Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten (Fachratgeber Klett-Cotta) - Ursula Wawrzinek - E-Book
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Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten (Fachratgeber Klett-Cotta) E-Book

Ursula Wawrzinek

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Beschreibung

Gleich ob im Beruf oder im Privatleben – ganz ohne Konflikte kommen wir nicht durchs Leben. Eine rasche und allseits befriedigende Konfliktlösung wird - so die erfolgreiche Beraterin Ursula Wawrzinek - immer durch die gleichen Muster blockiert. Hier erfahren Sie alles über die typischen Streitfallen und Abwärtsspiralen und wie Sie diese auflösen. - Anders erkennen: das eigene Verhalten und das des Streitpartners besser einschätzen - Anders denken: Grundhaltungen überdenken, den Konflikt steuern - Anders handeln: das Trainingsprogramm zur kräfteschonenden und kultivierten Konfliktlösung nutzen - Anders lösen: Hilfreiches Hintergrundwissen und Lösungsideen. Das Buch wendet sich an: - Alle, die mit Konflikten konstruktiver umgehen möchten - KonfliktberaterInnen - Mediatoren - Coaches

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Seitenzahl: 209

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Ursula Wawrzinek

Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten

Wie Sie Konflikte kreativ lösen

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Besuchen Sie uns im Internet: www.klett-cotta.de

Klett-Cotta

© 2013 by J.G.Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover: istockphoto.com @ Fekete Tibor

Illustrationen: Michael Wirth, 82131Stockdorf bei München

Gesamtgestaltung: Weiß-Freiburg GmbH – Graphik

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-86032-0

E-Book: ISBN 978-3-608-10370-0

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Erleben Sie manchmal Konflikte?

Das Ende einer guten nachbarschaftlichen Beziehung

Teil I Anders erkennen – Das Konfliktgeschehen unter der Lupe

Was ist ein Konflikt überhaupt?

Was bewirken die Gefühle?

Gefangen in der eigenen Sichtweise

Konflikt oder Bedürfnis – worum geht es »eigentlich«?

Das individuelle Konfliktverhalten

Teil II Anders denken – Mit Konflikten umgehen

Konflikte gehören zum Leben

Friedliche Beziehungen gestalten

Keine Frage der Schuld

Meine Welt – deine Welt

Wer ändert hier wen?

Teil III Anders handeln – Konflikte lösen

Test: Welcher Konfliktlösungstyp bin ich?

Den eigenen Standpunkt darlegen

Die Sichtweise des anderen verstehen

Gemeinsam Lösungen finden

Die Kunst der Versöhnung

Der ganzheitliche Konfliktklärungsprozess

Teil IV Anders verstehen – Hintergründe und Ursachen

Rolle und Person – Erwartungen und Reaktionen

Von Mimosen, beleidigten Leberwürsten und sturen Eseln

Persönlichkeitstypen: Ich bin ich und du bist du

Typische Konfliktarten erkennen und klären

Eskalationsstufen: Wenn Konflikte außer Kontrolle geraten

Nachwort

Dank

Quellen und weiterführende Literatur

Informationen zur Autorin

Erleben Sie manchmal Konflikte?

Vermutlich schon. Denn niemand kommt dauerhaft ganz an Konflikten vorbei. Als Konfliktberaterin weiß ich das nur zu gut. Seit beinahe 20Jahren begleite ich Menschen beim Umgang mit schwierigen Konflikten. Im Auftrag von Unternehmen leite ich Seminare zum Thema »Konfliktmanagement«. Die Themen reichen vom Streit zwischen Kollegen, Chef und Mitarbeiter bis hin zu Nachbarschaftsstreits sowie privaten und familiären Konflikten aller Art. Zudem berate ich Firmen bei der Klärung von hoch eskalierten Konflikten, die aus eigener Kraft nicht mehr bewältigt werden können.

Durch meinen Beruf habe ich die besondere Gelegenheit, im Streitfall hinter die Kulissen blicken zu können. Alle Konfliktbeteiligten gewähren mir in Einzelgesprächen einen tiefen Einblick in ihre Sicht- und Erlebensweise und erklären mir die Hintergründe ihres Handelns.

Mit der Zeit fiel mir dabei auf, dass sich bestimmte Phänomene wiederholen. Es sind immer ähnliche Muster, die unsere Konfliktlösung blockieren. In diesem Ratgeber möchte ich Ihnen diese Muster aufzeigen und erklären, woher sie kommen und wie man sie durchbrechen und überwinden kann. In meiner Arbeit bilde ich mit meinen Kunden ein Team, und wir sind dabei richtig gut. Konfliktlösung wird plötzlich erstaunlich leicht, wenn wir die richtige Sicht darauf haben. Meine Kunden bestätigen mir das immer wieder.

Lassen Sie uns in diesem Buch viele spannende und lehrreiche Einblicke in die Welt der Konflikte miteinander teilen. Es ist keine wissenschaftliche Arbeit. Ich berichte über meine Erfahrungen und Lehren aus der Praxis. Aber ich versichere Ihnen: Alles, was ich beschreibe, funktioniert, wenn man sich ernsthaft bemüht, es umzusetzen. Die Methoden haben meine Kunden und ich selbst bereits vielfach erfolgreich in der Praxis angewendet.

Zum Thema und über das Buch

Die Fragestellung, wie wir erfolgreich mit unseren Konflikten umgehen können, betrifft jeden Menschen. Es ist ein Lebensthema, denn es wird uns unser gesamtes Leben lang begleiten. Obwohl immer ähnliche Muster rasche Konfliktlösungen vereiteln, ist es nicht einfach, allgemeingültige Lösungsvorschläge zu unterbreiten, die auf jeden unserer Konflikte anwendbar sind. Denn der Teufel steckt im Detail. Jeder Konflikt ist einzigartig und muss für sich betrachtet, bedacht und gelöst werden. Aus meinen Seminaren weiß ich, dass man sehr schnell lernen möchte, wie man seine Konflikte ganz konkret besser lösen kann. In dieser Hinsicht bitte ich Sie um Ihre Geduld. Mein Ziel ist es nicht, Ihnen schnelle, einfache und dadurch auch oberflächliche Lösungen für ein paar ausgewählte Situationen zu geben. Ich biete Ihnen ein Grundverständnis, Wissen und Techniken an, mit denen Sie die Lösungen für Ihre Konflikte kompetent selbst finden können. Dazu leite ich Sie in folgender Weise durch das Buch:

Das erste Kapitel ermöglicht, die wesentlichen Merkmale im Konfliktgeschehen anders als bisher zu erkennen. Im Kapitel zwei geht es darum, die eigenen Einstellungen und Standpunkte zu hinterfragen und anders über die Ereignisse zu denken. Im darauf folgenden Kapitel drei lernen Sie ein konkretes Vorgehen kennen, wie Sie im Konfliktfall in Zukunft anders handeln können. Kapitel vier führt Sie hinter die Kulissen des Konfliktgeschehens und lässt Sie Ursachen und Hintergründe anders verstehen.

Wie ziehen Sie größtmöglichen Nutzen aus diesem Buch?

Machen Sie sich im ersten Schritt bewusst, warum Sie dieses Buch lesen. Was erhoffen Sie sich davon? Was möchten Sie vielleicht verstehen, lernen, können, loswerden, verändern? Bitte nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, um in sich hineinzuhören und aufzunehmen, was Sie ganz aktuell zum Umgang mit Konflikten bewegt. Am besten ist es, wenn Sie sich Notizen dazu machen.

Während des Lesens werden Ihnen immer wieder Situationen einfallen, die Sie entweder selbst erlebt haben oder erzählt bekamen. Halten Sie an solchen Stellen inne und wenden Sie sich Ihren eigenen Erlebnissen zu. Überdenken Sie diese »Geschichten« mithilfe der erhaltenen Impulse neu. Nehmen Sie bewusst auch kleinste Veränderungen in Ihrer Sicht darauf wahr und schreiben Sie diese auch auf. Lesen Sie nach jedem Kapitel Ihre eigenen Fragestellungen und Notizen noch einmal durch. Überlegen Sie, welche Anregungen oder Antworten Sie bislang dazu erhalten haben. Auch hier erzielen Sie den größten Nutzen, wenn Sie Ihre Gedanken dazu aufschreiben.

Mit Herz und Verstand

Zur Lösung unserer Konflikte brauchen wir erst einmal Wissen. Doch unser Wissen allein reicht nicht aus. Wir benötigen zudem

die Bereitschaft, über uns selbst kritisch nachzudenkenden Wunsch, persönlich zu wachsenden Mut, das Gelernte auszuprobierenund letztendlich auch die Bereitschaft, unser Herz zu öffnen.

Oft müssen für eine gute Lösung Schritte gegangen werden, die uns persönlich schwerfallen. Manchmal gilt es, unseren Stolz zu überwinden und z.B. nach Jahren auf jemanden zuzugehen. Ein andermal braucht es die Fähigkeit, einem anderen seine Andersartigkeit ohne Groll zuzugestehen, oder wir müssen bzw. dürfen uns selbst und anderen verzeihen. Manchmal müssen wir eine Herausforderung des Lebens annehmen, um unseren inneren Frieden damit zu finden, anstatt weiter dagegen anzukämpfen.

Eine gute Herzensbildung ist die Voraussetzung für unsere Erfüllung im Leben. Der Lernprozess besteht darin, unser Wissen über den Kopf aufzunehmen, es dann aber weiter bis ins Herz hineindringen zu lassen.

Ich habe mich bemüht, das Buch leicht lesbar zu schreiben. Sie können es dadurch schnell lesen. Das sollten Sie aber nicht, denn die Inhalte sind sehr vielschichtig. Es ist durchaus hilfreich und sinnvoll – gerade wenn Sie sich in einem festgefahrenen oder akuten Konflikt befinden–, das Buch oder einzelne Kapitel mehrfach zu lesen. Sie werden dabei immer wieder neue Impulse aufnehmen und andere vertiefen.

Zu guter Letzt: Hinter manchen Konflikten verbergen sich sehr tiefe Lebensthemen, die nur mit therapeutischer Hilfe gelöst werden können. Dieses Buch kann und will kein Ersatz für Therapie sein. Es möchte als praktischer Wegweiser durch die Wirren eines Konfliktes dienen, Ihnen den einen oder anderen neuen Blickwinkel eröffnen, neue Handlungsmöglichkeiten aufzeigen oder Ihnen einfach zu mehr Gelassenheit verhelfen.

Das Ende einer guten nachbarschaftlichen Beziehung

Erstaunlich, aber wahr – diese Geschichte hat mir eine Freundin erzählt: Claudia Kopp lebt in einem Mehrparteienhaus. Seit vielen Jahren pflegt sie eine gute Nachbarschaft zu dem Ehepaar Holzer. Man begegnet sich freundlich, hält meist ein kleines Schwätzchen und bietet sich in kleinen Dingen nachbarschaftliche Unterstützung an.

An einem Samstagmorgen verlässt Claudia Kopp ihre Wohnung. Sie sieht, dass ihre Nachbarn den Müll offen vor ihre Haustür gestellt haben. Claudia Kopp muss auf dem Weg zum Treppenhaus daran vorbei. Sie hat diese Nacht nicht gut geschlafen, fühlt sich nicht richtig wohl. Im Vorbeigehen dringt der Geruch von fauligen Speiseresten in ihre Nase. Ihr wird übel. Sie ärgert sich, findet es eklig und eine Zumutung.

Spontan klingelt sie bei ihren Nachbarn. Sie will ihnen sagen, dass sie das nicht in Ordnung findet und die beiden ihren Müll doch bitte in ihrer Wohnung abstellen sollen. Michael Holzer öffnet die Tür, sieht sie, lächelt freundlich wie immer. Claudia Kopp sagt: »Könnten Sie Ihren Müll bitte in Ihrer Wohnung abstellen. Das stinkt ja eklig.« Das Gesicht von Michael Holzer verdunkelt sich. Er murmelt »hm« und schließt die Tür.

Kurz darauf treffen sie sich im Mülltonnenhaus. Michael Holzer sagt: »Ich bin nicht begeistert von Ihrer Äußerung.« Claudia Kopp antwortet: »Und ich bin nicht begeistert von Ihrem Müll.«

Das war das Ende einer langjährigen guten Nachbarschaft.

Seit drei Jahren grüßen sich die beiden nun nicht mehr. Am Anfang hat Claudia Kopp noch bewusst freundlich gegrüßt. Nachdem Michael Holzer sie jedoch keines Blickes gewürdigt und nicht mehr gegrüßt hatte, sah sie es auch nicht mehr ein.

Und heute sagt sie, sie findet es ganz okay so, wie es jetzt ist.

War es das wert? Da läuft doch was schief!

Aber: Das ist keine besondere Geschichte, es ist eine Begebenheit aus dem Alltag, wie sie sich täglich vielfach abspielt.

An diesem Beispiel bieten sich nun folgende Fragen an:

Wie können sich Menschen aufgrund einer solchen Lappalie dauerhaft verstreiten?Darf ich denn nie mal was Kritisches sagen? Muss ich immer lieb und nett sein?Kann mir mein Nachbar nicht einfach egal sein?Nützt es mir überhaupt, etwas dazugelernt zu haben, solange die anderen nicht auch etwas verstanden haben?

Bestimmt haben Sie zu jeder Frage eine Meinung. Doch irgendwie bleibt die Situation nebulös. Wir schütteln den Kopf darüber. Aber eine ähnlich »verrückte« Konfliktsituation kennen wir alle, haben sie selbst erlebt oder in unserem Umfeld beobachtet.

Deswegen wird uns dieses Beispiel durch das Buch begleiten. Wir werden es immer wieder heranziehen, um »die Theorie« darauf anzuwenden. So wird sich der Nebel Stück für Stück lichten, und wir gewinnen eine klare Sicht auf die Situation. Nach eingehender Analyse werden wir die Hintergründe besser verstehen und wissen, wie hier ein dauerhafter Schaden in der nachbarschaftlichen Beziehung zu verhindern gewesen wäre. Dann haben wir uns eine klare Vorgehensweise erarbeitet, wie wir Konflikte kreativ lösen können.

TEIL I

Anders erkennen – Das Konfliktgeschehen unter der Lupe

Konflikte gehören zum Alltag – im Beruf wie im Privatleben. Manche setzen einem ziemlich zu oder schwelen über längere Zeit im Verborgenen. Wenn sich keine »saubere« Lösung findet, dann gibt es »Sieger« und »Verlierer« und dauerhafte Schäden, oder es bleibt zumindest ein ungutes Gefühl zurück. Manchmal ist es uns zunächst gar nicht bewusst, dass wir in einen Konflikt geraten oder schon mittendrin stecken.

All das hat damit zu tun, dass Konflikte oft recht nebulös und vielschichtig sind und damit auch schwierig zu handhaben. Bei Konflikten spielen eine Menge Faktoren eine Rolle. Daher verlieren wir im Strudel der Ereignisse schnell den Überblick darüber, was eigentlich gerade genau geschieht und warum. Konflikte lassen sich erst kreativ lösen, wenn uns bewusst ist, was bei einem Konflikt überhaupt geschieht. Genau darum geht es in diesem Kapitel.

Was ist ein Konflikt überhaupt?

Ist ein Problem dasselbe wie ein Konflikt? Wo würden Sie die Grenze ziehen und was belastet oder beschäftigt Sie mehr? Lassen sich Konflikte in gleicher Weise lösen wie Probleme? Was genau ist dann ein Konflikt?

Konflikte können schleichend entstehen und entwickeln sich oft ohne Absicht aus einer eigentlich recht belanglosen Situation, wie folgendes Beispiel zeigt:

Klaus, Sabine und Alex sind Kollegen. Alex lädt Sabine und Klaus zu einem gemeinsamen Abendessen zu sich nach Hause ein. Aus einer spontanen Laune heraus bekundet er: »Und ihr beiden dürft entscheiden, was ich kochen soll.« Klaus und Sabine wollen noch am gleichen Tag ihr Wunschgericht abstimmen. Klaus schlägt sein Lieblingsgericht vor: Hasenbraten. Sabine erzählt, dass sie Vegetarierin ist. »Ups, das kann ja schwierig werden«, bemerkt Klaus.

Klaus und Sabine sind unterschiedlicher Meinung – das ist bei einem Konflikt immer der Fall. Damit haben die beiden eine erste Zutat für einen Konflikt:

1.Unterschiedliche Meinungen, Interessen, Werte, Ziele oder Bewertungen treffen aufeinander…

Etwas Unterschiedliches trifft also aufeinander. Aber haben Klaus und Sabine damit tatsächlich bereits einen Konflikt?

Nein. Nicht, solange jeder seine Unterschiedlichkeit ausleben kann, wenn also Klaus eine Fleischspeise und Sabine ein vegetarisches Gericht bekommen kann.

Klaus schlägt vor: »Lass uns Alex fragen, ob er auch zwei Gerichte anbietet.« Darauf angesprochen, meint Alex: »Nein, zwei Gerichte sind mir zu stressig.« Um das Problem zu lösen, schlägt Klaus vor, dass Sabine dann eben nur die Beilagen essen könnte. Aber Sabine findet das langweilig und schlägt ein paar richtig feine vegetarische Gerichte vor. Doch Klaus lehnt immer wieder ab.

Nun haben wir eine zweite Zutat:

2.… und sind nicht gleichzeitig miteinander vereinbar.

Jetzt kann nicht mehr jeder seine Unterschiedlichkeit ausleben. Erste Grundvoraussetzungen für einen Konflikt sind geschaffen, doch wir brauchen noch ein paar weitere Zutaten.

Bei der weiteren Diskussion erzählt Sabine, warum sie Vegetarierin geworden ist, und Klaus erzählt, dass er am liebsten Fleisch isst und dass er mit dem ganzen Grünzeug nichts anfangen kann.

Hier zeigt sich die nächste Zutat:

3.Beide fühlen sich im Recht.

Klaus meint, Sabine solle sich doch nicht so querlegen und einfach mal eine Ausnahme machen. Schließlich sei Fleisch ja nicht giftig. Das kommt für Sabine überhaupt nicht infrage. Sie isst seit 15Jahren ausnahmslos vegetarisch und wird ganz sicher kein Fleisch essen. Sie argumentiert, dass Klaus doch gut eine Ausnahme machen könnte und auch mal offen für etwas Neues sein sollte. Aber Klaus sieht nicht ein, warum Vegetarier so viel Macht haben sollten, dass wegen ihrer persönlichen Vorlieben stets andere darauf Rücksicht nehmen müssen.

Eine nächste Zutat ist erkennbar:

4.Das Thema hat für beide eine hohe persönliche Bedeutung.

Man merkt, dass die beiden nun auf ihren Standpunkten beharren. Scheinbar ist beiden das Thema wichtig. Wäre es nicht so, würde einer nachgeben und sich mit dem Vorschlag des anderen einverstanden erklären.

Langsam bemerken die beiden, dass sie nicht vorankommen und die Gefahr besteht, dass sie sich deswegen in die Haare kriegen. Sie wenden sich deshalb erneut an Alex und bitten ihn zu entscheiden. Aber Alex möchte nicht den Schiedsrichter spielen und bittet die beiden, selbst eine Lösung zu finden. Ansonsten schlägt er vor, das Essen dann lieber ausfallen zu lassen, bevor es zum Streit führt. Den gemeinsamen Abend wollen die beiden jedoch auf keinen Fall ausfallen lassen. Darin sind sie sich einig.

Eine weitere wichtige Zutat zeigt sich:

5.Es bestehen eine gegenseitige Abhängigkeit und ein Handlungsdruck.

Weil beiden der gemeinsame Abend wichtig ist, haben sie einen Handlungsdruck und müssen sich entscheiden. Sie sind dabei voneinander abhängig.

Ohne gemeinsame Zugehörigkeit kein Konflikt

Eine gegenseitige Abhängigkeit besteht immer dann, wenn zwei oder mehr Menschen zu einer Gruppe gehören. Und wenn diese Gruppe eine Zukunft hat. Nur dann wirkt sich ein eventuell entstandener Ärger auch in der Zukunft negativ aus. So teilen wir mit dem Nachbarn die Zugehörigkeit zu einer Hausgemeinschaft, mit dem Kollegen arbeiten wir zusammen in einer Firma, mit allen Verwandten bilden wir eine Familie, unsere Freunde gehören zu unserem Freundeskreis.

Beim Abendessen erzählt Sabine ihrem Freund die Geschichte: »Alex hat Klaus und mich zum Abendessen eingeladen. Er will für uns kochen und wir sollen sagen, was wir essen möchten. Klaus und ich können uns auf kein Gericht einigen, denn Klaus will unbedingt ein Fleischgericht und ich esse ja kein Fleisch. Wir haben heute bestimmt eine Stunde nur darüber diskutiert, aber eine Lösung ist nicht in Sicht. Das ist echt schwer. Ich weiß nicht, wie wir da eine gute Lösung finden sollen.«

Hat Sabine nun einen Konflikt mit Klaus? Was meinen Sie?

Nein, immer noch nicht. Sie hat bislang lediglich ein Problem. Hören Sie im Vergleich, wie es klingen würde, wenn Sabine einen Konflikt mit Klaus hätte:

»Meine Güte, hat mich der Klaus heute genervt. Alex hat Klaus und mich zum Abendessen eingeladen. Er will für uns kochen und wir sollen sagen, was wir essen möchten. Jetzt will Klaus unbedingt Fleisch essen, obwohl er weiß, dass ich Vegetarierin bin. Das ist dem total egal – er meint, ich solle einfach die Beilagen essen. Das finde ich echt eine Unverschämtheit. Was denkt der denn, wie doof ich bin! So ein sturer, egoistischer Esel. Es ist doch selbstverständlich: Wenn einer Vegetarier ist, muss es eben etwas Vegetarisches geben.«

Der Unterschied ist eindeutig – bei einem Konflikt wird die Sache emotional.

Damit haben wir eine wesentliche letzte Zutat für einen Konflikt:

6.Negative Gefühle gegenüber dem Konfliktpartner sind entstanden.

Wenn für Klaus und Sabine aus dem Problem ein Konflikt geworden ist, dann hat mindestens einer während der Auseinandersetzung negative Gefühle entwickelt. Im Beispiel oben reagiert Sabine verletzt, trotzig und wütend.

Probleme sind sachlich lösbar, Konflikte nicht

Solange keine negativen Emotionen im Spiel sind, sprechen wir »nur« von einem Problem. Entscheidend für die Folgen: Probleme lassen sich sachlich lösen! Sie sind möglicherweise schwer zu lösen, aber solange keiner der Beteiligten während der Auseinandersetzung negative Emotionen dem anderen gegenüber aufbaut, werden sie auf alle Fälle in der Lage sein, trotzdem irgendeine Lösung zu finden. Das Wertvolle daran ist, dass beide die Lösung – egal wie sie ausfällt – anschließend akzeptieren werden.

Kommen negative Emotionen ins Spiel, stehen diese einer sachlichen Lösung im Weg. Gegenseitige Verletzung, Schuldzuweisung und Abwertung sind die Folge. Dieses Prinzip gilt sowohl für den Beruf wie für das Privatleben. Daher wird im Folgenden nicht ständig zwischen diesen beiden Bereichen unterschieden.

Und wie kommen Klaus und Sabine weiter?

Variante Problem: Beide verfügen über einen gesunden Menschenverstand und werden irgendwann bemerken, dass sie sich im Kreis drehen. Vielleicht finden sie kreative Lösungswege wie z.B. ausknobeln, losen, jemanden auf der Straße fragen… Möglicherweise tut sich eine völlig neue Lösung auf, an die vorher keiner gedacht hat, z.B. wählen sie ein Gericht, das man problemlos in zwei Hälften zubereiten kann, eine mit und eine ohne Fleisch… Die beiden werden sich auf alle Fälle etwas überlegen, um die Situation aufzulösen.

Variante Konflikt: Beide werden zunehmend von der Uneinsichtigkeit des anderen genervt sein. Sie werden darüber in Streit geraten, sich dabei gegenseitig verletzen und abwerten. Jeder wird sich im Recht fühlen und den Fehler im Verhalten des anderen sehen. Selbst wenn sie sich am Ende auf einen Kompromiss einigen, werden ungute Gefühle bleiben.

Kurz gefasst: Konfliktdefinition

Unterschiedliche Meinungen, Interessen, Werte, Ziele oder Bewertungen treffen aufeinander…… und sind nicht gleichzeitig miteinander vereinbar.Beide Konfliktpartner fühlen sich im Recht.Das Thema hat für beide eine hohe persönliche Bedeutung.Es bestehen eine gegenseitige Abhängigkeit und ein Handlungsdruck.Negative Gefühle gegenüber dem Konfliktpartner sind entstanden.

Das Ende einer guten nachbarschaftlichen Beziehung

Lässt sich diese Konfliktdefinition auf das einleitende Beispiel »Müll« anwenden – haben Claudia Kopp und Michael Holzer einen Konflikt?

1.Unterschiedliche Vorstellungen treffen aufeinander. (Darf man Müll kurzfristig vor die Haustür stellen?)

2.Die Vorstellungen lassen sich nicht gleichzeitig miteinander vereinbaren.

3.Beide fühlen sich im Recht.

4.Offensichtlich hat das Thema für beide eine hohe persönliche Bedeutung.

5.Durch ihre Zugehörigkeit zur Hausgemeinschaft bestehen eine gegenseitige Abhängigkeit und ein Handlungsdruck. (Darf der Müll weiterhin kurzfristig vor der Haustür stehen?)

6.Negative Emotionen sind auf beiden Seiten entstanden.

Ergebnis: Ja, es handelt sich ganz klar um einen Konflikt.

Und was passiert bei einem Streit?

Und was würden Sie nun unter einem Streit verstehen? In einem Konflikt wird immer auch gestritten. Doch bedeutet das im Umkehrschluss, dass ein Streit immer auch ein Konflikt ist? Emotionen sind bei einem Streit mit Sicherheit im Spiel – denken wir nur an streitende Kinder oder auch an Partnerstreit. Doch worum geht es bei einem Streit? Betrachten wir wieder ein Beispiel:

Sie kommt erschöpft und hungrig von einem langen und anstrengenden Arbeitstag nach Hause. Sie hofft, dass er das Essen schon vorbereitet hat. Doch er sitzt mit einem Glas Bier gemütlich vor dem Fernseher. Sie stürzt grußlos in die Küche, bereitet sich ein Brot zu und isst es wortlos am Esstisch. Er kommentiert die angespannte Lage: »Was ist denn dir über die Leber gelaufen?« Sie zischt ihm zu: »Wie gut, dass hier jeder nur an sich denkt.« Daraus entsteht ein heftiger Streit zwischen den beiden.

Bei einem Streit geht es oft nur um alltägliche Reibereien, um Kleinigkeiten. Man regt sich schnell auf, verschafft sich Luft, die Sache wird geklärt. Ein Streit hat nicht immer die Tiefe und Bedeutsamkeit eines Konflikts.

Gerade durch die Nähe im Privatleben kann es leicht zu Streit kommen. So ein Streit hat die Qualität eines reinigenden Gewitters, nach dem die Luft wieder besser ist und die Stimmung sich aufheitert. Manchmal hat man einfach nur Hunger und ist »bissig« und nach dem Essen wieder guter Laune. Um mit solchen Streits erfolgreich umgehen zu können, brauchen wir keine Schulung. Das bekommt man in der Regel schon hin. Schwieriger wird es, wenn sich ein Streit immer wieder am gleichen Thema entzündet. Dann ist es sinnvoll, doch einmal genauer hinzusehen. Ebenso wenn wir merken, dass wir selbst oder unser Streitpartner tiefere Verletzungen daraus zieht. Dies könnten Anzeichen dafür sein, dass es sich doch um einen ernstzunehmenden Konflikt handelt. Das wäre in oben genanntem Beispiel dann der Fall, wenn die beiden sich sehr häufig um Kleinigkeiten zanken oder sie nach diesem kleinen Vorfall zwei Tage lang nicht mehr mit ihm spricht oder bei der Diskussion darüber in Tränen ausbricht. Oder wenn er nach ihrem Kommentar wutentbrannt aufspringt, das Haus verlässt und die nächsten zwei Abende unabgesprochen außer Haus verbringt. Dies wären deutliche Anzeichen für einen tiefer liegenden Konflikt. Mit Menschen, denen wir distanzierter gegenüberstehen, lässt sich meist nicht so ungehemmt streiten. Das sind Nachbarn oder Kollegen – ihnen können wir unsere Emotionen nicht im gleichen Maß zumuten. Ein gutes Beispiel dafür ist das Müllbeispiel aus der Einführung. Diesen Menschen sind wir nicht so wichtig, dass sie bereit wären, uns mit unseren Ecken und Kanten zu »ertragen«. Wenn wir mit ihnen streiten, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Konflikt dahintersteckt oder daraus entsteht, deutlich größer.

Übung

Reflektieren Sie mithilfe unserer Definition (siehe Seite 21) einen eigenen Konflikt. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:

Was sind die unterschiedlichen Positionen in meinem Konflikt? Wie denke ich? Wie denkt der andere?Warum ist mir bzw. dem anderen das Thema so wichtig?Gibt es eine gegenseitige Abhängigkeit? Gibt es einen Handlungsbedarf?Welche negativen Emotionen empfinde ich gegenüber dem Konfliktpartner? Wie empfindet wohl der andere für mich?Was bräuchte es, damit wir mit dieser Unterschiedlichkeit friedvoll nebeneinander existieren können?

Halten wir fest: Das wesentliche Bestimmungsmerkmal von Konflikten sind negative Emotionen, die bei mindestens einem der Konfliktpartner entstanden sind. Solange keine unguten Gefühle im Spiel sind, handelt es sich »nur« um ein Problem – und Probleme lassen sich sachlich lösen.

Tipps:

Versuchen Sie, wo immer möglich, aus einem Problem die Emotionen herauszuhalten.Üben Sie sich im »Sachraufen«. Sie kämpfen dabei engagiert für Ihre Sicht, ohne dabei für die andere Person negative Gefühle zu entwickeln.Beobachten Sie aufmerksam, wann Sie selbst oder Ihr Gegenüber ungute Emotionen zeigt. Reflektieren Sie dann mithilfe der oben genannten Reflexionsfragen die Situation.

Was bewirken die Gefühle?

Die Gefühle sind entscheidend für ein Konfliktgeschehen, denn wenn Emotionen ins Spiel kommen, ist es mit unserem »kühlen« Verstand meist nicht mehr weit her. Eine sachliche Lösung des Konflikts ist damit erst einmal verbaut. Diese Reaktion hat zunächst rein biologische Gründe. Aber wir können durchaus gegensteuern.

Am Anfang steht auch bei diesem Thema wieder eine Analyse der komplexen Situation: Was genau passiert, wenn Gefühle ins Spiel kommen? Warum gelingt es nicht, Ärger und Wut einfach abzublocken? Wie können wir vermeiden, dass während einer Auseinandersetzung bei uns selbst oder unserem Partner negative Emotionen entstehen?

Überlegen Sie anhand konkret erlebter Konflikte: Was passiert bei und mit Ihnen im Falle eines Konflikts – und was – in Folge – bei Ihrem Konfliktpartner?

Bauch kontra Kopf

Frau Holle sitzt am PC und schreibt ein Protokoll. Sie arbeitet hoch konzentriert. Während sie nach geeigneten Worten sucht, wie sie eine Situation treffend ausdrücken kann, blickt sie nachdenklich aus dem Fenster.

In einem ausgeglichenen seelischen Zustand stehen uns sowohl unser Kopf (Verstand) als auch unser Bauch (Gefühl) zur Verfügung. Wir können vielschichtig denken und gut arbeiten.

Genau in diesem Moment betritt ein junger Kollege das Zimmer. Er bemerkt: »Unsere liebe Frau Holle – träumt gemütlich vor sich hin, während der Rest des Teams in Arbeit erstickt.«

Frau Holle ist wie vor den Kopf gestoßen. Sie spürt, wie der Ärger in ihr hochsteigt.

Im Streitfall entstehen im Bauch negative Gefühle, die sehr kraftvoll sind. Sie rumoren in uns und verhalten sich wie ein aufgewühltes Meer, sie werden stärker und breiten sich aus. Sie nehmen damit immer mehr Raum ein. Je mehr Raum der Bauch einnimmt, desto weniger Platz bleibt für den Kopf.

Frau Holle ärgert sich furchtbar und antwortet: »Werden Sie erst einmal erwachsen, Sie Grünschnabel.« Anschließend ist sie so aufgewühlt, dass sie nicht mehr in der Lage ist, weiterhin konzentriert an ihrem Protokoll zu arbeiten.

Im Konfliktfall setzt unser Verstand aus

Im schlimmsten Fall nimmt der Bauch allen Raum ein, und für den Verstand bleibt gar kein Platz mehr. Die Handlungen, Reaktionen und Aussagen sind nicht mehr kopfgesteuert, sondern hoch emotional. Die Betroffenen erinnern mit ihrem Verhalten an kleine Kinder im Kindergarten.

Ein uralter biologischer Reflex