Verträge verhandeln - Jörg Kupjetz - E-Book

Verträge verhandeln E-Book

Jörg Kupjetz

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Beschreibung

Sicher in Vertragsverhandlungen – auch für Nicht-Juristen Ob bei Arbeitsverträgen, dem Autokauf, Miet- oder Kundenverträgen – allzu oft steht man ratlos vor dem Paragrafendschungel und weiß nicht, welche Punkte die entscheidenden sind. Das muss nicht sein: Jörg Kupjetz, Experte für Vertragsrecht, erklärt verständlich und humorvoll, wie man Verträge erfolgreich verhandelt und abschließt. Er liefert konkrete Strategien und Tipps und zeigt, wie man Verhandlungsziele klar definiert, wie der optimale Einstieg gelingt, wie man taktisch am besten vorgeht und Grenzen oder Widerstände bei der Vertragsverhandlung geschickt umgeht. So ist man auch als Laie oder Nicht-Jurist optimal darauf vorbereitet, das Beste aus jeder Vertragsverhandlung herauszuholen! Mit einer Übersicht über häufig in Verträgen verwendete Begriffe, deren Bedeutung und Tipps wo es sich lohnt, diese zu verhandeln.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 207

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Jörg Kupjetz

VERTRÄGE VERHANDELN

Jörg Kupjetz

VERTRÄGEVERHANDELN

Tipps und Wissen für den erfolgreichen Vertragsabschluss

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

1. Auflage 2021

© 2021 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

D-80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Christiane Otto

Umschlaggestaltung: Marc Fischer

Umschlagabbildung: Stock-Asso/ Shutterstock

Satz: Helmut Schaffer, Hofheim a. Ts.

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook by tool-e-byte

ISBN Print 978-3-86881-824-6

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-273-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-274-4

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Für meine Familie

Inhalt

Vorwort – oder warum Sie dieses Buch unbedingt lesen sollten

Kapitel 1 – Vorbereitende Überlegungen

Vorbereitung ist nicht nur der halbe Erfolg

Eine Verhandlung beginnt bereits mit der ersten Kontaktaufnahme

Mit fünf Fragen zum Verhandlungserfolg

Erfolgreiches Verhandeln beginnt mit der richtigen Vorbereitung

Kapitel 2 – Die Interessen und Verhandlungsziele in einer Vertragsverhandlung

Die persönlichen Interessen für eine Vertragsverhandlung

Die wirtschaftlichen Ziele einer Vertragsverhandlung

Verhandlungsziele der verschiedenen Personengruppen

Kapitel 3 – Verhandeln auf Augenhöhe: Mittel und Wege, dies zu erreichen

»Ich brauche Gegner, keine Opfer«

Wenn der Aufbau der Beziehungsebene nicht funktioniert

Weitere Aspekte zum Verhandlungseinstieg

Kapitel 4 – Persönlichkeitstypen in Vertragsverhandlungen

Das DISG®-Modell

Die Motivationstypen

Weitere Verhandlungstypen

Kapitel 5 – Zusammensetzung des Verhandlungsteams und der richtige Verhandlungsort

Das richtige Team macht den Unterschied

Wer an der Vertragsverhandlung teilnehmen sollte

Die richtige Farbwahl des Teams

Frauen im männerdominierten Umfeld

Der Verhandlungsort

Rahmenbedingungen am Verhandlungsort

Kapitel 6 – Taktisch kluges Vorgehen in Verhandlungen

Weshalb Sie zuerst wichtige Konditionen fordern sollten

Andere sinnvolle Verhandlungstechniken, die zum Erfolg führen

Weitere Verhandlungstaktiken

Der richtige Mix sorgt für Erfolg

Kapitel 7 – Verhalten in schwierigen Verhandlungssituationen

Unfaire Verhandlungstaktiken

Weitere unfaire Verhandlungstaktiken

Abbruch von Vertragsverhandlungen

Kapitel 8 – Vertragsinhalt und Grenzen der Vertragsgestaltung

Mit Vertragsmythen aufräumen

Was bei Vertragsbruch passiert

Vertragsfreiheit

Grenzen der Vertragsgestaltung

Vorsicht bei Musterverträgen

Den Vertrag selbst verfassen

Ein Beispiel für einen Rohentwurf

Kapitel 9 – Die Tücken der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Was sind eigentlich Allgemeine Geschäftsbedingungen?

Sind AGB verhandelbar?

Sind »falsche« AGB wirklich so gefährlich?

AGB gegenüber Unternehmern

AGB gegenüber Verbrauchern

Ein paar Tipps für Ihre AGB

Kapitel 10 – Überblick über häufig in Verträgen benutzte Begriffe

Schlussbemerkung

Über den Autor

Anmerkungen

Vorwort – oder warum Sie dieses Buch unbedingt lesen sollten

Bereits mein gesamtes Berufsleben lang beschäftige ich mich mit dem Thema Vertragsgestaltung. Als Jurist habe ich täglich mit der Formulierung von Vertragsdetails und der juristischen Begleitung von Vertragsverhandlungen zu tun. Inzwischen führte ich unzählige Verhandlungsgespräche, die nicht selten hitzig abliefen. Ich erlebte die unterschiedlichsten Verhandlungstypen und lernte vermutlich alle Fallstricke kennen, die bei Verträgen auftauchen können. Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches saßen mir hochprofessionelle Verhandler gegenüber, aber auch jene, die vor Wut zu schreien begannen, oder Menschen, die ab einem bestimmten Punkt in sich zusammenbrachen, weil ihnen die Argumente fehlten, um eine bessere Verhandlungsposition zu erreichen.

Insbesondere mit zwei Dingen werde ich jedoch immer wieder konfrontiert: mit großer Unsicherheit, die durch fehlendes Wissen zur Vertragsgestaltung entsteht, und mit schlecht geplanten Vertragsverhandlungen.

Dieser Befund treibt mich schon seit einiger Zeit um, und ich möchte Ihnen mit diesem Buch nun ein »Best of Verhandlungstipps« an die Hand geben, da ich in meinen vorherigen Büchern diesen Bereich bisher nur am Rande gestreift habe. Das Buch ist ein »Universalratgeber«, dessen Tipps sich für Vertragsverhandlungen in Unternehmen und auch für sämtliche private Situationen eignen, ganz gleich über welche Art von Vertrag verhandelt werden soll.

Der Buchmarkt scheint auf den ersten Blick geradezu überschwemmt von Büchern zu diesem Thema, doch die meisten davon wurden aus der Sicht von Verkäufern oder Verkaufstrainern verfasst. Mit diesem Werk möchte ich Ihnen jedoch die Sichtweise des Juristen anbieten, der tagtäglich vor die Herausforderung gestellt wird, die besten wirtschaftlichen Verhandlungsergebnisse für seine Mandanten zu erzielen.

Deshalb wird in diesem Buch ein breites Spektrum an Verhandlungsaspekten angeboten. Ganz gleich, ob Sie im Vertrieb oder im Einkauf eines Unternehmens arbeiten oder ob Sie als Privatperson ein Auto kaufen oder eine Immobilie erwerben möchten, in diesem Buch befinden sich eine Menge Tipps und Empfehlungen, wie Sie sich auf ein Verhandlungsgespräch vorbereiten, welche Verhandlungsstrategien erfolgsversprechend sind und wie Sie sich bei unfairen Verhandlungstaktiken der Gegenseite zur Wehr setzen können. Sie lernen, Ihre eigene Körpersprache einzusetzen, um von Beginn an eine positive Beziehungsebene aufzubauen, und welche Kommunikationstechniken in Verhandlungssituationen besonders hilfreich sind. Außerdem lernen Sie einige Verhandlungstypen kennen, damit Sie sich und Ihren Verhandlungspartner sofort richtig einschätzen können. Mit diesen Techniken, Tipps und Empfehlungen sind Sie zukünftig garantiert ausreichend vorbereitet, um bestmögliche Abschlüsse zu erzielen.

Dieses Buch beschränkt sich jedoch nicht lediglich auf Verhandlungsstrategien und -techniken, denn es geht noch einen Schritt weiter – und darin unterscheidet es sich von den vielen Büchern zu diesem Thema, die um die Gunst der Leser im Wettbewerb zueinanderstehen. Ich nehme Sie gewissermaßen auch an die Hand bei der Umsetzung des Verhandlungsergebnisses in Verträgen und führe Sie durch eine Vielzahl an Tücken, die dabei auf Sie lauern.

Dieses Buch führt somit vom Anfang bis zum Ende durch die Vertragsverhandlung und ist ein unverzichtbarer Begleiter durch die Welt der wirtschaftlichen und juristischen Verhandlung. Ich habe dabei darauf geachtet, juristische Sachverhalte für den Laien verständlich aufzuarbeiten und auch so wenig Paragraphen wie möglich zu zitieren. Sie werden also feststellen, sogar ein Jurist schafft es manchmal, allgemein verständlich zu formulieren.

Ganz gleich, ob Sie bereits ein erfahrener Verhandler oder ein Laie auf diesem Gebiet sind, Sie werden sich in diesem Buch sofort zurechtfinden.

Gegen Ende des Buches befindet sich außerdem eine Übersicht über die wichtigsten Begriffe aus der Vertragswelt und deren Bedeutung und Verhandelbarkeit. Damit nehme ich Ihnen bestimmt die Unsicherheit, die ich in vielen Vertragsverhandlungen bei meinen Verhandlungspartnern erkennen konnte. So kommen Sie künftig nicht mehr in die Verlegenheit, mit riesigen Fragezeichen vor einem Vertragswerk zu sitzen und kein Wort davon zu verstehen.

Übrigens richtet sich dieses Buch in seiner Anrede immer an Damen, Herren und sämtliche weitere Geschlechterformen gleichermaßen. Sämtliche Geschlechter im Buch zu integrieren stört den Lesefluss enorm, wie ich finde, daher habe ich darauf verzichtet, die unterschiedlichen Formen stets im gleichen Satz zu benennen.

Ich wünsche Ihnen nun viele erkenntnisreiche Stunden mit diesem Buch und künftig erfolgreiche Verhandlungsgespräche.

Ihr

Jörg Kupjetz

KAPITEL 1Vorbereitende Überlegungen

Einer meiner Mandanten arbeitete im Vorstand eines großen Unternehmens, besaß über 20 Jahre Berufserfahrung und galt in seinem Umfeld als ausgebuffter Verhandlungspartner. Die Unternehmensgruppe, für die er tätig war, beschäftigte sich mit Immobilien, das heißt mit dem Ankauf, der Renovierung und anschließend der Vermietung von großen Immobilienbeständen. Bei größeren Projekten, also etwa dem Ankauf von Objekten ab einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag, nahm Theodor Boss – so nenne ich ihn an dieser Stelle – persönlich an Verhandlungsgesprächen teil. Das erste Mal traf ich ihn direkt in einem Verhandlungstermin, an dem ich als beratender Anwalt teilnahm. Bis zu diesem Zeitpunkt tauschten wir uns ausschließlich telefonisch oder über E-Mail aus.

Theodor Boss kam als Letzter zum angesetzten Termin, an dem sechs Personen teilnahmen, darunter sein Verkaufsleiter sowie der Geschäftsführer der gegnerischen* Partei mit einem weiteren Mitarbeiter und ebenfalls einem Anwalt. Boss telefonierte noch schnell zu Ende, begrüßte alle Anwesenden ausgesprochen freundlich, setzte sich hin und schlug den vorbereiteten Vertragsentwurf auf, den ich ihm vorsorglich auf seinem Platz bereitgelegt hatte. Seine einleitenden Worte werde ich nie vergessen: »Dann wollen wir mal sehen, was hier so alles drinsteht.« Er sagte es nicht einfach so, er meinte es todernst. Dann überflog er in den nächsten – gefühlt – zwei Stunden einige Seiten und lehnte sich anschließend zurück. Natürlich dauerte der Vorgang nicht länger als vielleicht zehn Minuten, doch in dieser Zeit herrschte weitgehend Schweigen, begleitet von verdutzten Blickwechseln auf der Gegenseite. Einzig der Anwalt der Gegenseite entspannte sich sichtlich und warf mir einige Male ein vielsagendes Grinsen herüber. Sie kennen sicherlich dieses Siegerlächeln, das Ihnen jemand zuwirft, der mit hoher Zuversicht weiß, dass er dieses Spiel schon so gut wie in der Tasche hat. Mir wurde gleichzeitig immer unwohler, denn ich wusste, dass diese Verhandlungsrunde für uns bestenfalls sinnlos war und im schlechtesten Fall die gesamte Vertragsverhandlung um ein gutes Stück verlängert würde. Zusätzlich wusste ich, dass es für mich nun um Schadensbegrenzung ging, denn Theodor Boss war nicht nur ein vielbeschäftigter Mann mit einer engen Bindung zu seinem Mobiltelefon, sondern auch ein tendenziell ungeduldiger Mensch, der schnelle Ergebnisse einforderte.

* Oft spricht man vom Gegner, auch hier in diesem Buch an manchen Stellen. Dabei wird natürlich schon direkt der Eindruck erweckt, dass man auf einem Kampffeld tätig ist. Besser wäre es, vom Verhandlungspartner zu sprechen.

Vorbereitung ist nicht nur der halbe Erfolg

Ganz gleich, aus welchem Grund sie Verhandlungen führen, sei es für Ihr Unternehmen im Ein- oder Verkauf oder weil Sie als Privatperson die Anschaffung eines neuen Fahrzeuges planen oder ein Haus kaufen: Es gibt zwei Prinzipien, die Sie niemals – und damit meine ich unter keinen Umständen – vernachlässigen sollten:

Eine Verhandlung beginnt bereits bei der ersten Kontaktaufnahme (sei es per Telefon, E-Mail, persönlich oder in welcher Form auch immer).Bereiten Sie sich immer bestmöglich auf bevorstehende Verhandlungsgespräche vor.

Theodor Boss verletzte gleich beide Punkte in beeindruckender Weise. Ich wurde Zeuge davon, dass er tatsächlich keine Ahnung hatte, was im Vertragsentwurf stand, und anschließend erfuhr ich von seinem Mitarbeiter, der sich während der ganzen Verhandlung beinahe die Haut vom linken Zeigefinger kratzte, dass er vor Beginn dieser Verhandlungsrunde keine Chance bekam, seinen Chef über den aktuellen Stand zu informieren. Glücklicherweise konnte er seine Nervosität vor unseren Verhandlungspartnern weitgehend verbergen, da er seinen Finger ausschließlich unter dem Besprechungstisch malträtierte.

Selbstverständlich ist Theodor Boss kein Einzelfall. Nach meiner Erfahrung gehen die meisten Menschen weitgehend unvorbereitet in eine Verhandlung. Damit meine ich keine Privatpersonen, die sich im Outlet ein paar neue T-Shirt kaufen wollen (wobei auch diese mit guter Vorbereitung in den Kauf gehen können, doch dazu später mehr). Ich habe oft genug erfahrene Verhandler erlebt, Vollprofis, die über gewaltige finanzielle Volumen verhandelten, und das alles ohne ausreichende Vorbereitung. Zunächst einmal widmen wir uns jedoch der ersten Kontaktaufnahme.

Eine Verhandlung beginnt bereits mit der ersten Kontaktaufnahme

Dieser Grundsatz wird fast immer vernachlässigt: Sobald Sie mit einem möglichen Verhandlungspartner in Kontakt treten, sollten Sie sich bereits gut überlegen, was Sie sagen. Etwaige Zugeständnisse oder Forderungen, die in diesem ersten Austausch formuliert werden, können im weiteren Verlauf einer Verhandlungssituation als bindend betrachtet werden, auch wenn rechtlich eine bloße Absichtsbekundung hier noch nicht ausreicht, um den Abschluss eines Vertrages zu bejahen. Sie geben aber die Richtung der Verhandlung vor, für die immer Angebot und Annahme benötigt werden. Wenn eine zuvor formulierte Zusage an späterer Stelle wieder zurückgenommen wird, kann das zu einer nicht zu verachtenden Delle im gegenseitigen Vertrauen führen. Auf der anderen Seite kann sich eine Forderung, die Sie zu früh formuliert haben, im weiteren Verhandlungsverlauf als zu gering erweisen. Diese dann zu erhöhen wird in vielen Fällen schwierig werden.

Dazu ein Beispiel: Sie wollen sich privat ein gebrauchtes Auto kaufen und haben einen Privatanbieter gefunden, der einen fantastischen, knallroten Porsche mit schwarzem Stoffdach anbietet. Die Beschreibung liest sich wie aus dem Verkaufsprospekt und spricht von einem Bestzustand, von Erstbesitz, garagengepflegt, mit allerhand Extras, und noch dazu wird dieses Schmuckstück vollgetankt übergeben. Sie rufen den Anbieter an und versuchen dabei geschickt, Ihre Begeisterung zu unterdrücken. Im Laufe dieses Gespräches erwähnt der Verkäufer, dass sich bereits drei andere Personen für dieses Schmuckstück schwäbischer Handwerkskunst interessieren. Während Sie sich noch vor einer Sekunde in Gedanken bereits mit Ihrem neu gekauften Cabrio auf der lokalen Flaniermeile haben fahren sehen und Ihnen dabei das Leben ein Lächeln schenkte, ist dieser Traum nun wie eine Seifenblase zerplatzt. Schließlich schwindet mit jedem weiteren Interessenten die Chance auf diesen motorbetriebenen Traum in knallrot. Sie sagen daher dem Anbieter, dass Sie dieses Auto gerne besichtigen wollen und auch bereit sind, den angegebenen Preis zu bezahlen. Schließlich stehen Sie dann endlich vor dem Porsche, und mit einem Schlag wird Ihnen bewusst, welche sagenhaften Möglichkeiten moderne Bildbearbeitungsprogramme besitzen, denn auf den Fotos im Internet sah alles doch um einen Hauch attraktiver aus. Die knallrote Farbe wirkte jetzt nicht mehr wie direkt vom Fließband, sondern eher etwas ausgeblichen. Das kam vermutlich davon, dass zwar eine Garage existiert, doch darin stehen sämtliche Gerätschaften für den Garten, weshalb ein Auto darin nie und nimmer Platz findet. Die Innenausstattung ist zwar gut in Schuss, doch speziell auf der Beifahrerseite zeigen sich einige Gebrauchsspuren. Der Verkäufer erklärt Ihnen, dass der minimale Abrieb an der Beifahrertüre von Bellos ungestümen Verhalten kommt, als dieser noch ein Welpe war. Bei Bello handelt es sich um einen riesigen Bernhardiner, der problemlos einen Wohnwagen ausfüllen könnte. Dass dieser Porsche Bellos ungestümes Verhalten überhaupt überleben konnte, spricht sogar noch für seine Robustheit. Trotzdem möchten Sie dieses Auto haben, doch nicht für den angegebenen Preis.

Durch Ihre verfrühte Zusage wird es Ihnen garantiert schwerfallen, einen niedrigeren Preis durchzusetzen. Selbst wenn Sie einen Nachlass verhandeln können, bezahlen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr, als er tatsächlich wert ist. Wenn Ihr Einstiegsangebot zu hoch angesetzt ist, verlieren Sie schlichtweg Ihre Glaubwürdigkeit, wenn Sie anschließend versuchen, den Preis später doch noch zu sehr zu drücken.

Diese Aussage gilt freilich nur für den europäischen Raum, in vielen orientalischen und in manchen asiatischen Ländern gehört es einfach zum guten Ton, mit hoher Leidenschaft zu feilschen und damit den potenziellen Vertragspartner von seiner bewusst unrealistisch hohen Preisforderung wieder »herunterzuholen«.

Gehen Sie deshalb immer mit der richtigen Einstellung in sämtliche Gespräche, die sich zu einer Verhandlungssituation entwickeln können. Mit anderen Worten: Verhandlung findet immer statt und beginnt mit der ersten Kontaktaufnahme. Überlegen Sie daher stets, was Sie sagen, und bleiben Sie vor allem zu Beginn besser etwas vage, statt zu früh konkrete Zusagen zu formulieren.

Mit fünf Fragen zum Verhandlungserfolg

Von Verhandlungsprofis höre ich oftmals, dass eine bestmögliche Vorbereitung auf eine Preisverhandlung im Vorfeld in Kombination mit dem richtigen Taktieren den halben Verhandlungserfolg darstellen.* Diese Aussage teile ich nicht uneingeschränkt, denn nach meiner Erfahrung ist es weit mehr als das. Wenn beide Punkte richtig durchgeführt wurden, dann machen sie sogar 80 Prozent des späteren Erfolges aus.

Eine ideale Vorbereitung beantwortet Ihnen folgende Fragen:

Wer ist mein Verhandlungspartner?Wie gestaltet sich das Marktumfeld?Welche Fragen, Argumenten und Einwände tauchen möglicherweise auf?Was sind meine Vertragsziele, und unter welchen Bedingungen steige ich aus der Verhandlung aus?Wie geht es nach Verhandlungsende weiter?

Je ausführlicher Sie diese Fragen beantworten können, umso erfolgreicher wird Ihr Verhandlungsgespräch verlaufen, ganz gleich, ob es sich dabei um eine Preisverhandlung oder um eine Gehaltsverhandlung handelt. Das gilt auch vollkommen unabhängig davon, ob Sie als Privatperson agieren, oder als Selbstständiger, Angestellter eines Unternehmens, als Freiberufler und so weiter. Dieser Einstieg in Verhandlungen verschafft Ihnen somit eine grundsätzlich bessere Ausgangsbasis mit möglicherweise unschätzbaren Vorteilen gegenüber Ihrem Verhandlungspartner.

Es genügt jedoch nicht, diese fünf Fragen in möglichst kurzer Zeit zu beantworten, denn oberflächliche Erkenntnisse bringen Sie da nicht weiter. Ganz im Gegenteil: Sie sollten versuchen, möglichst umfangreiche und detaillierte Antworten herauszuarbeiten. Nur dann sichern Sie sich eine gute Ausgangsbasis.

* Die zweite Hälfte des Verhandlungserfolges entfällt nach Ansicht dieser Experten auf die (auch hier später noch erläuterten) Faktoren Verhandlungstechnik, Beharrlichkeit, Einfühlungsvermögen und Know-how in Bezug auf Markt und Wettbewerb.

1. Frage: Wer ist mein Verhandlungspartner?

Versuchen Sie zunächst einmal, alles über Ihren Verhandlungspartner herauszufinden, beziehungsweise über sämtliche Verhandlungspartner, wenn Sie mit mehreren Personen verhandeln. Sie führen also ein »Profiling« durch, wie es auf Neudeutsch genannt wird.

Falls es sich bei Ihrem Gegenüber um ein Unternehmen handelt, dann widmen Sie sich zuerst der Internetseite. Meist finden Sie dort Informationen über den Eigentümer oder den Geschäftsführer, den Sitz der Gesellschaft, die Größe des Unternehmens und vieles mehr.

Auch die Größe und die Rechtsform eines Unternehmens kann ein interessanter Hinweis für Sie sein. Beispielsweise kann es durchaus einen Unterschied in den Verhandlungen ausmachen, wenn es sich beim Verhandlungspartner um einen Ein-Mann-Betrieb handelt oder um einen multinationalen Konzern mit 10.000 Mitarbeitern.

Wenn Sie Ihren Verhandlungspartner bereits kennen – oder zumindest wissen, um wen es sich handelt –, dann empfehle ich Ihnen, Recherchen in den sozialen Medien durchzuführen. Da es inzwischen beinahe schon zum guten Ton gehört, dass wir so ziemlich alles über unser Privatleben ausplaudern, indem wir alles Mögliche auf Facebook, Instagram und Co. veröffentlichen, kann es durchaus sein, dass Sie eine Menge über Ihren Verhandlungspartner herausfinden. Was ist er für ein Mensch? Ist er eher von geselliger Natur oder tendenziell ein kühl wirkender Roboter in menschlicher Hülle? Postet er also reihenweise Partybilder mit sich selbst im Zentrum, oder finden Sie über Ihn nur seine veröffentlichten Beschwerdeschreiben an sämtliche Unternehmen auf diesem Planeten?

Je mehr Sie über Ihren Verhandlungspartner herausfinden, umso besser können Sie ihn einschätzen und Annahmen treffen, worauf er in Verhandlungen möglicherweise Wert legen wird und wie er in bestimmten Situationen reagiert. Wie Sie Ihre Gesprächspartner einschätzen können, wird im Verlauf dieses Buches noch vorgestellt. Nur so viel an dieser Stelle: Eine solide Analyse Ihres Gegenübers ist erst durch ein entsprechendes Profiling möglich.

2. Frage: Wie gestaltet sich das Marktumfeld?

Hinter dieser Frage verbergen sich Antworten auf die Konkurrenzsituation, auf die Preisgestaltung, auf mögliche Verhandlungsspielräume. Wenn Sie ein Produkt verkaufen wollen und sich damit im Wettbewerb mit einer Vielzahl von weiteren Anbietern befinden, die so ziemlich das gleiche Produkt vertreiben, dann werden Sie vermutlich einen anderen Preis kalkulieren müssen, als wenn Sie eine Monopolstellung haben und Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung fast einmalig am Markt ist und gleichzeitig eine Nachfrage danach besteht. Als das Medienunternehmen Sky Deutschland 2009 sein Angebot startete, betrat es zumindest in Deutschland, Österreich und der Schweiz Neuland. Damals konnte sich so gut wie niemand vorstellen, neben der öffentlich-rechtlichen Gebühr etwas fürs Fernsehen bezahlen zu müssen. Trotzdem entstand schnell großes Interesse an Filmen und Sportübertragungen in HD-Qualität und das ohne ständige Werbeunterbrechungen. Entsprechend hochpreisig gestaltete sich auch das Monatsabo. Als dann einige Jahre später die ersten Wettbewerber auf den Markt kamen, begann die Talfahrt, und die Kosten reduzierten sich für Neukunden von Sky spürbar. Während zu Beginn ein derartiges Monatsabonnement bei teilweise fast 60 Euro lag, bieten aktuell »TV-on-Demand«-Anbieter wie Netflix, Google oder Amazon Monatspreise von 10 Euro oder weniger an. Aus dem Monopol wurde zunächst ein Oligopol*mit der Tendenz zu einem immer breiteren Markt mit austauschbaren Spielern.

Wenn Sie als Privatanbieter beispielsweise eine Immobilie verkaufen möchten, dann kann eine Prüfung des Marktumfeldes helfen, den richtigen Verkaufspreis anzusetzen. Es hilft Ihnen nichts, wenn wohlwollende Freunde und Bekannte Ihr Schmuckstück von Haus auf eine halbe Million Euro schätzen, aber ein Blick auf das Immobilienportal Ihrer Wahl Ihnen die ernüchternde Erkenntnis offenbart, dass sämtliche vergleichbare Häuser in Ihrer Umgebung mit maximal 300.000 Euro angeboten werden. In einer derartigen Situation könnte Ihnen vielleicht nur noch eine sagenhafte Innenausstattung, die an König Midas’ Palast erinnert, helfen, Ihren Wunschpreis zu bekommen. Selbst wenn Ihr Traumhaus nur so von Gold glänzt, ist es noch lange nicht gesagt, dass ein möglicher Interessent Ihren Einrichtungsgeschmack teilt und dafür 200.000 Euro mehr ausgeben möchte.

Prüfen Sie daher Ihr Angebot mit vergleichbaren Produkten oder Dienstleistungen. Achten Sie dabei auch auf besondere Vorteile, die Sie im Vergleich zu anderen anbieten können, denn das kann sich positiv auf den Preis auswirken. Das Gleiche gilt natürlich auch für den Fall, wenn Sie auf der Käuferseite stehen. Gibt es vergleichbare Produkte und Dienstleistungen? Falls ja, in welcher Preisspanne wird das von Ihnen gesuchte Produkt angeboten? Da der Kaufpreis immer nur einen Teil des gesamten Wertes darstellt, sollten Sie auch auf andere Aspekte achten, die für Sie von Bedeutung sein können. Dazu zählen Lieferzeiten, Garantien, Serviceleistungen, die Erfahrungen des Anbieters und natürlich die Produktqualität selbst und das Wissen, was das jeweilige Angebot überhaupt beinhaltet. So könnte etwa ein bestimmtes Fahrzeug von verschiedenen Händlern zum gleichen Preis angeboten werden. Doch wenn einer dieser Fahrzeughändler dieses Auto mit einigen zusätzlichen Extras und sogar noch einer verlängerten Garantie anbietet, werden Sie vermutlich dieses Angebot favorisieren, richtig?

Als Käufer beziehungsweise als Interessent können Sie bei einem stark umkämpften Marktumfeld normalerweise davon ausgehen, einen attraktiven Preis oder bessere Konditionen aushandeln zu können. Sollte das von Ihnen gewünschte Produkt nur bei sehr wenigen anderen Anbietern erhältlich sein – oder muss es individuell an Ihre Bedürfnisse angepasst werden –, dann liegt der Verhandlungsvorteil vermutlich beim Anbieter. Und beachten Sie bitte: Das Marktumfeld kann sich im Laufe der Jahre wandeln, denken Sie nur an das weiter oben erwähnte Beispiel vom Pay-TV.

* Als Oligopol wird ein Markt verstanden, der von wenigen, jedoch großen Unternehmen beherrscht wird.

3. Frage: Welche Fragen, Argumente und Einwände tauchen möglicherweise auf?

Es empfiehlt sich grundsätzlich, sich in den künftigen Verhandlungspartner hineinzuversetzen. Warum verkauft er sein Produkt? Geht es ihm ausschließlich darum, Geld damit zu verdienen? Oder besteht zusätzlich ein gewisser Lagerdruck, und er muss schlicht Ware loswerden? Kann es sein, dass Ihr Unternehmen eventuell ein wichtiger Referenzkunde sein könnte und deshalb eine Zusammenarbeit mit Ihnen angestrebt wird?

Je genauer Sie die möglichen Beweggründe der Verhandlungspartei kennen, umso besser können Sie Ihre Verhandlungsstrategie darauf abstimmen. Das betrifft gleichzeitig auch die eigenen Beweggründe sowie jene Ihres Arbeitgebers, falls Sie für ein Unternehmen Vertragsverhandlungen durchführen. Im nächsten Kapitel widme ich mich diesem Thema noch ausführlich.

Im Zuge dessen sollten Sie sich auf die wahrscheinlichsten Fragen vorbereiten, die man Ihnen stellen wird.

Anschließend formulieren Sie überzeugende Antworten und Argumente, die für Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung sprechen. Vergessen Sie dabei nicht, sich zusätzlich auf die darauffolgenden Gegenargumente vorzubereiten. Das klingt schon fast nach einem auswendig zu lernenden Theaterstück; aber oft ist es auch so!

PROFITIPP:

Als Faustregel gilt dabei: Auf Einwände, die mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit aufkommen, sollten Sie zumindest vorbereitet sein. Natürlich arbeiten Sie dazu auch die entsprechenden Antworten und Gegenantworten aus.

Wir kaufen Produkte oder Dienstleistungen immer nur dann, wenn sie entweder ein Problem lösen, das uns beschäftigt, oder wenn sie ein Bedürfnis befriedigen.1

Lösen Sie die Probleme oder Bedürfnisse Ihres Verhandlungspartners.Bedenken Sie bitte bei der Ausarbeitung der passenden Argumente und Antworten, dass diese immer Ihr Produkt beziehungsweise Ihre Dienstleistung in den Mittelpunkt stellen. Außerdem sollen sie stets eine Lösung für ein Problem oder ein Bedürfnis Ihres Verhandlungspartners darstellen.

Dazu ein Beispiel: Angenommen, Sie leben zur Miete, und Ihnen wurde soeben der Mietvertrag gekündigt. Das bedeutet, in spätestens drei Monaten müssen Sie aus Ihrer jetzigen Wohnung raus. Nehmen wir zusätzlich an, Sie leben und arbeiten in München, also einer Stadt, die nicht unbedingt für einen Wohnungsüberschuss bekannt ist. Sie haben also ein ausgewachsenes Problem. Vermutlich sind Sie in dieser Situation bereit, auch eine kleinere und vermutlich auch etwas teurere Wohnung als Ihre aktuelle Bleibe zu akzeptieren. Die andere Alternative wäre, eine längere Wohnungssuche einzuplanen, doch dafür fehlt Ihnen die Zeit. Grundsätzlich können wir uns merken, dass wir – und unsere Verhandlungspartner – bei einer (schnellen und endgültigen) Lösung Ihres Problems eher dazu bereit sind, höhere Preise oder Einschränkungen im Leistungsumfang in Kauf zu nehmen.

Ein anderes Beispiel: Stellen Sie sich jetzt bitte vor, Sie spazieren durch ein Outlet, das aktuell fantastische Rabatte anbietet. (Nebenbei erwähnt ist mir persönlich kein Outlet bekannt, das nicht ganzjährig fantastische Rabatte anbietet.) Sie sehen plötzlich diese unglaublich tolle Jacke. Sie überlegen kurz, ob Sie dieses Kleidungsstück tatsächlich benötigen, und der vernünftige Teil in Ihnen schüttelt dabei energisch den Kopf. Trotzdem gehen Sie in den Laden und probieren die Jacke an. Sie sitzt wie angegossen, doch der Preis erscheint Ihnen zu hoch, trotz der fantastischen Rabatte. Sie beginnen daher mit dem Verkäufer zu handeln, und er steigt schließlich auf Ihren Preisvorschlag ein. Damit war er auch gut beraten, denn wäre er standhaft geblieben, hätten Sie vermutlich das Geschäft mit leeren Händen wieder verlassen. In diesem Beispiel handelt es sich lediglich um ein Bedürfnis, das Sie befriedigen wollen – nämlich, ein Kleidungsstück zu kaufen, ohne es jedoch wirklich zu benötigen. In solchen Fällen gehen wir viel weniger Kompromisse ein, sind weniger zu Preisabschlägen bereit, und wir haben für unsere Entscheidung auch viel mehr Zeit. Nehmen wir einmal an, Sie wären bei Ihrem Outlet-Besuch lediglich mit einem T-Shirt bekleidet gewesen. Ein Unwetter zieht auf, und die Temperatur sinkt auf unfassbare minus zehn Grad innerhalb von wenigen Minuten. Ich garantiere Ihnen, Sie hätten für eine wärmende Jacke in diesem Moment beinahe jeden Preis gezahlt, nur um nicht einem plötzlichen Erfrierungstod (das wäre dann wieder ein Problem) zum Opfer zu fallen.