissen müssen. Außer jenen Mädchen, die ich ohnehin als Lesben unter Verdacht hatte, winkte auch Ava müde ab. Bereits damals gehörte sie nicht zu denen, die leicht zu beeindrucken waren, schon gar nicht durch ein schönes Gesicht allein.
»Nun, Ms. Faulkner, gedenken Sie, etwas zu sagen, oder wollen Sie mich nur anstarren?« Leichtes Amüsement zeigt sich in seinem Blick.
Sogleich reiße ich mich zusammen. Es ist peinlich, beim Starren erwischt zu werden. »Wobei kann ich Ihnen behilflich sein? Leider haben Sie meiner Kollegin keine detaillierten Angaben gemacht, bei welcher Angelegenheit ich Ihnen zur Seite stehen kann.«
Vielleicht kann Laura doch noch den Auftrag durchführen, sobald sie wieder gesund ist. Dann hätte ich mit Ethan nichts zu tun. An der Zahlungsfähigkeit sollte es nicht mangeln, der teuren Einrichtung und seinem maßgeschneiderten, sicherlich von einem exklusiven Designer stammenden Anzug nach zu urteilen. Bei größeren Aufträgen holen wir natürlich routinemäßig Informationen bei den Wirtschaftsauskunfteien ein. Gar nicht so selten leben die Leute auf großem Fuße auf Pump und alles ist nur schöner Schein, hinter dem sich eine Unmenge an Schulden verbirgt.
Nicht nur deshalb beeindruckt mich so etwas kaum.
Er räuspert sich. »Es ist eine etwas delikate Angelegenheit von der Art, wie man sie nur persönlich besprechen kann. Daher habe ich mich am Telefon so kurz gehalten. Allerdings wurden alle wesentlichen Punkte genannt. Wollen Sie nicht Platz nehmen, Ms. Faulkner?« Er deutet auf einen der drei Besucherstühle und lässt sich auf seinem imposanten, schwarzen Chefsessel nieder.
Ich setze mich auf den Stuhl ganz links. »Delikat?« Was meint er damit? Will der etwa, dass ich ein Geburtstagsmahl für seine heimliche Geliebte ausrichte oder etwas in der Art?
Ich bemühe mich um ein Lächeln. »Diskretion ist für uns selbstverständlich eine Sache der Ehre.«
Mit einem skeptischen Gesichtsausdruck zieht er die Augenbrauen in die Höhe. »Auf die von anderen mutmaßlich empfundene Ehre kann ich mich erfahrungsgemäß nicht verlassen. Daher wird zusätzlich zum Vertrag eine meine privaten Verhältnisse betreffende Schweigepflichterklärung von Ihnen unterschrieben.«
Also doch eine heimliche Geliebte. Sonst wäre so etwas, seine privaten Angelegenheiten betreffend, nicht nötig. Ich weiß nicht mal, ob er eine offizielle Partnerin, eine Verlobte oder gar eine Ehefrau hat. Verstohlen blicke ich auf seine linke Hand. Kein Ring befindet sich am Finger. Auch ein Abdruck oder eine weiße Linie ist nicht zu erkennen.
Nicht, dass dies sichere Indikatoren wären.
Er scheint dies bemerkt zu haben, denn ein wissender Ausdruck zeigt sich in seinen schokoladenbraunen Augen, mit deren schmelzendem Blick er bereits während unserer Teenagerzeit die Unterhosen der Mädchen zum Brennen gebracht hat. Vermutlich denkt er, ich will was von ihm. Nichts läge der Wahrheit ferner.
Mich wundert es nur, dass er mich nicht erkennt. Damals stand ich häufig im Fokus seiner für mich höchst unerwünschten negativen Aufmerksamkeit.
Natürlich habe ich mich seit damals verändert. Jedenfalls deutlich mehr als er. Ich habe ungefähr fünfzehn Kilo abgenommen, keine Akne mehr, die Zahnspange ist weg, auch wenn die Zähne weitgehend wieder ihre ursprüngliche, leicht schiefe Form angenommen haben, und mein Haar ist jetzt dank eines Aufhellungssprays ein wenig goldener.
Ethan war damals schon extrem gutaussehend. Heutzutage ist er höchstens noch attraktiver geworden. Breitere Schultern, definiertere Gesichtszüge, ein noch einnehmenderer Blick aus diesen Augen von der Farbe geschmolzener Zartbitterschokolade. Nicht, dass mich das im Gegensatz zu meinen armen, bemitleidenswerten Mitschülerinnen beeindruckt hätte. Das sind nur reine Äußerlichkeiten, und hinter Ethan Shapiros schöner Fassade befindet sich ein hässlicher Charakter!
Ein amüsiert wirkendes Lächeln umspielt seine Mundwinkel und die wohlgeformten Lippen, welche sicherlich bereits die Fantasien unzähliger Frauen einnahmen. »Sie haben doch sicherlich kein Problem damit, wenn wir diese als Ergänzung zum Vertrag hinzufügen?«
»Wenn so eine Vertragsklausel gerechtfertigt ist, mit Sicherheit nicht.« In den meisten Verträgen ist das eine riesige rote Flagge, ein Warnhinweis darauf, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. In manchen Arbeitsverträgen, wenn diese im Bereich der Medizin oder des Rechts abgeschlossen werden oder im Umgang mit sensiblen Kundendaten mag das gerechtfertigt sein. Als Catering-Unternehmen haben wir wohl kaum Einblicke in seine Unternehmens-Interna oder privaten Verhältnisse.
Daher füge ich die nachfolgenden Worte hinzu. »Was wollen Sie verbergen?«
Er kräuselt die Augenbrauen in einem Ausdruck des Misstrauens. »Ich habe Ihre Agentur damit beauftragt, mich bei einer delikaten privaten Angelegenheit zu unterstützen. Da ist es nur natürlich, dass man die Einzelheiten dieser privaten Ereignisse nicht wenig später in der Boulevardpresse wiederfinden möchte. Sie könnten beispielsweise auch eine Journalistin sein, die sich undercover in die Schauspielagentur eingeschleust hat. Es soll alles schon vorgekommen sein.«
Nur mit Mühe gelingt es mir, meine Überraschung zu verbergen.
Wie? Was? Von welcher Schauspielagentur spricht er? Es kann sich nur um eine Verwechslung handeln. Was mache ich nun? Wie komme ich aus der Nummer wieder raus?
Ich könnte ihm einfach sagen, dass ich nicht von einer Schauspielagentur komme. Aber was ist dann mit meinem eigenen Termin mit seinem Unternehmen? Irgendetwas ist hier gründlich schiefgelaufen.
Andererseits ist er mein Erzfeind. Seit Jahren fantasiere ich davon, es ihm heimzuzahlen. Jetzt endlich hätte ich womöglich die Gelegenheit dazu. Er hat mich nicht erkannt.
»Leider ist meine Kollegin kurzfristig sehr schwer erkrankt und hatte nicht mehr die Gelegenheit dazu, mich über die Details zu informieren. Würden Sie mich daher bitte über den Umfang und den Inhalt der vorgesehenen Dienstleistungen aufklären.«
Ein ungeduldiger Ausdruck tritt in seine Augen. »Ich muss sagen, dass Ihre Agentur keinen sonderlich gut organisierten Eindruck macht. Oder, besser gesagt, Sie.«
Ethan
Skeptisch blicke ich die Frau vor mir an. Sicherlich handelt es sich um eine dieser Schauspielerinnen, die auf den großen Durchbruch warten und dabei alles andere komplett vergessen, weil es für sie nebensächlich ist.
Sie kaut auf ihrer Unterlippe, was meinen Blick auf ihren wohlgeformten Mund lenkt. »Wir hatten in der letzten Zeit unerwartet einige Ausfälle wegen Krankheit. Daher musste ich kurzfristig für meine Kollegin einspringen.«
Tief atme ich durch. Aufgrund von Zeitdruck bleibt mir gar nichts anderes übrig, als mit der Vertretung von Ms. Smith vorliebzunehmen. Doch das muss diese Ms. Faulkner nicht wissen. Je weniger sie weiß, desto besser.
Glücklicherweise ist die Schweigepflichterklärung auf die Agentur ausgestellt, anstatt auf eine bestimmte Person. Das bedeutet, sie gilt für sämtliche von deren Mitarbeiterinnen. Als hätte ich es gerochen, dass Savannah Smith nicht kommen würde. Man muss mit allem rechnen. Außerdem weiß man bei diesen Schauspielerinnen nie, ob sie nicht kurzfristig irgendwo einen Castingtermin bekommen haben oder einen Vertrag ergattern und somit die Agentur verlassen.
Jedenfalls lege ich ihr das Dokument vor, das sie nach kurzem Zögern unterschreibt.
Ich falte meine Hände vor mir auf dem Tisch zusammen und blicke mein Gegenüber an. »Bis Freitag ist es nicht mehr lange. Ich erwarte, dass Sie die Vorbereitungen rechtzeitig treffen und pünktlich um vier Uhr nachmittags hier erscheinen.«
Sie nickt. »Ja, natürlich.«
»Sie wissen doch sicherlich von dem Budget in Höhe von fünfzigtausend britischen Pfund, das Ihnen dazu dient, sich bedarfsgerechte Kleidung zuzulegen? Es sollte genügen für die Woche, die wir bei meiner Verwandtschaft verbringen werden.«
Skeptisch betrachte ich die vor mir sitzende ahnungslos wirkende Frau. Kann es wirklich sein, dass ihre Kollegin sie überhaupt nicht informiert hat?
Offenbar ist das der Fall. Worauf habe ich mich da nur eingelassen? So etwas Unorganisiertes ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Das kann nur schiefgehen. Mein Blick gleitet über ihre Gestalt.
Andererseits ist sie in jeder anderen Hinsicht das, was ich brauche. Äußerlich ist sie genau mein Typ, die Art Frau, auf die ich total abfahre.
Von dem karamellfarbenen Haar, dem herzförmigen Gesicht mit den whiskeyfarbenen Augen bis hin zu der wohlgeformten, wenn auch nicht unbedingt modernen Sanduhr-Figur. Die heutige Medienwelt scheint auf Magermodels zu stehen. Diese Frau hingegen hat Rundungen an den richtigen Stellen.
Außerdem scheint sie ein gewisses Temperament zu besitzen, dem Ausdruck in ihren Augen und dem stolz vorgereckten Kinn nach zu urteilen.
Wenn ich diese Schauspielerin mitnehme und sie sich nicht komplett unfähig verhält, wird mein Vater nicht so ohne weiteres misstrauisch werden. Zwar hatte ich der Agentur meinen Typ beschrieben, aber dass sie ihn derart präzise treffen würden, überrascht mich dann doch.
»Kann ich davon ausgehen, dass Sie über dieselben Fähigkeiten wie Ihre Kollegin Ms. Smith verfügen?«
»Wir sind in etwa gleich gut ausgebildet. In der Tat sind meine Ausbildung und Erfahrung der ihren sogar überlegen.« Sie sagt dies nüchtern und emotionslos.
Sie stellt ihr Licht also nicht aus falscher Bescheidenheit unter den Scheffel. Das gefällt mir, denn so etwas kann ich nicht gebrauchen. Niemand würde mir glauben, dass ich mir einen Fußabtreter als Partnerin zulegen würde oder eine Manipulatorin, die sich professionell als Opfer darstellt, um sich dadurch Vorteile zu erschleichen.
»Gut, dann sollten wir keine Schwierigkeiten bekommen. Das Kleiderbudget ist in der von mir benannten Boutique hinterlegt. Sie können dort nach Herzenslust shoppen gehen. Was eine Frau eben so braucht, wenn sie eine Woche bei der Familie ihres Verlobten verbringt. Die dazu passenden Schuhe wird man Ihnen dort auch vorstellen. Ich schreibe Ihnen den Namen der Boutique auf, für den Fall, dass Ihre Kollegin Sie auch darüber nicht in Kenntnis gesetzt hat.« Rasch schreibe ich den Namen und die Anschrift auf meinen Schreibblock, reiße die Seite heraus und überreiche sie Ms. Faulkner.
Ich öffne die Schublade meines Schreibtisches. »Das hätte ich beinahe vergessen.« Ich hole ein kleines Etui aus schwarzem Samt hervor, öffne es und entnehme den Ring aus Weißgold mit einem funkelnden Saphir, umringt von in allen Farben des Regenbogens schillernden Diamanten. In der Tat erinnert er ein wenig an den zeitlosen Verlobungs- und Ehering von Lady Di, den heutzutage Lady Kate am Finger trägt. Es handelt sich um eine sehr gute Fälschung, aber es wird wohl kaum die Echtheit des Rings überprüft werden. Nicht mal mein Vater würde so weit gehen.
Ms. Faulkner wirkt im ersten Moment erschrocken, als ich nach ihrer Hand greife, um ihr den Ring anzustecken. Die Berührung erzeugt seltsame Empfindungen in mir, ein Kribbeln, das meinen gesamten Körper durchzieht.
Ich werde doch wohl nicht ausgerechnet eine von mir engagierte Schauspielerin, mit der ich eine rein geschäftliche Vereinbarung habe, extrem anziehend finden?
Zwar könnte gerade das von Vorteil sein, wenn wir meiner buckligen Verwandtschaft erfolgreich die Verlobung vorspielen wollen, doch andererseits birgt es auch eine gewisse Gefahr. Keineswegs suche ich eine echte Beziehung. Das hier wird nur auf dem Papier stattfinden oder mit einem vertraglich geregelten Ablaufdatum.
»Warum benötigen Sie eigentlich eine Frau, die vortäuscht, Ihre Verlobte zu sein?«
»Eine Ehefrau. Ich suche eine Ehefrau.«
Ungläubig gleitet ihr Blick über mich. »Man sollte meinen, dass Sie keine Schwierigkeiten haben, eine zu finden.«
»Ich will keine, zumindest keine echte. Hier kommen Sie ins Spiel.«
»Warum?«
»Weil ich meine Ruhe haben möchte. Meine Stiefmutter hat es sich scheinbar zur Lebensaufgabe erklärt, mich mit den Töchtern ihrer Geschwister, Freundinnen und guten Bekannten verkuppeln zu wollen. Sie werden für ein Jahr meine Ehefrau spielen.«
»Kann ein Mann da nicht einfach Klartext reden und sagen, dass er das nicht will? Oder sich als schwul outen?«
Ich lache. »Letzteres würde mir keiner abnehmen.«
Ich werde und kann Ms. Faulkner nicht den wahren Grund für diese Scharade mitteilen. Das würde ihr zu viel Macht über mich verleihen.
Sie ist eine Fremde für mich, eine Geschäftspartnerin. Mehr nicht. Und sie wird auch niemals mehr sein.
Es gibt keinen Grund, ihr zu vertrauen. Schon zu oft wurde mein Vertrauen missbraucht. Nein, der wahre Grund würde mich erpressbar machen. Das ist inakzeptabel!
»Sie wurden engagiert und werden dafür bezahlt. Welche Beweggründe ich dafür habe ist letztendlich nicht Ihre Sache. Ein Vertrag ist ein Vertrag. Dieser wurde von Ihrer Agentur bereits unterschrieben. Wenn Sie nicht bereit sind, die Vertragsbedingungen anzuerkennen, so ersuche ich Sie, umgehend jemand anderen zu mir zu schicken, der bereit ist, die in die Agentur gesetzten Erwartungen zu erfüllen.«
Sie wird blass. »Aber so war das doch nicht gemeint. Natürlich akzeptiere ich Ihre Entscheidung. Ich wünschte, meine Kollegin wäre gesundheitlich in einer besseren Verfassung, sodass sie mich besser hätte vorbereiten können. Daher bitte ich Sie, diese Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.«
»Das ist schon in Ordnung, solange Sie mit ganzem Einsatz bei der Sache sind.«
»Das bin ich, Mr. Shapiro.«
Zufrieden lächle ich. »Wir sollten uns fortan mit den Vornamen anreden. Ich heiße Ethan.«
Sie nickt. »Ja, sonst dürfte das nicht glaubhaft erscheinen. Muss die Eheschließung echt sein?«
Sie wirkt ein wenig neben sich. Das überrascht mich nicht. Es ist viel, was ich von ihr verlange.
Ich nicke. »Ja, das muss leider sein. Es tut mir leid, dass ich das nicht im Vorfeld mit Ihnen besprechen konnte. Erzwingen kann ich das natürlich nicht, weil es Ihren persönlichen Einsatz erfordert.« Rechtlich handelt es sich um eine Grauzone.
Natürlich steht das mit der Fake-Ehe nicht im Vertrag, den ich mit der Agentur abgeschlossen habe. Darin geht es lediglich um eine vorgetäuschte Verlobung. Selbst das scheint nicht zu deren Routineaufgaben zu gehören, nach den Reaktionen von Ms. Smith damals zu urteilen. Ein normaler Begleitservice scheint üblicher zu sein.
»Dafür bekommen Sie natürlich eine gesonderte Entlohnung zusätzlich zu der, die Sie über die Agentur erhalten. Eine halbe Million Pfund.«
Ihre Augen werden groß. »Das hört sich nach einem lohnenswerten Geschäft an. Es gibt nie eine Garantie dafür, dass eine Ehe hält, aber Geld ist etwas Bleibendes.«
»Wenn die Inflation es nicht auffrisst. Außerdem gibt es bei dieser Ehe eine Garantie dafür, dass sie nicht halten wird, und das ist beruhigend, nicht wahr?«
»Angesichts der Tatsache, dass es sich um eine rein geschäftliche Verbindung handelt, ist es das in der Tat.«
Ich erhebe mich. »Dann wünsche ich dir einen schönen restlichen Tag, Annabelle. Ich bedaure es, dass wir uns aus zeitlichen Gründen vor dem Besuch bei meinem Vater nicht noch etwas besser kennenlernen können, aber ich bin mir sicher, dass wir in der Lage sein werden, zu improvisieren. Schließlich habe ich die Eckdaten über meine Familie der Agentur bereits mitgeteilt.«
Auch Annabelle erhebt sich und hätte dabei vor sichtlicher Nervosität beinahe ihren Stuhl umgestoßen. Als sie zur Seite ausweicht, wirft sie einen Papierstapel herunter.
Erschrocken blickt sie mich an und bückt sich sogleich danach. Da ich in dem Moment bereits um den Tisch herumgehe, komme ich in den Genuss des Anblicks ihrer höchst wohlgeformten Kehrseite. Mein Körper reagiert umgehend auf sie, was mich ein wenig verstört. Sie sollte nicht so viel Macht über mich besitzen.
Zum Glück gelingt es mir, mir äußerlich nichts oder nicht allzu viel anmerken zu lassen. Schnell bringe ich die Tischkante wieder zwischen uns, anstatt meine zukünftige Fake-Ehefrau, wie ich es vorhatte, zur Tür zu begleiten.
Sie legt die Papiere auf dem Schreibtisch ab.
Verlegen blickt Annabelle mich an. »Könnten Sie bitte die besagte E-Mail an mich schicken? Meine Kollegin hat es leider versäumt, mir diese weiterzuleiten, und liegt jetzt mit hohem Fieber im Bett. Ich weiß nicht, wann sie wieder fit ist.«
»Welche üble Seuche ist eigentlich über eure Agentur hereingebrochen?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung. Auf jeden Fall wäre meine Kollegin wohl lieber gesund und würde arbeiten, als sich damit herumschlagen zu müssen.«
»Die E-Mail werde ich an dich weiterleiten. Gib mir deine E-Mail-Adresse. Dann erledige ich das gleich.«
»Ich gebe dir meine private. Immerhin geht es hier auch um eine Angelegenheit, in der die Agentur nicht involviert ist. Weiß Ms. Smith über die Einzelheiten Bescheid?«
»Nein. Das wollte ich mit ihr heute eigentlich persönlich besprechen.« Die halbe Million hätte mir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch ihre Mitarbeit garantiert. Wenn sie nämlich nicht auf die besonderen Umstände eingegangen wäre, dann wäre der Deal geplatzt.
Annabelle
Ethan reicht mir einen Zettel und einen Stift, auf dem ich meine entsprechenden Daten notiere und diese ihm über den Tisch hinweg zurückreiche. Ethan zieht eine seiner Visitenkarten aus einem eleganten, silbernen Etui und schreibt mit einem ebenfalls silbernen Stift etwas auf die Rückseite, von dem ich davon ausgehe, dass es sich um seine private Mobilfunknummer handelt.
Als er mir die Visitenkarte überreicht, berühren sich unsere Hände. Wie schon beim ersten Mal durchfährt mich ein elektrisierendes Kribbeln, das mich zutiefst irritiert. Sicherlich handelt es sich dabei um Abscheu, denn es wäre wohl die größte Ironie meines Lebens, wenn ausgerechnet mein Erzfeind in mir eine erotische Spannung hervorrufen könnte, wie es zuvor noch keinem anderen Mann gelungen ist.
Nicht, dass ich nicht schon einige Freunde gehabt hätte, aber der Richtige ist bisher nicht dabei gewesen. Das lag nicht nur an mir. Zumindest will ich das gerne glauben. Ansonsten könnte ich ernsthafte Selbstzweifel kriegen.
Natürlich kann ich vom Aussehen her nicht mit meiner Supermodel-Mutter mithalten. Dafür bin ich zu klein und zu rundlich. Normalerweise sollte man auch nicht mit seiner eigenen Mutter konkurrieren müssen.
Vor drei Jahren hatte ich das Problem beseitigt. Zumindest hoffe ich das. Es gibt nie eine Garantie. Vielleicht sollte ich es wie Ava machen und mir lieber zwei Katzen zulegen anstatt mich nach einem Partner umzusehen.
Männer hat sie eigentlich genug. Zumindest beruflich gesehen.
Reichlich verwirrt und verwundert über die Wendung der Ereignisse fahre ich zurück in meine Firma, weil ich herausfinden will, was aus meinem eigenen Termin bei Edison-Cornay geworden ist.
Meine Assistentin Camille steht gerade am Kopierer, als ich das Büro betrete.
»Laura hat vor einiger Zeit den heutigen Termin mit Edison-Cornay vereinbart. Offenbar wurde dabei etwas verwechselt.«
»Ich prüfe das sofort nach.« Geschäftig nähert sie sich ihrem PC, lässt sich auf den anthrazitfarbenen Stuhl sinken und hackt auf die Tastatur ein, als würde ihr Leben davon abhängen. Dabei bin ich keine so üble Chefin. Mit Sicherheit bin ich freundlicher als Ethan. Ich frage mich ohnehin, wie sie es schafft, mit den langen Fingernägeln so schnell zu tippen.
Wobei er heute gar nicht so unfreundlich war. Was wohl ausschließlich daran lag, dass er etwas von mir will. Ein Geschäft und mein Stillschweigen. Warum auch immer er solch einen Schritt für notwendig hält. Seltsam ist das alles schon, aber das große Geld lockt.
Noch mehr lockt allerdings die Gelegenheit, es dem Ekel heimzuzahlen.
Die Rache ist mein! Er soll erleben, wie es ist, auf der falschen Seite zu stehen. Ethan Shapiro wird endlich ernten, was er gesät hat.
Die Schweigepflichterklärung ist auf die Agentur ausgestellt. Eine Agentur, bei der ich nicht angestellt bin.
Vermutlich hat er damit sichergehen wollen, dass sie für sämtliche Mitarbeiter der Agentur gilt. Dumm gelaufen, Ethan. Genau dieser Kunstkniff wird dir jetzt zum Verhängnis. Denn ich bin nicht daran gebunden. Mit dieser Agentur habe ich nichts zu tun.
Offenbar hat die Schauspielerin, die er anheuern wollte, ihn versetzt. Ob die sich noch melden wird? In dem Fall wird sich das in den nächsten Tagen zeigen. Vielleicht ist sie einfach untergetaucht und niemand wird sich melden, solange die Agentur die vereinbarte Zahlung erhält.
Camilles Stimme durchdringt meine Gedanken. »Der Termin wurde abgesagt, weil kein Bedarf mehr dafür bestand. Kurzfristig ergaben sich irgendwelche Änderungen. Irgendwie muss das damals durchgerutscht sein. Wir hatten doch vor einiger Zeit diesen EDV-Ausfall, und wir pflegen den Terminkalender online ein, damit er mit deinem Smartphone synchronisiert wird. Wir hatten uns viele Termine und andere Daten auf verschiedene Zettel geschrieben. Möglicherweise wurde etwas falsch übertragen oder der Zettel ging verloren und jemand trug die Daten aus dem Gedächtnis ein. Es war auch alles sehr hektisch an diesem Tag. Anders kann ich mir das nicht erklären. Tut mir echt leid.«
Ich werde mir wohl etwas überlegen müssen, eine Arbeitsanweisung für EDV-, Netzwerk- und Internetausfälle, und alles weitere, was schief gehen könnte. Ist das nicht Murphys Gesetz? Was schief gehen kann, geht schief? Auf mich trifft das auf jeden Fall zu. Auf jeden Fall gehören einige Arbeitsabläufe optimiert.
Kapitel 2
Annabelle
Am Abend fahre ich mit der U-Bahn zurück zu der Altbauwohnung, die ich mir in einem kornblumenblau gestrichenen Haus in einer beschaulichen Straße im Londoner Stadtteil Chelsea mit meiner Freundin Ava und deren Katzen teile.
Fröhlich pfeifend betrete ich die Wohnung und finde meine Freundin Ava aka Madame Miraja, wie sie von ihren Mitarbeiterinnen und Kunden genannt wird, mit einem von letzteren vor.
Der dunkelhaarige Mann kniet nackt auf dem Boden und wischt diesen mit einem Tuch, das er immer wieder in einem Eimer säubert und auswringt. Unweit von ihm sitzt Madame Miraja in ihrer schwarzen Lederkluft, bestehend aus einem enganliegenden Bustier, das ihre Oberweite gut zur Geltung bringt, einem Minirock und oberschenkelhohen, spitz zulaufenden Stiefeln mit mörderisch hohen Absätzen.
Ihr schwarz gefärbtes Haar hat sie zu einer strengen Frisur hochgesteckt und ihre leicht schräg stehenden Augen mit dunklem Kajal dramatisch betont. Dazu hat sie die Lippen blutrot geschminkt. Ihr Teint ist von Natur aus hell und rein. Mit Sicherheit ist sie eine der schönsten Dominas von London, nein, vermutlich vom ganzen Vereinigten Königreich!
Zu dem gemütlich eingerichteten Raum mit dem Sofa von Tante Erna bildet sie einen starken Kontrast. Erna ist die Tante meiner Freundin, denn von meiner Mutter habe ich nie Möbel bekommen und würde das auch gar nicht wollen, und das Mobiliar meiner Oma Esme bestand gänzlich aus bereits fadenscheinigen und zerkratzten rustikalen Gelsenkirchener-Barock-Stücken.
Von mir stammt das türkise Billy-Regal, das nur bleiben durfte, weil es türkis ist. Alle anderen Regale stammen zwar ebenfalls von Ikea, besitzen jedoch Türen, um unsere kostbaren Bücher vor Staub und Sonnenlicht zu schützen. Außerdem ist das laut Ava besser für das Feng-Shui. Andere Regale kommen ihr nicht ins Haus.
Auf einem etwas tieferen Schrank befindet sich ein Karton, in dem Madame Mirajas schwarzweiße Katzendamen Feng und Shui gerade schlummern. Mich wundert es, dass sie sich nicht von dem Spektakel unweit von ihnen irritieren lassen. Vermutlich, weil sie das gewohnt sind.
Ja, sie heißen wirklich so. Übersetzt aus dem Chinesischen bedeutet das Wind und Wasser. Madame Miraja wird nicht müde, zu betonen, dass so viele Leute Shui falsch aussprechen. Handelt es sich um einen Kunden, zieht das natürlich eine umgehende Bestrafung nach sich. Ich sehe aber auch bei sonstigen Gelegenheiten ihre Finger zucken, wenn jemand die Katzen nicht ordnungsgemäß anspricht.
Mit Nachnamen heißt Ava heutzutage Beauchamp, was ihr Ehename war, den sie nach der Scheidung beibehalten hat, weil ihre Katzen so heißen. Der Name Beauchamp könne zudem nichts dafür, dass ihr Idiot von Ex-Mann ihn trägt. Wer kann schon dagegen argumentieren?
Mein Blick fällt auf den nackten Hintern des Mannes, der eifrig am Werk ist und in unserer Wohnung mit seinem Sklavenhalsband irgendwie deplatziert wirkt. Man könnte sich ihn besser in Madame Mirajas Studio vorstellen mit dem Andreaskreuz, ihrer Peitschensammlung und anderen Utensilien, von denen ich nicht mal weiß, worum es sich dabei handelt, geschweige denn, wofür es verwendet wird und das auch gar nicht wissen will.
»Hi. Ich sehe, du hast dir Arbeit mit nach Hause genommen«, sage ich zur Begrüßung. Als der Mann zum ersten Mal den Kopf hebt, erkenne ich, dass es sich um Xavier handelt. Er begrüßt mich freundlich, und ich erwidere den Gruß.
Da Miraja das Sado-Maso-Studio zusammen mit ihrer Mutter gehört, kann sie sich gewisse Freiheiten herausnehmen, was uns praktischerweise zu einer sauberen Wohnung ohne viel Aufwand für uns verhilft. Das SM-Studio ist ohnehin immer blitzblank geputzt. Ihren Stammkunden scheint der Ortswechsel nichts auszumachen. Im Gegenteil. Xavier James wirkt rot gestriemt und erniedrigt, aber sehr glücklich.
Mit Geburtsnamen heißt der Gute James Xavier James. Nach einer traumatischen Kindheit hat er sich entschlossen, den ersten Vornamen aus seinem Ausweis entfernen zu lassen. Ich bin also nicht die Einzige, die wegen ihres Namens früher gehänselt wurde.
Xavier kennen wir beide schon ewig. Er kommt schon seit fast zehn Jahren zu Madame Miraja. Da war er bereits verheiratet. Seine Frau Keira liebt ihn über alles, kommt jedoch mit seiner masochistischen und devoten Ader nicht ganz zurecht. Nicht, dass sie es nicht versucht hätte. Aber was soll sie tun, wenn der Traummann ein paar Neigungen hat, die sie nicht teilt, aber alles andere passt?
Die Besuche bei meiner Freundin waren am Anfang ein Kompromiss, doch dann haben sie sich als eine gute Alternative erwiesen. Vor allem seit sich Miraja aka Ava mit Keira zum ersten Mal getroffen hat und sie einander sympathisch fanden. Seitdem sehen sie sich öfter, nicht nur, um die neuesten Verfehlungen von Keiras Göttergatten auszutauschen. Auch das ist ihrer Ehe zugutegekommen.
Madame Miraja nickt. »Ja, ich bin fast immer im Einsatz. Aufstehen, Sklave. Bring meiner Freundin etwas zum Trinken, aber schnell.« Ihre Stimme klingt schneidend, woraufhin Xavier sogleich aufspringt.
Mit gesenktem Blick steht er vor ihr. »Ja, Herrin.«
»Welchen Tee möchtest du denn gerne oder wäre dir ein Cappuccino oder ein Saft lieber?«
»Ein Cappuccino.«
»Zwei Cappuccini, Sklave.«
»Ja, Herrin.« Er eilt in die Küche.
Wenig später kommt Xavier mit zwei dampfenden Tassen wieder mit meisterhaft aufgeschlagenem Milchschaum und einem Hauch von Kakao. Selbst in den teuersten Cafés von London sehen die Cappuccini nicht besser aus. Er stellt diese auf dem kleinen Glastisch ab, auf dem New York City und gelbe Taxis abgebildet sind.
Ich lächle. »Vielen Dank, Xavier. Das ist lieb von dir.«
Natürlich bedankt sich Madame Miraja nicht, sondern sagt nur, dass das Getränk zufriedenstellend ist. Dann gibt sie ihm die Anweisung, jetzt das Bad zu putzen.
Seufzend blicke ich ihm nach. Er ist groß, schlank, gutaussehend, dunkelhaarig und freundlich. »All unsere Freundinnen beneiden uns um ihn. Deren Wohnungen sind nie so sauber wie unsere. Ein Traummann, würde ich auf devote und masochistische Kerle stehen und wenn er nicht schon verheiratet wäre. Hast du es heute nicht etwas übertrieben? Sein Hintern glüht rot wie ein Pavianarsch.«
Das bringt mir einen skeptischen Blick meiner Freundin ein. »Sag das nicht, bevor du nicht von seiner neuesten Verfehlung erfahren hast.«
Meine Augenbrauen schießen nach oben. »Welche denn?« Was kann er verbrochen haben, um solch eine Strafe zu verdienen?
»Er hat Keira einen Mixer zum Geburtstag geschenkt.«
Ich reiße entsetzt die Augen auf. »Nein!«
»Doch.«
»O je. Das ist schlimm, wirklich schlimm.«
Sie nickt. »Ja, ein Chauvi-Geschenk wie es im Buche steht. Das musste ich ihm gleich austreiben. Wir hätten viel bessere Ehemänner in diesem Land, wenn die Frauen sie alle zwecks Erziehung und Abrichtung zu mir schicken würden.«
»Das mag auf einige von ihnen zutreffen, aber alle werden wohl kaum so sein. Außerdem gibt es trotzdem noch etwas Schlimmeres als Mixer zum Geburtstag.«
»Ja, klar gibt es immer etwas noch Schlimmeres, aber man sollte es nicht einreißen lassen. Nun spuck schon aus, was los ist. Ich habe es dir doch gleich an der Nasenspitze angesehen, dass irgendetwas nicht stimmt.«
Avas Scharfsinn sollte mich nicht überraschen. Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der mich so gut kennt wie sie.
Ich greife nach meiner Tasse, nippe daran und stelle sie wieder zurück. Der Cappuccino schmeckt vorzüglich.
Ich räuspere mich. »Ich habe Ethan Shapiro heute wiedergesehen.«
Sie reißt ihre schwarz umrandeten Augen auf. »Den arroganten Ekel-Ethan?«
Ich nicke. »Ja, genau den.« Dann sprudelt mein heutiges Erlebnis mit Ethan Shapiro nur so aus mir heraus.
Madame Miraja hört mir aufmerksam zu und stellt dann und wann eine Frage.
Als ich mit meinem Bericht fertig bin, sieht sie mich grinsend an. »Das ist doch die Chance, es dem Typen mal so richtig zu zeigen. Das hat er verdient!«
»Aber er hat doch ganz eindeutig jemand anderen als mich erwartet. Was ist, wenn diese Person noch auftaucht?«
Nachdenklich kratzt sie sich mit einem langen, dunkelrot lackierten Fingernagel am Kinn. »Wie lange warst du dort?«
»Etwas über eine halbe Stunde.«
»Während der offenbar niemand anders aufgetaucht ist. Bis zu eurer Abreise sind es noch zwei Tage. Wenn sich bis dahin aus welchen Gründen auch immer niemand von dieser Schauspielagentur bei ihm meldet, fahre einfach mit ihm zu seiner Familie. Ich habe ein paar Schauspieler in meinem Bekanntenkreis. Diese Agentur ist, soweit ich gehört habe, etwas zwielichtig und schlecht organisiert. Es gibt immer wieder welche, die mit den Träumen anderer spielen.
Jedenfalls kann es durchaus sein, dass Ethan nie wieder etwas von denen hört, solange er sich nicht bei denen beschwert. Aber da du ja zum richtigen Zeitpunkt in seinem Unternehmen aufgetaucht bist und er dich für die Schauspielerin hält, wird es dazu keinen Anlass geben.«
»Aber darauf kann ich mich nicht verlassen.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Natürlich nicht. Warte es einfach ab. Wenn er den Termin nicht absagt und mit dir zu seiner Familie fährt, dann ist es ziemlich wahrscheinlich, dass da nichts mehr kommt.«
»Das hört sich nach einem Plan an, wenn auch einem reichlich suspekten.«
Unser Gespräch wird davon unterbrochen, dass Xavier aus dem Badezimmer kommt und sich mit gesenktem Kopf neben das Sofa stellt. Mir fällt es schwer, ihn nicht anzustarren.
Streng sieht Madame Miraja ihn an. »Bist du fertig, Sklave?«
»Ja, Herrin.«
»Dann werde ich jetzt überprüfen, ob du wirklich fertig bist oder es nur behauptest.« In ihrer Stimme liegt eine Warnung.
Er schluckt. In seinen dunklen Augen zeigt sich eine Mischung aus Angst, Erregung und Erwartung, bevor er den Blick wieder senkt. »Ja, Herrin.«
So unterwürfig mag ich meine Männer nicht. Ich bin für Beziehungen auf Augenhöhe, aber als Spiel ist das wohl in Ordnung für jene, die es mögen.
Madame Miraja erhebt sich, greift nach ihrem Rohrstock, den sie zwischen dem Einsatz der Peitschen immer mal wieder zur Anwendung bringt, denn Abwechslung muss sein, und betritt das Badezimmer. Ihr Sklave trottet in devoter Haltung hinter ihr her.
»Hier an der Armatur der Badewanne ist noch ein Kalkfleck. Der wird sofort entfernt. Dass ich dich extra darauf hinweisen muss, ist eine Unverschämtheit und erfordert eine Bestrafung.« Ich höre mehrere Schläge.
Meins wäre das nicht, aber jedem das Seine.
Das Wasser geht an, ich vernehme Putzgeräusche. Gleich wird unser Bad sauberer sein als die Bäder in diversen Badezimmerausstellungen. Man traut sich danach kaum, es zu benutzen. Zumindest mir ergeht es so. Madame Miraja kennt da natürlich keinerlei Skrupel.
»Hier neben dem Katzenklo liegt ein Krümel Katzenstreu. Aufkehren! Sofort! Wie soll eine ordentliche Katze in solch ein Katzenklo gehen können?« Ihre Stimme klingt schneidend.
Als wären Madame Mirajas Katzen nicht totale Schweine, die beim Scharren ohnehin wieder einen Teil des Katzenstreus außerhalb der Kiste verteilen würden.
»Ja, Herrin.«
Mit ihrem Sklaven im Schlepptau kehrt sie etwas später zurück ins Wohnzimmer. »Es ist jetzt akzeptabel.«
Xavier sieht sie an, als wäre dies das allergrößte Lob. Vermutlich ist es das auch in dieser Situation.
Sie blickt auf die Uhr. »Die Stunde ist auch fast vorüber. Du darfst dich jetzt anziehen und nach Hause fahren.«
»Ja, Herrin.«
»Und vergiss nicht, was wir besprochen haben.«
Demütig blickt er auf seine Füße. »Ja, Herrin. Ich muss meiner Frau ein neues Geschenk kaufen, etwas Angemessenes, was sie sich wirklich wünscht, und ich muss mich für den Mixer entschuldigen. Außerdem muss ich sämtliche von Keiras Schuhen putzen.«
»Ich werde das überprüfen. Bei einer weiteren Verfehlung wird die Strafe umso härter ausfallen.«
Er schluckt. Für einen kurzen Augenblick sehe ich Panik in seinen Augen. »Ja, Herrin.«
»Dann darf der Sklave sich jetzt anziehen.«
Xavier trottet in die Abstellkammer und kehrt kurz darauf in seinem eleganten Anzug wieder heraus. Er leitet ein IT-Unternehmen, doch lässt sich von Madame Miraja regelmäßig erniedrigen und quälen.
Seine Hose ist verdächtig ausgebeult. Den Sklaven wird meistens erlaubt, es sich im Anschluss an die Bestrafungen selbst zu besorgen. Xavier möchte das nicht. Er fährt in diesem Zustand nach Hause zu seiner Frau und wohnt zum Glück nicht weit von hier entfernt. Was die beiden dann tun, geht nur sie etwas an.
Kurz darauf verschwindet Madame Miraja in ihrem Schlafzimmer und kehrt anschließend als Ava zurück. Nicht minder spektakulär. Jetzt trägt sie ein figurbetonendes Fünfzigerjahre-Kleid und funkelnden, dazu passenden Granatschmuck und wirkt damit wie ein Glamour-Girl jener Zeit, wie man es aus den alten Kinofilmen kennt.
Wenn man bedenkt, dass sie während ihrer Schulzeit meist nur Jeans und T-Shirts getragen hat und ihr Haar noch eine Mischung aus Mittel- und Dunkelblond gewesen ist, so ist diese Verwandlung umso erstaunlicher. Mir wäre das mit dem vielen Make-up und den ständigen Heizwicklern zu aufwändig, aber Ava ist der Typ dazu und hat auch eine gewisse Freude daran neben der nötigen Disziplin.
Nachdenklich blicke ich sie an. »Was mache ich mit dem Kleiderbudget, das Ethan mir gegeben hat?«
»Benutzen natürlich. Dafür hat er es dir doch zur Verfügung gestellt. Rufe morgen in seinem Unternehmen an und lass dir den Termin für den Freitagnachmittag schriftlich bestätigen. Dann werden wir zusammen die Boutique stürmen. Mit meinem unfehlbaren Geschmack werden wir sicher etwas finden, das deine Schönheit angemessen unterstreicht.«
»Das Budget ist sehr hoch. Offenbar erwartet er von mir, dass ich eine Luxus-Tussi für ihn spiele. Er könnte das Geld von mir zurückverlangen, sobald er feststellt, dass ich nicht diejenige bin, die ich zu sein vorgebe.«
»Du gibst gar nichts vor. Er ist einfach davon ausgegangen, dass du eine Schauspielerin bist. Du hast ihn lediglich in seiner Fehlannahme nicht korrigiert. Das ist dann sein Problem. Außerdem muss er das erst mal beweisen können. Zudem steht er vor dem nicht unbedeutenden Problem, dass es seinen Ruf als Frauenhelden und den eines der begehrtesten Junggesellen des Vereinigten Königreichs ruinieren könnte, wenn herauskommt, dass er es nötig hat, eine Frau dafür zu bezahlen, seine Ehefrau zu spielen. Für die Presse wäre er dann nämlich eine Lachnummer. Wahrscheinlich ist das der Grund für die Schweigepflichterklärung. Mit Sicherheit steckt mehr hinter dieser Geschichte. Der hat Dreck am Stecken. Hat er doch schon immer gehabt. Das sollte uns daher nicht überraschen.«
»Vermutlich hast du recht.«
»Natürlich habe ich recht. Zahle es dem Mistkerl heim. Der hat dich oft genug schikaniert. Ich sehe das noch vor mir, als wäre es erst gestern geschehen.«
Ava ist in dieselbe Klasse wie ich gegangen. Genau wie ich war sie eine Ausgestoßene, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Damals waren wir rein äußerlich noch ein höchst ungleiches Paar. Heutzutage sind wir ähnlich attraktiv, wenn auch nach wie vor ganz andere Typen.
Ava hat recht. Ich sollte es Ethan heimzahlen für das, was er mir damals angetan hat.
Unwillkürlich steigen die Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit in mir hoch. Plötzlich bin ich wieder die pickelige, pummelige, unbeholfene Boomquifa.
Ich stecke in Kleidung, die schon seit Jahrzehnten aus der Mode gekommen ist, falls sie es denn jemals war: einer kanariengelben Cordlatzhose und einem orangefarbenen Poloshirt mit überlangen Kragenspitzen. Fast alle meiner anderen, beinahe ebenso schrecklichen Kleidungsstücke befinden sich an dem Tag in der Wäsche. So bleibt mir nichts anderes übrig, als sie zu tragen oder nackt in die Schule zu gehen, und Letzteres wäre meinem Ziel, möglichst unsichtbar zu sein, wohl nicht besonders zuträglich.
Am liebsten würde ich im Boden versinken. Aber das ist nichts Neues. Es ergeht mir jeden Tag so.
Vermutlich bin ich die einzige Schülerin an der ganzen Schule oder zumindest eine von sehr wenigen, die sich wünscht, eine Schuluniform zu tragen, wie es fast alle Schüler in Großbritannien tun. Viele hassen diese, weil sie darin ihre Individualität eingeschränkt sehen. Ich jedoch wünsche mir nichts mehr, als nicht aufzufallen und in der Menge untergehen zu können.
Ich habe den Verdacht, dass meine Mutter Esme sich nur aus übertriebener Sparsamkeit, sprich extremem Geiz, die Mühe gemacht hat, eine der wenigen Schulen aufzutreiben, die auf Schuluniformen verzichten, sodass sie kein Geld dafür ausgeben muss. Die abgelegten Kleider, die sie von ihren Bekannten und Verwandten bekommt, gibt es schließlich umsonst und für mich das Mobbing noch gratis obendrauf. Was will man mehr als unbeholfene Fünfzehnjährige, die sich unwohl fühlt in ihrer Haut und in ihrem Leben?
Ich laufe zwischen den Tischreihen vorbei zu meinem Platz. Meine Freundin Ava ist krank, sodass ich dort heute allein sitzen muss. Ava sieht viel besser aus als ich, wenn sie auch meist ein wenig blass ist. Im Gegensatz zu meiner Mutter kauft ihr ihre Mutter öfter mal Klamotten. Auch wenn diese nicht topmodisch sind, fällt sie damit wenigstens nicht negativ auf.
Ava wird aus ganz anderen Gründen als ich gemobbt. Ihrer Mutter gehört das Sado-Maso-Studio namens Dark Dreams, ein berühmt-berüchtigtes Etablissement im Herzen von London. Offenbar erwartet jeder, dass meine attraktive Freundin in die Fußstapfen ihrer Mutter treten wird. An zweifelhaften Angeboten mangelt es ihr jedenfalls nicht, was sie fast genauso nervt wie die Hänseleien, die ich über mich ergehen lassen muss.
Mein Herz sinkt in meinen Magen, als ich Ethan bereits an seinem Platz in der Reihe hinter mir sitzen sehe. So kann er mich die ganze Zeit über anstarren. Vermutlich tut er das nicht ständig, aber es kommt mir oft so vor.
Ein bösartiges Grinsen verzerrt sein attraktives Gesicht zu einer hässlichen Fratze. Zumindest in meinen Augen. In der Realität sieht er immer noch toll aus, doch das ändert nichts daran, dass er ein Arschloch ist.
»Na, Quify, wie kommt es, dass dich die Modepolizei noch nicht verhaftet hat? Sag mal, machst du das mit Absicht? Heute siehst du aus wie eine Mischung aus einem Kanarienvogel und einer Karotte mit Zahnspange.«
Die beiden blonden Mädchen, die unweit von ihm in der hintersten Reihe sitzen, kichern affektiert über seinen gehässigen Scherz.