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Camp Connor ist eine improvisierte Siedlung an den Gleisen der Union Pacific. Hier dominieren Gewalt und Sünde den Alltag. George Bellamy gilt als Anführer des Ortes. Er kontrolliert die Lieferungen für die Saloons, legt die Preise für Brandy fest und entscheidet, welche Frauen in den Bordellen arbeiten dürfen. Als Materialzüge überfallen werden und mehrere Bahnarbeiter eine Vergiftung durch gepanschten Alkohol erleiden, beauftragt die Eisenbahngesellschaft den Marshal Roy Maddock, um die Täter zu fassen. Dabei zeichnet sich zunehmend ein Komplott ab, das von bitterer Rivalität geprägt ist ...
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Der Herr der wilden Stadt
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Von John Gray
Als George Bellamy den Schankraum des Railway Saloons von Camp Connor betrat, wurde es still. Sogar das Klicken der Würfel verstummte.
Er war nicht allein. Hinter ihm traten weitere Männer in grauen Prince-Albert-Röcken in den Saloon, dessen dünne Zeltwände sich im Nachtwind blähten. Die Männer trugen doppelläufige Schrotflinten in den Fäusten.
Bellamy ging auf einen rothaarigen Mann in zerschlissener Arbeitskleidung zu, der an einem der Spieltische stand.
»Bist du das, der gesagt hat, hier würde falschgespielt?«
»Das bin ich.«
Bellamy schlug wortlos zu ...
Der Mann wurde auf den Mund getroffen. Seine Lippen platzten auf. Er stürzte mit gurgelndem Laut rücklings über eine Bank, die dabei zerbrach. Er rollte über den sägemehlbestäubten schmutzigen Bretterboden und versuchte benommen, sich aufzurichten. Kraftlos sackte er wieder zurück.
Überall im Schankraum sprangen Gäste auf. Frauen schrien. Ein paar Flaschen und Gläser kippten klirrend um. Der Inhalt versickerte zwischen den Ritzen der Bodendielen.
Bellamy schaute sich unbeeindruckt um. Er stand locker und breitbeinig im Raum. Während er sich eine Zigarette zwischen die Lippen schob, verteilten sich hinter ihm die Männer mit den Schrotflinten und bildeten einen Halbkreis, sodass sie den Schankraum mit ihren Gewehren in Schach halten konnten.
»Hat noch jemand etwas zu sagen?« Bellamy hakte die Daumen hinter die Aufschläge seines Jacketts.
Der rothaarige Mann, den er niedergeschlagen hatte, wälzte sich herum und kroch zum Ausgang. Mit blutverschmiertem Kinn stemmte er sich derweil schwerfällig hoch und starrte anklagend in Bellamys Richtung. »Ihr verdammten Hyänen!«, schrie er.
Einer der Bewaffneten trat nun zu ihm, bückte sich, packte ihn am Kragen, riss ihn auf die Beine und bohrte ihm die Mündungen des Gewehrs in den Leib. Dann versetzte er ihm einen Stoß, der ihn durch die wacklige Tür hinausschleuderte.
Der Mann versank daraufhin mit einem Aufschrei im Schneematsch und Schlamm, der die Zelte und Bretterhütten umgab. Dreckverschmiert rappelte er sich wieder hoch, während die Saloontür krachend ins Schloss fiel.
»Hier wird ehrlich gespielt«, sagte George Bellamy. Seine Stimme klang leise, beinahe sanft. Er sog an seiner Zigarre. Sein kantiges Gesicht wirkte entspannt. »Wer nicht verlieren kann, soll verschwinden.«
Ein breitschultriger, massiv wirkender Mann in einem schwarzen Gehrock erhob sich jetzt. »Haltet ein, meine Brüder!«, rief er. »Lasst die Waffen sinken. Die Bibel sagt: Selig sind die Friedfertigen.«
»Mischen Sie sich nicht ein, Reverend.« Bellamy breitete seine Arme aus. »In zwei Minuten haben alle Iren diesen Saloon verlassen. Ihr dürft wiederkommen, wenn ihr nüchtern seid.«
»Behandeln Sie uns nicht wie Landstreicher!«, schrie ein Mann. »Wir bezahlen, was wir trinken. Und wenn wir einen Kartenhai beim Falschspiel erwischen, lassen wir uns nicht dafür bestrafen.«
Derweil setzten sich die bewaffneten Männer in Bewegung und näherten sich den Tischen.
Die Berufsspieler, die bis jetzt ruhig auf ihren Plätzen gesessen hatten, sprangen auf und zauberten kleine Derringer-Pistolen aus ihren Ärmeln.
Das Ganze geschah so schnell, dass sich die Bahnarbeiter plötzlich von einem Ring bewaffneter Männer umgeben sahen.
George Bellamy nahm die Zigarre aus dem Mund und schaute gleichgültig zu.
Die Animiermädchen eilten durch einen Seitenausgang davon, während die irischen Bahnarbeiter nach vorne zum Saloon hinausgedrängt wurden.
Niemand leistete Widerstand, niemand protestierte.
Draußen ging ein feiner Schneeregen nieder. Es war kalt. Auf der ausgefahrenen Wagenstraße, die zwischen den Zelten und Bretterhütten, die willkürlich und ohne ein bestimmtes System aufgestellt worden waren, hindurchführte, hatten sich tiefe Schlammpfützen gebildet. Vor einigen der Zeltsaloons hingen Laternen, die ein diffuses Licht verbreiteten. Die Musik von kratzenden Fideln und verstimmten Klavieren hallte durch die Nacht.
Ein paar Männer stürzten, andere stolperten auf den Ortsrand zu und fluchten laut. Sie schüttelten wütend die Fäuste. »Einmal liegst du auch im Dreck, Bellamy!«, schrie einer. »Dir gehört vielleicht dieses verdammte Nest, aber nicht die ganze Welt.«
George Bellamy wartete, bis sich die Tür des Saloons schloss und der eisige Luftstrom, der von draußen hereingedrungen war, abgeschnitten wurde. Dann ging er auf einen der Berufsspieler zu, holte aus und schlug ihm die flache Rechte ins Gesicht. Es knallte wie ein Büchsenschuss. Der Kopf des Mannes wurde herumgerissen. Er taumelte und hielt seine linke Wange, die sich feuerrot färbte.
»Wer sich noch einmal erwischen lässt, fliegt raus!«, knurrte Bellamy und warf seine Zigarre zu Boden. »Merkt euch eines. Die Iren sind Abschaum. Säufer, Schläger, Dummköpfe. Wenn die zu uns kommen, wollen sie sich volllaufen lassen, ein Mädchen im Arm halten und sich an den Spieltischen aufführen wie die Direktoren der Union Pacific. Es ist eine Kleinigkeit, ihnen die Dollars abzunehmen, wenn man sich nicht allzu dämlich anstellt. Aber nichts ist so gefährlich wie ein Ire, der merkt, dass man ihm das Fell über die Ohren zieht.«
»Aber Sie haben gesagt, alle Mittel seien erlaubt.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ihr euch von diesen Hohlköpfen erwischen lassen sollt.« Bellamy drehte sich zur Theke um, die aus einigen Holzböcken bestand, über die Bretter und Latten genagelt worden waren. »Ab morgen wird der neue Brandy ausgeschenkt«, sagte er.
»Ich habe daran gerochen«, erwiderte der Keeper. »Das Zeug stinkt wie ...«
»Ich will nicht, dass ihr es trinkt, sondern dass die Iren es saufen. Nur keine Bange, die vertragen sogar Petroleum. Und jetzt löscht die Lichter. Es ist Schluss für heute.«
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging er zur Hintertür, durch die vorher die Animiermädchen verschwunden waren. In dem schmalen Gang, der hinter der Tür lag, blieb er einen Moment an einem eisernen Ofen stehen. Er wärmte sich die Hände über der rotglühenden Platte. Für einen Augenblick senkte er den Kopf. Ein paar tiefe Falten kerbten sein unangenehm wirkendes Gesicht. Er zog den Kopf ein, als er hinaustrat und eilig zu einer soliden Bretterhütte hinüberstapfte.
Hinter ihm gingen die Lichter aus.
Roy Maddock starrte missmutig durch das winzige Fenster des Frachtwaggons hinaus in die Nacht. Der feine Schneeregen hatte sich verstärkt. Maddock hörte das monotone Singen der Räder auf den Gleisen längst nicht mehr. Er nahm auch das Schwanken und Rumpeln der Waggons nicht mehr wahr.
Maddock fror. Er steckte in einer dickgefütterten Mackinaw-Jacke, die er sich fester um die breiten Schultern zog. In seinem scharfgeschnittenen Gesicht mit der stark gewölbten Nase, das viele Frauen so anziehend fanden, wuchs ein tagealter Stoppelbart.
Jetzt streckte der große Mann seine langen Beine aus und lehnte sich auf den Lebensmittelkisten zurück, auf die er sich gesetzt hatte.
Das Waggondach war nicht dicht, die Nässe drang von draußen rein und lief die Wände hinunter.
Der Winter schien diesmal kein Ende nehmen zu wollen. Roy Maddock kam es so vor, als dauere er schon ewig. Er sehnte sich nach den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings und nach dem Sommer, und er dachte an sein Zimmer im Gebäude der Union Pacific Railroad in Cheyenne. Es war klein, aber dort war es warm, und es gab ein weiches Bett, in dem er sich hätte ausstrecken können. Stattdessen fuhr er mitten in der Nacht durch Idaho in die Bear River Mountains, konnte nicht schlafen und fror. Seine warme Kammer war in diesem Moment für ihn so weit entfernt wie der Mond.
Roy Maddock warf wieder einen Blick zu dem kleinen Fenster und sah schemenhaft durch die Schwaden des Schneeregens die Umrisse der bewaldeten Bergrücken. Ein heißer Glühwein hätte ihm jetzt gutgetan. Er zog seine Taschenuhr hervor und warf einen Blick darauf. Die Zeit schien zu kriechen. Er musste noch mindestens zwei Stunden warten, bis dieser Materialzug das Arbeitercamp erreichte, für das er bestimmt war. Es war das zweite Mal in der Woche, dass er diese Strecke fuhr. Die Züge vorher waren jedes Mal überfallen worden, Material und Lebensmittel wurden dabei gestohlen oder zerstört. Die Arbeiten an der Nebenstrecke der Union Pacific, durch die Bear River Mountains nach Malad City, waren durch diese ständigen Sabotageakte bereits ins Stocken geraten. Das Camp lag abgeschnitten von anderen Wegen und war auf die Versorgung durch die Materialzüge angewiesen, sodass der Nachschub nicht mit Frachtwagen über andere Routen umgeleitet werden konnte.
Es war Ende März, und im Mai sollte die Strecke fertiggestellt sein. Anderenfalls würde man in Malad City nur die Hälfte der vereinbarten Summe für den Streckenanschluss bezahlen und den Folgeauftrag für die Fortsetzung der Gleislinie nach Süden vermutlich einer anderen Bahngesellschaft übertragen.
Maddock hatte plötzlich das Gefühl, dass der kurze Zug langsamer fuhr. Und dann begannen die Bremsen zu kreischen. Die Dampfpfeife schrillte. Maddock fuhr hoch und griff nach seinem Gewehr, das er neben sich auf die Kisten gelegt hatte. Im selben Moment hörte er ein dumpfes Krachen. Gleichzeitig lief ein mörderischer Ruck durch den Zug.
Maddock verlor das Gleichgewicht. Er wollte nach einer Wandverstrebung greifen, um sich festzuhalten, doch er wurde von einer Gewalt erfasst, die ihn emporhob und gegen die Lebensmittelkisten schleuderte. Das Gewehr rutschte aus seinen Händen. Um ihn drehte sich alles. Er spürte einen scharfen Schmerz durch seinen Körper jagen. Während er zwischen die Kisten sank, kämpfte er mit den heftig aufbrandenden Schleiern der Bewusstlosigkeit.
Der Waggon schien abzuheben und sich in der Luft zu drehen. Der Kistenstapel über Maddock polterte herunter. Er riss beide Arme schützend über seinen Kopf und spürte noch, wie eine Kiste auf seine Brust schlug. Dann krachte der Waggon seitlich auf den flachen Bahndamm und drohte, sich zu überschlagen. Die linke Waggonwand zerbarst, aber davon sah Maddock nichts. Er hörte es nur und fand sich plötzlich an der Wagendecke wieder, wo ihn mehrere Kisten festklemmten, sodass er sich zunächst nicht rühren konnte.
In seinen Schläfen hämmerte das Blut. Seine Beine waren wie gelähmt, heftige Schwindelgefühle raubten ihm fast die Besinnung. Um ihn herum war es sekundenlang totenstill. Dann fühlte er den eisigen Windhauch, der durch die aufgeplatzten Wände des Waggons eindrang. Schneeregen prasselte in sein Gesicht. Zudem hörte Maddock den Hufschlag von Pferden und das schmerzerfüllte Schreien von Menschen. Er spannte alle Muskeln an. Mit Mühe schaffte er es, seine Arme zu befreien. Daraufhin stemmte er beide Fäuste gegen die Kisten, die auf ihm lagen, und versuchte, sie hochzudrücken, um seine Beine hervorzuziehen.
Schräg über ihm befand sich ein breites, scharfgezacktes Loch im Waggon, durch das Schnee und Wind eindrangen. Gleichzeitig sah er schattenhaft mehrere Reiter, die an der Bahnlinie entlangpreschten.
Maddock zerrte an und drückte gegen die Kisten, die auf ihm lagen. Von einer davon konnte er den Deckel öffnen und ließ die Konservendosen, die sich darin befanden, herausrollen. Danach stieß er die Kiste weg und konnte so sein rechtes Bein befreien. Kurz darauf war auch sein linkes Bein frei, er stand auf den Füßen, stieß sich den Kopf, taumelte durch den umgekippten Waggon und suchte einen Ausweg.
Draußen krachten Schüsse. Die Detonationen brachten das Heulen des Windes, der von den Hängen der Berge strich, zum Verstummen.
Maddock suchte sein Gewehr. Er fand es nicht und tastete nach dem Revolver in seinem Gürtel. Die Waffe war erstaunlicherweise nicht aus dem Holster gerutscht. Er drückte sich durch und erreichte die halb offen stehende Waggontür, die sich über ihm befand. Daran zog er sich hoch und kletterte hinaus. Der Wind erfasste ihn mit Macht und peitschte in sein Gesicht.
Der Waggon hinter der Lokomotive brannte. Maddock sah mehrere Reiter, die brennende Petroleumlaternen in die geborstenen Waggons schleuderten. Auch die Lokomotive lag auf der Seite. Der Kessel war geplatzt, ihm entwichen gewaltige graue Dampfwolken. Maddock entdeckte die getrennten Schienen, dort war der Zug entgleist. Mit einem Satz sprang er von dem hochkant stehenden Waggon. Ein scharfer Schmerz zuckte durch seine Knöchel, als er am Boden aufkam. Er federte in den Knien und riss seinen Revolver aus dem Holster.
Durch das Heulen des Windes hörte er einen Schrei. Zwei der Reiter drehten sich im Sattel. Sie hoben ihre Gewehre und schossen. Roy Maddock spürte den sengenden Luftzug der Kugeln. Er warf sich zu Boden und feuerte über den Bahndamm hinweg.
Die Reiter hatten ihre Pferde bereits angetrieben und eilten in der Dunkelheit davon. Als Maddock aufsprang und den Schienenstrang überquerte, hatte die Nacht die Reiter verschluckt. Das Prasseln des Feuers übertönte den Wind. Maddock rannte an den Waggons vorbei zur Lokomotive. Gleich neben dem zerplatzten Kessel sah er eine Gestalt im Schnee liegen. Er bückte sich und erkannte den Lokführer, der aus einer Wunde an der Stirn blutete. Als Maddock ihn unter den Achseln packte und zur Seite schleifte, schlug er die Augen auf und begann zu stöhnen.
Maddock hastete zurück und umrundete die Lok. Er fand den Heizer seitlich des Tenders, halb unter Holzscheiten begraben. Das Feuer der Waggons leckte bereits zum Tender hinüber. Die ersten Holzscheite brannten schon. Maddock zerrte den Heizer unter der Holzlast hervor. Der Mann war bei Bewusstsein und schrie vor Schmerzen. Maddock konnte darauf keine Rücksicht nehmen.
Rings um den entgleisten Zug war der Schnee bereits weggeschmolzen. Der erste Waggon brannte völlig aus, auch der zweite war nicht mehr zu retten. Fässer mit Nägeln verschmolzen zu Eisenklumpen, Haken bogen sich in der Hitze. Auch die Lebensmittelladung wurde vom Feuer erfasst.
Maddock erreichte den letzten Waggon, in dem er selbst mitgefahren war. Unmittelbar daneben entdeckte er seine Winchester im Schnee. Sie musste hinausgeschleudert worden sein, als der Waggon umgestürzt war. Er hob sie auf und drehte sich um. An der Unfallstelle war es fast taghell. Maddock fluchte leise. Beißender Rauch wehte ihm entgegen und reizte seine Schleimhäute. Aber das Feuer breitete sich nicht weiter aus. Es kam am dritten Waggon zum Stehen. Der Schneeregen wurde stärker und erstickte nach kurzer Zeit die Flammen.
Maddock schleppte zuerst den Heizer und dann den Lokführer zu dem hintersten Waggon, der am wenigsten beschädigt war. Der Heizer verlor wieder das Bewusstsein, als Maddock ihn in den Waggon schob.
Der Lokführer stöhnte, war aber außer einigen Fleischwunden offenbar unverletzt. »Diese Schweine!«, presste er hervor. »Jetzt haben sie uns doch erwischt.«
»Am Ende erwische ich sie.« Roy Maddock kramte aus dem wilden Durcheinander, das beim Umstürzen in dem Waggon entstanden war, ein paar Schneeschuhe hervor. »Bleibt im Waggon. Hier sind Lebensmittel, und ihr seid vor dem Wetter geschützt. Ich hole Hilfe.«
»Alles Gute.« Der Lokführer nickte ihm zu. »Pass auf dich auf!«
Maddock drückte ihm die Hand und warf einen letzten Blick auf den Heizer, dessen Gesicht eingefallen und unnatürlich knochig wirkte. Dann kletterte er hinaus. Sofort traf ihn wieder der schneidende Wind und peitschte ihm den Schneeregen ins Gesicht. Er drückte sich den Hut tief in die Stirn, schlug den Kragen seiner Jacke hoch und streifte wollene Fäustlinge über, nachdem er die Schneeschuhe angelegt hatte.
Nach vorne gebeugt setzte er sich in Bewegung und stapfte am Schienenstrang entlang, bis er die Spuren der Reiter fand. Dann packte er sein Gewehr fester und nahm die Verfolgung auf.
Der Schneeregen ging in dichten Flockenfall über. Der Wind von den Bergen verstärkte sich.
Roy Maddock hatte sich einen Schal vors Gesicht gebunden. Der Stoff war bereits durchnässt und klebte auf seinen Wangen. Schneeflocken zerschmolzen auf seiner Stirn und sickerten als Eiswasser in den Schal und den Kragen seiner Jacke. Seine Füße waren schwer wie Blei. Trotz der breiten Schneeschuhe sank er mit jedem Schritt tief in die matschige Schneedecke ein.
Die Spur vor ihm wurde dünner. Das Schneegestöber überlagerte sie und erschwerte Maddock die Suche. Eine Weile hatten die Hufabdrücke der Reiter am Schienenstrang entlanggeführt. Später waren sie in gerader Linie nach Süden geschwenkt. Er hatte Mühe, Hinweise zu entdecken, ob er noch auf dem richtigen Weg war. Er wusste nicht mehr, wo er sich befand. Die Dunkelheit und der Schneefall raubten ihm die Orientierung. Er vertraute auf seine Instinkte, fürchtete dennoch, sich in den Bergen zu verirren.
