Wild und Wunderbar (3). Freundinnen sind die besseren Schwestern - Ilona Einwohlt - E-Book

Wild und Wunderbar (3). Freundinnen sind die besseren Schwestern E-Book

Ilona Einwohlt

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Beschreibung

Ein Buch wie Sommerferien mit der besten Freundin: turbulent, aufregend und unvergesslich! Linn und Shark sind als beste Freundinnen unzertrennbar. Doch kurz vor den Sommerferien herrscht bei Linn zuhause Familien-Patchwork-Chaos und Linn weiß nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Shark dagegen hat Angst, dass in Linns Leben kein Platz mehr für sie ist. Kurzerhand nehmen die beiden Freundinnen Reißaus - und ein wilder, wunderbarer Roadtrip in die Berge beginnt! Eine Reise ohne Ziel und Plan, aber mit der besten Freundin im Gepäck. Am Ende dieses unvergesslichen Sommers sind sich die beiden einig: Das einzige, was noch besser ist als eine beste Freundin, ist eine beste Freundin, die zur Schwester wird! Der dritte Band der neuen Reihe von Mädchen-Expertin Ilona Einwohlt. Für alle Mädchen ab 11 Jahren, für beste Freundinnen und ihre Mamas! Ein Freundschaftsgeschichte für starke Mädchen, und darüber hinaus vollgepackt mit Gedichten, Songtexten, Rezepten und Bastelideen zum Nachmachen - ein Buch wie ein selbstgebasteltes Geschenk von deiner besten Freundin! Ein Buch für alle, die zusammen mit ihrer besten Freundin unschlagbar sind! Alle Bände der Reihe: Wild und wunderbar. Zwei Freundinnen gegen den Rest der Welt (1) Wild und wunderbar. Gegensätze halten zusammen (oder?) (2) Wild und wunderbar. Freundinnen sind die besseren Schwestern (3) Alle Bände können unabhängig voneinander gelesen werden.   Ilona Einwohlt wollte eigentlich Ernährungswissenschaftlerin werden. Aber dann las sie mitten in einer Chemievorlesung "Das andere Geschlecht" von Simone de Beauvoir - und widmete sich fortan der Literatur, insbesondere der für Mädchen und Frauen. Längst ist aus der Germanistikstudentin eine erfolgreiche Autorin geworden, die genau die Sprache der Mädchen trifft und Themen behandelt, die sie wirklich interessieren. Ilona Einwohlt, Jahrgang 1968, lebt mit ihrer Familie in Darmstadt.

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Seitenzahl: 239

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Ilona Einwohlt

Wild und Wunderbar

Freundinnen sind die besseren Schwestern

In der Reihe Wild und Wunderbar von Ilona Einwohlt sind im Arena Verlag bisher erschienen:

Wild und Wunderbar. Zwei Freundinnen gegen den Rest der Welt (Band 1)Wild und Wunderbar. Gegensätze halten zusammen (oder?) (Band 2)Wild und Wunderbar. Freundinnen sind die besseren Schwestern (Band 3)

Ilona Einwohlt wollte eigentlich Ernährungswissenschaftlerin werden.

Aber dann las sie mitten in einer Chemievorlesung »Das andere Geschlecht« von Simone de Beauvoir – und widmete sich fortan der Literatur, insbesondere der für Mädchen und Frauen. Längst ist aus der Germanistikstudentin eine erfolgreiche Autorin geworden, die genau die Sprache der Mädchen trifft und Themen behandelt, die sie wirklich interessieren. Ilona Einwohlt, Jahrgang 1968, lebt mit ihrer Familie in Darmstadt.

 

1. Auflage 2019

© 2019 Arena Verlag GmbH, Würzburg

Alle Rechte vorbehalten

Coverillustration und Vignetten: Inka Vigh

Das Liebesbrief-Ei, S. 136: © Janosch film & medien AG, Berlin

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

E-Book ISBN 978-3-401-80859-8

Wir danken für die freundliche Genehmigung zum Abdruck der zitierten Texte. Sollten trotz intensiver Nachforschungen des Verlags Rechteinhaber nicht ermittelt worden sein, so bitten wir diese, sich mit dem Verlag in Verbindung zu setzen.

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Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Epilog

Shark und ich wurden Schwestern, als wir dem Schmetterling hinterherliefen. Wir waren am Bergsee zum Schwimmen gewesen und lagen gemütlich auf unserer Picknickdecke, als sich dieser atemberaubend schöne Falter einfach auf Sharks Nase setzte. Sie schielte entsetzlich, um ihn besser betrachten zu können, ich wollte Sharks Handy zücken, um den Moment nicht zu verpassen. Es war ein Schwalbenschwanz, wie aus dem Biobuch gezeichnet, und unser Lehrer Doktor Specht wäre ganz bestimmt sehr stolz auf mich gewesen, dass ich das wusste. Er konnte ja nicht ahnen, dass wir seit einiger Zeit gezwungenermaßen mit der Natur auf Du und Du lebten und mittlerweile die Schautafeln auf den Wanderwegen vor lauter Langeweile auswendig konnten. Weil es hier oben in der Ruhe der Bergwelt keinen Empfang gab und wir unsere Smartphones getrost offlinelassen konnten. Kein Spotify, kein Netflix, adieu du zivilisierte Welt! Dafür Natur pur, von der Ameise bis zur Echse, vom Kaninchen bis zum Steinbock, vom Käfer bis zum Wolf, die komplette Arche Noah, von all den Enzianen und Alpenveilchen ganz zu schweigen.

Jetzt also saß ein Schwalbenschwanz auf Sharks Nasenspitze, breitete seine fein gemaserten Flügel aus und ließ sich die Sonne auf den Pelz scheinen. Ganz vorsichtig tastete ich nach Sharks Handy. »Beweg dich nicht!«, flüsterte ich Shark zu, um den Schmetterling bloß nicht zu erschrecken. Besaß der überhaupt Ohren, um mich zu hören? »Beeil dich!« Sharks Mundwinkel zuckten verdächtig, ihre Nasenflügel bebten und eine karierte Haarsträhne wehte ihr ins Gesicht.

»Ich gebe alles!«, behauptete ich, bewegte mich raupengleich Richtung Rucksack und streckte die Hand aus. Noch fünfzig Zentimeter, noch dreißig, noch …

Und da passierte es: Mit einem lauten »Hatschiiii!« prustete Shark los, der Schwalbenschwanz flatterte auf und davon und das war’s dann mit der Bergidylle am See. Mit einem Satz sprang sie auf und wetzte dem Schmetterling hinterher, ich natürlich auch, das Handy im Anschlag. Ich filmte die aufregende Szene mit der einen Hand, während ich mit dem anderen Arm versuchte, mich auszubalancieren. Kein leichtes Unterfangen beider steilen Steigung, immer wieder geriet ich aus dem Gleichgewicht, immer wieder strauchelte ich. Wir liefen über Stock und Stein, schnaufend die Anhöhe hoch und der Schmetterling flatterte munter von links nach rechts und von rechts nach links, blieb mal hier auf einem Ast, mal dort auf einer Blume sitzen, Blumenhopping nennt man das wohl. Niemals lange genug, um ihn zu knipsen, und erst recht nicht so, dass wir Luft holen konnten. Irgendwann blieb er endlich sitzen, breitete seine Flügel aus und ließ sich ausgiebig bewundern. Vielleicht hatte er auf den passenden Moment gewartet – Sharks Nase in Ehren, aber eine Blume war selbstredend der bessere Hintergrund –, vielleicht auf die richtigen Lichtverhältnisse. Mit so einem Foto würde ich den 1. Preis bei einem Fotowettbewerb gewinnen. Vielleicht aber auch nur auf seinen Kumpel Onkel Steinbock gewartet, der genau in diesem Augenblick angaloppiert kam.

Mir fiel vor Schreck das Handy aus der Hand. Was wollte der?

»Oh nein!« Sharks entsetzter Schrei hallte mir in den Ohren, ich erwischte einen panischen Blick aus ihren Augen, während sie auf dem Absatz kehrtmachte und hast-du-was-kannst-du davonflitzte. Offensichtlich fand der Steinbock Shark ganz besonders interessant, denn die jagte er jetzt munter vor sich her, den Berg hinunter. Das sahso urkomisch aus, dass ich mich vor lauter Lachen auf den Hosenboden setzte und vergaß, das Spektakel zu filmen. Als Shark dann aber ausrutschte und mit einem astreinen Purzelbaum den Hang hinunterkullerte, sprang ich schnell auf, um ihr zu helfen. So eilig, dass ich mich selbst mit der freien Hand auf einem Stein abstützen musste, um nicht ebenfalls hinzufallen, und mir dabei die Hand aufschürfte.

»Sieht man dich auch mal!«, empfing mich Shark, halb lachend, halb weinend, als ich sie endlich erreichte und ihr mit meiner ausgestreckten Hand auf die Beine half. Sie klopfte sich gerade die Steine vom Rock.

»Hast du dir wehgetan?«, fragte ich und deutete auf ihre Hand, eine fiese Schramme blutete heftig.

»Du dir aber auch! Zeig her.« Shark grinste ihr unwiderstehliches Shark-Grinsen, bevor sie nach meinen Händen griff und meine Verletzung begutachtete, die ich mir bei meinem Sturz zugezogen hatte.

Und dann, ohne ein weiteres Wort zu sagen, drückte sie ihre Handfläche gegen meine, unsere Finger umklammerten sich feste. Wir schauten uns tief in die Augen. Ich konnte die Wärme ihrer Hand spüren, die Lebendigkeit ihres Pulses. Es war, als schwappten ihr Lachen, all ihre Leichtigkeit und ihre verrückten Gedanken zu mir.

»Jetzt sind wir richtige Schwestern«, flüsterte sie und beinahe hätte ich angefangen zu heulen. Weil die Schürfwunde brannte. Weil ich so froh war, dass Shark bei mir war. Und weil ich mir immer eine Schwester gewünscht hatte.

»So ein Glück!« Lachend umarmte ich sie und deutete auf den Steinbock, der in sicherer Entfernung von uns seelenruhig graste, als wäre nichts geschehen.

»So ein Glück!« Shark drückte mir einen Kuss auf die Wange.

Shark hieß in Wirklichkeit Sophie Hyazinth Amanda Ricarda Kornelius. Und eigentlich ging es in unserer Freundschaft nie um Steinböcke oder Schmetterlinge, sondern immer nur um Fische. Warum, erzähle ich dir in dieser Geschichte.

1

Da geh ich nicht rein, niemals!« Shark hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte angewidert in die grüne Brühe zu ihren Füßen, die gestern noch ein kristallklarer Badesee gewesen war. Die Sonne stand mittagshoch am Himmel und brannte Löcher ins Gras und auf die Haut, wenn man sie nicht ausreichend schützte.

»Ach, komm schon, wenn es gefährlich wäre, würden die anderen auch nicht reingehen. Die haben doch alle Spaß, oder?« Ich deutete auf die vielen tobenden Kinder, die sich das Wasser gegenseitig um die Ohren spritzten und um die Wette schwammen. Wenn ich ehrlich war, fand ich mich nicht sehr überzeugend, ich hatte selbst gerade mal meinen großen Zeh in das pipiwarme Nass gesteckt und schon das kostete mich große Überwindung.

Wenn du wie ich einen kleinwüchsigen Bruder hast, bei dem du dich ständig um seine Gesundheit sorgen musst, wirst du mehr als übervorsichtig mit Keimen und Bakterien. Und dass diese warme Suppe zu meinen Füßen das Paradies für Mikroben aller Art war, wusste ich selbst mit einer Vier minus in Biologie. Das gab Hautausschlag, Durchfall und Pickel. Mindestens. Das Gesundheitsamt hatte keine Bedenken und den See freigegeben. In Algen zu baden, soll ja sogar gesund sein, machten Japanerinnen und Beautyqueens schließlich auch. Vielleicht war es ja doch nicht so schlimm.

Baden auf eigene Gefahr, stand trotzdem auf einem Schild. Mussten die einen ständig daran erinnern, dass man für sein Leben selbst verantwortlich war?

Mama hatte seit Neuestem auch diesen Tick. Statt mir Dinge zu verbieten – Schule schwänzen, Hotpants tragen, Dauerdaddeln –, hielt sie mir endlose Vorträge über die Konsequenzen im Allgemeinen und im Besonderen (»Ohne Schule kein Job, kein Geld.«), ermahnte mich zur Vorsicht (»Du sendest die falschen Signale.«) und appellierte an meinen gesunden Menschenverstand (»Sechs Stunden online sind nicht gut für Geist, Körper und Seele.«). Konnte sie mir das nicht einfach alles verbieten wie andere Mütter auch? Etwa so: »Nein, basta, Schluss, das machst du nicht!«

Ich fand das anstrengend, immer selbst entscheiden zu müssen, was für mich richtig war und was nicht, ich war doch erst vierzehn. Gleichzeitig war ich froh darüber, dass meine Mutter seit einiger Zeit nicht mehr die verbissene, sauertöpfische Lehrerin Frau Grüner war, bei deren Anblick man allein von ihren herunterhängenden Mundwinkeln schlechte Laune bekam. Mama war nämlich frisch verliebt und schwebte seitdem wie ausgewechselt auf Wolke sieben. Zudem hatte sie ihre ehemals beste Freundin wiedergetroffen und einen alten Streit beigelegt. Es war, als hätte sich meine Mutter neu erfunden. Vielleicht lag es an Ole, der sie mit Komplimenten und verliebten Blicken überhäufte, vielleicht lag es an ihrem Yogakurs, den sie seit Neuestem besuchte. Vielleicht aber auch daran, dass mein Bruder Oskar zwei Zentimeter gewachsen und ohne Schmerzen war. Die durchwachten Nächte an seinem Bett, die vielen Arztbesuche und Sorgen schienen endlich der Vergangenheit anzugehören und das machte natürlich unser aller Leben leichter. Allen voran Oskars, der endlich mit seinen Kumpels kicken und klettern konnte, wie es sich für einen Elfjährigen gehörte.

»Lass uns lieber ein Eis holen gehen«, meinte Shark mit Blick auf das Schild und drehte sich entschlossen um.

»Schon wieder?«, fragte ich. Es war keine zehn Minuten her, da hatte ich meine klebrigen Hände in der Wiese abgewischt, weil meine zwei Kugeln Pfirsich-Aprikose bei dieser Sommerhitze im Nullkommanichts an der Waffel wie Schmelzwasser hinuntergetropft waren, dass ich mit dem Schlecken kaum hinterherkam. Wie gesagt, es war für unsere Breitengrade unverhältnismäßig heiß. Der Klimawandel demonstrierte, dass er recht hatte.

Eigentlich hätte dieser Sommer deswegen auch sehr cool (haha!) sein können. Aber durch die Dauerhitze schwitzten sich alle halb tot – der Eismann beim Eisverkaufen, die Busfahrerin beim Busfahren, die Bauarbeiter beim Häuserbauen. Nur die Manager in ihren klimaanlagengekühlten Räumen nicht. Und wir Schülerinnen und Schüler nicht, weil wir eine Dauerkarte fürs Schwimmbad hatten. Einziger Haken an der Sache: Dort war es so voll wie in China am Strand, mehr Stehen als Schwimmen, Wasserschlachten, Tauchen oder Tunken konntest du glatt vergessen. Und wer nicht im Becken stand, der lungerte unter den Duschen herum oder vorm Kiosk, um Pommes zu kaufen. Schließlich gehörten Schwimmbadpommes zum Sommer wie Schweißflecken unterm Shirt. Obwohl die nette Ständchenfrau alles gab, kam sie mit der Pommesproduktion kaum hinterher.

Weil das Schwimmbad hoffnungsvoll überfüllt war, waren Shark und ich heute an den Baggersee geradelt, in der Hoffnung, im kalten Nass Erfrischung zu finden. Aber Pustekuchen! Hier waren vielleicht weniger Badegäste unterwegs, dafür wimmelte es im See von Algen und sonstigen Schwebeteilchen, die einem hinterher unterm Bikini an der Haut klebten. Von all den Enten und ihren flatschigen Hinterlassenschaften auf der Wiese ganz zu schweigen.

Also liefen wir zum Eiswagen von Oma Friedel und stellten uns in einer ewig langen Schlange an, weil sich natürlich alle bei der Hitze ihr drittes Eis kauften.

»Ist das öde!«, seufzte ich, als wir später auf unseren Handtüchern schmorten. Wir hatten zwanzig Minuten angestanden, um innerhalb von dreißig Sekunden unser Eis zu kaufen, das wir dann in weniger als drei Minuten hinuntergeschleckt hatten.

»Mmh«, antwortete Shark, die sich mittlerweile ihren Strohhut ins Gesicht gezogen hatte.

»Voll langweilig!« Suchend schaute ich mich um, in der Hoffnung, jemanden zu entdecken, der mir bekannt vorkam. Und wenn es Pia oder Vanessa aus unserer Klasse wäre. Aber wahrscheinlich waren sie alle mit ihren Eltern in den Sommerurlaub abgeflogen und lagen jetzt irgendwo am Strand oder am Pool.

»Total blöd, findest du nicht? Jetzt sag doch auch mal was!« Ich stupste Shark in die Seite, doch die war eingeschlafen. Vorsichtig zog ich sie mit dem Handtuch unter den Baum in den Schatten. Wenn sie nicht eingecremt war, würde es später ein knallrotes Erwachen geben …

Na super, dachte ich und zückte mein Smartphone. Alle hatten Spaß, nur ich nicht. Mama hatte mir natürlich verboten, mein Daddelding, wie sie es abfällig nannte, mit an den See zu nehmen, ich hatte es trotzdem getan. Dabei sollte man meinen, in Zeiten wie diesen wären die Eltern froh, wenn sie ihre Kinder rund um die Uhr erreichen konnten! Vanessa aus meiner Klasse hat erzählt, dass ihr Vater auf ihrem Smartphone eine Tracking-App installiert hat, damit er jederzeit nachprüfen kann, wo sie sich befindet. Ob meine Mutter ihre Aufsichtspflicht verletzt, wenn sie das nicht tut?!

Erwartungsvoll scrollte ich durch die Nachrichten, las zum wiederholten Male die von Elyas, in der er sich wortreich dafür entschuldigte, dass er sich nicht persönlich von mir in die Ferien verabschiedet hatte. Seine Eltern waren gemeinsam mit ihm, Baby Ibo und seiner Schwester Özge quasi über Nacht zum Familienbesuch in die Türkei aufgebrochen. Müßig zu erzählen, dass er überhaupt keine Lust dazu hatte und am liebsten hiergeblieben wäre. Bei mir. Ich seufzte. Ich vermisste meinen Freund schon jetzt, obwohl es gerade mal vierundzwanzig Stunden her war, dass er mir geschrieben hatte. Achtundvierzig, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten. Auf meine Frage, wann er denn wieder zurück wäre, hatte er noch nicht geantwortet.

Ich wollte gerade enttäuscht mein Handy in die Tasche werfen, da ploppte eine neue Nachricht auf. Von Ole. Ob er mich morgen gemeinsam mit Oskar zu einem Ausflug einladen dürfe? Schließlich hätten wir Ferien und er hätte da eine tolle Idee. Weil Shark immer noch tief schlief, tippte ich »Ja«. Langweiliger als der heutige Nachmittag konnte es nicht werden.

Pfirsich-Kjokos-Eis

Acht reife Pfirsiche häuten, entkernen und mit 100 g Rohrzucker und 400 ml Kokosmilch pürieren und über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen. Am nächsten Tag entweder in die Eismaschine geben oder im Gefrierfach fest werden lassen. Dabei immer mal wieder durchrühren.

Ole war ein echter Schatz, ein Hauptgewinn, der Sechser im Lotto, Highscore, Jackpot, alles auf einmal. Mittlerweile hatten Oskar und ich uns an ihn gewöhnt, er war aus unser aller Leben nicht mehr wegzudenken. Er hatte Mama eine Karte fürs Wellnessbad spendiert, wo sie sich nun im Whirlpool die Falten wegsprudeln ließ, während wir am nächsten Tag in seinem alten Cabrio über die Bundesstraße brausten. Der Fahrtwind wirbelte durch meine Haare und fühlte sich wunderbar kühl im Gesicht an. Sollte Shark nur weiter in ihrer Hängematte chillen, wie sie mir mehr oder weniger beleidigt angekündigt hatte, als ich ihr von unserem bevorstehenden Ausflug erzählte. Ich würde diesen großartigen Sommertag ganz bestimmt nicht verschlafen!

Shark war im letzten Jahr in der Wohnung unter uns eingezogen und lebte dort gemeinsam mit der zahmen Elster Pepper ganz alleine. Vom Jugendamt geduldet und missbilligend bewacht von unserem Hausmeister Pistorius, hatte sie die ehemalige 1-Zimmer-Wohnung ihrer Tante Tilda in ein blühendes Paradies verwandelt. Keine Ahnung, wie sie das machte, aber an den Wänden in der Küche wucherten wahlweise Bananen- oder Ananasstauden, blühten Tulpen oder rankten Efeu & Co. mit Blauregen um die Wette. Ich war gerne bei Shark zu Besuch, vor allem, wenn sie dann leckeren Kakao oder Zebrakekse servierte …

Heute aber hatte Shark keine Lust auf Action gehabt, genauer gesagt, hatte Ole sie auch nicht eingeplant. Was ungewöhnlich war, normalerweise war Shark bei unseren Familienausflügen sonst immer dabei.

»Wo fahren wir denn hin?«, wollte Oskar wissen. Er studierte eifrig Oles Navigationsgerät, doch das zeigte nur an, dass wir Richtung Westen ins Grüne fuhren, immer tiefer in den Wald hinein. Einen kurzen Augenblick, einen winzig kurzen Augenblick nur, musste ich an Hänsel und Gretel denken. Vielleicht wollte er uns loswerden und Mama ganz für sich. Sicherheitshalber ließ ich mein Handy an und schickte ein Snap an Shark.

»Lass dich überraschen!« Ole drehte das Radio auf. Helene Fischer, ausgerechnet! Atemlos durch den Wald, Hilfe. Ich verfluchte meine kaputten In-Ears und schickte ein Stoßgebet an den Gott der Sendemasten – und wurde erhört. Es knisterte, es knackte und statt Ohoh-Schabumm hörte man nur noch Rauschen. Kurz darauf setzte Ole den Blinker und parkte auf dem Kies. Kein Auto, keine Menschenseele weit und breit. Wo war das Knusperhäuschen mit der Hexe?

»Und jetzt?«, fragte ich. Langsam wurde mir seine Aktion doch etwas suspekt. Suchend blickte ich mich um. Keine Infobude, kein Pommesstand, nur eine Schautafel mit Wanderwegen. Ich ahnte das Schlimmste.

»Jetzt suchen wir uns einen kühlen Picknickplatz«, sagte Ole gut gelaunt und schulterte seinen Rucksack. »Los geht’s!«

»Von Wandern war aber nicht die Rede«, maulte Oskar, setzte sich trotzdem brav in Bewegung und folgte Ole in den Wald, der olle Verräter.

Tatsächlich war es hier angenehm schattig und kühl und als Ole eine Stunde später auf einen kleinen Bachlauf zeigte, hatte ich vergessen, dass ich Wandern eigentlich doof fand. Während Oskar und ich unsere Schuhe auszogen und barfuß ins Wasser hüpften, breitete Ole die mitgebrachte Picknickdecke aus und begann umständlich, bunte Gläser zu füllen.

»Geht nicht zu weit!«, ermahnte er uns, aber da brauchte er sich keine Sorgen zu machen, wir waren die verantwortungsbewusst erzogenen Kinder einer alleinerziehenden Lehrerin und wussten, wie die Regel lautete: Immer in Rufweite …

»Komm, wir bauen einen Staudamm!« Oskar war in seinem Element und sammelte Stöcke und Steine, die er jetzt zu einem Wall aufschichtete. Nur zu gerne half ich ihm dabei und kurz darauf hatten wir uns eine richtige Badewanne angelegt. Kristallklares Wasser und angenehme Kiesel unter dem Po, so ließ es sich aushalten. Fehlte nur noch …

Ole klatschte Beifall, als er unser Werk begutachtete. »Ihr seid die Besten!«, rief er und reichte uns bunte Cocktailgläser. »Hier, hab ich für euch gezaubert.«

»Gibt es etwas zu feiern?« Oskar schaltete sofort, für seine elf Jahre war er blitzgescheit.

»Ähm, ja. Wenn man es so will …« Ole räusperte sich tausend Frösche aus dem Hals, bevor er umständlich zwischen uns Platz nahm. Es war wirklich angenehm kühl hier im Wald, viel besser als sämtliche Badeseen und Schwimmbäder inklusive Eisbuden zusammen. Wir prosteten uns zu.

Überrascht blickte ich erst Oskar, dann Ole an. Da hatte ich wohl etwas nicht mitbekommen.

»Also, es ist so … eure Mutter und ich«, begann er umständlich und ich ruckelte aufgeregt auf meinem Kiesbett hin und her, weil ich ahnte, was er gleich sagen würde. Und richtig.

»Eure Mutter und ich, wir lieben uns ja jetzt schon seit einer Weile. Und da würde ich sie gerne fragen, ob …«, er holte tief Luft und schaute erst Oskar und dann mich an, »ob sie mich heiraten möchte. Aber vorher wollte ich euch um Erlaubnis fragen. Denn schließlich wären wir dann eine richtige Familie. Also: Wollt ihr mich heiraten?« Ole lächelte lieb, wie er das sagte. Auf die Antwort brauchte er nicht lange zu warten. Ich nickte begeistert.

»Ja!!!«, rief Oskar und fiel ihm jubelnd um den Hals. »Ich will!!«

So ein theatralischer Quatschkopf, dachte ich, strahlte aber ebenfalls über das ganze Gesicht.

»Gute Idee!«, rief ich und stieß mit Ole an. Ich schmeckte Ananas mit Kirsche und Limette und einen Klacks Sahne, pures Glück auf meiner Zunge.

Da riss uns heftiges Donnerkrachen aus unseren Hochzeitsplänen – Ole erzählte gerade, wie er sich die Feier vorstellte – und sorgte dafür, dass wir erschrocken aufsprangen und eilig unsere Sachen zusammensuchten.

»Mist, ein Gewitter, das war doch überhaupt nicht angesagt?!« Ole versuchte, durch das grüne Blätterdach einen Blick in den Himmel zu werfen. Tatsächlich war die Sonne verschwunden, alles wirkte grau und dunkel verhangen, wir hatten den Wetterumschwung in unserer Feierlaune nicht bemerkt.

»Kommt, wir müssen uns beeilen!«, rief Ole. »Dann schaffen wir es vielleicht noch vor dem Regen ins Auto.«

Also rannten wir den Waldweg wieder hinunter, über Stock und Stein, so schnell wir konnten, Oskar kam kaum hinterher, weil er unbedingt einen dicken Ast mitschleppen musste, den er mit nach Hause nehmen wollte. Ich hatte die zusammengerollte Picknickdecke unterm Arm und irgendetwas pikte mich in der Unterhose. Und da passierte es: Oskar strauchelte und fiel hin.

»Autsch, mein Fuß! Ich kann nicht aufstehen«, jammerte er, als ich ihm meine Hand hinstreckte und aufhelfen wollte.

»Lass mal sehen!« Ole hatte sich zu ihm gekniet und tastete den Knöchel ab. In diesem Moment blitzte und krachte es, als würde der Himmel über uns einstürzen.

Erschrocken schrie ich auf.

»Wir müssen weg hier! Schnell!«, rief Ole, drückte mir seinen Rucksack in die Hand, nahm dann Oskar mehr oder weniger elegant huckepack und rannte los, ich kam kaum hinterher. Mittlerweile war der Himmel tiefschwarz, der Wind rauschte durch die Baumwipfel und ich hätte sonst etwas dafür gegeben, jetzt neben Shark in der sicheren Hängematte zu chillen. Schon peitschten uns die ersten Regentropfen um die Ohren und als wir endlich am Auto ankamen, waren wir klatschnass. Oskar schrie vor Schmerz, als Ole ihn einfach absetzte, aber das war nicht das Schlimmste: Im Cabrio stand knöcheltief das Wasser!

»Das gibt es doch nicht!«, rief Ole gegen den Sturm an und fluchte noch tausend Wörter hinterher, von denen wir keins verstanden. Vielleicht war es ganz gut so. Aber statt sich um sein Auto zu sorgen, zog er uns unter einen Baum, in der Hoffnung, dass wir dort weniger nass würden. Schützend legte er seine Arme um uns. Oskar zitterte am ganzen Leib und hielt mit Mühe seine Tränen zurück. Nur ich wusste, welch schreckliche Angst er bei Gewitter hatte, wissenschaftliche Erklärung hin oder her.

Falsch. Noch eine wusste es, denn in diesem Moment hielt ein Taxi auf dem Parkplatz.

Hänsel und Gretel 2.0

Es war einmal ein Typ, der liebte eine Frau, aber diese Frau hatte zwei Kinder, die hießen Hansel und Gretel, auf die hatte er keinen Bock. Also lockte er sie unter einem Vorwand in den Wald. Gretel gefiel die Sache nicht und postete von unterwegs lauter Snaps, im Wald gab es nur leider keinen Empfang.

Hänsel ahnte von nichts, er war jung und mit Eis bestechlich. Der Typ verabschiedete sich mit einem lässigen »Man sieht sich!«. Hänsel fürchtete sich sehr und hatte große Angst, sie hätten sich verlaufen. Sie kamen an einen Sendemast, da konnte Gretel zum Glück ihre Karten-App wieder aktivieren.

So fanden sie sicher und unverletzt aus dem Wald heraus – und liefen direkt in die Arme ihrer besten Freundin, die sie geortet hatte. Von da an waren sie unzertrennlich. Für immer.

2

Es war Shark, die aus dem Taxi sprang und den verletzten Oskar auf den Rücksitz hievte, ich kletterte hinterher und machte die Tür zu. Hier drin im Auto würde uns nichts passieren, da konnte draußen die Welt untergehen und tausend Blitze auf uns niederkrachen.

»Was ist passiert?«, fragte sie und hielt Oskar fest im Arm, der sich an sie klammerte, als wolle er sie nie wieder loslassen. Shark streichelte ihm sanft über die Haare und hauchte Trostküsschen hinein. In mir gab es einen kleinen Stich. Ich war doch seine Schwester! Hatte ich nicht all die Jahre seinen Rücken massiert und seine Gelenke mit Tinkturen behandelt? Ihm seine Medizin verabreicht und dabei alle möglichen Geschichten erzählt, nur damit er das eklige Zeugs ohne Murren hinunterschluckte? Wie oft hatte ich an seinem Bett gesessen und ihm die Schmerzen weggestreichelt. Und jetzt schien er mich kompletto vergessen zu haben.

»Woher weißt du?«, fragte ich zurück.

»Snapchat!« Shark grinste und winkte mit ihrem Handy.

»Snapwas?« Ole öffnete in diesem Moment die Beifahrertür und ließ sich auf den Sitz plumpsen. In seinem Gesicht standen tausend Fragezeichen. Shark und ich blinzelten uns verschwörerisch zu.

»Wie auch immer du das gemacht hast: Danke, dass du uns gerettet hast!« Er drehte sich vom Beifahrersitz aus um und drückte Shark den Arm. »Das war Rettung in letzter Sekunde! Was hätten wir nur ohne dich gemacht!« Er deutete dankbar auf Oskar und auf mich, während er ein Handtuch aus dem Rucksack fischte und es zu uns nach hinten reichte. Dann fügte er zerknirscht hinzu: »Wie soll ich das bloß eurer Mutter beibringen? Ich habe nur einen Nachmittag mit euch verbracht und jetzt das. Nie im Leben gibt sie mir ihr Jawort.«

»Sie soll dir was geben?« Jetzt war es Shark, die neben mir bleich vor Schreck wurde und zu zittern begann.

»Stell dir vor, Ole wird unser neuer Papa!« Oskar, der sich mittlerweile beruhigt hatte, wippte vor Freude und Aufregung mit seinem verletzten Fuß. Na, da geht es ihm zum Glück wieder besser, dachte ich erleichtert.

»Das ist ja eine tolle Nachricht!« Shark zuckte gleichgültig mit den Schultern und ich dachte bei mir: Hey, ein bisschen mehr könnte sie sich ja schon mit mir freuen, wo ich doch ihre beste Freundin bin. Aber den Rest der Fahrt verbrachte Shark schweigend wie ein Betonpfeiler. Auch als Ole sich abermals überschwänglich bei ihr dafür bedankte, dass sie uns gerettet hatte, reagierte sie kaum. Wie versteinert stieg sie aus dem Taxi und verschwand mit einem knappen »Bis morgen!« hinter ihrer Wohnungstür, wo sie freudig von Pepper begrüßt wurde.

Mir blieb keine Zeit, mich über ihr seltsames Verhalten zu wundern, denn Mama öffnete uns mit sorgenvoller Miene und tausend Vorwürfen die Tür.

»Wo bleibt ihr denn bei dem Unwetter?«, rief sie. »Was da hätte alles passieren können!«

»Ist ja noch mal gut gegangen«, versuchte Ole, sie zu beruhigen. Aber Mama war außer sich, zumal Oskars Knöchel jetzt dick angeschwollen war. Zum Glück schien mein kleiner Bruder keine allzu großen Schmerzen zu haben. Ins Krankenhaus fuhren sie dann trotzdem. Mit dem Taxi und ohne Ole.

»Was mache ich denn jetzt?«, fragte er mich verzweifelt, als wir bei uns in der Küche saßen und zur Beruhigung einen Tee tranken. »Nach dem Erlebnis heiratet mich deine Mutter nie.«

»Bestimmt! Mach dir keine Sorgen!«, tröstete ich ihn, doch insgeheim war ich mir da nicht so sicher. Mama hatte so viel Kummer und Sorgen wegen Oskar gehabt, dass sie Ole diesen Ausflug ganz bestimmt nicht so schnell verzieh. Auch wenn er überhaupt nichts dafürkonnte, dass mein starrköpfiger Bruder trotz der drohenden Gefahr unbedingt den Ast mitschleppen musste und dabei über seine eigenen Füße gestolpert war.

»Du musst ihr halt einen Antrag machen, den sie nicht ablehnen kann«, sagte ich.

»Du meinst, mit Kniefall und roten Rosen und Ring im Champagner?« Ole schaute mich stirnrunzelnd an. »Ich weiß ja, dass sie auf diese Pilcher-Schnulzen steht, aber muss das sein?«

Und du hörst Helene Fischer, das ist auch nicht besser, dachte ich, behielt aber den Gedanken lieber für mich. Stattdessen hörte ich mich sagen: »Ich habe da eine Idee …«

Zum Glück hatte Oskar nur einen verstauchten Knöchel und würde mit einer entsprechenden Bandage in ein paar Wochen wieder rennen können. Mama war müde, aber glücklich aus dem Krankenhaus zurückgekommen und beschwor uns, in Zukunft vorsichtiger zu sein, vor allem bei Gewitter. Dann ließ sie Oskar und mich alleine, weil Ole sie zum Gyrosessen bei ihrem Lieblingsgriechen einlud, er hatte ja etwas gutzumachen. Hoffentlich vermasselte er es nicht.

»Hurra, sturmfrei!«, rief Oskar und schnappte sich die Fernbedienung.

»Du kannst ja glotzen, bis deine Augen eckig sind«, meinte ich, »ich geh zu Shark!«

»Jaja«, antwortete er nur und da fragte ich mich, ob wirklich nur sein Knöchel gelitten hatte oder nicht auch sein Köpfchen. Normalerweise ließ sich Oskar nämlich einen Besuch bei Shark nicht entgehen. Aber gegen eine Sendung über die Giganten der Urzeit hatte meine beste Freundin natürlich keine Chance.

Shark war nicht zu Hause, wie sich herausstellte. Die Wohnungstür war angelehnt und Pepper flirtete wie immer mit der Diskokugel im Flur. Von Shark fehlte jede Spur. Ob sie wieder abgehauen war? Ausgerechnet jetzt, wo Ole Mama um ihre Hand bitten würde und wir die Brautjungfern waren! Suchend blickte ich mich in der Wohnung um, sie wirkte verlassen, aber nicht so, als wäre Shark verreist. Die Hängematte schaukelte noch, als wäre sie gerade eben herausgehüpft. In der Küche stand ein Regenbogenkuchen zum Auskühlen, es duftete nach Zimt und Schokolade. Da wusste ich, wo meine Freundin steckte. Auf dem Dach, wie immer, wenn sie nachdenken musste und traurig war.

Tatsächlich saß Shark in unserem Versteck hoch über den Dächern unserer Stadt. Sie hatte einen Block buntes Papier auf ihren Knien liegen und schrieb und schrieb.

»Hey«, begrüßte ich sie. »Darf ich?«

Statt einer Antwort nickte sie nur und schrieb weiter. Ich wagte nicht, auf die Buchstaben zu spicken. Ich wusste, dass sie sich auf diese Weise ihren Kummer von der Seele schrieb. Ihre Traurigkeit darüber, dass ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen waren, verarbeitete sie in Form von kleinen Gedichten oder kleinen Briefen, die sie dann zu bunten Fischen faltete. Wenn sie genügend beisammenhatte, schickte sie sie wie eine Flaschenpost über die Dachrinne auf Reisen in die Welt.

 

Fische falten

1 Du brauchst ein quadratisches Stück farbiges Faltpapier.

Falte das Quadrat zur Hälfte zu einem Rechteck.

2 Dann faltest du beim entstandenen Rechteck die rechte Kante nach links, also noch mal auf die Hälfte.