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Alan Fadling, Präsident und Gründer von "Unhurried Living in Mission", hat mit seinem neuen Buch einen geistlichen Reiseführer zu einem angstfreien Leben geschrieben. Angst ist kein guter Ratgeber. Trotzdem spielt sie bei vielen unserer Entscheidungen eine Rolle: Angst vor Versagen, Angst vor Verlust, Angst, nicht dazuzugehören. Oft treibt uns Angst an und macht uns das Leben stressig und führt nicht selten in einen Burnout. Alan Fadling erklärt in seinem Buch, warum das so ist, und bietet eine ermutigende Alternative. Er entwickelt die Idee von einem "entschleunigten Leben", in dem Angst nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Der Pastor und Coach ist davon überzeugt, dass wir in der Gegenwart Gottes in eine Atmosphäre der Ruhe und Gelassenheit eintauchen können - jenseits der Angst. Er zeigt praktische Wege auf, wie das gelingen kann, und wie wir zu einem angstfreien Leben finden können. Ein inspirierendes Buch das Mut macht, Angst loszulassen, um authentisch, liebevoll und befreit zu leben!
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Seitenzahl: 320
Veröffentlichungsjahr: 2025
Alan Fadling
EINTAUCHEN IN GOTTESfriedvolleGEGENWART
Englische Originalausgabe:
Originally published in English under the title: A Non-Anxious Life by Alan Fadling
© 2024 by Alan Fadling
Published by InterVarsity Press, P. O. Box 1400 Downers Grove, IL 60515, USA.
www.ivpress.com. All rights reserved.
Die Bibelzitate sind folgenden Übersetzungen entnommen:
Lutherbibel rev. 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
NGÜ – Neue Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen;
© 2011 Genfer Bibelgesellschaft. Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung.
Alle Rechte vorbehalten.
Aus dem Englischen von Christian Rendel
© 2025 Brunnen Verlag GmbH, Gießen
Gottlieb-Daimler-Str. 22, 35398 Gießen
www.brunnen-verlag.de
Die Nutzung von Bild-, Sprach- und Textdaten für sog. KI-Training und ähnliche Zwecke ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung erlaubt.
Umschlagbild: magann/Adobe Stock
Umschlaggestaltung: Jonathan Maul, Brunnen Verlag GmbH
Satz: Brunnen Verlag GmbH
Druck: CPI books GmbH, Leck
ISBN 978-3-7655-2191-1 (Buch)
ISBN 978-3-7655-7745-1 (E-Book)
Für meine Mutter, Shirley Fadling Kipp.
Die Gnade sei mit uns beiden auf unserem Weg von unnützer Angst zu fruchtbarem Frieden.
Ich widme Dir dieses Buch in Deinem dreiundachtzigsten Lebensjahr.
Mögen Gottes stärkende Gegenwart,
seine unermessliche Großzügigkeit
und seine große Güte mit Ihnen sein.
Mögen Sie davon erfüllt sein, noch bevor Sie nach ihm suchen.
Und möge die Gnade in Ihnen die Frucht
wahrhaftigen Wohlergehens hervorbringen
sowie die Freiheit von ängstlicher Sorge,
auf dass Sie zur inneren Ruhe finden mögen in der Gegenwart
Gottes, unseres Vaters, und des Herrn Jesus Christus.
Amen!
1
Meister der Angst
2
Angst ist nichts für Vögel
3
Schüler werden zu Mentoren
4
Gnädige Fülle
5
An Gottes Gegenwart festhalten
6
Einfache Tugenden
7
Ungeahnte Wege zum Frieden
8
Pure Lebensfreude
9
Dem Riesen entgegentreten
10
Friede in Zeiten der Not
11
Verkörperter Friede
12
Rhythmen des Friedens
13
Von Angst befreit arbeiten
14
Ein Friedensmeister werden
Danksagung
Anhang A Ein von Angst befreites Gebet
Anhang B Leitfaden für Gruppen
Anmerkungen
Die meiste Zeit meines Erwachsenenlebens war ich ein Meister in Sachen Angst. Ich arbeite daran, ein Meister des Friedens zu werden.
Schon als Kind wurde ich, ohne es zu merken, ein Schüler der Angst. Ich wuchs in einer Familie auf, deren Mutter das Angsthaben in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Waisenhaus im mittleren Westen gelernt hatte. Vom Alter von vier Jahren an, bis sie vierzehn war, lernte sie gemeinsam mit ihrem großen Bruder und ihrer älteren Schwester, wie man sich Sorgen macht. Und als ich aufwuchs, lernte ich es von ihr. Ist meine Mutter schuld an all meinen Sorgen? Nein: ich bin kein Opfer. Ich erzähle nur meine Geschichte.
Wir alle haben unsere guten Gründe dafür, warum wir uns mit Sorge oder Angst herumschlagen. Aber diese Gründe sind nicht unüberwindlich. Als Nachfolger des Friedefürsten können wir uns ihm zu Füßen setzen und lernen, in seinem Frieden zu leben. Wir können Frieden lernen für unsere Herzen und unser Denken, Frieden in unseren Beziehungen (soweit es an uns liegt), Frieden in unserem Berufsleben und Frieden in Bezug auf unsere Zukunftsperspektive. Dieser Friede hängt nicht davon ab, dass alles so läuft, wie wir es möchten. Er erfordert nicht, dass alles so passiert, wie es uns passt. Der Weg des Friedens, auf den Jesus uns führt, beginnt in uns in der Beziehung zu ihm. Er ist nicht auf friedliche äußere Umstände angewiesen, um zu existieren.
Insofern ist dieses Buch kein theoretisches Forschungsprojekt. Es ist keine Botschaft, die ich für andere zu Papier bringe. Dieses Buch zu schreiben war für mich eine wichtige persönliche Herausforderung. Die Angst hat mich bisweilen niedergehalten, mich blockiert, ja mich buchstäblich gelähmt. Ich schreibe als ein Mitschüler, nicht als ein Meister. Ich habe mich auf eine Reise begeben, um den Weg des Friedens zu entdecken.
Schon seit einiger Zeit haben immer mehr Menschen mit Angst zu tun. Laut einer Studie der amerikanischen nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) haben die Probleme mit Ängsten in der erwachsenen Bevölkerung der USA zwischen 2008 und 2018 stetig zugenommen. Unter den jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren haben sich Probleme mit Angst im selben Zeitraum sogar verdoppelt.1 Im ersten Jahr der Pandemie hat die Weltgesundheitsorganisation WHO weltweit einen 25-prozentigen Anstieg von Angst und Depressionen verzeichnet.
Wir alle hatten während der weltweiten Pandemie unterschiedliche Angsterfahrungen. Meine erste hatte ich, als ich an einem Samstag Mitte Februar 2020 in den frühen Morgenstunden in Delhi, Indien, in einem Flugzeug saß. Covid-19 fing gerade an, sich in unseren Newsfeeds breitzumachen, aber mir kam es zu diesem Zeitpunkt noch vor wie ein Problem, das „weit weg“ war.
Während unsere planmäßige Abflugzeit kam und verstrich, fiel mir auf, wie die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter in der Kombüse der ersten Klasse miteinander berieten. Nach mehr als einer Stunde Verspätung verkündete die Chefstewardess, ein Passagier mit grippeähnlichen Symptomen werde gerade untersucht und müsse von Bord gebracht werden, bevor wir starten könnten. Angst!
Wenn wir diesen Passagier mit zurück in die Vereinigten Staaten nähmen, so wurde uns erklärt, müssten wir anschließend allesamt, Crew und Passagiere, für zwei Wochen in Quarantäne; in Japan sei kürzlich bereits erstmals ein ganzes Kreuzfahrtschiff mit infizierten Passagieren unter Quarantäne gestellt worden. Es dauerte ungefähr neunzig Minuten, bis sie den Passagier davon überzeugen konnten, von Bord zu gehen, und wir endlich das Gate verlassen konnten. Während wir in Richtung Startbahn rollten, kam die Ansage, falls ein Arzt oder eine Ärztin an Bord sei, mögen sie sich bitte melden. Wir hatten den kranken Passagier doch bereits zurückgelassen. Was sollte das jetzt?! Wieder Angst.
Kurz bevor wir auf die Startbahn einbogen, kam wieder eine Ansage: Ein weiterer Passagier weise grippeähnliche Symptome auf, daher müssten wir zum Gate zurückkehren. Uns allen stockte der Atem. Noch mehr Angst.
Als wir wieder am Gate waren, brauchte dieser zweite Passagier nicht lange für den schmachvollen Weg vom Heck der Maschine nach vorn zur Ausstiegsluke. Ich musste schon seit einiger Zeit zur Toilette, aber wir waren angewiesen worden, auf unseren Plätzen zu bleiben. Kaum war der Passagier vorbeigegangen und von Bord, sprang ich auf und rannte in die erste Klasse zur glücklicherweise freien Toilette.
Drinnen hörte ich, wie auf meinem Smartphone eine Textnachricht eintraf. Ich las die Nachricht, als ich wieder draußen war. Wegen unseres verzögerten Abfluges hieß es da, ging der Crew aufgrund der FAA*-Vorschriften über Schichtlängen und dergleichen die Zeit aus, und sie könne nun nicht mehr mit uns starten. Ich zeigte die Nachricht einem der Flugbegleiter, die dort standen, und er schaute ebenso besorgt, wie ich mich fühlte. Ich kehrte an meinen Platz zurück und zerbrach mir den Kopf darüber, wie ich die nächsten vierundzwanzig Stunden in Delhi verbringen sollte. Ich kannte niemanden vor Ort und hatte keinen Plan. Noch mehr Angst.
Nach etwa fünfzehn Minuten meldete sich eine Flugbegleiterin über die Lautsprecheranlage und sagte, wenn wir sofort Platz nähmen, könnten sie uns aufgrund einer Sondergenehmigung der FAA für eine verlängerte Schicht nach Hause bringen. So hoben wir mit insgesamt drei Stunden Verzögerung schließlich doch noch ab. Fast vierundzwanzig Stunden später gab ich zu Hause meiner Frau Gem einen Kuss zur Begrüßung, und bald darauf lagen wir alle beide für den nächsten Monat mit Covid-19 im Bett.
So bekam ich die Pandemiekrise schon einen Monat vor dem weltweiten Shutdown emotional zu spüren. Und damit begann eine Zeit, in der meine Ängste mich auf neue und ungeahnte Weise überfallen würden.
Ich habe gelernt, dass Angst eine tief verwurzelte Gewohnheit ist, die sich im Laufe der Zeit in mir herausgebildet hat. Sich wegen Dingen Sorgen zu machen, bei denen man ein ungutes Gefühl hat, ist nicht wirklich spektakulär; aber ich mache mir auch oft Sorgen, wenn alles bestens läuft (Wie lange wird es wohl dauern, bis das alles hier schiefgeht?, frage ich mich dann). Dass Angst in Wirklichkeit eine Gewohnheit ist, war für mich eine gute Nachricht. Denn: Gewohnheiten lassen sich verändern, wenn man daran arbeitet.
Und: Was die Angst an mir „entstellt“ oder „verformt“ hat, das lässt sich auch wieder reparieren.
Ich bin nicht in mir gefangen.
Ich bin kein hoffnungsloser Fall.
Ich bin mir nicht hilflos ausgeliefert.
Ich habe begonnen zu lernen, Perspektiven und Gewohnheiten des Friedens zu pflegen.
Ich lerne mein inneres Betriebssystem von der Angst weg hin zum Frieden zu aktualisieren. Ein Betriebssystem ist die Software, die als Basis für die Grundfunktionen eines Computers dient. Wir sind zwar viel komplexer als ein Computer, aber auch wir haben so etwas wie ein inneres Betriebssystem. Über das Betriebssystem unseres Computers denken wohl die wenigsten von uns groß nach. Und noch weniger denken vermutlich überhaupt jemals über die Betriebssysteme nach, die unser Leben steuern.
Allzu oft war Angst meine Grundeinstellung zum Umgang mit Situationen und Menschen. Nicht, dass ich mich irgendwann hingesetzt und beschlossen hätte, dies wäre das richtige System für mich. Es war einfach das System, das mir mitgegeben worden war, als ich aufwuchs. Auf dieser Grundlage habe ich Programme aufgebaut, die „funktionieren“, wenn auch nicht besonders gut. Die Angst hat sich schlichtweg zur schlechten Gewohnheit der inneren Hast entwickelt, die ich aber durchaus auch wieder „verlernen“ kann, und daran arbeite ich seit einiger Zeit.
Wie sieht dieses Betriebssystem-Upgrade für mich aus?
Es hat meinen Tunnelblick durch eine weitere Perspektive ersetzt, mit zahlreichen Optionen.
Es hat eine energieaufwendige und energieraubende Dynamik durch eine energiespendende Dynamik ersetzt.
Es hat die automatisierten Vorstellungen von meiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ersetzt durch einen befreienden Blick auf die zahlreichen genialen Optionen, von denen ich umgeben bin.
Wenn ich den Frieden als Betriebssystem bezeichne, will ich damit sagen, dass wir lernen können, den Frieden zur Grundlage unseres Lebens zu machen. Statt die Unsicherheit als meine Werkseinstellung zu akzeptieren, lerne ich, Selbstbewusstsein und Einfallsreichtum als mein Fundament zu sehen. Auf diese Weise habe ich viel von meinem verinnerlichten Stress ersetzt durch mehr inneren Frieden und innere Ruhe. Vielleicht wird der Friede sogar zu etwas, worauf ich mich unbewusst verlasse, anstatt hektisch danach suchen zu müssen. Ich habe festgestellt, dass nicht die Angst, sondern der Friede eine Frucht des Heiligen Geistes ist. Friede ist kreativ. Angst nicht. Friede ist einfallsreich. Sorge nicht.
Ich habe entdeckt, dass der Friede sich nicht vor mir versteckt oder sich mir zu entziehen versucht. Friede ist in mir, weil mein Körper ein Tempel des Heiligen Geistes ist. Dieser Geist bringt die Frucht des Friedens aus meinem Inneren hervor. Es macht einen riesigen Unterschied, wenn ich mich daran erinnere, dass ich in dem Friedefürsten lebe und dass er in mir lebt. Der Friede Gottes kann jeden Moment und an jedem Ort aus meinem Innern hervorsprudeln. Dagegen ist ein Friede von der Art, wie ihn die Welt bietet, zutiefst abhängig von optimalen äußeren Voraussetzungen und bestimmten Situationen.
Viele meiner Sorgen werden durch äußere Umstände ausgelöst. Irgendetwas passiert (oder droht zu passieren), und schon steigt Angst in mir auf. Ich stelle mir alle möglichen katastrophalen Dinge vor, die unweigerlich passieren müssen. Manchmal ist es mir so vorgekommen, als wäre Angst meine einzige vernünftige Option angesichts bestimmter Gefahren oder Bedrohungen. Aber ich habe es nie bereut, mein Betriebssystem aktualisiert zu haben von der Angst hin zum Frieden.
Ich wünschte, dieses Upgrade gälte ein für alle Mal, aber ich brauche immer wieder einen Neustart, um in dieser friedvolleren Art zu leben. Eine Möglichkeit dazu ist, mir in Erinnerung zu rufen, dass der Herr als mein Hirte mich gut behütet (Psalm 23,1). Was könnte ich mir mehr wünschen?
Vielleicht erscheint es nicht realistisch, in jedem Moment Frieden erfahren zu wollen. Ich behaupte auch nicht, so weit zu sein, dass ich niemals mehr Angst empfinde oder mir Sorgen mache. Wir alle führen ein Leben voller Herausforderungen, Hindernisse und Bedrohungen. Und als Reaktion auf unangenehme Überraschungen kommt bei mir immer noch die Angst in mir hoch. Wenn ich von einem von Angst befreiten Leben spreche, dann geht es um etwas, das in uns beginnen kann. Ich sage oft: Ob ich sehr beschäftigt bin, ist eine Frage des Kalenders; ob ich in Hektik bin, ist eine Frage der Seele. In diesem Sinne ist Angst eine Folge davon, dass wir uns auf unsere Umstände fokussieren, und Friede ist eine Frucht davon, dass wir uns auf den Friedefürsten fokussieren, den Hirten unserer Seelen.
Es tut mir gut, wenn ich mir in Erinnerung rufe, dass ein ängstliches Leben keine zutreffende Widerspiegelung meiner gegenwärtigen Realität in Gottes wunderbarem Reich ist. Statt an einem gefährlichen Abgrund zu stehen, befinde ich mich in der Gegenwart einer mächtigen Liebe. Die Treue des Gottes, der bei mir ist, ist unermesslich. Davon weiß meine Angst nichts.
Angst ist auch kein Tonfall, dessen der Geist Gottes sich jemals bedient. Die Stimme der Angst in meinem Hinterkopf ist nicht die anleitende Stimme des Heiligen Geistes. Dennoch gebe ich dieser Stimme manchmal so viel Gewicht, dass man meinen könnte, ich nähme sie als göttliches Wort. Der Weg Gottes ist ein Weg des Friedens. Des Schalom. Des Wohlergehens. Ein Leben voller verlässlicher Güte. Ich kann in Frieden leben, weil ich in der Gegenwart des Friedens bin.
Angst ist kein besonders guter Ratgeber. Die Ratschläge, die mir die Angst im Laufe der Jahre gegeben hat, haben keine guten Früchte getragen. Sie haben mich zu gedankenloser Aktivität angetrieben. Sie haben bewirkt, dass ich mich in einer engen, unwahren Sicht meines Lebens verfangen habe. Die Angst war eher ein falscher Prophet als ein guter Ratgeber. Es hilft mir, wenn ich die Mentorenrolle der Angst in meinem Leben immer öfter zurückstutze und mein Möglichstes tue, um ihre Warnungen zu missachten.
Meine Angst erinnert mich an das, was ich häufig mit Eichhörnchen erlebe, wenn ich draußen im Grünen mit dem Fahrrad unterwegs bin. Ich mag diese goldigen Tierchen, aber nicht auf Fahrradwegen. Neulich fuhr ich einen schmalen Pfad entlang, als plötzlich ein Eichhörnchen direkt vor mir hervorgeschossen kam und sich um ein Haar in einen Eichhörnchenpfannkuchen verwandelt hätte. Damit löste es in mir einen Adrenalinstoß aus, der sich anfühlte wie Angst auf voller Lautstärke.
Ob diese kleinen Kerlchen wohl von einem heimlichen Todeswunsch getrieben sind? Oder ist es für sie eine Art Mutprobe, vor diese großen rollenden Dinger zu springen, die da durch den Wald rasen? Ich glaube, ich weiß, wie das läuft: Sie hören mich kommen und es hört sich an wie eine Gefahr. Also drängt ihr kleines Eichhörnchengehirn sie dazu, sich in Sicherheit zu bringen. Nichts wie ab nach Hause! Nur dass ihr Zuhause offenbar immer auf der anderen Seite des Radweges ist.
So bringt ihr Instinkt, so schnell wie möglich nach Hause zu laufen, sie in größere Gefahr, als wenn sie sich einen Moment Zeit nehmen würden, zu schauen, was sie da gehört haben, und dann zu entscheiden, wie sie sich am besten verhalten. Nämlich zu bleiben, wo sie sind – aber das scheinen sie nicht zu begreifen.
Meine Angst hat viel Ähnlichkeit mit diesem Eichhörncheninstinkt. Irgendetwas erschreckt oder bedroht mich und ich schalte auf Selbstschutz um. „Bring dich in Sicherheit!“, ruft mir mein sicherheitsbedachtes Gehirn zu. Aber wenn ich mir nicht einen Moment Zeit nehme, um mich umzuschauen, bringe ich mich möglicherweise in noch größere Gefahr, indem ich im Tunnel der Angst agiere. Ich hoffe, ich bin schlauer als ein Eichhörnchen.
Ich hatte immer ein seltsames, zombiehaftes Verhältnis zur Angst. Dass sie mich begleitete, war mir immer halbwegs bewusst, aber gleichzeitig habe ich versucht, sie zu meiden. Davon geht sie allerdings nicht weg. Angst ist aktiv, aber nicht lebendig; sie ist eine Art Untote. Sie ist fieberhaft beschäftigt, aber nicht wirklich lebendig.
Allzu oft ließe sich meine bevorzugte Strategie im Umgang mit Angst mit drei Worten zusammenfassen: Betäubung, Flucht, Vermeidung. Statt mitten in meinen Angstgefühlen echte Ruhe zu finden, versuche ich ihnen durch Essen, Trinken oder stumpfsinnigen Medienkonsum zu entkommen. Dann flüchte ich mich in meine Fantasie, in endlose Internetorgien und in vertraute Computerspiele. Manchmal weiche ich meinem Leben aus, indem ich unentwegt in meine E-Mails oder in die sozialen Medien schaue und wichtige Arbeit liegen lasse.
Es hilft mir, wenn ich dieser Versuchung zu Betäubung, Flucht oder Vermeidung zu widerstehen vermag, denn was sie bieten, sieht nur so aus wie Friede. Betäubung hält mich davon ab, die Angst zu spüren, die in mir steckt. Flucht ist ein Versuch, vor der Angst davonzulaufen. Vermeidung ist das Bestreben, mich an der Flucht vorbeizumogeln. Doch ich kann lernen, mich in der Gegenwart Gottes meinen Ängsten zu stellen. Ich kann Angst empfinden, ohne dass mich das in die Sorge abdriften lässt.
Wenn ich mich also betäube, fliehe oder vermeide, spüre ich eine Weile lang nichts von meiner Angst. Aber die Angst nicht zu spüren, bedeutet längst nicht, der Angst an die Wurzeln zu gehen. Ich bin nur für eine Weile taub für sie. Taubheit und Friede fühlen sich aber nicht gleich an. Das eine ist die Abwesenheit eines Gefühls. Das andere ist eine Empfindung des Wohlergehens, des Entspanntseins oder der Zuversicht.
Ich entscheide mich für die Betäubung, weil ich keine Ahnung habe, wie sich die Angst tatsächlich auflösen lassen könnte. Also fühle ich mich lieber taub, als Angst zu empfinden. Wenn ich aber lerne, Frieden zu empfangen, ist das weitaus besser, als nur vorübergehend keine Angst zu spüren. Es ist tatsächlich schwer, von etwas geheilt zu werden, was ich gar nicht spüren kann.
Zum Beispiel bemerke ich oft zu Beginn eines typischen Arbeitstages eine dumpfe Angst in mir. Mich befällt ein unbestimmtes Grauen davor, der Arbeit, die vor mir liegt, nicht gewachsen zu sein. Zu oft habe ich der Angst, die mir ihre düsteren Unterstellungen einflüstert, mehr Aufmerksamkeit geschenkt als dem Frieden Gottes, der immer bei mir ist. Das kostet Kraft. In Zeiten, in denen jeder Tag läuft wie der andere, ohne Unterbrechung durch Reisen oder Vorträge, fühle ich mich manchmal völlig ausgelaugt. Die Angst redet mir ein, mir ginge allmählich die Puste aus für die Arbeit, zu der ich mich berufen fühle. Und aus irgendeinem Grund höre ich darauf und glaube, was sie mir weismachen will.
Wie komme ich mit dem Gefühl klar, von Angst gelähmt zu sein, wenn ich Arbeit habe, die bewältigt werden muss? Wie überwinde ich diese starken negativen Gefühle? Wie sieht der fruchtbare Weg nach vorn aus? Stimmt es, dass diese Erfahrung eine notwendige Schwäche ist, damit ich stark werden kann in der Gnade? Ist das vielleicht so etwas wie der Stachel im Fleisch des Paulus, oder ist es etwas, das einfach durch Therapie, Coaching oder Medikamente behandelt werden sollte?
Ich habe mir schon immer viele Sorgen gemacht. Manchmal sorge ich mich darum, wie viele Sorgen ich mir mache. Dann sorge ich mich darum, dass ich mich um meine Sorgen sorge. Die gegenwärtige Sorge legt sich wie eine neue Schicht über die älteren Sorgen, die ich in mir trage, und verstärkt sie. Offensichtlich habe ich ein Problem mit Angst.
Viele Jahre lang waren die Autos, die Gem und ich fuhren, ältere Modelle, die uns von den gemeinnützigen Organisationen, für die wir arbeiteten, als Spenden zur Verfügung gestellt wurden. Eines Tages, als einer unserer Söhne am Steuer saß, leuchtete die rote Anzeige für einen Motorschaden auf. Wir brachten die alte Kiste zu unserem Schrauber, um herauszufinden, was damit nicht stimmte. Ein paar Tage später rief er an und sagte, er habe jeden Test durchgeführt, der ihm einfiele, aber der roten Warnleuchte sei nicht beizukommen. Seiner Meinung nach lag der Fehler im Computer selbst. Den auszutauschen, lohne sich aber bei so einem alten Auto nicht. Er empfahl uns, den Wagen einfach mit leuchtender Warnanzeige weiter zu nutzen, solange wir ihn hatten.
Ich glaube, mit der roten Warnleuchte meiner gewohnheitsmäßigen Angst ist es wie mit dieser Motorschaden-Anzeige. Sie leuchtet auf, bleibt oft auch länger an und warnt mich vor irgendeinem schwerwiegenden Problem, das möglicherweise überhaupt nicht existiert. Sie tut so, als ob sie mich vor einem Problem warnen würde; dabei ist sie vielleicht selbst das Problem.
Wichtig ist, dass ich meiner Angst Beachtung schenke, dass ich überprüfe, ob ihre Warnungen hilfreich sind, und entsprechend darauf reagiere. Bisher bin ich viel zu oft davon ausgegangen, meine Angst-Warnleuchte wäre eine unfehlbare Quelle der Wahrheit über meine Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Das war sie aber oft überhaupt nicht.
Meine Angst ist auch wie der Versuch einer Zeitreise in meine Vergangenheit oder meine Zukunft. Die Angst beschwört unangenehme oder schmerzliche Erfahrungen herauf, damit ich sie rekapituliere, studiere oder darüber nachgrübele. Angst malt ein dystopisches Bild von dem, was vor mir liegt. Aber es ist unproduktiv, mich von der Angst zu solchen Zeitreisen verführen zu lassen. Die Gnade Gottes steht mir in diesem Moment zur Verfügung, aber die Angst nimmt diese Gegenwart nicht wahr. Und die Zukunft, über die sie solche schlimmen Unheilsbotschaften verkündet, kann sie in Wirklichkeit gar nicht sehen. Die von ihr vorhergesagte Zukunft war nur selten so katastrophal, wie sie es angedroht hatte.
Angst ist nie zufrieden. Wenn ich auf ihre fieberhaften Warnungen höre, lässt sie es nicht dabei bewenden – sie findet etwas Neues, wovor sie mich warnen kann. Folgt man der Angst, vermehrt sie sich und erzeugt mehr Angst. Mich hat die Angst noch nie auf einen sicheren Pfad und damit zum Frieden geführt. Stattdessen führt sie mich dazu, herumzujammern und noch mehr Angst zu haben. Sie ist kein Weg zum Leben. Sie trägt keine guten Früchte in meinem Innern, meinen Beziehungen, meiner Arbeit oder meinen Leitungsaufgaben.
Meine Angst ist so, als würde ich an eine Verschwörungstheorie glauben. Alles, was die Theorie stützt, erscheint mir als vertrauenswürdige Quelle; alles, was der Theorie widerspricht, wird als Teil der Verschwörung zurückgewiesen. Angst gedeiht in dieser Art von Unsicherheit und Zweifel, ob mein Weg mit Gott wirklich gut ist.
Von Angst befreit leben heißt mehr, als mit Angstgefühlen fertigzuwerden. Es ist eine Lebensausrichtung. Es bedeutet, zu lernen, wie man ein Leben des Schalom, des Wohlbefindens, der gesunden Rhythmen, der Kooperation mit den Wegen des Reiches Gottes führt. Mir geht es darum, das von Angst befreite Leben viel breiter und umfassender zu beschreiben. Ich habe gelernt, dass es so etwas ist wie ein Takt, nach dem ich lebe, meine Beziehungen gestalte und arbeite.
Freilich muss klar sein: Ein von Angst befreites Leben ist kein Leben ohne Probleme. Es ist kein Leben ohne Schwierigkeiten und Belastungen. Es ist kein Leben, in dem ich nie nervös werde. Ein von allen Sorgen komplett freies Leben wäre ein Leben, in dem mir nichts wichtig ist. Das größte Gebot aber ist im Kern ein Gebot, mir Dinge zu Herzen zu nehmen. Es ist kein getaufter Stoizismus. Es ist ein gelassenes Besorgtsein, das uns in unseren realen Nöten begleitet.
Ich bin dankbar für die vielen Ressourcen, die mir im Umgang mit meiner Angst geholfen haben. Viele Jahre habe ich von Psychotherapie profitiert. Dabei habe ich an bestimmten Problemen gearbeitet, die in den Erlebnissen meiner Kindheit und Jugend wurzeln und in meinem Erwachsenenalter zum Vorschein gekommen sind. Ich habe eine wohltuende Freiheit von Formen der Angst gefunden, die mich früher oft überwältigt, ja gelähmt haben. All das hat mir geholfen.
In diesem Buch geht es darum, wie wir uns die Ressourcen zunutze machen können, die uns zur Verfügung stehen in dem Frieden des Reiches Gottes und in der Gegenwart des Friedefürsten.
Den Gegensatz zur Angst bildet das Vertrauen oder der Glaube. Paulus gibt seinen Freunden in Kolossä folgenden Rat: „Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Christus Jesus, so lebt auch in ihm, verwurzelt und gegründet in ihm und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und voller Dankbarkeit“ (Kolosser 2,6-7; Luther 2017). Hier ist zwar nicht ausdrücklich vom Frieden die Rede, aber es sind weise Worte, die mir geholfen haben, den Frieden in der Gegenwart Gottes tiefer zu erfahren.
Wie habe ich in meiner Jugend Jesus Christus angenommen? Ich habe Christus angenommen, wie ich jedes Geschenk annehmen würde. Ich habe auf die Großzügigkeit dieses Geschenks vertraut, das der Vater mir in seinem Sohn machte. Es gab nichts, was ich hätte tun können, um mir dieses Geschenk zu verdienen. Ich konnte die göttliche Großzügigkeit nur dankbar und mit offenen Händen annehmen.
Die Friedensbotschaft für mich in diesem Ratschlag aus dem Reich Gottes liegt darin, wie Paulus die beiden Teilsätze hier mit „Wie … so …“ einleitet. Das heißt, in derselben Haltung, in der ich mich damals auf diese Reise gemacht habe, kann ich sie auch heute fortsetzen. Ich lebe mein Leben in Christus Jesus so, wie ich ihn angenommen habe – also immer noch so, dass ich seine großzügige Initiative und freundliche Fürsorge dankbar annehme.
Diese Wirklichkeit hat mich geerdet und stabilisiert. Ich lebe mein Leben als Antwort auf das freundliche, überschwängliche Wirken Gottes in Christus. So habe ich gelernt, in dem Leben, das mir von Gott, dem Vater, durch Christus, den Sohn, ermächtigt durch den Heiligen Geist, bereits zur Verfügung steht, wachsende Zuversicht zu schöpfen. Das zuversichtliche Vertrauen auf diese dreieinige Gemeinschaft hat meinen Frieden tiefer werden lassen. Durch diesen Lebensstil sprudelt immer häufiger Dankbarkeit in mir empor. Ich empfinde das als eine friedvolle Art zu leben, auch wenn äußere Umstände mich zu Sorge und Angst verleiten.
Meine Sorge wurzelt oft darin, dass ich versuche, Dinge zu lenken, die mir unlenkbar erscheinen. Dann hilft es mir, mir bewusst zu machen, dass der Eine, dem ich nachfolge, nicht von den Dingen überwältigt wird, die mich überwältigen. Letzten Endes bin ich sicher in der Gegenwart eines wunderbaren Hirten. Fühle ich mich deshalb immer sicher? Nein. Fühle ich mich niemals von Menschen oder Umständen bedroht? Schön wär’s, aber so ist es nicht. Dennoch bin ich letzten Endes vor Schaden sicher. Die englische Mystikerin Juliana von Norwich (1342–1413) hörte in einer dunklen Zeit der Menschheitsgeschichte (als Krankheiten und Kriege tobten) die Worte: „Alles wird gut sein.“ Auf diese schlichte Aussage vertraue ich immer mehr als Beschreibung meiner eigenen Gegenwart und Zukunft. Und darin finde ich Frieden.
Ich denke an das, was Jesus in Lukas 10 zu Marta sagte, und ebenso zu uns. Mit großem Mitgefühl spricht er dort unsere vielen Sorgen an. Er klagt uns nicht an oder beschämt oder verurteilt uns, sondern er möchte, dass wir unseren Blick nach oben richten, damit wir seine Nähe wahrnehmen, die unsere Herzen und Gedanken schützen kann. Manche stellen sich vor, dass Jesus mit verschränkten Armen dastand, den Kopf schüttelte und enttäuscht die Stirn runzelte, als er immer wieder „Marta, Marta“ sagte. Ich dagegen glaube, dass Jesu Gesicht voller Barmherzigkeit war. Schließlich ist er der Friedefürst, der keine Freude an der Angst seiner geliebten Kinder hat.
Ich habe mir vorgenommen, ein Buch darüber zu schreiben, wie wir von Angst befreit leben können. Irgendwo im Hinterkopf hatte ich dabei die Hoffnung, ein Leben zu finden, in dem ich Angst niemals auch nur spüren würde. Doch so einen Ort habe ich nicht gefunden. Ich hatte mir auch vorgestellt, dieses Buch aus der Position eines Experten heraus zu schreiben. Aber ich musste mich damit begnügen, es als ein Schüler zu schreiben. Die meiste Zeit meines Lebens bin ich ein Schüler der Angst gewesen. Jetzt versuche ich, ein Schüler des Friedens zu sein – des Friedens in mir, des Friedens in meinen Beziehungen und des Friedens in der Welt um mich her.
Ich schreibe dieses Buch mit einer starken Hoffnung. Mein lebenslanger Weg mit der Angst war nicht fruchtlos. Ich lerne, wie ich im friedvollen Reich Jesu leben kann. Ich lerne, dass Paulus vielleicht tatsächlich recht hatte, als er schrieb, dass ich mich nicht zu sorgen brauche (Philipper 4,6-7). Ich darf lernen, meine Sorgen regelmäßig der Fürsorge dessen anzubefehlen, der für mich sorgt. Ich darf so leben, dass sein Friede wirklich über mein Herz und meine Gedanken wacht. Ich lerne, dass Petrus vielleicht recht damit hat, dass ich meine Sorgen getrost Jesus überlassen kann, weil Jesus sich für sie interessiert und Herr über sie ist (1. Petrus 5,7).
Alles Nützliche, was ich in diesem Buch über Angst zu sagen habe, wird dann am meisten helfen, wenn es aus tatsächlicher Schwäche und nicht aus vermeintlicher Stärke heraus gesagt wird. Was wir brauchen, sind Botschaften von erlebter Barmherzigkeit und Gnade. Von unerprobten Theorien zu reden, hilft uns nicht weiter.
Bei einem von Angst befreiten Leben geht es also um einen gewissen inneren Takt, einen Takt der Interaktion, einen Takt der Begegnung. Ein von Angst befreites Leben führen heißt lernen, sich in dem besonderen Takt des Reiches Gottes zu bewegen. Es ist ein auf angenehmste Weise langsamerer Takt. Ein entschleunigter Takt ohne Hast, denn Gottes Reich ist bar jeglicher Hast, befreit von jeglicher Angst.
Friede wurzelt in der robusten, aussagekräftigen, umfassenden Bedeutung des hebräischen Schalom. Das ist mehr als nur die Abwesenheit von Spannungen, Stress, Konflikten oder Problemen. Es ist die Gegenwart des Friedefürsten, des Gottes des Friedens, des Geistes des Friedens. Friede ist die Atmosphäre des Himmels. Und der Himmel umgibt und durchdringt uns mit einem Frieden, den wir atmen können.
Auf den folgenden Seiten werden wir sehen, wie Jesus unser kundiger Weggefährte auf dem Weg des Friedens sein kann. Wir werden gute Freundinnen des Friedens wie Gnade, Hoffnung, Freude und Demut kennenlernen. Wir werden lernen, wie wir uns gemeinsam in der Vergegenwärtigung des Friedefürsten trainieren können.
Jesus verkörpert den Frieden und gibt ihn uns, wie es die Welt niemals könnte. Es ist der Friede der Gegenwart, nicht ein Friede der Abwesenheit. Darum ist es ein Friede, der unsere Herzen und Sinne inmitten von Angstgefühlen, beängstigenden Umständen und angstbesetzten Beziehungen bewahren kann. Es ist ein Friede, den wir in unsere gelebte Wirklichkeit hineinbringen, nicht ein Friede, den wir noch gar nicht haben und erst irgendwo anders suchen müssen. Lassen Sie uns diesen von Angst befreiten Lebensstil gemeinsam erkunden.
Am Ende jedes Kapitels finden Sie Fragen, über die Sie nachdenken und sich Notizen machen können. Sie können auch mit einem geistlichen Gesprächspartner oder in einer Kleingruppe darüber reden.
Wie haben Sie in herausfordernden Situationen, die sich nicht lösen ließen, Gottes Frieden erfahren? Wie hat sich das angefühlt? Wie lässt sich das mit dem Frieden vergleichen, der durch willkommene Umstände oder die Abwesenheit von Problemen entsteht?
Hat eine der genannten Angst-Metaphern Ihre eigene Erfahrung besonders treffend beschrieben (Angst als Betriebssystem, Angst als kein guter Ratgeber, Angst als ängstliches Eichhörnchen, Angst als kaputte Warnleuchte, Angst als versuchte Zeitreise oder als Verschwörungstheorie)?
Was verleitet Sie im Moment zur Sorge? Was wäre, wenn Sie diese Sorgen in Gebete „übersetzen“ würden? Wie könnten Sie erreichen, dass ängstliche Gedanken und Gefühle Sie eher zum Beten anspornen als dazu, sich Sorgen zu machen? Bitten Sie dabei Gottes Geist um Hilfe.
*
FAA: Federal Aviation Administration. Die Federal Aviation Regulations (FARs) sind von der FAA erlassene Vorschriften für sämtliche Luftfahrtaktivitäten in den Vereinigten Staaten.
Stille war für mich eine wichtige geistliche Übung, um Frieden zu lernen. Stille bringt zwar meine ängstlichen Gedanken und Gefühle nicht immer zum Schweigen. Etwas in mir will immer wieder laut und aktiv werden, um so die Angst in mir zu übertönen. Oft war die Stille für mich eher ein Mittel der Diagnose als der Therapie.
In einem dieser Momente der Stille saß ich an einem sonnigen Frühlingstag in meinem Garten und versuchte, die Gegenwart meines himmlischen Vaters zu genießen. Ich spürte, wie die vertraute Angst in mir hochkroch. Aber zugleich nahm ich den Klang der Vogelstimmen um mich her wahr. Ein Vogel sang in einem schnellen Stakkato von Piepslauten. Er schien ebenso hartnäckig zu sein wie meine Angst, aber seine Botschaft klang einladend, als wollte er sagen: „Heute Morgen bin ich fröhlich. Ich bin gut versorgt. Wir haben einen Schöpfer, der über unser Leben wacht. Wir werden geliebt. Darum singe ich heute Morgen.“
Ich hörte die Weisheit Jesu darin. Jesus lud mich ein, auf die Vögel zu achten, so wie er vor zweitausend Jahren eine Menschenmenge auf einem Berghang dazu eingeladen hatte (Matthäus 6,25-27). Die Vögel schienen mich daran zu erinnern, dass sie nicht zu kurz kommen. Ohne einkaufen oder Felder bestellen zu müssen, finden sie ihre tägliche Nahrung, und sei es in unserem Garten.
Unter dem Eindruck des Ratschlags Jesu, mir ein Beispiel an den Vögeln zu nehmen, habe ich mir angewöhnt, mir im Stillen zu sagen: Vielleicht hat Jesus ja recht mit dem, was er über Sorgen sagt. In Wirklichkeit habe ich kaum Zweifel an diesem Gedanken. Aber in meinen Eingeweiden rumort bisweilen eine andere Empfindung als in meiner verstandesmäßigen Zuversicht. Indem ich meine Angst daran erinnere, dass Jesus recht haben könnte, verschanze ich mich hinter der Wahrheit. Jesus sagt, dass meine lärmenden Gedanken und Gefühle der Angst nicht das letzte Wort haben.
Je mehr ich mit Verantwortungsträgern über das Gehetztsein spreche, desto klarer wird mir, dass Angst eine verbreitete Form der inneren Gehetztheit unter uns ist. Auf mich trifft das jedenfalls zu. Mein Freund und Bischof Todd Hunter sagte einmal in einer Predigt: „Wenn man etwas in Angst tun kann, kann man es noch besser in Frieden tun.“ Klingt das nicht nach der Weisheit des Reiches Gottes? Leuchtet das nicht offensichtlich ein?
Doch um ehrlich zu sein, als ich das zum ersten Mal hörte, regte sich irgendwo in mir ein starker Widerstand. Etwas in mir widersprach dieser Weisheit; in meinem Bauch machten sich Zweifel breit. Ich stellte mir die Frage, ob ich ohne meine Angst überhaupt viel zustande bringen würde. Ich machte mir Sorgen, dass ich nicht die gleichen hohen Anforderungen an mich selbst stellen könnte, zu denen mich die Angst oft zwang. So seltsam es klingt, ich betrachtete meine Angst als einen Vorteil, obwohl Jesus mir sagte, dass sie eine Belastung war.
Was sagt Jesus dazu, dass ich mir so viele Sorgen mache? Was sagt er in der Bergpredigt über die Angst? Der Gedanke, dass Dinge sich in Frieden besser tun lassen als in Angst, führte mich zurück zu der ursprünglichen Aussage Jesu: „Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben“ (Matthäus 6,25).
Wie möchte Jesus mir dabei helfen, dass ich mir das Sorgenmachen abgewöhne? Er legt mir nahe, die Vögel zu beobachten: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?“ (Matthäus 6,26). Jesus macht uns darauf aufmerksam, dass die Vögel offenbar nicht in Angst leben. Sie machen sich keine fieberhaften Sorgen um ihre nächste Gehaltszahlung oder ihre nächste Rechnung, geschweige denn über ihre nächste Mahlzeit. Im Gegensatz zu uns machen sie sich nicht einmal Arbeit mit Säen, Ernten und Sammeln, und doch sorgt der Vater für sie.
Ich habe Jesu Anregung wörtlich genommen. Nach und nach habe ich in unserem Garten eine Reihe von Vogelfutterstellen aufgebaut. Da ist ein Flachspender mit einer Körnermischung, der viele unterschiedliche Vögel anzieht. Für die Stieglitze und andere Kleinvögel gibt es einen Röhrenspender mit Nigersamen. Dann haben wir einen Talgkuchenspender, der Spechte, Buschhäher, Krähen und hin und wieder auch ein Eichhörnchen anlockt. Außerdem halten wir eine Saft- und Zuckerwassertränke für die leuchtend gelben Kapuzen-Trupiale bereit, wenn sie uns aus Mittelamerika besuchen kommen.
Es macht mir Freude, die Namen und Gewohnheiten der verschiedenen Vögel kennenzulernen. Sie sind mir zu Freunden geworden. Am liebsten sind mir die unerwarteten Besucher, wie etwa die kleine Dominikanerwitwe, die den Flachspender zu ihrer persönlichen Domäne erklärt hat. Ich ertappe mich dabei, dankzusagen für eine Familie von Buschhähern, die eine Jahreszeit lang bei mir zu Gast ist. In den letzten Jahren habe ich bemerkt, wie einige ein- und wieder abwandern.
Vor allem aber sind mir die Vögel zu Lehrmeistern in einem von Angst befreiten Leben geworden. Ich habe zu Hause im Erdgeschoss ein Büro mit einer Glasschiebetür, durch die ich all diese Futterspender im Blick habe. Wann immer mir danach ist, besonders in ängstlichen Momenten, kann ich hinausschauen und den Vögeln zuschauen, wie sie sich an dem Futter erfreuen, das ich für sie ausgelegt habe. Und in so einem Moment kann ich mir in Erinnerung rufen, dass das, was meine Angst hervorruft, nicht außerhalb der Fürsorge des Vaters für mich liegt. Dieser Gedanke hilft mir.
Die Fürsorge Gottes für seine Schöpfung, wie etwa für die Vögel, ist ein Ausdruck purer Gnade. Gottes Versorgung ist eher ein Geschenk als eine Gehaltszahlung. Gnade schließt jeden Gedanken an Verdienst aus, aber meine Angst wurzelt meist in einer verdienstorientierten Sicht auf mein Leben und meine Arbeit. Verdiene ich, was Gott mir gibt, oder nicht? Die Vögel scheinen sich darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Gott denkt nicht darüber nach, ob ich verdiene, was er mir von Augenblick zu Augenblick gibt. Gott ist von Natur aus großzügig, und deshalb wurzelt Gottes Umgang mit mir in der Gnade.
Gott sorgt für die Vögel, die nicht viel dafür tun, die Welt zu verändern. Sie sind ihm kostbar, aber wir, die wir nach seinem Bild erschaffen sind, sind dem Vater noch viel kostbarer. Wenn Gott gnädig für kleine Vögel sorgt, die heute hier und morgen dort sind, wie viel mehr wird er für Frauen und Männer sorgen, die nach seinem Bild erschaffen sind und für immer leben werden? Angesichts dieser Wirklichkeit ist Angst eine weniger realistische Reaktion als Zuversicht und Friede. Das ist keine strenge Zurechtweisung. Es ist eine schlichte, freundliche Aussage über die Wirklichkeit des Reiches Gottes. Wir haben einen Vater, der gut und beständig für uns sorgt.
Meine Ängste sind eine Art Gedächtnisverlust. Ich vergesse, dass Gott sich beständig um mich kümmert und für mich sorgt. Vielleicht ist das der Grund, warum Gott uns in der Bibel so oft auffordert, zu „gedenken“. Der Fürsorge Gottes zu gedenken, ist eine gute innere Übung für uns.
Ich bin mit der Annahme aufgewachsen, dass folgende Gleichung wahr sei: Angst ist gleich Liebe. Dass mir jemand oder etwas wirklich wichtig war, glaubte ich nur beweisen zu können, indem ich mir fieberhaft Sorgen machte. Aber wenn Sie schon einmal derjenige waren, um den sich jemand fieberhaft Sorgen machte, dann wissen Sie, dass sich das nicht unbedingt so anfühlt, als stünden Sie wirklich im Fokus dieser Sorgen. Ich glaube, wenn ich mir fieberhaft um eine andere Person Sorgen mache, dann fühlt sich diese Person in Wirklichkeit nicht von mir versorgt. Eher ist es wohl so, dass ich Druck auf sie ausübe, etwas zu tun, damit ich mir weniger Sorgen mache (so, als hinge meine Sorge hauptsächlich von etwas ab, was diese Person tut oder nicht tut).
Stattdessen glaube ich inzwischen, dass das, was die Angst tut, sich besser mit folgender Gleichung beschreiben ließe: Angst ist gleich Fürsorge minus Gott. Wir gebrauchen ja das Wort Sorge