Via Sacra - Lifka Werner - E-Book

Via Sacra E-Book

Lifka Werner

4,8

Beschreibung

Lars Urbachs zweiter Fall »Dies irae dies illa dies tribulationis et angustiae - Tag des Zorns, Tag der Trübsal und Angst ...« Merkwürdige, bedrohliche Mails bekommt ein Braunschweiger Bürger - und sie werden Wort für Wort zur schrecklichen Wahrheit. Lars Urbach, der Münchner Privatdetektiv, wird hineingezogen in einen Job, der ihn mit der finstersten deutschen Vergangenheit konfrontiert...

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Seitenzahl: 235

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Für meine Frau, die mit den Geschichten leben muss.

Inhaltsverzeichnis

Vorspiel: Samstag, 12. April 2014

Samstag, 3. Mai 2014

Sonntag, 4. Mai 2014

Montag, 5. Mai 2014

Dienstag, 6. Mai 2014

Mittwoch, 7. Mai 2014

Dienstag, 1. Juli 2014

Donnerstag, 3. Juli 2014

Freitag, 4. Juli 2014

Samstag, 5. Juli 2014

Sonntag, 6. Juli 2014

Montag, 7. Juli 2014

Dienstag, 8. Juli 2014

Mittwoch, 9. Juli 2014

Donnerstag, 10. Juli 2014

Freitag, 11. Juli 2014

Samstag, 12. Juli 2014

Sonntag, 13. Juli 2014

Montag, 14. Juli 2014

Dienstag, 15. Juli 2015

Mittwoch, 16. Juli 2015

Donnerstag, 17. Juli 2014

Freitag, 18. Juli 2014

Montag, 21. Juli 2014

Dienstag, 20. Juli 2014

Mittwoch, 23. Juli 2014

Donnerstag, 24. Juli 2014

Freitag, 25. Juli 2015

Samstag, 26. Juli 2014

Sonntag, 27. Juli 2014

Montag, 28. Juli 2014

Dienstag, 29. Juli 2014

Nachspiel: Donnerstag, 31. Juli 2014

Es war ein bizarres Bild: Eine offene Baugrube. Die linke Fahrbahn, Richtung Innenstadt, war völlig aufgerissen bis zur Kreuzung am Ring. Auf der anderen Seite, nach Osten, hatte man begonnen, den Graben wieder zu füllen. …

An dieser Schnittstelle zwischen auf und zu lag auf dem nassen Grund ein großes Abwasserrohr aus Beton. Daneben Kabel und andere Rohrleitungen. Gas, Wasser, was man so braucht in der Stadt. Und über dem Beton ragten zwei nackte Beine aus der Erde. Wie ein Stecker, der aus der Steckdose gezogen worden war. Aus. Vorbei. Ich habe als ehemaliger Polizist schon oft den Tod gesehen. Noch nie so cool, so ohne Frage.

Ich stand mit meiner Begleiterin am Absperrgitter der Baufirma und starrte in die Grube. Zwei Arbeiter in Signaljacken der Stadtreinigung versuchten, mit Schaufeln den Rest des Toten freizulegen. Dazu hörte ich einen Dialog, den sich Shakespeare auch nicht grotesker hätte ausdenken können:

»Der Wolkenbruch heute früh hat ihn gerettet.«

»Gerettet ist gut. Der ist doch mausetot«, sagte der andere.

»Möchtest du hier zur ewigen Ruhe gebettet werden? Neben einem Abwasserrohr?«

»Vielleicht ganz spannend. Immer nur Ruhe ist ja auch nicht abendfüllend. Oder?«

»Aber Wasserrauschen. Immer Wasserrauschen. Ich müsste da dauernd pinkeln. - Was haben wir denn da?«

Über den Knien kam ein weißes Tuch zum Vorschein, auf dem zwei gekreuzte Schwerter zu sehen waren, die ein großes X bildeten. In den Feldern zwischen und unter den Griffen war jeweils ein Buchstabe in Frakturschrift eingelassen. Ich glaubte, zwei J und ein G zu erkennen. Weiter höher, etwa dort, wo die äußeren Geschlechtsmerkmale beginnen, sah man ein schwarzes Dreieckstuch mit einem irgendwie gezackten, weißen Kreuz.

Da wir auf einer Joggingrunde waren, hatte ich kein Notizbuch dabei. Später habe ich dann aus der Erinnerung diese Skizzen gemacht:

»Sauber!«, kam es wieder von unten.

»Schöne Scheiße!«, war die Antwort.

Jetzt war auch die Leiche mit Sicherheit als männlich zu identifizieren.

Einer der Arbeiter zog ein Handy hervor und ich hörte, wie er meldete: »Männliche Leiche in der Baugrube Jasperallee, östlicher Teil. Fast am Ende. Mein Name ist Henning von der Braunschweiger Stadtreinigung. - Ja, wir bleiben am Tatort. Nein, nur zwei Jogger. Meine Handynummer haben Sie ja.« Dann drückte er die Ende-Taste. Anschließend machte er ein Foto von dem Fund.

Ich schaute zu meiner Begleiterin. Sie hielt die rechte Hand vor den Mund und nickte mir zu. Der Schweiß, der sich beim Joggen auf unserer Haut gebildet hatte, wurde unangenehm kalt.

Das Fotografieren ärgerte mich.

»Bitte achten Sie die Würde des Toten. Sie sollten jetzt alles möglichst so lassen«, rief ich hinunter.

»Okay. Wir kommen hoch.«

Sie krabbelten die nasse, schräge Schachtwand nach oben. Der Boden war mehr sandig als erdig. Sie stießen ihre Schaufeln über sich in die Erde, um etwas Halt zu finden.

Meine Begleiterin war zurückgetreten und wartete an einen Verteilerkasten der Telekom gelehnt. Die Zäune hier um die Vorgärtchen waren alle zu niedrig zum Anlehnen.

Wir warteten zusammen. Einer der Männer rauchte.

»Larry, das ist doch nicht Christoph Kornmann?«, sagte sie. »Ohne Fliege, ohne alles.«

»Na, zwei komische Fähnchen hat er ja«, musste ich sie korrigieren.

»Wie es geschrieben stand«, sinnierte sie weiter. »Maden werden dein Bett sein und Würmer deine Decke.«

Ich zuckte die Schultern, aber mir grauste es auch.

Inzwischen waren mehrere Frühaufsteher und Jogger vom nahen Park herübergekommen. Es war ja ein schöner Samstagmorgen im Juli. Sie standen stumm um die Grube. Einige machten Fotos.

Ich rief: »Haben Sie doch ein bisschen Respekt und achten Sie die Würde des Toten.«

Einige reagierten verschämt, andere unverständig.

Die Sirene hörte man schon von Weitem. Als sie in die Jasperallee einbogen, sah man auch das Blaulicht. Sie hielten jenseits des Mittelstreifens. Drei Polizisten in Uniform sprangen heraus und verschafften sich einen Überblick.

»Zurück und keine Fotos mehr!«, rief einer. »Alles andere ist Widerstand gegen die Staatsgewalt.«

Der Älteste befahl mit umfassender Geste Absperrung erweitern und auf die SPUSI warten und kam dann zu uns.

»Polizeiobermeister Lind«, stellte er sich vor. »Sie haben angerufen?«

Ich zeigte auf den Arbeiter. »Wir kamen nur zeitnah dazu. Lars Urbach mein Name. Ex-Kriminalhauptkommissar aus München. Privat zu Besuch in Braunschweig. Das ist meine Gastgeberin Hedi Tamm.«

Er schaute auf meine Linke, die zwar mit hellem Leder überzogen war, aber als Prothese klar zu erkennen. »Dienstunfall?«

»Kann man sagen. Habe eine Handgranate nicht auf die Straße geworfen, sondern aus dem Fenster gehalten. Hat nur bei mir und an der Hauswand Spuren hinterlassen.«

Er pfiff durch die Zähne. »Und ehrenvoll entlassen?«

»Wie man´s nimmt. Ich sollte als Sesselfurzer in die Beschaffung. Da nahm ich lieber die Abfindung.«

Er nickte. »Kann ich verstehen.«

Ich gab ihm eine von meinen Karten, die ich sogar beim Joggen dabei habe. »Jetzt bin ich privater Ermittler.«

Er grinste: »Die Katze lässt das Mausen nicht. Sind Sie hier wegen - ich meine, können Sie zu dem Vorfall hier etwas sagen?«

»Das ist eine lange Geschichte. Der Tote ist mit ziemlicher Sicherheit Christoph Kornmann. Eine Vermisstenanzeige wurde aufgegeben.«

»Da drüben scheint es Ärger zu geben«, sagte Hedi.

Einige der Hobby-Fotografen stritten mit den Polizisten.

»Pack, diese Gaffer und sogenannte BILD-Reporter«, murmelte unser Polizist.

»Wir schlagen vor, dass Sie hier alles erledigen. Die beiden Herren von der Stadtreinigung wollen sicher schnell wieder an ihre Arbeit. Wir kommen heute Nachmittag oder morgen aufs Revier. Da kann man sich in Ruhe unterhalten.«

Er war einverstanden, wollte aber vorher noch einen Blick auf unsere Ausweise werfen. Wir hatten keine dabei.

Hedi schlug vor, mit ihrem Handy seine Nummer anzurufen. »Da haben Sie etwas von mir. Ich wohne in der Holbeinstraße und bin bei manchen Ihrer Kollegen als Psychologin bekannt.«

Er war einverstanden. Sie tauschten ihre Nummern aus.

»Welches Kommissariat ist denn für diesen Fall zuständig?«

»Nord. Sie hören von den Kollegen dann telefonisch!«

Hier erzähle ich jetzt die Geschichte etwas ausführlicher.

Von Anfang an. Was in Braunschweig passierte. In den Tagen, als die Welt nach Brasilien schaute, wo 32 Fußball-National-Mannschaften um die Weltmeisterschaft spielten.

Vorspiel

Samstag, 12. April 2014

Begonnen hatte es in München. Wir feierten kurz vor Ostern silbernes Abitur. Manche Kumpels hatte ich tatsächlich über zwanzig Jahre nicht gesehen. Von Hedi wusste ich, dass sie Psychologie studiert hat. Sie war immer groß, blond - ein bisschen unnahbar. Jedenfalls für mich, der nur 178 Zentimeter hoch ist. Da sie immer noch Tamm hieß, galt das wohl auch für andere. Wir nannten sie Pappel. Was ihr nicht gefiel. Ihr Abi damals war sehr gut.

Ich erinnere mich noch, dass ich sie mal als Studentin bei einem Basketballspiel in der Oberliga gesehen habe. Sie war mit fünf Rebounds ein hervorragender Center.

Der Zufall wollte es, dass wir beim Abendessen Tischnachbarn wurden.

Es fing locker an. Was sich bei wem verändert hat in den Jahren. Bauch, Haare und was so dran kommt. Erst als ich meine Linke hob: »Die ist auch weg!«, wurde sie ernst.

»Hab schon davon gehört. Das hat dich den Job gekostet, gell?«

»Nicht direkt. Ich brauchte aber Unterstützung von einer Polizeipsychologin.«

»Das war aber nicht zufällig die Dorer?«

»Doch.«

»Nein?«

»Doch.«

Und schon waren wir in anregendem Gespräch.

Hedi hatte bei ihr ein Volontariat absolviert und war genauso begeistert wie ich.

Fasziniert beobachtete sie jetzt meine Technik, mit Messer und Gabel umzugehen.

»Finde ich toll, was die heute alles können - diese Prothesenbauer.«

»Und ich erst - der Prothesenträger«, gab ich lachend zurück. »Wo lebst du eigentlich? - Vielleicht können wir -?«

»In Braunschweig«, kam es prompt.

»Was? - Da oben?«

Sie lachte. »Typisch München. Wir leben längst nicht in Grönland oder auf den Lofoten. Und schließlich hat der gleiche Straßenräuber München und Braunschweig gegründet. Heinrich der Löwe ist sogar freiwillig in Braunschweig begraben.«

»Tschuldigung. - Ich muss zugeben, an Braunschweig bin ich nur vorbei gefahren. Auf der Fahrt nach Berlin ging es irgendwo links ab.«

»Meine Familie kam ja damals aus Hannover nach München. Mein Vater war von VW zu BMW gewechselt. So richtig warm sind die Eltern mit den Bayern nie geworden.«

»Hanseatisches Understatement trifft katholischen Barock?«

»So ungefähr. Übrigens werde ich in Braunschweig auch öfter von der Polizei zu Hilfe gerufen. Sie schicken Leute zu mir, bei denen sie nicht weiter wissen.«

»Erzähl mal.« Wenn ich diesen Satz im April nicht gesagt hätte, wäre mir einiges entgangen. Nicht nur finanziell.

»Gerade hab ich so einen«, begann Hedi, »der mir immer Drohbriefe vorlegt, die ihm keine Ruhe lassen. Er bekommt biblische Botschaften. Die Rache ist mein, spricht der Herr - und so.«

»Da wird sein Heulen und Zähneklappern«, ergänzte ich fröhlich.

»Genau. Aber lach nicht. Der Mann hat wirklich Angst. Die Botschaften sind in Latein. Dazu drohen sie schon mit konkreten Daten: Irgendwie ante diem und was mit Novembres soll eine Via Sacra in Braunschweig auferstehen.«

»Wir Bayern kennen nur ein Himmi sacra. Aber Spaß beiseite. Die Sache interessiert mich. Du weißt, dass ich mal Komparatistik studiert habe?«

Sie nickte. »Im sechsten Semester bist du, glaube ich, ausgestiegen?«

»Nach dem Tod meines Vaters 1992.«

»Ich will die himmlischen Botschaften nachher mal dem Ulli zeigen. Ist doch toll, dass er gekommen ist«.

Ulli war Dr. Ulrich Kammer, unser ehemaliger Lateinlehrer. Alles anderer als ein verbohrter Altphilologe. Längst dürfen wir Ulli zu ihm sagen.

»Du und Braunschweig ist ganz reizvoll und meine Wohnung hat genug Platz für ein paar Tage Logierbesuch«, legte sie nach.

Mit dieser Einladung fing es an. Als unser Lieblings-Song von damals Don´t worry - be happy aufgelegt wurde, brachen die Ersten zur Tanzfläche auf. Wir gingen rüber an den Tisch zu Ulli und begrüßten ihn mit einem fröhlichen Salve Magister Ulrice.

Schon bald hielt er uns einen Vortrag über den Römischen Kalender.

Hedi hatte ihm eine der anonymen Botschaften vorgelegt. Sie war am 11. April datiert und lautete: »Ante diem quintum decimum Calendas Novembres erit ibi via et via sancta brunsviga vocabitur non transibit per eam pollutus …«

»Ihr müsst wissen, dass die Calendae immer der erste Tag eines Monats war. So wie die Iden in der Mitte lagen. Die berühmten Iden des März waren ja am 15. Ante diem quintum decimum, das kann uns Larry sicher übersetzen?«

»Fünfzehn Tage vorher …«

»Sehr gut. Ihr seht, damit sind wir schon mitten im Oktober. Das müsste so um den 18. Oktober sein.«

»Da wird ein Weg sein und ein Weg«, fuhr Hedi fort, »also besser Straße, welche die heilige Braunschweiger Straße genannt wird, und kein - pollutus?«

«Lasterhaft, unkeusch!«, warf Ulli ein.

«Also, die dürfen sie nicht betreten. - Oh Gott, darf ich da nicht mehr hin?«

Wir lachten und malten uns aus, wo diese Straße sein könnte und wer sie bewacht.

Ulli sagte: »Ihr habt also ein gutes halbes Jahr Zeit, das Rätsel zu lösen. Wenn´s denn heuer sein soll.« Das gab mir dann den nächsten Anstoß zu einer Braunschweig-Reise.

Als wir gingen, bellte im Hintergrund gerade Herbert Grönemeyer sein Was soll das? Damals auch ein Hit.

Anpfiff

Samstag, 3. Mai 2014

Zum ersten Mal war ich dann Anfang Mai in Braunschweig. Hedi hatte gemeint, ich könnte mit dem Zug kommen. Sie war am Bahnsteig nicht zu übersehen. Nicht nur wegen der Größe. Sie strahlte und umarmte mich herzlich.

In der Halle standen traurige Gruppen, die ihre blau-gelben Schals und Fähnchen zusammengerollt hatten.

»Wie es aussieht, hat eure Eintracht wieder mal verloren?«

»Gegen Augsburg. Eins zu null. Sie steigen wieder ab. Was war das vor einem Jahr ein Aufstiegstrubel. Es gab Aufstiegskrakauer und Aufstiegsbratwürste. Die Brauerei brachte eine neue limitierte Eintracht-Dose auf den Markt.«

»Die Bayern haben dafür ihr Erdinger, mit dem jeder begossen wird, der nicht beim Schlusspfiff auf der Tribüne ist.«

»Der Braunschweiger Domprediger hatte damals sogar zu einem Dankgottesdienst eingeladen. Stell dir das vor: Gott danken, dass die Kicker aufgestiegen sind. Dabei wären viele wohl lieber in die Moschee gegangen und hätten Allah gedankt! - Peinlich alles. Und was jetzt? Nach dem Abstieg?«

»Bußgebete und Bittgottesdienste oder Heulen und Zähneklappern!« Mehr fiel mir auch nicht ein.

»Da sind wir beim Thema: Ich habe gleich einen Termin bei dem Opfer gemacht. Er wartet auf uns. Er wird dir die Drohbriefe zeigen. Ich denke, dass du ihn erst mal beruhigst.«

»We will see.«

»Apropos: Sightseeing unterwegs ist inklusive!«

Wir fuhren am Schloss vorbei. Das im Krieg zerstört, 1960 gesprengt und 2007 wieder aufgebaut worden war, wie mir erklärt wurde. »Hinter den historischen Mauern verbirgt sich ein Einkaufszentrum.«

»Hab damals davon gelesen. War ja heftig umstritten!«, sagte ich.

»Heute Braunschweigs ganzer Stolz. Die Bürger haben es, wie du siehst, angenommen. Hier ist immer Leben. - Burg und Löwe zeige ich dir ein anderes Mal. Das ist Fußgängerzone. Hält jetzt zu sehr auf.«

Als wir um eine Ecke bogen, tauchte vor uns ein prächtiger Theaterbau auf.

»Et voilà: das Staatstheater. Galt als Sprungbrett für viele Sänger und Schauspieler. Felmy wird immer genannt, den kennst du sicher auch noch.«

»Tatort-Kommissar!«

»Die Sänger Anja Silja und René Kollo, die Froboess, die hier vom Schlagersternchen zur Schauspielerin wurde. Und dann - den kennst du sicher nicht: Gerd Voss.«

»Nie gehört.«

»Dacht´ ich mir. Hat wenig Film und Fernsehen gemacht. Dennoch einer der größten. Du kannst ihn nur in Berlin oder Wien sehen. In München war er kurz. Und hier in Braunschweig. In seiner Biografie heißt das Kapitel etwas böse: Am Ende der Welt.«

»Nicht sehr schmeichelhaft.«

»Du, das war hier Zonenrandgebiet - aber Achtung. Jetzt geht´s über die Oker und dann in die Jasperallee und hier wohnt er. Christoph Kornmann.«

Jasperallee. Klangvoller Name. Später habe ich im Reiseführer nachgelesen. Es stimmt: «Von Anfang an war die Straße als eine großzügige Allee nach dem Vorbild der Berliner Straße Unter den Linden geplant gewesen. Zwischen den Baumreihen in der Mitte, durch die die Straße in zwei Fahrbahnen geteilt wird, befand sich früher ein Reitweg. In den Villen wohnte das wohlhabende Bürgertum …«

Tatsächlich sagte Hedi bei der Einfahrt: »Hier können eigentlich nur Anwälte und Ärzte überleben. Du siehst die vielen Schilder an den Häusern. Ich hatte auch mal ein Angebot - puh! Unbezahlbar.«

»Solltest mal in München Praxisräume suchen.«

»Denk ich mir.«

»Was macht unser Herr Kornmann hier?«

»Der hat alles geerbt. Kornmanns waren seit Generationen Juristen und Sozialdemokraten. Drei Häuser in dieser Straße gehören ihm. Weiter hinten. Die Nazis hatten seine Familie damals enteignet, aber sie hat alles wieder zurück bekommen. Jetzt lebt er hier mit Ängsten.«

»Beruf?«

»Er sagt: Privatier!«

»Keine Familie?«

»Null! Verkappter Homo.«

Auf meine unausgesprochene Frage sagte sie: »Alles soll eine Stiftung bekommen.«

Viele Häuser wirkten so, als ob sie den Krieg gut überstanden hätten. Die Baumreihe auf dem Mittelstreifen machte die Straße zu einer sehr schönen Allee. Die Gegenfahrbahn, jenseits der Bäume war aber gerade hässlich aufgerissen. Bagger, Bauwagen und Erdhaufen verstellten den Blick zur anderen Häuserzeile.

Am ziemlich abrupten Ende der Straße fanden wir einen Parkplatz. Auch Kornmanns Haus hatte den Krieg überstanden. Eine gründerzeitliche Villa mit Erkern, Türmchen und Verzierungen. Aufwändig, ohne zweckmäßig zu sein. Zierrat, um zu zeigen, was man hatte und was man war. Aber heute hat es Flair neben den monotonen Neubauten. An der Front waren Schilder eines Anwalts und eines Dermatologen und Anti-Aging-Experten.

Kornmann wohnte im dritten, im Dachgeschoss. Er war groß, hager, scharfe Nase unter hoher Stirn, die von einem grauen Haarkranz nach hinten abgegrenzt wurde. Die Augen hinter einer getönten Brille verborgen. Irritierend gut gekleidet. Ich kann nicht mitreden, aber mit Fliege, Weste, Zweireiher und spitzen Schuhen wirkte er irgendwie overdressed. Jedenfalls eitel. Ich schätzte ihn auf 60. In der Wohnung roch es nach Kräutertee.

Bevor er die Wohnungstür wieder schloss, spähte er noch einmal ins Treppenhaus, ob uns auch niemand gefolgt ist. Er bat uns in ein Zimmer mit hohen Bücherregalen. An einem runden Tisch hatte er seine Papiere ausgebreitet.

Zunächst zeigte er mir Ausdrucke aus E-Mails. Unter dem Text stand immer in Handschrift seine deutsche Übersetzung:

»Furor ergo Dei ascendit super eos et occidit malefactores eorum et damnationes incurvavit … da kam der Zorn Gottes über sie und erwürgte die Missetäter unter ihnen und schlug die Verdammten nieder.«

»Quia dies ultionis Domini annus retributionum iudicii … Das ist der Tag der Rache des Herrn und das Jahr der Heimzahlung!«

So ging es noch mehrfach weiter. Immer mit dem Tenor Rache, Tod, Abrechnung …

Ich legte die Blätter zur Seite. »Konnte man nie einen Absender feststellen?«

Er schüttelte den Kopf. »Alles anonym. Die Polizei hat gesagt, man kann. Also grundsätzlich, also die NSA oder ein anderer Geheimdienst, aber mit sehr viel Aufwand. Nicht für ein paar Bibelzitate. - Ruhe mal bitte.« Er lauschte.

»War da nicht ein Geräusch?«

Wir schüttelten beide den Kopf. Er war tatsächlich etwas nervös.

»Was mir noch auffällt«, nahm ich den Faden wieder auf: »Beide, der Schreiberling und der Übersetzer können ganz gut Latein.«

Er lächelte. »Habe zwar das große Latinum, aber letztlich, kannst du dir das im Internet zusammenstoppeln.«

»Gingen Sie in Braunschweig zur Schule?«

Stolz: »Aufs Wilhelm-Gymnasium - eines der besten.«

»Sind Sie katholisch?«

»Wieso?«

»Weil Sie so bibelfest sind.«

Er schüttelte den Kopf. »Wir alten Braunschweiger sind protestantisch. Wie gesagt: Internet. Da können Sie die gesamte Bibel abrufen. Aber jetzt kommt´s.« Triumphierend legte er mir ein neues Blatt vor. »Schauen Sie sich das mal an! Das kam vorgestern.«

Ich las: »Mas tú derribado eres en el sepulcro, a los lados del abismo. Aber in die Hölle wirst du hinabgestürzt, in die tiefste Grube!«

Gespannt schaute er mich an. »Wissen Sie, was das ist?«

Kopfschütteln. »Spanisch wahrscheinlich. Oder portugiesisch? Ich kann beides nicht.«

»Das ist Jesaja 14, Vers 15 tatsächlich auf Spanisch! Ich habe es eruiert. Geht ja heute alles per Mausklick. Der Kerl ist Spanier, sonst wäre ihm das nicht passiert!«

Ich war verblüfft und sagte: »Chapeau! Das war gute Arbeit! - Und? Haben Sie auch schon einen Verdacht?«

Er warf den Kopf nach hinten. »Habe ich!« Pause. Dann sagte er feierlich: »Marcelino Fernández Verdes!«

Ich sah hinüber zu Hedi. Sie zuckte mit den Schultern, blieb aber ernst.

Kornmann zog jetzt eine Fotokopie hervor. Es war eine Seite aus dem SPIEGEL. Die Überschrift war rot angestrichen:

Spanische Eigentümer tauschen HOCHTIEF-Chef aus //

Der spanische Großaktionär ACS festigt seinen Zugriff auf den Baukonzern HOCHTIEF. Künftig soll der Spanier Marcelino Fernández Verdes die deutsche Beteiligung führen. Der bisherige Vorstandsvorsitzende Frank Spieler muss gehen.

Ich reichte das Papier an Hedi weiter. Kornmann erklärte: »Hochtief kennen Sie sicher. Das war ein solides, weltweit aktives, deutsches Bauunternehmen. Die haben ohne Probleme den Tempel von Abu Simbel versetzt, die Bosporusbrücke, den Elbtunnel, den Gotthardtunnel und den Rhein-Main-Flughafen gebaut. Nur mal als Beispiel. Dann haben die Spanier die Firma übernommen. Jetzt bauen die in Hamburg die Elbphilharmonie und - Sie ahnen es?«

Ich musste raten: »Den Berliner Flughafen?«

Er strahlte. »Exakt! Die großen Problembauten bei uns sind in spanischer Hand.«

»Ich dachte bisher, dass sich spanische Baulöwen nur für Fußballklubs interessieren«, versuchte ich zu scherzen. »Real Madrid und so - .«

»Unsinn. Nehmen Sie Airbus. Wer verzögert die Auslieferung des Transporters an die Bundeswehr?«

»Ein Spanier?«

Er nickte. »Domingo Ureña-Raso. Die wollen gar nicht, dass da was vorangeht. Sie wollen Deutschland vorführen. Weltweit.«

»Aber was wollen sie hier in Braunschweig?«

»Die Jasperallee!«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Unsere schönste Straße wollen sie platt machen. Ich habe mal recherchiert: Sechs Häuser gehören ihnen schon. Über Scheinfirmen.«

»Was heißt platt machen?«, fragte Hedi dazwischen.

»Wie Hitler. Die Nazis haben uns damals enteignet, um hier eine doppelt so breite Aufmarschstraße zu bauen.«

»Und das will Signor - wie heißt er?«

»Marcelino Fernández Verdes!« Kornmann hatte den Namen richtig drauf.

»Und dieser Signor Verdes will hier auch doppelte Breite?«

Kornmann schüttelte den Kopf und hob eine Hand nach oben. »Doppelte Höhe. Er will hier einfach die Grundflächen verdoppeln oder sogar verdreifachen. Schauen Sie doch mal, wie die in Spanien gebaut haben. Überall Hochhäuser. Das kann Braunschweig auch blühen.«

Er sammelte seine Papiere wieder zusammen. »Sind Sie mal die Berliner Straße rausgefahren?«

»Nein«, sagte Hedi für mich. »Er ist heute erst angekommen!«

»Wenn Sie da rausfahren, steht linker Hand ganz groß an einem Giebel: Viva España! Muss man sich mal vorstellen! Mitten in Braunschweig!«

Hedi meinte, es schon gesehen, aber nicht weiter beachtet zu haben.

»Ist vielleicht die Vorfreude auf die kommende Weltmeisterschaft?«, gab ich zu bedenken.

Doch Kornmann war ungnädig. »Das stand schon lange vorher.«

»Hat man Ihnen denn mal ein Übernahmeangebot gemacht?«

Kornmann schüttelte den Kopf: »Das kommt erst, wenn ich weich gekocht bin. Das ist ein Stratege, sage ich ihnen.«

»Würden Sie denn verkaufen?«

Empörung. »Niemals. Wir sind eine alte Braunschweiger Familie. Mein Urgroßvater hat hier gebaut. Mein Großvater war sozialdemokratischer Abgeordneter im Braunschweiger Landtag und hat 1931 gegen die Einbürgerung Hitlers gestimmt.«

Ich war etwas perplex ob dieser Wendung. »Wieso musste Hitler eingebürgert werden?«

»Der war doch Österreicher.«

Hedi erklärte mir: »Der hätte niemals Kanzler werden dürfen. Erst die Braunschweiger, also die Regierung des Landes Braunschweig, das nach dem ersten Weltkrieg entstanden war, machte ihn zum Gesandten bei der Reichsregierung in Berlin. Damit war er Beamter und als solcher automatisch Deutscher.«

»Ist ja verrückt.«

Hedi lachte jetzt: »Schuldig ist wieder einmal Heinrich der Löwe.«

Wir warteten gespannt auf die Pointe:

»Denn wegen Heinrichs Unbotmäßigkeit wurde ja das Herzogtum Sachsen zerschlagen. Teile davon wurden zum Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, das schließlich im Auf und Ab der Geschichte noch im Freistaat Braunschweig endete. Der wiederum war also der Staat, der Hitler eingebürgert hat - und der ohne Heinrichs ständige Querelen mit dem Rest der Welt, so gar nicht entstanden wäre. Überspitzt könnte man also sagen: Ohne den Löwen kein … Na ja.«

Das musste erst mal sacken.

»Und Ihre Familie war also gegen die Nazis?«, fing ich das Thema wieder auf.

»Absolut. Deshalb wurden wir ja auch enteignet. Wie viele hier, die nicht in der Partei waren. Die brauchten ja Platz für ihre Pläne. Und Wohnraum für die Menschen vom Luftflottenkommando, das dort drüben gebaut wurde.«

Er zeigte etwas vage aus dem Fenster.

»Da ist jetzt eine Gesamtschule drin«, ergänzte Hedi.

»Später«, fuhr Kornmann fort, »beim Endkampf um die Stadt, wollten die hier sogar alles sprengen, um vom Nußberg dort drüben ein freies Schussfeld zu haben. Braunschweig wurde ja zur Festung erklärt.«

»Unglaublich!«, gab ich zu. »Aber ein bisschen unsortiert. Breite Straße, Wohnungen, Schussfeld …«

Er ging nicht darauf ein.

»Nach dem Krieg war mein Großvater am Amtsgericht. Hat etliche Nazis hinter Gitter gebracht. Die meisten sind ja dann bald wieder freigekommen.«

»Wer erbt denn später mal ihre Immobilien?«

»Die kommen in sichere Hände. Eine Stiftung, die sich mit Wasserbohrungen in Südamerika befasst.«

Er war aufgestanden, ging zu einem Bücherschrank mit Glastür und zog eine Akte heraus. Feierlich legte er sie mir vor. Ich verstand gar nichts. Ein Prospekt mit vielen bunten Seiten, auf denen ich nur den Absender erraten konnte:

Eine Fundación Fuente Argentina - Una Compañía para Proyectos y Realizaciones in der Avenida Córdoba in Buenos Aires. Die Bilder zeigten wirklich irgendwelche Dorfbrunnen, spritzende Kinder, saufende Rinder und viele Tabellen mit Diagrammen.

Und auf der Rückseite stand ganz klein: Representante en Alemania: Superior Berthold Bruene-Hubbach, Jasperallee 36a, 38102 Braunschweig.

Ich war völlig verblüfft: »Das sind doch auch Spanier?«

»Das sind Argentinier«, sagte Kornmann fast triumphierend.

»Und was, bitte, ist ein Superior?«

Auch das kam, ohne zu zögern: »Ein Superior ist so was wie ein Supervisor, also der Aufseher oder Vorsteher einer verschworenen Gemeinschaft. Also meistens Klöster. Die Mitglieder sind durch das Gelübde des Gehorsams verpflichtet, den Anweisungen ihres Oberen bedingungslos zu folgen.«

»Und wieso sitzen die in der Jasperallee?« Ich schob Hedi den Prospekt rüber.

»Meinetwegen!«, sagte er feierlich. Jetzt spürte man wieder den Stolz: »Ich habe den Herrn auf einer Kreuzfahrt in der Karibik kennengelernt. Sehr smart. Deutsche Vorfahren, in Argentinien aufgewachsen. Mit viel Empathie für die Ärmsten der Armen. Sie bauen überall Brunnen für die Dürstenden.«

Jetzt wurde er sentimental: »Notabene: Er teilt mit mir ein Faible für Fliegen - also die hier.«

Zugegeben: Er trug eine sehr auffällig gemusterte mit bunten Quadraten à la Mondrian, würde ich sagen. Hedi zwinkerte mir zu.

»Und jetzt sitzt er in Ihrer Nachbarschaft? - Was sagt er denn zu den Mails?«

»Er teilt meine Sorgen. Fordert erhöhte Wachsamkeit. Ich soll keinem davon erzählen. Das könnte Trittbrettfahrer animieren.«

Interessante Theorie musste ich denken. Fragte aber, ob der Herr auch Latein kann.

»Ich bitte Sie. Er ist Superior.«

»Also kann er?«

»Er kann!« Hochmütiges Lächeln. »Aber er brauchte mir gar nicht zu helfen. Ich habe das meiste selbst übersetzt.«

»Und könnte er nicht …?«

Als er meine Frage verstanden hatte, verzog sich sein Gesicht fast zu einer Grimasse.

»Wenn Sie so etwas denken, brauche ich Sie nicht«. Er schaute zu Hedi.

Sie war aufgestanden und legte Herrn Kornmann die Hand auf die Schulter.

»Lieber Herr Kornmann. Lars war Polizeibeamter. Die denken nicht, bevor sie fragen, sondern die fragen, bevor sie denken. Und erst dann kann was draus werden.«

Diese Definition eines Berufsstandes fand ich so amüsant, dass ich die Spannung mit herzhaftem Lachen auflöste.

»Also, Herr Kornmann. Wenn Sie sagen, dieser Herr -«

»Bruene-Hubbach! Freunde nennen ihn einfach SBH.«

»Dieser Bruene-Hubbach - ist zweifelsfrei außer Verdacht. Das will ich ja respektieren. Aber wie können wir Ihnen helfen?«

»Verfolgen Sie die Spur HOCHTIEF, die Spanier! Da liegt das Übel.«

Ich fragte noch nach seinen Sicherheitsmaßnahmen.

»Türen und Fenster sind mit Alarmanlagen ausgerüstet. Da ist die Polizei sehr schnell da.«

»Überwachungskameras?«

Er schüttelte den Kopf. »Wurde mir abgeraten. Die wären ja erst nach meinem Tode nützlich. Um die Täter zu finden. Wäre ja etwas spät. Nichtwahr?«

»Wer sagt denn so etwas?«

Er wirkte beleidigt: »SBH.«

»Entschuldigung, da will ich nicht dazwischen reden.«

Wir verabschiedeten uns mit dem Versprechen, dass ich mich mal um diese Spanier kümmere. Und Hedi mit ihm direkt Kontakt halten werde.

»Wer wohnt denn noch hier im Haus?«, wollte ich noch wissen.

Er schüttelte den Kopf: »Nur Praxen. Sie haben ja die Schilder draußen gesehen. Nachts bin ich hier ganz allein.«

Fast tat er mir leid.

Als wir draußen waren, hörten wir fünf verschiedene Schließgeräusche von Riegeln und Sicherheitsschlössern.

Auf dem Weg zum Auto beschloss Hedi, dass wir jetzt zum Abendessen ins Sukiyaki gehen.

»Liegt am Weg und ich muss nicht mehr kochen.«

Natürlich war ich einverstanden.

Das Sukiyaki war wohl früher eine Eckkneipe oder ein Tante-Emma-Laden. Jedenfalls hatten Thais auf engstem Raum eine gewisse, private Esszimmer-Atmosphäre geschaffen. Das kam an, denn kurz nach sechs war es schon ziemlich besetzt. Als Münchner haute mich die Atmosphäre aber nicht um.

Hedi empfahl mir, als Vorspeise unbedingt diesen fritierten Rettich zu versuchen.

»Was Radi? Ja, wo sammer denn?«

»Vergiss deinen Biergarten. Diese knusprigen Dinger sind göttlich.«

Ich folgte ihrem Rat und bestellte noch etwas mit Ente …

Dann kamen wir auf Kornmann.

»Was hältst du von ihm?«

Ich sortierte noch: »Eitel, verängstigt, schwul. Mehr fällt mir jetzt nicht ein.«

Hedi lachte. »Könntest Psychologe werden. Er hat aber auch ein paar gute Eigenschaften.«

»Ist schwul was Schlechtes?«

»Kommt auf die Perspektive an. Jedenfalls treibt er mit seinem Vermögen kein Schindluder, sondern setzt es sehr philanthropisch ein.«

»Ist er gläubig?«

»Eher sozialistisch. Aus Familienbande.«

»Das mit der Stiftung ist aber doch etwas - also es hat Geschmäckle, sein Geld jemandem zu vermachen, nur, weil der hübsche Fliegen trägt.«

»Wir können ja den Herrn Bruene-Hubbach mal besichtigen.«

»Am besten gleich morgen!«

»Morgen ist Sonntag.«

»Sonntags trägt er vielleicht seine schönste Fliege.«

»Oder gar keine, weil Sonntag ist.«

»Also am Montag. Was hältst du überhaupt von der Sache?«