Wie unsere Psyche tickt - Andreas Winter - E-Book

Wie unsere Psyche tickt E-Book

Andreas Winter

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Beschreibung

Das Standardwerk von Andreas Winter! Wir Menschen gelten als "Krone der Schöpfung". Und doch leiden viele von uns unter chronischen, oft diffusen Beschwerden, fühlen sich gestresst, werden Opfer ihrer schlechten Angewohnheiten und haben das Gefühl, sich im Kreis zu drehen. Was steckt hinter den scheinbar unlösbaren Problemen? Zu verstehen, Wie unsere Psyche tickt, ist der Schlüssel zum Begreifen der Ursachen. Viele sogenannte Krankheiten oder Verhaltensstörungen - etwa Allergien, chronische Schmerzen, Suchtverhalten, Übergewicht, Burn-out und andere psychische Beschwerden - haben tiefe und alte Wurzeln, die in die frühe Kindheit oder sogar in die Zeit noch vor der Geburt zurückreichen. So handelt es sich bei diesen Symptomen in Wirklichkeit oft um intelligente Schutzmechanismen unserer Psyche. Mithilfe der Andreas-Winter-Methode werden die individuellen Auslöser und Ursprünge ins Bewusstsein gehoben, emotional umgedeutet und unschädlich gemacht. Auf diese Weise kann der seit 30 Jahren bewährte Coachingansatz psychische, psychosomatische und chronische Beschwerden und Blockaden umgehend und nachhaltig auflösen. - Der Algorithmus der Psyche - Die Andreas-Winter-Methode - von der Fragetechnik bis zum Reframing - Zahlreiche Fallbeispiele und Reflexionsimpulse - Ergänzende Praxisempfehlungen für Therapeuten und Coaches

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Seitenzahl: 353

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Andreas Winter

Wie unsere Psyche tickt

Die Intelligenz des Unterbewusstseins verstehen

Wie psychosomatische Symptome und Blockaden entstehen und wieder aufgelöst werden können

Die Andreas-Winter-Methode

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Andreas Winter

Wie unsere Psyche tickt

•Die Intelligenz des Unterbewusstseins verstehen

•Wie psychosomatische Symptome und Blockaden entstehen und wieder aufgelöst werden können

•Die Andreas-Winter-Methode

E-Book (epub): ISBN 978-3-86374-715-2

(Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-713-8, 1. Auflage 2024)

Mankau Verlag GmbH

D-82418 Murnau a. Staffelsee

Im Netz: www.mankau-verlag.de

Soziale Netzwerke: www.mankau-verlag.de/forum

Autorenkontakt: Andreas Winter, www.andreaswinter.de, [email protected], Tel. +49 (0) 2371 923 3520

Lektorat: Redaktionsbüro Julia Feldbaum, Augsburg;

Endkorrektorat: Susanne Langer-Joffroy M. A., Germering

Cover/Umschlaggestaltung: Andrea Janas, München, www.andreajanas.com

Gestaltung Innenteil: Mankau Verlag GmbH

Illustrationen: Kurt Tutschek – stock.adobe.com (10/11, 18/19, 226/227); Andreas Winter (45); Anja – stock.adobe.com (46/47, 80/81, 148/149, 176/177); flashmovie – stock.adobe.com (60/61, 232/233); shahiddzn – stock.adobe.com (116/117); Kateryna – stock.adobe.com (126/127)

Wichtiger Hinweis des Verlags:

Der Autor hat bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr; Verlag und Autor können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch dargestellten Inhalte ergeben. Bitte respektieren Sie die Grenzen der Selbstbehandlung und suchen Sie bei Erkrankungen einen erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker auf.

Inhalt

Prolog

Einleitung

Die Verwirklichung der eigenen Absicht

Nicht alles ist vernünftig, aber trotzdem clever!

Psychologische Grundannahmen

Die Psyche ist ein Tintenklecks

Die Ursache von Symptomen, Blockaden und Störungen

Denkst du anders, lebst du anders

Wir alle sind Kinder unserer Mütter

Ursache oder Auslöser?

Die Angst vor Kontrollverlust

Mikrotraumatisierungen – Ursache von chronischen Krankheiten und Störungen

Live aus der Praxis

Wenn die Liebe fehlt

Eine ganz alte offene Rechnung

Ein unpassender Liebesbeweis

Nicht reicher sein dürfen als der Vater

Wie viel Schmerz brauchst du?

Exkurs: Wie geht es Ihnen?

Krank machende Begleiter

Eltern programmieren Seelen

Belohnen Sie Ihre Kinder nicht fürs Kranksein

Trigger lauern an jeder Ecke

Wir brauchen zufriedene Eltern

Reaktionen kommen aus dem Unterbewusstsein

Psychosomatik – die Schnittstelle zwischen Medizin und Psychologie

Unterschied zwischen symptom- und ursachenbezogener Therapie

Psychologie ist Physik

Die Formel der Seele

Psyche und Schwerkraft

Alkohol gegen das Gefühl des Widerstands

Schlimmes in Kauf nehmen, um noch Schlimmeres zu vermeiden

Beispiel: Allergie aufgrund von Kindstaufe

Stressbewältigung I

Was sind Absichten?

Übertragung und Projektion

Erwartungsdruck und Trotz

Ist die Psyche messbar?

Exkurs: Sprachhygiene

Psychosomatik zum Nachschlagen?

Das große Buch der Antworten ist im eigenen Kopf

Die individuelle Bedeutung erfragen

Den Auslöser isolieren

Die Ursache erkennen

Warum einige Menschen scheinbar Dummes tun

Warum nur, warum?

Warum höre ich nicht auf zu rauchen?

Warum nehme ich nicht ab?

Warum werde ich trotz aller Versuche nicht schwanger?

Warum verdiene ich so wenig Geld?

Warum kann ich nachts nicht schlafen?

Warum komme ich nicht vom Alkohol los?

Warum trenne ich mich nicht von meinem Partner?

Warum werde ich ständig gemobbt?

Warum habe ich Angst?

Warum werde ich meine Allergien nicht los?

Warum gibt es Serien- und Wiederholungstäter?

Warum bin ich immer so unpünktlich?

Die Auflösung von Urtraumen

Stress, lass nach!

Stressbewältigung II

Reframing – das therapeutische Hauptwerkzeug

Grundannahme: Jeder Täter ist ein unerlöstes Opfer

Symptome und Informationen

Fragen für die Selbstheilung

Die Erwartungsbeziehung kündigen

Beppo – ein Reframing

Bereichern oder belasten Sie Ihre Mitmenschen?

Wie die Seele tickt – falls es sie gibt

Verstehen hilft heilen

Exkurs: Apropos alternative Heilkunst

Interessante Fallbeispiele

Wenn Coaches zu Wort kommen

Fallbeispiele von Silvia Wurst

Morbus Crohn durch Schuldgefühle

Der blockierte Kinderwunsch

Fallbeispiele von Sven Oltmanns

Multiple Sklerose – Ursache Sauerstoffmangel und Blutstau?

Colitis ulcerosa – eine Frage des Ärgerns?

Fallbeispiel von Christian Neels

Rheuma – weg in 30 Minuten

Fallbeispiel von Steffen Piepenschneider

Neurodermitis und das Gefühl, allein gelassen zu sein

Fallbeispiel von Katja Neuhof

Unangemessene Wutausbrüche

Fallbeispiele von Christian Tiefenbacher

Weg mit den Mauern

Die Freiheit ist nun die meine

Fallbeispiel von Nico Peter

Die Heilung eines chronischen Tinnitus aurium

Fallbeispiele von Adele Reitmayer

Heuschnupfen

Magersucht (Anorexie)

Fallbeispiele von Erika Langer

Bewegungsunfähig, weil zu quirlig

Keine Partnerschaft, weil der Vater einen Sohn wollte

Fallbeispiele von Elisabeth Bitsios

Meine eigene Erlösungsstory

Spinnenphobie mit Tierliebe bekämpft

Fallbeispiel von Lotta Beger

Gute Ratschläge müssen auch passen

Fallbeispiel von Hans-Georg Hoffs

Bulimie – halb tot, um zu gefallen

Ein Wort zum Schluss

Wie tickt die Gesellschaft?

Anhang

Spickzettel für den Coach

Übungen für den Coach

Erinnerungsübungen

Reframingübung: Die Komik in der Tragik entdecken

Häufige Fragen

Vereinfachte Beschreibung der Eigenschaften der Tierkreiszeichen

Literaturhinweise

Kontaktverzeichnis der Coaches aus diesem Buch

Masterclass zum tiefenpsychologischen Coach

Endnoten

Weitere Veröffentlichungen von Andreas Winter

Register

Prolog

Das vorliegende Buch ist mein Standardwerk. Es basiert auf über dreißig Jahren Forschung und Erfahrung mit über fünftausend Klientinnen und Klienten jeden Alters. Es fasst einige Dinge, über die ich zuvor schon geschrieben habe, zusammen, berücksichtigt neueste Forschungsergebnisse und versucht, die Kernelemente meiner Arbeit darzustellen. Meiner Stammleserschaft, die mit meinen Büchern vertraut ist, wird daher einiges bekannt vorkommen. Jedoch hoffe ich, als Autor mit jedem neuen Buch auch Leserinnen und Leser zu erreichen, für die die dargestellten Zusammenhänge und Phänomene noch spannendes Neuland sind. Für sie habe ich dieses Buch in der Hauptsache geschrieben, bin mir allerdings sicher, dass auch »alte Hasen« unter den Lesern von diesem Werk profitieren können.

Darüber hinaus habe ich versucht, den Fachleuten unter Ihnen – Ärzten, Heilpraktikern, Alternativtherapeuten und Coaches – ein Werkzeug zur Verfügung zu stellen, mit dem Sie nachhaltig und verschiebungsfrei Blockaden und Störungen, ja eigentlich sogar jegliches unerwünschte Verhalten behandeln können. Dieses Werkzeug besteht aus zwei Teilen: meinem Ansatz und meiner Methode. Letztere ist beliebig durch Ihre eigenen Methoden austausch- oder erweiterbar.

Ich wünsche mir, dass dieses Buch Menschen dazu verhilft, Klarheit über all das zu bekommen, was sich im Alltag unterbewusst abspielt, mit dem Ziel, dadurch glücklicher, gesünder und stressfreier durchs Leben zu gehen.

Andreas Winter im Februar 2024

Dieses Buch gibt es auch in der ungekürzten Hörbuch-Fassung, persönlich vom Autor eingesprochen. Erleben Sie die lebendige Sprechweise von Andreas Winter und eine von ihm selbst komponierte Musik zur Einführung.

Einleitung

Die Verwirklichung der eigenen Absicht

»Wie konnte ich nur so dumm sein? Warum habe ich immer solch ein Pech? Warum kann ich nicht auch endlich glücklich sein?«

Kennen Sie diese quälenden Fragen?

Ist es nicht irgendwie seltsam, dass wir Menschen uns bei bestimmten Dingen im Alltag im Kreis zu drehen scheinen oder vor manchen Problemen dastehen wie vor einer Wand? Wir, Angehörige der Spezies Homo sapiens, die »Krone der Schöpfung«, die Gattung mit dieser extrem gut entwickelten Großhirnrinde, wir, Wesen, die über Schrift, Sprache und zehn Finger verfügen, die mit Strom und fließend Wasser und einem Dach über dem Kopf ausgestattet sind – ausgerechnet wir sind immer wieder krank, immer wieder pleite, haben immer wieder den gleichen Stress. Woran liegt das? Sind wir wirklich »dumm«, »unfähig« oder »Opfer der Umstände«? Oder steckt vielleicht etwas ganz anderes hinter unseren scheinbar unlösbaren Problemen? Etwas völlig Logisches, ja vielleicht sogar sehr Intelligentes, das, wenn man es nur begreifen würde, einen Schlüssel zur sofortigen Verhaltensänderung ermöglichen könnte?

Ich glaube es nicht nur, ich bin mir sogar sehr sicher! Aufgrund meiner jahrzehntelangen Erfahrung mit Menschen, die zu mir kamen, um ihre Probleme endlich zu lösen, kann ich mit Gewissheit sagen, dass es eine bestimmte Formel gibt, die erklärt, warum Menschen ganz absichtlich das tun, was sie tun, selbst wenn es ihnen schadet und großes Leid zufügt. So unverständlich es manchmal auch erscheinen mag, wenn Menschen wider besseres Wissen ihr schädliches oder auswegloses Verhalten nicht ändern, steckt dahinter eine Logik. Die menschliche Psyche folgt einer bestimmten Gesetzmäßigkeit, die wir auch von Strom, Wind und Wasser her kennen. Es ist das Gesetz des geringsten Widerstands. Die Verwirklichung der eigenen Absicht ist das absolute Bestreben eines Menschen. Dafür nehmen wir die schlimmsten Dinge in Kauf – wenn wir glauben, damit noch Schlimmeres vermeiden zu können. Jede einzelne Lebensentscheidung ist eine Abwägung von Informationen, die dieser einen Formel folgt.

Nicht alles ist vernünftig, aber trotzdem clever!

Doch was ist denn so bedrohlich, dass viele auf ein gesundes und zufriedenes Leben verzichten? Welcher Widerstand erscheint so schlimm, dass Menschen sich eher selbst töten, demütigen lassen, chronisch krank werden und sich mit einem Leben abfinden, das vielleicht kaum noch als lebenswert erscheint? Was ist es dann, das es um jeden Preis zu verhindern gilt, wenn es doch nicht Schmerz, Krankheit oder Tod sind?

Die Antwort ist so einfach wie zugleich erklärungsbedürftig: Kontrollverlust. Weder Schmerz noch Krankheit oder gar der Tod sind für die Psyche das Schlimmste, sondern der Verlust der Kontrolle über das Leben. Das Schlimmste ist der psychosoziale Stress, also das Gefühl, von jemand anderem kontrolliert, kritisiert, abgelehnt, bevormundet, eingeschränkt und blockiert zu werden. Es kann für die Psyche so unerträglich werden, dass wir, um diesem Gefühl zu entgehen, auf alles verzichten, was uns glücklich macht. Was wir nicht kontrollieren können, führt zu Reaktionen, und die können wiederum von großem Stress begleitet sein.

Wer diesen großen, unbewussten Widerstand erzeugt, für dessen Vermeidung wir auf unsere Lebensqualität verzichten, und wie man diesen mithilfe meiner Methode überwinden kann, darum geht es in meinem Buch. Sobald ein Mensch rational verstanden hat, was seine tatsächlichen Handlungsmotive waren, steht der Zufriedenheit nichts mehr im Wege. Ich habe es selbst erlebt und alle, die sich mit dieser Formel vertraut gemacht haben, ebenso.

Wenn einem Menschen erst einmal ganz bewusst ist, aus welchem klugen Grund er seinen erhofften Erfolg sabotiert hat, ist er in der Lage zu erkennen, dass alle scheinbaren Fehlschläge und Misserfolge, Selbstsabotagen und Blockaden enorm clever waren – allerdings basierend auf der Reife und den Möglichkeiten eines Kleinkindes. Das ganze Leid wurde meist eiskalt in Kauf genommen, um nicht noch unglücklicher, kränker oder hoffnungsloser zu werden. Wenn man jedoch ein kleines Update macht – und die Methode dazu zeige ich Ihnen hier in diesem Buch – dann wird aus einem Vermeider wieder ein Erreicher! Ein Erreicher, das ist ein Mensch, der sich nicht länger damit aufhält, seine Energie gegen etwas zu verwenden, sondern für etwas. Jemand, der eine klare Vision von seinem Leben hat und sich nicht von den alltäglichen Hindernissen aufhalten lässt. Ein Erreicher ist eigentlich ein ganz natürlicher Mensch, so, wie wir alle waren, bevor uns die großen Widerstände in den Weg gestellt wurden.

Psychologische Grundannahmen

Wie gesagt, alles ist eigentlich ganz einfach, aber dennoch zunächst erklärungsbedürftig. Zum besseren Verständnis schlage ich also vor, dass wir uns zunächst auf einige psychologische Grundannahmen einigen:

1.Es gibt ein Bewusstsein, ein Unterbewusstsein und das Unbewusste.

2.Das Gehirn lernt und speichert Informationen ein Leben lang.

3.Der Mensch versucht, seine Absichten widerstandsfrei zu verwirklichen.

4.Ein Ungeborenes hat kein rationales Zeitempfinden und bezieht alles Erlebte auf sich.

Punkt eins dürfte für die meisten meiner Leser völlig unstrittig sein, nicht alles, was das Gehirn so denkt, ist bewusst, Mimik, Gestik und vieles mehr entzieht sich der bewussten Steuerung. Im Allgemeinen gehen Hirnforscher davon aus, dass nur etwa maximal drei Prozent aller Gedanken bewusst sind. Die wenigsten dieser Steuerungsbefehle dringen also ins Bewusstsein, wo wir sie wahrnehmen und willentlich beeinflussen können. Doch steuern sie dennoch sehr wirksam unser Verhalten. Oftmals fällt es schwer zu begründen, warum man eine bestimmte Farbe, ein Lied oder eine Speise besonders mag – oder eben nicht mag. Was Haare zum Wachsen, Wunden zum Heilen und das Herz zum Schlagen bringt, ist meist nur schwer vom Bewusstsein zu beeinflussen, wenngleich solche Prozesse irgendwie gesteuert werden und Regeln unterliegen. Das Unterbewusste hingegen kann leicht beeinflusst werden. Das ist Schwachstelle und Chance zugleich.

Auch von Punkt zwei haben einige vielleicht schon einmal gehört: Auch im hohen Alter kann man sich an Erlebnisse aus der Kindheit noch gut erinnern. Gerüche, Stimmen oder Situationen können Erinnerungen und Gefühle aufrufen, die man schon längst vergessen glaubte. Das genau ist ja das eigentlich Problematische: Erinnerungen sind längst nicht immer bewusst, können aber jahrzehntelang unser Leben bestimmen.

Punkt drei, die Absichten widerstandsfrei verwirklichen zu wollen, habe ich oben eingeführt und werde diesen Aspekt im Folgenden gründlich erläutern. Ihre Absicht ist dabei all das, worüber Sie Ihre Existenz definieren. Widerständen kann man dabei konstruktiv oder destruktiv begegnen – je nachdem, welche Erfolgschance man sich dabei ausrechnet.

Punkt vier, dass Ungeborene denken und empfinden, aber völlig anders als Erwachsene, ist für viele noch neu. Was es damit auf sich hat, ist zum Verstehen von Blockaden und chronischen Symptomen von höchster Bedeutung, denn die Psyche kennt kein Alter. In jeder Lebensphase gelten für jeden Menschen die gleichen Regeln, nach denen unsere Psyche »arbeitet«. Daher werfen wir vorab schon mal einen kurzen Blick darauf.

Die Psyche ist ein Tintenklecks

Beobachten Sie einmal, wie ein Tintenklecks sich auf einem Stück Löschpapier ausbreitet. Es sind dabei zwei Kräfte im Spiel: Druck und Sog. Das Gewicht der Flüssigkeit sorgt für den Druck, mit dem der Klecks den größtmöglichen Raum einnimmt, und der Kapillareffekt erzeugt einen Sog, mit dem die Flüssigkeit in die feinen Poren des Papiers gezogen wird. Je dünnflüssiger die Tinte ist, desto feinere Hohlräume kann sie dadurch ausfüllen, und je schwerer sie ist, desto weiter kann sie eindringen. Widerstände auf dem Löschpapier können zu einem Stau führen, bis der Druck ihn überwindet. Doch auch ein ganz kleiner, leichter Tropfen kann eine bestimmte Fläche des Blattes ausfüllen, wenn das Blatt sehr porös und damit sehr aufnahmebereit ist.

Genau nach diesem Prinzip agiert die Psyche. Sie versucht, sich zu verwirklichen, soweit ihre Absichten reichen. Mit Druck kann man sich durchsetzen, aber mit Sog geht es ebenso. Wenn Menschen uns fürchten, dann weichen sie zurück, aber wenn sie uns verehren, respektieren oder bewundern, dann ebnen sie uns alle Wege und unterstützen uns sogar dabei.

Daher ist es für eine widerstandsfreie Entfaltung hilfreich, in positive Resonanz mit seinen Mitmenschen zu gehen, damit diese keinen Widerstand erzeugen, sondern Unterstützung geben. Menschen mit ähnlichen beziehungsweise ergänzenden Persönlichkeitsmerkmalen können sich dabei in ihrer Resonanz sehr aufschaukeln, derweil sich Menschen, die mit ihren Eigenschaften inkompatibel sind, sogar gegenseitig kränken und blockieren können.

Vor einer Weile kam ein Mann in meine Praxis, der aufgrund von Erektionsstörungen seit Jahren keinen Sex mehr mit seiner Frau hatte. Er fühlte sich von ihrer »permanenten Wollüstigkeit« schlicht bevormundet und war nicht flexibel genug, damit klarzukommen. Wie sich herausstellte, war sie sehr körperbezogen, führungsstark und offensiv, und er war sehr freiheitsbedürftig, relevanzgesteuert – das heißt, gesellschaftliche Regeln, Anforderungen und Erwartungen werden stets auf ihre Sinnhaftigkeit kritisch hinterfragt – und brauchte für sein Sicherheitsgefühl strukturelle Beständigkeit. Sein Körper trug diesen Widerspruch einfach nur aus. Ich ermöglichte es ihm, in einer Hypnose eine gewisse Immunität gegen Erwartungsdruck aufzubauen. Mehr konnte ich für die beiden damals nicht tun. Es gibt manchmal Dinge, die passen einfach nicht besonders gut zusammen.

Ein anderes, weitaus positiveres Beispiel habe ich im Jahr 1996 erlebt, als ich damals die Leitung einer Großraumdiskothek übernahm. Das Konzept für den Szeneladen kam zum Großteil aus meiner Feder, und ich castete die Mitarbeiter nach bestimmten Kriterien. Leider war der Inhaber und Geschäftsführer von seiner autoritären Lebenseinstellung und etwas oberflächlich erscheinenden Persönlichkeit her mit dem Team nicht so recht kompatibel, und so geriet der Betrieb wirtschaftlich ins Stocken. Nach einem enormen Start und einer gewissen Hochphase startete der Betrieb wegen schwindender Besucherzahlen in den wirtschaftlichen Sinkflug, und so wurde ich für die letzten sechs Monate bis zur geplanten Schließung als »Feuerwehr« mit der Führung betraut. Innerhalb weniger Öffnungstage brummte die Hütte wieder, das Personal war motiviert, und die Gäste kamen wieder in Strömen. Durch die Rückkehr zum alten Spirit im Musikprogramm, den Umgangston mit dem Personal und das Vertrauen am Einlass war wieder eine Atmosphäre der Authentizität spürbar. Die Gäste der Szenedisko fühlten sich einfach wieder wohler. Das meine ich mit positiver Resonanz. Die Psyche sucht den Weg der Entfaltung. Zeigt sich dieser, so entsteht sehr viel konstruktive Energie.

Es gibt noch einen Effekt, der mit hineinspielt: Es ist der Sog des Machbaren. Sobald ein Mensch etwas für möglich hält, kann auch er seine Grenze erweitern. Die Grenze, die den Widerstand bedeutet, wäre also in diesem Falle die Beschränktheit der eigenen Überzeugung. Der US-Amerikaner Jim Hines war der erste Athlet, der die hundert Meter offiziell in unter zehn Sekunden lief. Bis dahin glaubte eigentlich jeder, ein Mensch könne dies unmöglich schaffen, eine physiologische Grenze sei erreicht. Doch Hines unterbot die zehn Sekunden zum ersten Mal am 20. Juni 1968 bei den US-Trials in Sacramento. Damit war die Grenze gefallen, und innerhalb weniger Minuten gelang der gleiche Rekord zwei weiteren Athleten, Ronnie Ray Smith und Charles Greene. Der Abend in Kalifornien ging als »Night of Speed« in die Sportgeschichte ein. Alle drei Läufer wurden damals mit 9,9 Sekunden handgestoppt. Hines ist zwar am 3. Juni 2023 im Alter von sechsundsiebzig Jahren verstorben, doch er war es, der mit seinem Rekord eine Grenze erweitert hat, die niemals wieder aufgebaut werden konnte. Was der Psyche möglich erscheint, das kann sie auch möglich werden lassen!

Die Ursache von Symptomen, Blockaden und Störungen

Denkst du anders, lebst du anders

Niemand ist gern krank, und niemand leidet gern. Es möchte doch jeder Mensch gesund, glücklich und zufrieden sein. Insofern muss, wenn die Lebensqualität beeinträchtigt ist, zuvor etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein, was dafür ursächlich ist. Und wenn es nicht äußere Umstände und Sachzwänge sind, die einem das Leben schwer machen, dann liegt die Ursache oft im eigenen Denken und Empfinden. Da dieses eben nicht immer bewusst ist, können die krank machenden Einflüsse zunächst im Verborgenen liegen – in einer Zeit, wo bislang kaum jemand damit gerechnet hat, dass sie uns sehr prägt. Schauen wir uns also einmal an, ab wann das Verhalten eines Menschen beeinflusst werden kann.

Wir alle sind Kinder unserer Mütter

Vor rund fünf Jahrzehnten haben Verhaltensforscher und Psychologen damit angefangen, vorgeburtliche Einflüsse der Mutter auf das Baby zu erforschen. Einige Wissenschaftler vermuteten, dass Embryonen nicht völlig isoliert sind, doch es war schwer, das wirklich zu beweisen. Dennoch macht dieser junge Forschungszweig der pränatalen Psychologie rasante Fortschritte, bei denen Erstaunliches zutage kommt: Einige Forscher haben schon länger vermutet, dass es eine transmittergesteuerte emotionale Wechselwirkung zwischen Mutter und Embryo geben muss, doch erst vor wenigen Jahren wurde dafür der wissenschaftliche Beweis erbracht: Embryonen reagieren nicht nur auf äußere Reize, wie Geräusche und Bewegungen, sondern auch auf die Wirkung von Hormonen und Neurotransmittern aus dem mütterlichen Blut.1 Den Neurobiologen Dr. Ulrike Theisen und Prof. Reinhard Köster sowie dem Genetiker Prof. Ralf Schnabel von der Technischen Universität Braunschweig gelang dieser Nachweis 2018 erstmals experimentell an Zebrafischen. Seitdem gibt es immer mehr Berichte, die die emotionale Beeinflussung des Ungeborenen durch die Mutter anerkennen. Eigentlich liegt der Schluss ja nahe, denn dass das Baby im Bauch Sauerstoff, Nährstoffe und auch Giftstoffe von der Mutter bekommt, ist ja schon lange bekannt. Doch welche bahnbrechende Schlussfolgerung das in Konsequenz zulässt, möchte ich in diesem Buch verdeutlichen.

Der Lernprozess eines Menschen beginnt erstaunlich früh! Bereits ab der dritten Schwangerschaftswoche entwickeln sich die ersten Nervenzellen. Diese reagieren auf Reize und vernetzen sich untereinander, wodurch sie Informationen erfassen und speichern. Über die Nabelschnur, mit der Föten an den Blutkreislauf der Mutter angeschlossen sind, bekommen sie somit nicht nur Sauerstoff und Nährstoffe, sondern auch Neurotransmitter, jene chemischen Botenstoffe, die Emotionen erzeugen, aus dem mütterlichen Blut. Das bedeutet, Stress, Wut, Trauer, Verliebtheit oder Hoffnung, Erwartungsdruck oder Verzweiflung, alles, was eine schwangere Frau spürt, spürt ihr Embryo genauso. Hinzu kommen noch die äußeren Sinnesreize, die ein Ungeborenes registriert, es hört Geräusche und spürt Bewegungen der Mutter, ohne zu wissen, was oder wer das ist. Es bezieht alles Wahrgenommene auf sich selbst. Genau dies prägt unsere Wahrnehmungsmuster und teilweise unser späteres Verhalten. Das ist eine Sensation, denn lange Zeit ging man gemeinhin davon aus, dass Neugeborene noch völlig unbeeindruckt von der Außenwelt sind und erst mit der Geburt anfangen, zu fühlen und zu lernen. Doch die Nabelschnur ist wie eine Standleitung zur Mutter. Babys sind keine unbeschriebenen Blätter, wenn sie geboren werden. Sie sind bereits durch die Emotionen der Mutter vorprogrammiert. Wir lernen neun Monate lang von den Gefühlen unserer Mutter! Der Entwickler der Primärtherapie, Dr. Arthur Janov, wies bereits 2012 in seinem Bestseller »Vorgeburtliches Bewusstsein«2 darauf hin, wie der Mensch im Mutterleib bestimmte Phasen durchlebt, in denen die Entwicklung der Organe und vor allem des Gehirns durch Hormone und Neurotransmitter gesteuert werden muss. Traumatisierungen in diesen Phasen wirken sich auf das gesamte weitere Leben des Menschen wie eine Weichenstellung aus, so seine Vermutung.

Bei dem freudigen Ereignis einer Geburt sagen Eltern oft: »An dem Tag ist unser Kind zur Welt gekommen.« Doch von dieser Vorstellung sollten wir uns endgültig verabschieden, wenn wir nach Ursachen für Verhaltensweisen forschen. »Zur Welt« kommen wir in der Sekunde der Zeugung!

Daher berücksichtigen wir im tiefenpsychologischen Coaching bei der Analyse eines Symptoms oder einer Verhaltensweise immer Erlebnisse der vorgeburtlichen Zeit – denn dort finden wir meist deren Ursache, selbst wenn ein Symptom erst nach Jahren ausbricht.

Ursache bedeutet: Hier ist der Anfang, hier hat es begonnen. Es gibt für jedes Phänomen immer nur eine Ursache, also ein einziges Ereignis, das am Anfang eines Prozesses steht. Alle weiteren Erlebnisse bestätigen entweder das Ursprungsereignis oder sind eine Ausnahme davon.

Selbstverständlich können auch bereits während der Embryonalentwicklung mehrere tragische Vorkommnisse geschehen. Die zu entdecken ist die Aufgabe eines tiefenpsychologischen Coaches. So hatte ich einen Klienten, der im fünften Monat den Abgang des Drillings erlebt und dann mit seinem verbliebenen Zwillingsbruder eine rund zweitägige Geburt zehn Tage vor der Geburtsreife erlitten hat. Bereits in jungen Erwachsenenjahren wurde er schwer lungenkrank. So gut wie jeder Atemzug schmerzte, und der einst sehr sportliche Mann war durch die Probleme extrem bewegungseingeschränkt. All seine erlittenen Ereignisse bekamen eine emotionale Gewichtung. Das chronologisch erste Ereignis, die Giftstoffbelastung durch den Abbau abgestorbener Zellen des Drillings, war für ihn nicht das Schlimmste, obgleich es deutliche Folgen mit sich brachte, nämlich die intensive, aber erfolglose Suche nach der perfekten Partnerin.3 Es war das zweite Ereignis, das noch viel größeren Eindruck hinterließ und somit auch als traumatischer empfunden wurde: Die für ihn ewig andauernde Geburt mit entsprechender Sauerstoffknappheit war die Ursache für seine schweren Lungenprobleme. Noch während des Coachings – also durch ein intensives Gespräch – verringerten sich seine bis dahin nahezu unerträglichen Lungenschmerzen.

Es ist in der Medizin eine weitverbreitete Ansicht, dass Symptome entweder gar keine oder verschiedene Ursachen haben. Ich selbst hörte einmal von einem Chefarzt, »Pech« sei die Ursache für Krebs. Ein Rezept für »Glück« wäre dann also konsequenterweise die Therapie, richtig? In einer wissenschaftlichen Ausbildung lernt man eigentlich, Kausalzusammenhänge zu untersuchen. Ergründet man, warum bestimmte Ereignisse von der Klientin oder dem Klienten als besonders traumatisch wahrgenommen wurden, so führt einen das immer weiter zurück auf ein einziges Ereignis, bei dem alles begann. Berücksichtigte man diesen Umstand nicht oder würde ein Therapeut einem traumatisierten Menschen nur zur vorübergehenden Linderung der Symptome verhelfen, so könnte es hierdurch zu Rückfällen oder Verschiebungen – d. h. es entstehen andere Symptome mit gleicher Ursache – kommen. Verhilft er jedoch dazu, das ursächliche Stressereignis als aktuell unschädlich zu erleben, so werden sich damit viele Begleiterscheinungen zugleich abschwächen, und er verhindert bei Patientinnen und Patienten ein Rezidiv (Rückfall). Daher ist es allein für den Bereich Gesundheit so wichtig zu verstehen, wie die Psyche tickt.

Selbstverständlich sind wir Menschen hochkomplexe Wesen, aber wir sind nicht unbedingt kompliziert. Ganz im Gegenteil, es gelten für uns dieselben biologischen, chemischen und physikalischen Naturgesetze wie für alle anderen Wesen auch. Damit eröffnet sich für uns eine bedeutsame Perspektive: die Vereinfachung der Zusammenhänge von Symptomen und Ursachen sowie die gezielte Methodik zu deren Auflösung.

Bleiben wir also bei der Annahme, dass es nur eine Ursache, also ein ursprüngliches Trauma gibt, so sind weitere traumatische Ereignisse als Bestätigung dieser Traumatisierung zu werten. Diese werden Auslöser oder auch Trigger genannt. Es kann Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis ein Auslöser stark genug ist, um ein Trauma zu triggern, also eine starke Gefühlserinnerung wachzurufen, die einen dann förmlich aus der Bahn haut. Daher finden Fachleute auch oftmals die Ursache nicht, sie schauen nicht weit genug zurück in die Biografie der betreffenden Menschen.

Selbst wenn eine Symptomatik wie etwa eine Allergie, eine Klaustrophobie oder eine der gefürchteten »unheilbaren« Krankheiten erst nach dreißig, vierzig oder siebzig Jahren ausbricht, so ist der Ursprung immer sehr viel früher zu finden. Und das hat einen einfachen Grund:

In den ersten sechsunddreißig Monaten des Lebens (ab Zeugung) verfügt der Mensch über keinerlei rationales und zeitliches Erfassungsvermögen. Weder Zukunft noch Vergangenheit fließen in die kontextuelle Orientierung des Kindes mit ein. Begriffe wie »morgen«, »gleich« oder »vorhin« sind noch bedeutungslos. Bis die zeitlich-kontextuelle Wahrnehmung sich zu entwickeln beginnt, werden beispielsweise auch momentane Gefahren als absolute und andauernde Gefahren empfunden. Emotionales Erleben wird stets als Gegenwart empfunden. Was es nicht wahrnimmt, existiert für das Kind nicht. Außerdem ist das Verhaltensrepertoire für ein Kind noch sehr beschränkt. Was es erleidet, muss es meist ertragen. Es kann nicht weglaufen, verstehen, verhandeln, verzeihen oder um Verzeihung bitten. Es kann weder die Polizei rufen noch die Feuerwehr oder Versicherung – es fühlt sich quasi machtlos. Ein Trauma, das vor dem dritten Lebensjahr erlitten wird, kann sich daher prägend für ein Wahrnehmungsmuster auswirken, ganz einfach, weil der Mensch in diesem Lebensalter Ereignisse zeitlich nicht einordnen kann und damit grundsätzlich generalisiert. Ein generalisiertes Muster aufgrund eines Traumas entsteht dadurch, dass der Betroffene nicht genau definieren kann, was ihn in Gefahr gebracht hat. Er glaubt, die Gefahr bestünde fortdauernd. Hier liegt die Erklärung, warum nicht alle Menschen nach einem schweren Trauma wie Unfall oder Verbrechen eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) haben: Wenn ein solches Ereignis nicht eine unterbewusste Grundannahme bestätigt, wird es ganz anders emotional eingeordnet, nämlich als tragischer Zwischenfall im Leben und nicht als Bestätigung dafür, dass das Leben grundsätzlich unberechenbare Gefahren birgt.

In Tausenden von Fällen konnte ich nachweisen, dass ein Trauma nach dem dritten Lebensjahr kein pathologisches Verhaltensmuster nach sich zieht, wenn nicht zuvor bereits eine frühkindliche Mikrotraumatisierung vorlag!

Man kann das gar nicht deutlich genug sagen: Egal welcher seelische Schmerz uns im Leben einmal widerfährt – er beeinflusst uns nur dann nachhaltig, wenn wir etwas Ähnliches schon einmal in der Kindheit erlebt und nicht verarbeitet haben. Es gibt Menschen, die haben Krieg und Folter, Verbrechen oder Lebensgefahr erlebt und dennoch keine sonderlichen Einschränkungen ihres Verhaltens davongetragen. Andere wiederum machen ähnliche oder längst nicht so tragische schmerzhafte Erfahrungen, leiden aber ein Leben lang darunter und waren fortan durch Ängste oder Krankheit im Leben eingeschränkt. Und genau solche Folgen von unverarbeiteten Traumen lassen sich mittlerweile verstehen, überwinden und mit der entsprechenden Methode wieder unschädlich machen. Man muss nur die stressbehafteten Ereignisse aus der frühen Kindheit entdecken, sie anschauen – und das ist eben das Neue, das Ungewöhnliche: diese dann auch emotional umdeuten. Was genau macht krank – aber warum nicht jeden? Wie kann man wieder ein normales, gesundes Leben führen? Dass es sich lohnt, diesen Fragen nachzugehen … Das soll sich herumsprechen.

Gestützt wird diese These der emotionalen Gewichtigkeit frühkindlicher Erlebnisse durch die Grundlagenforschung verschiedener Entwicklungstheoretiker. Sicherlich einer der bekanntesten ist der Pionier der Entwicklungspsychologie, der Schweizer Psychologe Jean Piaget (1896–1980). In seinem theoretischen Modell der kognitiven Entwicklung beschreibt er, dass ein Kind vor dem zweiten Lebensjahr noch nicht in der Lage ist, Gegenstände außerhalb seines Sichtfeldes zu vermuten. Es hat keine sogenannte Objektpermanenz, das bedeutet, das Kind lebt nach dem Schema: »aus den Augen, aus dem Sinn«. Im Umkehrschluss heißt das aber: Was erlebt wird, wird als permanent präsent empfunden. Alles Erlebte aus dieser Zeit wird allerdings nicht rational in der Ratio, sondern im verborgenen Unterbewusstsein, dem emotionalen Gedächtnis, der Emotio wahrgenommen und abgespeichert. Ein Kind in dem Alter nimmt seine Umwelt rein emotional wahr – nicht rational. Was man darunter genau versteht und welchen Unterschied das macht, dazu komme ich gleich noch.

Da Gefühle stets als gegenwärtig empfunden werden, glaubt ein Kleinkind, seine Erlebnisse dauerten ewig – es kennt noch keine Zukunft, kein Vergehen, kein Abwarten. Deshalb weinen Kinder auch oftmals so herzzerreißend, wenn ihnen etwas Angst macht oder wehtut. Wenn eine Mutter zu ihrem zweijährigen Kind sagt: »Mami kommt gleich wieder«, und das Kind beim Verlassen des Raumes und beim Schließen der Tür dann aus Leibeskräften brüllt, kann sie sicher sein, dass sie bei ihrem Kind wahrscheinlich ein Trennungstrauma angetriggert hat.

Kinder glauben, ein solcher Stresszustand bliebe für ewig. Hierdurch können Verhaltensmuster gebildet werden, die ein Leben lang aufrechterhalten bleiben können. Dies bedeutet: Macht ein Kind innerhalb genau dieser drei Jahre traumatische Erfahrungen – dazu gehören bereits Schwangerschaftsund Geburtskomplikationen genauso wie frühkindliche Krankenhausaufenthalte oder schmerzhafte Erlebnisse –, so bildet sich hierdurch beim Kind eine besonders hohe Sensibilität für potenzielle Gefahrensituationen aus. Hier liegt der Ursprung von Traumatisierungen und deren Auswirkungen. Nicht später! In den Wochen um die Geburt herum ist die Empfindlichkeit für empfundene Lebensgefahr am höchsten!

Gefahren haben deshalb generell in unserer Wahrnehmung einen höheren Stellenwert als gute Nachrichten, weil ein Mensch ohne besondere Positivmeldungen zumindest überleben kann – in Gefahr ist dies rasch fraglich. Stress ist viel relevanter als Glücksgefühle. Wenn ich Ihnen beispielsweise einen Strauß Blumen überreiche, so ist das vielleicht für Sie angenehm, wenn Sie aber zugleich Ihre Hand auf einer heißen Herdplatte liegen haben, worum kümmert sich Ihr Gehirn wohl als Erstes? Sicher nicht um die schönen Blumen. Es gilt, den Schmerz zu vermeiden und nicht, die Blumen in Empfang zu nehmen. Das Gehirn will Stress vermeiden und verzichtet hierfür sogar auf Glücksgefühle. Handelt es sich bei dem Geschenk allerdings nicht um einen Strauß Blumen, sondern um einen Koffer mit zehn Millionen Euro, so sieht die Sache schon wieder etwas anders aus. Die Aussicht, einen Großteil vom »Lebensstress« loszuwerden, kann den Schmerz in den Fingern für eine kurze Zeit überwiegen und diesen nachgeordnet erscheinen lassen. Man könnte auch sagen, der Mensch nimmt immer das geringste Übel in Kauf, um den größten Stress zu vermeiden.

»Sobald man sich seine Befürchtungen bewusst gemacht hat, kann man entscheiden«, so schrieb eine von mir ausgebildeten Trainerin in einem Online-Forum, über den Grund, warum ihr eine Verbrühung nichts anhaben konnte: »Ich habe mir eben kochend heißen Sirup über die Hände gegossen. Aber weil es mir wichtiger war, die Einmachgläser zu sterilisieren, habe ich es dem untergeordnet, und es ist nichts passiert! Gar nichts! Es tat nicht weh, war nicht rot, es gab keine Blasen, nichts! Es ist tatsächlich eine Entscheidung …«

Eine andere Leserin fragte daraufhin: »Das ist doch nicht normal, heiß ist heiß! Aber es soll ja Menschen geben, die über Glasscherben oder heiße Kohlen laufen. Die sollen mal sagen, wie das funktioniert …«

Emotionale Prioritäten kann man mit einer rationalen Entscheidung verändern. Nun geht es uns ja meist nicht um eine heiße Herdplatte oder ein paar Einmachgläser, sondern um chronischen Stress, an den man sich schon etwas gewöhnt hat. Krankheit, Schulden, Einsamkeit, solche Dinge kann man sehr lange aushalten – und versucht eben dadurch, Schlimmeres zu vermeiden. Das erklärt auch, warum es Menschen gibt, die trotz andauernder medizinischer Behandlung und großen Leidensdrucks nicht gesund werden. Es gibt meist etwas, das dem Betroffenen noch viel schlimmer erscheint als sein Symptom – selbst, wenn dies sogar zum Tode führen kann. Natürlich ist dieses größere Übel vollkommen unterbewusst, sonst könnte man sich ja bewusst dagegen entscheiden. Aber genau das ist ja das große Rätsel für viele Ärzte und Therapeuten, wenn es um chronische oder wiederkehrende Krankheiten geht. Trotz bester Behandlung und Medikation verbessert sich der Zustand des Patienten kaum oder verschlimmert sich sogar noch. Wenn wir nicht als Ursache rein körperliche Organschädigungen haben, wie durch Vergiftungen oder Verletzungen, liegt die schlechte Behandelbarkeit meist daran, dass entweder die Behandlung oder das Gesundwerden von Patientin und Patient unterbewusst als noch viel schlimmer als sein Symptom erachtet wird. Ein Körper versucht, zeit seines Lebens zu gesunden. Würde man dem Betroffenen dazu verhelfen, sich bewusst zu machen, was er befürchtet, und zudem dafür sorgen, dass er eine Lösung für den Umgang damit findet, so verschwänden seine Symptome in der Regel.

Die kognitiven Fähigkeiten, die uns Menschen so erfolgreich Erlebtes verarbeiten lassen, entwickeln sich also erst rund zwei Jahre nach der Geburt, aber dennoch – und das ist das Tragische – merkt sich das kindliche Gehirn alles, was es erlebt, und es vergisst nichts – erst recht nicht die Angst machenden Dinge! Im Zeitraum von rund drei Monaten um die Geburt herum scheint die Sensitivität für Traumatisierungen so ausgeprägt zu sein, dass wir meist hier die Ursprünge der chronischen Störungen finden. Eine Zeit, in welcher der kleine Mensch sich völlig ausgeliefert fühlt und besonders viel Schutz bräuchte. Schutz, nicht im Sinne von Wattebäuschchen und Ponyhof – das Leben hat immer Herausforderungen, da kommen wir alle nicht drumherum –, sondern Schutz im Sinne von Hoffnung, von »alles wird gut«. Keine Dauersorgen, sondern das gute Gefühl, dass die Tiefen des Lebens immer ein Happy End haben werden. Das schafft Vertrauen und letztlich Stressresistenz!

Geburtsstress kann somit als hauptsächliche Ursache für spätere Symptome gesehen werden. Prokrastination, das pathologische Aufschieben von zu Erledigendem, wie etwa Prüfungsvorbereitungen oder Hausarbeiten, ist in einer Vielzahl von Fällen tatsächlich darauf zurückzuführen, dass der Betroffene während Schwangerschaft oder Geburt das Gefühl von »Nötigung« durch Wehen auslösende Mittel, geplanten Kaiserschnitt vor Geburtsreife, Frühgeburt durch mütterlichen Stress oder Ähnliches verspürt hatte. Man könnte sagen, das Unterbewusste signalisiert mit der Aufschieberei: »Drängt mich nicht, lasst mir meine Zeit!«

Ich habe Dutzende von Fällen erlebt, wo dieses lästige Symptom wie von selbst verschwand, nachdem wir den Geburtsvorgang emotional noch einmal gedanklich durchgegangen sind – aber diesmal mit der Reife eines Erwachsenen. Ebenso das umgekehrte Phänomen, wenn Menschen stets und ständig überpünktlich sind. Zwar ist das gesellschaftlich unauffällig oder sogar erwünscht, aber oftmals steckt da die Angst, zu spät zu kommen, beziehungsweise die Angst, aufgehalten zu werden, dahinter. Dies ist ebenfalls oft auf ein Geburtstrauma zurückzuführen, meist eben, weil das Kind trotz Geburtsreife aus irgendeinem Grunde nicht geboren wurde. Ich kenne Geschichten von hochschwangeren Frauen, denen der Muttermund zugenäht wurde, nur weil der Arzt der Ansicht war, das Baby hätte »noch Zeit«. Wie fühlt sich wohl ein Baby, das aufgrund von Stress und Sauerstoffmangel versucht, Geburtswehen auszulösen, und dann tagelang nicht weiterkommt? Was, glauben Sie, macht das mit einem Kind?

So können Depressionen und Introvertiertheit ebenfalls ihren Ursprung bereits vor der Geburt haben. Eine ungewollte Schwangerschaft, vielleicht sogar mit Abtreibungsgedanken, einhergehend mit der negativen Reaktion der Mutter auf die Bewegungen ihres Kindes, kann bei diesem die Schlussfolgerung erzeugen: »Wenn ich mich bemerkbar mache, gibt es Stress.« Babys von Müttern, die das Kind »eigentlich gar nicht sehen wollen«, etwa weil es unfreiwillig gezeugt ist oder sich die familiären Bedingungen zum Ungünstigen verändert haben, haben oft einfach nur gelernt, dass sie besser nicht in Erscheinung treten sollten. Hier bedeutet »Sichtbar-Sein« das Gefühl von Lebensgefahr.

Wenn Sie also schwanger sind, dann seien Sie als Mutter vorsichtig mit dem, was Sie dem Kind gegenüber empfinden, und dem, was Sie überhaupt empfinden. Das Beste wäre, Sie vermeiden dauerhafte Angst machende Situationen während der gesamten Schwangerschaft. Kurzzeitige Stresssituationen, die rasch verarbeitet werden, können hingegen sogar förderlich für die Entwicklung von Intelligenz und Zuversicht des Kindes sein. Doch leider ist chronischer Stress, also das Gefühl, mit schwierigen Situationen dauerhaft belastet und dementsprechend überfordert zu sein, in unserer Gesellschaft üblich. Ist der Stress extrem, kann das sogar das Kind gefährden! So sind in den späten Kriegsjahren in Deutschland nach Fliegerangriffen oftmals Kinder durch die Wehen auslösende Angst ihrer Mütter vorzeitig geboren. Viele dieser ehemaligen Kriegsfrühchen hatte ich in meiner Praxis – sie hatten allesamt Angst vor Kontrollverlust und ein generelles Misstrauen ins Leben.

Allein die Besorgnis eines Arztes kann eine junge Mutter derart unter Stress setzen, dass dies zu vorzeitigen Wehen führt. Wenn eine werdende Mutter hört: »Ich glaube, Ihre Blutgruppe verträgt sich nicht mit der Ihres Babys«, »Die Herztöne Ihres Kindes gefallen mir gar nicht«, »Sie sind mit Ihren neununddreißig Jahren eine Spätgebärende« und so weiter, kann die Angst der Mutter um die Gesundheit des Kindes beim Baby eine solche Unruhe auslösen, dass dieses sich mehrfach herumdreht und sich dabei die Nabelschnur um den Hals wickelt. Durch die erschwerte Sauerstoffzufuhr gerät der Fötus dann erst tatsächlich in Lebensgefahr. Ohne Besorgnis wären viele Dinge oftmals unproblematischer. Iatrogen ist der Fachausdruck für »vom Arzt erzeugte Probleme«, und die sind leider nicht selten. So schreibt das deutsche Ärzteblatt, dass rund ein Drittel aller Todesfälle nach Krebs und Herzerkrankungen vom Arzt verursacht sind.4 Dabei ist die Dunkelziffer aufgrund der tödlichen Therapienebenwirkungen und der negativen Suggestionswirkungen, wie etwa der Nocebo-Effekt, noch unberücksichtigt. Auch das lässt sich erklären, wenn man zugrunde legt, dass viele Menschen in der Kindheit angstvoll lernen: »Eine Autorität zu kritisieren gibt Ärger.« Autoritätshörige neigen zum Konformismus, also glauben diese Menschen künftig dem Arzt, Lehrer, Pastor und Polizisten alles Mögliche, Hauptsache, sie bekommen »keine Schimpfe«, weil sie eine Meinung hinterfragt haben – Erziehung kann also sogar tödlich sein.

Ursache oder Auslöser?

Viele Menschen sind zunächst überrascht, wenn ich ihnen erkläre, dass sie als Kind in den ersten drei Jahren des Lebens ab Zeugung Erlebtes rein emotional erfahren haben und daher keinerlei zeitliches Einordungsvermögen hatten. Die Konsequenz, dass Bedrohliches als »Situation von ewiger Dauer« abgespeichert wird und somit ein Angstmuster erzeugen kann, verblüfft viele, ist aber eine logische Erklärung, warum ein scheinbar harmloser Trigger einen solch überraschend großen Effekt haben kann und warum durch die emotionale Neubewertung des Ursprungs der Betroffene plötzlich in vielerlei Hinsicht stressfester wird.

Daher empfiehlt es sich, immer zu schauen, was die Ursache war und was der Auslöser.

Da dieses Urtrauma vom Kind als bedrohlich bewertet und im Unterbewusstsein abgespeichert wird, kann es ein Leben lang durch entsprechende Trigger aufgerufen werden. Damit werden tatsächlich ähnliche Gefühle ausgelöst wie damals während des Ursprungserlebnisses. Ein Erlebnis, welches den gleichen formalen Kriterien entspricht wie die allererste erlebte Erschütterung der Sicherheit, das Urtrauma, kann ein solches, verschüttetes Trauma »antriggern«, also wachrufen und damit das seit Jahren angelegte Angstmuster zum Ausbruch bringen. Daher fürchten sich Kinder oftmals in Situationen, in denen Erwachsene keinerlei Gefahrenanzeichen wahrnehmen können. Kinder haben, wenn sie klein sind, einen völlig anderen Erlebnishorizont als Erwachsene. Und den »Großen« kann es sicherlich manchmal schwerfallen, diesen nachzuvollziehen. »Stell dich nicht so an, das ist doch nicht schlimm!«, hören Kinder dann in Situationen, die bei ihnen die unterbewusste Erinnerung an eine erlittene Katastrophe auslösen.

Viele Jahre später arbeitet das unterbewusste Muster zur Gefahrenabwehr noch immer zuverlässig und erzeugt bei einem Erwachsenen die gleichen körperlichen Angstgefühle wie damals in der Kindheit. Und wieder hören die Betroffenen von gut meinenden, aber verständnislosen Angehörigen: »Reiß dich doch endlich mal zusammen!«, und kaum einer sieht, dass nicht der Trigger das Problem ist, sondern die Gefühlserinnerung, die dieser auslöst.

Doch genau das ist der Grund, warum Freunde, Angehörige und manchmal auch Therapeuten so ratlos sind, wenn sie sehen, wie bei einem erwachsenen Menschen durch einen harmlosen Fahrstuhl, eine bevorstehende Flugreise, eine Spinne oder einen Zahnarzttermin eine überschießende Panikreaktion ausgelöst wird. Ein Erwachsener empfindet Situationen mit einem ganz anderen kontextuellen Verständnis als ein Kleinkind – er weiß, dass Dinge einfach wieder vorbeigehen und man sie zur Not auch einfach aushalten kann. Ein Kind weiß das nicht. Dinge, bei denen ein Erwachsener nur gelassen mit den Achseln zuckt, erscheinen einem Kind wie eine lebensbedrohliche Katastrophe – und umgekehrt: Dinge, bei denen ein Kind glaubt, sein Leben sei nun zu Ende, empfindet ein Erwachsener als überschaubare Lappalie. Und genau das ist ja auch unsere Chance, die darauf fußenden stressbedingten Symptome wieder abklingen zu lassen, denn eigentlich ist die Ursache, so tragisch sie gewesen sein mag, ja längst überstanden, und sie wird sich meist in dieser Form nicht wiederholen können. Und selbst wenn: Angst und Krankheit schützen ja auch nicht davor.

Wir brauchen also eigentlich nur das Ursprungstrauma entdecken und mit der Reife eines Erwachsenen emotional neu zu bewerten.

Da die Logik der Symptome aber auf der geringen Reife und der Ohnmacht eines Säuglings oder Kleinkindes basiert, welches sich vor der Wiederholung einer Traumatisierung schützen will und dieses Schutzmuster folglich im Unterbewussten schafft, wird ein Symptom immer deutlicher und stärker, je öfter die zu vermeidende Befürchtung eintritt. Je öfter ein Mensch re-traumatisiert wird, desto schlimmer wird seine daraus resultierende Symptomatik, einfach weil jede Bestätigung der Ursprungsgefahr das Wahrnehmungsmuster festigt (siehe Grafik auf Seite 45).

Es heißt zwar, die Zeit heilt alle Wunden, doch die blockierenden Erlebnisse der Kindheit können nicht mit Abwarten, sondern nur mit der Erkenntnis über alternative Möglichkeiten überwunden werden! Wenn man beim Menschen einfach nur Symptome dämpft, befürchtet dieser unterbewusst den Verlust seines Schutzkonzeptes – und das Symptom wird verschlimmert! Die sogenannte »Erstverschlimmerung«, die man von der Heilpraktiker-Behandlung her kennt, wird oftmals als therapeutischer Volltreffer angesehen. Die anschließende Heilung folgt dann wohl automatisch. Ich stimme dieser Sichtweise nicht zu. Für mich steht bei der sogenannten Erstverschlimmerung fest: »Ursache erkannt, Lösung fehlt.« Warum die Lösung noch nicht umgesetzt wird, kann durchaus sehr verschiedene Gründe haben. Manchmal müssen beispielsweise erst massiv die Lebensumstände verändert werden (berufliche, partnerschaftliche oder familiäre Situationen), damit ein Symptom von selbst abklingen kann. Auch die Erfahrung, dass die Ursache im Alltag keine besondere Gefahr darstellt, muss ja zunächst einmal vom Betroffenen festgestellt werden. Das kann durchaus ein paar Tage oder gar Wochen dauern. Solange die Symptomalternative dem Patienten noch als »großer Widerstand« erscheint, bleibt er selbstverständlich noch beim alten krank machenden Muster. Eine »Erstverschlimmerung« ist also im eigentlichen Sinne keine Verschlimmerung, sondern nur das Durchbrechen der aufgestauten und verdrängten Emotionen, die dann mit voller Wucht Stressreaktionen, also Symptome, erzeugen. Oftmals klingen diese Reaktionen dann nach kurzer Zeit ab und kommen auch nicht wieder. Alles, was bewusst ist, kann den Körper nicht mehr krank machen, alles, was als größter Widerstand erachtet wird, wird vermieden.

Wenn ein Mensch sich mit dem unterbewussten permanenten Einziehen seines Kopfes zwischen den Schulterblättern vor Bedrohung durch Autoritäten zu schützen versucht, können die Nackenmuskeln chronisch verspannen, und daraus resultierende Schmerzen werden immer größer, je öfter er sich durch entsprechende Mustervertreter der Urautorität bedroht fühlt. Nimmt die Patientin oder der Patient nun Schmerzmittel, wird sie oder er bei entsprechender Re-Traumatisierung keinen natürlichen, schmerzbedingten Schutz vor übersteigerter Muskelkontraktion verspüren und infolgedessen die Muskeln überdehnen und die Kontraktionen auf andere Muskelgruppen im Hals- oder Schulterbereich ausweiten – bis letzten Endes der ganze »Buckel krumm wird«. Ich hatte einen Klienten, bei dem genau dies beobachtbar war. Erst als die Angst vor Ablehnung durch Autoritäten, seine eigene Ehefrau war der Trigger, aufgelöst war, entspannte sich die Muskulatur, der Schmerz verschwand, und die Körperhaltung normalisierte sich wieder etwas.

Die große Besonderheit eines erfolgreichen Coachings besteht darin, die kausale Ursache herauszufinden. Das folgende Beispiel zeigt, wie schnell man übersehen kann, worin das wirkliche Problem begründet ist.