Wie es das Schicksal will - Patricia Vandenberg - E-Book

Wie es das Schicksal will E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Es war zwölf Uhr mittags, und ausnahmsweise war Dr. Norden einmal pünktlich mit seiner Sprechstunde fertig geworden. Seine Sprechstundenhilfe Helga Moll, genannt Molly, war schon im Gehen begriffen, als das Telefon läutete. Eine aufgeregte Frauenstimme tönte an Dr. Nordens Ohr, als er den Hörer aufgenommen und Molly gewinkt hatte, dass sie sich ruhig auf den Weg machen könne. »Herr Doktor, kommen Sie bitte schnell«, sagte die Stimme. »Anja, meine Kleine, blutet so schrecklich.« Dr. Norden wusste, dass manche Patienten in der Aufregung vergaßen, ihren Namen zu nennen, aber diese Stimme war ihm zudem gänzlich unbekannt. »Name und Adresse bitte«, bat er rasch. »Reuter, Tulpenstraße 10«, kam überstürzt die Antwort. »Ich komme sofort.« Dr. Norden griff nach seinem Koffer. Molly hatte doch noch an der Tür gewartet. »Tulpenstraße 10, gibt's die Nummer überhaupt?«, murmelte er vor sich hin.

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Leseprobe: Ich will ein Baby!

Professor Joachim Kayser war fassungslos. »Du hast vier Kinder, Antonia!«, hielt er seiner Tochter aufgebracht vor. »Und da willst du wieder arbeiten? In meinen Augen ist das verantwortungslos, aber du hast ja schon als junge Frau immer deinen Kopf durchsetzen müssen.« Er wandte sich an seinen Schwiegersohn. »Und du hast ihr diesen Unsinn nicht ausreden können?« Dr. Leon Laurin fing einen Blick seiner Frau auf, der ihn warnte. Dieses Gespräch brachte ihn in eine unangenehme Situation, da er die Vorstellung, dass Antonia schon bald wieder als Kinderärztin arbeiten würde, auch nicht besonders angenehm fand. Geld verdiente er als Chef der Kayser-Klinik, die er von seinem Schwiegervater übernommen hatte, genug, und er hatte sich daran gewöhnt, dass Antonia zu Hause war, wenn er müde aus der Klinik kam. Manchmal, wenn es viel zu besprechen gab, führten sie dann lange Gespräche, es kam aber auch vor, dass sie nur still beieinander saßen. Er liebte diese ruhigen Stunden mit ihr. Ruhe war in seinem Leben selten und daher besonders kostbar. Er war schließlich auch nur ein Mensch: Er war nicht gern allein und liebte es, wenn seine Frau ihn verwöhnte und umsorgte. Bald würde sie dafür deutlich weniger Zeit haben als bisher. Natürlich gefiel ihm diese Vorstellung nicht, insofern berührten die Vorhaltungen seines Schwiegervaters einen wunden Punkt. Andererseits wusste er, dass seiner Frau der Verzicht auf ihren Beruf schwer gefallen war, obwohl es für sie nie einen Zweifel daran gegeben hatte, dass sie der Kinder wegen zu Hause bleiben würde. Vier Kinder zog man nicht nebenbei auf, wenn es nicht zwingende Gründe dafür gab, wie etwa Geldsorgen. Und sie war eine sehr gute Ärztin gewesen, so lange sie praktiziert hatte.

Dr. Norden Bestseller Classic – 16 –

Wie es das Schicksal will

Patricia Vandenberg

Es war zwölf Uhr mittags, und ausnahmsweise war Dr. Norden einmal pünktlich mit seiner Sprechstunde fertig geworden. Seine Sprechstundenhilfe Helga Moll, genannt Molly, war schon im Gehen begriffen, als das Telefon läutete.

Eine aufgeregte Frauenstimme tönte an Dr. Nordens Ohr, als er den Hörer aufgenommen und Molly gewinkt hatte, dass sie sich ruhig auf den Weg machen könne.

»Herr Doktor, kommen Sie bitte schnell«, sagte die Stimme. »Anja, meine Kleine, blutet so schrecklich.«

Dr. Norden wusste, dass manche Patienten in der Aufregung vergaßen, ihren Namen zu nennen, aber diese Stimme war ihm zudem gänzlich unbekannt.

»Name und Adresse bitte«, bat er rasch.

»Reuter, Tulpenstraße 10«, kam überstürzt die Antwort.

»Ich komme sofort.« Dr. Norden griff nach seinem Koffer. Molly hatte doch noch an der Tür gewartet. »Tulpenstraße 10, gibt’s die Nummer überhaupt?«, murmelte er vor sich hin. Er hatte ein paar Patienten in dieser Straße, die nicht weit entfernt war.

»Da wird viel gebaut«, sagte Molly.

Dr. Norden beeilte sich. In wenigen Minuten stand er vor einem ganz neuen Doppelhaus. Als er das letzte Mal in dieser Straße einen Krankenbesuch gemacht hatte, war es noch im Rohbau gewesen, und jetzt war nur die eine Hälfte bezogen. Die Hausnummer war schon angebracht, der Name noch nicht. Aber er wurde von einem etwa zehnjährigen Mädchen bereits erwartet.

»Es ist meine kleine Schwester«, sagte sie aufgeregt. »Mami ist bei ihr. Sie ist gefallen.«

Das kleine Mädchen hatte fürchterlich geblutet, aber Dr. Norden konnte rasch feststellen, dass es halb so schlimm war, wie es aussah. Anja hatte sich beim Sturz von der Terrassentreppe die Mundschleimhaut durchgebissen.

Dr. Norden konnte die völlig aufgelöste Mutter beruhigen. Hannelore Reuter, ihren vollen Namen erfuhr er, als die kleine Anja zu weinen aufgehört hatte, war Anfang dreißig, schlank, hübsch, wenn jetzt auch sehr blass. Sie zitterte noch am ganzen Körper. Er gab ihr ein Beruhigungsmittel, das sie geistesabwesend schluckte.

»Blut schmeckt scheußlich«, sagte die kleine Anja jetzt mit piepsiger Stimme. »Nun tun mir aber bloß noch die Arme weh.«

Dr. Norden untersuchte das Kind gründlich. Das linke Knie und beide Unterarme waren aufgeschürft. Das brannte jetzt, aber dafür gab es eine kühlende Salbe.

Schwerere Verletzungen hatte das Kind nicht davongetragen. Dr. Daniel Norden erklärte Frau Reuter, dass man immer so stark blutete, wenn eine Schleimhaut verletzt wurde.

Sie war jetzt schon gefasster. »Wir sind erst vor drei Tagen hier eingezogen«, sagte sie. »Die Kinder sind an das Haus noch nicht gewöhnt, und die Stufen auf der Terrasse sind auch noch nicht fertig. Aber Telefon haben wir glücklicherweise gleich bekommen. Dafür hat der Chef meines Mannes gesorgt. Und da ich drei Kinder habe, erkundige ich mich immer gleich nach dem nächsten Arzt, wenn wir wieder mal umgezogen sind.«

Diese Bemerkung ließ darauf schließen, dass sie öfter umziehen mussten.

»Damit ist es jetzt aber vorbei, gell, Mami«, meinte Anja, die nun schon wieder ganz munter war.

»Das hoffen wir sehr«, entgegnete Frau Reuter mit einem leisen Seufzer. »Mein Mann ist Hochbauingenieur und wenn er Großbaustellen hatte, mussten wir mit ihm herumziehen, aber nun hat er hier eine leitende Stellung bekommen und wir hoffen alle, dass dies endlich ein ständiger Wohnsitz wird.« Sie lächelte ein bisschen kläglich. »Ich danke Ihnen sehr, dass Sie so schnell gekommen sind, Herr Doktor, obgleich wir uns noch nicht kannten.

»Das ist selbstverständlich bei einem Notruf«, erwiderte Daniel Norden. »Zum Glück war ich noch in der Praxis. Es hätte ja auch schlimmer sein können, kleines Fräulein.«

»Mami regt sich immer gleich so schrecklich auf«, mischte sich die Größere ein. »Ich bin Ele«, stellte sie sich dann vor.

»Gabriele«, verbesserte Hannelore Reuter. »Und wo steckt Bobby?«

Der hatte sich verzogen, weil er kein Blut sehen konnte, aber nun schob er sich auch durch die Tür. Er war sechs Jahre, wie Dr. Norden erfuhr, und ein auffallend hübscher Junge. Hübscher und zarter als die beiden Mädchen, wenngleich die beiden gewiss sehr reizend waren. Sie hatten runde Gesichter und Sommersprossen, doch der Junge war von südländischem Typ, große dunkelbraune Augen in dem leichtgebräunten schmalen Gesicht, machten ihn seinen Schwestern ganz unähnlich.

»Ja, das ist mein Trio«, sagte Hannelore Reuter nun schon mit einem kleinen Lächeln. »Bin ich froh, dass dieser Schrecken überstanden ist. Ich hoffe sehr, dass ich Sie nicht zu oft so eilig in Anspruch nehmen muss, Herr Dr. Norden.«

Sie hatte eine weiche angenehme Altstimme, die jetzt bedeutend ruhiger und sehr geschult klang.

»Der Onkel Doktor ist aber sehr nett«, stellte Anja fest. »Den holen wir immer, wenn uns was fehlt.«

»Was leider ziemlich häufig vorkommt«, lächelte Hannelore Reuter. Sie war dunkelhaarig, doch nicht so blauschwarz wie Bobby, hatte braune Augen, die aber einen Bernsteinschimmer hatten. Sie war eine zierliche Frau, der man niemals drei Kinder zugetraut hätte.

Jetzt, da die Farbe wieder in ihr feines Gesicht, das klargeschnitten wie eine Gemme war, zurückkehrte, hätte man sie auf Mitte zwanzig schätzen können.

Mit einem Blick stellte Dr. Norden fest, dass das Haus überaus geschmackvoll eingerichtet war, wenn auch noch manches fehlte. Aber alles hatte Stil und verriet Kultur. Er fragte sich unwillkürlich, wie der Herr des Hauses sein mochte, doch den sollte er auch noch kennenlernen.

Er kam, als Dr. Norden gerade gehen wollte. Es war ein blonder Hüne, der die Szene sofort beherrschte. Ein selbstbewusster, erfolgreicher Mann, diese Wirkung strahlte er auf Daniel Norden aus.

»Nanu, was ist denn hier los?«, fragte er, den Arzt mit einem forschenden Ausdruck musternd.

Er wurde aufgeklärt. Er nahm alles nicht so tragisch wie seine Frau.

»Du Wildfang«, sagte er zu Anja, »musst du Mami immer in Atem halten?«

»Tut mir so leid, Papi«, erwiderte Anja entschuldigend.

»Und du darfst dich nicht immer gleich so aufregen, Lo«, meinte Marian Reuter zu seiner Frau. Dann wandte er sich Dr. Norden zu. »Um meine Frau sollten Sie sich auch mal kümmern, Herr Doktor«, er machte eine kleine Pause. »Es war alles ein bisschen viel für sie. Sie ist ja nur eine halbe Portion.«

Seine tiefe Stimme hatte dabei einen zärtlichbesorgten Klang, der darauf schließen ließ, dass diese Ehe trotz der Verschiedenheit dieser beiden Menschen harmonisch war.

»Sollte wider Erwarten bei Anja Fieber auftreten, rufen Sie mich bitte an«, sagte Daniel, »und ansonsten regt eure Mami nicht auf, ihr Trabanten«, richtete er das Wort lächelnd an die Kinder.

»Hast du auch Kinder?«, fragte Anja zutraulich.

»Einen kleinen Sohn, aber er ist noch ein Baby«, erwiderte er.

»Wir haben Babies gern, nicht wahr, Mami?«, mischte sich jetzt Bobby ein.

»Ja, sehr gern. Nochmals vielen Dank, Herr Doktor.« Dann begleitete Hannelore Reuter den Arzt zur Haustür.

*

Alles sehr sympathisch, dachte Daniel Norden, als er noch einmal einen Blick zum Haus zurückwarf. Er hatte es gern, wenn er zu Familien kam, bei denen alles stimmte.

»Sehr sympathisch dieser Arzt«, sagte auch Marian Reuter zu seiner Frau. »Da haben wir ja mal Glück gehabt.«

»Er war sehr lieb«, zwitscherte Anja schon wieder ganz vergnügt.

»Er ist viel netter als der Dr. Klausner«, warf Bobby ein.

»Der war überhaupt nicht nett«, meinte Ele. »Der wollte Bobby gleich die Haare abschneiden, bloß weil er so ’ne kleine Schramme hatte.«

An Dr. Klausner wollte Hannelore Reuter sich überhaupt nicht erinnern. Im Rheinland waren sie nur kurze Zeit gewesen. Und ihretwegen hatte man damals diesen Dr. Klausner holen müssen, weil sie einen Schwächeanfall hatte. Sie hatte sich vor seinen eindeutigen Anträgen kaum retten können. Ein Schaudern ergriff sie, wenn sie den Namen hörte.

»Bekomme ich heute gar keinen Kuss, Schatz?«, fragte Marian.

Hannelore holte es nach. »Das Essen ist noch nicht fertig«, sagte sie dann entschuldigend.

»Du kannst dir Zeit lassen, Kleines«, antwortete er. »Es ist Freitag. Wir werden uns erst daran gewöhnen müssen, dass da für uns das Wochenende beginnt.«

»Du brauchst gar nicht mehr weg, Papi?«, fragte Bobby misstrauisch.

»Nein, ich stehe zu eurer Verfügung, und wir werden dafür sorgen, dass Mami sich mal richtig ausruht.«

»Tut mir ja leid, dass sie sich so erschreckt hat«, sagte Anja.

»Wenn man auch so doll blutet«, meinte Bobby.

»Ich möchte auch Ärztin werden«, erklärte Ele. »Ich finden den Doktor prima. Und einen tollen Wagen hat er.«

»Und auch ein Baby«, ergänzte Anja. »Er fasst einen nicht so grob an wie Dr. Klausner.«

Hannelore ging in die Küche. »Eine Frau wie Sie sollte keine Kinder in die Welt setzen«, meinte sie Klausners Stimme zu hören. »Sie sollten sich verwöhnen lassen. Sie sind viel zu schön, um nur Hausmütterchen zu spielen. Ich würde Ihnen alles bieten. Ich würde Sie verwöhnen.«

Marian kam ihr nach. »Schätzchen, reg dich doch nicht immer so auf«, sagte er zärtlich. »Man bekommt es ja mit der Angst. Ganz durchsichtig schaust du aus.«

»Du hast ja nicht gesehen, wie Anja geblutet hat«, entgegnete sie bebend.

»Jetzt geht es ihr wieder gut, und du bist schachmatt«, stellte er mit einem besorgten Lächeln fest.

»Ich kann nichts dafür. Sei nicht böse, Marian. Ich habe immer so entsetzliche Angst um die Kinder.«

»Ich bin dir nicht böse, aber wir müssen endlich mal was für dein Nervenkostüm tun, mein Liebes. Der Dr. Norden macht doch einen sehr vernünftigen Eindruck. Er soll dich mal gründlich untersuchen.«

»Es wird auch so wieder besser, wenn wir nun unser Zuhause haben«, sagte Hannelore.

Er gab ihr rasch einen Kuss. Ihretwegen hatte er sich um diese Stellung bemüht. Ihm hatte es gefallen, mal hier und mal dort zu sein, aber er hatte mit den Jahren eingesehen, dass sie schon wegen der Kinder sesshaft werden mussten. Bei Ele machten sich die ständigen Schulwechsel schon bemerkbar. Was sollte da erst werden, wenn sie dieses Jahr ins Gymnasium übertreten sollte? Jetzt konnte sie gerade noch den Anschluss bekommen.

Rein theoretische Tätigkeit behagte Marian Reuter eigentlich nicht, aber bei dem großen Unternehmen der Gebrüder Walther brauchte er nicht nur am Schreibtisch zu hocken. Es war halt eine Umstellung für ihn, aber für seine Lo und die Kinder war er zu allen Zugeständnissen bereit gewesen.

Er beschäftigte sich jetzt mit seinen Trabanten, während Hannelore das Essen zubereitete. Er nahm Anja bei der Hand, als sie die Stufen der Terrasse herabstiegen. »Schön aufpassen«, sagte er väterlich besorgt. Es waren nur zwei Stufen, aber unter dieser war noch Kies. Es würde noch viel im Garten zu tun geben, aber so was machte Marian Spaß.

Im Nachbarhaus waren die Handwerker noch fleißig bei der Arbeit.

»Hoffentlich kommen nette Leute da rein«, sagte Ele.

Das hoffte er auch. Er hätte lieber ein freistehendes Haus genommen, aber die waren alle so irrsinnig teuer gewesen und dieses hatte ihm sein neuer Chef vermittelt. Die Häuser waren auch etwas versetzt gebaut, sodass keiner dem andern auf die Terrasse schauen konnte. Und sie waren nicht nur komfortabel, sondern auch solide gebaut.

»Hoffentlich haben die Leute auch Kinder«, bemerkte Anja.

»Sonst meckern sie, wenn wir im Garten spielen«, äußerte sich Ele.

Wir werden am Zaun entlang eine hohe Hecke ziehen«, erklärte Marian. »Eine ganz dichte.«

Er sagte es arglos, unbeschwert und nicht ahnend, dass keine noch so hohe Hecke sie vor dem schützen konnte, was einmal von dort herüber auf sie zukommen sollte. Er machte mit den Kindern Pläne, wie der Garten angelegt werden sollte.

*

Felicitas Norden hatte ihren Mann erwartet. Sie hatte den kleinen Danny schon gefüttert, der aber in seinem Kinderstühlchen am Tisch saß und auf seinen Papi wartete. »Papapapa«, schrie er lauthals. Das hatte er als erstes gelernt.

»Papi wird ja bald kommen«, sagte Fee. Dass die Sprechstunde beendet war, wusste sie, denn das Telefon war zur Wohnung durchgestellt. Mehrere Patienten hatten schon angerufen.

Immerhin kam er heute verhältnismäßig rasch, und Lenchen brauchte nicht zu murren, dass das Geschnetzelte trocken würde.

Fee bekam einen langen zärtlichen Kuss von ihrem Mann zur Begrüßung.

»Ich musste schnell noch zu einem Kind«, erklärte er. »Die Kleine war gefallen und hatte sich die Mundschleimhaut durchgebissen.«

»Ojemine«, erwiderte Fee, selbst Ärztin, wenn auch jetzt fast im Ruhestand, da sie stark von ihrem lebhaften Sohn beansprucht wurde.

Manchmal half sie ihrem Mann in der Praxis, aber Danny beanspruchte seine schöne Mami schon sehr.

Jetzt wollte er erst zu seinem Papi. So konnte Daniel natürlich nicht in Ruhe essen.

Fee setzte den Kleinen wieder in seinen Stuhl, aber da zog er einen Flunsch.

»Was ist denn los?«, fragte Daniel energisch. Danny riss die Augen auf und benahm sich dann sehr manierlich.

»Wer war es denn?«, fragte Fee.

»Was meinst du?«, fragte Daniel zurück.

»Das Kind, bei dem du warst.« Sie kannte ja die meisten Patienten.

»Sind erst neu zugezogen. Reuter heißen sie. Tulpenstraße.«

»Ach, die neuen Häuser? Da bin ich gestern mit Danny spazierengegangen. Man ist gleich am Stadtpark. Sind ganz hübsch, aber diese Doppelhäuser bringen auch Nachteile mit sich.«

»Wieso?«

»Nun, wenn man sich mit den Nachbarn nicht versteht, kann es leicht Ärger geben. Man kann halt nicht ums Haus herumlaufen.«

»Mit den Reuters kann man auskommen«, sagte Daniel. »Sehr nette Leute, drei Kinder. Eine überaus besorgte Mutter.«

»Ich würde mich auch erschrecken, wenn Danny so bluten würde. Da kriegt man doch einen Schock. Vor allem, wenn man nicht Bescheid weiß und das noch nicht mitgemacht hat.«

»Es ist Gott sei Dank auch schnell wieder vorbei«, meinte Daniel. »Ein ungewöhnliches Paar ist das.«

»Wieso?«, fragte jetzt Fee.

»Er ist ein Hüne und sie ein Nippfigürchen. Die beiden Töchter kommen anscheinend nach dem Vater und der Junge ausgerechnet nach ihr.«

Da Daniel sich auch jetzt noch in Gedanken mit ihnen beschäftigte, mussten sie wirklich aus dem Rahmen fallen.

»Ich habe ja nichts dagegen, wenn Danny dir ähnlich wird«, fuhr Daniel fort, »aber wenn wir ein Mädchen bekommen, braucht sie nicht unbedingt mir nachzugeraten.«

»Ich habe nichts dagegen«, lächelte Fee. »Worüber zerbrichst du dir den Kopf, Daniel?«

»Darüber, dass Geschwister sich so unähnlich sein können … Der kleine Bobby ist so ein Typ wie Mario.«

Mario war von Fees Vater, Dr. Johannes Cornelius und seiner Frau Anne adoptiert worden. Marios Eltern waren bei einem Sturm im Chiemsee ertrunken. Den Jungen hatte Daniel Norden retten können, der mit Fee beim Segeln gewesen war. Ein kleiner Italiener, der schnell heimisch geworden war in seiner neuen Familie.

»Von irgendwem wird der Junge schon etwas mitbekommen haben«, sagte Fee. »Manchmal kommen die großelterlichen Erbanlagen durch.«

»Dann können wir nur hoffen, dass Danny die Toleranz seiner beiden Großväter geerbt hat«, meinte Daniel lachend.

»Schau, er ist doch so brav. Du kannst wirklich nichts aussetzen«, sagte Fee.

Danny war wirklich brav. Er war jetzt auch müde geworden. Es war Zeit für seinen Mittagsschlaf. Sein geplagter Vater musste noch eine ganze Anzahl Hausbesuche machen.

»Mach keine Mätzchen, Sohnemann«, sagte er, strich dem Kleinen sanft über das Lockenköpfchen, gab Fee einen Kuss und entschwand wieder.

Danny jammerte noch ein Weilchen hinter ihm her, aber dann schlief er doch ein und Fee konnte sich mit den Bewerbungen beschäftigen, denn sie waren auf der Suche nach einer neuen Sprechstundenhilfe. Für Molly wurde es einfach zu viel. Sie musste auch mal an ihre Familie denken und vor allem an sich selbst. Die erdrückenden Sorgen, die sie viele Jahre gezwungen hatten, Geld zu verdienen, waren gewichen. Ihr Mann, von dem sie lange Zeit getrennt gelebt hatte, war zur Besinnung gekommen und zu seiner Familie zurückgekehrt. Er hatte jetzt eine gute Stellung und seiner Wettleidenschaft, die ihn immer wieder in finanzielle Bedrängnis gebracht hatte, entsagt.

Es herrschte Frieden im Hause Moll, und Heinz Moll wollte beweisen, dass er allein für seine Familie sorgen konnte. Es war verständlich. Molly war dreiundvierzig und hatte neben ihrem Beruf auch noch drei Kinder großgezogen.

Die Älteste, Sabine, war von der Volontärin zur Jungredakteurin aufgestiegen. Sie war tüchtig und verdiente gut.

Peter hatte in der Oberschule auch gute Fortschritte gemacht, seit der Vater, an dem er sehr hing, wieder daheim war, und Kathrin, die Jüngste, freute sich schon sehr darauf, dass die Mutti nur für die Familie da sein würde.

Es wird doch jemand zu finden sein, dachte Fee. Natürlich keine, die Molly so schnell ersetzen kann, aber doch eine tüchtige Person, die Daniel nicht nervös macht.

Ein paar Versuche hatten sie schon unternommen, aber Daniel war von Molly zu sehr verwöhnt und reagierte leicht allergisch, wenn er angehimmelt wurde.

Ja, einfach wird es nicht sein, dachte Fee und seufzte in sich hinein. Die meisten Bewerbungen kamen von jungen Mädchen, die wenig Erfahrung, aber große Ambitionen hatten.

Deshalb hatte sie mit Daniel auch während der Mittagspause noch gar nicht gesprochen.