Wie retten wir die Zukunft unserer Kinder? - Christian Klar - E-Book

Wie retten wir die Zukunft unserer Kinder? E-Book

Christian Klar

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Beschreibung

Nach dem viel beachteten Erfolg seines ersten Buches "Was ist los in unseren Schulen?" legt der erfahrene Lehrer und Schulleiter Christian Klar nun nach. In seinem neuen Buch verbindet er erneut eindrückliche, teils humorvolle, teils erschütternde Geschichten aus dem Schulalltag mit einem klaren Blick auf die Realität unseres Bildungssystems. Er präsentiert konkrete Vorschläge, wie den Herausforderungen an unseren Schulen wirksam begegnet werden kann. Während immer häufiger von einer "verlorenen Generation" die Rede ist, stellt Christian Klar die entscheidende Frage: Was muss geschehen, damit Bildung wieder gelingt? Aus dem einst hoffnungsvollen "Wir schaffen das!" ist vielerorts ein resigniertes "Schaffen wir das?" geworden. Doch Klar ist überzeugt: Es braucht keinen radikalen Umbruch des gesamten Systems, sondern nur klare Maßnahmen, entschlossenes Handeln und vor allem Haltung und Selbstbewusstsein. Ein aufrüttelndes, motivierendes und lösungsorientiertes Buch – für Eltern, Lehrkräfte, politische Entscheidungsträger und alle, die sich eine bessere Zukunft für unsere Kinder wünschen.

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Seitenzahl: 249

Veröffentlichungsjahr: 2025

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WIE RETTEN WIR DIE ZUKUNFT UNSERER KINDER?

VORSCHLÄGE AUS DER SCHULPRAXIS

CHRISTIAN KLAR

unveränderte eBook-Ausgabe

© 2025 Seifert Verlag

1. Auflage (Softcover): 2025

ISBN: 978-3-903583-19-1

ISBN Print: 978-3-903583-11-5

Umschlaggestaltung: Davor Kujundzic

Sie haben Fragen, Anregungen oder Korrekturen? Wir freuen uns, von Ihnen zu hören! Schreiben Sie uns einfach unter [email protected]

www.seifertverlag.at

Ein Direktor ist wie ein Kompass: Er zeigt die Richtung, gibt Halt – und lässt trotzdem Raum für eigene Wege. Für den besten Direktor: Christian Klar

(Von einer tschetschenischen Mutter zweier Kinder in meiner Schule)

„Eine vollständig tolerante Gesellschaft, die auch Intoleranz schrankenlos toleriert, läuft Gefahr, von Intoleranten zerstört zu werden!“

Toleranzparadoxon von Karl Popper 1945 in „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“)

Oder in Anlehnung an Karl Popper:

„Wer die tolerante Welt erhalten möchte, muss intolerant gegenüber den Intoleranten sein!“

INHALT

Einleitung

1. Was ist Bildung?

2. Veränderungen Des Schullebens In Den Letzten Jahren

3. Das österreichische Schulsystem

4. Übergänge im Bildungssystem

5. Vorschulische Bildung

6. Deutschförderklassen – Ja, aber wie?

7. Quereinsteiger in das Schulsystem

8. Überaltrige Kinder

9. Umstieg von der AHS in die Mittelschule

10. Oberstufe und höhere Bildung

11. Die Lehre

12. Testverfahren

13. SPF – Sonderpädagogischer Förderbedarf

14. Migration & Integration als Herausforderung

15. Religion

16. Wie viel Islam verträgt unsere Schule?

17. 18 Katholischer Religionsunterricht

18. Gewalt in der Schule

19. Neue Gegenstände und Noten

20. Digitale Geräte

21. Sexualerziehung

22. Grundwerte & Unterrichtsprinzipien

23. Schulbücher und Lehrpläne durchforsten

24. Lehramtsausbildung

25. Was brauchen wir für eine gute Zukunft?

26. Schlusswort

EINLEITUNG

Über mich

Ich bin 1962 in Wien geboren und seit 1988 im Schuldienst. Als Lehrer für Mathematik, Geometrisch Zeichnen und Sport unterrichtete ich unter anderem zwölf Jahre an einer jüdischen Privatschule. Seit September 2012 bin ich Schulleiter einer Mittelschule in Wien. Seit 2015 nehme ich immer wieder medial zur Situation an Schulen in Österreich Stellung und warne vor den Entwicklungen in diesem Bereich.

Die Veränderungen in der Schule, die neuen Herausforderungen durch eine sich neu bildende Gesellschaft, nicht nur, aber auch durch die Zuwanderung vor allem junger Menschen aus einem anderen Kulturkreis, brachten mich dazu, mich mit den Hintergründen und damit auch mit dem Islam und der islamischen Lehre intensiv zu beschäftigen. Seither weise ich immer wieder auf die Widersprüche zwischen der westlichen liberalen Lebensweise und der Ideologie des politischen Islam hin.

Von Dezember 2020 bis Mai 2025 war ich auch als Bezirksvorsteher-Stellvertreter für die ÖVP in Wien-Floridsdorf politisch aktiv.

Im September 2024 erschien mein erstes Buch, „Was ist los in unseren Schulen?“. Darin beschrieb ich anhand realer Geschichten die Problematik und die Herausforderungen in unseren Schulen. Es ist mir gelungen, dies nicht anklagend, sondern lösungsorientiert in die Zukunft blickend zu tun. Nun versuche ich, mit diesem Buch, „Wie retten wir die Zukunft unserer Kinder“, in schulischen Alltagssituationen zu beschreiben, wo der Schuh drückt, um dann mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung an den Schulen beizutragen.

Meinungsfreiheit als Schulleiter? – Darf man sich öffentlich äußern?

Es war nicht immer einfach. Ich habe jenen, welche die Realität gerne unter den Teppich kehren möchten oder vielleicht selbst daran glauben, dass alles gar nicht so schlimm sei, keine Freude mit meinen Aussagen gemacht. Manchmal wird mir auch vorgeworfen, zu schwarz zu malen, und dass ich der Sache mehr dienen würde, wenn ich mich auf die schönen Seiten der Schule konzentrieren und über Erfolgsgeschichten erzählen würde. Natürlich könnte ich das tun, und gerade bei mir in der Schule, vor allem aufgrund unserer konsequenten Haltung, gibt es viele positive Erlebnisse. Auch davon erzähle ich immer wieder. Meine Rolle sehe ich aber anders: Nur wenn man Probleme auch anspricht, hat man eine Chance, gegenzusteuern. Und deshalb konzentriere ich mich auf die Beschreibung der Probleme und Herausforderungen. Inzwischen hat man akzeptiert, dass ich öffentlich sage, was in unseren Schulen los ist. Man ist noch immer nicht glücklich damit, aber man versucht wenigstens nicht mehr, mir Schwierigkeiten zu bereiten. Die Lehrerin und Buchautorin Susanne Wiesinger hat vor Kurzem zu mir gesagt: „Bei uns haben sie aufgegeben. Jetzt hoffen sie, dass wir bald in Pension gehen.“

Ich denke, das Problembewusstsein ist inzwischen in den Köpfen einiger Journalistinnen und Journalisten und bei Politikerinnen und Politikern aus allen politischen Lagern angekommen, und ich wage zu behaupten, dass ich meinen Anteil daran hatte. Immer mehr folgen meinem Beispiel und haben den Mut, öffentlich zu sagen, was eh schon alle wissen: „So kann es in der Schule und in Folge in unserer künftigen Gesellschaft nicht weitergehen!“

Hat sich das Problembewusstsein verändert?

Ich bin nicht sicher, ob den Verantwortlichen und Entscheidungsträgern das Ausmaß der Fehlentwicklungen und Probleme in den Schulen bewusst ist und sie die Tragweite der drohenden Eskalation oder Veränderung der Gesellschaft richtig einschätzen. Vielleicht hat man aber auch einfach nicht den Mut, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Was auch immer die Gründe sein mögen, mir bereitet das große Sorgen.

Eine liberale, offene Gesellschaft, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Demokratie als Regierungsform, Anerkennung der Meinungsfreiheit und der individuellen Wahl der Lebensform innerhalb bestimmter Gesellschafts-normen, aber auch der Sozialstaat für jene, die uns brauchen, eine Leistungsgesellschaft, damit wir uns das leisten können – das macht unsere Lebensweise zu dem, was sie ist: Für mich zur besten Gesellschaftsform, die ich mir vorstellen kann.

Dafür lohnt es sich, sich einzusetzen. Das bedeutet aber auch, dass wir Konflikte mit jenen, die dieser Gesellschaft entgegenstehen, nicht scheuen dürfen. Dafür braucht es Haltung und Selbstbewusstsein, und das beginnt in der Schule. Die Situation in der Schule ist ein Ausblick auf die Gesellschaft von morgen. Es braucht Politiker und Politikerinnen, die den Mut haben, entsprechende Maßnahmen zu setzen, und viele Menschen, die hinter ihnen stehen.

Ist es wirklich so schlimm oder doch ein bisschen Übertreibung?

Spricht man mit Schulleitungen oder Lehrerinnen und Lehrern in Ballungszentren (die Entwicklungen sind überall ähnlich), so hört man Sätze wie „Dein Buch hätte ich auch schreiben können, alle Geschichten sind ähnlich wie der Alltag in unserer Schule“. Aus der Politik, dem Bildungsministerium oder der Bildungsdirektion kommt aber eher ein „Ist es wirklich so schlimm oder übertreibst du?“. Die Antwort ist einfach: „Ich übertreibe nicht, und weil ich ein Optimist bin, sage ich, es ist zwei Minuten vor zwölf.“ Viele Fachleute sind der Meinung, es sei schon zu spät. Aber das will ich nicht akzeptieren.

Warum noch ein Buch? – Noch mehr Geschichten oder Lösungsvorschläge?

In meinem ersten Buch „Was ist los in unseren Schulen“ erzählte ich Geschichten aus der Schule.

Mein Ziel war es, die Problematik an sogenannten „Brennpunktschulen“ (die Behörden verwenden lieber den Begriff „Schulen mit besonderen Herausforderungen“) trotz des ernsten Themas spannend, stellenweise auch abenteuerlich und mit einer humorvollen Note, aber jedenfalls verständlich und lebendig darzustellen. Trotzdem sollte es eine Warnung vor den aktuellen Entwicklungen und ein Hilferuf sein. Nun folgen konkrete Vorschläge, wie man diesen Herausforderungen begegnen kann. Diese Herausforderungen versuche ich mit kleinen Geschichten bzw. Situationsbeschreibungen zu erklären, um dann meine Lösungsvorschläge auszuführen.

Während ich in meinem ersten Buch Geschichten, die tatsächlich passiert sind, erzählt habe, sind im vorliegenden Buch ergänzend dazu zum besseren Verständnis beispielhaft Schulsituationen aus dem Alltag beschrieben, wie sie sich täglich ergeben, ohne mich auf konkrete Personen zu beziehen.

Bei den von mir selbst erlebten oder aus verlässlicher Quelle weitergegebenen Geschich-ten sind natürlich die Namen aller handelnden Personen geändert beziehungsweise die Ge-schichten anonymisiert. Ausnahmen bilden nur die Geschichten, die mich selbst betreffen, Situationen und Erlebnisse, die mich geprägt haben.

Aus dem einst hoffnungsvollen „Wir schaffen das!“ ist vielerorts ein resigniertes „Schaffen wir das?“ oder zumindest ein „Wie sollen wir das schaffen?“ geworden. Doch ich bin überzeugt: Es braucht keinen radikalen Umbruch des gesamten Systems, sondern klare Maßnahmen, entschlossenes Handeln und vor allem Haltung und Selbstbewusstsein.

Während immer häufiger von einer „verlorenen Generation“ die Rede ist, stelle ich mir die entscheidende Frage: Was muss geschehen, damit Bildung wieder gelingt?

In den ersten Kapiteln gebe ich einen Überblick über die Themen im Buch, in die ich in den darauffolgenden Kapiteln tiefer eintauche, Schwerpunkte setze und Ideen, Anregungen und konkrete Lösungsvorschläge vorstelle. Manche Themen, unsere zentralen Probleme und Herausforderungen, werden öfter aufgegriffen und überschneiden sich auch manchmal.

EINS

WAS IST BILDUNG?

Was Bildung für mich auch bedeutet

Ich denke, unter Bildung versteht man zunächst das Vermitteln von Fertigkeiten und Fähigkeiten, um im täglichen Leben und im späteren Berufsleben zurechtzukommen. Viel zu sehr vernachlässigt, weil auch nicht messbar, wird meiner Ansicht nach die Bildung von Werten, Haltungen und Grundregeln für das Zusammenleben. Früher war auch bei uns vieles durch die Religion geregelt, der Einfluss der katholischen Kirche hat abgenommen, und das ist – zumindest für mich – in Ordnung. Nichtsdestotrotz leben wir in einer säkularen Gesellschaft, basierend auf einer christlichen Kultur. Darüber kann man erfreut oder traurig sein, man muss diese Tatsache jedenfalls zur Kenntnis nehmen.

Was jetzt fehlt, ist eine Instanz, die für moralische Werte zuständig ist, die nicht durch Gesetze geregelt werden können. In Österreich ist es üblich, „Bitte“ und „Danke“ zu sagen, sich zu grüßen, sich zu entschuldigen, entsprechende Kleidung zum entsprechenden Anlass zu tragen, Rücksicht auf die anderen zu nehmen und vieles mehr. Einigen in der Elterngeneration ist das ebenfalls abhandengekommen, daher können diese Eltern das nicht übernehmen. Letztlich bleibt nur die Schule, um deren Kindern diese Grundwerte des Zusammenlebens zu vermitteln. Das bedeutet aber auch, dass diese moralischen Werte festgesetzt werden müssen, dass wir uns entscheiden müssen, was uns als Gesellschaft wichtig ist. Gleichzeitig müssen wir sehr hohe moralische Ansprüche an werdende Lehrpersonen stellen.

Einflüsse aus einer anderen Weltsicht gefährden unsere Gesellschaft

Gleichzeitig gewinnt eine andere konservative Weltsicht immer mehr an Bedeutung. Vor allem durch die Migration der letzten zehn Jahre gefährdet der politische Islam mit seinem islamistischen Regelwerk jene Grundwerte, die unsere liberale Gesellschaft ausmachen. Das Ganze scheint aus den Fugen zu geraten, deshalb ist es wichtig, das Fundament unserer Gesellschaft zu betonen:

Österreich ist ein säkularer Staat mit christlich-jüdischen Wurzeln, mit einer liberalen Demokratie und Meinungsfreiheit, UN-Menschenrechten, Kinderrechten und der Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie der individuellen Entscheidungsfreiheit über das eigene Leben, solange man andere damit nicht stört, sind Grundpfeiler unserer österreichischen Identität.

Dort, wo diese Grundwerte in Gefahr sind, ist der Staat verpflichtet, einzugreifen. Religionsfreiheit endet dort, wo eine Religion diese Grundpfeiler der Gesellschaft erodiert.

Hier ist die Regierung als Vertretung des Volkes mit der Formulierung entsprechender Gesetze, vor allem aber die Schule als Bildungsstätte für die Bürgerinnen und Bürger der Zukunft gefordert.

„Nie wieder ist jetzt“ bedeutet: „Wer die tolerante Welt erhalten möchte, muss intolerant gegenüber den Intoleranten sein“ – und das mit aller zur Verfügung stehenden Kraft.

Bildungsauftrag erfüllen, aber wie?

Komplizierte oder zu freundlich verpackte Botschaften erreichen oft den Empfänger nicht – egal, ob es an Sprachproblemen oder an selektiver Wahrnehmung liegt. Es wird meist nicht der Inhalt der Botschaft wahrgenommen, sondern nur die Art und Weise, wie er präsentiert wird.

Immer wieder gibt es in der Schule Beratungsgespräche. Oft finden diese Gespräche mit den Kindern und ihren Eltern in der Direktion statt. Neben dem Klassenvorstand nehmen daran auch die Beratungslehrerin und ich als Schulleiter teil. Bei einem solchen Gespräch mit Marvin und seiner Mutter (Marvin war ein besonders schwieriges Kind, mit dem es viele Probleme gab) begann die Beratungslehrerin das Gespräch: „Marvin, du hast viele positive Eigenschaften, und wir sind sehr froh, dass wir dich bei uns haben, aber . . . “ Ich beobachtete, wie Marvins Mutter sich glücklich zurücklehnte und auch Marvin sich entspannte, beide waren zufrieden. Aber das war nicht der Grund, warum dieses Gespräch einberufen worden war. Also übernahm ich das Wort: „Marvin, so wie du dich in der Schule benimmst, bin ich überhaupt nicht froh, dass du bei uns bist. Die Belästigungen deiner Mitschüler und vor allem deiner Mitschülerinnen können wir nicht akzeptieren. Auch dein Verhalten gegenüber uns Erwachsenen in der Schule geht nicht. So wollen wir dich nicht in der Schule haben!“ Nun hatten Marvin und auch seine Mutter doch erkannt, dass es sich um ein Krisengespräch aufgrund von Fehlverhalten handelte, die Aufmerksamkeit und auch die Bereitschaft zur Veränderung waren da. Nun konnten wir sehr genau erklären, welches Verhalten wir uns in der Schule nicht wünschen und was mögliche Konsequenzen wären. Danach überließ ich wieder der Beratungslehrerin das Wort, die auf Marvins Gefühlslage einging und nach den Ursachen für sein Verhalten forschte.

Nach diesem Gespräch gab es einige Fortschritte bei Marvin und in der Zusammenarbeit mit der Mutter. Es entwickelte sich aber auch ein perfektes Zusammenspiel zwischen der Beratungslehrerin und mir, im Laufe der letzten Jahre haben wir das „Good Cop–Bad Cop“–Spiel perfektioniert. Unter dem Motto „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ oder „Probleme klar und direkt ansprechen“ steige ich zumeist gleich und direkt mit dem Problem ein. Oft verlasse ich auch nach der Androhung möglicher Konsequenzen das Gespräch. Meine Beratungslehrerin führt es dann sehr verständnisvoll und einfühlsam weiter, aber die Kernbotschaft „So nicht!“ ist da bereits angekommen.

Ich arbeite überhaupt gerne mit einfachen Botschaften: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andren zu“, „Zeige mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist“ und „Kleider machen Leute“ kennen alle Schülerinnen und Schüler bei mir in der Schule.

Manchmal bekommen Kinder auch „Hausübungen“ von mir. Die Grundregel lautet: „Was du zu Hause im Wohnzimmer nicht tun würdest, mach auch nicht in der Schule!“ Wenn also zum Beispiel eine Lehrerin mit einem Schüler in die Direktion kommt und erzählt, dass sie fast von einem durch die Klasse fliegenden „Schlapfen“ getroffen worden sei, fordere ich diesen Schüler auf, am Abend, wenn Papa und Mama im Wohnzimmer sitzen und fernsehen wollen, mit Schlapfen auf sie zu schießen. Wenn das zu Hause nicht gut ankommt, ist es auch in der Schule keine gute Idee. Ähnliches Szenario, wenn mir der Schulwart erzählt, dass in einer Klasse überall Sonnenblumenkernschalen auf den Boden gespuckt wurden und der Verursacher das nicht wegräumen möchte. Überraschenderweise wollen diese Schüler ihr Spucken dem Vater nicht zu Hause im Wohnzimmer vorzeigen.

Geradezu grotesk ist es, wenn man zwei jungen Männern gegenübersitzt, die sich gerade gegenseitig verprügelt haben. Man möchte den Grund für die Schlägerei erfahren und erhält als Antwort: „Er hat meine Mutter beleidigt, da musste ich ihn schlagen. Dabei habe ich nur Hurenkind zu ihm gesagt.“ Man gewöhnt sich daran. „Ich ficke deine Mutter“ ist das neue „Guten Morgen“, dabei ist man selbst aber sofort beleidigt und schlägt zu, wenn so etwas zu einem selbst gesagt wird.

In der Haltung nicht beirren lassen

Immer wieder erzählen Lehrer, vor allem Lehrerinnen, von Problemen mit Schülern mit Migrationshintergrund, welche die Autorität der Lehrpersonen nicht akzeptieren wollen, sie beispielsweise nicht ernst nehmen oder ihnen nicht die Hand geben. Wie geht man seitens der Schule mit einem solchen Verhalten am besten um?

Im Bekanntenkreis antwortete Maria, eine Volksschullehrerin, angesprochen darauf, wann sie denn bei der aktuellen Schulsituation endlich in Pension gehen würde, immer wieder mit Sätzen wie: „Ich liebe meinen Beruf“ oder: „Ich bleibe so lange wie möglich.“ Einige Monate später trifft sich die Runde wieder. Maria überrascht alle mit dem Satz: „Ich bin jetzt in Pension!“ Auf die Frage nach dem Grund sagt sie, dass sich viel verändert hat, letztlich gab es aber eine Geschichte, die sie zu diesem Schritt veranlasst hatte:

Als ein Schüler aus ihrer Klasse gar nicht mehr führbar war, lud sie den Vater zu einem Gespräch. Der Vater erschien zum Gespräch, betrat den Raum, schaute die Lehrerin an und sagte: „Mit so einer Schlampe wie dir spreche ich nicht, weil ich rede nicht mit Huren!“ Damit drehte er sich um und ging wieder. Schockiert erzählte Maria den Vorfall umgehend ihrer Schulleitung, in der Annahme, sie würde hier Unterstützung bekommen. Sie erhielt zur Antwort: „Aber Maria, wir kennen unsere Familien. Ich habe dir doch schon öfters gesagt, trag dein Kreuz am Hals nicht so offen, gib es unter die Kleidung. Da musste doch einmal so etwas passieren.“ Am nächsten Tag reichte Maria ihre Pensionierung ein, ihre Halskette mit dem Kreuz trägt sie in ihrer Pension immer noch mit Stolz.

Zuallererst muss hier die Schule Haltung zeigen. Gleichzeitig braucht sie aber dafür auch Unterstützung durch die Behörde. Es muss das Recht einer Behörde sein und daher auch einer Schule, bestimmte Verhaltensweisen in der Hausordnung festzulegen und auch entsprechend einzufordern. Wenn es üblich ist, sich von der Lehrerin mit Handschlag zu verabschieden, so haben das alle Schülerinnen und Schüler zu tun – ohne Wenn und Aber. Wir haben zum Beispiel in der Hausordnung festgelegt, dass unter dem Motto „Kleider machen Leute“ Militärkleidung in der Schule nicht erlaubt ist, weil man dadurch seine Bewunderung für Krieg und Kämpfen ausdrückt. In einigen Ländern Mittelamerikas ist diese Kleidung deshalb für Nichtmitglieder des Militärs verboten. Auch auf religiöses Mobbing, Verbalattacken, Drohungen und Übergriffe auf Lehrpersonal sowie Schülerinnen und Schüler muss unsere Reaktion Haltung und Konsequenz sein. Man muss Probleme erkennen und auch benennen. Erst dann kann man darauf reagieren. An meiner Schule haben wir uns angewöhnt, auf jede Form von Rassismus, egal ob rechter, linker, religiöser oder nationalistischer Extremismus, sofort und scharf zu reagieren. Das hat unsere Schule verändert. Wir kommen immer wieder zum gleichen Schluss: Hinschauen und Haltung einnehmen. Natürlich braucht es dafür auch die Unterstützung durch die Behörden. Wenn sich ein Schüler oder eine Schülerin permanent nicht an Regeln hält, den Unterricht stört, verbal und körperlich aggressiv ist und damit das Klassenklima und das Schulklima zerstört, dann muss es Konsequenzen geben, im Extremfall auch einen Schulverweis.

„So schaffen wir das nicht mehr!“ – Oder doch?

Um den Wohlstand unseres Landes zu erhalten, ist es nötig, dass wir den jungen Menschen am Ende ihrer Schulkarriere genügend Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und eine Haltung vermittelt haben, die es ihnen ermöglicht, zu Stützen unserer Gesellschaft zu werden. Das schaffen wir bei diesen Verhältnissen sicher nicht mehr! Aber was ist dann die Zukunft unserer Gesellschaft?

Jedes System, jede Organisation ist immer gefordert, sich zu hinterfragen und zu verbessern. Es ist aber ebenso wichtig, offene Ursachenforschung zu betreiben: Ich bin überzeugt, nicht das System muss sich grundlegend verändern, sondern unsere Bereitschaft, Haltung, Bildung und Leistung von unseren „Kunden“ einzufordern, anstatt uns an ein niedrigeres Niveau anzupassen. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Wer bereit ist, darin seine Rolle zu übernehmen, wird sowohl seinen Beitrag zu unserer Gesellschaft leisten als auch selbst zufriedener sein. Wir leben in einer liberalen Demokratie, wer deren Grundwerte anerkennt und nach ihnen lebt, unterstützt uns, diese Lebensweise zu erhalten.

Es ist unsere Aufgabe, das klar zum Ausdruck zu bringen und auch einzufordern.

Ein gutes Bildungssystem braucht Reformen, kein komplettes Infragestellen

Ich bin überzeugt, wir haben ein gutes Bildungssystem, es muss nicht grundsätzlich umgekrempelt werden.

Auch die Frage der gemeinsamen Schule in der Sekundarstufe für die 10- bis 14-Jährigen (in der Realität aber oft bis 16-Jährigen) stellt sich meiner Ansicht nach derzeit nicht. Viel zu groß sind die Unterschiede jetzt schon. Bereits in der Volksschule, die ja eine gemeinsame Schule aller Kinder in den ersten vier Jahren ist, sind die Entwicklung, die Fähigkeiten und die Fertigkeiten bereits so unterschiedlich, dass es immer schwerer wird, allen Ansprüchen gerecht zu werden. Bildung ist aber ein Menschenrecht für alle, für die talentierten (und zu Hause geförderten) Kinder ebenso wie für diejenigen, die sich sehr schwertun. Die ersten Weichen für die Bildungschancen eines Kindes werden bereits vor dem Schuleintritt gestellt.

Was brauchen unsere Kinder also, damit jedes Kind sein Recht auf Bildung wahren kann, oder besser gesagt: An welchen Schrauben müssen wir drehen, damit Schule das ermöglichen kann?

Die auf den folgenden Seiten skizzierten Ideen, wie unser Bildungssystem für unsere aktuellen Herausforderungen fit gemacht werden könnte, kommen aus der Praxis, aus meinem täglichen Erleben. Es sind nicht Antworten eines Politikers oder einer Politikerin, sondern es sind Vorschläge eines Praktikers. Einige davon ließen sich in der Praxis rasch umsetzen, andere sind Anregungen und Denkanstöße an die Politik, um, darauf aufbauend, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.

Zwei Gedanken stehen für mich außer Frage:

Es ist falsch, Probleme zu verharmlosen oder zu ignorieren. Der erste Schritt, ein Problem zu lösen, ist, dessen Vorhandensein anzuerkennen.Ein Teil der Lösungen ist Haltung. Wir brauchen in der Bildung, ja in unserer Gesellschaft, eine klare Haltung: Welches Ziel verfolgt schulische Bildung, was wollen wir erreichen? Welche Haltungen, welche Grundwerte erwarten wir von unseren Lehrpersonen? Vor allem aber: Wie erreichen wir, dass unsere Lehrpersonen dies vertreten wollen und vertreten können?

Verwaltung soll helfen, nicht behindern

In der Diskussion über Mängel im Bildungssystem führt der Weg rasch zum Thema Verwaltung. Ein großer Teil der geäußerten Sorgen von Schulleitungen, aber auch von Lehrerinnen und Lehrern, betrifft die Verwaltungsarbeiten.

Es ist völlig klar, dass Pädagoginnen und Pädagogen so wenig wie möglich durch Verwaltungsaufgaben von ihrer eigentlichen Arbeit, nämlich der Arbeit mit den Kindern, abgehalten werden sollen. Verwaltung als Selbstzweck steht der Pädagogik im Weg. Man könnte es auch, abgeändert nach John F. Kennedy, so formulieren: Die Frage ist nicht, was kann ich für die Verwaltung tun, sondern was kann die Verwaltung für mich tun.

Eine Bezirksschulinspektorin hat einmal gesagt, seit sie Einblick in die Arbeit von Schulleitungen hat, ist sie der Meinung, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder man entscheidet sich dafür, die administrativen Arbeiten zeitgerecht und genau zu erledigen, dann bleibt keine Zeit für die pädagogische Arbeit, oder man entscheidet sich für die pädagogische Arbeit, dann geht sich die Administration nicht mehr aus. Beides zugleich ist nicht schaffbar. Ganz so funktioniert das natürlich nicht. Ich habe mich zwar eindeutig für den pädagogischen Teil meiner Arbeit entschieden, aber natürlich muss ich auch die Büroarbeiten irgendwie fristgerecht erledigen. Aber es beschreibt unser Dilemma sehr gut.

Ich betrachte es als Aufgabe der Behörde, uns dabei so gut wie möglich zu unterstützen. Notwendige Arbeiten müssen erledigt werden, ich denke aber, da kann man einiges „ausmisten“. Und für die verbleibenden Arbeiten möchte ich ebenfalls einen Schulqualitätsmanager zitieren: „Diese komplizierten, sich oft ändernden Vorschriften und Regeln für die Zeugniserstellung und Aufstiegsberechtigung von AO-Kindern [außerordentlichen Schülerinnen und Schülern] müssen sich übersichtlich und in großer Schrift auf einer A4-Seite ausgehen und dann mehrere Jahre konstant bleiben. Das kann man sich aufhängen und kennt sich aus.“

Fazit: Es braucht jedenfalls einfache und klare Formulierungen (Anweisungen) seitens der Bildungsdirektion oder des Ministeriums, die für alle gültig sind. Gleichzeitig ist es wichtig, dass diese Vorschriften über einen längeren Zeitraum konstant bleiben, denn nur so ist gewährleistet, dass sie alle kennen und Lehrerinnen und Lehrer nicht jedes Jahr nachlesen müssen, welche Änderungen es gegeben hat.

Jedenfalls sollte immer das Beste und das Wohl der Kinder im Mittelpunkt stehen, und alle Verwaltungsarbeiten und Regeln im Bildungsbereich sollten diesem Zweck dienen.

ZWEI

VERÄNDERUNGEN DES SCHULLEBENS IN DEN LETZTEN JAHREN

Schon seit vielen Jahren gibt es immer weniger Sanktionsmöglichkeiten bei Fehlverhalten von Schülerinnen und Schülern. Es ist zunehmend schwieriger geworden, sie zur Einhaltung eines bestimmten Ordnungsrahmens zu bewegen. Nun hat sich das Schulleben in den letzten Jahren massiv verändert. Neu ist, dass das Fehlen von Sanktionsmöglichkeiten auf Schülerinnen und Schüler trifft, für die in ihrer Welt Verstöße gegen die Ordnung, Verletzungen des Rahmens untrennbar mit Sanktionen verbunden sind, weshalb das Ausbleiben von Sanktionen sie an der Ordnung und am Ordnungshüter zweifeln lässt.

Wir hatten einen Schüler, der sich an keinerlei Regeln hielt, seinen Platz und auch die Klasse verließ, wann immer er wollte. Er sprach, wann er wollte, störte den Unterricht. Wenn er Ruhe haben wollte, setzte er sich auch mal unter seinen Tisch. Auf Zurechtweisungen reagierte er nicht. Da er aber niemanden gefährdete, niemanden bedrohte, gab es keine Möglichkeit, ihn zu suspendieren. Ihn außerhalb der Klasse zu beaufsichtigen, um geregelten Unterricht in der Klasse zu ermöglichen, wurde untersagt, da er in seinem Recht auf Bildung nicht eingeschränkt werden durfte. Es dauerte nicht lange, bis auf jede Zurechtweisung anderer Kinder in der Klasse ein simples „Aber er darf auch“ folgte. Letztlich löste sich das Problem, weil seine Eltern mit unserer Schule und mit mir unzufrieden waren und einen Schulwechsel beantragten, der bewilligt wurde. Ich gebe zu, ich habe mich nie erkundigt, wie es dort gelaufen ist, ich war einfach nur froh, dass er nicht mehr da war, vor allem im Interesse der anderen Kinder.

Mehr als das mahnende Gespräch und bei Gefährdung der anderen die Suspendierung steht nicht zur Verfügung. Manchen Lehrpersonen gelingt es aufgrund natürlicher Autorität, aber viele haben keine Möglichkeit, sich in der Klasse durchzusetzen. Immer wieder ist eine zunehmende Empathielosigkeit der Kinder und Jugendlichen zu beobachten: Man beleidigt, mobbt, schlägt, zerstört fremdes Eigentum ohne jegliche Reue. Gleichzeitig sind dieselben Kinder aber oftmals selbst unglaublich empfindlich und reagieren auf Beleidigungen, Mobbing und Gewalt mit Gegenreaktionen, die wiederum in Gewalt etc. münden. Hier ein angenehmes Lernklima zu erzeugen, ist nahezu unmöglich.

Handynutzung und Social Media

Keine Einzelfälle sind leider auch brutalste Videos, Spiele und Hardcore-Pornos, die auf den Smartphones der Schüler kursieren. Die Kinder filmen sich auch selbst oder gegenseitig bei Schlägereien oder nackt und verschicken diese Videos dann zum Beispiel über WhatsApp. Ich habe selbst noch keine umfassende Lösung für mich und für unsere Schule, aber eines ist für mich klar: Wegschauen und das Handy zur Privatsache erklären, ist völlig falsch und eine Katastrophe. Das bedeutet natürlich: Auch hier braucht es für Lehrpersonen und Schulleitungen mehr Durchgriffsrechte.

Migration hat die Schule verändert

Natürlich spielt Zuwanderung eine Rolle, aber das ist nicht der entscheidende Faktor. Was wirklich eine Rolle spielt, ist, welche Haltung die Menschen gegenüber der europäischen, im Speziellen natürlich der österreichischen Gesellschaft einnehmen. Zuwandernde, die sich in das Leben hier einfügen und auch ein Stück weit anpassen, die Werte wie gegenseitigen Respekt und Wertschätzung leben, belasten unsere Gesellschaft gar nicht. Andere Menschen, egal, ob hier geboren oder zugewandert, die keine Wertschätzung für das Land haben, in dem sie leben, belasten unsere Gesellschaft. Höhere Bildung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Integration funktioniert. So gesehen ist Bildung ein wichtiger Faktor für Integration – unabhängig davon, ob es sich um Zuwandernde handelt oder um hier geborene Menschen mit Migrationshintergrund.

Gemeinsame Unterrichtssprache in vielen Fällen unzureichend

Mehr als 40 % der in Wien lebenden Menschen sind nicht in Wien geboren. Der überwiegende Teil, nämlich über 90 % der zugewanderten Bevölkerung Wiens, hat Deutsch nicht als Muttersprache. Sicher gibt es auch zugewanderte ältere Menschen, aber der Großteil sind junge Menschen und darunter sehr viele schulpflichtige Kinder. Hinzu kommen noch viele Kinder in zweiter Generation, also in Österreich Geborene, die beim Schuleintritt ebenfalls sehr schlecht oder gar nicht Deutsch sprechen. Dabei werden die statistischen Erhebungen von der Realität überholt: Während es über Migration in dritter Generation gar keine statistischen Erhebungen mehr gibt, weil man offenbar davon ausgeht, dass der Integrationsprozess abgeschlossen ist und die Sprache kein Problem mehr darstellt, leben immer mehr dieser Kinder in Parallelgesellschaften und starten ohne Deutschkenntnisse in ihre Schulkarriere.

Wie können Unterricht, Bildung, Schulleben gelingen, wenn die gemeinsame Sprache fehlt? Es gibt viele Förderprogramme, wie Muttersprachenlehrpersonen, Sprachförderung, Deutschförderkurse und seit einigen Jahren auch die Deutschförderklassen (DFK). Viele sinnvolle Maßnahmen, die aber dennoch nichts an der prekären Situation in den Schulen ändern, dass die Unterrichtssprache von einem Großteil der Kinder nicht ausreichend beherrscht wird. Für viele Lehrpersonen ist dieser Umstand kaum mehr bewältigbar, und sie resignieren angesichts der Tatsache, dass der Lehrplan nicht mehr in der gleichen Qualität umgesetzt werden kann. Es ist offensichtlich, dass es unmöglich ist, den gleichen Unterrichtserfolg zu erzielen wie mit Schülerinnen und Schülern, die die Unterrichtssprache gut beherrschen.

Schulreifekriterien bei Schuleintritt mangelhaft

Zu den fehlenden oder unzureichenden Sprachkenntnissen kommt oft noch das Problem der fehlenden Schulreife und der Rückstände in der Entwicklung beim Schuleintritt. Schulreifekriterien, wie das selbstständige An- und Ausziehen, das Binden der Schuhe, die Fähigkeit, ruhig zu sitzen, oder schulische Voraussetzungen wie das richtige Halten eines Stiftes, das Ausmalen von Flächen, das Erkennen von Farben oder das Zählen, fehlen oftmals und sind insgesamt nicht mehr auf dem gleichen Niveau wie noch vor wenigen Jahren.

Überaltrigkeit

Bereits in den Volksschulen benötigen viele Kinder fünf oder sogar sechs Jahre statt der vorgesehenen vier Schulstufen, bevor sie in die Mittelschule wechseln. Die Voraussetzungen für den Übertritt in die Mittelstufe erfüllen sie in Wahrheit trotzdem noch nicht. Oder sie werden in einer AHS aufgenommen, ohne dafür geeignet zu sein, und landen ein oder zwei Jahre später überaltrig und frustriert doch in der Mittelschule. Dadurch ist die Überaltrigkeit bzw. die Altersheterogenität in der Mittelschule ein großes und vor allem soziales Problem. Oft sind weniger als die Hälfte der Kinder einer ersten Klasse tatsächlich zehn Jahre alt, die anderen ein bis drei Jahre älter, häufig frustriert und verhaltensauffällig.

Verhaltensauffälligkeiten

Verhaltensauffälligkeiten der Kinder in der Schule und wenig Möglichkeiten der Pädagogen und Pädagoginnen, darauf zu reagieren, stellen ein großes Problem dar. Das mahnende Gespräch erzielt meist nicht die positive Wirkung, die man sich in der Theorie davon erhofft. Manchmal geht es so weit, dass sogenannte „Systemsprenger“ ganze Klassen terrorisieren und unsere Ressourcen (zeitlich und emotional) benötigt werden, um diese „schwierigen“ Kinder zu unterstützen, während alle anderen Kinder in dieser Klasse darunter leiden. Kinder haben das Recht auf ein positives und angstfreies Schulleben. Ich bin überzeugt, dass wir für diese „Systemsprenger“ andere Settings benötigen. An meiner Schule haben wir seit dem abgelaufenen Schuljahr eine eigene Klasse für Kinder, die für Regelklassen nicht geeignet sind. Knapp mehr als zehn Kinder wurden in einer Schule mit mehr als 400 Schülerinnen und Schülern aus den Regelklassen herausgenommen und in dieser Intensiv-Betreuungs-Klasse (IBK) unterrichtet. Die Erleichterung unter Lehrpersonen und Kindern war deutlich spürbar, und wir werden das Projekt fortsetzen. In der Regelklasse haben alle anderen das Recht, von uns beschützt und gefördert zu werden. Wenden wir unsere Energie und unsere Aufmerksamkeit wieder mehr jenen zu, die einfach erfolgreich und positiv Schule erleben wollen.

Gewalt in der Schule

In den Nachrichten wird immer wieder von zunehmender Gewalt bei Jugendlichen und auch Kindern berichtet. Natürlich macht diese Entwicklung auch vor den Schultoren nicht halt.