Verschenkter Rat - Ilse Aichinger - E-Book

Verschenkter Rat E-Book

Ilse Aichinger

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Beschreibung

»Hör gut hin, Kleiner, / es gibt Weißblech, sagen sie, / es gibt die Welt, / prüfe, ob sie nicht lügen.« Ilse Aichingers Gedichtsammlung ›Verschenkter Rat‹ gilt seit ihrem Erscheinen als ein Höhepunkt deutschsprachiger Nachkriegslyrik. Die Aufforderung zur Unabhängigkeit, zum Nichteinverstandensein mit staatlichen, gesellschaftlichen und religiösen Erwartungen wird in schlichten, in ihrer Schlichtheit aber umso subversiveren Versen proklamiert. Von Verlust, von Trauer und von Hingabe sprechen diese Gedichte, von den verlorenen Orten der Kindheit, von Gewalt und errungener Gewaltlosigkeit, vom Glück gesteigerter Wahrnehmung und vom Widerstand, den die scheinbar einfache Betrachtung lehrt.

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Seitenzahl: 41

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Ilse Aichinger

Verschenkter Rat

Gedichte

 

 

Impressum

 

 

Erschienen bei FISCHER E-Books

 

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2015

 

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-10-403443-0

 

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Inhalt

Gebirgsrand

Winterantwort

Sonntagvormittag

Marianne

Außer Landes

Widmung

Mägdemangel

Die trüben Stunden nutzend

Dorfweg

Briefwechsel

Rauchenberg

Spät

Mein Vater

Ende des Ungeschriebenen

Bei Linz

Teil der Frage

Winterfrüh

Jüngste Nacht

Versuch

Baumzeichnen

Spaziergang

St. Gilgen

Heu

Kartenspiel

Bobingers Klage

Attersee

Breitbrunn

Winteranfang

Selbstgebaut

Anweisung

Auf Sicht

Mir

Zwei Orte, zusammengelegt

Winterrichtung

Winter, gemalt

Leichte Wahl

Unsere Frau

Ortsanfang

Ortsende

Florestan

Königsreim

Lesen

Faltername

Hochzeitszug

Dreizehn Jahre

Gonzagagasse

Ohne Jahre

Befehl des Baumeisters beim Bau der Prinz-Eugen-Straße

Triest

Wunsch

Meiner Großmutter

Mittlerer Wahrspruch

Durch und durch

Zeitrechnen

Abgezählt

Nachruf

Zuspruch an einen Mann, der dreiundzwanzig Jahre im Bett blieb und dann aufstand

Seitlicher Durchblick

Verlorenes Manöver

Das Geburtshaus

Sommerfest

März

Märzwunsch an den Garten

Danach

Chinesischer Abschied

Alter Blick

Restlos

Ausgedacht

Dem Ende zugedacht

Schneeleute

In welchen Namen

Fahndungsbild

Kleine Summe

Ohne Bündel

Neuer Bund

Einunddreißig

In und Grimm

Übermorgen

Tagsüber

Zeitlicher Rat

Möglichkeiten

Findelkind

Zugehörig

Verfrüht

Kurzes Schlaflied

Bitte

An einen 4. März

Lose Sprossen

Erwiderung

An einen jungen Gerber

Verschenkter Rat

In einem

Anhang

Editorische Nachbemerkung

Bibliographische Hinweise

Gebirgsrand

Denn was täte ich,

wenn die Jäger nicht wären, meine Träume,

die am Morgen

auf der Rückseite der Gebirge

niedersteigen, im Schatten.

Winterantwort

Die Welt ist aus dem Stoff,

der Betrachtung verlangt:

keine Augen mehr,

um die weißen Wiesen zu sehen,

keine Ohren, um im Geäst

das Schwirren der Vögel zu hören.

Großmutter, wo sind deine Lippen hin,

um die Gräser zu schmecken,

und wer riecht uns den Himmel zu Ende,

wessen Wangen reiben sich heute

noch wund an den Mauern im Dorf?

Ist es nicht ein finsterer Wald,

in den wir gerieten?

Nein, Großmutter, er ist nicht finster,

ich weiß es, ich wohnte lang

bei den Kindern am Rande,

und es ist auch kein Wald.

Sonntagvormittag

Gott zu lieben,

ihn anzubeten

und ihm allein zu dienen.

Rastend

auf dem Weg zu den Höfen

zur bestimmten Stunde

aus der Ferne gesehen

über dem Schnee.

Marianne

Es tröstet mich,

daß in den goldenen Nächten

ein Kind schläft.

Daß sein Atem neben der Schmiede geht

und seine Sonne

schon früh

mit Hahn und Hennen

über das nasse Gras steigt.

Außer Landes

Bücher aus fremden Büchereien,

die erstarkten Tauben.

Käme es auf die Orte an,

die wir zu verlassen

im Stand sind,

mit ihrem Himbeergesträuch,

den Tüchern,

die sich schon im Winde falten,

sie wechseln still hinter uns,

während wir bleiben,

auf den warmen Rücken

der Gärten, steinern

oder aus Sand.

Widmung

Ich schreibe euch keine Briefe,

aber es wäre mir leicht, mit euch zu sterben.

Wir ließen uns sacht die Monde hinunter

und läge die erste Rast noch bei den wollenen Herzen,

die zweite fände uns schon mit Wölfen und Himbeergrün

und dem nichts lindernden Feuer, die dritte, da wär ich

durch das fallende dünne Gewölk mit seinen spärlichen Moosen

und das arme Gewimmel der Sterne, das wir so leicht überschritten,

in eurem Himmel bei euch.

Mägdemangel

Wer bleibt den Felsen auf der Spur,

wer säumt die Gräser,

wer riegelt uns die Plätze

jenseits der Straßen ab?

Die mit den Löffeln aßen,

haben in den Schuhen

die Steine mitgenommen

und sind lange fort.

Wer hilft uns noch,

wer läßt der Sonne jetzt

ihr leichtes Spiel?

Sind wir von Baum zu Baum

allein geblieben