Wein man nich´che - Tatjana Pandel - E-Book

Wein man nich´che E-Book

Tatjana Pandel

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Beschreibung

Franzi vermisst ihren Opa sehr, er ist vor kurzem gestorben. Und so fährt sie jeden Tag zu ihrem gemeinsamen Platz und denkt an ihn. Eines Tages trifft sie dort den tollpatschigen Lukas und ist alles andere als erfreut. Doch irgendwie kommt es dazu, dass Franzi Lukas all die tollen Geschichten von Opa erzählt. Ein bezauberndes Buch über Großeltern, Abschied, Tod, Freundschaft und Erinnerungen.

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Seitenzahl: 69

Veröffentlichungsjahr: 2016

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„Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht im Herzen der Mitmenschen.

(Albert Schweizer (1875 – 1965), Theologe, Arzt, Philosoph)

für meine Großeltern

Dankeschön

an meinen Lebenspartner Jochen Meixner für das geduldige Zuhören, Korrekturlesen,

Inhalt

VORWORT

Wein man nich ´che

Brombeeren und abgefahrene Reifen

Ranzenservice

Weidenkätzchen und angebissene Ostereier

Die Fahrradtour

Muttertag und Hüpfekästchen

Oma – Die Mitverschwörerin

Eine zerlaufene Buttercremetorte

Brombeeren und Seemannsgarn zum Geburtstag

Der Zauber der Kastanien

Die Rettung des Bootes

VORWORT

Hallo ihr Lieben,

ein kurzes Wort vorweg.

Ihr werdet in dieser Geschichte ein paar Wörter hören oder lesen, die Euch vielleicht unbekannt sind, die aber ganz wichtig sind.

Diese Wörter kommen aus einer anderen Region und sind schon ein bisschen älter. Damit ihr sie versteht hier eine kurze Erklärung:

´che

– diese Endung wurde in der Region aus der mein Opa kam (also Ostpreußen) als Koseform an Namen oder Koseworte angehängt und war sozusagen die Abkürzung von „Schätzchen“

„I wo werd ich“

- eine typisch ostpreußische Redewendung

Plumeau

- Rheinisch für Bettdecke, Federbett

Schmurks

- Ostpreußisch für Buttercreme oder andere cremige Füllungen

Ranzen

- altes deutsche Wort für Schultornister, Schultasche

Lorbas

- ostpreußisch für Lausejunge, Bengel

kietern

- ostpreußisch für mit Flüssigkeiten kleckern

Flabes

- rheinisches Wort für eine Art „Quatschkopf“

Wein man nich ´che

Eine Ich-hab-Dich-immer-lieb-Geschichte

„Autsch - was ist das denn?“ kaum, dass er diese tolle Scheune entdeckt und sich 1,2,3 hineingeschlichen hat, ist er doch tatsächlich schon wieder über etwas gestolpert.

„So ´n Mist, was Leute alles herumstehen haben. Ein blöder, blauer Eimer – und uralt. Beinahe wäre ich hingefallen“, dachte Lukas ein kleiner, sommersprossiger, tollpatschiger Junge. Wo auch immer er hingeht – er schafft es immer, etwas umzustoßen oder ungeschickte Bemerkungen zu machen. Deshalb hat er sich auch wieder in diese alte Scheune verkrochen. Die anderen Jungs ärgern ihn immer.

„Dann mach doch Deine Augen auf! Jetzt hat der Eimer eine Beule“, schrie ihn eine Stimme an.

„Na und, ist doch nur ein blöder Eimer“, maulte Lukas zurück und versuchte herauszufinden wer die Frechheit besaß ihn so anzumaulen.

“Das ist kein blöder Eimer … Das ist mein Ich-hab-Dich-immer-lieb-Eimer“, brüllte ihn die Stimme an.

Leise huschte er um die Ecke.

„Wo bist Du? Wer bist Du?“

„Das geht dich gar nichts an! Gib mir meinen Eimer wieder!“

„Wenn ich dir deinen Eimer wiedergeben soll, dann musst du dich schon zeigen!“

Was wollte dieser freche Junge hier? Hier oben war Franzi doch immer ungestört gewesen, hier konnte sie stundenlang den Schiffen auf dem Rhein zuschauen – durch den Extra-Guckschlitz, den Opa ihr eingebaut hatte. Das darf natürlich niemand wissen – ist ja ein Geheimnis.

„Das ist meine Scheune. Und mein Eimer“, antwortete sie nun endlich.

„Warum bist du denn so gemein zu mir. Ich habe Dir doch gar nichts getan“, fragte Lukas. Und als er Franzi den Eimer reichte – pardauz – da lag er samt Eimer schon wieder auf der Nase.

Da musste Franzi weinen. Ganz große Kullertränen liefen wie Sturzbäche aus ihren hübschen, kleinen Äugelein. Sie liefen und liefen und liefen.

Vorsichtig lief Lukas zu ihr, den Balken verfehlte er mal wieder nur um ein Haar.

„Ich bin Lukas und wie heißt Du?“, sagte er und reichte ihr sein Taschentuch. Ein komisches Taschentuch, viel zu groß für den kleinen Kerl. Es war bestimmt einen halben Meter groß und kariert. Wo gibt es heute noch solche Taschentücher?

„Ich bin Franzi, ich wohne hier ganz in der Nähe. Was machst Du in meiner Scheune?“

„Ach weißt Du“, meinte Lukas da, „ich bin ein ziemlicher Tollpatsch und darum habe ich mich mal hier versteckt. Dabei habe ich einen superduper Platz gefunden um die Schiffe die den Rhein herunterfahren zu beobachten.“

„Ach ja? Das ist mein Platz – den hat mein Opa mir gemacht.“ Und schon musste Sie wieder weinen.

„Warum weinst Du denn die ganze Zeit?“

Er hielt ihr immer noch das Taschentuch entgegen.

„Mein, mein, mm…..mein Opa ist nicht mehr da. Und der kommt auch nicht wieder, weil er im Himmel ist. Jetzt bin ich ganz allein – und, und keiner hat mich mehr lieb. Und … und Du, du hast auch noch den blauen Eimer kaputt gemacht – unseren blauen Eimer.“

„Ach so, das kann ich gut verstehen. Mein Opa ist auch gestorben, das ist jetzt 4 Monate her. Aber trotzdem ist Opa immer da“, sagte Lukas mit tränenerstickter Stimme. Er schniefte in sein Taschentuch und Franzi musste auch wieder weinen. So saßen die Beiden in der kleinen, alten Scheune am Rhein, schnieften und guckten den Schiffen zu.

Nach einer Weile sagte Lukas: „Du was ist das eigentlich für ein Name - Franzi?“ „Hast du daran etwas auszusetzen?“, fauchte Franzi „den hat mir meine Oma ausgesucht, weil ihr Bruder so hieß – ich heiße eigentlich ja Franziska, aber das ist so lang. Und Opa hat gesagt ich würde so heißen, weil sie mich so doll lieb hat.“

„Aha“, sagte Lukas nur und sie schauten wieder den Schiffen zu.

Man kann tagelang die Schiffe beobachten, wenn man am Rhein sitzt. Sie kommen von überall her. Wer sich etwas mit Flaggen auskennt, kann sehen woher sie kommen. Jedes Schiff hat eine Flagge am Heck – achtern, sagen die Seeleute. Viele der Frachter und Lastkähne die den Rhein befahren kommen aus den Niederlanden, das sieht man dann an der blau-weiß-rot gestreiften Flagge und oft auch an den Namen der Schiffe.

„Erzähl mir doch mal, warum Du deinen Opa so vermisst. Was habt ihr denn immer so gemacht? Und was hat es mit diesem komischen Eimer auf sich?“, wollte Lukas plötzlich wissen.

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Einige Flaggen zum Ausmalen! Wenn Du dir nicht sicher bist schau doch einfach im Lexikon nach

Bitte zeichne die Flaggen auf einem separaten Blatt Papier nach und anschließend kannst du diese ausmalen.

1. Brombeeren und abgefahrene Reifen

„Angefangen hat alles natürlich damit, dass ich geboren wurde“, begann Franzi leise zu erzählen.

„Ach nee“, platzte Lukas heraus – er war wirklich recht ungeschickt – und schämte sich sofort dafür.

Zum Glück erzählte Franzi weiter.

„Ich bin im Hochsommer geboren, genau genommen im August. Wir sind alle im Juli oder August geboren - zur Brombeerzeit. Also meine Mama lag schon im Krankenhaus und weil es so heiß war wollte sie am liebsten Obst. Ist ja klar – immer nur Eis geht ja nicht. Schade eigentlich.

Nun gut, also weil meine Mama Obst wollte ist Opa mit dem Fahrrad in den Wald gefahren und hat meiner Mama einen ganzen Eimer – den ganzen blauen Eimer - voll mit Brombeeren gebracht. Hmmm, das muss himmlisch gewesen sein.“

„Hatte dein Opa denn kein Auto? Das braucht man doch unbedingt!“ fragte Lukas.

„I wo, wird man das brauchen. Opa düste überall mit dem Rad hin, aber deshalb gab es für Mama keine Schlagsahne. Die wäre bei der langen Fahrt von Hassels nach Gerresheim eh nur schlecht geworden.“

„Bis nach Gerresheim ist dein Opa mit dem Fahrrad gefahren?“, unterbrach Lukas sie.

„Na klar, was denkst denn du? Er war ja erst 68 Jahre alt!“

„Erst 68 Jahre? Mein Opa ist noch nicht einmal so alt geworden. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass ein Opa so weit mit dem Fahrrad fährt.“

„Mein Opa konnte noch viel mehr. Meine Großeltern haben in Hassels gewohnt und meine Eltern in Garath, das sind schon einige Kilometer. Die ist mein Opa immer mit mir gegangen – zu Fuß natürlich. Wie hätte er denn auch den Kinderwagen an das Fahrrad machen sollen.“

Hihi, na das wäre eine Show gewesen, dachte Franzi bei der Vorstellung wie Opa den großen blauen Kinderwagen an das alte Triprad-Fahrrad band und damit quer durch Düsseldorf über Stock und Stein nach Hause düste.

„Mein Opa hat mich also jeden Tag von zu Hause geholt, zu Oma gebracht und abends wieder zu meinen Eltern chauffiert. So einen Service hat nicht jeder.“

„Hätte er nicht auch mit dem Bus fahren können?“

„I wo, Opa ging gerne zu Fuß – das ist gesund. Nur: Die Folge der täglichen Spazierfahrt war, dass mein Kinderwagen neue Reifen brauchte.

Bei Schumi ist so etwas kein Problem. Wenn der mit seinem Ferrari in die Box fährt, dann sind da immer genug neue Reifen und die werden in null Komma nix ausgetauscht..“