Von den guten Werken - Martin Luther - E-Book

Von den guten Werken E-Book

Martin Luther

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Beschreibung

Dieses eBook wurde mit einem funktionalen Layout erstellt und sorgfältig formatiert. Die Ausgabe ist mit interaktiven Inhalt und Begleitinformationen versehen, einfach zu navigieren und gut gegliedert. Aus dem Buch: "Obwohl ich von vielen weiß und täglich höre, die meine Armut gering achten und sprechen, ich mache nur kleine Traktätchen und deutsche Predigten für die unge¬lehrten Laien, lass ich mich davon nicht bewegen. Wollte Gott, ich hätte einem einzigen Laien mein Leben lang mit all meinem Vermögen zur Besserung gedient: Ich wollte mir's genügen lassen, Gott danken und danach gar willig alle meine Büchlein umkommen lassen! Ob große und viele Bücher zu machen eine Kunst und der Christenheit förderlich sei, lass ich andere richten. Ich meine aber, wenn ich Lust hätte, nach ihrer Kunst große Bücher zu machen, es sollte mir mit Gottes Hilfe vielleicht schleu¬niger gelingen, als ihnen, nach meiner Art einen kleinen Sermon zu machen." Martin Luther (1483-1546) war der theologische Urheber der Reformation. Als zu den Augustiner-Eremiten gehörender Theologieprofessor entdeckte er Gottes Gnadenzusage im Neuen Testament wieder und orientierte sich fortan ausschließlich an Jesus Christus als dem "fleischgewordenen Wort Gottes". Nach diesem Maßstab wollte er Fehlentwicklungen der Christentumsgeschichte und in der Kirche seiner Zeit überwinden.

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Martin Luther

Von den guten Werken

Die 10 Gebote in Briefform an Johann, Herzog von Sachsen

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0688-9

Inhaltsverzeichnis

Von dem guten Werk des ersten Gebotes
Vom guten Werk des zweiten Gebotes
Von dem dritten Gebot
Das erste Gebot der zweiten Tafel des Mose
Das vierte Gebot
Von dem fünften Gebot
Von dem sechsten Gebot
Das siebente Gebot
Das achte Gebot
Zum neunten und zehnten Gebot
Anhang

Jesus

Dem durchlauchtigen, hochgeborenen Fürsten und Herrn, Herrn Johann, Herzog zu Sachsen, Landgraf zu Thüringen, Markgraf zu Meißen, meinem gnädigen Herrn und Patron!

Durchlauchter, hochgeborener Fürst, gnädiger Herr! Eure Fürstlichen Gnaden seien allezeit meines untertäni­gen Dienstes und armen Gebetes im voraus versichert.

Gnädiger Fürst und Herr! Ich hätte längst gern meine untertänige Dienstpflicht gegen E.F.G. mit einer geistli­chen Gabe1, wie es mir zukommt, erzeigt. Doch habe ich, auf mein Vermögen gesehen, mich immer für zu gering befunden, etwas vorzunehmen, das würdig wäre, E.F.G. zugeeignet zu werden. Weil aber mein gnädigster Herr, Herr Friedrich, des Heiligen Römischen Reiches Erz­marschall, Kurfürst und Vicarius usw., E.F.G. Bruder, mein unzureichendes, S.K.F.G. gewidmetes Büchlein2 nicht verschmäht, sondern gnädig aufgenommen hat, das nun auch im Druck, woran ich nicht dachte, herausge­kommen ist, habe ich Mut geschöpft aus solch gnädigem Exempel und mich erkühnt zu hoffen, wie das fürstliche Geblüt und so auch das fürstliche Gemüt zuvor in gnädi­ger Nachsicht und guter Meinung eines gleichen Sinnes sei, so werde E.F.G. ihrer Art nach auch dies mein armes, untertäniges Anerbieten nicht verschmähen. Denn dies herauszubringen ist mir viel nötiger gewesen als sonst kaum eine von meinen Predigten oder Büchlein, weil die größte Streitfrage sich erhoben hat über die guten Werke, in denen unzählig mehr List und Betrug vorfällt als in irgendeiner anderen Kreatur, und in denen der einfältige Mensch nur zu leicht verführt wird, so dass auch unser Herr Christus uns geboten hat, wir sollten mit Fleiß achtgeben auf die Schafskleider, unter denen sich Wölfe verbergen. Es hat weder Silber, Gold, Edelgestein noch sonst ein kostbares Ding so mannigfache Zusätze und Abbruche erfahren wie die guten Werke, welche allesamt eine einzige, einfältige Güte haben müssen, ohne die sie lauter Schönfärberei, Blendwerk und Betrug sind.

Obwohl ich von vielen weiß und täglich höre, die meine Armut gering achten und sprechen, ich mache nur kleine Traktätchen und deutsche Predigten für die unge­lehrten Laien, lass ich mich davon nicht bewegen. Wollte Gott, ich hätte einem einzigen Laien mein Leben lang mit all meinem Vermögen zur Besserung gedient: Ich wollte mir's genügen lassen, Gott danken und danach gar willig alle meine Büchlein umkommen lassen! Ob große und viele Bücher zu machen eine Kunst und der Christenheit förderlich sei, lass ich andere richten. Ich meine aber, wenn ich Lust hätte, nach ihrer Kunst große Bücher zu machen, es sollte mir mit Gottes Hilfe vielleicht schleu­niger gelingen, als ihnen, nach meiner Art einen kleinen Sermon zu machen. Wenn ihnen Erfolge so leicht wie Verfolgungen fielen, wäre Christus längst wieder vom Himmel geworfen und selbst Gottes Stuhl umgestoßen. Können wir nicht alle dichten, so wollen wir doch alle richten. Ich will einem jeden die Ehre großer Dinge herzlich gern lassen und mich gar nicht schämen, deutsch den ungelehrten Laien zu predigen und zu schreiben, obwohl ich auch dies wenig kann. Doch dünkt mich's, wenn wir bisher und fortan uns mehr dessen beflissen hätten oder dies wollten, sollte der Christenheit daraus kein kleiner Vorteil und mehr an Besserung erwachsen sein als aus den hohen, großen Büchern und Quaestionen, die man an hohen Schulen bloß unter den Gelehrten verhandelt. Überdies habe ich noch nie jemanden ge­zwungen oder gebeten, mich zu hören oder meine Pre­digten zu lesen. Ich habe frei der Allgemeinheit gedient mit dem, was mir Gott gab und wie ich es schuldig bin; wer das nicht mag, der lese und höre andere. Auch ist nicht groß dran gelegen, wenn sie meiner nicht wollen bedürfen. Mir ist's gerade genug und mehr als zuviel, dass etliche Laien, und diese vornehmlich, sich herbeilassen, meine Predigten zu lesen.

Und wenn keine andere Sache mich triebe, soll mir doch die schon übergenug sein, dass ich erfahren habe, wie sehr E.F.G. solche deutschen Büchlein gefielen und sie ganz begierig seien nach Erkenntnis guter Werke und Unterrichtung im Glauben. Es geziemt mir billig, ihr mit möglichstem Fleiß untertänig zu dienen. Deshalb bitte ich in demütiger Untertänigkeit, E.F.G. wollten dies Zeichen meiner Ergebenheit in gnädiger Meinung annehmen, so­lange, bis ich, wenn mir Gott dazu die Zeit geben will, das ganze Glaubensbekenntnis mit einer deutschen Ausle­gung erkläre. Denn für diesmal habe ich nur zeigen wol­len, wie wir den Glauben sollen in allen guten Werken üben, gebrauchen und das vornehmste Werk sein lassen. Gibt Gott mir die Zeit, will ich ein andermal das Glau­bensbekenntnis für sich selber behandeln, so wie wir es täglich beten oder nachsprechen sollen. Will mich hiermit E.F.G. untertänigst befohlen haben. Zu Wittenberg, am 29. Tag im März nach Christi Geburt im tausendfünfhundertzwanzigsten Jahr.

E.F.G. untertäniger Kaplan D. Martinus Luther, Augustiner zu Wittenberg.

Von dem guten Werk des ersten Gebotes3

Inhaltsverzeichnis

Zum ersten ist zu wissen, dass nur das gute Werke sind, was Gott geboten hat, wie auch nur das Sünde ist, was Gott verboten hat. Darum, wer gute Werke wissen und tun will, der braucht nichts anderes als Gottes Gebote zu wissen. So spricht Christus Matthäus 19, 17: »Willst du selig werden, so halte die Gebote!« Und als der Jüngling dort fragte, was er tun sollte, dass er selig würde, hielt ihm Christus nichts anderes vor als die zehn Gebote. Demnach müssen wir die guten Werke nach den Geboten Gottes beurteilen lernen und nicht nach dem Anschein, der Größe oder Menge der Werke an sich selber, auch nicht nach dem Gutdünken der Menschen oder menschlicher Gesetze oder Weisen, wie es, wohin wir auch sehen, gesche­hen ist und noch immer geschieht wegen unserer Blind­heit, unter großer Verachtung der göttlichen Gebote.

Zum zweiten: Das erste und höchste, alleredelste gute Werk ist der Glaube an Christus, wie er sagt Johannes 6, 25f., als die Juden ihn fragten: »Was sollen wir tun, dass wir gute, göttliche Werke tun?« Da antwortete er: »Das ist das göttlich gute Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.« Nun, wenn wir das hören oder predigen, gehen wir rasch drüber weg und halten's für ganz gering und leicht zu tun, wo wir doch hier lange stehen und gut darüber nachdenken sollten. Denn in diesem Werk müssen alle Werke ergehen und das Einströmen ihres Gutseins wie ein Lehen von ihm empfangen. Das müssen wir kräftig her­vorheben, damit sie's begreifen können.

Wir finden viele, die beten, fasten, Stiftungen machen, dies und das tun, ein gutes Leben fuhren vor den Men­schen. Doch wenn du sie fragst, ob sie auch gewiss seien, dass es Gott wohl gefalle, was sie so tun, sprechen sie: Nein. Sie wissen's nicht oder zweifeln daran. Darüber hinaus gibt es auch etliche große Gelehrte, die sie verfuhren und sagen, es sei nicht nötig, dessen gewiss zu sein, die doch sonst nichts anderes tun, als gute Werke zu lehren! Nun sieh, diese Werke gehen alle außerhalb des Glaubens vor sich; darum sind sie nichts und ganz tot. Denn wie ihr Gewissen zu Gott steht und glaubt, so sind auch die Werke, die daraus geschehen. Nun ist da kein Glaube, kein gutes Gewissen zu Gott. Darum ist den Werken der Kopf abgeschlagen und all ihr Leben und Gutsein ist nichts. Daher kommt es, wenn ich den Glauben so sehr hervorhebe und solche ungläubigen Werke verwerfe, beschuldigen sie mich, ich verbiete gute Werke, wo ich doch gern rechte, gute Werke des Glaubens lehren wollte!

Zum dritten: Fragst du sie weiter, ob sie das auch als gute Werke erachten, wenn sie arbeiten in ihrem Hand­werk, gehen, stehen, essen, trinken, schlafen und allerlei Werke tun zur Leibesnahrung oder gemeinem Nutzen, und ob sie glauben, dass Gott auch dabei ein Wohlgefallen an ihnen habe, so wirst du wieder finden, dass sie Nein sagen und die guten Werke so eng fassen, dass nur das Beten in der Kirche, das Fasten und Almosengeben übrig bleiben; die ändern halten sie für vergeblich, Gott sei nichts daran gelegen. Und so verkürzen und verringern sie wegen ihres verdammten Unglaubens Gott seine Dienste, dem doch alles dient, was im Glauben geschehen, geredet, gedacht werden kann. So lehrt es der Prediger: »Gehe hin fröhlich, iss und trink und wisse, deine Werke gefallen Gott wohl. Allezeit lass dein Kleid weiß sein und das Öl deinem Haupt nimmer gebrechen. Gebrauche dein Leben mit deinem Weib, das du lieb hast, alle Tage dieser unbeständigen Zeit, die dir gegeben sind.« (Prediger 9, 7ff.) Dass das Kleid allezeit weiß sei, das meint, dass alle unsre Werke gut seien, wie sie genannt werden mögen, ohne allen Unterschied. Aber nur dann sind sie weiß, wenn ich gewiss bin und glaube, sie gefallen Gott. Und so gebricht dem Haupt meiner Seele des Öl eines fröhlichen Gewissens nimmermehr. So sagt auch Christus Johannes 8, 29: »Ich tue allezeit, was ihm wohlgefällt.« Wie tat er das allezeit, wenn er doch aß und trank und schlief zu seiner Zeit? Und Johannes schreibt in Johannes 3, 19ff.: »Dabei können wir erkennen, dass wir in der Wahrheit stehen, wenn wir unser Herz vor seinen Augen getrost machen und ihm ein gutes Vertrauen verschaffen können. Und wenn uns unser Herz straft oder beißt, dann ist Gott größer als unser Herz, und wir haben die Zuversicht, was wir bitten, das werden wir auch empfangen, denn wir halten seine Gebote und tun, was ihm wohlgefällt.« Des­gleichen: »Wer aus Gott geboren ist (das meint: wer glaubt und Gott vertraut), der sündigt nicht und kann nicht sündigen.« (1. Johannes 3, 9) Desgleichen Psalm 34, 23: »De­ren keiner wird sündigen, die ihm vertrauen«. Ja, im zwei­ten Psalm steht: »Selig sind, die auf ihn trauen.« (Psalm 2, 12) Ist das wahr, dann muss alles, was sie tun, gut sein, oder doch bald vergeben sein, was sie Übles tun. Sieh da abermals, warum ich den Glauben so hoch erhebe, alle Werke in ihn hineinziehe und alle Werke verwerfe, die nicht aus ihm herausfließen.

Zum vierten: Hier kann nun jeder selbst merken und fühlen, wenn er Gutes und nicht Gutes tut. Denn findet er sein Herz in der Zuversicht, dass es Gott gefalle, dann ist das Werk gut, wenn es auch so gering wäre wie einen Strohhalm aufheben. Ist die Zuversicht nicht da, oder zweifelt er dran, dann ist das Werk nicht gut, selbst wenn's alle Toten aufweckte und der Mensch sich ver­brennen ließe. Das lehrt Paulus Römer 14, 23: »Alles, was nicht aus oder im Glauben geschieht, das ist Sünde.« Von dem Glauben und keinem anderen Werk haben wir den Namen, dass wir Christgläubige heißen, als von dem Hauptwerk. Denn alle anderen Werke kann ein Heide, Jude, Türke, Sünder auch tun. Aber darauf fest zu ver­trauen, dass er Gott wohl gefalle, ist nur einem Christen möglich, den die Gnade erleuchtet und festigt. Dass aber diese Rede seltsam sei und mich etliche einen Ketzer darüber schelten, geschieht deshalb, weil sie der blinden Vernunft und heidnischer Kunst zufolge den Glauben nicht über, sondern neben die anderen Tugendkräfte ge­setzt haben und ihm ein eigenes Werk zuweisen, abgeson­dert von allen Werken der anderen Tugenden, während doch er allein alle anderen Werke gut sein läßt4, sie ange­nehm und würdig macht damit, dass er Gott vertraut und nicht zweifelt, es sei vor ihm alles wohlgetan, was der Mensch tut. Ja, sie haben den Glauben nicht ein Werk bleiben lassen, sondern, wie sie es nennen, einen habitus5 daraus gemacht, wo doch die ganze Schrift nichts andrem den Namen eines göttlichen, guten Werkes gibt als einzig dem Glauben. Darum ist es kein Wunder, dass sie blinde Blindenleiter geworden sind. Und dieser Glaube bringt alsbald mit sich Liebe, Frieden, Freude und Hoffnung. Denn wer auf Gott traut, dem gibt er alsbald seinen heiligen Geist, wie St. Paulus zu den Galatern sagt: »Ihr habt den Geist empfangen nicht aus euren guten Werken, sondern weil ihr dem Wort Gottes geglaubt habt.« (Galater 3, 27)

Zum fünften: In diesem Glauben werden alle Werke gleich und ist eins wie das andere; es fällt aller Unterschied der Werke dahin, sie seien groß, klein, kurz, lang, viel oder wenig. Denn nicht ihrer selbst wegen sind die Werke Gott angenehm, sondern des Glaubens wegen, welcher als ein und derselbe in allen und jeglichen Werken ohne Unterschied ist, wirkt und lebt, wie zahlreich und unter­schiedlich sie immer seien: so wie alle Glieder vom Haupt ihr Leben, ihr Wirken und ihren Namen haben und ohne das Haupt kein Glied leben, wirken oder einen Namen haben kann. Daraus folgt dann weiter, dass ein Christen­mensch, in diesem Glauben lebend, keines Lehrers bedarf guter Werke, sondern was ihm vorkommt, das tut er, und ist alles wohl getan. Wie Samuel zu Saul sprach: »Du wirst ein anderer Mensch werden; wenn der Geist in dich kommt, dann tu, was dir vorkommt: Gott ist bei dir!« (1. Samuel 10, 6ff.) Ebenso lesen wir auch von Anna, Samuels Mutter: Weil sie dem Priester EH glaubte, der ihr Gottes Gnade zusagte, ist sie fröhlich und friedlich heim­gegangen und hat sich fortan nicht mehr hier- und dahin um Hilfe gewandt (1. Samuel 1, 17ff.). Das meint: Es hat ihr nun alles einerlei und gleich viel gegolten, was ihr vorge­kommen ist. Auch Paulus sagt: »Wo der Geist Christi ist, da steht alles frei.« (Römer 8, 2) Denn der Glaube lässt sich an kein Werk binden; so lässt er sich auch keines nehmen, sondern, wie der erste Psalm sagt: »Er gibt seine Frucht, wenn es an der Zeit ist« (Psalm 1, 3), das meint: Wie es kommt und geht.

Zum sechsten: Das können wir an einem ganz einfachen fleischlichen Beispiel sehen. Wenn ein Mann oder Weib sich zuversichtlich vom anderen Liebe und Wohl­gefallen erhofft und dies fest glaubt, wer lehrt diesen dann, wie er sich einstellen soll, was er tun, lassen, sagen, schweigen, bedenken soll? Einzig die Zuversicht lehrt ihn das alles und mehr, als notwendig ist. Da gibt's für ihn keinen Unterschied in den Werken; er tut das Große, Lange, Viele so gern wie das Kleine, Kurze, Wenige und umgekehrt. Dazu tut er's mit fröhlichem, friedlichem, sicherem Herzen und ist dabei ein ganz freier Geselle. Wo aber ein Zweifel da ist, da sucht man, was wohl am besten sei. Da fängt man an, sich Unterschiede der Werke aus­zumalen, mit denen er Huld erwerben könnte, und er geht dennoch mit schwerem Herzen und mit großer Unlust daran und ist gleich davon gefangen, mehr als halb verzweifelt und wird oft zum Narren darüber.

So auch ein Christenmensch, der in dieser Zuversicht zu Gott lebt, weiß alle Dinge, vermag alle Dinge, greift in allen Dingen kühn an, was zu tun ist, und tut alles fröhlich und frei, nicht um viele gute Verdienste und Werke zu sammeln, sondern weil es ihm eine Lust ist, Gott damit wohlzugefallen, und dient Gott lauter und uneigennützig: Es ist ihm genug, dass es Gott gefällt.

Umgekehrt, wer mit Gott nicht eins ist oder daran zweifelt, der fängt an, sucht und sorgt, wie er doch noch genugtun und Gott mit vielen Werken bewegen wolle. Er läuft nach St.Jakob6, nach Rom, nach Jerusalem, hierhin und dahin, betet die St.-Brigitten-Gebete7 und dies und das, fastet an dem und an diesem Tag, beichtet hier, beichtet da, fragt diesen und jenen und findet doch keine Ruhe und tut das alles unter großer Beschwer, Verzweiflung und Unlust des Herzens, so dass auch die Schrift solche guten Werke auf hebräisch nennt »awehn und amal«, auf deutsch »Mühe und Arbeit«. Dazu sind's keine guten Werke, sondern alle verloren. Schon viele sind darüber toll geworden und vor Angst in allen Jammer gekommen. Von denen steht in der Weisheit 5, 6f.: »Wir sind müde geworden auf dem unrechten Weg und sind schwere, saure Wege gewandelt, aber Gottes Weg haben wir nicht erkannt und die Sonne der Gerechtigkeit ist uns nicht aufgegangen.«

Zum siebenten: In den Werken ist der Glaube noch gering und schwach. Lass uns weiter fragen: Wenn es ihnen übel ergeht an Leib, Gut, Ehre, Freunden oder was immer sie haben, ob sie auch dann glauben, dass sie Gott Wohlgefallen und er ihre Leiden und Widerwärtigkeiten, sie seien klein oder groß, ihnen gnädig verordne? Hier ist's eine Kunst, zu einem Gott, der sich zornig stellt nach all unsrem Sinn und Verständnis, gute Zuversicht zu haben und Besseres von ihm zu erhoffen als man's emp­findet. Hier ist er so verborgen, wie die Braut es im Hohen Lied 2, 9 sagt: »Siehe, er steht hinter der Wand und sieht durch die Fenster.« Das meint soviel wie: Unter den Leiden, die uns von ihm scheiden wollen wie eine Wand, ja wie eine Mauer, steht er verborgen und sieht doch auf mich und verlässt mich nicht. Denn er steht und ist immer bereit, in Gnaden zu helfen, und durch die Fenster des dunklen Glaubens lässt er sich sehen. Und in den Klagelie­dern des Jeremia heißt es: Er verwirft wohl die Menschen, aber wo er es tut, ist es nicht seine Herzensmeinung (Jeremia 3, 31ff). Diesen Glauben kennen sie gar nicht und finden sich ab, denken, Gott habe sie verlassen und sei ihnen feind. Ja, sie schreiben solches Übel den Menschen zu und dem Teufel, und so ist da rein keine Zuversicht mehr zu Gott.

Darum ist ihnen ihr Leiden auch allezeit ärgerlich und schädlich, und doch gehen sie hin und tun etliche guten Werke, wie sie meinen, und nehmen solchen Unglauben bei sich gar nicht wahr. Aber die Gott in solchem Leiden vertrauen und eine feste, gute Zuversicht zu ihm behal­ten, dass er ein Wohlgefallen an ihnen habe, denen sind die Leiden und Widerwärtigkeiten nichts als kostbare Verdienste und die edelsten Güter, die niemand hoch genug schätzen kann. Denn der Glaube und die Zuversicht ma­chen alles kostbar vor Gott, was für die ändern aufs allerschädlichste ist, so dass selbst vom Tod in Psalm 116, 15 geschrieben steht: »Der Tod seiner Heiligen ist kostbar geachtet vor Gottes Augen.« Und soviel die Zuversicht und der Glaube in diesem zweiten Grad besser, höher und stärker sind gegenüber dem ersten Grad, um soviel über­treffen die Leiden in diesem Glauben alle Werke im Glauben. Und so ist zwischen solchen Werken und Lei­den ein unermesslicher Unterschied, was die Besserung anlangt, die sie bewirken.

Zum achten: Über dies alles geht dann der höchste Grad des Glaubens, wenn Gott nicht mit zeitlichen Lei­den, sondern mit Tod, Hölle und Sünde das Gewissen straft und zugleich Gnade und Barmherzigkeit versagt, als wollte er ewig verdammen und zürnen. Nur wenige Menschen erfahren es so, wie David in Psalm 6, 1 es beklagt: »Herr, strafe mich nicht in deinem Grimm!« Hier zu glauben, dass Gott ein gnädiges Wohlgefallen an uns habe, ist das höchste Werk, das von und in seinen Ge­schöpfen geschehen kann. Davon wissen die Werkheili­gen und Guttäter gar nichts. Denn wie wollten sie hier für sich Gutes und Gnade von Gott erhoffen, wenn sie in ihren eigenen Werken ungewiss sind und schon im ge­ringsten Grad des Glaubens in Zweifel geraten?

Sieh, so hab ich's gesagt, allezeit den Glauben gepriesen und alle Werke, die ohne solchen Glauben geschehen, verworfen, um dadurch die Menschen von den falschen, blendenden, pharisäischen, ungläubigen guten Werken, von denen jetzt alle Klöster, Kirchen, Häuser, niederen und höheren Stände voll sind, weg- und zu den rechten, wahrhaftigen, grundguten gläubigen Werken hinzufüh­ren. Dabei widerstrebt mir auch niemand außer jenen unreinen Tieren, deren Füße nicht gespalten sind (wie es im Gesetz des Mose angedeutet ist, 3. Mose 11, 4), nämlich Menschen, die gar keine Unterscheidung dulden wollen in guten Werken, sondern plump hineintappen: Wenn nur gebetet, gefastet, gestiftet, gebeichtet, genuggetan wird, dann soll dies alles ein gutes Werk sein, auch wenn sie dabei keinen Glauben gehabt haben an die göttliche Gnade und sein Wohlgefallen. Ja, am meisten erachten sie es für gut, wenn es nur viele und große Werke waren und sie diese lange getan haben, auch ohne all solche Zuver­sicht. Und sie wollen allererst nachher Gutes davon erhof­fen, wenn die Werke getan sind, und wollen damit nicht auf das göttliche Wohlgefallen ihre Zuversicht bauen, sondern auf ihre getanen Werke, das heißt auf Sand und auf Wasser, wie Christus Matthäus 7, 26f. sagt. Diesen guten Willen und das Wohlgefallen, auf dem unsre Zuversicht steht, haben die Engel vom Himmel verkündigt, als sie in der Christnacht das Gloria in excelsis Deo sangen: »Ehre sei Gott in der Höhe, Frieden auf Erden, gnädiges Wohl­gefallen den Menschen!« (Lukas 2, 14)