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In "VIERMAL VIERZEHN" dreht es sich in erster Linie um die vier Jugendlichen Nadim, Liane, Rico und Mona, welche mit ihren Familien und schlechten Noten in der Schule zu kämpfen haben. In dem Buch wird verdeutlich, wie wichtig es ist, auch in schwierigen Situationen wieder zueinander zu finden. Thematisch ist das Prinzip einer "Welteroberung" mit Sicherheit nichts neues, aber der Autor kann Ihnen guten Gewissens sagen, dass Sie so eine Geschichte wie diese bestimmt noch nicht gelesen haben!
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Seitenzahl: 230
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Ich danke DIR, dass du dich zum Erwerb dieses Buches entschieden hast und somit dazu beiträgst, dass meine Geschichte bekannter wird. Zudem möchte ich mich beim BoD-Verlag dafür bedanken, dass er jedem / jeder Autor / Autorin die Möglichkeit gibt, sein eigenes Buch kostengünstig zu veröffentlichen. Außerdem danke ich Annika Beerelsmann, welche mir unmittelbar die Zusage für die Veröffentlichung eines Artikels, der in meiner lokalen Zeitung erschienen ist, gegeben hat. Darüber hinaus danke ich Acelya Soylu, welche das Cover für dieses Buch erstellt hat. Zu guter Letzt möchte ich mich bei meinen Freunden und Bekannten, welche mir Hoffnung und Ratschläge mit auf den Weg gegeben haben, bedanken. Falls auch DU schon immer ein eigenes Buch herausbringen wolltest, nimm dir die Zeit und tu es, bevor es zu spät ist!
Kapitel 1: Probleme
Kapitel 2: Noch mehr Probleme
Kapitel 3: Verlust
Kapitel 4: Neuer Mut
Kapitel 5: Arglist
Kapitel 6: Besonderheiten
Kapitel 7: (Monas) Herkulesaufgabe
Vier, fünf, sechs..
Das waren nicht etwa die Lottozahlen, sondern Nadims
Zeugnisnoten.
Fünf, fünf, sechs..
Bei Liane sah es nicht besser aus.
Die beiden gingen in die selbe Klasse, doch hatten eher wenig miteinander zu tun. Anders als man meinen könnte, ging Nadim, wie an jedem anderen Schultag auch, mit normaler Laune nach Hause, wo ihn seine Eltern, Nelia und Hanno, erwarteten. Wobei erwarteten das falsche Wort war. Seine Eltern interessierten sich rein gar nicht für Nadim und somit auch nicht dafür, dass seine Versetzung mal wieder gefährdet war. Das Desinteresse seiner Eltern ging sogar soweit, dass Nelia ihren Sohn, als dieser zur Haustür hereinspazierte, einmal fragte, wer er denn sei und was er von ihr wolle. Und so wurde Nadim auch in diesem Jahr nicht nach seinen Noten gefragt, seine Mutter gab ihm fünfhundert Euro, wie jedes Mal, wenn er ein Zeugnis erhielt, doch nicht etwa als Belohnung, sondern weil Nadim sich etwas ansparen sollte, damit er früh ausziehen könnte und seine Eltern ihn los sein würden. Trotzdem bedankte er sich, ging in sein Zimmer und legte sich aufs Bett. Er schaltete sein Smartphone, es war sehr billig und alt, ein. Auf dem Display sah er eine Nachricht von Liane: „Und?“, stand dort kurz und knapp zu lesen. Das gleiche wie jedes Jahr, schrieb Nadim zurück. „Bei dir?“, schob er nach wenigen Sekunden nach. Liane schickte bloß einen trauernden Smiley zurück, woraus Nadim sich erschloss, dass es nicht gut um Lianes Wohlbefinden bestellt war. Obwohl die beiden nicht sehr viel miteinander zu tun hatten, mochten sie einander dennoch sehr gerne und so erging es Nadim erstaunlich schlecht, als er den trauernden Smiley auf seinem Display erblickte. Er war selbst ein wenig von seiner Reaktion überrascht. „Was ist los?“, hakte er nach, doch er erhielt keine Antwort. „Komisch!“, dachte er sich, denn auch für Liane waren die schlechten Noten nichts Neues. Es wurden sogar schlechte Wortwitze über ihren Namen gerissen, so schwinge sie sich von einer Note zur schlechteren Note, wie eben eine Liane. Auf einmal klingelte Nadims Handy, Liane war dran: „Können wir uns bei dir treffen?“, fragte sie und klang dabei klar und bestimmt. „Ähm, klar, kannst vorbeikommen!“, antwortete er ihr. Sie machte sich direkt auf den Weg, ca. eine halbe Stunde später klingelte es an Nadims Haustür. Sein Vater Hanno öffnete und erblickte ein kleines Mädchen mit pechschwarzen Haaren. „Nanu, wer bist du denn?“, fragte er sie neugierig. „Ich bin Liane und bin mit Nadim verabredet“, gab Liane zu Protokoll. „Ach so, zu dem..“, setze sein Vater an, wobei er das dem extrem negativ betonte, „der ist oben in seinem Zimmer“, fuhr er fort. Liane ging eine lange Wendeltreppe nach oben, dort angelangt taperte sie über einen sehr langen Gang, bis sie an Nadims Zimmer angekommen war. Es war extra weit vom Wohnzimmer des Hauses, in welchem Nelia und Hanno sich die meiste Zeit über aufhielten, entfernt, so dass sie bloß keinen Mucks von ihm hörten. „Hallo!“, begrüßte Liane Nadim kurz und knapp und saß sich in einen klapprigen Stuhl, welcher neben Nadims Bett, was seine Eltern aus dem Sperrmüll hatten, stand. Obwohl Liane gar nicht entgangen sein konnte, dass etwas zwischen Nadim und seinen Eltern nicht stimmte, sprach sie ihn weder direkt darauf, noch auf seine asbach Ausstattung der Möbel an. Sie war klar fokussiert. „Möchtest du vielleicht was Trinken?“, leckere Kekse hab ich auch da?“, fragte Nadim, der zum ersten Mal in seinem ganzen Leben Besuch bekam und nicht so recht wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte. „Also, was ist denn los?“, wollte er Liane gerade fragen, doch da platzte es schon aus dieser heraus: „Nadim, wir müssen die Welt erobern!“ Nadim fing an zu lachen, das konnte nur ein schlecht gemeinter Scherz sein. „Hast du deine Tabletten etwa nicht genommen?“, (Liane hatte vor kurzem Tabletten gegen ihre Unaufmerksamkeit verschrieben bekommen), fragte er sie. „Ich meine es todernst“, sagte sie und guckte ihm dabei so tief in die Augen, dass er sogar ein bisschen Angst bekam. „Wir die Welt erobern? Wie kommst du auf so einen Unsinn?“, stellte er ihr die Frage. „Schau mal Nadim. Jedes Jahr der gleiche Mist, wir sind die Schlechtesten der Klasse und unseren, beziehungsweise deinen Eltern“ – fügte sie mit einem Schluchzen an, ist es scheißegal. Nicht mal unsere Klassenlehrerin, die alte Frau Rudolf glaubt an uns und die macht selbst den größten Flachpfeifen Hoffnung. „Als sie mir heute das Zeugnis überreicht hat, meinte sie zu mir, ich sei verschwendete Lebenszeit für sie.“ Das machte Nadim wirklich betroffen. Trotz seiner miserablen Noten mochten die meisten Lehrer Nadim, eventuell hatten sie jedoch auch einfach nur Mitleid wegen seiner Eltern mit ihm. „Was? Sowas kann die alte Schrulle doch nicht zu dir sagen!“, stellte er entsetzt fest und ahnte, worauf Liane hinauswollen könnte. „Niemand, aber auch wirklich niemand glaubt an uns Nadim, die haben uns schon längst abgeschrieben. Wenn wir unser Schicksal nicht selber in die Hand nehmen, landen wir auf der Straße oder, oder, oder noch viel schlimmer….
Bei der Müllabfuhr!“ Beide brachen in schallendes Gelächter aus, selbst in den größten Krisenzeiten behielt sich Liane ihren unverkennbaren Sinn für Humor bei, was Nadim sehr an ihr bewunderte. Nachdem sie sich wieder einigermaßen von ihrem Lachflash erholt hatten, wurde Liana wieder ernst. „Wir müssen selbst aktiv werden, wir müssen allen zeigen, dass sie falsch liegen und dass wir es draufhaben“, ...
„Wie Zahnbelag!“ Wieder kicherten sie zwei Minuten lang, schöne Momente waren schließlich äußerst selten in ihrem Leben. Doch nun kamen sie tatsächlich wieder zum Thema und überraschenderweise ergriff Nadim das Wort: „Hab schon verstanden, worauf du hinauswillst. Wenn wir nichts dafür tun, wird unser Leben für immer so armselig bleiben und da wir quasi ganz am Boden sind, übertreiben wir direkt und reißen die Weltherrschaft an uns“, analysierte er die vorausgegangenen Worte Lianes äußert gut gelaunt und von ihrer Idee sehr angetan. Liane warf ihm einen fragenden Blick zu. „Bin dabei“, kam von Nadim zurück, als könne er Gedanken lesen. „Perfekt“, freute sie sich. „Aber wie willst du das bitte anstellen, die Weltherrschaft ist ja nicht gerade ein kleines Ziel und wir beide sind bloß zwei vierzehnjährige Kinder, Liane!?“ „Da hast du natürlich vollkommen recht, dass es kein leichtes Unterfangen wird, ist mir klar, jedoch habe ich Hoffnung, wenn ich an Fridolin denke.“ Wieder lachten sie. Fridolin war das Oberhaupt des Landes, in dem sie lebten. Er war enorm verpeilt und ein riesiger Tollpatsch. Zudem litt er an einer ungeheuren Fresssucht. Das ganze Land lachte über ihn, so hingen in den öffentlichen Verkehrsmitteln witzige Karikaturen von ihm und zu Karneval konnte man sogar ein „Fridolin-Kostüm“ kaufen und so für einen Tag in seine Rolle schlüpfen. „Das ist ja schön und gut, aber wie genau soll uns das bitte bei unserem Plan von Nutzen sein?“, war Nadim kritisch. „Naja, wenn wir es irgendwie schaffen würden, in sein Amt zu gelangen“, versuchte Liane zu überzeugen, doch sie sah schon an Nadims Blick, dass er das für vollkommen verrückt hielt. „Ich weiß, dass das nicht einfach werden würde, aber schlaf mal eine Nacht darüber und dann meldest du dich morgen bei mir!“, verblieb sie und machte sich auf den Heimweg. An diesem Tag war Nadim noch bis spät in die Nacht wach und nachdem er mit sich selbst hin und her gerungen hatte, entschied er sich. „Moin Liane, bin dabei!“, tippte er am nächsten Morgen auf sein veraltetes Handy und rundete das ganze mit einem lachenden Emoji ab. „Feier ich“, schrieb diese in Jugendslang zurück. Die beiden vereinbarten einen weiteren Termin, um Vorbereitungen für ihr großes Ziel zu treffen. Während all das passierte saß Rico im vornehmen Speisezimmer seiner Großeltern und schlürfte aus einem Echtgoldlöffel Suppe. „Du solltest dich echt glücklich schätzen, Rico! Hast hier alles was du brauchst, ich verstehe nicht, warum du nicht zu deiner Mutter oder deinem Vater gegangen bist, als diese sich getrennt haben, beides sehr tolle Menschen, wenn du mich fragst. Aber stattdessen quälst du mich und deine gute Oma Liesbeth“, sagte sein Opa Konrad zu ihm. „Wir wollten einfach nur in Ruhe sterben und dann schlägt auf einmal das Jugendamt hier auf und zwingt uns, dich Blage aufzunehmen“, ließ er Rico hasserfüllt wissen. Nachdem Ricos Eltern sich vor einigen Jahren trennten, konnte er sich für keinen Elternteil entscheiden und beschloss lieber bei seinen Großeltern wohnen zu wollen. Ein fataler Fehler, wie sich herausstellte. Jeden Tag wurde er, vor allem von seinem Opa Konrad, aufs übelste fertiggemacht, an jeder Kleinigkeit wurde ihm die Schuld gegeben. Rico war seelisch komplett zerstört, doch er wollte nicht, dass sein Opa dies mitbekam und sich daran ergötzt, daher blieb er standhaft, bis er abends in sein Zimmer ging, wo er jedes Mal anfing zu weinen. Das ging jetzt schon seit knapp zwei Jahren so. Auch an diesem Tag nahm alles seinen gewohnten Lauf, doch nachdem er fertig geweint hatte, legte er sich, anders als sonst, nicht direkt in sein Bett, sondern holte ein Blatt Papier aus einer Schublade hervor. Er schrieb: „Ich muss hier weg.“ Rico wurde zum ersten Mal klar, in was für einer beschissenen Situation er war, die Luxusausstattung seines neuen Kinderzimmers, es verfügte über ein hochwertiges Wasserbett, sowie die neueste Spielkonsole, hatte ihn anfangs darüber getäuscht. Doch nun hielt es Rico einfach nicht mehr aus, er holte zwei weitere Blätter hervor und schrieb auf beide einen komplett identischen Text. Es war ein Brief, den er je einmal an seine Mutter und an seinen Vater adressierte. Er schlich sich noch in dieser Nacht aus dem Haus, um die Briefe zum nächstgelegenen Briefkasten zu bringen, so wichtig war ihm die Angelegenheit. Hier der Brief von Rico:
„Hallo Mama / Papa,
ich halte es hier einfach nicht mehr aus. Meine Großeltern terrorisieren mich jeden Tag, vor allem Konrad macht mir das Leben zur Hölle. Ich weiß, dass ich dich enttäuscht habe, als ich damals nicht mit zu dir gezogen bin. Ich wusste einfach nicht, was richtig und was falsch ist, aber das hier war definitiv der größte Fehler meines Lebens. Bitte antworte mir und sage mir, ob ich bei dir wohnen kann. Es würde mir so viel bedeuten.“
Dein Rico
Es dauerte ca. zwei Wochen bis Rico eine Antwort erhielt, im Brief von seiner Mutter hieß es:
„Hallo Rico,
schön mal wieder von dir zu hören. Leider muss ich dir sagen, dass du nicht zu mir ziehen kannst, ich bin mit einem neuen Mann zusammen, der auch schon bei mir lebt. Leider ist hier echt kein Platz für dich, es tut mir so leid. Wenn ich dir irgendwie helfen kann, lass es mich wissen, ich bin immer für dich da.“
Rico freute sich zwar für seine Mutter, doch zugleich war der Brief natürlich auch eine riesige Enttäuschung. Nun ruhte die ganze Hoffnung auf seinem Vater. Dessen Brief folgte nur wenige Tage später:
„Hallo Rico,
es freut mich, dass du mir schreibst. Leider kann ich dir nicht weiterhelfen. Vor einem Jahr hatte ich einen schlimmen Arbeitsunfall, weshalb ich meinen Job aufgeben musste und gezwungen war, in eine Ein-Zimmer-Wohnung umzuziehen. Es hätte mich wirklich sehr gefreut, wenn wir wieder vereint wären, mein Sohn. Ich hoffe, bei Mama klappt es“, schloss er den Brief ab. Jelto, so hieß Ricos Vater, wusste ganz genau, dass er nicht der einzige war, der von Rico einen Brief erhalten hatte. Seine Eltern schätzten es sehr, dass Rico sie beide von ganzem Herzen mochte und so hatte es ihm damals auch keiner übelgenommen, dass er sich für keinen von ihnen entschied, sondern lieber zu seinen Großeltern zog, welche er zuvor bloß ein paar Mal getroffen hatte, weshalb er auch nicht erahnen konnte, welches Schicksal ihm dort blühte. Auch über die schönen Worte seines Vaters freute er sich, doch weiterbringen tat Rico dies nicht. Er fasste einen Entschluss. Diese Nacht würde er von zu Hause abhauen. Am selben Tag trafen sich Nadim und Liane wieder in Nadims Zimmer, da dieses nicht einmal über normales Licht verfügte, zündete er mehrere Kerzen an, die den Raum ausleuchteten. „Und? Wie stoßen wir Fridolin von seinem Thron?“, fragte Nadim neckisch. „Pass auf, ich habe etwas recherchiert und herausgefunden, dass nächste Woche wieder die Wahl in unserem Land stattfindet“, sagte Liane. „Ja und? Es wird eh jedes Jahr der Idiot Fridolin gewählt, da sich nie jemand anders aufstellen lässt und die Leute jemanden haben wollen, über den sie lachen können“, antwortete Nadim. „Genau das ist der Punkt, es lässt sich nie jemand außer Fridolin aufstellen, doch in diesem Jahr wird alles anders sein.
Wir beide treten als Duo gegen ihn an!“, schlug Liane euphorisch vor. „Du bist ja vollkommen durchgeknallt!“, dachte sich Nadim nur. „Ich weiß, dass hört sich erstmal total behämmert an, aber ich habe mich sehr gut informiert. Vor der Wahl finden Wahlkampagnen statt, bei denen man versucht, die Bürger für sich zu gewinnen, also, dass sie dir deine Stimme geben. Bei der Wahl brauchen wir dann bloß mehr Stimmen als Fridolin und schon gehört dieses Land uns!“, sprach Liane. „Das hört sich zwar sehr einfach an, aber ich glaube du vergisst, dass Fridolin, obwohl er der größte Volldepp ist, den das Universum je gesehen hat, von den Leuten hier als eine Art Kultfigur angesehen wird. Es würde ihnen nicht gefallen, wenn er auf einmal von der Bildfläche verschwinden würde!“, entgegnete Nadim ihr. „Da hast du vollkommen Recht, Nadim, deswegen habe ich mir was ausgedacht. Unser lieber Herr Fridolin leidet ja bekanntlich an einer dezenten Fresssucht“, sagte sie belustigt. „Deswegen bestechen wir ihn einfach, indem wir ihm Süßes versprechen, wenn er nicht zur Wahl antritt und wir somit gewinnen werden. Das würde zwar bei keinem anderen Menschen auf diesem Planeten funktionieren, aber Fridolin ist so hohl, glaub mir“, versuchte sie Nadim zu überzeugen. Lianes Vermutung war gerechtfertigt, Fridolin war der Inbegriff eines Tollpatsches, er blamierte sich regelmäßig bei öffentlichen Auftritten, wenn er zum Beispiel eine Rede halten sollte und zugeben musste, dass er keine Rede vorbereitet habe, weil er schlicht vergessen hatte, dass er eine halten sollte. Oder ein anderes Mal, als er drei Bleche Kuchen in sich hineinschob, während er ein Meeting mit dem Oberhaupt eines anderen Landes hatte und eigentlich wichtige Themen mit diesem diskutieren sollte. „Na gut, probieren können wir´s ja“, ließ sich Nadim auf den Vorschlag ein. „Aber wie genau willst du das anstellen?“ Liane riss ein Blatt Papier aus Nadims Collegeblock, welcher aus einem Wirrwarr von losen Zetteln, sowie Sachen, die überhaupt nicht darein gehörten, bestand. Sie fing an zu schreiben:
„Sehr geehrter Herr Fridolin,
ich bin Liane und neben mir sitzt mein Kumpel Nadim. Wir beide bewundern ihren eifrigen Einsatz für unser Land sehr und wissen, dass sie wirklich alles geben, damit es uns hier gut geht. Bald steht ja wieder die Wahl an und da wir uns gedacht haben, dieses Jahr selbst antreten zu wollen, möchten wir ihnen einen Vorschlag unterbreiten: Wenn Sie dieses Jahr nicht kandidieren und uns den Vortritt lassen, versprechen wir Ihnen hoch und heilig, dass wir Ihnen bis zu Ihrem Lebensende – wir hoffen natürlich, dies tritt niemals ein, Süßwaren, Schokolade und Gebäck jeglicher Art und in scheinbar endloser Menge zuschicken.“ Nadim und Liane dachten sich nur: „So blöd kann nicht mal der sein.“ Sollten sie recht behalten? Ein paar Straßen weiter war ein großer Friseursalon, hochmodern und alles schien einwandfrei. Die Mitarbeiter waren top gestylt und alle Kunden guckten gut gelaunt. Nur eine Person passte nicht ins Bild. Neben einer hochgewachsenen, stämmigen Frau, ihres Auftretens nach die Chefin des Ladens, fand sich ein junges Mädchen, kaum älter als dreizehn Jahre, welches gerade dabei war einer Kundin die Haare zu waschen. Im Gegensatz zu den anderen Mitarbeiterinnen war Mona, so hieß das Mädchen, nicht zum Lachen zu Mute. Sie guckte ziemlich finster drein und bei genauerem Hinsehen konnte man sogar erkennen, dass eine Träne über ihr Auge rollte. Nachdem der Arbeitstag zu Ende ging, schrie die Chefin, welche zugleich ihre Mutter war, sie an und wies sie zu recht. „Was denkst du dir eigentlich dabei? Du bist auch wirklich zu gar nichts zu gebrauchen, die Kunden, die von dir bedient wurden, sahen nachher ja schlimmer aus als vorher! Morgen um kurz vor acht bist du wieder hier, dass das klar ist!“ Mona fuhr mit dem Rad nach Hause, konträr zu ihrer Mutter, welche einen nagelneuen BMW vor dem Salon zu parken wusste. Der Mutter, Kornelia, war es angeblich zu umständlich Mona mit zu nehmen, dies würde ja schließlich tagtäglich ganze zwei Minuten ihrer kostbaren Lebenszeit in Anspruch nehmen, das rechne mal bitte einer hoch! In Wahrheit hasste sie Mona aufs Übelste, sie gab ihr die Schuld dafür, dass ihr süßer Chihuahua vor einigen Jahren gestorben war. Mona hätte ihn zu wenig gefüttert, als sie mit ihrem Lover im Urlaub war, so der Vorwurf. Totaler Quatsch. Der Hund war bereits ungewöhnlich alt für seine Art geworden und sein Ableben war schon lange nur noch eine Frage der Zeit. Aber das interessierte Kornelia nicht, so suchte sie die Schuld bei Mona, welche dies permanent zu spüren bekam. Als Mona in die Pedalen ihres Drahtesels trat und endlich einen klaren Kopf hatte, gingen die Gedanken mit ihr durch. „Es kann so nicht weitergehen, was mache ich hier, wieso lasse ich mir bitte so eine Scheiße gefallen?“, fluchte sie lautstark, weshalb die Menschen sie verwirrt anstarrten. „Ja, guckt ihr nur. Morgen werde ich ganz sicher nicht in diesen Drecksladen gehen, morgen haue ich ab!“ Ein Vorhaben mit welchem sie nicht alleine war, auch Rico, dessen Hoffnungen in seine Eltern sich als vergeblich entpuppten, musste umdenken. „Wenn ich weder zu Mami, noch zu Papa kann, dann geh ich halt allein wohin und richte mich dort ein. Bloß kann ich mir keine Wohnung leisten, habe ja keine Moneten“, grübelte er vor sich hin. Auf einmal fiel ihm ein, dass seine Oma ein zusammenfaltbares Zelt besaß, welches sich im Keller der Familie befand. Schnurstracks ging er hinunter und nahm es mit in sein Zimmer, wo er es in einem Rucksack verstaute. In diesen legte er noch ein paar weitere Sachen, wie Trinkflaschen, Kleidung und was er sonst noch so als nützlich empfand. Diese Nacht sollte es soweit sein. Er würde aus der Festung, so nannte er das Haus, welches durch strenge Sicherheitsvorkehrungen geschützt war, ausbrechen. Mitten in der Nacht stand er auf und vergewisserte sich, dass seine Großeltern am Schlafen waren. Als er sich darin bestätigt sah, schwang er den Rucksack über seine Schulter und schlich über die lange Wendeltreppe in den Eingangsbereich. Zwar verfügte das Anwesen über eine Alarmanlage, jedoch konnte die ihm als Anwohner nichts anhaben, da sie nur bei fremden Personen reagierte. Auch die versteckten Videokameras waren kein Hindernis, daher wunderte es Rico sehr, als er plötzlich Schritte hinter sich hörte, nachdem er die ersten zwei Meter auf Freiheitsboden, wie er liebevoll alles außerhalb des Hauses nannte, getan hatte. Aus dem Augenwinkel erblickte er seinen Opa Konrad. Er schien irgendwas in der rechten Hand zu halten, jedoch dachte sich Nadim, er solle einfach so schnell es geht davonlaufen. Nach wenigen Metern hatte es sich mit seinem Plan erledigt. Er lag am Boden, Blut lief qualvoll aus ihm heraus und er schnappte nach Luft. Sein Opa hatte tatsächlich auf ihn geschossen! Von dem lauten Knall erschrak sich seine Oma Liesbeth, welche sofort vors Haus eilte und Nadim dort liegen sah. Sie warf ihrem Mann einen entsetzen Blick zu und alarmierte sofort einen Krankenwagen, welcher zum Glück sehr schnell eintraf und Rico mitnahm. Im Hospiz angekommen, wurde direkt eine Notoperation an Rico durchgeführt. Er war gerade nochmal so davongekommen, zwei Minuten später und er wäre nicht mehr, erklärte ihm die Ärztin, Natalia, als Rico sich von dem Schock erholt hatte. Wie es denn zu so einem grausamen Ereignis kommen konnte?, wollte sie wissen. Rico überlegte, was er ihr erzählen sollte, schließlich entschied er sich dazu die ganze Story rauszuhauen. „Vor circa drei Jahren haben sich meine Eltern getrennt, ich wusste nicht, ich wusste nicht, wohin mit mir“, sprach er leise. Die Krankenschwester fasste seine Hand, um ihn zu beruhigen. „Also bin ich zu meinen Großeltern gezogen, die haben ein echt tolles Haus!“, sagte er, aber merkte dabei schnell, dass es ihm um was ganz anderes ging. „Meine Großeltern hassen mich, zumindest Konrad, mein Opa, er hat auf mich geschossen. Wäre meine Oma nicht gewesen, wäre auch kein Krankenwagen alarmiert worden“, sagte er und weinte dabei übers ganze Gesicht. Die Ärztin zeigte sich sehr betroffen. „Oha, das tut mir echt megamäßig Leid, aber auch wenn dein Opa dich hasst, ist das doch kein Grund auf dich zu schießen?“, bohrte sie vorsichtig nach. Nadim zuckte nur mit den Schultern. „Hm, feststeht, dass du nicht wieder zu deinen Großeltern zurückkannst, zudem dein Opa seine Zeit wohl bald hinter Gitterstäben verbringen wird“, sagte die Krankenschwester. „Geschieht dem Griesgram recht!“, freute sich Rico einen Ast ab. Die Schwester lächelte ihn an. Er lächelte zurück. „Nun hast du nochmal die Wahl zwischen deinem Mutter und deinem Vater“, versuchte sie ihm Mut zu machen. „Ich kann weder zu Mama, noch zu meinem Dad“, schluchzte Rico. „Aber wieso denn nicht?“, lautete die verwunderte Antwort. „Nun ja, ich wollte gestern, als ich von meinem Opa angeschossen wurde, aus der Festung fliehen.“
„Festung?“, fragte Natalia. „Ja, so nenn ich das Zuhause meiner Großeltern, weil es die pure Hölle für mich ist“, erklärte er ihr.
„Vor meinem Versuch abzuhauen, habe ich bereits meinen Eltern je einen Brief geschrieben und gefragt, ob ich bei ihnen wohnen könnte.“
„Und?“, wollte die Krankenschwester wissen. „Negativ, sowohl bei Mama, als auch bei Papa!“, sagte Rico leicht genervt. „Aber wo wolltest du denn hin?“, kam Natalia die Frage in den Sinn. Nadim blieb still. „Keine Ahnung, einfach nur weg!“, antwortete er dann. „Hör mal Nadim, ich habe eine Idee, aber ich weiß nicht, ob sie dir gefallen wird“, sagte Natalia zögerlich. „Immer raus damit!“, wurde sie von Rico gut gelaunt aufgefordert, ihre Eingebung doch bitte Preis zu geben. „Also es ist so, aber das ist wirklich nur ein Vorschlag, wenn du möchtest könntest du mit zu mir ziehen. Ich wohne nämlich alleine und sehne mich sehr nach Gesellschaft.“ Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken sagte Rico: „Na klar.“ Die junge Ärztin war ihm überaus sympathisch und sie machte einen sehr humanen Eindruck auf ihn. „Nimmst du mich grad auf den Arm?“, konnte diese es nicht glauben, aber nachdem Rico die Worte: „Nein, ganz und gar nicht, sie sind mega nett zu mir und überall ist es besser als bei meinen Großeltern!“, zu ihr sagte, wusste sie, dass er es ernst gemeint hatte. „Oh, wie süß von dir!“, zeigte sie sich sichtlich begeistert und umarmte Rico. Die beiden wussten sofort, dass es mit ihnen passen würde. „Es gibt da bloß ein Problem Rico. Damit du bei mir wohnen darfst, benötigen wir die Zustimmung deiner Eltern, sowie damals, als du zu Opa Konrad und Oma Liesbeth gezogen bist.“
„Ach, kein Problem!“, zeigte sich Rico zuversichtlich. Er rief gleich seine Eltern an, am nächsten Tag kamen diese vorbei. Rico erzählte die Geschichte, von seinem gescheiterten Fluchtversucht, dass Konrad auf ihn geschossen hatte, er notoperiert werden musste und diese Ärztin mit dafür verantwortlich sei, dass er noch am Leben war. Anfangs schienen sie wenig begeistert von der Idee Rico könne doch einfach zu einer Krankenschwester ziehen, die sie noch nie zuvor gesehen hatten, aber nachdem sie merkten, wie gut die Harmonie zwischen den Beiden war, stimmten sie letzten Endes zu. So zog er zu ihr in die Stadt.
Es war jene Stadt, in der auch Nadim und Liane wohnten und so traf er am ersten Schultag nach den Herbstferien auf die Zwei. „Hey, was geht bei dir?“, fragte Nadim seinen neuen Mitschüler in der ersten großen Pause. „Nicht viel!“, meldete sich dieser zurück. „Liane und ich treffen uns nachher, hättest du vielleicht auch Lust zu kommen, Rico?“
„Klar gerne!“, freute er sich. Am Abend trudelten Rico und Liane bei Nadim ein, verdutzt stellte Rico fest: „Deine Eltern scheinen sich ja nicht grad um dich zu sorgen.“ Er hatte bemerkt, dass Nadims Mutter ihn nicht mal fragte, was er denn hier wolle. „Da hast du allerdings recht, aber du hast es sicher besser, oder Rico?“
„Das ist sehr kompliziert!“, fiel dessen Antwort äußerst knapp und wenig sagend aus. „Was meinst du?“, wollte Liane wissen. Aber ihr neuer Mitschüler schwieg. „Hat Fridolin schon geantwortet?“, platzte es neugierig aus Liane heraus. Es war bereits knappe zwei Monate her, dass sie den Brief aufgesetzt hatten. Fridolin war dafür bekannt, sich mit allem viel zu lange Zeit zu lassen. Ebenso hatte er keine Sekretärin, sondern bestand darauf sämtliche Post selber aufzumachen, da es sich ja um hochwichtige Angelegenheiten meiner treuen Mitmenschen, welche niemals so viel Süßes wie ich verspeisen werden, wie er es formulierte, handeln könnte. Tatsächlich war das Land, in dem die Kinder lebten, in einem ziemlich erbärmlichen Zustand. Viele Menschen fanden keine Arbeit und es regnete den ganzen Tag in Strömen, da Fridolin das Wetter durch einen Goldring, welchen er an seinem Zeigefinger trug, bestimmen konnte und es lustig fand beim Kuchen verputzen aus seinem überdimensionalem Esszimmer der Bevölkerung zuzusehen, schlecht gelaunt durch den Regen zu laufen. Es war wirklich sonderbar, dass die Leute so viel für ihren Big Boss (so stand es jedes Jahr aufs Neue auf seinen Wahlplakaten: „Wählen Sie Ihren Big Boss!“) übrighatten, wobei dieser doch de facto ein ziemlicher Idiot war. Paradoxerweise war aber wohl genau dies der Grund für seine Beliebtheit. Die Menschen fanden ihn einfach urkomisch und machten zu jeder Zeit, an allen Orten, Witze über Fridolin. Auf einmal kam Nadims Vater hoch und sagte nur: „Nadim, hier ist ein Brief für dich gekommen!“ Er warf den Brief auf Nadims klappriges Schlafgemach. „Der ist ja gar nicht richtig frankiert, aber da, er ist tatsächlich von unserem guten alten Fridolin!“, jubelte Nadim, als er den Namen des Absenders erblickte. „Big Boss!“, stand dort. „Der weiß ja nicht mal, wie man einen Brief richtig frankiert!“, lachte sich Rico dermaßen schlapp, dass er die anderen beiden ansteckte und diese ebenfalls in Gelächter ausbrachen. „Mach mal auf!“, befahl Liane Nadim. Nadim las vor:
„Liebe Kinder,
ich freue mich sehr, dass ihr mir schreibt. Da ich weiß, dass ihr, wie sollte es auch anders sein, meine allergrößten Fans seid, lade ich euch herzlich ein, mit mir am nächsten Wochenende, nun ja, sagen wir mal Sonntag, da habe ich noch nichts zu tun (Fridolin hatte nie was zu tun) einen riesigen, mehrstöckigen Sahne-Kirsch-Schokoladen Kuchen zu verzehren, natürlich von mir selbst gebacken.“
Liebe Grüße
Fridolin(BB)