Viel Lärmen um Nichts - Joseph von Eichendorff - E-Book

Viel Lärmen um Nichts E-Book

Joseph von Eichendorff

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Beschreibung

Eine Erzählung, in der Eichendorff einige Figuren aus "Ahnung und Gegenwart" wieder zum Leben erweckt und ihre Geschichte weiter erzählt. Joseph Freiherr von Eichendorff war einer der bedeutendsten Lyriker und Schriftsteller der deutschen Romantik.

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Viel Lärmen um Nichts

Joseph von Eichendorff

Inhalt:

Joseph Freiherr von Eichendorff – Biografie und Bibliografie

Viel Lärmen um Nichts

Viel Lärmen um Nichts , J. von Eichendorff

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849611392

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Joseph Freiherr von Eichendorff – Biografie und Bibliografie

Deutscher Dichter der romantischen Schule, geb. 10. März 1788 auf Schloß Lubowitz in Oberschlesien, gest. 26. Nov. 1857 in Neiße, wurde im aristokratischen Prunk- und Lustleben des ausklingen den 18. Jahrh., aber streng katholisch erzogen, besuchte seit 1801 das katholische Gymnasium zu Breslau und studierte seit 1805 in Halle und Heidelberg die Rechte. Auf letzterer Universität ward sein poetisches Talent durch Arnim, Brentano, Görres, Creuzer, Graf Loeben, die damals sämtlich in Heidelberg lebten, geweckt (vgl. H. A. Krüger, Der junge E., Oppeln 1898; darin ausführliche Mitteilungen aus Eichendorffs Tagebüchern). Der Zug zur Romantik war von vornherein entschieden, er traf mit Eichendorffs patriotischem Haß gegen die Fremdherrschaft und seiner kiesen Abneigung gegen die Nüchternheit der Aufklärung zusammen. Er veröffentlichte zuerst zerstreute Gedichte unter dem Namen Florens und verfaßte den Roman: »Ahnung und Gegenwart« (1811 vollendet; hrsg. von de la Motte Fouqué, Nürnb. 1815; vgl. Weichberger, Untersuchungen zu Eichendorffs Roman »Ahnung und Gegenwart«, Jena 1901). Der Ausruf des Königs von Preußen: »An Mein Volk« führte E., der zuerst auf Anstellung in Österreich gehofft hatte, im Frühjahr 1813 nach Schlesien zurück; er trat in das Lützowsche Freikorps und nahm in diesem und in einem Landwehrregiment an den Feldzügen des Befreiungskrieges 1813–15 teil. Nach dem Frieden verheiratete er sich und trat als Referendar bei der Regierung zu Breslau ein. 1821 ward er Regierungsrat für katholische Kirchen- und Schulsachen bei der. Regierung zu Danzig, 1824 in gleicher Eigenschaft nach Königsberg berufen. Während seines Aufenthalts in der Provinz Preußen wirkte er eifrig für die Wiederherstellung des Ordenshauses in Marienburg. 1831 kam er als Rat in das Kultusministerium nach Berlin, geriet aber 1839 und 1840 bei seiner streng katholischen Richtung während der Kölner Wirren in Zerwürfnisse mit dem Minister und befreundete sich auch nachher trotz seiner Ernennung zum Geheimen Regierungsrat mit seiner amtlichen Stellung nicht wieder, sondern nahm 1845 seine Entlassung. E. lebte zunächst einige Jahre bei seiner verheirateten Tochter in Danzig, dann ein Jahr in Wien, längere Zeit (bis Herbst 1850) in Dresden, auch abwechselnd in Berlin und auf dem Familiengut Sedlnitz in Mähren. Zuletzt nahm er seinen Aufenthalt in Neiße bei der Familie seiner Tochter. Von seinen Dichtungen waren nacheinander erschienen: »Krieg den Philistern«, dramatisches Märchen (Berl. 1824); »Aus dem Leben eines Taugenichts«, Novelle (das. 1826; in zahlreichen Drucken verbreitet); die Parodie »Meierbeths Glück und Ende«, Tragödie mit Gesang und Tanz (das. 1828); die Trauerspiele: »Ezzelin von Romano« (Königsb. 1828) und »Der letzte Held von Marienburg« (das. 1830); das Lustspiel »Die Freier« (Stuttg. 1833); die Novelle »Dichter und ihre Gesellen« (Berl. 1834); »Gedichte« (das. 1837; 16. Aufl., Leipz. 1892). Eichendorffs Gedichte, in denen ein tiefes, träumerisches Naturgefühl zu eigenartigem und wohlklingendem Ausdruck kommt, gehören zu den besten Erzeugnissen der Romantik und sind besonders anziehend durch ihre volkstümliche Frische und Einfachheit (E. schrieb das Lied: »In einem kühlen Grunde«). Hervorzuheben sind der Liederzyklus »Frühling und Liebe«, die »Zeitgedichte«, die unter der Einwirkung der Freiheitskriege entstanden, die »Geistlichen Gedichte« und die »Lieder auf den Tod meines Kindes«. Auch in den Novellen, namentlich dem Meisterstück »Aus dem Leben eines Taugenichts«, waren es hauptsächlich die Fülle der lyrischen Stimmung und die Anmut des Vortrages, die sich wirksam erwiesen. In der Mitte der 30er Jahre begann E. die ernstesten literarischen und historischen Studien. Als deren poetische Resultate traten zunächst die vortrefflichen Übertragungen des mittelalterlichen spanischen Volksbuches »Der Graf Lucanor« (Berl. 1843) und der »Geistlichen Schauspiele Calderons« (Stuttg. 1846–1853, 2 Bde.) hervor. Mit dem Buch »Über die ethische und religiöse Bedeutung der neuen romantischen Poesie in Deutschland« (Leipz. 1847) eröffnete er die Reihe seiner literarhistorisch-kritischen Schriften, deren Gesamtinhalt auf eine kritische Urteilsrevision im katholischen Sinne hinauslief. »Der deutsche Roman des 18. Jahrhunderts in seinem Verhältnis zum Christentum« (Leipz. 1851; 2. Aufl., Paderb. 1867), »Zur Geschichte des Dramas« (Leipz. 1854; 2. Aufl., Paderb. 1867), »Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands« (Paderb. 1857, 3. Aufl. 1866) setzten diese Tätigkeit fort, die in einer entschiedenen Bevorzugung und beinahe ausschließlichen Verherrlichung der spanischen Dichtung und ihrer Nachklänge in der deutschen Romantik gipfelte. Darüber nahm die eiaue poetische Tätigkeit Eichendorffs eine durchaus tendenziöse Richtung, die su den erzählenden Gedichten: »Julian, ein Romanzenzyklus« (Leipz. 1853), »Robert und Guiscard« (das. 1855) und »Lucius« (das. 1857) entschieden zutage trat. Außer Eichendorffs »Sämtlichen (poetischen) Werken« (Berl. 1841–43, 4 Bde.; 3. Aufl., Leipz. 1883, 4 Bde.) erschien nach dem Tode des Verfassers auch eine Sammlung seiner »Vermischten Schriften« (Paderb. 1867, 5 Bde.), die seine literarischen und kritischen Arbeiten, auch seinen Nachlaß, umfaßt. Als Festgabe zu seinem 100jährigen Geburtstag veröffentlichte G. Meisner »Gedichte aus dem Nachlaß des Freiherrn J. v. E.« (Leipz. 1888). Briefe Eichendorffs an seinen Schützling, den Konvertiten Lebrecht Dreves (s. d.), veröffentlichte Kreiten in den »Stimmen aus Maria-Laach«, Bd. 38. Neue Ausgaben seiner ausgewählten Werke besorgten Dietze für Meyers Klassiker-Bibliothek (Leipz. 1891, 2 Bde.), M. Koch für Kürschners »Deutsche Nationalliteratur«, Bd. 146, II, 2 (Stuttg. 1893) und Gottschall (Leipz. 1901, 4 Bde.). Vgl. Keiter, Joseph v. E. (Köln 1887); E. Höber, Eichendorffs Jugenddichtungen (Berl. 1894).

Viel Lärmen um Nichts

  Wenn wir Schatten euch beleidigt,

  O so glaubt – und wohl verteidigt

  Sind wir dann! – ihr alle schier

  Habet nur geschlummert hier,

  Und geschaut in Nachtgesichten

  Eures eignen Hirnes Dichten.

  Shakespeares »Sommernachtstraum«.

I.

»Wem gehört der prächtige Palast dort unten?« fragte Prinz Romano, auf dem schlanken Engländer nach seinen Begleitern zurückgewandt, indem sie soeben auf einer Höhe aus dem Walde hervorkamen und auf einmal eine weite, reiche Tiefe vor sich erblickten. – »Dem Herrn Publikum!« erwiderte ein schöner Jüngling aus dem Gefolge. – »Wie! Also hier wohnt der wunderliche Kauz? kennst du ihn denn?« rief der Prinz verwundert aus. – »Nur dem Rufe nach«, entgegnete der Jüngling, sichtbar verwirrt und mit flüchtigem Erröten.

Die untergehende Sonne beglänzte unterdes scharf die schönsten Umrisse des Palastes; heiter und wohnlich erhob er sich über die weiten, fruchtbaren Ebenen, mit den Spiegelfenstern noch hell herüberleuchtend, während die Felder ringsum schon zu verdunkeln anfingen. Ein schöner Garten umgab das Schloß und schien im Abendduft mit der Landschaft und dem schimmernden Strome bis weit an die fernen blauen Berge hin zusammenzufließen.

»Göttliche Ironie des Reiselebens!« sagte der Prinz zu seinen Begleitern. »Wer von euch hätte nicht schon sattsam von diesem Publikum gehört, über ihn gelacht und sich geärgert? Es juckt mich lange in allen Talenten, ihm einmal ein Schnippchen zu schlagen, und wenn es euch recht ist, so sprechen wir heute über Nacht bei ihm ein. Laßt mich nur machen, es gibt die köstlichste Novelle!« – Der Einfall wurde von der ganzen Gesellschaft mit lautem Beifall aufgenommen, und alle lenkten sogleich der breiten, glänzenden Kunststraße zu, die nach dem Palast zu führen schien.

Es war anmutig anzusehen, wie die bunten Reiter beim Gesang der Waldvögel langsam die grüne Anhöhe hinabzogen, bald zwischen den Bäumen verschwindend, bald wieder vom Abendrote hell beleuchtet. Am wohlgefälligsten aber spielten die Abendlichter über der zierlichen Gestalt jenes schönen Jünglings, der vorhin dem Prinzen den Besitzer des Palastes genannt hatte. Der muntere Bursch, soeben als ausgelernter Jäger aus der Fremde zurückkehrend, hatte sich im Gebirge verirrt. So traf ihn die Gesellschaft im Walde, welcher er sich nun auf einige Tagereisen angeschlossen. Sein frisches, fröhliches Wesen schien den ganzen bunten Trupp wunderbar zu beleben. Denn während seine Augen mit schalkischem Wohlgefallen auf den vornehmen Anführern des Zuges ruhten, führte er hinten ein unausgesetztes Witzgefecht mit den Jägern, oder er sang zu allgemeinem Ergötzen die herrlichsten Jagdlieder. Der Kammerherr des Prinzen schrieb die Lieder sorgfältig auf, und ärgerte sich dann, wenn der Bursch sie das nächste Mal wieder ganz anders sang, so daß er mit Notieren der Varianten gar nicht zu Ende kommen konnte. – Der Prinz aber hatte seine eigenen Pläne dabei: er gedachte sich des hübschen, gewandten Jungen in den nächsten Tagen als Pagen und Liebesboten sehr vorteilhaft zu bedienen. Die junge Gräfin Aurora nämlich, von deren poetischen Natur und Zauberschönheit bei allen Poeten im Lande groß Geschrei war, wurde aus Italien auf ihren Gütern in dieser Gegend hier erwartet, und Romano war soeben aufgebrochen, die Wunderbare kennenzulernen und ihr auf seine Weise den Hof zu machen.

Es war schon dunkel geworden als die Gesellschaft fröhlich schwätzend in dem Park des Herrn Publikum anlangte. Mit Verwunderung gewahrten sie hier, je tiefer sie hineinritten, eine unerklärliche Bewegung und Unruhe; es war als rührten die Gebüsche sich ringsumher in der Dämmerung, einzelne Figuren schlüpften hastig da und dort hervor, andere schienen erschrocken dem Schlosse zuzueilen. Jetzt sahen sie auch in dem Palaste Lichter durch die ganze Reihe der Fenster auf und nieder irren, eine halberleuchtete Krone drehte sich oben, bald noch eine und wieder eine. Auf einmal stiegen draußen mehrere Leuchtkugeln empor, und ließen plötzlich in wunderbarem, bleichen Licht eine stille Gemeinde fremder Gesichter bemerken, die fast gespensterhaft aus allen Büschen hervorblickten. »Meine Nähe und unser Entschluß hier einzusprechen muß auf dem Schlosse verraten sein«, sagte der Prinz mit vornehmer Nachlässigkeit; »es ist ein unbequemes Wesen um den Dichterruhm!«

In diesem Augenblick wölbte sich ein Mondschein-Regenbogen lustig vor ihnen über die Wipfel, auf dessen Höhe eine goldene Lyra, von einem Lorbeerkranz umwunden, sichtbar wurde. – »Zart – sinnig!« rief der überraschte und geschmeichelte Prinz aus, mußte aber schnell abbrechen, um seinen Engländer zu bändigen, der immer ungebärdiger um sich blickte und schnaubte, als sie unter dem glänzenden Triumphtor einzogen. Unterdes gab der unversehene Knall eines Böllers das Signal zum Abbrennen eines ausgedehnten Feuerwerks, das plötzlich den ganzen Platz in einen feurigen Zaubergarten verwandelte. Jetzt war das Pferd nicht länger zu halten; pfeilschnell zwischen dem Sprühen und Prasseln, über Blumen und Hecken gerade fort, flog es an den Feuerrädern und Tempeln vorüber, die Begleiter konnten nicht so rasch nach, die Zuschauer aus den Büschen schrien: »Hurra!« Mit Schrecken sah der Prinz im Fluge immer näher und näher den Palast vor sich, Fackeln am Eingange, und die Herren des Hauses mit zahlreicher Gesellschaft zum Empfange feierlich die Treppe herabsteigen. Mitten in dieser Verwirrung begann endlich das geängstigte Roß auf dem freien Rasenteppich zu bocken, und so unter den wunderlichsten Sprüngen langte der Prinz wie auf einem toll gewordenen Schaukelpferde vor dem Palast an. – »Mein Gott!« rief ihm der Herr Publikum entgegen, »lassen Sie sich herab!« – »Bitte sehr, nichts von Herablassung«, erwiderte der Prinz, schon ganz schief vom Sattel hängend, während er den Hut vom Kopf verlor. Hier wurde ein zweiter Böller gelöst, das Pferd feuerte noch einmal wütend aus, und Romano lag auf dem Sande.

Während sich dies vor dem Palast begab, sah man zwischen den Schlaglichtern des verlöschenden Feuerwerks eine junge Dame zu Pferde die Allee heransprengen. Die wunderbare Beleuchtung gab der hohen schlanken Gestalt etwas Wildschönes, und ein freudiges: »Ach!« begrüßte von allen Seiten die Erscheinung. Ein reichgeschmückter Jockei der Dame hatte unterdes Romanos lediges Pferd ergriffen. Sie selbst aber schwang sich schnell vom Sattel und trat mit besorgten, fragenden Blicken zu dem gefallenen Prinzen. Dieser, als er die herabgebeugte Gestalt und die schönen großen Augen zwischen den herabwallenden Locken so plötzlich über sich erblickte, erhob sich gewandt auf ein Knie vor ihr, und sagte, zierlich ihre Hand küssend: »Nun weiß ich, an welchen Sternen sich diese verzauberten Gebüsche entzündet haben!« – Die Dame lächelte schweigend und schien unruhig und vergeblich mit den Augen jemand in dem Kreise der Umstehenden zu suchen. Prinz Romano aber sprang ohne alle Verlegenheit auf, schüttelte sich ab, reichte der Schönen seinen Arm und führte sie die breite Treppe hinan, während der etwas korpulente Herr Publikum, der gar nicht wußte, wie ihm geschah, Mühe hatte, ihnen so rasch zu folgen.

Oben aber entstand nunmehr die größte Konfusion. Durch eine glänzende Reihe hellerleuchteter Gemächer bewegte sich eine zahlreiche Versammlung in festlicher Erwartung, alle Augen waren auf das eintretende Paar gerichtet, der Prinz grüßte vornehm nach allen Seiten. Da kam plötzlich Herr Publikum atemlos nach. »Romano?« hörte ihn der Prinz hinter sich eifrig zu den Nachfolgenden sagen; »Prinz Romano? Verfasser von –? ich wüßte nicht – habe nicht die Ehre.« – Die Dame sah verwundert bald den Sprechenden, bald den Prinzen an: »Wer von Ihnen beiden ist denn aber nun eigentlich der Herr Publikum?« – »Sind Sie denn nicht seine Tochter?« fragte der Prinz, nicht wenig erstaunt. – Hier wurden sie durch Herrn Publikum unterbrochen, der in eiliger Geschäftigkeit, mit dem seidnen Schnupftuche sich den Schweiß trocknend, der Dame seinen Arm reichte. »Konfusion, lauter Konfusion!« sagte er voller Verwirrung; »Mondschein, Regenbogen, Böller, Mißverständnis, ein unerwarteter Gast – Alles zu früh abgefeuert; sobald Sie kamen, Gnädigste, sollten sie abgebrannt werden.« – Hiermit war er mit der Gefeierten in der Menge verschwunden, alles drängte neugierig nach. – »Wer ist die Dame?« fragte der Prinz einen der Nachzügler. – »Die schöne Gräfin Aurora«, war die Antwort.