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Entdecke die faszinierende Welt der Wissenschaft mit unserem neuen Buch! Es bietet dir eine umfassende und praxisnahe Anleitung in drei aufeinander aufbauenden Teilen. - Die Wissenschaftslandschaft in Deutschland: Erfahre, welche Einrichtungen Forschung betreiben und finanzieren und wer wissenschaftliche Ergebnisse publiziert. Ein unverzichtbarer Überblick für alle, die sich in der deutschen Wissenschaftslandschaft orientieren möchten. - Methodik der wissenschaftlichen Arbeit: Tauche tief in die Methodik des Forschens ein. Lerne, wie man Hypothesen formuliert, Literaturrecherchen durchführt und Experimente plant. Erfahre alles über den Aufbau wissenschaftlicher Publikationen, korrektes Zitieren und die Besonderheiten des wissenschaftlichen Schreibens. Auch wissenschaftliches Fehlverhalten und wie man es vermeidet, wird ausführlich behandelt. - Wissenschaftliche Karrierewege: Von Studium über Post-Doc bis zur Professur – entdecke die verschiedenen Karrieretypen in der Wissenschaft. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei auf Aspekte der Gleichstellung gelegt. Jedes Kapitel schließt mit Wissensfragen ab, um dein Verständnis zu vertiefen. Dieses Buch ist ein Muss für dich, wenn du eine Karriere in der Wissenschaft anstrebst oder deine wissenschaftlichen Fähigkeiten erweitern möchtest. Lass dich inspirieren und bereite dich optimal auf deine wissenschaftliche Laufbahn vor! Neugierig geworden? Schau dir das Buch hier näher an und starte deine Reise in die Welt der Wissenschaft!
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Seitenzahl: 240
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Volker Maiwald
Wege in der Wissenschaft
Methodik, Karriere, Institutionen
Über den Autor:Dr.-Ing. Volker Maiwald ist beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bremen tätig. Dort arbeitet er in der Systemanalyse als Wissenschaftler, Projektleiter und Systemingenieur für Raumfahrt- und Habitatsysteme.Er forscht an System- und Missionsstudien und zum Thema nachhaltige Raumfahrt. Seit 2011 lehrt er an der Uni Bremen und unterrichtet aktuell das Fach Mission Analysis als Lehrbeauftragter.
Print-ISBN: 978-3-446-48524-2E-Book-ISBN: 978-3-446-48525-9epub-ISBN: 978-3-446-48547-1
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Titelei
Impressum
Inhalt
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Teil I: Der Blick auf das Ganze
1 Einleitung
1.1 Wofür es Wissenschaft braucht
1.2 Wissenschaftssprache
1.3 Wissenschaftszweige
1.4 Wissensfragen
2 Wer Wissenschaft betreibt
2.1 Wissenschaftslandschaft
2.2 Wissenschaftsfinanzierung
2.3 Wissensfragen
3 Wer Wissenschaft vertreibt
3.1 Wissenschaftsverlage und allgemeine Medien
3.2 Konferenzen
3.3 Internet
3.4 Wissensfragen
Teil II: Die Arbeitsweise
4 Methodik
4.1 Arbeitsprinzipien
4.2 Der Weg zur Erkenntnis
4.3 Literaturrecherchen
4.4 Allgemeine und spezielle Annahmen
4.5 Experimente und Auswertung
4.6 Wissensfragen
5 Wissenschaftliches Veröffentlichen
5.1 Fachartikel
5.2 Wissenschaftliche Abschlussarbeiten
5.3 Generelle Grundsätze beim Schreiben
5.4 Zitieren, Quellenangaben und Plagiate
5.5 Wissensfragen
6 Vorwürfe an die Wissenschaft und Qualitätssicherung
6.1 Ablehnung von Wissenschaft in der Öffentlichkeit
6.2 Käuflichkeit
6.3 Dogmatisches Denken und Autoritätsprinzip
6.4 Ausbleibende Wirkung: Präventionsparadoxon
6.5 Masse statt Klasse bei Publikationen
6.6 Plagiate
6.7 Publikationsbias
6.8 Schlussbemerkungen
6.9 Wissensfragen
Teil III: Wissenschaft als Karriere
7 Das Studium als Anfang
7.1 Studienfach und -abschluss
7.2 Studienort und Wahl der Hochschule
7.3 Fernstudium und Duales Studium
7.4 Wissensfragen
8 Nach dem Studium ist vor dem Studium
8.1 Beginn und Fortschritt der Forschungskarriere
8.2 Promotion
8.3 Postdoc, Habilitation und Lektorat
8.4 Professuren
8.5 Wissensfragen
9 Gleichstellung in der Wissenschaft
9.1 Haben wir Gleichstellung nicht längst erreicht?
9.2 Bevölkerungsgruppen in der Wissenschaft
9.3 Gegenmaßnahmen in der Wissenschaft
9.4 Wissensfragen
10 Nachwort
Literaturverzeichnis
Ich habe keine Ahnung, warum Sie nun gerade dieses Buch lesen. Aber, wenn Sie es nicht gerade als Geschenk von jemandem bekommen haben, der Sie nicht besonders gut leiden kann oder Sie sogar zwingt, es zu konsumieren, vermute ich, dass Sie ein gewisses Interesse an Wissenschaft mitbringen.
Vielleicht haben Sie schon als Kind Wissenschaftssendungen gemocht, die Sendung mit der Maus geliebt, oder in den Krimis vor allem die Personen spannend gefunden, die im Labor Spuren ausgewertet haben. Vielleicht sind Sie aber auch skeptisch und trauen dem ganzen Laden nicht wirklich. Vielleicht haben Sie auch nur eine lange Zugreise vor sich und haben etwas gesucht, was Sie leichter einschlafen lässt. Aber, Sie werden einen Grund haben – und wir schließen hier einfach mal aufgrund der Unwahrscheinlichkeit aus, dass Sie von jemandem gezwungen werden, dieses Buch zu lesen. Darüber freue ich mich.
In der Wissenschaft ist eigentlich das „Du“ üblich. Gerade zu Beginn meiner Karriere wurde mir manchmal recht schwindelig, mit wem ich mich plötzlich geduzt habe. Aber ich möchte es hier auch so halten.
Wenn ich mein Studium mitzähle, bin ich seit über zwanzig Jahren in der Wissenschaftslandschaft unterwegs und war natürlich auch schon davor wissenschaftsinteressiert. Meine Wege führten mich zu Universitäten (auf beiden Seiten des Vorlesungspultes), Forschungsorganisationen und auch Industriebetrieben. Die meiste Zeit habe ich aber beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt verbracht, wo ich seit 2010 forsche und arbeite. Im Jahr 2018 habe ich meinen Doktor an der Universität Bremen gemacht, wo ich auch seit 2012 Lehrbeauftragter in verschiedenen Fächern und Studiengängen bin. Wissenschaft entspricht meinem analytischen Denken, meinen Interessen und ist eine meiner Leidenschaften.
Wissenschaft ist die Art und Weise, wie man Wissen schafft, nicht Glauben. Wir alle haben ja unseren Glauben, der z. B. von Erfahrungen geformt wurde. Oft verwechseln wir ihn mit Wissen. Genaugenommen wissen wir nichts mit einhundertprozentiger Sicherheit, aber es gibt zumindest viele Dinge, die wir mit hoher Wahrscheinlichkeit als gegeben ansehen können. Oft verändert sich Wissen auch und wird immer genauer. Newtons Gravitationstheorie hat uns vieles ermöglicht, sogar den mit bloßem Auge unsichtbaren Teil des Sonnensystems zu entdecken. Aber sie war für manche Dinge nicht genau genug – dazu brauchte es dann Einsteins Relativitätstheorie. Und auch die ist nicht der Weisheit letzter Schluss. So viel wissen wir (mit hoher Wahrscheinlichkeit). Vielleicht ohne es zu merken, habe ich nun schon einen Begriff benutzt, der im üblichen Sprachgebrauch zwar angekommen ist, aber eigentlich fast gegensätzlich verwendet wird. Nämlich das Wort „Theorie“. Gerne wird es von Skeptikern und Skeptikerinnen verwendet, um aufzuzeigen, dass Wissenschaft eben auch nur Glauben ist. Aber ist das so? Beispielsweise diese Frage möchte ich Dir gerne in diesem Buch beantworten.
Wissenschaft ist die Art und Weise, wie wir unsere Umgebung, unsere Welt, unseren Kosmos so untersuchen können, um deren Geheimnisse zu ergründen, und genau deswegen interessiert sie mich so. Was ist es bei Dir?
Wissenschaft ist im Grunde wie Puzzeln, mit dem Unterschied, dass man das Bild nicht kennt. Man muss versuchen, aus verschiedenen Teilen etwas zusammenzusetzen. Das ist weder einfach noch widerspruchsfrei. Manchmal findet man ein Puzzleteil, das vermeintlich passt, dann aber findet man eines, was viel besser die Lücke ausfüllt.
Wissenschaft wird heute vielfach angezweifelt. Soziale Medien und selbst gängige Medien verbreiten viele Meinungen, die es so aussehen lassen, als wäre die Wissenschaft auch nur eine von ihnen. Aber Wissenschaft und Meinung unterscheiden sich. Wieso möchte ich ebenfalls in diesem Buch verdeutlichen.
Vielleicht interessiert Dich ja auch, wie man in der Wissenschaft arbeitet, welche Wege man darin gehen kann, weil Du überlegst, dies selbst zu tun. Auch dazu möchte ich mich äußern. Lass uns gemeinsam einen Blick auf die Wissenschaft werfen.
Am Ende jedes Kapitels findest Du ein Unterkapitel mit Verständnisfragen, die das Wichtigste wiederholen sollen. Die Antworten findest Du dazu dann anschließend, sodass Du erst unbehelligt überlegen kannst, aber um sie zu finden, nicht erst ewig blättern musst.
Mai 2025
Volker Maiwald
BAFöG
Bundesausbildungsförderungsgesetz
CERN
Europäische Organisation für Kernforschung
DAAD
Deutscher Akademischer Austauschdienst
DFG
Deutsche Forschungsgemeinschaft
DLR
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
DOI
Digital Object Identifier
ECTS
European Credit Transfer and Accumulation System
EQR
Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen
EU
Europäische Union
ESA
Europäische Raumfahrtagentur
FH
Fachhochschule
HAW
Hochschule für Angewandte Wissenschaften
HGF
Helmholtz-Gemeinschaft für Forschung
IAC
International Astronautical Congress
IAF
International Astronautical Federation
IEEE
Institute of Electrical and Electronics Engineers
IPCC
Intergovernmental Panel on Climate Change
KI
Künstliche Intelligenz
MPG
Max-Planck-Gesellschaft
PhD
Philosophical Doctor
TH
Technische Hochschule
TU
Technische Universität
TVöD
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst
VDI
Verein Deutscher Ingenieure
VN
Vereinte Nationen
WissZeitVG
Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Vor einigen Jahren – und wahrscheinlich geistert es immer noch irgendwo herum, denn das Internet vergisst ja nicht – wurde mir mal ein Rezept für ein Wunderheilmittel aus dem Mittelalter vorgeschlagen.
Dieses Wundermittel sollte angeblich gegen bakterielle, virale und Pilzerkrankungen wirken. Als historisch interessierter Mensch las ich mir den Artikel durch, wurde aber immer stutziger. Ein wenig Recherche brachte dann schnell zutage, dass das Rezept auf diversen Seiten herumgereicht wurde und ursprünglich offenbar von einer englischen Webseite stammte. Ein so umfangreich wirkendes Mittel wäre ja eine Sensation, aber es wäre auch merkwürdig, dass es trotz seiner Universalität nicht mehr eingesetzt wird. Ich wurde natürlich skeptisch.
Wissenschaft kann hier Hilfestellung geben. Wissenschaft erlaubt, sich der Wahrheit konstruktiv und objektiv zu nähern. Sie liefert Methoden, um Belege zu finden und zu prüfen, z. B. experimentell oder über Literaturrecherchen.
Bei dem Rezept für das antibakterielle Supermittel habe ich mich schon über die Zutaten gewundert, zu denen unter anderem Ingwer, Kurkuma und Chili gehören. Ingwer und Kurkuma stammen aus Südasien. Nun gab es zwar im Mittelalter durchaus Kontakt nach Asien – man bedenke zum Beispiel Marco Polos Reise nach China im 13. Jahrhundert, wobei deren Authentizität auch nicht vollkommen geklärt ist –, aber solche Gewürze waren entsprechend teuer und selten. Sie wurden buchstäblich mit Gold aufgewogen. Chili stammt aber aus Amerika. Eine Verwendung in einem mittelalterlichen Rezept ist also definitiv ausgeschlossen. Die im Vergleich zu heute geringere Lebenserwartung im Mittelalter war vor allem auch Folge von Krankheiten, gerade im Kindesalter. Da scheint die Wirkung dieses Mittels nicht so besonders gut gewesen zu sein. Kein Wunder! Man suchte ja auch vergeblich die Zutat Chili. Bei näherer Betrachtung fiel dann auch schnell auf, dass die angeblich heilende Wirkung der diversen Zutaten nicht belegt ist. Es war also eher ein Märchen, ein Quacksalber-Artikel.
Damit man solchen reinen Behauptungen, Meinungen oder eben Märchen nicht erliegt, gibt es Wissenschaft. Sie erlaubt es, Ideen zu überprüfen, Märchen zu entlarven und die Wirklichkeit zu entschlüsseln.
Wissenschaft ist natürlich selbst nicht fehlerfrei. Der Kern von Wissenschaft ist aber vor allem eine Methode, nicht so sehr das Wissen selbst, mit der man sich Tatsachen annähern kann. Diese Methode wiederum enthält Mechanismen, z. B. externe Begutachtungen, die sicherstellen, dass die Arbeit möglichst fehlerfrei ist. Kein Mechanismus, keine Methode ist perfekt, aber fehlerhafte Wissenschaft enttarnt sich spätestens dann, wenn Vorhersagen über Ereignisse und Verläufe unmöglich werden. Andersherum ist die Übereinstimmung von Vorhersage und Ereignis ein gutes Indiz dafür, dass die hinter der Vorhersage stehende Theorie oder das Modell von guter Qualität ist.
Ein Beispiel dafür ist in Bild 1.1 zu sehen. Gezeigt ist der Verlauf des Meeresspiegelanstiegs bis zum Jahr 2010. Einmal als Satellitenmessung und einmal als Vorhersage aus dem dritten Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), einer internationalen Institution, die den Klimawandel und seine Auswirkungen überwacht und bewertet. Aufgrund der Komplexität des Problems hat der IPCC 2001 eine Bandbreite für den Anstieg angegeben. Die Überprüfung zeigt, dass die tatsächlichen Messungen sehr dicht am oberen Rand des Intervalls der Vorhersage entlang verlaufen. Wenn überhaupt war die Modellierung also eher zu optimistisch als zu pessimistisch. Insgesamt kann man erkennen, dass die Theorie hier eine gute Übereinstimmung mit der Realität zeigt.
Das ist das Ziel von wissenschaftlichem Arbeiten. Eine Theorie, d. h. Wissensbasis erstellen, die möglichst gut die Realität wiedergibt. In der Regel werden Modelle und Theorien fortwährend überprüft und weiterentwickelt, um die Genauigkeit zu verbessern.
Bild 1.1Vergleich der Prognose des Meeresspiegelanstiegs durch das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) mit Satellitenmessungen. Links der Anstieg in cm, unten das Jahr. Deutlich zu sehen ist, dass die Vorhersage am oberen Rand mit den Messungen übereinstimmt (Quelle: Climate Change Research Center, 2009, CC-BY-SA-3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode)
Wissenschaftliche Arbeitsfelder haben ihr eigenes Vokabular. In der Orbitmechanik spricht man z. B. von Delta-V, um zu beschreiben, wie aufwendig es ist, von einem Planeten zum anderen zu fliegen. In der Biologie ist die Klasse eine Stufe in der Typisierung von Lebewesen. In der Sozialwissenschaft ist die Klasse ein Konstrukt zur Beschreibung einer gesellschaftlichen Aufteilung. Aber es gibt auch einige Begriffe, die sich aus der Wissenschaftstheorie ergeben und sich in allen Feldern übergreifend verwenden lassen. Einige davon haben es auch in die Alltagssprache geschafft, aber werden da oft mit anderer Bedeutung verwendet. Das ist vor allem dann schwierig, wenn Laien dann auf wissenschaftliche Texte oder Erklärungen stoßen und aus der alltäglichen Bedeutung Missverständnisse entstehen. Daher möchte ich hier gerne einige Begriffe erläutern, die auch in diesem Buch immer wieder auftauchen werden. Ich möchte zwei Begriffe wegen ihrer Wichtigkeit und Doppeldeutigkeit vorziehen. Die restlichen werden in alphabetischer Reihenfolge beschrieben.
Leider ist die Bedeutung in der Alltagssprache ziemlich genau das Gegenteil von der wissenschaftlichen Bedeutung. Eine Theorie ist eine Sammlung von wissenschaftlich gewonnenen Gesetzmäßigkeiten. Sie wurden überprüft, ggf. korrigiert und als richtig bewertet, bzw. als ausreichend genau. Eine Theorie hat typischerweise einen Geltungsbereich, in dem sie angewendet werden kann und besteht aus mehr als einem einfachen Gesetz. Zwar kann sie von Beobachtungen hergeleitet sein, dies ist aber kein Muss. Sie wird durch Anwendung und Experimente nachgewiesen und enthält auch keine Widersprüche. Theorien können, müssen aber nicht, von Beobachtungen hergeleitet sein. Die Anwendung einer Theorie erlaubt Vorhersagen. Stimmen die Vorhersagen mit Beobachtungen oder Experimenten überein, kann dies eine Theorie bestätigen. Im Alltag wird leider damit eine unbewiesene Idee bezeichnet, was in der Alltagssprache, wenn überhaupt, einer These entspricht.
Die Gravitationstheorie ist ein Beispiel für eine Theorie. Sie wird gemeinhin Isaac Newton zugeschrieben (Du weißt schon, die Geschichte mit dem Apfel, der ihm angeblich auf den Kopf fiel). In Wirklichkeit ist ihre Entstehungsgeschichte viel länger. Schon Aristoteles beschrieb Erdanziehungskraft und wie diese alles zum Mittelpunkt der Erde zieht. Nikolaus Kopernikus postulierte, dass die Planeten wegen dieser Schwerkraft ihre runde Form erhielten (und hatte damit recht). Newton aber entdeckte sein universelles Gravitationsgesetz und machte Gravitation so mathematisch beschreibbar. Bewegungen im Schwerefeld der Erde wurden plötzlich vorhersagbar. Newtons Gravitationskonstante wurde durch das Cavendish-Experiment mit einem Zahlenwert versehen. Dabei maß Henry Cavendish Ende des 18. Jahrhunderts, wie stark sich zwei Bleikugeln anzogen, und erhielt so den Wert der gesuchten Konstante.
Das Sonnensystem wurde so aus der Entfernung erforschbar. Man konnte die Bahnen der Himmelskörper nun nicht nur beobachten, sondern berechnen und viel genauer vorhersagen. Außerdem wurden Störungen der Bahnen entdeckt. Diese Störungen von Himmelskörpern erlaubten so die Aussagen über das Vorhandensein von weiteren, bisher unentdeckten Himmelskörpern. Auf diese Weise wurde z. B. Neptun (s. Bild 1.2) entdeckt.
Bild 1.2Neptun, ein Kronzeuge der Gravitationstheorie, wurde mittels Vorhersagen basierend auf dieser aufgespürt (Quelle: NASA, gemeinfrei)
Der Planet Merkur widersetzte sich mit seiner Bewegung allerdings der Newtonschen Gravitationstheorie, sodass klar war, sie ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Erst Jahrhunderte später formulierte Albert Einstein die Relativitätstheorie. Sie ist eine Verallgemeinerung der Gravitationstheorie und erlaubt deutlich genauere Rechnungen. Im Alltag sind die Abweichungen, die man mit Newtons Theorie erhält nicht bemerkbar, aber in der Nähe großer Massen schon. Mit der Relativitätstheorie lässt sich auch Merkurs Bewegung korrekt beschreiben.
Aber auch die Relativitätstheorie hat ihre Grenzen. Bei kleinen Teilchen greift sie nicht und wir müssen die Quantentheorie anwenden. Vereinen lassen sich die beiden Theorien bislang nicht. Entscheidend ist, dass man versteht, wann welche Theorie gilt und ihr Grenzen kennt.
Eine These ist das, was man umgangssprachlich unter einer Theorie versteht: nämlich eine Idee. Sie ist aber nicht irgendeine Idee. Auch eine These unterliegt bestimmten Regeln. Thesen dürfen akzeptierten, belegten Gesetzmäßigkeiten nicht widersprechen. Sie dürfen nicht offensichtlich widerlegbar sein. Gleichzeitig müssen sie aber falsifizierbar sein.
Falsifizierbarkeit bedeutet, dass es ein Faktum gibt, das die These, sollte es auftreten, widerlegt. Das muss sein, damit eine These wissenschaftlich erforscht werden kann. Wenn ich z. B. behaupte, nur Stühle mit vier Beinen können richtig stehen, dann wäre eine Methode sie zu falsifizieren, dass man einen Stuhl mit drei Beinen baut, der nicht umfällt. Eine These darf nicht widersprüchlich, sondern muss in sich konsistent sein. Nicht jede Idee ist eine These, aber man kann sie ggf. so überarbeiten, dass sie zur These wird und diese dann genauer untersuchen. Eventuell entwickelt sich daraus dann eine Theorie.
Diese Forschung wird auch Anwendungsforschung genannt und wird durch ihren Namen sehr gut beschrieben. Das Ziel ist in der Regel eine unmittelbare Anwendung, ein direkter Nutzen. Es wird Wissen geschaffen, das technisch oder als Prozess eingesetzt werden kann. Die Erforschung eines Motors, wie man also z. B. Wärmeenergie in Bewegung umsetzen kann und dabei energiesparend ist, wäre eine Möglichkeit. Welche Fortbewegungsmethode im Stadtverkehr am besten funktioniert, um kurze Strecken zurückzulegen, wäre auch angewandte Forschung.
Mit Empirie beschreibt man durch Erfahrung gewonnenes Wissen. Die Betonung liegt auf Wissen, denn es geht nicht um Meinungen, die sich aus persönlicher Erfahrung bilden, aber keineswegs allgemeingültig sind. Auch dieses empirische Wissen muss mittels wissenschaftlicher Vorgehensweise gewonnen werden. Dies kann z. B. durch kontrollierte Experimente oder Studien gelingen – Medikamentenstudien, in denen die Wirksamkeit eines neuen Heilmittels getestet wird, sind Teil empirischer Forschung. Kontrolliertes Experiment bedeutet z. B., dass man andere Einflüsse ausschließt oder Zufälle. Dabei steht nicht unbedingt im Vordergrund, wie etwas wirkt. Gerade bei komplexen Systemen ist dies eventuell nicht erfahrbar. Bei vielen Medikamenten weiß man z. B. dank Empirie von ihrer Wirkung, aber nicht, woher sie kommt. Lange Zeit kannte man aus der Empirie die erstaunliche Haltbarkeit von römischem Beton. Die Wirkungsweise war lange unbekannt.
Die Empirie ist mit der Theorie so verbunden, dass diese durch Empirie überprüfbar wird. Beispielsweise kann ich die Gravitationstheorie dadurch überprüfen, dass ich eine Vorhersage dazu mache, wie lange ein Objekt, z. B. ein Ball, braucht, um eine bestimmte Strecke weit zu fallen. Anschließend wird ein Experiment durchgeführt, was die Messung der entsprechenden Zeit ermöglicht.
Um beispielsweise zufällige Einflüsse auszuschließen, werden Experimente wiederholt. Messungen werden objektiv durchgeführt und beruhen nicht auf subjektiven Daten. Man misst also z. B. mit einer Stoppuhr die Zeit und fragt nicht eine Person, was sie meint, wie lange der Ball gebraucht hat. Die Ungenauigkeit von subjektivem Empfinden erschwert es, Empfinden zu erforschen. Ein Medikament, das für eine Person eine starke Übelkeit auslöst, ist für eine andere Person vielleicht nur wenig Übelkeit erregend.
Evidenz ist das Ergebnis aus der Empirie. Es ist die Sammlung von Belegen für eine Theorie oder eine Gesetzmäßigkeit. Das kann z. B. eine Vorhersage mittels einer Theorie sein, die dann auch wie erwartet eintritt. Dies können Beobachtungen sein oder Ergebnisse aus einem Experiment.
Die Grundlagenforschung ist das Gegenteil der angewandten Forschung. Hier stehen Entdecken und Verständnis von wissenschaftlichen Vorkommnissen im Vordergrund, nicht die Verwertung. Es geht darum theoretische Grundlagen zu schaffen, die weiterer Forschung dienen können, welche dann z. B. dem Finden einer Anwendung dient. Die Entwicklung der Gravitationstheorie ist z. B. Grundlagenforschung.
Bei der Induktion wird von einem speziellen Fall, der typischerweise empirisch erfasst wird, eine allgemeine Gesetzmäßigkeit abgeleitet. Die Induktion hat natürlich ihre Grenzen, zeigt aber auf, wie Wissenschaft im Kern begrenzt ist. Jede Aussage in der Wissenschaft hat nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Eine uneingeschränkte, absolute Wahrheit gibt es nicht. Dennoch sind die Wahrscheinlichkeiten in der Regel sehr hoch, dass der Ball herunterfällt, wenn man ihn hochhebt und loslässt, ist extrem wahrscheinlich. Du könntest bis an Dein Lebensende dieses Experiment durchführen und es würde sicherlich immer diese Erwartung erfüllt werden. Induktion wäre nun, z. B., vom Ball darauf zu schließen, dass alle Objekte sich so verhalten und herunterfallen, wenn man sie hochhebt. Typischerweise würde man die Objekte variieren, aber man würde natürlich nie alle denkbar möglichen Objekte wählen.
Die Deduktion ist das Gegenteil. Vom allgemeinen Fall schließt man auf das Spezielle und schließt sich demnach an die Induktion an, bzw. steht ihr gegenüber. Wenn ich allgemein festgestellt habe, dass von fünfzig verschiedenen Objekten, Ball, Apfel, Stuhl, Klavier, Butterbrot, usw. alle herunterfallen, wenn man sie hochhebt, dann wird es auch für das einundfünfzigste gelten, sofern es gleiche Eigenschaften hat. Für unser Beispiel wäre die erforderliche Eigenschaft, dass es aus Materie besteht.
Gerade diese Eigenschaft zu finden, kann Ziel einer Induktion sein. Man könnte z. B. verschiedene Objekte schwimmen lassen, bis man herausfindet, dass weder Form, Farbe noch Klang entscheidend sind, sondern nur, dass mehr Wassermasse verdrängt wird, als das Objekt Masse hat, d. h. die Dichte geringer ist.
1.3WissenschaftszweigeAlle wissenschaftlichen Themenfelder aufzulisten, wäre unmöglich, denn Wissenschaft ist ja ein Prozess zum Erkenntnisgewinn. Das kann jedes Thema betreffen. Aber es gibt eine grobe Einteilung der Disziplinen.
Die Geisteswissenschaften beschäftigen sich mit menschlicher Kultur, Gedanken und Gesellschaft. Sie konzentrieren sich auf die Analyse und Interpretation von kulturellen, historischen und philosophischen Aspekten des menschlichen Lebens. Dazu gehören z. B. Philosophie, Geschichte, Literatur, Kunst, Sprachen und das Studium der Kulturen. Die Geisteswissenschaften erforschen menschliches Erleben, Werte und Ausdrucksformen, alle Facetten des menschlichen Seins. So soll die Rolle des Menschen in der Welt verstanden werden.
Informatik ist für viele „irgendwas mit Computern“. Tatsächlich geht es bei der Informatik vorrangig um Informationen, deren Übertragung, Verarbeitung und Speicherung. Sie kann Grundlagen untersuchen, z. B. Algorithmen und Datenstrukturen, aber auch praktische Anwendungen wie Software und Computersysteme. Künstlich Intelligenz und die Verbindung von Mensch und Maschine sind ebenso Themen in der Informatik wie Datenbanken. Die Informationsvielfalt und -menge werden immer größer, umso wichtiger ist es, mit Informationen sinnvoll umzugehen und sie in allen Aspekten zu verstehen.
Ähnlich wie die Informatik beschäftigt sich die Mathematik mit Formalismen und wird mitunter auch als Sprache der Wissenschaft bezeichnet. Sie basiert auf Logik und Strukturen wie Zahlenräumen. Angewandte Mathematik wird oft im Zusammenhang mit anderen Wissenschaften verwendet, um Phänomene formal zu beschreiben.
In den Ingenieurwissenschaften beschäftigt man sich mit der Anwendung von wissenschaftlichen und mathematischen Prinzipien zur Entwicklung und Konstruktion von Maschinen, Strukturen, Prozessen und Systemen. Dabei wird sich auf Naturwissenschaften und Mathematik gestützt. Es werden reale Probleme gelöst. Dabei kann es um Bauwerke gehen, mechanische Anlagen, Elektronik, Energiesysteme, Produktion, Satelliten usw.
In den Naturwissenschaften erforscht man die Welt an sich und ihre Phänomene. Materie und Energie, Strukturen von Materie, Organismen werden als Grundlagen oder in der Anwendung untersucht. Die Erforschung des Kosmos als Ganzes, inklusive seiner Entwicklung gehört ebenso dazu. Die Naturwissenschaften sind Basis vieler technischer Anwendungen. Biologie, Chemie, Physik und Astronomie sind die bekannten Vertreter dieses Wissenschaftszweigs.
Die Medizin beschäftigt sich mit der Heilkunde des Menschen und der Tiere. Krankheiten, Therapien und Heilung von Verletzungen werden z. B. erforscht und natürlich ausgeübt bzw. behandelt. Dabei greift sie natürlich auf andere Wissenschaften zurück, z. B. Biologie oder Chemie.
Die Sozialwissenschaften befassen sich mit der Untersuchung der menschlichen Gesellschaft und ihrer verschiedenen Aspekte. Sie analysieren soziale Beziehungen, Institutionen und Strukturen sowie das Verhalten von Individuen innerhalb dieser. Sozialwissenschaften helfen dabei, das komplexe Geflecht menschlicher Interaktionen und gesellschaftlicher Entwicklungen zu verstehen und tragen zur Entwicklung von Lösungen für soziale Probleme und Herausforderungen bei.
Diese Unterscheidungen sind nur sehr grob und manch einer wird vielleicht weitere Zweige sehen. Andere mögen die Nase rümpfen über Nennungen in dieser Liste. Sie soll aber nur einen Überblick geben.
1.4Wissensfragen1. Was bedeutet Theorie in der Alltagssprache und was in der Wissenschaftssprache?
2. Was ist die Empirie und wie hängt sie mit Evidenz zusammen?
3. Welcher Wissenschaftszweig ist der wichtigste?
1. In der Alltagssprache wird mit „Theorie“ oft eine Idee gemeint, die zur Erklärung eines Phänomens dient. Das ist in der Wissenschaft eher eine These. Eine Theorie ist in der Wissenschaft die höchste Form einer Beschreibung einer Erklärung. Sie wird durch umfangreiche überprüfte Gesetzmäßigkeiten gewonnen und dient z. B. dazu, Vorhersagen zu machen. Oft gelten Theorien nicht allgemein, sondern haben Gültigkeitsbereiche.
2. Empirie ist das Wissen, das durch überprüfbare Experimente oder Beobachtungen gewonnen wurde. Es gibt dafür ggf. keine theoretische Erklärung oder Herleitung. Damit aus Beobachtungen oder Experimenten Wissen wird, muss es überprüfbar und wiederholbar sein. Andere Einflüsse werden experimentell ausgeschlossen. Evidenz ist die Menge an Belegen, die empirisch gewonnen wurden. Dafür muss man keine Erklärung haben.
3. Entschuldige bitte. Das ist natürlich eine Fangfrage. Es gibt nicht „den“ wichtigsten Wissenschaftszweig. Wissenschaft lebt vom Austausch untereinander, aber auch zwischen den Wissenschaftszweigen. Am wichtigsten für Forschende ist aber der Wissenschaftszweig, der sie aus irgendeinem Grund gefangen nimmt und sie nicht mehr loslässt, antreibt, neugierig macht. Das ist aber für alle unterschiedlich.
Ein komplettes Bild der Wissenschaftslandschaft zu zeichnen, würde den Rahmen eines einzelnen Kapitels sprengen. Aber ich möchte gerne wenigstens einen Überblick geben, der auf der Skizze in Bild 2.1 basiert, die nach [1] gezeichnet ist.
Das Konstrukt ist relativ komplex. Es gibt staatliche Akteure, staatliche Finanzierung, aber auch private Akteure, z. B. Stiftungen und Unternehmen, und ebenso private Finanzierung. Allerdings finanzieren staatliche Einrichtungen durchaus private Akteure und anders herum. Daher ist es recht schwer, eine klare Aufteilung zu finden. Ich möchte daher vor allem erst einmal mit den Akteuren anfangen. Die Finanzierung schauen wir uns im nächsten Unterkapitel an.
Im Jahr 2022 waren in Deutschland ca. 785 000 Menschen forschend beschäftigt, davon gut 500 000 in der freien Wirtschaft, die also einen erheblichen Anteil der Wissenschaft ausmacht [2]. Ungefähr 160 000 waren an deutschen Hochschulen wissenschaftlich tätig, die restlichen ca. 120 000 an staatlichen oder privaten Forschungseinrichtungen angestellt [2]. Deutschland ist auch für internationale Forschende interessant und liegt in absoluten Zahlen nur hinter den USA. Insgesamt meldete der DAAD 2024 eine Zahl von 75 000 Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftlern für Deutschland [3]. Die USA haben mit 86 000 nur in absoluten Zahlen einen Vorsprung [3]. Würde man die Zahlen auf die Einwohner umrechnen, läge Deutschland weit vorne.
Bild 2.1Skizze zur Forschungslandschaft in Deutschland basierend auf [1], in den Ausrichtungen von angewandter und Grundlagenforschung sowie öffentlicher und privater Finanzierung
Wenn man die Forschungslandschaft betrachtet, sollte man bedenken, dass es auch viele Ausnahmen und fließende Übergänge gibt. Auch Universitäten können sehr stark in Grundlagenforschung investiert sein, ebenso Unternehmen. Da diese Akteure in der Regel auch umfangreich kooperieren, ist eine klare Trennung ebenfalls nicht möglich oder nötig. Bild 2.1 sollte daher so verstanden sein, dass es Trends zeigt und keine kompromisslosen Grenzen.
Die Geschichte der Universitäten in Deutschland beginnt im 14. Jahrhundert [4]. Die älteste noch heute auf deutschem Territorium befindliche Universität ist die Universität Heidelberg, die im Jahr 1386 eröffnet wurde [4]. Die jüngste Universität in Deutschland ist die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, die 2013 aus zwei älteren Hochschulen entstand [4]. Die HafenCity Universität Hamburg wurde 2006 vollkommen neu gegründet [4].
Bis zum Ende des letzten Jahrhunderts wurden Hochschulen in Deutschland in Universitäten und Fachhochschulen unterteilt. Heute nennen sich die meisten Fachhochschulen allgemeiner Hochschulen für Angewandte Wissenschaft (HAW).
Universitäten sind Hochschulen mit Promotionsrecht. HAWs haben dieses in der Regel nicht, allerdings ist dies gerade im Umbruch. Diese Konstruktion ist in Deutschland einzigartig. Fachhochschulen entstanden in den 1970ern und übernahmen bestimmte Aspekte der Universitäten, bekamen aber nicht das Promotionsrecht. Ihre Aufgabe war weniger die Forschung, sondern vor allem die Lehre auf gehobenem Niveau und mit einem Fokus auf Anwendung. In einer Universität werden Lehre und Forschung unmittelbar kombiniert, da sie sich gegenseitig ergänzen sollen. Bestimmte Fächer kann man nur an einer Universität studieren, z. B. Fächer im Lehramt oder Medizin.
Inzwischen hat sich dies ein wenig geändert, da auch viele Hochschulen für Angewandte Wissenschaft mehr Forschung betreiben und sich um Promotionsprogramme, oft in Kooperation mit Universitäten, bemühen und teilweise inzwischen auch betreiben.
Ursprünglich in Hessen entstanden [5], inzwischen in insgesamt acht Bundesländern in unterschiedlicher Ausprägung realisiert, gibt es an HAWs für Professuren, die einen starken Fokus auf Forschung nachweisen, auch die Möglichkeit Promotionen zu vergeben und zu betreuen [6]. Das stellt allerdings noch die Ausnahme dar [6].
Eine ähnliche Entwicklung haben einst die Technischen Hochschulen durchgemacht, die zum Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet wurden. Dort ging es zunächst um Ingenieurwissenschaften und auch sie mussten um das Promotionsrecht kämpfen. Einmal erreicht, nannten sich viele in Technische Universität um oder wurden zu normalen Universitäten.
Hochschulen unterliegen dem Landesrecht und so hat jedes Bundesland ein eigenes Hochschulgesetz, in denen deren Rechte, Pflichten, Aufbau und Verwaltung geregelt sind. Es gibt öffentliche, kirchliche und private Hochschulen, die zwar staatlich geregelte, aber im Grunde private Unternehmen sind.
Insgesamt gibt es laut Statistischem Bundesamt in Deutschland im Jahr 2024 über alle Arten verteilt 428 Hochschulen, davon ungefähr die Hälfte Fachhochschulen bzw. HAWs [7]. An ihnen studieren ca. drei Millionen Studierende und knapp 800 000 Menschen arbeiten dort in Lehre, Forschung, Verwaltung und Gebäudemanagement [8].