Von Industrieschauspielern und politischen Traumtänzern - Franz F. Roland - E-Book

Von Industrieschauspielern und politischen Traumtänzern E-Book

Franz F. Roland

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Beschreibung

Erinnerungen an die Ingenieurausbildung in Österreich. Ein Freundeskreis fürs Leben, der sich frech "Das dreckige Dutzend" nennt. Kameradschaft wird großgeschrieben, Herausforderungen gesucht. Bald schon kommen die Jungingenieure international zum Einsatz. Geht es im Geschäft zur Sache, treten die "Industrieschauspieler" auf. Welterfahren werden globale Zustände und hiesige Lebensumstände verglichen. Fakten und Themen unserer Zeit in Anmerkungen festgehalten: Elektromobilität, Flüchtlingskrise, globale Finanzprobleme. Die Furcht vor den Folgen einer traumtänzerischen Politik, aber auch konkrete Vorschläge, wie wir alle – diese unsere Welt – zu einer besseren machen könnten. Ein Appell an Logik und Hausverstand. Und vorsichtshalber ein "Helfe uns Gott …!"

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DER INHALT

Impressum

Die Anmerkungen

Die Erinnerungen und Resümee

Die Vorbemerkungen

DIE WURZELN

DAS DRECKIGE DUTZEND

DIE VORFAHREN

DIE KINDHEIT

DIE INGENIEURAUSBILDUNG

DIE MATURAREISE

DER DIENST FÜRS VATERLAND

DER ERSTE FREITAG

DIE INDUSTRIESCHAUSPIELER IN DER VERSTAATLICHTEN

DER FREIZEITVEREIN

DIE INDUSTRIESCHAUSPIELER IN DER PRIVATWIRTSCHAFT

DIE JUBILÄUMSREISEN

DER STILLSTAND IM REICH DER TRAUMTÄNZER

Das Resümee: Was zu tun wäre!

Der Anhang

Geld, Inflation, Blasen, Währungsreformen, Staatspleiten:

Noch ein paar Fakten zu Elon Musk und Tesla:

Stichwortverzeichnis: Das dreckige Dutzend

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2019 novum Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-99064-696-0

ISBN e-book: 978-3-99064-697-7

Lektorat: Annette Debold

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Die Anmerkungen

Zum Volk gehörig

Wien, die Hauptstadt des Deutschen Reiches

Der Große Titel

Einer der einigenden Bereiche

Mätresse

Verscherbelt

Sudetendeutsche

Europäer

Watchlist

Sippenhaftung und Selbstgeißelungsfähigkeit

Das nationale Interesse

Regulierungen

EU Sanktionen

Findungskommission

Bankraub von innen

Fernweh und die Schönheit meiner Heimat

Toleranz und Nationalismus

Gewerkschaftsgelder

Nur ein Wimpernschlag

Holen Sie sich, was Ihnen zusteht

Was soll die Gewerkschaft

Besser sein

Satt vom Wohlstand der Eltern

Vermögen

Unbegrenzte Zuwanderung aus aller armen Welt

Waschstationen

Lebensumstände großer Teile der Weltbevölkerung

Die Moscheen sind unsere Kasernen

Kraft der Fertilitätsrate

Ein modernes Zuwanderungsgesetz

Die Räude

Ein Rätsel der Sozialpolitik

Mit der Weisheit der Jahre

Verletzung des Anstandes

Hinweggefegt

Undurchsichtige Vorgänge

Der politische Jungstar

In der DDR sozialisiert

Die diplomatische Atombombe

Energiechaos

Die Wendefähigkeit der Kanzlerin

Der gesteuerte Mob und eine Parteispendenaffäre

Prinz Eugen von Savoyen

Die journalistische Fantasie

In falsch verstandenem Klassenkampf und Antirassismus

Schwabenzüge

Russlanddeutsche und Siebenbürger Sachsen

Insere Leit

Stadtguerilla

Fidel

Mohr im Hemd

Genderwahn

#metoo

Der angeblich zivilisierte Mensch

Kampf gegen Studiengebühren

Der Job des Sanierers

Präsenz in Italien

Der Aufstieg der Samurai

Der Musikant Gottes

Amadeus

Super-GAU

Die Komplizenschaft ideologischer Todfeinde

Russland als Partner

Das Diktat von Macht und Größe

Nur eine Amtszeit

Die Krim

Muhlenberg-Legende

Mississippi-Kultur Cahokia

Hurrikans, schlimmer als Katrina

Die Fakten imperialer Politik

Deutsche Experten führend

Kommunismus

Sozialismus à la Merkel

Rote Fini

Eine ungeschriebene Regel

Bajuwarische Befreiungsarmee

Ebergassing

Walentina Hummelbrunner

Wiener Osthilfe

Die Fastnacht

Die Kulturgeschichte Chinas

Korea, eng mit China verbunden

Die Araber

Land der Arier

Schiiten und Sunniten

Abraham

Züchtung des IS

Äquivalenzen zum Dreißigjährigen Krieg

Unrechtsbewusstsein

Afrika den Afrikanern

In der Sonne liegen

Völkerwanderung

Böses Blut

Für wen Politiker arbeiten

Die Bestechung der Bürger

Die Inserate

Der Dummheit vertraut

Ein Volkseigener Betrieb

Reppubliche Marinae

Osman

Allmachtsfantasien

Mit machtpolitischen Fragen

Rufen nach Verboten

Im Zwang, Aktionismus zu zeigen

Null-Emission-Autos

E-Mobilitäts-Hype und Fake News

Katar, Abu Dhabi, Dubai, Bahrain

Krankenwesen

Ein Perpetuum mobile

Auf europäischer Ebene

Aufgabe des rechten Spektrums

Eine unblutige Revolution

Immigration und Asyl

Unsere Realität

Recht und Ordnung

Interessen definieren und durchsetzen

Rostgürtel

Aussitzen und Moderieren

Geschichtskittung

Machtverlängerung und Jubelovationen

Hoffnungsträger

Die Erinnerungen und Resümee

DIE WURZELN

Österreich

Die Habsburger

Auf Sommerfrische

Traumtänzende Politiker

Die Besonderheiten des Landes wie des Menschenschlages

Neue Habsburgische Allianz

Herausragende Persönlichkeiten

Die Heimat der Ingenieurskunst

DAS DRECKIGE DUTZEND

Die Ingenieurschulen

Eine besondere Truppe

Die Kameradschaft

DIE VORFAHREN

Die Oma

Die soziale Situation

Die Mutti

Der zugehörige Vater

DIE KINDHEIT

Die Eltern

In der Volksschule

Schlüsselkind

Auf Urlaub

In der Hauptschule

DIE INGENIEURAUSBILDUNG

Die Professoren

Nähunterricht

Tanzschule

Der Ball der Knödelakademie

Die Bude

Tagesskiausflug auf die Zwieselalm

Das Schulschwänzen

Zur Ilse

Pflichtpraktika

Klassenkassa und HTL-Partys

Die Schulskiwoche auf der Gjaidalm

Die Wienwoche

Am Maturaball

Das verschneite Rußbach

Matura

Die weiße Fahne

Journaille

Der Brauch des Maturascherzes

Die Maturazeitung

Die Maturafeier

DIE MATURAREISE

Die Anreise

In diesem Hotel war ich zu Ostern mit meinen Eltern in Athen

Wohl eingedöst und fest verschlossen

Stierkampfarena

Ein besonderes Geschenk

Das beste Urlaubsfoto

Erste-Hilfe-Engel

Mascherl

Energiesparer

Das Bonavida

Reitausflug

Blonde Versuchung

Maskottchen

Wochenendausflug

DER DIENST FÜRS VATERLAND

Ableistung des Wehrdienstes

Zimmerkommandant

Die Grundausbildung

Der Dienst in der Hubschrauberstaffel

Das Fliegerfrühstück

Manöver

Lage

DER ERSTE FREITAG

Pfingstradtouren

Zum Törggelen nach Südtirol

Akt der intelligenten Selbstorganisation

Einen Luftballon

Ein dreitägiges Treffen

Im Stil einer Vogelscheuche

Ein Gourmetfrühstück

Die Entführung eines Gemäldes

DIE INDUSTRIESCHAUSPIELER IN DER VERSTAATLICHTEN

Im Maschinenbau

Akademisches Studium nebenberuflich

In einem Rechtsstaat

Industrieroboter

Italien und Frankreich

Des Öfteren in Japan

Flexible Fertigungszellen, Handhaben und Schweißen

In Russland

In Großbritannien

Höher, größer, schöner, USA

In den Kronländern

Das andere Deutschland

Eine industrieschauspielerische Leistung

Aus Irland und in Schweden

Geschäft in der Automobilindustrie

In Belgien

Für ein Werk in Spanien

DER FREIZEITVEREIN

Vereinslokal und Vereinswappen

Verkauf von Krapfen

Die Segeltörns

Höllenfahrt über den Kvarner

Sein Name war Programm

Das Seepatent

Ein Kugelblitz und Traumschiff

Eine fantasievolle Segeluniform

Eine Blindenbinde

Die Segelprüfung und Golflizenz

Nur mehr Kapitäne

DIE INDUSTRIESCHAUSPIELER IN DER PRIVATWIRTSCHAFT

Eine weltweit agierende Gruppe

Die Volksrepublik China

Koreas Automobilindustrie

Am indischen Subkontinent

Eine Reise nach Brasilien

Im Iran, dem früheren Persien

In Südafrika

Im Urwald Nigerias

Sechzig und vierzig

DIE JUBILÄUMSREISEN

Eines der wichtigsten Rituale

Rennbahn

Inselrundfahrten

Ehevertrag

Ein Feuerwehrfest

Entführt und gefoltert

Die Vierzigjährige

DER STILLSTAND IM REICH DER TRAUMTÄNZER

Die Politik macht schon etwas

Elektromobilität

Abgesandelt

Die Eliten kriminalisieren

Ein unheimlich reiches Land

Von Realität und Bevölkerung entfernt

Die Stadt Wien mit ihren Gebührenexzessen

Recherchen eines Hauptstadtkorrespondenten

Hintergründe des merkelschen Handelns

Gesetze nicht mehr durchsetzbar

Gewaltbereitschaft

Die verängstigte Tochter

Das Maß des Zumutbaren ist überschritten

In ihrem Bemühen um die Macht

Berichterstattung in den Medien

Das Resümee: Was zu tun wäre!

Aus der Geschichte lernen

Erfolgsspur und Wunschliste

Grundstrategie

Bliebe unser Verschuldungsproblem zu lösen

Die Zeichen an der Wand

Ins Maul des Drachen schauen

Neue Renaissance oder neue Aufklärung

Hausverstand

Die Vorbemerkungen

Ich habe den Werdegang der Ingenieurschüler, die sich „Das dreckige Dutzend“ nannten, von Beginn an begleitet und verfolgt. Den einen oder anderen kenne ich wie mich selbst. Oft habe ich in den letzten 40 Jahren launige Episoden in meinem Freundes- und Bekanntenkreis zum Besten gegeben, und stets erntete ich ungläubiges Staunen und Gelächter bis zu Tränen, ob dieser Geschichten des Lebens, die einem Ludwig Thoma oder Carl Valentin zur Ehre gereichen würden.

In der industriellen Praxis des Maschinen- und Anlagenbaus hatte sich, bei den frisch gebackenen Ingenieuren, sehr bald der Begriff des „Industrieschauspielers“ etabliert und verfestigt, da es zwar selbstredende Vorrausetzung für den Erfolg war, ein wettbewerbsfähiges und innovatives technisches Angebot zu entwickeln, aber auch genauso bedeutend und oft sogar entscheidend, dieses dem Kunden entsprechend überzeugend schmackhaft zu machen. Auch bei der Bewältigung von Problemsituationen während der Auftragsabwicklung war es, neben der technischen Lösung und präzisen organisatorischen Umsetzung, wichtig, seinem Gegenüber das Gefühl zu geben, partnerschaftlich behandelt und am Ende auch besser ausgestiegen zu sein als man selbst. Ohne dass dies, hoffentlich, den wirtschaftlichen Gegebenheiten auch wirklich entsprach.

Älter geworden, mit über 60, als Unternehmens- und Verbandsführer mit mehr als 40 Jahren beruflicher Erfahrung und hoffentlich doch auch mit etwas Überblick und Lebensweisheit ausgestattet, mit den unterschiedlichen Mentalitäten und Verhaltensweisen der verschiedensten Zivilisationen, Religionen, Kulturen und Bevölkerungsgruppen dieses Planeten selbst hautnah in Berührung gekommen, beruflich in Deutschland oder China genauso zu Hause wie in Österreich, motivierte mich dies, dem Ganzen einen literarischen Überbau zu geben. Dabei habe ich mich zusätzlich bemüht, neben der Bewusstmachung unserer historischen Wurzeln, exemplarisch auch Lebensumstände und soziale Situation unserer unmittelbaren Vorfahren in Erinnerung zu rufen und so den heutigen leichtfertigen Umgang mit unseren segensreichen sozialen Errungenschaften herauszuarbeiten und die resultierenden Gefahren aufzuzeigen.

Angesichts der Geschehnisse in Österreich, Deutschland und Europa – wo man sich immer öfter die Frage stellt, wo denn der gesunde Hausverstand bleibt – konnte ich mir verschiedene persönlicheAnmerkungenzu Zeit, Politik und Geschichte nicht verkneifen. Auch nicht, das segensreiche Wirken der Industrieschauspieler jenem der „Politischen Traumtänzer“ gegenüberzustellen. Denn gerade die Themen Eurokrise, Energiewende, Flüchtlingskrise, Türkei-Deal, Europakrise, Islamischer Terror, Compliance, Schuldenkrise oder Elektromobilität zeigen bei genauerer Betrachtung, dass weniger der viel zitierte Stillstand herrscht, sondern unsere Politiker sehr wohl etwas tun. Nur leider oft das Falsche, aber das dann richtig!

Ich erachte sowohl die träumende Linke wie auch die häss­liche Rechte für unser Gemeinwohl als gleich gefährlich. Wobei leider unsere wohlmeinende Gesellschaft, inForm moralisierender und eher einseitig orientierter Medien, sowie überheblicher Gerichte, wie auch selbstherrlicher, aber amateurhafter und hasenfüßiger Politik, ohne es zu realisieren, die Demokratie schwächt und autokratischen Strukturen den Boden aufbereitet. Beschäftigt man sich mit den theoretischen Idealen des Kommunismus, so stellt man zynisch, aber bestürzt fest, wie sehr wir uns diesen in den vier Kanzlerschaften Merkel schon angenähert haben. Gleichzeitig konzentrieren sich die großen Vermögen in einer noch nie da gewesenen Form, und so wird der Mittelstand, dem wir unseren Wohlstand verdanken, von allen Seiten massiv bedroht. Aber auch mühsam erkämpfte demokratische Prinzipien wurden in der realen Praxis bereits des Öfteren durch diktatorische Alleingänge ersetzt, ohne dass dies besonders aufgefallen wäre. Wichtige, als „alternativlos“ deklarierte, Entscheidungen dabei oft, unter praktischer Ausschaltung der gewählten Volksvertreter getroffen, zumindest aber ohne nähere Erklärung sowie ohne inhaltliche und fachliche Diskussion.

Um es nicht dabei zu belassen, nur zu kritisieren, habe ich mir als Resümee erlaubt, konkrete Vorschläge anzudenken, wie wir alle diese unsere Welt zu einer besseren machen könnten und diese auch konkret aufgelistet.

Mich selbst würde ich als logik- und faktenorientierten, harten Kopfmenschen mit einem weichen und emotionalen Kern bezeichnen. Als wirtschaftskonservativen, aber liberalen Menschen, mit einer abstammungsbedingten sozialen Grundeinstellung im Sinne der ursprünglichen christlichen Soziallehre. Dem bei aller gelebten Weltoffenheit und mit lieben Bekannten und Freunden in aller Herren Länder gesegnet, am Erhalt unserer Identität und Heimat, wie auch unserer Mutter Erde im Sinne einer lebenswerten Umwelt, gelegen ist. Gewählt habe ich in meiner Verzweiflung schon so ziemlich alles. Ohne zeitliche oder sonstige Reihenfolge: sozialdemokratisch in den Zeiten eines Bruno Kreisky, konservativ und liberal sowie aus Protest auch weiß und im Bemühen, die verkrusteten politischen Strukturen endlich aufzubrechen, einmal auch freiheitlich, in den Zeiten des aufstrebenden politischen Talentes, eines ansonsten fragwürdigen Jörg Haider.

Eine detaillierte Darstellung der Fakten zum südafrikanisch-amerikanischen „Wunderknaben“ Elon Musk und Tesla im Anhang rundet das Bild ab, welches in Bezug auf die batteriegetriebene E-Mobilität davor detailreich gezeichnet wurde. Ein Hype, befeuert von traumtänzerischen und überforderten Politikern, die, anstatt gesamtheitlich durchdachte Rahmenbedingungen vorzugeben, plötzlich glauben eine Technologieauswahl treffen zu müssen, da sich ihnen eine anscheinend überraschend einfache Lösung für ein komplexes Problem anbietet. Dass sie dabei Deutschland, Österreich und Europa, objektiv betrachtet, Schaden zufügen, ohne der Umwelt zu helfen, wird kühl negiert.

Nach dem Platzen der in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre aufgebauten Internet- oder Dotcomblase, wo Softwarefirmen mit nichts als einem gemieteten Büro und einer in einem vierseitigen Prospekt niedergeschriebenen vagen Geschäftsidee an der Börse plötzlich mehr wert waren als ein technologieführender Stahlkonzern mit all seinem Know-how, riesigen Anlagevermögen und wertvollen Stadtgrundstücken, hatte ich eigentlich gedacht, dass ein derart irrealer Hype, bei dem sich viele euphorische Werte über Nacht in null aufgelöst haben und Hunderte Milliarden vernichtet wurden, sich nicht mehr so schnell wiederholen wird. In diesem Boom wurde ich von so manchem Banker gefragt, was ich denn noch in der uncoolen Maschinen- und Anlagenbranche ohne begeisternde Story und hochfliegende Gewinnerwartungen täte? Heute ist die damals verspottete „Old Economy“ wieder in aller Munde, und dies positiv besetzt. Aber die Menschheit hatte auch schon aus der Tulpenblase nichts gelernt, und so sind auch heute wieder die mit wertvollsten Unternehmen an den Börsen diejenigen mit den schon über viele Jahre größten Milliardenverlusten, aber eben den schönsten Geschichten. Auch wenn sie, wie der Hersteller batteriegetriebener Elektrofahrzeuge, für die Umwelt nur eine Scheinlösung als Geschichte anzubieten haben.

Dies alles als launige und leicht lesbare Unterhaltung, mit gleichzeitig ernsten und hoffentlich auch aufrüttelnden Tatsachen gespickt, der interessierten Öffentlichkeit, insbesondere auch unserer heutigen Schuljugend und Studentenschaft, in einem geschlossenen Werk zugänglich zu machen, war mein Ziel. Klarerweise sind alle Handlungen sowie die handelnden Personen frei erfunden, eventuelle Ähnlichkeiten mit realen Vorkommnissen oder Personen rein zufällig!

Der Autor, 26. März 2019

DIE WURZELN

Österreichist eine tolle Erfindung. Es ist sehr deutsch, aber eben nicht Deutschland.

Am Beginn war dieser zentraleuropäische Raum, von dem es in der aktuellen österreichischen Bundeshymne heißt „Heiß umfehdet, wild umstritten, liegst dem Erdteil du inmitten, einem starken Herzen gleich“, kein staatliches Gebilde, wie wir es heute kennen, sondern ein namenloses Etwas, zu herausragenden kulturellen Leistungen genauso fähig wie zu den größten Barbareien. Den Beginn der Entwicklung, die mit Österreich endete, markiert das Jahr 816, als dem Salzburger Erzbischof, der in Kontakt zu Kaiser Karl dem Großen stand, besondere Freiheitsrechte verliehen wurden. Auch wenn Salzburg formal erst Anfang des 19. Jahrhunderts zu Österreich kam, begann damals dort eine Entwicklung, die mit den Habsburgern eine unheimliche politische, gesellschaftliche und kulturelle Kraft entstehen ließ, mit den spanischen Habsburgern zu einer globalen Macht wurde und am Beginn des 20. Jahrhunderts zerfiel. Was übrig blieb, ist ein kleines zentraleuropäisches Kernland, durch die einstige Ausdehnung und Bedeutung von internationaler Kultur geprägt, mit Wien als noch immer imperial erscheinendem Zentrum.

Nach der Zeit Karls des Großen wurde ein Gebiet östlich der Enns bis Tulln reichend und hauptsächlich südlich der Donau gelegen in der Volkssprache Ostarrichi, Reich im Osten, Mark im Osten, Osterland oder auch Österreich genannt. Auf Latein waren die Bezeichnungen Marcha orientalis und Marcha Austriae gebräuchlich. Urkundliche Erwähnung findet Ostarrichi erstmals 996. Von den Babenbergern regiert, als Pächter der kaiserlichen Macht des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, dessen östlichstes Bollwerk diese Markgrafschaft war. Die sich stetig weiterentwickelte, bald im Westen bayerische Gebiete von Enns, der ältesten Stadt Österreichs, über Linz bis ins Innviertel und im Osten pannonische Gebiete, einschließlich der Stadt Wien dazugewann.

Die Mark Österreich war am Beginn, so wie Salzburg, Teil des, Mitte des 6. Jahrhunderts entstandenen, Stammherzogtums Baiern. Die Bevölkerung bajuwarisch, früher auch baiowarisch geschrieben. Im ersten Glied des Namens, Baio, steckt das Ethnikon des zuvor bewohnenden keltischen Stammes der Boier, der auch im althochdeutschen Landschaftsnamen Böhmen, Bajohaimaz oder Heimat der Boier enthalten ist. Das zweite Glied kommt von wajaz, Bewohner. Der Name die Baiern oder Baiowaren wird deshalb als „Männer aus Böhmen“ gedeutet. Es wird vermutet, dass die Baiowaren nicht durch geschlossenen Zuzug, sondern vor Ort, als Gemisch verschiedener Völker entstanden sind. Keltische Urbevölkerung, Markomannen als jene „Männer aus Böhmen“, elb- und ostgermanische Kleinstämme, ansässige Römer, alemannische, fränkische, thüringische, ostgotische und langobardische Flüchtlinge sowie Nachkommen von Söldnern der dort stationierten römischen Grenztruppen. Historiker gehen davon aus, dass in Summe die Bajuwaren sogar weniger germanische als romanische Wurzeln hatten, was viele lateinische Sprachreste in der bayerischen Mundart zu bestätigen scheinen. Wie auch der offensichtliche Unterschied zwischen Süd- und Norddeutschen.

Die Bezeichnung „Deutsch“ stammt vom lateinischen Begriff „theodiscus“, was„zum Volk gehörig“bedeutet. Denn in Germanien sprach man nicht Latein, sondern die „Theodisca lingua“ oder „Volkssprache“, auf Althochdeutsch „thiutisk“ oder „diutisk“. Noch Mozart schrieb er spreche „teütsch“. In Italien wird Deutsch bis heute mit „Tedesco“ übersetzt.

Der Begriff „Europa“ leitet sich wiederum aus dem griechischen Wort für dunkel, „erebos“ ab. Sie steht sozusagen für das Abendland, wo die Sonne untergeht. Im Gegensatz dazu bedeutet „Asien“ wörtlich übersetzt aus der assyrischen Sprache, „Sonnenaufgang“, woraus sich der Begriff „Land der aufgehenden Sonne“, oder Morgenland ableitet. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich die früheren japanischen Kaiser, aus ihrer lokalen Sicht, als „Himmelssohn im Land der aufgehenden Sonne“ und ihr chinesisches Pendant, als „Himmelssohn im Land der untergehenden Sonne“ bezeichneten. Die alten Ägypter lebten auf der Ostseite des lebenspendenden Nils, der Seite des Sonnenaufgangs, der Geburt, des Lebens und begruben ihre Toten auf der Westseite, der des Sonnenuntergangs, der Dämmerung, der Nacht, des Todes.

Mit dem Privilegium minus, auch kleiner Freiheitsbrief genannt, unter dem eine königliche Urkunde aus dem Jahre 1156 verstanden wird, wurde die Mark Ostarrichi in ein vom Herzogtum „Baiern“ unabhängiges und selbstständiges Herzogtum umgewandelt. Salzburg löste sich erst im 14. Jahrhundert von Bayern los und wurde sodann ein unabhängiges Fürsterzbistum innerhalb des Reichs.

In der nach Friedrich Schiller „kaiserlosen, schrecklichen Zeit“ des uneingeschränkten Faustrechts brachte der streitbare König Ottakar von Böhmen, die, mangels männlicher Erben, formell in Reichsverwaltung befindlichen Länder Steiermark, Kärnten, Krain und eben Österreich unter seinen Einflussbereich. Die Burg der Traungauer, Steyr, hatte der Steiermark ihren Namen gegeben, aber Ottokar ordnete den Traungau dem späteren Verwaltungsbereich Ob der Enns oder Austria superior, Oberösterreich zu. Ober- und Niederösterreich waren lange die zwei Länder des einen Herzogtums Österreich.

Einer der mächtigsten „deutschen“ Fürsten geworden, erhob Ottokar Anspruch auf die im sogenannten „Interregnum“ schon lange Zeit herrenlose Reichskrone. Aber die auf ihren eigenen Vorteil und ihre Unabhängigkeit bedachten Kurfürsten wählten 1273 nicht ihn, sondern den unbedeutenden „Schwaben“, Graf Rudolf I., dessen Stammsitz, die Habsburg, zwischen Basel und Zürich lag, zum römisch-deutschen König. Als Folge musste Ottokar die o. a. Länder an Rudolf abtreten, der damit die habsburgischen Erblande, das „Haus Österreich“, begründete. Endgültig besiegelt durch Ottokars Tod in der Schlacht auf dem Marchfeld. Der ursprüngliche habsburgische Streubesitz am Rhein, im Elsass und am Bodensee wurde „Vorlande“, gemeinsam mit Tirol „Vorderösterreich“ genannt. „Innerösterreich“ war ein zusammenfassender Name für die Länder südlich des Semmering, d. h. die Herzogtümer Steiermark, Kärnten, Krain und die Grafschaft Görz, das adriatische „Küstenland“. Residenz, dieses im Zuge der Habsburger Erbteilung zeitweise auch politischen Gebildes, war Graz, dessen Name sich vom slowenischen Begriff Gradec – kleine Burg – ableitet. Im Westen vollzog sich der Aufstieg der Habsburger – im Osten erfüllte sich ihr Schicksal. Die Vorlande gingen als Erste an die Eidgenossen verloren. Aber keine andere europäische Dynastie sollte länger an der Macht bleiben als die Habsburger, und durch die verbindende Klammer gibt es bis heute mehr Gemeinsamkeiten zwischen einem Österreicher und einem Schwaben aus den früheren Vorlanden als zwischen diesem und einem Niedersachsen, wo ja angeblich in Braunschweig das reinste Hochdeutsch gesprochen wird. Im hochtechnologischen Schwabenländle gibt es, im Gegensatz dazu, den launigen, aber aussagekräftigen Spruch: Wir können alles, außer Hochdeutsch.

Das zentrale Dokument im österreichischen Mittelalter ist das Privilegium maius oder Großer Freiheitsbrief von Rudolf dem Stifter aus dem Jahre 1512, auch Freiheitsbriefe der Habsburger genannt. Das Staatsgründungsdokument Österreichs – aus dem sich das staatsrechtliche Fundament für das Zusammenwachsen der von den Habsburgern beherrschten „österreichischen“ Länder ableitete – ist zwar Geschichte, aber doch auch eine glatte Fälschung. Rudolf IV., der mächtigste Fürst dieser Zeit im Heiligen Römischen Reich, trickste ganz gewaltig. Er stattete seine Dynastie mit Befugnissen aus, die sie de facto den Kurfürsten gleichstellte, eine Forderung, die grundsätzlich legitim und auch logisch war, aber formal erst einmal durch- und auch umgesetzt werden musste. Da er schon einmal dabei war, definierte er so aber auch gleich noch Befugnisse, die weit über jenen des deutschen Königs lagen. Sein Großneffe Friedrich III. bestätigte später, als deutsch-römischer König, seinem eigenen Haus, mit Zustimmung der Kurfürsten von Mainz, Brandenburg und Sachsen, das Privilegium maius. Dann setzte er, als Kaiser, noch eine zweite Bestätigung durch, die zugleich Erweiterungen beinhaltete, die vor allem den Erzherzogen-Titel betrafen. Er legalisierte somit die Fälschung wasserdicht und machte sie zum Reichsrecht.

Das legt ein österreichisches Prinzip augenzwinkernd offen. Sich, abweichend vom geraden Weg des preußischen Stechschritts, am angestrebten plausiblen Ziel zu orientieren und den Weg zu gehen, der die größten Chancen verspricht, dies aber professionell, auf charmante Weise und mit gewinnender Art, sodass einem möglichst niemand böse sein kann. Man sieht, der Ausdruck des „Schlawiners“ ließ sich schon damals auf die höchsten politischen Kreise anwenden.

Die Habsburger,welche Österreich durch fast 700, genauer 640 Jahre europäische und Weltgeschichte führten, bauten dabei unter dem Motto „Die anderen mögen Kriege führen, du, glückliches Österreich, heirate“ ein Weltreich auf, zu dem, neben den aus den habsburgischen Stamm- und Erblanden hervorgegangenen Kronländern, weitere italienischsprachige Gebiete um Mailand, Mantua, Modena, Parma, Florenz, Neapel mit Sardinien und Sizilien sowie Venedig genauso gehörten wie die Niederlande, sowie Burgund, Spanien und Portugal, mit deren jeweiligen überseeischen Besitzungen in Amerika, Afrika und Asien. Die Zentren moderner Europapolitik, Brüssel und Straßburg, gehörten somit einmal zum Reich der Habsburger, welche eine Zeit lang sogar mit Fug und Recht behaupten konnten: „In unserem Reich geht die Sonne nicht unter“, und deren Leitspruch AEIOU daher u. a. auch als „Alles Erdreich ist Österreich untertan“ interpretiert wurde. Gemeint war wohl „Austrae est imperare orbi universo“: Es ist Österreich bestimmt, die Welt zu beherrschen.

Obwohl dieser Ausspruch Friedrich III. zugesprochen wird, legte erst dessen Sohn Maximilian I. – der bevorzugt in Innsbruck residierte, einem Knotenpunkt der wichtigen Handelswege in alle vier Himmelsrichtungen, wo bis heute das Goldene Dachl und die Schwarzen Mander an ihn erinnern – den Grundstein zum wahren habsburgischen Weltreich. Zur Donaumonarchie, zur spanischen und damit globalen Herrschaft der Habsburger und die mehrere Jahrhunderte dauernde Dominanz seiner Familie in Europa. Basis hierfür waren die Ehe mit Maria von Burgund, die vereinbarte Anwartschaft auf die Kronen Böhmens und Ungarns, insbesondere aber die Verehelichung seiner Kinder Margarete und Philipp dem Schönen, mit denen der spanischen Regenten, Ferdinand II. von Aragon und Isabella von Kastilien – durch deren Ehe Spanien erst entstanden war und die 1492 Christoph Kolumbus finanziert hatten, um in westliche Richtung einen Seeweg nach Indien zu finden. Wodurch wiederum der Sohn von Philipp mit Johanna der Wahnsinnigen, Maximilians Enkel Karl V., ein Reich erbte, in dem die Sonne dann nicht mehr unterging.

Die Habsburger waren aber darüber hinaus, in einer Art Personalunion,ab 1273 mehrmals und ab 1438 in fast durchgehender Folge, in Summe über fast 400 Jahre,auch die „gewählten“ Kaiser des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“, dem auch die „deutschen“ Teile Österreichs zugehörig waren. Manchmal wurde bei der Wahl auch mit dem geliehenen Geld des Augsburger Bankhauses Fugger nachgeholfen. Alleine Maximilian war bei 17 Aufenthalten bei Fugger in Summe 2 Jahre und 211 Tage in Augsburg. Insgesamt – realpolitisch natürlich auch inklusive der nicht „deutschen“ Teile der Österreichischen Monarchie – war dieses HRR ein Gebilde mit dem Potenzial einer absoluten Weltmacht. Diese machtpolitische Option wurde durch den Verrat des, dem männlichen Geschlecht sehr zugetanen, preußischen Königs Friedrich II. – der meinte mit der jungen, praktisch mittellosen und gerade ins Amt gekommenen Maria Theresia leichtes Spiel zu haben, ihr Schlesien entriss und den man ob dieser Leistung sogar mit dem Prädikat „der Große“ auszeichnete – praktisch beerdigt. Preußen trachtete nach diesem „Sieg“, der es 70 % seiner stolzen Armee gekostet hatte, die deutschen Staaten unter seine Herrschaft zu bekommen. Mit der Schlacht bei Königgrätz – von Preußen mit modernen Hinterladergewehren gegen die österreichischen, auch Vorderlader genannten Zündnadelgewehre gewonnen – wurde der „Deutsche Bund“ später auch formal beendet und Deutschland, ohne die österreichischen deutschen Lande, unter preußischer Herrschaft als Nationalstaat geeint.

Immer wieder erlebte ich in meinem Leben, zu meiner Überraschung, blass erstaunte Bürger, denen nicht geläufig war, dassWienfast 400 Jahre lang auchdie Hauptstadt des Deutschen Reichesgewesen ist. Auch dass die deutsche Bundeshymne bis heute die Melodie der von Haydn komponierten Kaiserhymne der österreichischen Monarchie „Gott erhalte, Gott beschütze, unseren Kaiser, unser Land!“ verwendet, war vielen, die ich traf, nicht bekannt.

Die umstrittene Hymnenmelodie komponierte Joseph Haydn 1797 für den Österreicher Franz II., den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Damals wurde die Hymne noch mit dem namensbezogenen Text „Gott erhalte Franz den Kaiser, unseren guten Kaiser Franz!“ gesungen. Franz II. legte jedoch später die römisch-deutsche Kaiserwürde ab, um als Franz I. erster österreichischer Kaiser zu werden. Haydns deutsche Reichshymne wurde nun österreichische Kaiserhymne, aber nach dem Wiener Kongress 1815 zugleich auch die Hymne des Deutschen Bundes mit Sitz in Frankfurt am Main, dessen Präsidialmacht Österreich war. „Das Lied der Deutschen“ textete der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1841. Darin forderte er mit seinem Appell „Deutschland, Deutschland über alles“ das Ende der Kleinstaaterei und ein vereintes Deutschland, das über Österreich, Preußen, Bayern, Württemberg und den vielen kleinen Fürstentümern und Staaten stehen sollte. Diesem Text legte er diejenige Melodie zugrunde, die bereits den Reichsgedanken über viele Jahre verkörpert hatte, nämlich Haydns Kaiserhymne. 1922 wurde die erste Strophe durch Verordnung des sozialdemokratischen Reichspräsidenten zur offiziellen deutschen Nationalhymne erklärt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die dritte Strophe „Einigkeit und Recht und Freiheit“ zur deutschen Bundeshymne. Der österreichische Bundespräsident Karl Renner forderte 1945, als ein unabhängiger österreichischer Staat wiedererrichtet worden war, dass Deutschland die Haydn-Hymne untersagt werden sollte, und man wollte sogar die britische Besatzungsmacht damit beschäftigen. Letztendlich entschied sich die Republik Österreich aber für eine neue österreichische Bundeshymne, wohl auch um die Distanz zur nazistischen Herrlichkeit, aber auch zur Monarchie, zu dokumentieren. Anzumerken ist noch, dass sich bis 1918 auch das 1871 gegründete Deutsche Kaiserreich und Großbritannien die gleiche Hymnenmelodie teilten. Man sang, wie davor schon Preußen, „Heil dir im Siegerkranze“ zu den Klängen von „God save the King“, ursprünglich wahrscheinlich ein Schweizer Militärmarsch.

In Österreich – man nannte sich später, auch wenn die Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bis heute in der Schatzkammer der Wiener Hofburg zu besichtigen ist, ab 1804 der neuen Realität entsprechend auch formal nur mehr Kaiser von Österreich – gab es unter Maria Theresia und ihrem Sohn Josef II. noch große Reformen und kulturelle Blüte. Davon zeugen auch heutige italienische „Nationalheiligtümer“, wie beispielhaft die unter Maria Theresias Regentschaft errichtete Mailänder Scala. Von ihr wurde auch die Folter abgeschafft. Eines ihrer 16 Kinder, die einfältige und faule Maria Antonia, erlangte als Marie-Antoinette zweifelhafte Berühmtheit, als sie im Zuge der Französischen Revolution auf dem Schafott endete. Davor hatte sie, noch als französische Königin, der – bedingt durch hohe Ausgaben für die Kriege in der Neuen Welt – hungernden Bevölkerung geraten, doch Kuchen zu essen, wenn sie denn kein Brot hätten.

In die Zeit Maria Theresias und Josefs II. fiel auch das Wirken des vielleicht bekanntesten Österreichers, Wolfgang Amadeus Mozart. Als Sohn einer Österreicherin aus dem Salzkammergut und eines Bayern aus Augsburg, 1756 in Salzburg geboren – damals ein unabhängiges Erzbistum im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation – war Mozart zu seinen Lebzeiten, im eigentlichen Sinn, gar kein Österreicher. Als Salzburg 1816 zu Österreich kam, war Mozart bereits längst tot. Aber Mozart hat lange Zeit in Wien gelebt, wo er auch gestorben ist und in einem namenlosen Armengrab außerhalb der Stadt bestattet wurde. Diese Art der Bestattung war aber dazumal, für alle der Kirche Sankt Stephan zugehörigen Gläubigen, die zuvor dort aufgebahrt wurden, die übliche. Mozart war auch nicht arm, wie romantische Biografen fälschlicherweise berichteten. Sein jährliches Einkommen in Wien betrug ca. 10.000 –, Gulden, wie Experten sagen, entspricht das heute ungefähr 150.000,–. Aber um zu veranschaulichen, was man sich für einen Gulden alles kaufen konnte, folgendes Beispiel: Für seine Hausbesorgerin musste Mozart nur 1 –, Gulden, d. h. 15 –, zahlen. Aber nicht, wie jetzt so mancher im Vergleich zu heutigen Kosten annehmen wird, in der Stunde, sondern im Monat! Mozarts schillernde Persönlichkeit nahm bereits dazumal die heutige Gegenwart vorweg, denn der Weitgereiste – der sich deshalb mit seinem Fürsterzbischof überwarf und ins benachbarte Österreich mit seinem prunkvollen Kaiserhof auswanderte – war im Prinzip schon damals ein deutschsprachiger Europäer, mit einem österreichischen Gemüt.

Vor in etwa 175 Jahren, in der Zeit als vom Dirigenten Otto Nicolai die Wiener Philharmoniker 1842 gegründet wurden, fanden sich in Salzburg ein paar Unternehmer zusammen, denen es furchtbar „stank“, dass die ganze Welt zu dieser Zeit glaubte, Mozart sei ein Wiener gewesen, und stifteten Geld, um die berühmten Gebrüder Schwanthaler mit der Herstellung eines beeindruckenden Mozartdenkmals zu beauftragen und so vor der Welt zu dokumentieren, dass Mozart ein geborener Salzburger war. Diese kulturpolitische Aktion wird von vielen als Vorläufer der Salzburger Festspiele gesehen, die, nach langer Vorgeschichte, offiziell im Jahr 1920 mit der Max-Reinhardt-Inszenierung des „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal am Domplatz starteten. Ein Festival, bei dem später u. a. österreichische Künstler wie Herbert von Karajan, Nikolaus Harnoncourt oder Franz Welser-Möst für kulturelle Sternstunden sorgten und sorgen. Besonders auffällig ist dabei, dass gerade in der Zeit höchster Not Künstler und kunstsinnige österreichische Bürger die Kraft aufbrachten, das größte und wichtigste Festspiel der Welt zu gründen. Sie dachten groß in Zeiten, in denen ihr Land gerade sehr klein geworden war, und glaubten inmitten von extremer Arbeitslosigkeit und Hungersnot an die Idee einer „Weltkunstzentrale“ in Salzburg – auf österreichischem Boden! Sie verstanden das Ganze als Friedensprojekt in „der furchtbaren Wirklichkeit dieser Tage“, im „ungeheuren Weltenbrand“, hervorgerufen und hinterlassen von den „Stürmen des Krieges“, wie Max Reinhardt schon 1917 in einer Denkschrift dargelegt hatte. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden bereits am 12. August 1945 die Festspiele wiedereröffnet – als Österreich noch in Schutt und Asche lag. Der US-Hochkommissar für Österreich, General Mark Clark, betonte damals bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Österreich: „Ich bin mir sicher bewusst, dass diese frühe Einführung ihrer Festspiele ein Beweis dafür ist, dass die gemeinsame Arbeit des österreichischen Volkes und der Vereinten Nationen, ein freies unabhängiges Österreich wiederherzustellen, bald glücken wird.“

Die Habsburger waren der klassischen Musik sehr zugewandt, vier Habsburger Kaiser komponierten sogar selbst. Man kann insgesamt wohl klassische Musik als einen der identitätsstiftenden Kristallisationspunkte Europas ansehen. Wie auch das berühmte und wohl gefragteste Konzert der Welt, das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, international wesentlich zur Unterscheidung Austrias von Australia beitrug. Vergessen wird bei diesem großen gesellschaftlichen Ereignis, einer Hommage an die um 1800 begonnene Walzerseligkeit der Strauss-Zeiten, welches zwischenzeitlich jährlich von über 40 Millionen Menschen verfolgt wird, gerne, dass dieses Konzert eine Erfindung des Propagandaministers Goebbels war. Vier Monate nach Beginn des Zweiten Weltkrieges ins Leben gerufen, mit Clemens Krauss als erstem Dirigenten, dem nach 13 Neujahrskonzerten und nach einem 25 Jahre dauernden Zwischenspiel mit dem Stehgeiger Willi Boskovsky, ab 1980 praktisch alle großen Dirigenten dieser Erde nachfolgten, die durch die Einladung der Wiener Philharmoniker geadelt wurden – Lorin Maazel, Herbert von Karajan, Claudio Abbado, Carlos Kleiber, Zubin Mehta, Riccardo Muti, Seiji Ozawa, Nikolaus Harnoncourt, Georges Pretre, Franz Welser-Möst, Daniel Barenboim, Mariss Jansons, Gustavo Dudamel und am 1. Jänner 2019 Christian Thielemann. Auch war das allererste dieser Konzerte im eigentlichen Sinn kein Neujahrskonzert, sondern ein Silvesterkonzert – denn Krauss befürchtete, dass „die Nachwirkungen des Silvesters den Konzertbesuch ungünstig beeinflussen könnten“. Verliert man sich in den Strauss-Melodien, so muss man sich immer vor Augen führen, dass es zu dieser Zeit weder Fernsehen noch Kino oder Radio gab und auch das Grammophon erst 1887 erfunden wurde. Durch das Fehlen dieser modernen Ablenkungen war das Gesellschaftsleben jener Zeit wesentlich ausgeprägter und kultivierter als heute. Man las noch Literatur, lernte ein Musikinstrument, ging ins Café, ins Theater oder in die Oper, gab Einladungen oder folgte solchen und erfreute sich an der Konversation mit Mitmenschen. Johann Strauss Sohn, mit dem Donauwalzer Komponist der heimlichen österreichischen Nationalhymne, war nach der reinen Lehre der klassischen Musik zu jener Zeit ein Popstar und seine Auftritte im Café Dommayer oder anderen Etablissements eine der wenigen Abwechslungen für die Wiener, die eine wahre Tanzeuphorie auslösten, die später etwas abgeschwächt die ganze Welt erfassen sollte. In Österreich wird bis heute die schöne Tradition der eleganten Bälle gepflegt, wo bei den großen Bällen, wie dem Opernball oder dem Philharmonikerball, noch „Frackzwang“ herrscht. Ein besonderes und unbeschreibliches Gefühl, von den fulminanten Philharmonikern begleitet, sich der Walzerseligkeit hinzugeben.

Die kulturellen Highlights Österreichs wurden von den „Industrieschauspielern“ auch für die Pflege des zwischenmenschlichen Kontaktes und die Vermenschlichung der Geschäftsbeziehungen genutzt. Zum Beispiel Karten für das Neujahrskonzert zu bekommen, welches nur einmal im Jahr im blumengeschmückten Goldenen Saal des Wiener Musikvereins stattfindet und formal ein Abonnementkonzert ist, war auch sehr wohlhabenden Menschen nicht so einfach möglich, da nicht wirklich käuflich erwerbbar. Es gibt weltweit viele wohlbetuchte Kulturfreunde, die zeit ihres Lebens sich, ohne Erfolg, bemühten. Konnte nun die Gattin des hoch angesehenen Geschäftspartners ihrer natürlich ebenfalls noblen Nachbarin oder Freundin berichten, im Gegensatz zu ihr, bei diesem einmaligen, eleganten und elitären Ereignis dabei gewesen zu sein, und diese darob vor Neid erblassen, steigerte dies oft deren Hingabe zum Gatten, was diesen wiederum dankbar an jenen denken ließ, dem er die ungewohnte Zuwendung seiner Liebsten – die normal eher jammerte, wie wenig er sich um sie kümmere – zu verdanken hatte. Dies war der Beginn so manch echter Männer- und Geschäftsfreundschaft.

Neben dem Neujahrskonzert waren der Wiener Opernball oder die Salzburger Festspiele die geeigneten kulturellen Highlights, die sich hierfür anboten. Um die Weihnachtszeit gibt es im Konzerthaus immer auch ein Weihnachtskonzert, Christmas in Vienna, bei dem die Symphoniker, gemeinsam mit den Wiener Sängerknaben, die Besucher mit weihnachtlichen Melodien und Liedern verzaubern. Eine Institution ist zwischenzeitlich auch das sommerliche Freiluftkonzert der Philharmoniker im Park des Schlosses Schönbrunn.

Man ging am letzten Dezembertag des alten Jahres zuerst in die zwischenzeitlich 150 Jahre alte Staatsoper, wo zu Silvester immer „Die Fledermaus“, eine Operette von Johann Strauss, gegeben wird. Die Staatsoper ist neben der Volksoper und dem schon 1801 von Emanuel Schickaneder, dem Librettisten der Zauberflöte, errichteten Theater an der Wien eines von drei Opernhäusern in Wien. Bereits 1629 entstand im Hofburgbereich die Wiener Hofoper, die aber 1744, anlässlich der Erbauung des Redoutensaales abgerissen wurde. Etwas Besonderes ist es, sich in der Staatsoper den gegenüber der Mittelloge, oder früher Kaiserloge, gelegenen Teesalon für einen Empfang zu mieten und vielleicht auch noch vom Dramaturgen der Oper sich die Schwerpunkte des gegebenen Stückes näherbringen zu lassen. Dieser Salon, der früher ausschließlich dem Herrscher zur Verfügung stand, ist mit unauffälligen Fenstern ausgestattet, durch die man die Gäste, welche die Kaiserstiege in der Oper zu ihren Logen hochgehen, ungestört beobachten kann. Anschließend ging es zum Silvesterdinner ins Palais Schwarzenberg oder ins Sacher, wo man später noch mit Tanzmusik ins neue Jahr walzte. Im nahe des Schlosses Belvedere des Prinzen Eugen gelegenen Palais Schwarzenberg konnte man auf der Prachtstiege, welche vom Marmorsaal in den Garten führt, um Mitternacht ein fulminantes Feuerwerk, wie auch eine Einlage des sicherlich frierenden Staatsopernballetts genießen. Am Ende dieser parkähnlichen Gartenanlage hatte sich auch der nobelste und angesagteste Tennisklub Wiens – mit Gebühren in der Dimension eines Golfklubs – etabliert. Für die Aufnahme benötigte man allerdings zwei Klubmitglieder als Bürgen. Das Sacher, in Wien eine Institution, zurückgehend auf die verwitwete, Zigarre rauchende Hotelierslegende Anna Sacher, bot auch nach normalen Opernabenden, neben verschwiegenen Separees, in der Roten Bar Wiener Spezialitäten wie Griesnockerlsuppe, Tafelspitz mit Schnittlauchsoße, Obers- und Semmelkren oder Wiener Schnitzel und die unvermeidliche Sachertorte – über deren Originalität man mit dem K.-u.-k.-Hofzuckerbäckermeister Demel in wildem Streit lag – mit Klaviermusikbegleitung oder in der Blauen Bar einfach einen Absacker begleitet von Sacherwürstln – das sind je nach deutschstämmiger Volkszugehörigkeit überlange Frankfurter oder Wiener Würstl, mit Senf und Kren. Die man in Normallänge natürlich auch in einem der unzähligen Würstlstände verzehren konnte. Der Gastronom Plachutta servierte das Rindfleisch, egal ob Tafelspitz, Meisel oder Gustostückerl, wieder auf die Art, wie es zu Kaisers Zeiten üblich war, in der eigenen Rindsuppe im Kupferpfandl. Der Musik des Volkes, dem Wienerlied, konnte man sich in einem der unzähligen Heurigen an der Peripherie Wiens, wie in Grinzing oder Neustift, hingeben und den neuen Wein, bevorzugt den in Österreich exklusiv beheimateten Grünen Veltliner genießen, oder beißen, wie der Wiener sagt. Dieser wird ganz besonders in der unweiten, auch an der Donau gelegenen Wachau, gepflegt, die neben dem Wienerwald – ein die Stadt halb umschließender Urwald – beliebtes Ausflugsziel für eine Landpartie ist. Besondere Locations findet man in Wien in den unzähligen Palais des früheren Hochadels wie Pallavicini, Liechtenstein, Auersberg, Coburg, Colloredo, Daun-Kinsky, Dietrichstein, Epstein, Esterhazy, Fürstenberg, Hardegg, Harrach, Herberstein, Hohenlohe, Hoyos, Khevenhüller, Landau, Metternich, Palffy, Porcia, Rasumowsky, Salm, Schönborn, Starhemberg, Strozzi, Todesco, Trauttmansdorff, Windisch-Graetz, um nur einige zu nennen. Beliebt bei allen Besuchern, die alte Innenstadt innerhalb des Ringes, auf dem bis zu Franz Josefs Zeiten die Stadtmauer stand, mit dem Fiaker zu erkunden, was das Gefühl einer Kutschenfahrt in der „guten alten Zeit“ des Kaisers vermittelt.

Unter Kaiser Franz Josef – der mit 18 den Thron bestieg und 68 Jahre später mit 86 Jahren „auf dem Thron“ starb – ging dann alles verloren. War Josef II. seiner Zeit oft weit voraus, so hinkte ihr Franz Josef intellektuell hinterher. Einer seiner früheren Ministerpräsidenten meinte aus Anlass seines Todes trocken: „Franz Josef hat Österreich viel angetan, am Anfang mit seiner Jugend und am Ende mit seinem hohen Alter.“ Von der Schlacht bei Solferino bis zum blutigen Ersten Weltkrieg begann und verlor Franz Josef die wesentlichen Kriege. Im Großen Krieg – in den die Mächtigen, nach den Worten des in Großbritannien lebenden, australischen Historikers Sir Christopher Clark, „schlafwandelnd“ taumelten – am Schluss sein ganzes Reich. Ungarn hatte ihm Kaiserin Elisabeth noch retten können. Aber gleichzeitig lag in diesem Ausgleich mit Ungarn und der Krönung zum König von Ungarn mit der Stephans-Krone bereits der nächste große Konflikt begründet. Sahen sich doch die Slawen, wohl nicht ganz zu Unrecht, dadurch benachteiligt. Was den Panslawismus und damit das Verhältnis der slawischen Völker zu Russland förderte und den Konflikt der Monarchie mit Serbien befeuerte. So wurde zum Beispiel an der kroatisch-slawischen Universität von Agram, dem heutigen Zagreb, nur auf Ungarisch gelesen. Auch erfüllte der Kaiser sein früher in Aussicht gestelltes Versprechen, sich in Prag mit der Wenzelskrone zum König von Böhmen krönen zu lassen, nie.

Der Große Titelder Habsburger las sich zu dieser Zeit beispielhaft wie folgt:

Seine Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät

Franz Josef I.

von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich,

König von Ungarn und Böhmen, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien;

König von Jerusalem etc.;

Erzherzog von Österreich;

Großherzog von Toskana und Krakau;

Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina;

Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren;

Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara;

Gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz und Gradisca;

Fürst von Trient und Brixen;

Markgraf von Ober- und Niederlausitz und in Istrien;

Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc.;

Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark;

Großwojwode der Woiwodschaft Serbien

etc., etc.

Wobei „König von Jerusalem“ etc. die historischen Titularansprüche an die Kreuzfahrerstaaten zum Ausdruck bringt; „Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc.“ bedeutete das ganze Kronland Vorarlberg, und „etc., etc.“ ist die in Titularien übliche Floskel für weitere ungenannte Titel. Die Schulkinder im Kaiserreich hatten diesen kaiserlichen Titel noch auswendig zu lernen.

Der Große Titel eines österreichischen Monarchen wurde bei der „Klopfzeremonie“ im Rahmen der Beisetzung in der Wiener Kapuzinergruft das letzte Mal verwendet: Der Zeremonienmeister klopfte an das eiserne Tor am Eingang der Gruft, worauf von drinnen ein Mönch nachfragte, wer den Einlass begehre. Der Zeremonienmeister antwortete mit der Aufzählung des langen Inhalts des Großen Titels. Was mit der Formel: Wir kennen ihn nicht, beantwortet wurde. Bei der Wiederholung des Ganzen wurde nur mehr ein stark verkürzter Titeltext für die Definition, wer denn hier Einlass begehrt, vorgetragen. Mit identer Antwort. Um am Schluss, nach dem dritten Anklopfen, die Frage nur mehr ganz kurz mit dem Vornamen des Verstorbenen zu beantworten und der Ergänzung: ein sterblicher, sündiger Mensch! Nun lautete die finale Antwort: So komme er herein.

Kronprinz Rudolf träumte von einem geeinten und friedlichen Europa. Dafür wollte er, um den heraufziehenden Großen Krieg zu vermeiden, im Gegensatz zum Kaiser, sich von Deutschland distanzieren und sich mit Frankreich und Russland verbünden. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass entsprechend der Volkszählung von 1910 von den knapp 53 Millionen Einwohnern der K.-u.-k.-Monarchie nur etwas mehr als 20 % deutsch waren, knapp 20 % ungarisch, doch in Summe über die zwar unterschiedlichen Völker etwa 50 % slawisch. Aber natürlich sahen sich die Habsburger, auch aufgrund ihrer jahrhundertelangen deutschen Kaiserwürde, immer zuallererst als deutsche Fürsten. Desgleichen war Russland in Wirklichkeit ein Vielvölkerstaat. Diese Probleme der vielen auseinanderstrebenden Völker hätte ein Bündnis, das geografisch vom Mittelmeer bis nach Sibirien ein zusammenhängendes Gebiet umfasst hätte, zum beidseitigen Vorteil eingrenzen können. Die Erkenntnis des, von einer früheren Gonorrhö-Erkrankung und massiven Konsums von Morphium, Alkohol und Frauen geschwächten, liberalen Rudolf, sich nicht durchsetzen zu können und von seinen deutschlandfreundlichen, konservativen Gegnern – zu denen wohl auch der Kaiser gehörte – als Thronfolger verhindert zu werden, war wohl der tiefere Hintergrund für seinen Suizid und weniger die tragische Liebe zur schwärmerischen, blutjungen Mary Vetsera, die er in den Freitod mitnahm. Das Schlimmste für die kaiserliche Familie war, dass der Erzherzog-Thronfolger wohl ein Mörder und Selbstmörder war und damit im Sinne der katholischen Religion zutiefst schuldig. Das ist wohl der Hauptgrund dafür, dass der Hof alles versuchte, um den wahren Sachverhalt, der bis heute vom Hause Habsburg nicht bestätigt wurde, zu verheimlichen. Oder wurde er gar von seinen Gegnern beseitigt? Der Versuch des Kronprinzen, durch die Herausgabe politischer Denkschriften unter einem Pseudonym oder auch sonst, aktive Politik zu betreiben, war davor nur von wenig Erfolg gekrönt und praktisch gescheitert. Seine Freundschaft mit dem Herausgeber des linksliberalen Wiener Tagblatts Moritz Szeps und zu dem Financier Baron Moritz von Hirsch hatte bei den erzkonservativ und antisemitisch eingestellten Wiener Hofkreisen massive Abneigung geweckt.

Der spätere Thronfolger Franz Ferdinand – der auch die Zeichen der Zeit richtig deutete und schon damals allen Völkern mehr Freiheit und Gleichheit in einer Art EU geben wollte, was aber erst nach dem Tod Franz Josefs möglich gewesen wäre – wurde ironischerweise Opfer eines mit dem „Völkerkerker“ begründeten nationalistischen Attentates, noch bevor er den Thron besteigen konnte.

Die österreichische Donaumonarchie war aber auch so, bereits vor Hunderten von Jahren, in etwa so etwas wie der Vorläufer der heutigen Europäischen Union. Zwar eher straff geführt, hatten die Kronländer in der lokalen Verwaltung doch auch viele Freiheiten. Die Monarchie war vielen europäischen Völkern, mit all ihren nationalen Vorzügen, aber auch Unterschieden, doch eine gemeinsame Heimat. Die ihnen außenpolitisch, wirtschaftlich und militärisch ein Gewicht verlieh, welches jedes einzelne dieser Völker nie gehabt hätte. Mit rund 676 000 Quadratkilometern am Schluss noch immer flächenmäßig das zweitgrößte und mit 52,8 Mio. Einwohnern das bevölkerungsmäßig drittgrößte Land Europas. Sein Staatsgebiet umfasste zuletzt eigentlich fast nur mehr die Kronländer, das waren aber immer noch die Territorien des heutigen Österreich, Ungarn, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie Teile des heutigen Rumänien (Siebenbürgen, Banat), Montenegros, der Ukraine (Ostgalizien, Nordmarmorosch und Nordbukowina), Polens (Westgalizien), Italiens (Trentino-Südtirol und Teile von Friaul-Julisch-Venetien) und Serbiens (Vojvodina). Im Vielvölkerstaat wurde neben Deutsch und dem der finnisch-ugrischen Sprachguppe zugehörigen Ungarisch noch Tschechisch, Polnisch, Serbokroatisch, Ukrainisch, Rumänisch, Slowakisch, Slowenisch und Italienisch gesprochen. Noch heute kann man in Lemberg, Krakau, Prag, Bratislava, Budapest, Pula, Triest habsburgische Prachtbauten bewundern – wie auch in den belgischen Städten Brügge und Gent oder in Spanien den Escorial – welche einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit und kulturellen Stärke dieser Kooperation vermitteln. Wie sie doch auch Zeugnis einer gewissen gemeinsamen Identität sind.

Kultur isteiner der einigenden BereicheEuropas. Einer der Gründerväter der EU meinte am Ende seiner Karriere, wenn er diese nochmals neu gründen könnte, so würde er mit der Kultur beginnen, um Europa zu einen.

In Abbazia, dem heutigen Opatia, am Kvarner genannten Teil der oberen Adria gelegen, kann man noch immer die Eleganz dieser Zeit erahnen, als das gehobene Österreich sich – neben Bad Ischl – dort zur Sommerfrische traf und bei rauschenden Sommerbällen vergnügte. Im nahen Miramar, bei Triest – dem Haupthafen der Monarchie – residierte, mit Erzherzog Maximilian, der talentiertere, aber leider jüngere Bruder des Kaisers Franz Josef, bevor er zum Kaiser von Mexiko gekrönt wurde. Wo er im Zuge der Revolution hingerichtet wurde. Görz war seit dem Mittelalter eine sogenannte deutsche Stadt, mit dem berühmten Palazzo Lantieri, wohin sich Kaiserin Sissi oftmals flüchtete, wenn es ihr in Miramar zu turbulent wurde. Der ungarische Adel und das ungarische Großbürgertum pflegten die adriatische Sommerfrische in dem, ihrer Reichshälfte zugehörigen, Badeort Crikvenica, im kroatischen Küstenland. Das von einem Österreicher mit viel Liebe renovierte Hotel Kvarner Palace ist ein stummer Zeuge dieser von Lebenslust geprägten Epoche.

Die Hofburg in Wien war seit 1279 die Residenz der Habsburger und später deren Winterpalast. Das Wort Burg drückt bereits aus, dass die Residenz am Beginn mehr eine Festung war als ein schönes Schloss. Aber, sie entwickelte sich, über die verschiedenen kulturellen Perioden dieser fast sieben Jahrhunderte, von der Gotik im Mittelalter über die Renaissance bis zum Barock, zu einem imperialen Gebilde.

Der Sommerpalast der Habsburger, das damals noch außerhalb der Stadt Wien liegende Schloss Schönbrunn, hat seinen Namen von einem natürlichen Brunnen, der sich damals in diesem königlichen Jagdrevier befand. Der damalige König rief, als er der sprudelnden Quelle ansichtig wurde: „Was für ein schöner Brunnen!“, und so kam das, später nahe dieser Stelle errichtete, Schloss zu seinem Namen. Das Projekt war auch schon damals von Budgetnöten gekennzeichnet. Der erste Entwurf des Architekten Fischer von Erlach sah 1688 vor, oben am Hügel, wo heute die Gloriette steht, eine Art superiores Versailles zu bauen. Mit beeindruckenden Terrassen bis zum Platz hinunter, wo am Ende das Schloss gebaut wurde, um Kosten zu sparen.

Bad Ischl war die Sommerresidenz von Kaiser Franz Josef, wo er in der sogenannten „Kaiservilla“ residierte. Ein Geschenk seiner Mutter, Erzherzogin Sophie, für das junge Kaiserpaar, welches sich 1853 in Ischl verliebt hatte. Franz Josef renovierte das, ursprünglich im Biedermeierstil gebaute, Haus eines Wiener Notars im klassizistischen Stil und ergänzte das Gebäude durch zwei Seitenflügel, welche dem Gebäude die Form eines E gaben. Als Hommage an seine geliebte Elisabeth, von ihm meist liebevoll Sissi gerufen. Geschrieben hat der Kaiser den Kosenamen seiner Gattin übrigens „Sisi“, im Gegensatz zur Schreibweise in den berühmten „Sissi-Filmen“ von Ernst Marischka, in denen die bildhübsche Romy Schneider die junge Kaiserin, wohl wesentlich liebreizender als in der Realität, verkörpert hat! Sissi war des Kaisers Cousine, somit mit ihm blutsverwandt und mit einem ähnlich melancholischen Gemüt ausgestattet wie ihr naher und seelenmäßig Verwandter König Ludwig von Bayern – dessen Schicksal sich später in Thronfolger Rudolf, in gewisser Weise, widerspiegeln sollte.

Es war damals modern in der Gesellschaft,aufSommerfrischein das Salzkammergut zu fahren und seine Ferien in der Nähe der kaiserlichen Familie zu verbringen. Heute ist der Begriff Salzkammergut ein Markenname, für die sich über drei Bundesländer – Oberösterreich, Salzburg und Steiermark – erstreckende, touristische Seenregion zwischen der Stadt Salzburg, dem Fluss Vöckla und dem weißen Dachstein. Mit wunderschönen Seen mit Wasser in Trinkqualität, umgeben von einer traumhaften Bergkulisse wie Atter-, Traun-, Wolfgang-, Mond-, Hallstätter-, Fuschl-, Altausseer- oder Grundlsee, wie auch dem sagenumwobenen kleinen Toplitzsee, um nur ein paar der über 76 Salzkammergutseen zu nennen. Das historische Salzkammergut, welches heute „Inneres Salzkammergut“ genannt wird, erstreckte sich nur über einen kleinen Bereich des Landes Oberösterreich, der sich im Privatbesitz der Habsburger befand. In jenen Zeiten wurde ein Gebiet, welches dem Herrscher privat gehörte, Kammergut genannt. Wichtige Orte dieses Kammergutes waren Bad Ischl und Hallstatt. In Hallstatt wurde bereits 1500 vor Christus Salzbergbau betrieben, in der somit ältesten Salzmine der Welt. Hall ist das alte germanische Wort für Salz. Und so hat das Salz sowohl Hallstatt, wie auch dem Salzkammergut, seinen Namen gegeben.

Weder Land noch Stadt Salzburg – das seinen Namen, neben seiner mächtigen, auf einem Hügel hoch über der Stadt thronenden Festung, ebenfalls dem Salz verdankt und ob seiner barocken Prachtbauten auch „Rom des Nordens“ genannt wurde – waren zum historischen Salzkammergut gehörig. Im Gegenteil, es gab manch kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Salzburger Erzbischöfen und den Habsburgern, als Besitzer des Salzkammergutes, um das Salzmonopol. Diesem und Goldfunden verdankte Salzburg seinen Reichtum. Und die Erzbischöfe gingen damit politisch, strategisch klug um und investierten schon damals – ähnlich einer heutigen Atombombe – in den Bau einer überdimensionalen Festung, um potenzielle Feinde abzuschrecken. Was auch gelang, und so konnten die Fürsterzbischöfe unten in Ruhe in der Salzburger Residenz kulturpolitisch schaffen und ihr kleines Reich zur Blüte bringen. Salzburg war umgeben von ebenfalls bajuwarischen, aber nicht immer nur freundlich gesinnten, Nachbarn. Daher erwählten die Fürsterzbischöfe, zur Sicherheit, die italienischen Carabinieri als Leibwache, um so vor Verrat etwas sicherer sein zu können. Der Carabinieri-Saal in der Residenz erinnert noch heute an diese, mit der Schweizer Garde im Vatikan vergleichbare, Situation.

Jedes Jahr wurde in Ischl des Kaisers Geburtstag gefeiert. Anschließend kehrte der Hof, und mit diesem die meisten Gäste, nach Wien zurück. Und so markiert bis heute des Kaisers Geburtstag, am 18. August, für die Bevölkerung des Salzkammerguts, das Ende des Sommers.

In Bad Ischl kann man fast jedem Hauptwort ein „Kaiser“ voransetzen. Das beginnt bei der „Kaiserwoche“, das ist die Woche um den Kaisergeburtstag. Schönes Wetter mit strahlend blauem Himmel nennt man „Kaiserwetter“. Und das geht so weiter über die „Kaisersemmel“ und die „Kaisertorte“, die man beim K.-u.-k.-Hofzuckerbäckermeister Zauner essen kann, bis zur „Kaisermelange“, einem typisch österreichischen Kompromiss, zwischen italienischem und deutschem Cappuccino – mit aufgeschlagener Milch UND einem Löffel Schlagobers.

Vielleicht hat sich der eine oder andere Leser schon einmal gefragt, warum eigentlich Kaiser Franz Josef immer im Sommer nach Ischl gekommen ist. Der Beginn war banal – es war die lange Kinderlosigkeit von Franz Josefs Eltern Erzherzog Franz Karl und Prinzessin Sophie von Bayern. Sein Vater hatte von einem Wiener Arzt von erstaunlichen Therapieerfolgen mit Solebädern, zuerst bei erkrankten Bergarbeitern und in Folge auch bei wohlhabenden Bürgern, gehört. Nach einer sommerlichen Kur des Paares in Ischl stellte sich endlich der langersehnte Nachwuchs ein. Franz Josef und seine jüngeren Brüder wurden im Habsburgerreich deshalb auch „Salzprinzen“ genannt. So war Franz Josef, im wahrsten Sinne des Wortes „seit Beginn seines Lebens“, im Sommer immer im Salzkammergut und blieb Ischl bis zu seinem Tod treu.

Wie muss man sich nun so einen typischen kaiserlichen Sommerfrischetag im Salzkammergut vorstellen? Wie in Wien, wurde der Kaiser auch hier pünktlich um 03:30 Uhr von seinem Kammerdiener Eugen Ketterl mit den Worten: „Lege mich Eurer Majestät zu Füßen“ geweckt. Erstes Frühstück um 05:00 Uhr. Ab 06:00 Uhr Amtsgeschäfte und Aktenstudium. Gesetzesvorlagen, Bittschriften, Gnadengesuche, alles hatte in Schönschrift gestellt zu werden. Pflegte doch der Kaiser maschinengeschriebene Berichte mit dem Hinweis: „Wer keine Handschrift hat, hat keinen Charakter“ grummelnd zurückzuweisen. Man kann sich die Bruchlinien zwischen diesem erzkonservativen Kaiser und der so liberal erzogenen Sissi gut vorstellen. Wie auch die Reaktion des Kaisers, als diese von einem Urlaub im Ionischen Meer, inklusive – wie man heute sagen würde – „Segeltörn“, mit einem, auf der linken Schulter eintätowierten, Anker zurückkam. Als Zeichen ihrer Selbstständigkeit und wohl auch, um Franz Josef zu ärgern. Nachmittags, immer Jagdausflüge zu seinen zahlreichen Revieren. Der Kaiser war ein leidenschaftlicher Jäger, der schon im zarten Alter von 4 Jahren die erste Flinte erhielt, den ersten Hirsch mit 12 in Wien und die erste Gams mit 15 in Ischl schoss. Insgesamt zählte Franz Josef 55 000 Stück von ihm erlegtes Wild – im Durchschnitt 2 pro Tag! Nach der Jagd Einkehrschwung, zum Beispiel in einem Gasthaus, welches damals noch, in Anlehnung an den Namen des angrenzenden Jagdrevieres, „Zur Zimnitzbachwildnis“ hieß. Von den kredenzten Holzhacker-Nocken und insbesondere der reschen Wirtin Antonia Sams war er so angetan, dass er das Lokal höchstpersönlich in „Zur Nocken-Toni“ umtaufte. Das Lokal ist weltweit das einzige, welches seinen Namen einem Kaiser verdankt. Was er dann so zwischen Einkehrschwung und in etwa 21:00 Uhr gemacht hat – um diese Zeit geruhten Majestät sich dann zur Ruhe zu begeben –, darum rankt sich so manche Legende.

Nach der Geburt des Thronfolgers hatte seine liebe Gattin Sissi, welche ein übergroßes Augenmerk auf den Erhalt ihrer körperlichen Vorzüge legte, zur Schonung derselben, höchstpersönlich eine 1. Mätresseausgewählt und dem Kaiser zugeführt, die Burgschauspielerin Katharina Schratt. Man muss dabei der viel und weit reisenden Kaiserin zugutehalten, dass sie bei ihrer Auswahl nicht nur jemanden suchte, der ihre körperlichen Verpflichtungen übernahm, sondern auch dem Kaiser eine gute Unterhalterin war, mit der er besprechen konnte, was ihn bewegte, und die ihn sogar selbst bekochte. Die Mehlspeisen der Schratt, insbesondere ihr Guglhupf, waren Legende. In den Sommermonaten, wenn der Kaiser in Ischl weilte, residierte auch die Schratt in einem Haus unweit der Kaiservilla – vom Volk „Villa Schratt“ genannt. Bei der Vielzahl der einen Kaiser umgebenden Dienerschaft war eine solche Liaison natürlich nicht geheim zu halten. Wiewohl die damalige „Journaille“ eine wesentlich feinere Klinge führte als heutzutage. So lasen die Ischler eines Tages in der Lokalzeitung (zur Vorbereitung der Pointe darf ich anmerken, dass eines der sehr bergigen Jagdreviere des Kaisers Hohe Schrott hieß): „Unser allerhöchster gnädiger Herr und Kaiser, Seine durchlauchte Majestät Franz Josef, geruhte gestern, bei bester Gesundheit, die Hohe Schratt zu besteigen.“

Es muss aber auch gesagt werden, Franz Josef hatte klare Prioritäten: Zuerst kam die Hirschbrunft und dann das Regieren – und dann erst die Frauen. In der Korrespondenz mit Familienmitgliedern, fremden Fürstlichkeiten, aber auch mit seiner Liebschaft, nehmen die detailgenauen Jagdberichte mehr als die Hälfte des gesamten Umfanges ein. Kein Wunder, dass auch Botschaften der Schratt erhalten sind, worin sie Seine Majestät informiert: heute unpässlich zu sein, und er möge doch besser morgen oder noch besser erst übermorgen auf einen Guglhupf zu ihr kommen.

Trotz dieser Prioritätenreihung des Kaisers wurde damals in Ischl, laut geheimem Bericht der Polizei, gemunkelt, der Kaiser hätte mehr als 80 Kinder in der Gegend. Franz Josef fühlte sich geehrt, als er dies hörte, glaubte es aber nicht. Denn die Kinder, von denen er wusste, wurden allesamt gut versorgt: Die Buben kamen in die Forstbetriebe, die Mädchen in guten Häusern unter – warum sollte man ihm eines der Kinder verschwiegen haben? Andererseits, was waren vom Zeitaufwand her schon 80 gezeugte Kinder gegen 55 000 Stück erlegtes Wild!

Entgegen der von den Siegern unter dem Motto „Der Sieger hat immer recht“ verbreiteten Meinung war die K.-u.-k.-Monarchie bis zuletzt, wie jüngste historische Studien belegen, ein eigentlich gut und modern verwaltetes Staatsgebilde. Auch trug der harte und – gleich unserer katholischen Religion – bestrafende und rächende Frieden schon die Saat des nächsten Konfliktes in sich. Zwang Österreich in deutsche Nähe. Während allerdings viele meinten, das auf die deutschsprachigen Lande reduzierte Österreich sei – seiner Kornkammer in Ungarn und seiner industriellen Basis in Böhmen und Mähren entledigt – nicht überlebensfähig, entwickelte sich dieser Nukleus insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, nicht zuletzt dank der Leistungen seiner im besten Sinne des Wortes „Industrieschauspieler“ – zu denen beispielhaft auch „Das dreckigen Dutzend“ einer österreichischen Ingenieursschule gehörte – zu einer der wohlhabendsten Regionen dieser Erde.

Leider hatten die früher „schlafwandelnden“ und jetzt „traumtänzenden“ Politikerin Österreich, im Gegensatz zu Deutschland, nicht die Kraft zu einer neuen Verfassung, und so wurde, auch der Einfachheit halber, die Verwaltungsstruktur eines mehr als 50-Millionen-Volkes, über knapp 7 Millionen Einwohner darübergestülpt. Bis heute, ein wesentlicher verwaltungspolitischer Nachteil, der vom Fleiß der Bevölkerung kompensiert werden muss. Offensichtlich ist das bis heute auch am Größenverhältnis der Bundeshauptstadt zum Rest und im sorglosen Umgang mit Geld, der dort von den langjährigen Machthabern der Stadt ganz besonders kultiviert wurde.

Hatte Wien vor 10 Jahren noch 2 300 Millionen Schulden, so steht man 2017 bei unvorstellbaren 6 800 Millionen. Das bedeutet, in 10 Jahren erhöhten sich die Schulden um 4 500 Millionen. Und das ist nur die halbe Wahrheit, denn zwischenzeitlich wurden auch Assets, wie zum Beispiel das Kanalnetz,verscherbelt. Die Wiener müssen für das Parken auf der Straße bezahlen, auch wenn gleichzeitig die Stadt den vorhandenen Parkraum verkleinert, indem sie diesen nochmals an Mobilitätsdienstleister vermietet oder anderweitig vergoldet. Gleichzeitig wurden auch die Gebühren in Wien auf ein im Vergleich auffällig hohes Niveau angehoben. Ganz besonders bewusst wird die Dramatik im Peergroup-Vergleich. So hat zum Beispiel München in diesen 10 Jahren die Schulden um 1 900 Millionen verringert, auf 735 Millionen! Bevor ich geprügelt werde, sei nur der guten Ordnung halber noch angeführt, dass der Schuldenstand von Berlin die absolut unglaubliche Zahl von knapp 60 Milliarden beträgt. Dies sollte jedoch für niemanden Vorbild sein, der an einer gedeihlichen Entwicklung interessiert ist. Des Weiteren ist der eigentlich unvorstellbare Extremfall Berlin, im Fall der Fälle, die Hauptstadt eines 80 Millionen Einwohner zählenden Volkes, das im Fall der Fälle auch eine zehnfache Last schultern kann, verglichen mit dem 8 Millionen zählenden Österreich. So betrachtet wird die Dramatik der Wiener Verschuldung hoffentlich für jeden offensichtlich.

Dabei reden in Berlin viele bereits von einer Venezuelanisierung der deutschen Bundeshauptstadt. Denn die Bezirksämter dort schaffen es trotz der offensichtlich hohen Aufwendungen und bei allem finanziellen Defizit nicht, Geburtsurkunden zeitnah auszustellen. Tote dürfen nicht unter die Erde, weil Ämter überlastet sind, und Heiratswillige sollten, aus selbigem Grund, ihr Vorhaben gefälligst in die ferne Zukunft verlegen. Nach Gesetzeslage muss man sich innerhalb von zwei Wochen „melden“, nur bekommt man innerhalb dieses Zeitraumes keinen Termin bei der Behörde. Geplagten Versicherungsvertretern, welche die Autos ihrer Klientel anmelden möchten, bleibt offensichtlich nur mehr die verlangten Bestechungsgelder zu bezahlen. Bei einer diesbezüglich angestrengten Kontrolle wurde beispielhaft einer der zuständigen Kfz-Beamten mit 2.500 –, in der Hosentasche ertappt. Behördentermine wurden schon von privaten Apps-Betreibern gegen eine Gebühr von 75 –, per Termin verkauft. Um die Unpünktlichkeit der Lokalbahn zu bekämpfen, wurde allen Ernstes diskutiert, nur mehr jede 2. bzw. 3. Haltestelle anzufahren. Neben dem neuen Flughafen „Willy Brandt“, der seit vielen Jahren nicht und nicht fertig wird, trotz Milliarden an Kostenüberschreitungen, die offensichtlich auch in alle möglichen Kanäle flossen, leistet man sich Schildbürgerstreiche, wie einen im Zickzack angelegten und damit unbefahrbaren Fahrradweg, der dann eben wieder weggestemmt werden muss. Anstatt den Rektor der Bergius-Schule, der es mit Autorität und der notwendigen Disziplin geschafft hat, trotz 70 % Immigranten aus der Problemschule eine Vorzeigeschule zu machen, wo sich die Eltern anstellen, um ihren Nachwuchs unterzubringen, zu fördern, wurde er von der Berliner Schulbehörde abgemahnt. Dass die Leistungen der Schüler objektiv gut sind, im Unterricht Ruhe herrscht und die Schüler Abschlüsse bestehen, ist der Behörde nach eigener Auskunft schlicht egal. Kritisiert wird der bei 84 % Frontalunterricht fehlende Gruppenunterricht. Schlecht findet die Behörde: „Der Unterricht ist immer gleich. Er fängt pünktlich an. Der Lehrer begrüßt die Schüler. Er fragt nach den Hausaufgaben. Er stellt die Anwesenheit der Schüler fest. Er macht eine kleine Wiederholung der vergangenen Stunde. Dann gibt er das Thema der neuen Stunde bekannt, woraufhin die Schüler an dem Thema arbeiten.“ Um Leistung und Ergebnisse geht es der Behörde nicht. Für den erfolgreichen Rektor, Michael Rudolph, ist das Behördenverhalten, wie wenn ein Automobilunternehmen, das 10 Millionen Fahrzeuge baut, aber 6 Millionen Ausschuss, stolz darauf ist, dass die Arbeiter beim Zusammenschrauben der Autos gesungen haben. Berlin unterhält im Görlitzer Park den größten Open-Air-Drogenumschlagplatz Europas, ohne dass die Polizei eingreift, die rot-rot-grüne Stadtregierung will es so. Dadurch hat man die Beamten aber natürlich für die wirklich wichtigen Einsätze verfügbar. So sah sich ein Schriftsteller jüngst am frühen Morgen mit sechs Polizisten konfrontiert, die Zutritt zu seiner Wohnung verlangten und Computer, Handy, Drucker, Festplatten und USP-Sticks konfiszierten. Was hatte der Mann angestellt? Nein, mit Drogen hatte er nicht gedealt, denn da wäre ihm der Polizeibesuch vermutlich erspart geblieben. Aber der Mann hatte recherchiert, dass im Lebenslauf der Sprecherin der Berliner Stadtregierung Unstimmigkeiten bestehen. Die Immobilienfirma, bei der sie angeblich eine Leitungsfunktion innehatte, fand er nicht im Handelsregister. Ihr Fernstudium an der Fernuni Hagen dauerte offenbar nicht, wie von ihr angegeben, 6, sondern 13 Jahre. Auch ihre angebliche frühere Tätigkeit als Journalistin gab Anlass zu kritischen Fragen. Hans-Joachim Lehmann hatte alles in einem 79 Seiten Dossier zusammengefasst und an den Bürgermeister der Stadt und an die Fraktionschefs der im Senat vertretenen Parteien verschickt. Wie der Stern recherchierte, der Anlass für den unerfreulichen Polizeibesuch am frühen Morgen!

Ende Oktober 1918 löste sich die Habsburgermonarchie auf. Anfang November wurde in der Villa Giusti bei Padua ein Waffenstillstandsabkommen mit Italien bzw. den Entente-Mächten unterzeichnet. Anfang November wurde von der, noch aus den Abgeordneten der Kaiserzeit bestehenden, Nationalversammlung anstelle der Monarchie die Republik Deutsch-Österreich ausgerufen. Wobei vor der Festlegung auf den Begriff Deutsch-Österreich, auf den sich die Vertreter des Wiener Parlaments am 12. November einigen konnten, Begriffe wie Deutsche Alpenlande, Südostdeutschland, Hochdeutschland, Donau-Germanien, Treumark, Deutsches Friedland oder Norische Republik diskutiert wurden. Was dieser, von den Siegern später auch als „Was übrig bleibt“ bezeichneter „Rest“ umfassen sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, sollte aber zumindest auch die deutschsprachigen Gebiete im heutigen Slowenien, das Kanaltal und klarerweise Südtirol im heutigen Italien, Deutsch-Westungarn und – selbst wenn geografisch nicht einfach – vor allem auch die deutschsprachigen Gebiete in der gerade entstehenden Tschechoslowakei umfassen. Also eine Vereinigung aller volksdeutschen Alt-Österreicher aus den Gebieten der ehemaligen Habsburgermonarchie rund um Kern-Österreich. Bis auf das Burgenland und das mit Waffengewalt und einer Volksabstimmung gegen die Südslawen verteidigte Südkärnten, brachten diese Forderungen aber keinen Erfolg. Die anderssprachigen Länder der Monarchie hatten sich bereits nach und nach losgesagt. Ungarn, das eine Fortsetzung des Reiches als Donauföderation, wie von Kaiser Karl vor seiner Abdankung noch vorgeschlagen, ablehnte, verlor dann große Teile seines Staatsgebietes an Rumänien, das spätere Jugoslawien und an die Tschechoslowakei. In Summe wurde Ungarn von den Siegern auf ein Drittel seiner Fläche reduziert. Polen und die Ukraine setzten ebenfalls jeweils auf eine eigene Republik. Tschechen und Slowaken gründeten ihrerseits eine gemeinsame Republik und bestanden auf den bisherigen Grenzen innerhalb der Monarchie.

Was zum Problem der über 3 Millionen, eigentlich österreichischen„Sudetendeutschen“führte, für die sich später Deutschland zuständig wähnte. Der Begriff setzte sich erst durch, als die früher in Äquivalenz zu Deutschösterreicher üblichen Bezeichnungen Deutschböhmen, Deutschmährer und Deutschschlesier nach dem Vertrag von Saint-Germain verboten wurden. Geschichtlich sind sowohl Germanen als auch Slawen schon sehr früh hier heimisch geworden. Nach der Entvölkerung im Dreißigjährigen Krieg erfolgte eine gezielte Kolonisierung durch bevorzugt deutsche Siedler.

Nach der ersten freien Wahl im Februar 1919 waren vor allem im Westen Österreichs die Länder nicht sicher, ob sie bei dieser ungeliebten, rot dominierten „Wiener Republik“ bleiben wollten, und so überlegte Vorarlberg allen Ernstes den Anschluss an die Schweiz und Tirol den an die Bayern.