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Das als chaotisch und irrational wahrgenommene Verhalten von Borderline-Persönlichkeiten zeigt eine bestechende Logik, sofern die "Spaltung" als hervorstechendstes Merkmal konsequent Beachtung findet. Im Umgang mit Borderliner:innen leugnet geradezu die ganze Gesellschaft das, was sie durch die Komplexität des Störungsbildes überfordert: Bindungs- und Beziehungsunfähigkeit, Hochfunktionalität und fehlende Heilbarkeit. Schonungslos deutlich setzt sich dieses Buch mit gängigen Vorurteilen und Fehleinschätzungen bezüglich der Borderline-Persönlichkeitsstörung auseinander und bietet Unterstützung für jene, die Betroffene begleiten – weil Partner, Freunde, therapeutische Begleiter und Helfer sowie vor allem Kinder von Betroffenen ein Recht auf Verstehen, Klarheit und Orientierung haben.
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Seitenzahl: 311
Veröffentlichungsjahr: 2025
Impressum
Widmung
Vorwort
1 Borderline: Ursachen, Symptome und Diagnostik
2 Borderline kommt selten alleine – komorbide Störungen
3 Symbiotische Beziehungen – Risiken und Nebenwirkungen
4 Die Borderline-Systemik
5 Das Drama der kollektiven Co-Abhängigkeit
6 Irrtümer und Vorurteile
7 Fragen und Antworten
Ein persönliches Nachwort
Eine authentische Geschichte
Danksagung
Hilfe für Betroffene und Angehörige
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Cover
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
© 2025 novum publishing gmbh
Rathausgasse 73, A-7311 Neckenmarkt
ISBN Printausgabe: 978-3-99130-938-3
ISBN e-book: 978-3-99130-939-0
Lektorat: naku
Umschlagfoto: Velazquez77 | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
Innenabbildungen & Autorenfoto: Manuela Rösel
www.novumverlag.com
Widmung
Für Ronny
1991–2020
in liebevoller Erinnerung
Vorwort
Seit vielen Jahren arbeite ich mit Angehörigen von Borderline-Persönlichkeiten. Mit Erwachsenen oder auch heranwachsenden Kindern von Betroffenen, deren Partnern, Geschwistern, Eltern oder Freunden. Diese Menschen wuchsen zum Teil in Familiensystemen auf, die durch die tiefgreifende Bindungsstörung Borderline geprägt wurden, und/oder fanden sich in eigenen späteren Beziehungen in einer solchen Konstellation wieder. Sie alle kennen den „Eiertanz“ – die permanente, in der Luft liegende Spannung, verbunden mit der beständigen Angst, dass das nächste Wort, die nächste nicht vorhersehbare und unvermeidliche Frustration eine vernichtende Eskalation zur Folge haben kann.
Um einen sich selbst schützenden Umgang mit den zumeist bedrohlichen Ausbrüchen und Dramen „ihrer“ Borderline-Persönlichkeit zu finden, nutzen die meisten Angehörigen kindliche Überlebensstrategien. Sie ignorieren – aus Angst vor der oft unvermeidlichen Eskalation – Übergriffe und Provokationen. Sie verhalten sich defensiv, zurückhaltend und vermeidend.
Da sitzt er, mitten im Raum und diesen für sich allein beanspruchend: der „Elefant“, unübersehbar und präsent. Niemand kommt an ihm vorbei. Er beansprucht die Lebensenergie all der Menschen, die ihn umgeben, ohne in der Lage zu sein, auch diesen einen eigenen Raum für deren eigene Gefühle und Bedürfnisse zuzugestehen.
Und diese versuchen, ihn zu übersehen und möglichst nicht authentisch und realitätsbezogen zu korrigieren, was an Konflikten und Dramen inszeniert wird. Sie leugnen das Offensichtliche und benennen nicht, was benannt werden sollte. Weil sie es oft weder zuordnen noch verstehen können. Zu übermächtig sind das von Betroffenen oft geschaffene Chaos und die lähmende Verwirrung, in der sich Angehörige oft wiederfinden; zu groß deren Selbstzweifel, zu klein ihr Vertrauen in die eigene Wahrnehmung und das Wissen um die Richtigkeit des eigenen emotionalen Erlebens. Aus der Erfahrung heraus, dass jede authentische und offene Haltung ein vernichtendes Drama auslösen kann, haben sie gelernt, sich zu schützen, indem sie Konfrontationen vermeiden. Sie verhalten sich so zumeist co-abhängig, womit sie nicht nur sich selbst schaden, sondern auch dem/der Betroffenen an ihrer Seite. Diese/r hat so weder eine Chance auf ehrliche Reflexion noch auf eine Korrektur seiner/ihrer oft verzerrten, verantwortungsabweisenden Realität. Das Störungsbild wird so nicht nur gestützt, es erfährt auch Bestätigung.
Nur ein familiensystemisches Thema oder doch auch ein gesellschaftliches?
Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Bild der Borderline-Persönlichkeitsstörung nehme ich als extrem verzerrt und mangelhaft wahr. Ein Bewusstsein für die Hochfunktionalität der Betroffenen, die sich durchaus beeindruckend erfolgreich und sozial kompetent darstellen können, scheint nicht zu existieren. Schwerwiegende antisoziale und hochtoxische Verhaltensmuster der Betroffenen werden, selbst wenn diese offensichtlich sind, ignoriert, banalisiert, fantasiereich in einen positiven Kontext gesetzt oder auch einfach den Angehörigen zugeschrieben. Die typisch co-abhängige, vermeidende und ignorierende Haltung findet sich in von Borderline geprägten familiären Systemen ebenso massiv wie im gesellschaftlichen Umgang mit dem Störungsbild.
Sozialpädagogen, Verfahrenspfleger, Familienrichter, Berater und selbst klinische Helfer wie Psychiater, Psychotherapeuten und Sachverständige haben oft kaum oder gar keinen Zugang zu den der Borderline-Störung zugrunde liegenden spaltenden Mechanismen. Eine Orientierung erfolgt ausschließlich an den diagnostischen Manualen. Diese stellen pathologische Auffälligkeiten zwar dar, leugnen aber das hochtoxische Muster der Spaltung und deren Konsequenzen gänzlich.
Und so scheint die Borderline-Persönlichkeitsstörung in ihrer hochfunktionalen Ausprägung ein gigantisches Tabu darzustellen.
In diesem Buch setze ich mich vor allem mit den scheinbar irrationalen Verhaltensmustern von Borderline-Persönlichkeiten auseinander: dem sich übertragenden Chaos aus Widersprüchlichkeit und schizophrener Erwartung, der hochemotionalen Instabilität, die jeden, der der Symbiose nachgibt, in die schmerzvolle Welt der Borderline-Störung hineinzieht. Die sich daraus ergebende Lähmung kann nur durch Verstehen und Differenzierung aufgehoben werden.
Als äußerst kritisch betrachte ich dabei die aktuellen Kriterien der diagnostischen Manuale, welche zum einen weder ein Verstehen des pathologisch-irrationalen Verhaltens ermöglichen noch die schwerwiegende Bindungsstörung erkennen lassen, die eine Borderline-Störung ausmacht. Im Gegenteil, sie führen zu Fehl- und Vorurteilen und verschleiern das Störungsbild erheblich.
„Borderliner“, das sind doch die, die sich ritzen, die ihre Gefühle nicht kontrollieren können, die Drogen oder Alkohol konsumieren und sich auffällig und erkennbar dissozial verhalten.
Ist das tatsächlich so?
Die sich aus derartigen Klischees ergebenden Rückschlüsse und Konsequenzen im Familienrecht oder auch in der Begleitung Betroffener und deren Angehöriger in Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen nehme ich als katastrophales Versagen helfender Instanzen wahr. Urteile, Entscheidungen oder „Rat-Schläge“ haben so oft verheerende Folgen – vor allem für involvierte Kinder, welche auf die Kompetenz helfender Instanzen angewiesen sind und so oft zu Opfern inkompetenter Beratung werden.
Folgen Sie mir in die Welt der „projektiven Identifikation“. Lernen Sie die Mechanismen der Spaltung und der schizophrenen Bindung zu verstehen. Lassen Sie sich von meiner Erschütterung über Fehlurteile oder Ratschläge, die Angehörige noch handlungsunfähiger machen, anstecken. Ich möchte mit meinen folgenden Ausführungen dazu beitragen, scheinbar Unverständliches verstehen zu können, Vorurteile und deren toxische Wirkung aufzuheben, Orientierung zu ermöglichen und das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung zu stärken.
Aus der Lähmung in die Handlungsfähigkeit!
Manuela Rösel, im Frühjahr 2025
Die Namen der Personen, die mir ihre authentischen Erfahrungen für dieses Buch zur Verfügung gestellt haben, sind verfremdet. Eine Namensgleichheit kann ausgeschlossen werden.
