Willst du wissen, was ich will? - Tiffany Reisz - E-Book

Willst du wissen, was ich will? E-Book

Tiffany Reisz

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Beschreibung

Für Erick ist die hübsche Gärtnerin Clover die aufregendste Frau, die er je gesehen hat. Natürlich nutzt er seine Chance, als sie ihn bittet, für ein Familienfest ihren Lover zu spielen. Und der Womanizer denkt im Traum nicht daran, sie wie eine dornige Rose nur zu betrachten …

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Seitenzahl: 177

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IMPRESSUM

Willst du wissen, was ich will? erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Tiffany Reisz Originaltitel: „Her Naughty Holiday“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY EXTRA HOT & SEXYBand 66 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Sandra Roszewski

Umschlagsmotive: KatarzynaBialasiewicz / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733735852

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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1. KAPITEL

Das Schicksal hatte wirklich eine besondere Art von Humor.

Clover las erst die eine E-Mail, dann die andere. Das Wechselbad der Gefühle war wie eine Achterbahn, und sie sah sich nicht in der Lage, noch einen klaren Gedanken zu fassen.

Stattdessen schloss sie das Mailprogramm, legte den Kopf sanft auf den Schreibtisch und beschloss, sich einfach überhaupt nicht mehr zu rühren. Wenn sie so tat, als wäre sie gar nicht da, vielleicht würde sich dann einfach alles von selbst lösen.

Sie hörte, wie jemand die Tür zum Büro aufschloss. Es musste Ruthie sein, ihre siebzehnjährige Assistentin. Ruthie war trotz ihrer etwas morbiden Lebenseinstellung, der schwarzen Kleidung und der pink gefärbten Haare die gute Seele des Büros. Und natürlich merkte sie sofort, dass etwas nicht stimmte.

„Clover? Ist alles okay mit dir?“

„Klar“, murmelte Clover, ohne den Kopf zu heben.

„Bist du sicher?“

„Natürlich.“

„Ganz sicher?“

„Nein“, seufzte Clover.

„Das dachte ich mir.“ Ruthie schob einen Stuhl neben den Schreibtisch und setzte sich. „Dein Stöhnen klingt alarmierend. Und das nicht auf die gute Art. Was ist denn nur passiert?“

Clover setzte sich mühsam auf. Sie fühlte sich, als hätte ein Zug sie überrollt. „Was weißt du denn bitte über die gute Art zu stöhnen?“

„Nichts“, erwiderte Ruthie trocken. „Gar nichts. Zumindest ist das die offizielle Version für meinen Vater. Alles klar?“

„Ja, na klar. Oh Gott, mein Vater …“ Clover ließ die Stirn wieder auf die Tischplatte sinken und seufzte schwer.

„Clov? Sag mir jetzt endlich, was passiert ist!“

Clover seufzte erneut und rappelte sich wieder auf. „Also gut, wie du willst. Die Kurzfassung lautet: Dieses Wochenende ist Thanksgiving. Und niemand aus meiner Familie kann das Fest ausrichten, weil alle irgendwelche Probleme mit ihren Häusern oder Wohnungen haben. Deshalb kamen alle übereinstimmend auf die Idee, dass die Feier bei mir stattfindet. Ich wurde nicht einmal gefragt. Sie kommen einfach her und gehen davon aus, dass ich mich freue und alles organisiere. Oh, und PNW Garden Supply hat das Angebot für die Firmenübernahme übrigens gerade auf fünf Millionen erhöht.“

Ruthie starrte Clover aus großen Augen an. „Wie bitte? Fünf Millionen Dollar?!“

„Ja. Unfassbar, oder? Ich muss mich allerdings bis Montag entscheiden.“

„Der Montag nach Thanksgiving?“

„Genau. Ich muss mich entscheiden, ob ich meine Firma verkaufe oder nicht. Das Unternehmen, in das ich die ganze Arbeit der letzten Jahre gesteckt habe. Ruthie, ich weiß nicht, ob ich das wirklich machen soll. Das hier ist doch mein Leben!“

Clover blickte sich in ihrem Büro um. Es war alles ein wenig chaotisch, Pflanzen wucherten auf der Fensterbank und auf dem Schreibtisch, und sie hatte es nie geschafft, wirklich die Ordnung reinzubringen, die sie sich gewünscht hatte. Doch es war ihr Zuhause. Sie fühlte sich wohl in diesem Büro. Und sie liebte ihre Firma. Es hatte Jahre gedauert, sie so erfolgreich zu machen, wie sie heute war. Ihr ganzes Herzblut steckte in diesem Unternehmen. Konnte sie das alles wirklich aufgeben?

Sie seufzte erneut. „Und genau vor diese wichtige Entscheidung hat mir das Schicksal einen Besuch meiner stressigen Familie gesetzt. Man könnte sich darüber totlachen, wenn es nicht so traurig wäre.“

„Okay, dann denken wir mal in Ruhe nach.“ Ruthie runzelte die Stirn. „Wir sollten eine Eibe finden.“

„Du willst meine Familie vergiften? Interessanter Gedanke.“

Ruthie schnaubte leise. „Nein. Eiben sind in der Mystik die Bäume, die bei wichtigen Entscheidungen helfen. Wir sollten uns davorstellen und eine Bitte an den Baum richten.“

Clover deutete müde auf das Zitronenbäumchen in der Ecke ihres Büros. „Geht auch der da? Das wäre weniger Aufwand, als eine Eibe aufzutreiben.“

„Ich halte das für eine gefährliche Idee“, erwiderte Ruthie. „Obstbäume sind Fruchtbarkeitssymbole. Und wenn wir den Zitronenbaum anbeten, wirst du vielleicht schwanger. Oder noch schlimmer, ich werde schwanger. Ich denke nicht, dass uns damit geholfen ist.“

„Oh, meine Familie wäre begeistert über eine Schwangerschaft meinerseits.“

„Tatsächlich?“

„Sie wollen, dass ich glücklich werde. Fürchterlich, oder?“

„Ja. Grauenhaft. Du solltest unbedingt den Kontakt zu ihnen abbrechen.“ Ruthies Tonfall war so trocken, dass Clover lachen musste.

„Es ist nicht leicht zu erklären“, sagte sie. „Also, die Sache ist die: Mein Bruder wird an Thanksgiving mit seiner wundervollen Frau und drei entzückenden Kindern hier auftauchen. Meine Schwester hat ihren charmanten Mann dabei und die gemeinsamen vier Kinder. Meine Eltern werden ausflippen vor Freude, weil endlich wieder alle Kinder und Enkelkinder unter einem Dach vereint sind.“ Sie stöhnte leise auf. „Unter meinem Dach. In meinem Haus. In dem nur ich wohne. Alleine. Mit meinen dreißig Jahren, ohne Mann, ohne Familie. Du verstehst das Problem?“

„Allerdings, ja. Wie wäre es, wenn du deiner Familie einfach sagst, dass sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollen und es deine Sache ist, was du mit deinem Körper und deinen Beziehungen anstellst?“

„Schöner Gedanke. Machst du das so, wenn dein Vater dich auf bestimmte Sachen anspricht?“

„Ja. Ich mache das so. Grundsätzlich.“

„Und, funktioniert es?“

„Nein.“

„Ich wusste es.“ Clover lehnte sich auf dem Stuhl zurück und strich sich die Haare aus der Stirn. „Ich brauche Lösungen. Aber es wird funktionieren. Ich bin erwachsen, ich kann mich all den Herausforderungen stellen.“ Sie verzog die Mundwinkel. „Aber es ist nicht ganz leicht. Hier, lies doch einfach mal die E-Mail, die meine Schwester mir gerade geschickt hat. Das spricht schon für sich.“

Oh, mein Gott, Clov! Es ist so lieb von dir, dass wir Thanksgiving bei dir verbringen können! Aber du hast ja auch Zeit für die Vorbereitungen. Manchmal beneide ich dich darum, dass du keine Kinder hast und dich nur um die Pflanzen kümmern musst. Wenn da etwas schiefgeht, interessiert es niemanden. Ich muss hier immer aufpassen, dass keine Katastrophen passieren. Aber versteh das nicht falsch, die Kinder sind das Beste, das mir je passiert ist. Ich habe übrigens 50 neue Fotos in das digitale Familienalbum hochgeladen und bin gespannt, was du dazu sagst. Gus ist schon richtig groß geworden, oder? Er ist mit Abstand der Hübscheste in seiner Klasse, wenn du mich fragst. Aber wahrscheinlich bin ich auch ein wenig voreingenommen. Ich freue mich, dich zu sehen, bis bald!

Ruthie blinzelte irritiert. Dann sah sie Clover an.

„Ganz ehrlich, Clover? Ich kenne sie nicht, aber ich hasse deine Familie jetzt schon. Selbst den armen kleinen Gus. Mögen alle Mitglieder in meinem Hexenzirkel mir vergeben, aber ich kann nicht anders.“

„Fünfzig neue Fotos. Und ich werde zu jedem einzelnen meinen Senf abgeben müssen, vorher lässt sie keine Ruhe. Wenn ich es nicht mache, ist sie beleidigt.“

Clover runzelte die Stirn. „Es interessiert niemanden, wenn hier etwas schiefgeht und meine Pflanzen sterben? Hat sie nicht verstanden, dass ich davon lebe, Pflanzen zu verkaufen? Niemand kauft tote Pflanzen! Es ist wichtig, dass hier auf gar keinen Fall etwas misslingt!“

„Richtig. Ich habe nicht den Eindruck, dass ihr bewusst ist, was für dich alles an den Pflanzen dranhängt“, sagte Ruthie. „Und dass du hier nicht einfach nur zum Spaß Pflanzen züchtest.“

„Kelly meint es nicht böse. Das weiß ich.“

„Darf ich trotzdem ihr Haus niederbrennen?“

„Nein, du bist noch in der Probezeit.“

Ruthie seufzte bedauernd. „Okay. Das ist ein Argument. Aber sollte sie jemals hier auftauchen, werde ich ihr eine Venus-Fliegenfalle in die Hose stecken!“

„Das klingt nicht sehr nach Zen.“

„Zen gehört zum Buddhismus. Ich habe nichts gegen Buddhismus, gehöre aber selbst dem Neopaganismus an. Und als Heide hat man definitiv kein Problem damit, nervtötenden Schwestern fiese Pflanzen in den Slip zu schmuggeln!“

Clover musste lachen. „Du bist irgendwie süß, Ruthie. Und danke, dass du mich verteidigen möchtest. Aber eigentlich weiß ich, dass meine Familie nur das Beste für mich will. Leider entspricht meine Vorstellung von dem, was für mich gut ist, nicht ihren Vorstellungen. Ich bin sicher, meine Mutter wird zu der Nachricht von dem Übernahmeangebot der Firma nur sagen, dass es wundervoll ist. Dann könne ich mich zur Ruhe setzen und mich endlich um mein Privatleben kümmern.“

„Oh, ich würde sagen, fünf Millionen reichen für den Ruhestand nicht aus. Fünf Jahre männlicher Escortservice springt aber dabei raus.“

„Was weißt du denn über männliche Escorts? Und warum nur fünf Jahre?“

„Die Jungs machen Kasse, Clover. Und ganz ehrlich, ich finde sie super. Sie tun das, was die Große Göttin den Männern nun einmal aufgetragen hat: Sie stellen sich ganz in den Dienst der weiblichen Lust. Du solltest mal einen der Jungs buchen, das würde dir sicher guttun. Und dein ‚kleines Problem‘ lösen. Nur mal am Rande erwähnt … Oh, da fällt mir etwas ein! Wie wäre es, wenn du genau so jemanden als Begleitung zu Thanksgiving buchst? Stell ihn als deinen Freund vor, dann ist vielleicht erst einmal Ruhe in der Familie! Sie denken, du hättest einen Partner, und lassen dich in Frieden!“

„Oh, ich denke, das brächte weitaus mehr Probleme als Vorteile!“

„Möglich. Dann frag meinen Vater, ob er für dich da ist. Er macht das sicher.“

„Wie bitte?“

„Meinen Vater. Du weißt schon? Der nette Typ, der ab und an hier auftaucht und mich mit dem Auto abholt? Ich glaube, er ist ganz okay. Für einen Vater.“

„Ich weiß, wer dein Vater ist, Ruthie! Aber ich denke nicht, dass er mein Problem lösen kann.“

„Du solltest ihn fragen, ob er zu Thanksgiving bei dir sein kann und deinen Freund spielt. Er hat im Moment keine Dates. Und ich bin am Thanksgivingwochenende bei meiner Mutter, er ist also alleine. Es wäre doch die perfekte Illusion, damit deine Familie erst einmal beruhigt ist. Außerdem mag er dich. Das weiß ich.“

„Wie bitte? Er mag mich? Immer wenn er mich sieht, bin ich erdverkrustet und trage unförmige Arbeitskleidung!“

„Und mein Vater ist nicht so oberflächlich, wie man das gemeinhin von gut aussehenden Männern annimmt.“ Ruthie stand auf. „Ganz ehrlich, Clover? Er mag dich. Und ich merke doch, wie du ihn immer ansiehst, wenn er mich hier abholt. Das ist okay, mein Vater wirkt eben auf Frauen. Ich kenne das schon. Es ist schwer, nicht auf ihn aufmerksam zu werden. Er hat Charisma.“

„Ich sehe ihn gar nicht an!“ Clover merkte, wie sie rot anlief. Es stimmte, was Ruthie sagte. Ihr Vater war ein beeindruckender Mann, und das war natürlich auch an Clover nicht spurlos vorübergegangen.

„Es war nur so eine Idee“, erwiderte Ruthie grinsend. „Aber natürlich kannst du auch den Escortservice anrufen. Stehst du auf blond? Ich glaube, Sven ist diese Woche für den halben Preis zu haben.“

„Und auf welche Hälfte verzichtet man da?“

„Das musst du schon selbst herausfinden.“ Ruthies Blick glitt zum Fenster. „Oh, wenn man vom Teufel spricht. Mein Dad ist da.“

Clover sah, wie der vertraute Lieferwagen über den Hof rollte. Erick, Ruthies Vater, holte seine Tochter gelegentlich von der Arbeit ab. Heute allerdings würde er sie nicht nach Hause bringen, sondern zum Flughafen. Ihre Mutter lebte schon lange in Los Angeles. Erick hingegen lebte hier in Mount Hood und führte ebenso wie Clover seine eigene Firma. Erick Fields – Cedar Roofing, Siding and Decking war bis weit ins Land ein bekanntes und beliebtes Unternehmen. Wie Clover, die mit Clover Greens selbstständig geworden war, hatte auch Erick seinen Namen genutzt, um seine Firma bekannt zu machen.

Clover runzelte die Stirn. Konnte sie wirklich mit dem Firmenverkauf auch das Recht auf diesen Namen abgeben? Es machte ihr Spaß, unter dem Label Clover Greens Pflanzen in ihrer Baumschule zu züchten und sie zu verkaufen. Konnte sie all das loslassen? Es würde wehtun. Aber machten fünf Millionen Dollar diese Schmerzen nicht wett?

Clover beobachtete, wie Erick aus seinem Wagen stieg und über den Hof Richtung Büro ging. Wieder einmal fiel ihr auf, wie selbstsicher er sich bewegte und welche tolle Ausstrahlung ihn umgab. Erick war ein Mann mit einer magischen Aura. In seinen dunklen Augen lag immer ein Lächeln, sein Gesicht wirkte offen und trotzdem markant, und die beginnenden grauen Strähnen in seinen braunen Haaren standen ihm ausgesprochen gut.

Üblicherweise trug Erick Arbeitskleidung, die seine Männlichkeit betonte, ihm aber interessanterweise nichts Machohaftes gab. Das Letzte, was Clover in ihrem Leben brauchte, war ein Macho … Für Spielchen solcher Art fehlten ihr schlicht und einfach Zeit und Nerven.

Erick sah sie durch das Fenster und hob die Hand zum Gruß. Clover schluckte schwer. Hatte er gemerkt, dass sie ihn anstarrte? Rasch winkte sie zurück und richtete die Aufmerksamkeit dann betont gewollt auf den Bildschirm, der vor ihr auf dem Schreibtisch stand. Hoffentlich hatte Ruthie nicht gesehen, dass sie knallrot angelaufen war …

Doch Ruthie war an ihrem eigenen Schreibtisch damit beschäftigt, die letzten Unterlagen zu sortieren.

Es würde merkwürdig sein, eine ganze Woche lang auf sie zu verzichten. Ruthie war inzwischen so selbstverständlich zu Clovers Assistentin geworden, dass sie sich das Büro gar nicht mehr ohne sie vorstellen konnte.

Vielleicht sollte sie froh sein, dass ihre Familie über Thanksgiving kam. Immer wenn über die Feiertage wenig zu tun war, fühlte Clover sich etwas verloren. Wahrscheinlich musste sie sich wirklich generell weniger um die Arbeit kümmern und endlich dafür sorgen, dass sie so etwas wie ein Privatleben hatte …

„Bist du sicher, dass du meinem Paps nicht kurz Hallo sagen willst? Ich nehme dich auch mit raus, wenn du dich alleine nicht traust.“

Clover runzelte die Stirn und blickte Ruthie an. „Nein. Ich bin sogar ganz sicher, dass ich das nicht möchte. Aber vielen Dank für das großzügige Angebot.“

„Selbst schuld. Meine Mutter sagt immer, es war nicht alles schlecht an ihm. Der Sex zum Beispiel soll ganz hervorragend …“

„Danke, mehr muss ich jetzt wirklich nicht wissen!“ Clover lehnte sich zurück und atmete tief durch. „Ruthie, ernsthaft. Ich habe sehr großen Respekt vor deinem Vater. Vor allem, weil er es mit dir aushält. Aber mehr ist da nicht. Und jetzt los, der Flieger wartet nicht auf dich. Ich wünsche dir eine schöne Zeit bei deiner Mutter. Und mach dir keine Gedanken um mich.“

„Ich werde mir trotzdem Gedanken machen, Clover.“

„Ich bin deine Chefin, ich bin erwachsen, und ich komme bestens zurecht. Danke schön.“

„Falsch. Du bist eine Freundin, du steckst in einer Ausnahmesituation, und du brauchst Hilfe, weil deine Familie fürchterlich ist.“

„Vor allem brauche ich eine Umarmung. Komm her.“ Clover schloss Ruthie in die Arme und drückte sie fest. „Versprich mir, dass du dich in Kalifornien gut amüsierst, okay? Genieß die Zeit dort.“

„Ich gebe mir Mühe. Aber es wird nicht leicht. Ich hasse Sonne.“

„Ich weiß. Die Sonne hasst dich ganz sicher ebenso.“

Ruthie löste sich von ihr. „Ich wünsche dir eine gute Woche. Und nur damit du es weißt: Ich verliere ungern meinen Job hier, wenn du den Laden verkaufst. Aber ich wäre auch nicht unglücklich, mit einer Millionärin befreundet zu sein. Also, wie immer du dich entscheidest, ich bin auf deiner Seite.“

„Hey, Mädels.“

Ericks Stimme klang warm und dunkel durch das Büro.

Ruthie drehte sich mit tadelndem Blick zu ihrem Vater um. „Sexist!“

„Oh Entschuldigung. Hey, Ladys?“

„Das ist zu elitär.“ Ruthie griff nach ihrer Jacke. „Du hast noch einen letzten Versuch. Gib dir Mühe!“

Erick ließ das Kinn seufzend Richtung Brust sinken, und Clover musste sich ein Lachen verkneifen.

„Meine werten amerikanischen Mitbürgerinnen, seid gegrüßt?“

„Ja, das ist schon sehr viel besser“, antwortete Ruthie. „Aber nur, weil wir Amerikanerinnen sind. Diese Anrede ist nicht allgemeingültig.“

„Ich werde also weiterfeilen. Bist du bereit zur Abfahrt, oh meine Tochter?“

„So gut wie. Ich fülle nur noch schnell etwas Wasser in meine Flasche.“

Ruthie ging an Clover vorbei in Richtung Küche und zwinkerte ihr dabei unmerklich zu.

Clover straffte die Schultern. Warum nur fühlte sie sich plötzlich in Ericks Nähe so befangen? Sie konnte ihm kaum in die Augen sehen! Und das war schade, denn sie mochte seine Augen wirklich sehr …

„Und? Wie geht’s dir so?“ Clover hoffte, dass Erick das nervöse Beben in ihrer Stimme nicht wahrgenommen hatte.

„Prima“, antwortete er. „Ich freue mich auf die Feiertage. Ich werde einfach gar nichts tun und nur ausspannen. Und du? Hast du Pläne?“

„Ich hasse Feiertage“, sagte Clover ehrlich und setzte sich auf ihren Schreibtisch. „Ich mag gar nicht daran denken, was ich mit all meiner freien Zeit anfange, wenn hier im Winter nichts mehr zu tun ist. Wahrscheinlich gehe ich die Wände hoch.“

„Vielleicht sollte ich dir etwas von meiner Fähigkeit zu entspannen abgeben.“ Erick lächelte Clover zu, und sie spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte. Rasch versuchte sie, ein unverfängliches Thema zu finden.

„Es wird ein wenig einsam hier sein ohne Ruthie“, sagte sie. „Sie bringt Leben in die Bude.“

Erick nickte. „Ja. Zu Hause auch. Kein dreckiges Geschirr im Waschbecken, keine BHs an der Türklinke vom Bad – es wird unerträglich.“ Er grinste. „Ich sollte meine Tochter öfter zu ihrer Mutter schicken, glaube ich.“

„Du wirst mich sehr vermissen, das weiß ich genau“, sagte Ruthie würdevoll und kam ins Büro zurück.

„Werde ich das?“

„Allerdings, das wirst du. Komm, lass uns fahren, ich bin so weit. Hoffen wir, dass ich die Woche in Los Angeles überlebe.“

„Das wirst du ganz sicher“, sagte Clover und lachte. „Lass es dir gut gehen, und hab vor allem viel Spaß.“

„Das werde ich, Clov“, antwortete Ruthie und schulterte ihre Tasche. „Svens Telefonnummer habe ich dir übrigens auf den Schreibtisch gelegt. Ruf ihn doch einfach mal an.“

Erick hob die Brauen. „Sven? Wer ist Sven?“

„Niemand“, sagte Ruthie. „Nur ein Typ vom Escortservice, den ich für Clover engagiert habe. Eine meiner einfachsten Übungen.“

Erick musterte sie ungläubig. „Gehört so etwas zu deinem Job?“

„Natürlich, ich mache den ganzen Tag nichts anderes.“

„Deine Tochter ist ein kleines bisschen irre“, rief Clover Erick nach.

Erick drehte sich noch einmal um und grinste. „Wem sagst du das? Schöne Feiertage!“

„Danke, dir ebenfalls.“

Sie sah, dass Erick und Ruthie in den Wagen stiegen und davonfuhren. Ein leises Seufzen löste sich aus ihrer Kehle.

Nein, sie würde Sven nicht anrufen. Unter keinen Umständen. Nicht einmal, um ihrer Familie einen Mann zu präsentieren, damit diese endlich Ruhe gab. Wahrscheinlich würde das Spiel ohnehin sofort durchschaut werden.

Clover machte sich daran, das Büro und die Küche aufzuräumen. Dabei konnte sie gewöhnlich am besten nachdenken. Noch immer war sie unschlüssig, was sie mit ihrer Firma machen sollte. Verkaufen? Sie weiterführen? Fünf Millionen Dollar waren ein verdammt gutes Argument für einen Verkauf …

Sie könnte mit dem Geld alles Mögliche machen. Umziehen, wohin sie wollte. Hierbleiben und ein neues Unternehmen gründen. Oder die nächsten fünf Jahre mit Escortmodels verbringen und das Leben genießen, ohne sich noch Gedanken über irgendetwas zu machen.

Clover war so in ihre Arbeit versunken, dass sie gar nicht merkte, wie die Zeit verging. Ein Klopfen an der Tür schreckte sie auf.

„Herein.“

Es war Erick.

„Oh“, sagte sie und richtete sich auf. „Was gibt’s?“

„Meine grandiose Tochter hat ihr Smartphone hier liegen lassen“, sagte er. „Kaum zu fassen, oder? Ich muss es ihr jetzt nach L. A. schicken.“

Clover runzelte irritiert die Stirn. „Ruthie hat ihr Telefon vergessen? Das gibt es doch gar nicht. Ich dachte, es wäre an ihr festgewachsen.“

„Ja, den Eindruck hatte ich auch immer.“

Clover musste lächeln. Ruthie und Erick waren ein besonderes Vater-Tochter-Gespann. Sie witzelten herum und nahmen sich gegenseitig auf den Arm, aber jeder merkte sofort, wie stark die Liebe und Verbundenheit zwischen ihnen war. Clover hatte sich immer gewünscht, ein so entspanntes und inniges Verhältnis zu ihren Eltern zu haben, aber das war leider niemals so gewesen. Im Gegenteil. Ihre Familie bedeutete immer nur Anstrengung. Und das würde auch dieses Mal an Thanksgiving ganz sicher nicht anders sein.

„Sie sagte, das Telefon ist in der Schublade ihres Schreibtisches.“ Erick hob die Brauen. „Ich fürchte allerdings, es ist eine Falle. Wahrscheinlich hat sie eine Schlange dadrin deponiert, um mich zu erschrecken. Ich hasse Schlangen, und sie weiß das.“

Clover grinste. „Traust du ihr so etwas zu? Keine Sorge, ich werde dich beschützen.“

Sie gingen zu Ruthies Schreibtisch, und Clover fasste den Griff der Schublade. „Bist du bereit?“, fragte sie Erick.

Er nickte widerstrebend. „Ganz sicher ist da eine Schlange.“ Sein Gesichtsausdruck war so voller Abscheu, dass Clover fast erneut lachen musste.

„Okay, ich zähle bis drei“, sagte sie. „Eins. Zwei. Drei!“

Sie zog die Schublade auf.

„Und?“, fragte Erick. Er hatte die Augen fest geschlossen. „Schlange?“