Verträge verstehen für Nicht-Juristen - Jörg Kupjetz - E-Book

Verträge verstehen für Nicht-Juristen E-Book

Jörg Kupjetz

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Beschreibung

In vielen Berufen bekommt man es mit Verträgen zu tun – ob im Personalbereich, Servicevereinbarungen, Vereinbarungen mit Kunden und Zulieferern usw. Nur leider haben die wenigsten von uns Jura studiert – die Folge sind Unsicherheit und die Angst, wichtiges zu übersehen. Für alle Nicht-Juristen beschreibt der Autor auf verständliche und auch humorvolle Weise, worauf es bei der Gestaltung von Verträgen und im geschäftlichen Alltag ankommt. Er klärt über Gefahren und Tücken bei der Vertragsgestaltung auf, die nicht nur im Kleingedruckten lauern können. Er gibt ganz konkrete Empfehlungen, worauf man beispielsweise bei Dokumentationsverpflichtungen gegenüber dem Kunden achten sollte, welche Bedeutung dem Gerichtsstand beizumessen ist oder wo der vertragliche Teufel im Detail beim Einsatz von Subunternehmern liegt. Dieses Buch ersetzt keine anwaltliche Konsultation bei der Ausgestaltung eines Vertrages, doch es hilft maßgeblich, bereits bei Vertragsverhandlungen ärgerliche Fallstricke zu vermeiden. Außerdem zeigt es, worauf man bei der Verträgen generell zu achten hat, um auch nach der Unterschrift abends ruhig zu schlafen.

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Jörg Kupjetz

Verträge verstehen für Nicht-Juristen

 

Für meine Familie

 

Jörg Kupjetz

Verträge verstehen für Nicht-Juristen

Worauf man im Alltag achten muss

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2017

© 2017 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Bärbel Knill, Landsberg am Lech

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch, München

Umschlagabbildung: Shutterstock.com/Kamal Illil, montego

Satz: Röser MEDIA GmbH & Co. KG

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-86881-676-1

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-970-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86414-971-9

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter

www.m-vg.de

Inhalt

Annährung an eine unbekannte Spezies: Der Vertrag

Kapitel 1 – Bevor die Vertragsverhandlung beginnt

Der mit heißer Nadel gestrickte Vertrag

Realistische Vertragspunkte und das Datum der Vertragsunterzeichnung

Der Beginn der Vertragsverhandlung

Grundsätzliche Überlegungen zur Vertragsgestaltung

Warum Sie alle wesentlichen Inhalte immer schriftlich fixieren sollten

Wer entscheidet und wie hoch ist der Erfolgsdruck auf der Gegenseite?

Sehen Sie genau hin: Mit welchem Vertragspartner schließen Sie den Vertrag ab?

Mit welcher Vorbereitung sollten Sie in die Vertragsverhandlungen einsteigen?

Wer soll mit in die Verhandlungen?

Vorbereitung ist alles

Kapitel 2 – Der Anwalt, das unbekannte Wesen

Den passenden Anwalt finden und Gebühren verhandeln

Warum werden Anwälte so selten nach ihren Honorarsätzen gefragt?

Kapitel 3 – Vertrag oder nicht Vertrag?

Vertragsabschlüsse im Internet

Das persönliche Angebot

Weshalb Sie Ihre Texte immer prüfen lassen sollten

Handle ich als Privatperson oder als Unternehmen?

Nebenabreden

Weshalb Sie mündliche Vereinbarungen vermeiden sollten

Rahmenvertrag oder Einzelvertrag?

Kapitel 4 – Die geheimnisvolle Welt der AGBs

AGBs regeln Produkteinsatz bei einer Zombie-Apokalypse

Sinn und Nutzen von AGBs

Was gehört in die AGBs hinein?

Worauf sollten Unternehmen bei ihren AGBs im Rechtsverkehr mit Endverbrauchern achten?

Worauf sollten Unternehmen bei ihren AGBs im Rechtsverkehr mit anderen Unternehmen achten?

Können AGBs verhandelt werden?

Wohin mit den AGBs?

Was soll in den AGBs beschrieben werden?

Kapitel 5 – Wie soll der Vertrag verfasst werden?

Woher bekomme ich eine Vorlage für meinen Vertragsentwurf?

Die Prüfung des Vertragsentwurfes

Halten Sie Verträge immer einfach und verständlich

Kommt es im Vertrag auf jedes Wort an?

Falsche Formulierungen

Die Kündigung aus wichtigem Grund

Die Bedeutung von höherer Gewalt im Vertragswerk

Finden Sie die richtige Sprache

Der Umgang mit technischen Details

Worauf man noch achten sollte

Kapitel 6 – Die Vertragsverhandlung beginnt

Die Verhandlungsdauer

Unterschiedliche Verhandlungskulturen

Was tun bei Sprachproblemen?

Wo sollten die Vertragsverhandlungen stattfinden?

Achten Sie auf eine angenehme Verhandlungsatmosphäre

Den Vertragsentwurf diskutieren

Zu viele Köche verderben den Brei

Gehen Sie nie unvorbereitet in eine Vertragsverhandlung

Kapitel 7 – Die wichtigsten Bestandteile eines Vertrages

Durchspielen möglicher Szenarien im Leben des Vertrages

Vertragstitel und allgemeine Informationen

Der Vertragsgegenstand

Leistungsort und Leistungszeit

Nebenpflichten

Die Gegenleistung

Zahlungsbedingungen

Leistungsstörung

Kündigung und Kündigungsfristen

AGBs, Gerichtsstand und anwendbares Recht

Das Thema Gerichtsstand

Die salvatorische Klausel

Die Schriftformklausel

Grundsätzliche Überlegungen zu Vertragsformulierungen

Jeden einmal sterben lassen

Der Mustervertrag

Kapitel 8 – Vertragsinhalte, die sich als Fallen erweisen können

Hinterfragen Sie jede Klausel

Achten Sie auf die Vertragsstrafen-Falle

Versprechen Sie nicht zu viel

Lassen Sie sich bei Großaufträgen nicht blenden

Das passende Timing bei Kündigungen

Preise im Vertrag fixieren

Wer trägt die Kosten?

Warum genau dieser Vertragspunkt?

Unbestimmte Rechtsbegriffe und Haftungsfragen

Auf Kausalitäten und Abhängigkeiten achten

Was kostet jede Klausel?

Kapitel 9 – Verträge mit Beteiligung Dritter

Die Einbeziehung eines Dritten in die Abwicklung Ihres Vertrages

Die Zusammenarbeit mit Subunternehmern

Leistungen des Subunternehmers im Vertrag anführen

Subunternehmer namentlich im Vertrag nennen oder nicht?

Wechsel (Austausch) von Vertragsparteien

Abtreten von Forderungen

Kapitel 10 – Das tote Vertragspferd oder: Wann es Zeit ist, abzusteigen

Verhandlungsspielraum und alternative Varianten

Soll ich mit mehreren Anbietern gleichzeitig verhandeln?

Keine leeren Drohungen aussprechen

Auch mal Grenzen aufzeigen

Das kranke Vertragspferd – Verhandlungspartner austauschen

Wie Sie das Steuer doch noch herumreißen können

Warum es so schwerfällt, gescheiterte Verhandlungen endgültig abzubrechen

Das tote Vertragspferd entsorgen

Kapitel 11 – Die finale Phase vor der Vertragsunterzeichnung

Abwesende Zeichnungsberechtigte und stundenlange Unterschriftsorgien

Müssen Verträge überhaupt unterschrieben werden?

Die finale Vertragsprüfung oder: Psychoterror am Verhandlungstisch

Noch ein Wort zur Unterschriftenberechtigung

Die Vertragsunterzeichnung: persönlich oder doch nicht?

Der Ort der Vertragsunterzeichnung

Notwendige Änderungen nach Vertragsunterzeichnung

Kapitel 12 – Was tun bei Rechtsstreitigkeiten?

Vor Gericht ziehen oder besser doch nicht?

Der Wirtschaftsmediator als Alternative

Die Mediation

Das Schiedsgericht

Die Wahrnehmung der Marktteilnehmer

Der allwissende Richter?

Wie Sie sich vor Gericht verhalten sollten

Der Vertrag – Ihr neuer Freund

Die sechs goldenen Vertragsregeln

Die häufigsten Fragen zum Thema Verträge

Anmerkungen

Checklistenverzeichnis

Über den Autor

Annährung an eine unbekannte Spezies*: der Vertrag

Kaufvertrag, Dienstvertrag, Wartungsvertrag, Gesellschaftervertrag, Lieferantenvertrag: Schon der bloße Gedanke daran erzeugt bei vielen Menschen ein Gefühl der Überforderung und manchmal sogar eine gewisse Angst. Ähnlich wie Spinnen, die bei einigen unserer Mitmenschen Panikattacken auslösen können, erscheinen uns Vertragswerke häufig als bedrohliches Wesen, das bei uns sämtliche Abwehrmechanismen in Kraft setzt.

Wie ist es bei Ihnen? Denken auch Sie nur widerwillig an die nächste Vertragsverhandlung und scheuen Sie instinktiv davor zurück, eine Unterschrift unter einen Vertrag zu setzen? Falls ja, dann befinden Sie sich in guter Gesellschaft. In meiner langjährigen Praxis als Rechtsanwalt arbeitete ich mit unzähligen Menschen zusammen, die ähnlich empfanden wie Sie. Doch auch wenn bei Ihnen nicht gleich ein unangenehmes Gefühl oder sogar Angst aufsteigt, sobald Sie an das Wort »Vertrag« denken, werden Sie vermutlich eine gewisse Unsicherheit empfinden, sofern Sie nicht selbst Jurist sind.

Ich kann es Ihnen nicht verdenken, denn für die meisten Menschen bedeuten Verträge ein Buch mit sieben Siegeln, vollgestopft mit juristischen Fachbegriffen, die sich teilweise wie Beschwörungsformeln lesen. Ein Sammelsurium aus Fallen, die hinter jedem einzelnen Wort lauern. So denken wohl viele Menschen über Vertragswerke, doch an dieser Stelle möchte ich Sie gleich mal beruhigen: In den meisten Fällen ist dieses Misstrauen schlichtweg übertrieben.

Natürlich sind viele Vertragswerke umfangreiche und beliebig kompliziert verfasste Textwüsten. Aber wenn Sie wissen, worauf Sie bei dem jeweiligen Vertrag achten müssen, überblicken Sie ganz schnell, um welche Inhalte es im Wesentlichen geht.

Genau damit beschäftigt sich dieses Buch: Es begleitet Sie durch das scheinbare Labyrinth an Fachausdrücken und juristischen Stolperfallen bei der Ausformulierung der Verträge, die Sie mit Ihren Lieferanten, Kunden oder Geschäftspartnern schließen. Zusätzlich zum Verständnis der begrifflichen Feinheiten verrate ich Ihnen in diesem Buch eine Menge Tipps und Empfehlungen, wie Sie künftig erfolgreiche Vertragsverhandlungen führen.

Doch damit nicht genug. In diesem Buch erfahren Sie außerdem, worauf Sie bei der Vertragsgestaltung besonders achten müssen. Beispielsweise die Bedeutung des Gerichtsstandes, wie Sie am besten Ihre AGBs formulieren und welche Punkte es unbedingt zu beachten gilt, wenn Sie mit Subunternehmern zusammenarbeiten. Sie erfahren auch, wie Sie bestmöglich mit Gewährleistungen und anderen vergleichbaren Themen umgehen sollten, und bekommen viele weitere Tipps und Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Dieses Buch ist als Ratgeber gedacht, auf den Sie täglich zugreifen können. Ein Begleiter, der am besten in greifbarer Nähe in Ihrem Büro liegt.

Damit Sie sich in der Arbeit mit diesem Buch besser zurechtfinden, wurden die einzelnen Kapitel nach der Chronologie der Vertragsgestaltung aufbereitet. Zu Beginn beschäftigen wir uns daher mit sämtlichen Aspekten, die es bereits vor einer Vertragsverhandlung zu beachten gilt, bis hin zu den wichtigsten Tipps, was Sie bei und nach Vertragsabschluss beachten sollten.

Mit welcher Einstellung sollten Sie in eine Vertragsverhandlung gehen? Unter welchen Bedingungen erweist sich eine weitere Verhandlung für Sie nicht mehr als rentabel? Aber auch auf die Frage, wie Sie eine Vertragsverhandlung führen können oder wann die Verhandlungsgespräche am besten abgebrochen werden sollten, gehe ich detailliert ein.

Vielleicht müssen Sie einmal einen Vertrag in englischer Sprache abschließen. Auch für diese Situationen erhalten Sie von mir sehr viele Empfehlungen, etwa mit welchen Kosten Sie in solchen Fällen zu rechnen haben und was es dabei insgesamt zu beachten gilt.

Ich selbst beschäftige mich inzwischen seit über 15 Jahren mit Vertragsrecht und habe unzählige Mandanten bei ihren Vertragsverhandlungen juristisch beraten. Das waren oft beeindruckende Unternehmen, und nicht selten ging es um acht- bis neunstellige Eurobeträge. Im Laufe der Jahre erlebte ich die verrücktesten Situationen, wie beispielsweise Verhandlungspartner, die kurz vor Abschluss eines gewaltigen Geschäftes plötzlich wegen einer Kleinigkeit beleidigt aufstanden und den Verhandlungstisch verließen. Oder der Geschäftsführer, der in Urlaub ging, bevor die Verträge unterschrieben wurden, und die nächsten zwei Wochen einfach nicht erreichbar war. In beiden Fällen fehlte nicht viel und diese Deals wären doch noch geplatzt. Von diesen und vielen weiteren Geschichten erzähle ich Ihnen in diesem Buch. Diese Anekdoten sind dabei nicht nur sehr unterhaltsam, sondern sie sind auch wertvolle Erfahrungen, aus denen Sie lernen können.

Als Rechtsanwalt beschäftige ich mich natürlich auch mit Vertragsstreitigkeiten. Manchmal geht es dann vor Gericht, und da ticken die Uhren bekanntlich wieder anders. Was Sie in solchen Fällen erwartet, erfahren Sie ebenfalls in diesem Buch. Vor allem erzähle ich Ihnen, wann es sich überhaupt lohnt, vor Gericht zu ziehen, und welche sinnvollen Alternativen es gibt.

Am Ende eines jeden Kapitels steht eine Checkliste, in der die wichtigsten Informationen übersichtlich zusammengestellt werden. Falls Sie also zu einem bestimmten Thema etwas nachschlagen wollen, brauchen Sie nicht erst das gesamte Kapitel erneut zu lesen, sondern Sie finden in dieser Übersicht die Antworten in kompakter Form. Infokästen behandeln in komprimierter Form Themen rund um die Vertragsgestaltung. Zusätzlich finden Sie am Ende dieses Buches eine Zusammenstellung der häufigsten Fragen (FAQs) und Probleme im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrages.

Was Sie in diesem Buch vergeblich suchen werden, sind endlose Aufzählungen von Paragrafen und Präzedenzfällen, also Fälle, die der Rechtsprechung als Beispiele für künftige vergleichbare Urteile dienen. Aus meiner Erfahrung werden juristische Laien dadurch eher verwirrt, als dass es ihnen nützt. Ich habe bewusst auf formaljuristische Phrasen und Fachbegriffe verzichtet, um diesen Ratgeber möglichst gut verständlich und damit im Alltag anwendbar zu machen.

Übrigens richtet sich dieses Buch in seiner Anrede immer an Damen und Herren gleichermaßen. Das bedeutet im Umkehrschluss, selbst wenn Sie beim Lesen vorwiegend die männliche Form vorfinden, spreche ich damit auch Sie – liebe Leserin – an. Beide Formen im Buch zu integrieren stört den Lesefluss enorm, wie ich finde, daher habe ich darauf verzichtet, beide Geschlechter stets im gleichen Satz zu benennen.

Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen dieses Ratgebers und hoffe, Ihnen nicht nur viele wertvolle Tipps und Empfehlungen zu liefern, sondern Sie zusätzlich an der einen oder anderen Stelle zum Schmunzeln zu bringen.

Ihr

Jörg Kupjetz

______________

* Streng genommen handelt es sich bei diesem Begriff um eine biologische Lebensform. Da ein Vertrag letztlich auch gelebt werden muss, ist diese Bezeichnung – mit einiger Fantasie – durchaus zutreffend.

Kapitel 1 – Bevor die Vertragsverhandlung beginnt

Der mit heißer Nadel gestrickte Vertrag

Vor einigen Jahren betreute ich als Anwalt ein großes Handelsunternehmen mit etwa 800 Mitarbeitern. Das Unternehmen benötigte Geld und verhandelte daher mit einer großen Bank um ein entsprechendes Darlehen. Alles lief unter großem Zeitdruck ab, und als das Bankhaus den Vertrag vorlegte, nahm mein Klient zwar einige meiner Anmerkungen und Hinweise zu möglichen Risiken im Vertrag zur Kenntnis, gleichzeitig sagte er mir jedoch: »Das Ding muss jetzt abgeschlossen werden.« Dieser Vertrag wurde also mit heißer Nadel gestrickt, wie es so schön heißt.

Das »Ding« wurde schließlich zum Abschluss gebracht, das Unternehmen erhielt frisches Geld und alles schien sich in die richtigen Bahnen zu bewegen. So weit, so gut? Mitnichten.

Ungefähr acht Wochen später rief mich der Geschäftsführer an. Er sagte mir, es gebe Probleme mit dem Vertrag. Sein Unternehmen könne die vertraglich zugesicherte monatliche Berichterstattung an die Bank nicht einhalten, und diese drohe nun mit Vertragskündigung.

»Was kann uns im schlimmsten Fall passieren?«, fragte er mich schließlich.

»Im schlimmsten Fall macht der Vertragspartner von seinem Kündigungsrecht Gebrauch und fordert mit sofortiger Wirkung das gesamte Darlehen zurück, inklusive Zinsen«, war meine Antwort.

»Das wäre sehr schlecht«, gab er trocken retour.

Klar, denn das hätte die Insolvenz bedeutet. Das Problem an heißen Nadeln ist, dass man sich an ihnen die Finger verbrennt, sobald man einen unvorsichtigen Handgriff durchführt. Und genau das passierte hier.

Ich erfuhr in diesem Telefongespräch, wovon mich das Unternehmen bereits weit früher hätte informieren sollen: Die Bank machte nämlich die fortlaufende Gewährung des Darlehens von einer vertraglich zugesicherten Berichterstattung zur Geschäftsentwicklung des Handelsunternehmens abhängig. Damals hatte ich den Geschäftsführer gefragt, ob er diesen Punkt garantiert erfüllen könne, also ob die dafür erforderliche Software existiere und ob das Unternehmen die entsprechenden Kapazitäten besitze. Schließlich bedeutet es auch einen gewissen Arbeitsaufwand, diese Zahlen bereitzustellen, und im schlimmsten Fall muss sich ein Mitarbeiter ausschließlich damit beschäftigen. Damals antwortete er mir, dass dieser Vertragspunkt die Zeit nicht wert sei, weiter darüber nachzudenken.

Jetzt stellte sich heraus: Das Unternehmen verfügte weder über die entsprechende Software noch existierte in der Buchhaltung der dafür notwendige Mitarbeiter.

»Wegen einer solchen Kleinigkeit machen die so ein Fass auf?«, beschwerte sich der Geschäftsführer am Telefon.

Ja, das machen die. Und wenn etwas in einem Vertrag definiert und von beiden Seiten unterschrieben wurde, dann ist es egal, wie klein eine Kleinigkeit ist. Sie muss erfüllt werden.

Im Laufe dieses Telefongespräches erfuhr ich vom kaufmännischen Geschäftsführer, dass er sich mit seinem Kollegen – dem zweiten Geschäftsführer – in einer Art Machtkampf befand. Mein Ansprechpartner war erst vor wenigen Monaten in das Unternehmen gekommen und kannte daher die inneren Systeme und Abläufe noch nicht so gut. Außerdem befand sich die Befehlsgewalt über die Buchhaltung und das Controlling in der Hand seines Widersachers. Anders ausgedrückt, der kaufmännische Leiter sagte in den Vertragsverhandlungen einen Punkt zu, von dem er gar nicht wusste, ob ihn das Unternehmen umsetzen konnte.

Letztlich blieb dem Unternehmen nichts anderes übrig, als eine neue Software anzuschaffen sowie eine zusätzliche Arbeitskraft anzustellen, um den geforderten Vertragspunkt zu erfüllen. Es entstanden also Mehrkosten im knappen sechsstelligen Bereich, die man eventuell hätte vermeiden können – beispielsweise, indem man diesen Vertragspunkt mit einem Spezialisten aus der Buchhaltung besprochen hätte. Ich bin mir sicher, die Bank hätte auch einer anderen Form der Berichterstattung zugestimmt, doch derartige Vereinbarungen gelingen normalerweise nur während der Vertragsverhandlung. Sobald ein Vertrag unterschrieben wurde, kann jede nachträgliche Änderung nur über Zugeständnisse erreicht werden, und diese kosten das Unternehmen am Ende des Tages immer Geld.

Was lernen wir aus diesem Beispiel?

Ich muss jeden Vertragspunkt erfüllen können, sobald ich diesem zugestimmt, sprich: unterschrieben habe. Vertragsverhandlungen sollten immer Chefsache sein, keine Frage, doch gleichzeitig sollte man unklare Vertragspunkte intern mit den entsprechend qualifizierten Personen besprechen, um zu prüfen, ob sich der eine oder andere Punkt überhaupt umsetzen lässt. Dafür muss ja nicht gleich der ganze Vertrag vorgelegt werden, sondern es genügt, lediglich diese eine Klausel intern zu besprechen.

Auch sollten Sie es grundsätzlich vermeiden, Verträge unter Zeitdruck abzuschließen. Fast immer kommt es anschließend zu Streitigkeiten unter den Vertragspartnern. Da wurde dann der eine oder andere Punkt doch unterschiedlich verstanden oder es können Vereinbarungen nicht so umgesetzt werden, wie sie im Vertrag definiert wurden.

Schließlich empfehle ich Ihnen dringend, sich selbst gegenüber stets ehrlich zu bleiben. Reden Sie sich einen Vertrag nie schön, kalkulieren Sie grundsätzlich mögliche Störungen in Abläufen mit ein, oder anders ausgedrückt: Setzen Sie niemals nur das Best-Case-Szenario an und machen es zur Grundlage dieses Vertrages. Was passiert, wenn einer Ihrer Sublieferanten ausfällt? Können Sie dann noch immer die in der Vereinbarung zugesicherte Lieferzeit Ihrer Ware einhalten? Oder sollte doch besser ein zeitlicher Puffer eingebaut werden?

Hier geht es nicht um Katastrophenszenarien, sondern darum, realistische Annahmen zu treffen. Schönreden kann richtig ins Geld gehen.

Realistische Vertragspunkte und das Datum der Vertragsunterzeichnung

In einem ähnlichen Fall handelte eine Gesellschaft mit einer Bank ein zusätzliches Darlehen aus, damit bestimmte Investitionen getätigt werden konnten. Die Verhandlungen mit der Bank befanden sich gerade in der heißen Phase, man stand also kurz vor Vertragsabschluss, da kündigte einer der Gesellschafter an, dass er sich nun in den bereits vor längerer Zeit gebuchten Urlaub begeben werde. Gut, das kann ja mal vorkommen. Wenn Sie sich als Unternehmer oder als Selbstständiger in Vertragsverhandlungen befinden, sollten Sie jedoch Ihren Urlaub nicht unbedingt exakt in den Zeitraum der voraussichtlichen Vertragsunterzeichnung legen. Falls sich dies tatsächlich als unausweichlich erweist, da ansonsten der familiäre Haussegen gefährlich schief hängt, empfiehlt es sich, im Unternehmen eine entsprechende Vertretung einzusetzen, die einen solchen Vertrag auch rechtsgültig unterschreiben kann. Falls so etwas nicht möglich ist, beispielsweise weil Sie als Einzelunternehmer schlicht keine weitere Person beschäftigen, dann prüfen Sie zumindest, wie weit Sie an Ihrem Urlaubsort noch arbeitsfähig bleiben. Die wichtigsten Voraussetzungen sind hier ein Faxgerät, ein Telefonanschluss, eine Internetverbindung mit einem modernen Computer, der idealerweise nach der Jahrtausendwende angeschafft wurde, und ein Postamt in erreichbarer Nähe.

Im vorhin erwähnten Beispiel machte dieser Gesellschafter den Vertragsteilnehmern ernsthaft klar, er habe im Urlaub weder die Möglichkeit, etwas zu unterschreiben, noch ein Fax zu erhalten oder etwas mit der Post zu verschicken. Er verbrachte seinen Skiurlaub nämlich irgendwo in den Alpen, und zwar in einem schicken, jedoch technisch hoffnungslos unterentwickelten Hotel fernab jeglicher Zivilisation.

Ich habe nie erfahren, woran die restlichen Vertragsteilnehmer spontan dachten, als sie davon erfuhren, doch so ein Vertrag kann durchaus auch scheitern, wenn eine simple Unterschrift fehlt.

Wie hätte man mit diesem Fall besser umgehen können?

Insbesondere bei sehr wichtigen Vertragsverhandlungen, wenn der Fortbestand des Unternehmens hiervon abhängt, sollte einer weiteren Person eine entsprechende Vollmacht übertragen werden. Zumindest sofern man nicht alleinvertretungsberechtigt ist. Diese zusätzlich unterschriftsberechtigte Person könnte beispielsweise ein weiterer Gesellschafter sein. Schließlich kann immer etwas passieren, und gerade bei größeren Unternehmen sollte dessen Schicksal nicht an einer einzigen Person hängen. Außerdem empfiehlt es sich, als Geschäftsführer, Gesellschafter oder auch als Einzelunternehmer bei laufenden Vertragsverhandlungen den wohlverdienten Urlaub vielleicht nicht am so ziemlich entlegensten Ort der Welt zu verbringen.

In einem anderen Fall befand sich ein Klient von mir ebenfalls irgendwo mitten auf der grünen Wiese im Urlaub, und als ich ihm klarmachte, dass ich die Vertragspartner nicht mehr länger hinhalten könne, sicherte er mir zu, mit seinen Unterlagen in die 30 Kilometer entfernte nächstgelegene Stadt zu fahren, um dort alles abzuwickeln.

Sie erkennen schon an diesen wenigen Beispielen, wie wichtig die Vorbereitung vor und während der Vertragsverhandlung ist. In der Tat vermeiden Sie mit einer sorgfältigen Planung etwa 90 Prozent aller Kopfschmerzen, die Ihnen der Vertrag später bereiten würde. Wie Sie sich perfekt vorbereiten und worauf Sie besonders achten sollten, erfahren Sie in den nachfolgenden Kapiteln.

Gut zu wissen: Wie entsteht ein Vertrag?

Beschäftigen wir uns zu Beginn mit der grundlegenden Frage, ab wann überhaupt ein Vertrag entsteht, oder anders ausgedrückt: Was ist eigentlich ein Vertrag?

Kurz gesagt handelt es sich dabei um zwei übereinstimmende Willenserklärungen – das sogenannte Angebot und die sogenannte Annahme. Diese können grundsätzlich per Handschlag, schriftlich oder mündlich erfolgen.

Wenn Sie heute im Supermarkt Ihrer Wahl ein Kilogramm Äpfel an der Kasse auf das Förderband legen, dann nimmt die Kassiererin Ihr Geld dafür entgegen und akzeptiert damit Ihr Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages. Sie haben an dieser Stelle einen Vertrag geschlossen, nämlich einen Kaufvertrag.

Die mündliche Vereinbarung funktioniert im einfachen geschäftlichen Miteinander sehr gut, reicht jedoch bei komplexeren Geschäftsbeziehungen nicht mehr aus. Schließlich müssen beide Seiten auch noch nach Jahren wissen, was sie ursprünglich vereinbart hatten, und dafür braucht es schriftliche Verträge.

An unserem Supermarktbeispiel haben Sie auch schon eine wichtige Besonderheit für Ihren Geschäftsverkehr kennengelernt: Die Auslage von Waren und das Bewerben von Produkten wird zwar umgangssprachlich als Angebot bezeichnet, juristisch ist dies aber nur die Einladung an den Kunden, ein Angebot abzugeben, das dann der Verkäufer annehmen kann.

Der Beginn der Vertragsverhandlung

Was meinen Sie, wann beginnt überhaupt die Vertragsverhandlung? Gibt es dafür einen offiziellen Startschuss, vergleichbar mit dem Knall, der einen 100-Meter-Sprint einleitet?

Tatsächlich kann eine solche Verhandlung bereits mit dem ersten Telefongespräch, der allerersten E-Mail beginnen. Jedes Zugeständnis, das Sie in dieser frühen Phase machen, kann von Ihrem Gegenüber als Vertragsbestandteil betrachtet werden. Natürlich können Sie alles nochmals neu verhandeln, sofern noch nichts mit einer Unterschrift besiegelt wurde. Doch welches Bild wird Ihr Vertragspartner dann von Ihnen haben? Behalten Sie diese Überlegung stets im Hinterkopf und machen Sie in diesem frühen Stadium niemals Zugeständnisse, die Sie nicht auch vertraglich zusichern würden.

Ganz gleich, ob Sie der Inhaber oder Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebes mit mehreren Mitarbeitern, Selbstständiger oder Einzelunternehmer sind: Überlegen Sie sich bereits vor der Vertragsgestaltung, welchen Zweck Sie damit verfolgen. Handelt es sich dabei um den künftigen Standardvertrag, beispielsweise den Wartungsvertrag, der am besten einheitlich eingesetzt wird, oder gilt das Vertragswerk nur für diesen einen Fall? Soll der Vertrag zweisprachig verfasst werden oder genügt als Vertragssprache Deutsch? Dieser Punkt kann dann interessant werden, wenn es sich bei Ihrem Unternehmen um die Tochter eines Konzerns handelt und die Muttergesellschaft in Süd-korea auch noch einen Blick darauf werfen möchte. Bedenken Sie dabei: eine professionelle Übersetzung eines Vertrages kostet etwa 60 bis 80 Euro pro Seite. Somit verschlingen bei einem 100-seitigen Vertrag bereits die Übersetzungskosten in etwa 8000 Euro.

Selbst in den Vertragsverhandlungen kann eine Fremdsprache durchaus eine Hürde darstellen. Wenn der Unternehmer beispielsweise der englischen Sprache nicht mächtig ist, wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als eine zusätzliche Person mitzunehmen, sollten die Verhandlungen in dieser Sprache geführt werden.

Als juristischer Berater erlebte ich diese Situation bereits einige Male. Etwa eine Stunde nach Verhandlungsbeginn gestand mir der Geschäftsführer, kein Wort von dem zu verstehen, was bisher besprochen worden ist. In diesem Fall mussten wir die Verhandlung vertagen, und das nächste Mal nahm ein Prokurist mit entsprechenden Sprachkenntnissen an den Gesprächen teil.

Für welchen Einsatz ist der Vertrag also gedacht? Soll er am Ende so gestaltet sein, dass Sie den (Muster-)Vertrag auch Ihren Vertriebsmitarbeitern in die Hand geben können? Soll er ohne juristische Endkontrolle eingesetzt werden oder laufen alle Ihre Verträge noch mal durch die hauseigene Rechtsabteilung, eine Situation, in der sich Selbstständige und kleine Unternehmen wohl eher seltener befinden?

Soll es sich am Ende um einen autarken Vertrag handeln oder muss ihn jedes Mal ein Jurist überprüfen, bevor er ihn nach draußen – ins stürmische Geschäftsleben – schickt?

Soll es ein autarker Vertrag sein, sollte er in jedem Fall von einem darauf spezialisierten Anwalt geprüft werden. Bei ausgesprochen individuellen Verträgen sollten Sie natürlich die anfallenden Kosten für die juristische Beratung entsprechend mit einkalkulieren. Meine Empfehlung für häufig wiederkehrende Geschäftsabläufe: Erstellen Sie einen möglichst standardisierten Vertrag, den Sie nicht jedes Mal juristisch absegnen lassen müssen. Hier gilt schließlich das Gebot der Wirtschaftlichkeit.

Grundsätzliche Überlegungen zur Vertragsgestaltung

Wenn zwei Geschäftspartner miteinander verhandeln, stellt sich irgendwann die Frage, wer denn nun das Vertragswerk gestaltet. Wie sollten Sie sich in diesem Fall verhalten? Ist es besser, auf einem eigenen Vertrag zu bestehen oder doch lieber die gegnerische Verhandlungspartei ein derartiges Schriftstück aufsetzen zu lassen und erst mal gemütlich abzuwarten, was passiert?

Meine Empfehlung lautet: Versuchen Sie immer, soweit es nur irgendwie möglich ist, von Ihrer Seite aus den Vertragsentwurf vorzulegen. Schließlich erweist es sich in der Praxis immer als einfacher, das eigene Dokument zu nehmen, dieses dem Verhandlungspartner zu schicken, der es dann mühevoll durchlesen und mit Kommentaren versehen muss.

Im anderen Fall müssen nämlich Sie sehr sorgfältig nachprüfen, ob Ihre Vertragspunkte und Ihre Vorstellungen im Vertragsentwurf der Gegenseite auch entsprechend erfasst wurden. Das bedeutet für Sie stets einen höheren Aufwand. Es sollte also in Verhandlungen ganz früh geklärt werden, wer den Vertrag entwirft – und zwar möglichst Ihre Seite.

Letztlich ist es jedoch auch immer eine Frage der Machtverhältnisse zwischen beiden Parteien und ob Sie überhaupt in der Position sind, das Vertragswerk zu gestalten.

Stellen Sie sich vor, Sie suchen einen neuen Internetanbieter für Ihr Büro. Nehmen wir an, Sie haben sich für Vodafone entschieden und sagen dem Unternehmen, dass Sie einen Vertrag entwerfen und diesen der Konzernzentrale zuschicken werden. Vermutlich wird der Mitarbeiter des Callcenters am anderen Ende der Telefonleitung einen Moment lang verstummen. Wohl weniger aus Freude, da Sie ihm damit Arbeit abnehmen, sondern aus purer Fassungslosigkeit. Schließlich liegt in diesem Fall das Machtverhältnis eindeutig auf der Seite von Vodafone, ganz gleich, ob die etwas von Ihnen wollen oder umgekehrt. Hier kommt es auf die Unternehmensgröße an. Wenn Sie als Einzelunternehmer mit einem Konzern verhandeln, wird Ihnen Ihr Vertragspartner seinen Vertrag vorlegen und sich dabei wohl auf keine Diskussion einlassen. Abgesehen davon wäre es vermutlich auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten unrentabel, diesen Vertrag selbst aufzusetzen. Dafür müssten Sie sich erst in die Materie einarbeiten, das Vertragswerk juristisch prüfen lassen, kurzum: einen unverhältnismäßig hohen Aufwand betreiben. Daraus können wir schließen, dass normalerweise jene Partei den Vertrag vorlegt, die über die entsprechende Wissensherrschaft verfügt und/oder die wirtschaftlich bessere Stellung einnimmt.

In allen anderen Fällen, wenn also ein grundsätzlicher Gleichstand bezüglich der Unternehmensgröße und des für die Vertragsgestaltung notwendigen Hintergrundwissens herrscht, sollten Sie versuchen, die Vertragsgestaltung zu übernehmen. Oder zumindest diesen Vorschlag unterbreiten.

Warum Sie alle wesentlichen Inhalte immer schriftlich fixieren sollten

Der schriftliche Vertrag dient natürlich ganz klar zu Beweiszwecken. Hier lassen Sie sich bitte nie einreden, anschließend – also nach Unterzeichnung – über weitere Details verhandeln zu können. Vertriebsmitarbeiter argumentieren gerne, dass »Sie jetzt mal den Vertrag unterschreiben, und die noch offenen Kleinigkeiten können noch immer im Nachgang besprochen werden«. Oder: »In der Praxis leben wir das schon anders, als es hier im Vertrag beschrieben wird.«

Das kann ja gut sein, doch in der juristischen Praxis gelten ausschließlich die Wahrheiten, die im Vertrag stehen. Punkt.

Häufig wollen Vertriebsmitarbeiter nämlich einfach einen schnellen Abschluss erzielen. Klar könnte in der Praxis dieses Unternehmens der eine oder andere Vertragspunkt durchaus davon abweichend gelebt werden, aber was ist, wenn nicht?

Ich empfehle Ihnen: Lassen Sie sich nicht auf solche Versprechen ein, sondern ändern Sie jene Teile des Vertrages ab, die nicht ihren Vorstellungen entsprechen, die Ihnen sozusagen »Schmerzen« bereiten! Was passiert denn, wenn der Mitarbeiter, mit dem Sie die Verhandlungen geführt haben, das Unternehmen verlässt? Dann weiß niemand mehr etwas über die gelebte Praxis, von der dieser Vertriebsmitarbeiter gesprochen hatte.

Auch sollten Sie an dieser Stelle sämtliche Nebenabreden unbedingt unterlassen. Jegliche Vereinbarung kommt in einen sauberen Vertrag. Nebenabreden, also zusätzliche Bedingungen, können verloren gehen, und nach einigen Jahren erinnert sich niemand mehr daran – gute Voraussetzungen für Streitigkeiten und juristischen Schlagabtausch.

Auch sollten Nachfragen zum Vertragsinhalt immer schriftlich erfolgen und nie per Telefon. Selbst falls es für den Vertragspartner misstrauisch wirkt, sollten Sie derartige zusätzliche Informationen, die für die Vertragsverhandlungen wichtig sind, grundsätzlich schriftlich erfassen. Das bedeutet: Wenn es ein Telefongespräch zu einem bestimmten Thema gab, dann schicken Sie bitte eine E-Mail als Zusammenfassung hinterher. Am besten noch mit Sende- beziehungsweise Empfangsbestätigung. Das wirkt vielleicht etwas hölzern, doch letztlich hilft es nur, Streitigkeiten im Nachgang zu vermeiden. Gehen Sie nach diesem System aber bitte nur bei wirklich wichtigen Themen vor. Nicht jedes Telefongespräch muss auch automatisch schriftlich abgesichert werden.

Wer entscheidet und wie hoch ist der Erfolgsdruck auf der Gegenseite?

Ich empfehle immer, bereits in einem frühen Gesprächsstadium den Verhandlungspartner – auf höflichem Wege – zu fragen, ob dieser die nötige Entscheidungskompetenz besitzt oder ob er den Vertrag noch anderen Personen zeigen muss. Gerade wenn Sie mit Beratern oder Verkäufern sprechen, kann diese Frage sehr wichtig werden.

Insbesondere wenn Sie mit asiatischen Unternehmen verhandeln, werden Sie selten bis nie den kompetenten Entscheider vor sich haben, sondern Sie verhandeln normalerweise mit der untersten Garde, die alles an die nächsten zwei bis drei Ebenen weitertragen muss.

Die Frage nach der Entscheidungskompetenz Ihrer Verhandlungspartner entscheidet darüber, wie lange es dauert, bis es zu einem unterschriftsreifen Vertragswerk kommt.

Nehmen wir an, Sie sind Webdesigner und ein japanisches Unternehmen fragt an, ob Sie den Internetauftritt für die deutsche Niederlassung gestalten möchten. Selbstverständlich wollen Sie das, daher sitzen Sie nun zwei Vertretern dieses Unternehmens gegenüber und verhandeln den Leistungskatalog, den beide Seiten erbringen sollen. Bis daraus ein Vertrag wird, dauert es mindestens zwei, eher drei Monate. Dies kann wiederum spannend werden, wenn Sie vor der Frage stehen, ob Sie andere Projekte durchführen können oder sich die Zeit für das japanische Großprojekt offenhalten sollten.

Auch die Frage, wann ein Vertrag geschlossen wird, kann von Bedeutung sein. Falls Ihr Geschäftspartner im September die Lieferbedingungen für eine bestimmte Ware mit Ihnen verhandeln möchte und Sie wissen, dass er bis Jahresende noch Ergebnisse erzielen muss, dann befinden Sie sich automatisch in einer stärkeren Verhandlungsposition. An dieser Stelle können Sie eventuell den einen oder anderen Vorteil rausholen. Hier sollten Sie idealerweise vor Beginn der Verhandlungen recherchieren, wie groß der Druck auf der gegnerischen Seite ist und worin deren Motivation für den Verhandlungserfolg liegt.

Wie sich eine derartige Situation auswirken kann, erfuhr ich selbst vor etwa drei Jahren. Mein altes Fahrzeug befand sich sozusagen im Rentenalter und ich überlegte mir, welches Auto ich denn nun kaufen sollte. Im Dezember war es endlich so weit, meine Entscheidung stand fest, daher ging ich mit konkreter Kaufabsicht zu einem Autohaus. Im Lauf des Gespräches sagte mir der Verkäufer klipp und klar, er habe seine Ziele bereits im Oktober erfüllt. Für ihn bestand also überhaupt kein Verkaufsdruck, und so hielt sich sein Interesse, mir irgendwelche Zugeständnisse zu machen, sehr in Grenzen. Ich ging wieder nach Hause, verlängerte die Lebenszeit meines in die Jahre gekommenen Autos und verschob den Autokauf auf den Januar. Der Verkaufsdruck des Verkäufers stieg zwischenzeitlich auf ein für mich attraktives Niveau an und wir erzielten einen für beide Seiten zufriedenstellenden Abschluss.

Damit möchte ich Ihnen vermitteln, dass es durchaus vorkommen kann, dass ein Verhandlungspartner die Verhandlung in die Länge zieht, sofern es sich für ihn in irgendeiner Weise lohnt.

Wie Sie an diesen letzten Beispielen erkennen können, sollten Sie sich vor Verhandlungsbeginn grundsätzlich Informationen über das andere Unternehmen einholen. Das geht los mit einem ganz normalen Handelsregisterauszug. Darin wird beispielsweise vermerkt, ob Ihr Verhandlungspartner überhaupt vertretungsberechtigt ist. Handelt es sich bei ihm also um den Geschäftsführer oder zumindest um einen Prokuristen? Sollte dies nicht der Fall sein, lassen Sie sich seine (Handlungs-)Vollmacht zeigen. Besitzt er auch diese nicht, wissen Sie sofort, dass diese Person über keine Entscheidungsgewalt verfügt und sämtliche Gesprächsergebnisse intern zusätzlich abzusegnen sind.

Sie sollten auch zusätzliche Recherchen über das Unternehmen durchführen, mit dem Sie sich in Vertragsverhandlungen befinden. Über das Internet lässt sich so etwas heutzutage ausgesprochen leicht anstellen, es ist also kein Hexenwerk.

Ich vertrat vor einigen Jahren ein mittelgroßes Bankhaus und wir befanden uns in Verhandlung mit einem Unternehmen, das eine neue Finanzierungsrunde brauchte.

Im Zuge meiner Recherchen stellte ich fest, dass dieses Unternehmen ein paar Monate zuvor Besuch vom Staatsanwalt erhalten hatte. Da gab es also in irgendeiner Form Redebedarf zwischen diesem Unternehmen und dem deutschen Staat. Auf der einen Seite wurde mir dadurch sehr schnell klar, weshalb diese Gesellschaft weiteres Geld benötigte, andererseits versucht ein Darlehensgeber immer, sein Risiko bestmöglich zu minimieren. Mit anderen Worten: Für eine Bank macht es nur dann Sinn, Geld zu verleihen, wenn sie von einer ausgesprochen hohen Wahrscheinlichkeit ausgehen kann, dieses wieder zurückzubekommen. In diesem Fall wurde dabei die Luft ziemlich dünn, und das wirkte sich auch auf die anschließenden Verhandlungen aus, in denen die Frage nach den Sicherheiten plötzlich eine besondere Bedeutung bekam.

Selbst nach Vertragsabschluss empfehle ich, den Vertragspartner nicht aus den Augen zu verlieren, vor allem, wenn es sich um eine Partnerschaft handelt, von der Ihr unternehmerisches Wohlbefinden abhängt.

Wie führen Sie diese Recherchen durch? Am einfachsten finden Sie Informationen über andere Unternehmen im Internet unter handelsregister.de oder bei unternehmensregister.de. Gegen eine geringe Gebühr erhalten Sie hier entsprechende Auskünfte. Auskunfteien wie Schufa, Creditreform und weitere Anbieter liefern gewisse Ansätze zur Bonität eines Unternehmens. Bedenken Sie jedoch, die Informationen, die Sie beispielsweise von der Schufa bekommen, gestatten immer nur einen Blick in die Vergangenheit dieses Unternehmens. Auch der Jahresabschluss zeigt lediglich stichtagsbezogen, wie das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr gewirtschaftet hat. Die wirtschaftliche Situation kann sich innerhalb weniger Monate drastisch verändern, also stellen diese Informationen niemals eine hundertprozentige Sicherheit dar, jedoch erhalten Sie auf diese Weise ein Gesamtbild, und so können Sie sehr wohl eine Entscheidung treffen, ob es sich lohnt, mit diesem Unternehmen künftig zusammenzuarbeiten.

Sehen Sie genau hin: Mit welchem Vertragspartner schließen Sie den Vertrag ab?

Es stellt sich auch die Frage, mit wem Sie überhaupt einen Vertrag abschließen. Nehmen wir an, Sie verhandeln mit dem Unternehmen »Meyer und Söhne« mit Sitz in Hamburg, und am Ende bekommen Sie einen Vertrag der chinesischen Muttergesellschaft vorgelegt. Jetzt könnte man sagen: »Das ist erst einmal egal, denn die Unterschrift leistet sowieso der Herr Meyer. Persönlich.«