Wie die Stille vor dem Fall. Zweites Buch - Brittainy C. Cherry - E-Book

Wie die Stille vor dem Fall. Zweites Buch E-Book

Brittainy C. Cherry

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ich vermisse deinen Herzschlag. Ich vermisse dich. Ich vermisse uns.

Ich bin fest davon überzeugt, dass man seine erste große Liebe nie vergessen wird. Man gestattet ihr, in einer kleinen Ecke seines Herzens weiterzuleben. Und deshalb weiß ich, dass ich nach Landon nie wieder in der Lage sein werde, einen anderen Menschen von ganzem Herzen zu lieben. Meine Seele ist für immer verwundet. Mein Herz gefror zu Eis, als er mich verlassen hat. Es würde ein Wunder brauchen, um es wieder auftauen zu lassen. Und ohne Landon glaube ich nicht länger an Wunder.

"Dieses Buch ist nicht einfach nur ein Liebesroman. Es geht um Trauer, Verlust, Neuanfänge und so viel Liebe. Dieses Buch ist echt!" Bookartique über Wie die Ruhe vor den Sturm

Zweiter Teil des zweiten Bandes der herzzerreißenden CHANCES-Reihe von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Brittainy C. Cherry

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 483

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Liebe Leser*innen

Widmung

Motto

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

38

Epilog

Dank

Die Autorin

Die Romane von Brittainy C. Cherry bei LYX

Triggerwarnung

Impressum

BRITTAINY C. CHERRY

Wie die Stille vor dem Fall

Zweites Buch

Roman

Ins Deutsche übertragen von Katja Bendels

Zu diesem Buch

Shay Gable glaubt nicht mehr an die Liebe, weil sie als Drehbuchautorin inzwischen einfach zu viele verdrehte Versionen davon gesehen hat. Aber Shay weiß auch, dass Liebe unberechenbar ist, aus dem Nichts kommen und einen vollkommen überwältigen kann. Schließlich hatte Shay sich Hals über Kopf in Landon, ihren erklärten Erzfeind, verliebt – auch wenn sie die Erinnerungen und Gefühle, die sie mit Landon verbindet, am liebsten für immer in ihrem Herzen vergraben würde. Denn seit neun Monaten ist Landon fort, ohne zu sagen, wann – und ob – er wiederkommen würde. Weil er dachte, dass er Shay nicht die Liebe geben kann, die sie braucht. Weil er dachte, nicht der Mensch zu sein, den sie verdient. Seit er weg ist, verfolgt Shay online seine Schauspielkarriere und seinen Aufstieg zum neuen Stern in Hollywood, während sich ihre eigenen Träume im Stillstand befinden. Und wann immer sie ein Foto oder Video von ihm sieht, bricht es ihr das Herz. Weil sie weiß, dass das, was er der Welt präsentiert, nichts als eine Show ist. Den wahren Landon, den zerstörten Jungen, der alles verloren hat und sich selbst die Schuld daran gibt, kennt nur Shay. Denn dieser Landon hatte einst ihr gehört. Und auch wenn er die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft aufgegeben hat, spürt Shay deutlich, dass die Liebe zwischen ihnen noch da ist – und dass sie alles tun muss, um ihre Geschichte für immer am Leben zu erhalten …

Liebe Leser*innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Deshalb findet ihr auf der letzten Seite eine Triggerwarnung.

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!

Wir wünschen uns für euch alle

das bestmögliche Leseerlebnis.

Euer LYX-Verlag

Für eine zweite Chance in der Liebe

»Leid gebiert die stärksten Seelen; die stärksten Charaktere sind mit Narben übersät.«

Khalil Gibran

1

SHAY

Achtzehn Jahre alt

Ich habe mich schon oft gefragt, wer wohl der erste Mensch war, der sich jemals verliebt hat.

Wusste dieser Mensch sofort, dass es Liebe war, oder hat es sich eher so angefühlt wie ein übles Sodbrennen? War er oder sie glücklich? Wurde die Liebe erwidert? Wie lange hat es gedauert, bis es passiert ist, wie viele Tage, Monate und Jahre?

Hatte er oder sie Angst?

Wer hat die magischen Worte zuerst ausgesprochen?

Für mich war die Liebe immer eine komplizierte Geschichte – ich hatte einfach zu viele verzerrte Versionen von ihr erlebt. Aber dann traf ich Landon und verstand, dass die Liebe einfach aus dem Nichts kommen konnte. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich mich einmal in meinen Erzfeind verlieben könnte. Ich war davon überzeugt, dass das einzige Wort, das ich jemals mit Landon in Verbindung bringen würde, das Wort Hass wäre. Doch die Liebe interessierte sich nicht dafür, was mein Kopf über Landon dachte, für sie war nur wichtig, dass mein Herz heimlich für ihn schlug.

Die Liebe erfüllt einen Menschen mit ihrer eigenen Geschwindigkeit, sie interessiert sich nicht für Zeit, Raum oder Grenzen.

Sie kommt einfach – manchmal willkommen, manchmal nicht –, und erfüllt die Menschen mit Wärme, Hoffnung und einem Gefühl der Verbundenheit. Doch was, wenn der Mensch, den man liebte, davonging, ohne zu sagen, wann er wiederkommen würde? Dann saß man da und wartete mit angehaltenem Atem.

Neun Monate war es her, dass Landon fortgegangen war, und in diesen Monaten hatten alle um mich herum die Hoffnung für das verloren, was er und ich miteinander teilten.

Doch egal, was die anderen sagten, die Liebe war noch da.

»Ich finde, es wird Zeit, dass du wieder mit anderen Jungs ausgehst«, sagte Tracey eines Nachmittags zu mir. »Es ist unser letztes Jahr auf der Highschool, und du hockst zu Hause und wartest auf einen Jungen, der nicht die geringsten Anzeichen macht, dass er irgendwann zurückkommt. Wie lange willst du noch warten?«

Oh, ich weiß nicht, vielleicht genauso lange, wie du gebraucht hast, um zu erkennen, was für ein Arschloch Reggie ist.

Aber das sagte ich nicht laut. Ich lächelte nur und überließ es ihr zu denken, was sie wollte. Mein Glaube in Landon war stark genug, um nicht von anderen beeinflusst zu werden.

»Hör nicht auf sie«, sagte Raine, als Tracey gegangen war. »Ich finde es sehr romantisch, dass du auf Landon wartest – wie in einem Film. ›Wenn du dich gefunden hast, kehre zu mir zurück!‹«, deklamierte sie theatralisch und presste sich die Hand auf den Busen. »Au Mann, ihr beide erinnert mich an den Film Wie ein einziger Tag. Er ist dein Ryan Gosling, also hör nicht auf das, was Tracey sagt. Sie hat keine Ahnung.«

Leider war Tracey nicht die Einzige, die so über die Sache dachte. Meine Mutter teilte ihre Meinung, aber ich schob es auf den Umstand, dass ihr selbst gerade erst das Herz gebrochen worden war. Sie verstand einfach nicht, wie stark die Verbindung zwischen Landon und mir war, seit wir gemeinsam die finstersten Tage unseres Lebens überstanden hatten. Meine Cousine verstand es ebenso wenig. Eleanor war noch immer davon überzeugt, dass er mich im Schrank mit diesem Mädchen aus der Zehnten betrogen hatte, und hasste ihn dafür.

Die Einzige, die, abgesehen von Raine, noch an Landon und mich glaubte, war meine Großmutter. Mima fragte regelmäßig nach Landon und wollte wissen, wie es seinem Herzen ging. Sie glaubte an unsere unkonventionelle Liebe, selbst wenn der Rest der Welt es offenbar nicht tat.

»Jeder hat seine Meinung, Shannon Sofia«, sagte Mima kopfschüttelnd. »Wenn du dir die Haare lang wachsen lässt, sagen sie dir, du sollst sie abschneiden. Wenn du sie kurz trägst, sagen sie dir, du sollst sie wachsen lassen. Wenn du abnimmst, sagen sie dir, du bist zu dünn, aber wenn du zunimmst, sagen sie, du bist fett. Glaub mir, man kann nicht glücklich werden, wenn man sein Leben nach der Meinung anderer richtet. Sieh dir deine Freundschaften genau an und vergewissere dich, dass sie ehrlich gemeint sind. Manche Leute sagen zwar, sie wären deine Freunde, aber in Wahrheit wünschen sie dir nur Schlechtes. Bei dieser Tracey zum Beispiel wäre ich vorsichtig. Sie tendiert zum Neid, das kann ich sehen. Je älter du wirst, desto deutlicher wirst du erkennen, dass eine Freundschaft nicht unbedingt von Dauer sein muss, auch wenn sie eine Vergangenheit hat.«

Weise Worte von Mima.

Außer mit Raine und Mima sprach ich nicht viel über Landon. Ich machte unsere Liebe zu seinem und meinem Geheimnis. Es war ja nicht so, als hätten wir die Verbindung zueinander verloren, nur weil wir zweitausend Meilen voneinander entfernt lebten. Wir versprachen uns, zu bestimmten Zeiten füreinander da zu sein, egal, was sonst anlag. An Landons Geburtstag zum Beispiel würde er entweder in meinen Armen liegen, oder wir würden telefonieren, um sicherzugehen, dass sein Herz noch schlug. Ich wusste, wie schwierig seine Geburtstage für ihn waren, und würde ihn an diesen Tagen nicht mit seinen Gedanken allein lassen.

Und auch er war für mich da, wann immer ich ihn brauchte.

Hin und wieder telefonierten wir miteinander, aber Landon war kein Fan von Telefongesprächen, ebenso wenig wie ich – eine Eigenheit, die bei einer Fernbeziehung zum Problem werden konnte, wie Tracey meinte. Trotzdem war es nicht unser Ding. Ich mochte es nicht, mir den Hörer ans Ohr zu drücken und draufloszuplappern, also schrieben wir uns Nachrichten übers Handy. Doch mein bevorzugtes Kommunikationsmittel waren unsere Bücher.

Wir hatten wieder angefangen, uns Briefe in Notizbücher zu schreiben, so wie wir es in der Highschool getan hatten. Es dauerte immer ein paar Wochen, bis sie ankamen, weil wir beide viel um die Ohren hatten, aber wann immer ein Päckchen in der Post lag, fühlte ich mich, als wäre es Weihnachten und ich dürfte das allerbeste Geschenk auspacken.

Unsere Liebe war unkonventionell, aber sie gehörte uns.

Und ich hatte mir geschworen, alles zu tun, um unsere Geschichte für immer am Leben zu erhalten.

10. Januar 2004

Chick,

Los Angeles ist … seltsam – die Bäume, das Wetter, die Menschen. Kannst du dir das vorstellen, letztens hat es geregnet, und es hat sich angefühlt, als würde die Welt untergehen. Aber Regen ist hier wohl keine große Sache. Ich habe immer das Gefühl, wir aus Illinois sind so was wie Wetterexperten. Zehn Grad minus? Super – lasst uns zum Snowtubing gehen! Fünfzig Zentimeter Neuschnee? Lasst uns einen drei Meter hohen Schneemann bauen!

Aber mal ehrlich, es gefällt mir hier. Es ist schön, sich im Winter nicht den A abzufrieren, und, na ja, Mom scheint hier glücklicher zu sein, beinahe als wäre ihr Herz für Kalifornien gemacht.

Also, was gibt es Neues? Lass mich überlegen …

Ich habe mich daran gewöhnt, immer irgendwas Süßes griffbereit zu haben. Erdnussbutter-M&Ms sollten verboten werden, aber ich bin verdammt froh, dass sie es nicht sind. Wundere dich also nicht, wenn ich eine Plauze wie der Weihnachtsmann habe, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Es ist ohnehin alles deine Schuld. Und falls du in deinem nächsten Päckchen ein paar Laffy Taffys mit Bananengeschmack mitschicken solltest, hätte ich nichts dagegen. Ich habe sie hier noch nirgendwo gesehen.

Meine Therapeutin ist nicht Mrs Levi, aber sie macht ihre Sache ganz gut. Nach meinen Terminen bei ihr fühle ich mich jedes Mal ganz okay, und ich nehme mal an, darum geht es letztlich. Ach ja, das ist wohl auch eine Neuigkeit: Ich fühle mich ganz okay. Ich weiß, dass du dir Sorgen machst, aber ich mache alles, um mit meinem Verstand ins Reine zu kommen. An manchen Tagen ist es wirklich hart, aber an anderen ganz okay. Meine Therapeutin sagt immer: Eine Sekunde nach der anderen. Und die Sekunde, in der ich dir gerade schreibe, ist ziemlich okay.

Was gibt es noch? Vor ein paar Tagen habe ich mich mit einem Schauspielagenten getroffen. Irgendein Bekannter von meiner Mutter hat das organisiert, und der will mir nach Möglichkeit ein Engagement verschaffen. Keine Ahnung, ob aus der Sache irgendwas wird, ich bin auf jeden Fall gespannt.

Die Highlights von Los Angeles bisher: die Avocado-Sucht der Leute hier, so nah am Meer zu wohnen, dass man jederzeit hinfahren kann, wenn man will, dass Mom hier ist, und die Sonne.

Die Schattenseiten von Los Angeles: Du bist nicht hier.

Ich wünschte, ich würde im Lotto gewinnen, damit ich das Geld hätte, dich besuchen zu kommen.

Ich vermisse dein Gesicht.

Ich vermisse deinen Herzschlag.

Verdammt. Ich vermisse dich. Ich vermisse dich so sehr, dass ich mir in den Hintern treten könnte, weil ich so viel Zeit damit verschwendet habe, dich zu hassen. Ich mache das alles, damit es mir bald gut genug geht, um zu dir zurückzukommen, aber, verdammt, ich wünschte, es würde schneller gehen. Aber du weißt ja, eine Sekunde nach der anderen.

Jetzt bist du dran. Erzähl mir alles, was da drüben so los ist.

Ich liebe dich, ich liebe dich.

Einmal, damit du mich hörst, und noch mal, um einen Eindruck zu hinterlassen.

Satan

PS: Genieß die Erdnussbutter-M&Ms, die ich mitgeschickt habe.

PPS: Das mit den Bananen-Laffy-Taffys meine ich ernst. Lass mich nicht hängen, Chick.

5. Februar 2004

Satan,

du hättest mir niemals diese Erdnussbutter-M&Ms schicken dürfen – das ist die reinste Sünde. Aber wer hätte gedacht, dass Sünde so gut schmeckt? Wieso schmecken sie so gut, und wieso hast du mir nur eine Tüte davon geschickt? Das ist ziemlich egoistisch, und ich habe so den Verdacht, als hättest du ein paar davon für dich behalten.

Tracey, Raine und ich werden nächstes Jahr als Freshmen an die UW-Madison gehen und zusammenwohnen. Mima ist davon überzeugt, das ist eine ganz miese Idee, mit meinen beiden besten Freundinnen zusammenzuziehen, aber es wird schon klappen. Wir haben oft genug zusammen übernachtet, um zu wissen, dass wir miteinander auskommen werden.

Und ich habe meine zweite Absage von einer Agentur bekommen. Vielleicht sollte ich sie einrahmen! Was ist schon Erfolg ohne ein paar Misserfolge, nicht wahr? Wenigstens folgt einer von uns seinen Träumen! Und, da wir gerade davon sprechen, ich bin sehr stolz auf dich. Eines Tages wirst du groß rauskommen, Landon, und ich bin jetzt schon dein größter Fan.

Du wirst es weit bringen, Kid.

Die Highlights von Raine, Illinois: Morgen sollen nur fünfundzwanzig Zentimeter Schnee fallen. Yay! Mimas Essen ist immer noch göttlich. Mom macht sich ganz gut darin, über ihr gebrochenes Herz hinwegzukommen, aber manchmal weint sie noch. Meine Cousine Eleanor scheint sich bis über beide Ohren in Greyson verliebt zu haben, seit die beiden sich im Sommer auf einer Party getroffen haben. Ich freue mich, sie so glücklich mit ihm zu sehen, vor allem jetzt, wo ihre Mutter so krank ist.

Die Schattenseiten von Raine: Du bist nicht hier.

Ich liebe dich auch mal zwei.

Chick

PS: Schick. Mehr. Schokolade.

PPS: Hab letztens fünf Lottoscheine gekauft. Noch nichts gewonnen, aber sobald ich gewinne, kaufe ich mir ein Ticket und komme zu dir.

1. Mai 2004

Satan,

heute ist ein schwerer Tag, vielleicht einer der schwersten meines Lebens. Heute müssen wir uns von Tante Paige verabschieden, und ich kann immer nur denken, dass es zu früh ist. Ich wünschte, du hättest sie kennengelernt. Ihre Energie war so ansteckend. Sie hatte ein Licht in ihrem Innern, das selbst die dunkelsten Tage erstrahlen lassen konnte. Sie hat die Kunst geliebt. Sie hat Kinder geliebt. Sie hat ihre Familie geliebt.

Wie sehr sie ihre Familie geliebt hat.

Meine Cousine Eleanor wird noch lange darunter leiden, dass sie ihre Mutter verloren hat, und ich werde heute an ihrer Seite sein und sie stützen. Greyson ist ebenfalls gekommen, um bei ihr zu sein. Du hast gut daran getan, jemanden wie ihn zu deinem besten Freund zu machen. Wir werden zwei Wochen hierbleiben und dann nach Illinois zurückfliegen. Bis dahin werde ich stark sein müssen. Ich werde meiner Cousine und meinem Onkel helfen müssen, denn ich weiß, dass sie daran zerbrechen werden.

Und dann, wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich mich meiner eigenen Trauer überlassen, denn ich habe meine Tante wirklich geliebt. Ich habe sie so sehr geliebt, und es tut schrecklich weh. Irgendwie ist es nicht fair. Mima hat ein Gebet gesprochen und mir gesagt, dass der Himmel auf Paige wartet, aber ich finde es trotzdem nicht fair.

Es ist nicht fair, dass Gott die Guten bekommt, obwohl wir noch gar nicht damit fertig waren, sie zu lieben.

Keine Highlights heute. Nur Schatten.

Ich wünschte, ich könnte dich in den Arm nehmen. Ich weiß, das ist albern und egoistisch, aber ich vermisse deine Umarmungen so sehr.

Ich könnte gerade wirklich eine gebrauchen.

Heute ist nicht gut.

Vielleicht ist es morgen wieder besser.

Chick

2

SHAY

Mom und ich kehrten nach Illinois zurück, und es war nicht leicht. Seit ich mich von Tante Paige hatte verabschieden müssen, spürte ich eine Leere in meiner Brust. Wieder zurück bei Mima, waren wir alle ziemlich still. Es gab nicht viel zu sagen, das uns den Schmerz ein wenig leichter hätte ertragen lassen. Mima bereitete das Abendessen, und wir aßen gemeinsam, bevor wir uns in unseren Zimmern verkrochen.

Ich saß in meinem Zimmer, als mein Handy sich meldete.

Landon: Seid ihr gut wieder zurückgekommen?

Ich: Ja, wir sind wieder zu Hause.

Landon: Was macht dein Herz?

Ich schloss die Augen, als ich seine Worte las.

Ich: Es geht ihm nicht gut.

Landon: Es tut mir so leid, Chick.

Ein paar Sekunden später kam eine weitere Nachricht.

Landon: Komm zu den Weidenbäumen.

Ich: LOL Wünschte, es wäre wahr.

Landon: Im Ernst. Ich bin hier. Komm zu den Weidenbäumen.

Mehr schrieb er nicht, aber es reichte. Drei Worte reichten aus, um meine Welt auf den Kopf zu stellen.

»Mima!«, rief ich, während ich aus meinem Zimmer rannte und eilig meine Schuhe anzog. »Kann ich dein Auto haben?«

Meine Großmutter saß im Wohnzimmer und machte Yoga. Sie war beweglicher als so ziemlich jeder andere Mensch in ihrem Alter. »Nein. Es ist spät, und ich bin mir sicher, du bist nach der Reise erschöpft.«

»Aber …«

»Kein Aber. Es gibt keinen guten Grund, wieso du um diese Uhrzeit …«

»Landon ist in der Stadt«, stieß ich hervor. Glaubt mir, normalerweise hätte ich meine Großmutter niemals unterbrochen, wenn sie mit mir sprach, aber ich wusste, dass diese Worte sie ihren Entschluss würden überdenken lassen.

Sie stand auf und zog die Augenbraue hoch. »Er ist zurück?«

»Ja. Ich weiß nicht, für wie lange, aber er hat mich gefragt, ob ich mich mit ihm treffe.«

»Dann grüß ihn von mir«, sagte sie dann, ohne zu zögern.

»Wird gemacht.« Ich schnappte mir die Schlüssel vom Tresen und rannte aus der Tür. Als ich schon halb im Flur war, rief Mima: »Warte, Shay! Warte!«

Ich drehte mich um und sah sie mit einigen Dosen hinter mir hereilen. »Hier, gib ihm die Reste. Und dann sage ihm alles Liebe von mir.«

Sie beugte sich vor und drückte mir einen Kuss auf die Stirn, während in meinem Bauch Schmetterlinge tanzten.

Meine Hände umklammerten das Lenkrad, als ich zu den beiden Weidenbäumen im Hadley Park fuhr. Die Sonne war bereits untergegangen, und die Schatten der Nacht spielten in den Bäumen. Ich lief zwischen ihnen hindurch, und mein Herz schlug so heftig, dass ich glaubte, es müsste jeden Moment explodieren. Erst als ich mein Ziel erreichte, wurde ich langsamer.

Da stand er, mit dem Rücken zu mir, die Hände tief in den Taschen vergraben.

Selbst ohne sein Gesicht sehen zu können, wusste ich, wie unglaublich gut er aussah.

»Hey, Satan«, sagte ich leise, und meine Stimme klang nervöser, als ich erwartet hatte. Doch in der Sekunde, in der er sich umdrehte und seine Mundwinkel sich nach oben bogen und das Grübchen auf seiner linken Wange freigaben, war alle Nervosität verschwunden. Alles, was ich empfand, war Glück.

»Hey, Chick.«

»Was tust du hier?«

Er zuckte mit den Schultern und rieb sich den Nacken. »Du hast gesagt, du könntest eine Umarmung gebrauchen. Ich weiß, ich bin ein bisschen spät dran, aber …«

Ich ließ ihn nicht ausreden, sondern lief zu ihm, schlang die Arme um seinen breiten Oberkörper und zog ihn fest an mich. Er erwiderte meine Umarmung noch fester, vergrub den Kopf an meinem Hals und sog meinen Geruch ein, während ich sein Parfüm einatmete: rauchig, holzig und so männlich. Oh Mann, wie hatte ich seinen Geruch vermisst. Seine Umarmungen. Ihn. Jede Faser, jede Zelle, jeden Atemzug.

»Es tut mir so leid, Shay«, flüsterte er.

Mein Blick verschwamm. Endlich konnte ich mich fallen lassen in dem Wissen, dass er mich auffangen würde. »Sie war unglaublich«, murmelte ich. »Sie war einzigartig.«

»Davon bin ich überzeugt.«

Mit einem leicht schiefen Lächeln löste ich mich aus seinen Armen und betrachtete ihn mit glänzenden Augen, wie eine stolze Mutter. Ich legte die Hand an seine Wange und konnte einfach nicht aufhören, wie eine Irre zu lächeln. Ich war so glücklich, so unendlich glücklich – so glücklich, wie man es vielleicht nur einmal im Leben sein konnte.

Dass Landon gekommen war, um mich in den Arm zu nehmen, als ich ihn so dringend brauchte, bedeutete mir unendlich viel.

»Was macht dein Herz?«, fragte ich ihn und rieb meine Nase an seiner.

Seine Mundwinkel bogen sich nach oben. »Es schlägt noch. Aber eigentlich bin ich hier, um zu hören, wie es deinem Herzen geht. Wir können uns in mein Auto setzen«, schlug er vor und deutete mit dem Kinn auf den Pfad, der zurück zum Parkplatz führte. »Ich wollte bloß die Bäume mal wieder aus der Nähe sehen. Es ist zu kalt, um lange hier draußen herumzustehen.«

Ich stimmte zu. Ehrlich gesagt, er hätte genauso gut sagen können: Lass uns eine Bank ausrauben und Tacos essen gehen, und ich hätte ihm zugestimmt.

Wohin auch immer er ging, ich würde ihm folgen.

Wir liefen zu seinem Mietwagen und stiegen ein. Er schaltete die Heizung an, und ich genoss die Wärme, die mich umgab.

»Du hast mir gefehlt«, sagte er, worauf augenblicklich die Schmetterlinge in meinem Bauch ausschwärmten.

»Du mir auch. Wie ist es dir in letzter Zeit ergangen? Wie ist Kalifornien? Wie geht es dir?« Das war die wichtigste aller Fragen.

Er lächelte sein sanftes Lächeln und rieb sich mit dem Finger den Nasenrücken. »Es läuft ganz gut. Ich habe ziemlich viel um die Ohren, aber das ist okay. Und dann treffe ich mich regelmäßig mit meiner Therapeutin, um eine Routine zu entwickeln. Wir testen ein paar Medikamente, die mir helfen sollen, meine Gedanken in der Spur zu halten. Bisher also alles gut. Ich vermisse dich und meine Freunde, aber es war richtig so.«

»Gut.« Ich seufzte, erleichtert zu hören, dass es ihm gut ging. Er sah auch gut aus. Nein, er sah sogar besser aus als nur gut. Er sah verdammt gut aus. »Und deine Mom?«

Sein Lächeln wurde breiter. »Sie ist großartig. Sie ist mein Fels in der Brandung, und es tut gut, sie an meiner Seite zu haben. Und ich bin auch froh, dass ich bei dem ganzen Mist, den mein Dad ihr mit der Scheidung antut, bei ihr sein kann. Ich verstehe nicht, warum er so grausam ist. Mom war immer gut zu ihm, und ich bin mir sicher, dass sie sich mal geliebt haben. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie man einem Menschen so gemein behandeln kann, von dem man einmal geglaubt hat, er sei die Liebe seines Lebens. Es ist beinahe, als hätte es so etwas wie Liebe zwischen den beiden niemals gegeben.«

Ich runzelte die Stirn. »Bei meiner Mom läuft die Scheidung auch nicht viel besser. Aber unsere Mütter sind stark. Sie werden es schaffen.«

Er nickte. »Ja. Deine Mom ist wirklich stark. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mich hasst, aber sie ist stark. Sie wird zurechtkommen. Und meine Mom auch. Sie ist auch ziemlich zäh.«

»Ich nehme an, das hast du von ihr geerbt.«

Er legte seine Hände in meine. »Möchtest du darüber reden?«, fragte er mit leiser, ernster Stimme. »Über deine Tante?«

»Es ist schlimm. Wenn ich an den Krebs denke, werde ich so traurig. Ich habe einen Kloß im Hals und kann kaum sprechen. Mitansehen zu müssen, wie sie in den letzten Monaten gekämpft hat, war das Schlimmste.«

»Dann lass uns nicht über diese Monate reden. Erzähl mir, wie sie war, bevor sie krank geworden ist.«

»Was möchtest du wissen?«

Er lächelte und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr, die sich gelöst hatte. »Alles.«

Wir saßen stundenlang in seinem Auto, lachten, tauschten Erinnerungen und hielten uns in den Armen. Manchmal blickten wir auch nur schweigend in die Dunkelheit. Mit Landon zu schweigen, fiel mir so leicht. Es würde mir nichts ausmachen, für den Rest meines Lebens schweigend dazusitzen, wenn ich nur wüsste, dass er bei mir wäre.

Ich setzte mich auf seinen Schoß, und er legte die Arme um mich und hielt mich ganz fest. Unsere Körper schmiegten sich eng aneinander, mein Kopf an seinem Hals, und ich schloss die Augen. Ich hätte einfach so einschlafen können, nur um genauso wieder zu erwachen.

»Hast du im Lotto gewonnen?«, fragte ich, nachdem die vierte Stunde verstrichen war.

Er lachte. »Nein. Ich schulde Greyson bloß eine Stange Geld.«

»Er hat dir das Geld gegeben, damit du herkommen konntest?«

»Ja. Mom ist im Moment ziemlich knapp, und mein Dad gibt ihr keinen Cent. Aber Greyson hat mir geholfen. Er wusste, wie wichtig es für mich war, jetzt bei dir zu sein, genauso wichtig wie für ihn, bei Eleanor zu sein.«

»Er ist so ein guter Mensch.«

»Der beste. Die Welt braucht mehr Menschen wie Greyson East.«

Ich seufzte an seiner Haut und kuschelte mich noch enger an ihn. »Glaubst du, er und Eleanor kriegen das hin, jetzt, da sie in Florida bleibt und er aufs College geht?«

»Ich hoffe es. Wirklich. Ich habe noch nie erlebt, dass Greyson so viel für einen anderen Menschen empfunden hat wie für Eleanor. Außerdem hoffe ich, dass wahre Liebe am Ende ihren Weg findet, egal, was passiert.«

Ich kicherte. »Wer hätte gedacht, dass der Teufel persönlich einmal zum Romantiker mutieren würde?«

»Was soll ich sagen? Ich habe ein Mädchen getroffen, das meine Ansichten über das Leben und die Liebe verändert hat.«

»Ja, ja, ich habe diese Wirkung nun einmal auf andere Menschen«, scherzte ich. »Ich habe übrigens aufgehört, mit anderen über uns zu reden. Tracey meint, es ist total dumm, dass ich so jung und mit dir in dieser Lage bin.«

»Mmh. Tracey ist auch mit Reggie ausgegangen, von daher gebe ich nicht viel auf ihre Meinung.« Er sah mich an und runzelte die Stirn. »Aber manchmal mache ich mir auch Sorgen, dass ich einfach zu lange brauche, um mich zu sortieren … dass ich vielleicht nie der Mensch sein werde, den du verdienst.«

»Ich habe dir doch gesagt, du sollst dir Zeit lassen, Landon.«

»Ja, aber …« Er seufzte. »Es ist schwieriger, als ich dachte.«

»Erzähle es mir. Erzähl mir, was du durchmachst.«

»Es ist schwer zu erklären. Es fühlt sich an, als würde ich versuchen, mein chaotisches Hirn auszupacken. Wie Kisten über Kisten voller Zeug, ohne irgendein System. Es ist einfach so unendlich viel Mist, den ich sortieren muss, und jedes Mal, wenn ich etwas aus einer Kiste hole, taucht eine neue Kiste auf. Manchmal läuft es ein paar Tage lang ganz gut, und dann – bam! – kommt eine Panikattacke, und ich fühle mich wie ein Versager. Das Schlimmste an diesen Panikattacken ist, dass ich mir dabei in den Hintern trete, weil es überhaupt dazu gekommen ist. Ich mache mich selbst fertig, weil ich eigentlich über diese Attacken hinweg sein sollte. Ich müsste schon viel stärker sein.

Das heißt, ich habe eine Panikattacke und bin wütend auf mich selbst, weil ich eine Panikattacke habe, und das macht es nur noch schlimmer.« Er rieb sich das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Mist. Das klingt ziemlich deprimierend, aber das ist der Punkt, an dem ich im Moment bin. Ich räume auf und sortiere mich, und ich fühle mich schrecklich, weil du hier auf mich wartest. Shay, ich liebe dich, aber du musst nicht auf mich warten. Ich habe keine Ahnung, wie lange das alles dauern wird.«

»Würdest du auf mich warten?«

»Für immer«, erklärte er.

Und ich war mir sicher, er meinte es genauso.

Ich legte meine Hände an seine Wangen, beugte mich vor und küsste ihn sanft auf die Lippen. Keine Zunge, kein Druck, nur ein sanfter Kuss, angefüllt mit meiner Liebe.

»Ich werde warten«, schwor ich.

»Wie lange?«

»Solange es dauert.«

»Scheiße, Chick …«, murmelte er, legte seine Stirn an meine und schloss die Augen. »Ich bin hergekommen, damit du dich besser fühlst, stattdessen sorgst du dafür, dass ich mich besser fühle. Wie machst du das?«

»Das machen wir beide füreinander. Wir sorgen dafür, dass der andere sich besser fühlt. Ich glaube, das ist Liebe. Liebe ist das Gefühl, sich in der Nähe des anderen wieder vollständig und heil zu fühlen.«

Dieses Mal war sein Kuss fordernder. Ich erwiderte ihn mit der gleichen Leidenschaft, saugte an seiner Unterlippe, ließ zu, dass seine Zunge sich mit meiner vereinte.

»Es ist schon spät«, sagte er und zog sich ein wenig von mir zurück. »Du fährst besser nach Hause, bevor deine Mutter und Mima sich Sorgen machen. Ich habe gesehen, wie du die Nachrichten auf deinem Handy weggedrückt hast.«

Ich verzog das Gesicht. »Muss ich wirklich gehen?«

»Ja, aber ich werde noch zwei Tage hier sein, falls du …«

»Ja«, unterbrach ich ihn. »Wie auch immer, wann auch immer, wo auch immer, ja. Ich will, dass du jede Sekunde, die du hier bist, mit mir verbringst.«

Er gab mir einen Kuss auf die Stirn. »Ich würde es auch nicht anders wollen. Aber bevor du gehst, habe ich noch etwas für dich.«

Ich kletterte zurück auf den Beifahrersitz und strich mir die Haare hinter die Ohren. »Du hättest mir nichts mitbringen müssen.«

»Hab ich aber.« Er griff nach hinten auf die Rückbank und holte einen Strauß wunderschöner, exquisiter, atemberaubender Erdnussbutter-M&Ms hervor.

Ich strahlte.

»Ich habe keine Pfingstrosen bekommen, also dachte ich, das ist eine gute Alternative«, erklärte er.

Ich küsste ihn noch einmal; ich konnte überhaupt nicht verstehen, wie jemand glauben konnte, dass das, was Landon und mich verband, nicht wert war, darum zu kämpfen.

»Das ist das Schönste, das ich in meinem Leben gesehen habe. Ich habe auch etwas für dich. Ich meine, es ist eigentlich nicht von mir, aber es ist für dich. Augenblick.« Ich sprang aus seinem Wagen, ging zu meinem hinüber und schnappte mir die Vorratsdosen mit dem Essen, die Mima mir mitgegeben hatte. Als Landon sie sah, leuchteten seine Augen, und er sprang aus dem Auto.

»Von deiner Großmutter?«, rief er und nahm sie mir ab.

Ich lachte. »Woher weißt du das?«

»Soll das ein Witz sein? Ich werde niemals Mimas Vorratsdosen vergessen!« Er öffnete eine davon und grub darin herum wie ein Irrer, bevor er sich das Kartoffelpüree in den Mund stopfte. »Fuck«, stöhnte er und leckte sich die Finger ab.

»Ich will, dass du so stöhnst, wenn du mich probierst«, erklärte ich nüchtern.

Jetzt hatte ich seine Aufmerksamkeit. Er zog eine Augenbraue hoch, und ein anderer Körperteil hob sich vermutlich auch. »Sag das noch mal.«

Ich beugte mich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht, Landon.« Damit drehte ich mich um und ging zu meinem Wagen. Er stöhnte.

»Was? Nein. Auf keinen Fall. Du kannst nicht einfach so etwas zu mir sagen und dann gehen. Shay!«

»Ich muss. Du hast es doch selbst gesagt, es ist schon spät.«

»Vergiss, was ich gesagt habe – wir haben die ganze Nacht!«

»Schreib mir morgen, wenn du Lust hast, mit mir abzuhängen.«

»Es ist ein Uhr, Chick – es ist schon morgen. Wir können also genauso gut jetzt abhängen und gemeinsam ein paar Dinge probieren.«

In meinem Bauch breitete sich Hitze aus. Ich glitt auf den Fahrersitz meines Wagens, rollte das Fenster runter und streckte den Kopf raus. »Bis später.«

»Du bringst mich um, Smalls«, murmelte er und stellte die kostbaren Vorratsdosen auf seinen Beifahrersitz – er schnallte sie sogar an! Dann kam er noch mal rüber, lehnte sich in mein Fenster und sah mich mit seinem Lächeln an, das mich jedes Mal verrückt machte. »Nun gute Nacht! So süß ist Trennungswehe«, sagte er, beugte sich vor und gab mir einen Kuss. »Ich melde mich morgen früh.«

»Klingt gut.«

Er ging zurück zu seinem Wagen, doch plötzlich drehte er sich noch einmal um und sah mich an. »Und, Chick?«

»Ja?«

Seine blauen Augen funkelten, und seine Mundwinkel bogen sich nach oben. »Ich liebe dich mal zwei.«

3

LANDON

Sollte Greyson jemals eine Niere brauchen, so würde ich ihm jederzeit eine von meinen geben. Ach was, er könnte beide haben. Dass er mich nach Illinois gebracht hatte, um Shay zu sehen, war echt Wahnsinn. Ich war mir ohnehin mit jedem weiteren Tag, der vergangen war, mehr wie ein totaler Versager vorgekommen, weil ich sie so im Stich ließ, und ich hatte oft das Gefühl gehabt, nicht gut genug für sie zu sein. Nachts wälzte ich mich im Bett und quälte mich mit dem Gedanken, dass ich nicht für sie da sein konnte, um ihr die Liebe zu schenken, die sie brauchte und verdiente.

In ein paar Monaten würde sie aufs College gehen, und ich wollte nicht, dass sie meinetwegen darauf verzichtete, diese Erfahrung voll und ganz auszukosten. Es gab Zeiten, in denen mein Verstand mir einreden wollte, dass ich ihr nicht das geben konnte, was sie brauchte, nicht die Liebe geben konnte, die ein Mädchen wie Shay verdiente. Doch dann sah ich sie.

Ich hielt sie in meinen Armen.

Wir fanden zusammen wie von einem Magneten angezogen, und nichts fühlte sich besser an, als sie in meinen Armen zu halten, als sie mich brauchte. Nichts fühlte sich besser an, als gebraucht zu werden. Als gäbe es einen Grund, warum ich auf dieser Welt war – um anderen zu helfen.

Da wir gerade davon sprechen, ich war fest entschlossen, auch meiner Mom zu helfen. In letzter Zeit weinte sie sich oft in den Schlaf wegen der Scheidung und der Art und Weise, wie mein Vater ihr so ziemlich jeden Cent aus der Tasche zog, den sie besaß.

Während Shay in der Schule war, fuhr ich nach Chicago in die Kanzlei meines Vaters. Seit Mom und ich nach Los Angeles gezogen waren, hatte ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Er hatte keinen einzigen Versuch unternommen, mit mir in Kontakt zu treten, und deshalb hatte ich keinen Grund gesehen, mich bei ihm zu melden. Wenn ich mich für eins meiner Elternteile entscheiden müsste, würde ich bis zum bitteren Ende auf der Seite meiner Mutter stehen.

Als ich in die Kanzlei trat, fühlte ich mich wie ein Fremder. Kaum zu glauben, dass ich hier so viele Stunden damit verbracht hatte, mich durch irgendwelche Unterlagen zu kämpfen in der Hoffnung, dass mein Dad stolz auf mich sein und sich unser Verhältnis ein wenig bessern würde.

Ich nickte April zu, der Assistentin meines Vaters, die an ihrem Schreibtisch vor dem Büro meines Vaters saß. »Hey, April. Ich hatte gehofft, meinen Vater sprechen zu können.«

Sie runzelte die Stirn. »Oh, das tut mir leid, Landon. Du hättest einen Termin machen müssen. Mr Harrison ist heute sehr beschäftigt. Vielleicht solltest du es nächste Woche noch einmal versuchen.« Sie klackerte weiter auf ihrer Tastatur herum.

»Ja, ja, aber ich bin nur noch bis morgen Nachmittag in der Stadt und hatte gehofft, ihn zu sehen, bevor ich wieder nach Los Angeles fliege.«

Sie hob kurz den Blick und sah dann wieder auf ihren Computer. »Sorry, aber es ist leider nicht möglich. Er ist ein sehr beschäftigter Mann.«

Ich hatte keine Zeit für so einen Unsinn, also ignorierte ich sie und marschierte zum Büro meines Vaters.

»Hey! Das kannst du nicht machen!«, schrie April und lief mir nach, aber ich war schon drin.

Er telefonierte, die buschigen Augenbrauen gesenkt und mit seinem üblichen strengen Gesichtsausdruck. Als er mich sah, verzog er das Gesicht und winkte mich weg.

»Tut mir leid, Ralph. Ich habe ihm gesagt, dass er dich heute nicht stören soll«, rief April und entschuldigte sich überschwänglich für meine Anwesenheit. Seit wann nannte April ihren Chef beim Vornamen?

Dad sah mich böse an und zeigte auf die Tür.

Ich setzte mich lieber.

»Das kannst du nicht machen«, zischte April.

»Und wie ich das kann. Würden Sie, bitte, die Tür hinter sich schließen, wenn Sie rausgehen, April?« Ich verschränkte die Arme und machte es mir bequem.

Dad starrte mich wütend an, bevor er sich wieder an seinen Gesprächspartner wandte. »Mr Jacobson, es tut mir furchtbar leid, aber wir haben hier gerade einen Zwischenfall, um den ich mich kümmern muss. Wenn Sie mich also bitte entschuldigen würden, ich würde unser Gespräch gerne auf einen späteren Termin verlegen.« Er schwieg einen Augenblick. »Ja. Selbstverständlich. Ich werde April bitten, sich mit Ihrer Assistentin in Verbindung zu setzen. Vielen Dank. Auf Wiederhören.«

Er legte auf und runzelte die Stirn wie Onkel Dagobert. »Schließen Sie die Tür, wenn Sie rausgehen, April.«

Sie gehorchte. Ich hätte wetten können, dass ihm das gefiel – jemanden zu haben, der ihm niemals widersprach, weil er ihren Gehaltscheck unterschrieb.

»Was willst du, Landon?«, fragte er und funkelte mich wütend an.

»Ich freue mich auch, dich zu sehen, Dad.«

»Ich habe keine Zeit für Smalltalk, Junge. Also sag mir, was dich herführt, oder verschwinde.«

»Es geht um Mom. Ich wollte sehen, ob wir vielleicht zu einer Einigung kommen und diese Scheidungssache klären können, ohne dass du ihr alles nimmst, was sie hat.«

»Deine Mutter wusste, worauf sie sich einließ. Es stand alles im Ehevertrag, den sie unterschrieben hat.«

»Weil sie dich geliebt hat, Dad. Sie hat ihn unterschrieben, weil sie dich liebte und mit dir zusammen sein wollte.«

»Nun, darüber hätte sie vorher nachdenken sollen. Jetzt wird sie sich mit den Konsequenzen dieser Scheidung abfinden müssen.«

»Sie kann kaum die Anwaltskosten bezahlen. Kannst du ihr nicht wenigstens dabei entgegenkommen? Oder das Ganze einfach beenden? Du hast genug Geld.«

»Ich weigere mich, die Anwälte deiner Mutter zu bezahlen. Sie ist eine erwachsene Frau und sollte in der Lage sein, sich alleine um solche Dinge zu kümmern. Es ist doch nicht meine Schuld, dass sie nicht weiß, was Sparen bedeutet. Sie hätte lieber arbeiten sollen, als sich jahrelang um dich zu kümmern, als wärst du ein kleines Kind. Sie ist selbst schuld. Die Entscheidungen, die wir in unserem Leben treffen, haben nun einmal Konsequenzen, mein Junge, und deine Mutter muss nun die Konsequenzen ihrer Entscheidungen tragen.«

»Wie kannst du nur so hart sein? Du hast sie einmal geliebt. Immerhin hast du sie geheiratet.«

»Menschen ändern sich, deine Mutter ist ein perfektes Beispiel dafür.«

»Was hat sie dir angetan?«

Er legte die Stirn in Falten und verschränkte die Finger ineinander. »Es geht nicht darum, was sie mir angetan hat, Landon. Sondern darum, was sie dir angetan hat. Sie hat dich verhätschelt. Sie hat dich dein ganzes Leben lang wie ein kleines Kind behandelt und zu dem gemacht, was du jetzt bist.«

»Was ich jetzt bin? Was zum Teufel soll das denn heißen?«

»Du bist schwach. Sie hat dich schwach gemacht – sie und ihr durchgeknallter Bruder.«

Jedes einzelne Haar an meinem Körper richtete sich auf, als er Lance erwähnte. Ich umklammerte den Rand meines Stuhls so fest, dass meine Fingerknöchel weiß leuchteten. »Lance war nicht durchgeknallt. Er war krank. Er hatte eine Krankheit.«

»So ein Unsinn«, schnaubte Dad und warf wütend die Arme in die Luft. »Dein Onkel war ein Kind, das ausrastete, weil er es einfach nicht auf die Reihe bekam, für längere Zeit einen Job zu behalten oder sein Leben in den Griff zu bekommen. Er hat Drogen genommen und deine Mutter mit seinem Gejammer dazu gebracht, ihn bei uns wohnen zu lassen. Er war schwach, und deine Mutter hat zugelassen, dass er dich beeinflusst. Sie hätte dich niemals mit diesem Psycho und seinen Problemen in Kontakt bringen dürfen.«

Ich wollte über den Tisch springen und ihm ins Gesicht schlagen, als er das sagte. Lance war kein Psycho gewesen, bloß weil er mit seinem eigenen Verstand gerungen hatte. Er war nicht schwach, bloß weil er nicht auf die Beine gekommen war. Wie konnte mein Vater es wagen, so über ihn zu sprechen? Lance war mehr Mann gewesen, als mein Vater es jemals hätte sein können. Die Depression hatte ihn einfach mit sich in die Finsternis gerissen, bevor er sein Licht hatte finden können.

»Ich meine, sieh dich an, Landon. Was zum Teufel machst du mit deinem Leben? Kein Collegeabschluss. Keine Ziele. Keine Zukunft. Du trittst in die Fußstapfen dieses Losers, und deine Mutter hilft dir auch noch dabei, genau wie sie ihm geholfen hat. Es würde mich nicht wundern, wenn du genauso endest wie er.«

Schauer jagten durch meinen Körper, und Galle stieg in mir hoch. Wie konnte er so etwas sagen? Wie konnte er sagen, dass es ihn nicht wundern würde, wenn ich ebenso starb wie Lance?

»Ich hasse dich!«, schrie ich und spürte, wie der Zorn in mir mit jedem Wort, das mein Vater von sich gab, größer wurde.

Wie konnte ein Mensch so grausam sein?

Sein Gesicht zeigte keine Spur von Reue. Er bereute seine Worte nicht, erkannte nicht einmal, dass er zu weit gegangen war.

Im Gegenteil, er wirkte beinahe selbstgefällig, ja sogar stolz, weil er mich so verletzt hatte.

Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. »Du hasst mich, weil ich dich nicht wie ein Baby behandle, so wie deine Mutter es tut. Tough Love, Landon, so nennt man das. Irgendjemand muss dir schließlich sagen, wie es ist. Ohne Rückgrat und dickes Fell wirst du es auf dieser Welt nicht weit bringen. Die Menschen werden auf dir herumtrampeln, und nicht alle werden dich verhätscheln wie deine Mutter. Du bist neunzehn Jahre alt, und es wird Zeit, dass du dich auch so verhältst.«

»Und wann wirst du anfangen, dich deinem Alter entsprechend zu benehmen?«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Das tue ich bereits, Landon. Ich bin ein erwachsener Mann, der seine Angelegenheiten regelt. Ich sehe, dass deine Mutter dich wie ein kleines Kind behandelt, und ich bin mir sicher, sie ist nicht die Einzige, aber so wird es nicht immer sein. Irgendwann werden sie dich leid sein und deine Sperenzchen nicht länger mitmachen. Dein Gejammer hat ein Verfallsdatum, und, glaube mir, es wird schneller kommen, als du denkst. Wie viele haben am Ende noch an Lance’ Grab gestanden? So gut wie keiner. Die Leute halten es nicht lange aus mit Typen wie Lance oder dir. Also reiß dich zusammen, sei ein Mann und ändere, wer du bist und wie du lebst. Sonst lebst du am Ende einsam und traurig bei deiner Mutter im Keller.«

»Hierherzukommen war ein verdammter Fehler«, murmelte ich und stand auf. »Ich hatte vergessen, was für ein Mistkerl du bist.«

Er begann ungerührt auf seinem Computer zu tippen. »Wie du meinst. Schließ die Tür hinter dir, wenn du gehst.« Doch als ich schon fast draußen war, rief er mir noch nach: »Ich werde die Rechnungen deiner Mutter bezahlen. Unter einer Bedingung.«

»Und die wäre?«

»Du studierst Jura, so wie wir es geplant hatten. An den Wochenenden kannst du dann hier arbeiten und dein Leben wieder in Ordnung bringen.«

»Das werde ich nicht tun.«

»Dann wird deine Mutter ihren eigenen Weg finden müssen. Ich will dich nicht wiedersehen, bevor du nicht bereit bist, ein echter Mann zu sein. Solange du dich wie ein Kind benimmst, will ich nichts mit dir zu tun haben.«

»Ich werde niemals wieder herkommen«, versprach ich ihm. »Und ich will dich nie wiedersehen. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, dann bei deiner Beerdigung«, murmelte ich.

»Oder bei deiner«, erwiderte er, und seine Worte waren voller Hass.

Wie hatte meine Mutter diesen Mann jemals lieben können?

Ich verließ sein Büro und fühlte mich besiegt, und wütend, und traurig – zutiefst traurig. Nicht, weil mein Vater ein verdammtes Monster war, sondern weil es mir nicht gelungen war, meiner Mutter ein wenig Erleichterung zu verschaffen.

Sie hatte es dringend nötig, und ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich ihr helfen konnte.

Als ich wieder in meinem Auto saß, musste ich erst einmal tief durchatmen. Meine Hände umklammerten das Lenkrad, und mein Herz raste. Ich versuchte die Panik in meinem Kopf niederzuringen, während die Worte meines Vaters in einer Endlosschleife in meinen Ohren dröhnten.

Es würde mich nicht wundern, wenn du genauso endest wie er.

»Das bin ich nicht, das bin ich nicht, das bin ich nicht …«, wiederholte ich immer wieder durch meine zusammengepressten Lippen. Ich war nicht der schwache kleine Junge, den mein Vater in mir sah. Ich war nicht mein Onkel. Ich war verletzt, aber ich war nicht gebrochen.

Ich hielt das Lenkrad umklammert, bis es mir gelang, mich aus der Finsternis zu befreien. Irgendwann gelang es mir, meinen Atem zu kontrollieren und meinen Herzschlag zu beruhigen. Vor ein paar Monaten wäre ich dazu noch nicht in der Lage gewesen. Die Unterredung mit meinem Vater hätte mich noch stundenlang in ihrem Bann gehalten.

Diesmal waren es nur zehn Minuten.

»Hat er das wirklich zu dir gesagt?«, fragte Shay, die mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett in meinem Hotelzimmer saß. Sie war nach der Schule hergekommen, und ich hatte uns eine Pizza bestellt.

»Ja. Er hat gesagt, ich würde genauso enden wie Lance – im Grab, weil ich schwach bin.«

»Was für ein Monster.« Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Ich verstehe einfach nicht, wie jemand so etwas sagen kann, und auch noch zu seinem eigenen Kind.«

»Er nennt es Tough Love.«

»Ich nenne es unverhohlenen Hass. Und ich hoffe, dass du kein Wort davon glaubst, Landon. Ich hoffe, du weißt, dass alles, was er gesagt hat, nicht wahr ist. Du bist einer der stärksten Menschen, die ich kenne. Deine Verletzlichkeit macht dich stark, nicht schwach, und es tut mir leid, dass dein Vater diese hasserfüllten Dinge gesagt hat.«

»Es macht mich einfach fertig, dass ich meiner Mom nicht helfen konnte, das ist alles.«

Shay tupfte mit einer Serviette auf ihrer Pizza herum.

Ich zog die Augenbraue hoch. »Was machst du da?«

»Die Pizza abtupfen. Damit spart man angeblich fünfzig Kalorien pro Stück.«

»Klingt nach ziemlichem Unsinn.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich tu, was ich kann, um ein paar Kalorien zu vermeiden.«

»Seit wann interessierst du dich für Kalorien?«

»Ähm, seit ich letztes Jahr vor lauter Stress fünf Kilo zugenommen habe. So kann ich unmöglich aufs College gehen und dann noch die berüchtigten Freshmen Fifteen obendrauf packen. Also mache ich Diät.«

Ich starrte sie an, als wäre sie vollkommen verrückt geworden, denn das, was sie sagte, war vollkommen verrückt. »Du hast es nicht nötig, Kalorien zu zählen, Shay.«

»Doch, hab ich.«

»Heißt das, du isst auch keine Süßigkeiten mehr?«

Sie boxte mich gegen die Schulter. »Sei nicht albern.«

Ich grinste sie an und stellte unsere Teller auf den Nachttisch. Dann krabbelte ich zu ihr und zog sie auf meinen Schoß. »Ich liebe jeden Zentimeter und jede Kurve an dir.«

Ihr Mund verzog sich zu dem süßesten Lächeln. »Auch wenn mein Hintern aussieht wie ein Oompa Loompa?«

»Ja, zum Teufel. Ich weiß nicht, ob du das weißt, aber ich betrachte mich als einen Po-Fetischisten. Ich würde mein Gesicht so tief in deinem Oompa Loompa vergraben, bis ich den Weg in deine Schokoladenfabrik gefunden habe.«

»Würg.« Sie wand sich und stieß kichernd mit ihren Hüften gegen meine. »Klingt nach einer ziemlich pupsigen Anspielung.«

»Für dich würde ich in den verzauberten Schokoladenwald eindringen«, scherzte ich.

»Landon.«

»Ich würde deine Tootsie Rolls essen.«

»Kalifornien hat dich echt seltsam werden lassen.«

»Ich war immer schon seltsam. Das ist nichts Neues.«

Sie zog die Nase kraus und nickte. »Du hast recht. Schließlich hast du schon mal Toilettenpapier aus dem Hintern eines Mädchens gegessen.«

»Das war kein Toilettenpapier!« Ich zeigte streng mit dem Zeigefinger auf sie und sah sie herausfordernd an. »Hey, erinnerst du dich noch, wie du mir den Kopf gerieben hast und nicht den Kopf von meinem … Schwanz?« Ich grinste, als ich an ihren ersten Versuch zurückdachte, es mir mit der Hand zu besorgen. Gott, wie ich dieses Mädchen liebte. Ich liebte ihre Unschuld, ihr Lachen, ihre Missgeschicke, ihre Liebe.

»Halt die Klappe. Und nur damit du es weißt, ich habe an meiner Technik gearbeitet. Ich habe geübt.«

Meine Augenbrauen schossen nach oben. »Mit wem?«

»Oh, du weißt schon. Randy, Jason, Jon, Henry … Walter, Nick. So ziemlich mit jedem, der mir über den Weg gelaufen ist«, sagte sie.

Ich legte meine Hand auf ihr Steißbein und zog sie näher, sodass ihre Brust gegen meine drückte. »Willst du mich eifersüchtig machen, Chick?«

»Warum? Funktioniert es denn?«, fragte sie und biss sich auf die Unterlippe.

»Vielleicht ein bisschen.«

Sie lächelte und drückte ihre Lippen auf meine. »Nur mit dir«, flüsterte sie, bevor sie mich küsste. Sie legte ihre Hände auf meinen Brustkorb, um die Schläge meines Herzens zu spüren, und ich hoffte, sie wusste, dass es nur für sie schlug.

»Aber ich habe wirklich was Neues gelernt. Raine hat mir im Werbefernsehen ein … Spielzeug bestellt.«

Interessant. »Ein Spielzeug, hm?«

»Freu dich nicht zu früh. Das Gleiche hat sie auch ihrer Nonna besorgt, weil ihr Grandpa im Bett nicht mehr ganz so abliefert wie früher.«

»Okay, das geht wohl auf die Liste der Dinge, die ich nicht wirklich über Raines Nonna wissen musste. Ich werde den Rest meines Lebens damit beschäftigt sein, dieses Bild wieder aus dem Kopf zu kriegen.«

»Weißt du, es ist vollkommen natürlich, dass auch ältere Menschen sexuell aktiv sind. Hast du gewusst, dass sie die zweithöchste Wahrscheinlichkeit haben, sich mit einer Geschlechtskrankheit zu infizieren?«

»Willst du mich runterziehen, Chick?«

Sie kicherte, und, verdammt, ich wollte dieses Lachen für den Rest meines Lebens hören. »Okay, sorry, zurück zu diesem Spielzeug. Ich habe damit ein paar Bewegungen gelernt«, erklärte sie und begann mit den Hüften sanft gegen meinen Unterleib zu stoßen. Sie rieb den Stoff ihres Kleids gegen meine Jeans und erzeugte damit eine nicht unerhebliche Spannung.

Was zum Teufel? Ich wusste doch, dass ich in Gegenwart dieses Mädchens keine Jeans tragen sollte.

Okay. »Was hast du sonst noch gelernt?«

»Mmh … das hier.« Sie zog ihr Kleid hoch, sodass nun ihr Slip gegen meinen Schwanz drückte. Er war rot, und aus Spitze, und perfekt, und, verdammt, ich wollte mein Gesicht darin vergraben, bevor ich ihn ihr vom Leib riss. Shay fing an, ihre Hüften kreisen zu lassen, wobei sie immer wieder gegen meinen schwellenden Schwanz stieß und mich damit fast in den Wahnsinn trieb. »Man nennt das die Acht.«

Ich schloss die Augen, während sie ihre magischen Hüften kreisen ließ. »Immer her mit der Acht.«

»Ich denke, es geht besser, wenn du die Jeans ausziehst.«

Mehr brauchte sie nicht zu sagen. Ich stand auf und warf meine Jeans beiseite. Sie zog ihr Kleid aus und trug nun nur noch den roten Slip, den ich ihr vom Leib reißen wollte, und einen passenden BH, den ich jeden Augenblick öffnen würde. Sie kletterte zurück auf meinen Schoß und machte mit der Acht weiter, und, oh, mein Gott, fuck, ohne Hose war es noch viel besser.

Ihre Vagina rieb über meinen Schwanz, und ich drückte mit beiden Händen ihren Po. Er hatte genau die richtige Größe, aber ich schwöre, ich würde sie auch mit Oompa-Loompa-Hintern vögeln. Stöhnend vergrub ich das Gesicht zwischen ihren Brüsten. Meine Hand wanderte nach oben, um ihren BH zu öffnen, und wie einem Magier gelang es mir mit nur einer fließenden Bewegung. Sie ließ ihn nach unten gleiten.

Ich vergrub das Gesicht wieder zwischen ihren Brüsten und saugte dann an ihren Nippeln, als würde mein Leben von ihnen abhängen. Sie stöhnte, als meine Zunge gegen sie schlug, und machte weiter ihre Acht. Mein Schwanz fühlte sich an, als würde er jeden Moment meine Boxershorts sprengen.

Ich widmete mich weiter ihren perfekten Brüsten und stöhnte auf, als ihre Bewegungen sich in ein langsames Auf und Ab verwandelten. Auf und ab, auf und ab, auf und …

»Ich will dich so sehr«, knurrte ich und biss ihr sanft in die Brustwarze. Sie stöhnte auf.

»Ich will dich auch«, flüsterte sie an meinem Ohr und knabberte daran.

»Lass mich dich lieben.« Mein Schwanz pochte, während sie ihre langsamen Bewegungen fortsetzte. Gedankennotiz: Raine dafür danken, dass sie Shay dieses Spielzeug besorgt hat. Und niemals daran denken, dass Raines Nonna die Acht kennt.

»Ich möchte dich lieben«, antwortete sie und legte einen Finger unter mein Kinn und hob es hoch, sodass wir uns in die Augen sahen. Ihr Mund strich über meinen, und sie saugte an meiner Unterlippe. »Ich möchte dich reiten, Landon. Ich möchte oben sein, wenn das okay für dich ist.«

Absolut.

Wir zogen unsere Unterwäsche aus, und ich legte mich auf den Rücken, holte ein Kondom aus meinem Portemonnaie und zog es über. Sie strich mit den Fingern über meine Brust, bevor sie wieder anfing, sich an meinem Schwanz zu reiben.

»Fuck, Shay«, stöhnte ich, als ich spürte, wie feucht sie war, wie mein Verlangen immer weiter wuchs, während sie sich gegen mich presste. »Das fühlt sich so gut an.«

Sie schloss die Finger um mein Glied und hielt einen Augenblick inne, bevor sie es in sich einführte. »Warte … soll ich das Licht ausmachen? Ich weiß, dass es dir angenehmer ist, wenn …«

»Nein.« Ich legte die Hände um ihre Brüste und schüttelte den Kopf. Ich wollte sie sehen, wenn sie auf mir saß. Ich wollte zusehen, wie sie mich ritt, mich in sich aufnahm, mich besaß. Ich wollte diese Brüste auf und ab wippen sehen. Ich wollte jeden Zentimeter und jede Kurve von ihr sehen. Ich wollte alles. Ich wollte jede Sekunde erleben, während wir uns liebten. »Fick mich im Licht.«

Und das tat sie. Ich glitt in sie hinein, sie grub die Fingernägel in meine Schulterblätter, während ihre perfekten Brüste in mein Gesicht wippten, und dann fickte sie mich im Licht.

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass Sex sich so gut anfühlen konnte. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass mein Herz einmal so für einen anderen Menschen schlagen könnte, dass die Liebe auch mich einmal finden würde. Mit Shay Gable zu schlafen war nicht einfach nur großartig, es war ein verdammtes Privileg, und ich hoffte so sehr, dass ich es für den Rest meines Lebens würde tun können.

Nachdem wir beide gekommen waren – sie mehr als einmal –, lagen wir atemlos und eng ineinander verschlungen im Bett. Ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht, und sie schmiegte sich noch enger an mich.

»Jeder Augenblick mit dir fühlt sich an wie meine neue Lieblingserinnerung«, flüsterte sie und biss sich auf die Unterlippe.

»Ich habe keine Ahnung, wie ich das morgen hinkriegen soll. Ich habe keine Ahnung, wie ich in ein Flugzeug steigen und mich wieder von dir verabschieden soll.«

»Wir sagen nicht Lebewohl, nur Gute Nacht.« Sie gab mir einen Kuss. »Ich weiß, das ist nicht unbedingt die traditionelle Art, eine Beziehung zu führen, aber es ist okay für mich, Landon. Ich möchte, dass du das weißt. Das hier …« Sie legte eine Hand auf mein Herz. »… wir …« Sie legte meine Hand auf ihre Brust. »… das sind wir. Und ich liebe es. Ich liebe unsere verzwickte Liebesgeschichte.«

»Ich auch«, sagte ich. »Sobald ich im Flugzeug bin, werde ich von dem Augenblick träumen, in dem ich zu dir zurückkehren kann.«

Shay beugte sich vor und küsste mich erneut. »Ich hab was für dich.« Sie stand auf, ging zu ihrer Tasche und holte ein kleines Schächtelchen heraus.

Dann setzte sie sich auf die Bettkante und öffnete das Schächtelchen. Darin lag eine Kette mit einem Herzanhänger. Aber es war kein stilisiertes Herz, sondern ein richtiges Herz – genauer gesagt ein halbes. »Es gibt zwei Ketten. Ich habe die eine Hälfte, und du bekommst die andere. So werden wir immer ein Stück vom Herzen des anderen bei uns tragen, wo wir auch sind.« Sie lächelte schüchtern und schüttelte den Kopf. »Ich weiß, es ist ziemlich kitschig. Es ist in Ordnung, wenn du sie nicht magst.«

»Nicht mögen?«, sagte ich. »Auf keinen Fall. Ich liebe sie. Würdest du sie mir anlegen?«

Sie tat es, und ich konnte einfach nicht glauben, dass meine Liebe zu diesem Mädchen mit jeder Sekunde noch größer werden konnte.

»Eines Tages werde ich zu dir zurückkommen, und wir werden glücklich leben bis an unser Ende, Shay.«

Sie legte ihre Stirn an meine. »Versprochen?«, fragte sie und klang dabei hoffnungsvoll und ängstlich zugleich.

Ich küsste sie und hielt sie ganz fest.

»Versprochen.«

Es gab so viel, das man an Shay lieben konnte, aber meine Favoriten waren die kleinen Dinge, die kleinen Eigenarten, die den meisten Menschen gar nicht auffielen, wie die Tatsache, dass sie die Fenster in ihrem Auto immer einen Spaltbreit öffnete, egal, wie kalt es draußen war. Oder dass sie beim Autofahren immer die Musik aufdrehte und laut und schief mitsang und dabei einfach zum Anbeißen aussah. Dass sie keine einzige Zeile von ihren Lieblingssongs wirklich kannte. Oder dass sie, wenn sie nervös war, immer noch auf dem Kragen ihres T-Shirts herumkaute. Dass sie Tiere liebte und an keinem Hund vorbeigehen konnte, ohne ihn streicheln zu wollen. Oder dass sie, wenn sie glücklich war, es immer laut sagen musste. Sie sagte immer, wie glücklich und zufrieden sie war, obwohl ihr Lächeln schon alles verriet.

Ich liebte es, dass ihr Schreibtisch immer voller Zettel und Blätter von ihrem neuesten Projekt war. Ich liebte es, dass sie immer einen Schuss Kaffee in ihre Milch tat. Dass sie sich auf die Zehenspitzen stellen musste, um an das oberste Regal zu kommen. Ich liebte es, wie sie in der Küche herumtanzte, während sie kochte. Ich liebte es, dass sie mich immer mit weit geöffneten Armen empfing, egal, wie lange ich fort gewesen war.

Ich liebte es, wie bedingungslos sie mich liebte. Wie der Klang ihrer Stimme mich aus der tiefsten Dunkelheit holte.

Ich. Liebte. Sie.

Ganz und gar.

Diese wenigen Tage mit ihr fühlten sich an, als hätte ich bei mir einen Reset-Knopf gedrückt. Shay Gable war mein Lebensanker, und dafür würde ich ihr eines Tages die Welt zu Füßen legen. Bis dahin jedoch schenkte ich ihr alles von mir.

Als ich nach Los Angeles zurückkehren musste, fiel es mir schwer, sie gehen zu lassen, doch ich war fest entschlossen, irgendwann, irgendwie meinen Weg zu ihr zurück zu finden.

»Sie wissen, wie es läuft, Landon. Drei gute Dinge, die in den letzten achtundvierzig Stunden passiert sind. Also los«, sagte Dr. Smith und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Seit Mom und ich nach Kalifornien gezogen waren, ging ich regelmäßig zu ihr, und sie hatte die lässige Art der Menschen hier bis zum i-Tüpfelchen perfektioniert. Ich wartete noch immer auf den Tag, an dem sie reinkam und nach echter Girls-Club-Manier erklärte: In diesem Büro gibt es keine Regeln. Ich bin keine normale Ärztin. Ich bin eine coole Ärztin.

Sie legte die Füße auf den Schreibtisch und warf einen Anti-Stress-Ball von einer Hand in die andere, während sie auf meine Antwort wartete.

Wir trafen uns zweimal pro Woche, um meine mentalen Kisten auszupacken, und bisher lief es ganz gut. Trotz ihrer etwas ungewöhnlichen Methode spürte ich, dass ich mich zu einigen meiner Themen durcharbeitete.

Und was mir dabei half, waren die »drei guten Dinge«.

Jedes Mal, wenn ich zu Dr. Smith ging, musste ich ihr drei gute Dinge sagen, die in den letzten zwei Tagen passiert waren. Es war eine Methode, mich auf die guten Dinge zu konzentrieren, die gerade in meinem Leben passierten, statt zu viel über die schlechten Dinge in meiner Vergangenheit nachzugrübeln.

Anfangs war es mir echt schwergefallen, drei gute Dinge zu nennen, was dazu geführt hatte, dass ich mich noch mieser fühlte. Doch Dr. Smith hatte sich beeilt, das zu verhindern.

»Das hier ist keine Prüfung, Landon. Es gibt keine falschen oder richtigen Antworten. Du kannst mir erzählen, dass du auf dem Weg hierher nur grüne Ampeln hattest, und das reicht mir. Das ist eine gute Sache.«