Wir zwei für immer - Catharina Clas - E-Book

Wir zwei für immer E-Book

Catharina Clas

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Beschreibung

Klara hat es voll erwischt. Ganz plötzlich. Nach nur einem Kuss. Sie ist verliebt. Doch Jan ist leider weit, weit weg, denn er ist Seemann und kommt nur selten zurück nach Hause. Seit Jan unterwegs ist, schreiben sich die beiden und Klara träumt von einem Leben an seiner Seite als Fotografin. Jan findet die hübsche Klara nett. Jetzt freut er sich, in der fernen Heimat eine Brieffreundin zu haben, der er von seinen aufregenden Reisen berichten kann. Aber er ist vor allem glücklich seinen Traum zu leben: Seemann zu sein. Ob er Klara wiedersehen wird? Vielleicht. Große Gefühle und ein ungleiches Paar. Kann daraus echte Liebe werden? Ein Wiedersehen in Sri Lanka wird alles verändern – und Klara muss sich entscheiden, wem sie letztendlich ihr Herz schenkt …

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Catharina Clas

Vollständige eBook-Ausgabe der Hardcoverausgabe

bloomoon, München 2015

© 2015 bloomoon, ein Imprint der arsEdition GmbH, Friedrichstr. 9, D-80801 München

Alle Rechte vorbehalten

Text: Catharina Clas, vermittelt durch die Literaturagentur Birgit Arteaga, München

Coverillustration: Rebecca Stadtlander

Umschlaggestaltung: Grafisches Atelier arsEdition unter Verwendung einer Illustration von Rebecca Stadtlander

Umsetzung eBook: Zeilenwert GmbH

ISBN eBook 978-3-8458-1296-0

ISBN Printausgabe 978-3-8458-0797-3

www.bloomoon-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Galle/Sri Lanka, Weihnachten 2012

2013

Kapitel 1

∞ Damals, an diesem wundervollen Tag ∞

Kapitel 2

∞ Im letzten Jahr ∞

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

∞ Währenddessen auf der anderen Seite des Tisches ∞

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

2014

Kapitel 16

Kapitel 17

2013

Kapitel 18

∞ Einige Jahre später … ∞

Danksagung

Weitere Titel

Leseprobe zu "Mein perfekter Liebes-Notfallplan"

Galle/​Sri Lanka, Weihnachten 2012

Liebe Klara,

ich hoffe, es geht Dir gut und Deine Winterstiefel erfüllen momentan ihren eigentlichen Zweck.

Ich bin gerade auf Sri Lanka. Es ist einfach perfekt. Sommer, Sonne, Strand und Meer bei 30°C im Dezember. Heute Morgen sind wir in den Hafen von Colombo eingelaufen. Weil die Ladeoperationen nur langsam vorangingen, durfte ein Teil der Crew den Tag für einen Landgang nutzen. Also bin ich nach Galle gefahren. Die Stadt liegt im Süden der Insel. Allein die dreistündige Busfahrt hierher war ein kleines Abenteuer. Der Fahrer hatte den kompletten vorderen Bereich des Busses mit grellbunten Bildern von irgendwelchen singhalesischen Gottheiten vollgepflastert. Während der holprigen Fahrt hatte er dann versucht, mir in gebrochenem Englisch die Bedeutung seines kleinen Altarraumes zu erklären.

Jetzt sitze ich in einem gemütlichen Café in Strandnähe. Es erinnert mich ein bisschen an die Fünfzigerjahre. Auch die Autos, die hier die staubigen Straßen entlangtuckern, stammen eindeutig aus dem vorigen Jahrhundert. Du solltest unbedingt irgendwann mal hierherkommen. Es würde dir sicher gefallen. Meine Kollegen sind trotz der Gelegenheit zu einem Ausflug lieber an Bord geblieben, wahrscheinlich um sich auszuruhen. Aber zum Schlafen habe ich später auch noch Zeit. Die Welt ist so spannend und ich will alles von ihr sehen. Zur See zu fahren, war die beste Entscheidung meines Lebens!

Trotzdem freue ich mich natürlich auch, hin und wieder zu Hause zu sein. Im November war ich ein paar Tage bei meiner Mutter und ihrem neuen Freund in Göttingen zu Besuch. Es war ganz nett, aber ich kann dir sagen, ich war froh, als ich kurz darauf wieder ein Schiff unter den Füßen hatte. Im März werden wir wieder in Hamburg einlaufen.

So, jetzt muss ich meinen Bus zurück nach Colombo erwischen.

Sonnige Grüße aus Sri Lanka

2013

Kapitel 1

Klaras Herz schlug immer schneller. Sie las Jans Brief nun schon zum dritten Mal. Im März würde er nach Hamburg kommen. In zwei Monaten. Jeden Tag hatte sie den Postboten schon vor dem Haus abgefangen, um Jans Briefe sofort lesen zu können. Während der letzten Monate war sie leider leer ausgegangen. Er hatte sicher viel zu tun auf dem Containerschiff. Aber nun war der ersehnte Brief endlich da. Hamburg im März. Klara seufzte und hielt sich den hellblauen Umschlag an die Brust. Schon jetzt spürte sie die Aufregung in sich aufsteigen. Sie würden sich wiedersehen. Zum ersten Mal seit diesem einen magischen Kuss an der Traveförde. Endlich.

∞ Damals, an diesem wundervollen Tag ∞

Travemünde/​Traveförde, 23. Juni 2012

Bitte nicht Leon. Sag einen anderen Namen. Irgendeinen, nur nicht Leon, flehte Klara innerlich.

»Leon«, sagte Tina und grinste breit. »Er war der Wahnsinn. Mann, kann der küssen. Ich hätte nie damit gerechnet, dass er auf mich steht. Ich meine, es gab keine Anzeichen. Bis gestern. Du hättest echt mitkommen sollen. Die Party war der Hammer. Kims Eltern sind gerade in Berlin und wir hatten das ganze Haus für uns.«

»Ich war auf der Geburtstagsfeier meiner Oma«, antwortete Klara tonlos. Sie war wütend und traurig zugleich. Und das Schlimmste daran war, dass sie Tina eigentlich nicht mal böse sein durfte. Sie hatte ihr gegenüber nie erwähnt, dass sie heimlich für Leon schwärmte.

Und das aus gutem Grund. Als Klara ihrer Freundin vor ein paar Wochen erzählt hatte, dass Finn sie nach der Schule abgefangen und auf ein Eis eingeladen hatte, war Tina nicht mehr zu stoppen gewesen.

»Du musst ihn erst heiß machen und dann zappeln lassen. Zieh am besten das neue rote Top an, wenn ihr euch das nächste Mal trefft. Darin siehst du richtig sexy aus. Und es wird ihn fertigmachen«, hatte sie mit leichter Hysterie in der Stimme vorgeschlagen. Dann folgten noch so viele gute Ratschläge, dass Klara bei ihrem ersten richtigen Date mit Finn gar nicht mehr sie selbst sein konnte. Ihr Kopf brummte vor lauter »Streich dir die Haare lässig aus der Stirn« und »Beug dich leicht zu ihm vor«, und das Ergebnis von Klaras Bemühungen waren unnatürliche Verrenkungen und Finns schnelle Flucht gewesen.

Seitdem hatte sie sich geschworen, nicht mehr auf Tina zu hören, und das war am einfachsten, wenn diese keinen Grund hatte, ihre Liebestipps zum Besten zu geben.

»Ja, stimmt, der Oma-Geburtstag.« Tina nickte. »Schade, hast echt was verpasst.«

»Danke«, antwortete Klara mit sarkastischem Unterton.

»Keine Sorge, die nächste Party kommt bestimmt«, sagte Tina und ließ ihre Beine über die Lehne der Couch baumeln. Klaras Eltern waren beim Einkaufen in Lübeck, und so konnten die Freundinnen in Ruhe reden. Mit einer solchen Eröffnung hatte Klara allerdings nicht gerechnet. Leon. Warum ausgerechnet Leon?

Klara schaute trübsinnig aus dem Fenster. Die Sonne strahlte hell vom Junihimmel, und durch das geöffnete Fenster drang das Gekreische der Nachbarskinder, die sich gegenseitig ins Planschbecken warfen.

»Und was ist jetzt mit euch? Mit dir und Leon, meine ich?« Klara schluckte und bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Sie wollte ihrer Freundin auf keinen Fall sagen, dass sie selbst was von Leon wollte. Nicht jetzt, nachdem Tina mit ihm rumgeknutscht hatte. Das würde so klingen, als würde sie Tina Leon nicht gönnen, und Klara war im Grunde ja selbst schuld. Sie hätte Tina einweihen können. Trotzdem fühlte es sich so an, als hätte ihre Freundin sie verraten.

»Ich weiß nicht genau.« Tina schaute auf ihre Füße. »Ich werde mal abwarten, wie er sich verhält. Eins steht fest, ich werde auf keinen Fall diejenige sein, die anruft. Das überlasse ich schön ihm und dann sehen wir weiter.« Sie wickelte eine ihrer blonden Strähnen um ihren Zeigefinger und auf ihrem Gesicht konnte Klara die kribbelnde Vorfreude auf den Triumph ablesen.

Leon würde anrufen. Da brauchte sich Klara nichts vorzumachen. Jeder Junge an ihrer Schule stand auf Tina. Sie konnte sich die Typen einfach so aussuchen. Im Gegensatz zu Klara. Finn war der erste Kerl gewesen, der sich tatsächlich für sie interessiert hatte. Es lag mit Sicherheit nicht an ihrem Aussehen, das wusste Klara. Sie traute sich nur nicht, auf die Jungs zuzugehen. Was das Selbstbewusstsein anging, beneidete sie Tina. Klara war fast siebzehn und sie hatte noch nicht einmal richtig geküsst. Ihre Freundin war ihr da um Längen voraus. Bei jeder Party nahm sich Klara vor, einen Typen klarzumachen, und dann scheiterte der Plan meist schon daran, dass sie sich nicht traute, sich richtig zu betrinken. Sie wollte die Kontrolle über sich nicht verlieren. Doch auch das würde sie Tina nicht verraten. Die würde es sowieso nicht verstehen.

»Was machen wir heute? Am Priwall ist ein Fest.« Tina schwang ihre Beine von der Lehne und schaute Klara fragend an. Das Thema Leon war für sie abgehakt.

»Wir sind doch gar nicht eingeladen«, erwiderte Klara unsicher. Von den Abschlussfeiern der Seemannsschule hatte sie schon oft gehört, allerdings war sie noch nie dort gewesen.

»Ach was, die freuen sich bestimmt, wenn wir kommen«, sagte Tina fröhlich.

Klara seufzte. »Okay, ich bin dabei.« Insgeheim nahm sie sich wieder einmal vor, heute so richtig abzugehen. Das könnte endlich ihr Abend werden. Und der Gedanke an Tina und Leon gab ihr die nötige Wut, um es vielleicht wirklich durchzuziehen.

Klara stand im Badezimmer und betrachtete ihr Gesicht im Spiegel. Vor ungefähr einem Jahr hatte sie begonnen, sich zu schminken. Mittlerweile sah sie danach auch nicht mehr aus wie Daniela Katzenberger, sondern wie sie selbst. Nur ein bisschen besser als gewöhnlich. Sie prüfte ihr Outfit. Das neue rote Top, dazu ein Jeansminirock und UGG Boots. Die Winterstiefel waren für Ende Juni natürlich viel zu warm, aber sie waren einfach stylish. Auch wenn ihre Füße glühten. Sie sah gut aus. Ihre langen, braunen Haare hatte sie durch das Glätteisen gezwungen und sie fielen locker über ihre Schultern.

»Klara, bist du fertig?«, hörte sie die Stimme ihrer Mutter durchs Treppenhaus hallen. »Tina ist hier.«

»Ich komme gleich«, rief sie nach unten und griff noch ein letztes Mal zum Haarspray.

Kurz darauf liefen die Freundinnen durch die Straßen von Travemünde. Sie sahen aus, wie der InStyle entsprungen, und die meisten Leute schauten ihnen neugierig nach, als sie kichernd in Richtung Strandpromenade spazierten.

An der Anlegestelle der Priwallfähre mussten sie ein bisschen warten, doch bei dem schönen Sommerwetter war das nicht weiter schlimm. Klara genoss die Stimmung, die in ihrer Heimatstadt um diese Zeit herrschte. Die Vögel zwitscherten fröhlich, am Strand dösten noch einige Touristen in der Abendsonne und über der Stadt hing die Vorfreude auf das Wochenende.

Klara und Tina fuhren hinüber zur Halbinsel Priwall. Mit jedem Meter, den sie sich dem gegenüberliegenden Ufer näherten, schlug Klaras Herz einen Tick schneller.

»Kommt aus unserer Klasse sonst noch jemand?«, fragte Klara, um ihre Nervosität zu überspielen.

»Keine Ahnung. Ich denke, dass die Mädels aus der Zwölften auch dort sein werden.«

»Denkst du echt, dass wir bei der Feier auftauchen sollten?« Klara war unsicher.

Die Fähre legte an und die beiden verließen das Schiff in Richtung Abenteuer.

»Klar! Wieso nicht? Die Seemänner haben ihre Zeugnisse doch schon bekommen. Der offizielle Teil ist vorbei und jetzt wollen sie einen draufmachen. Aber ganz sicher nicht allein!« Sie knuffte Klara in die Seite.

Die Party war schon in vollem Gange, als Klara und Tina das Gelände der Seemannsschule erreichten. Hinter dem Hauptgebäude war ein großes Zelt aufgebaut, aus dem laute Musik von Snoop Dogg und David Guetta dröhnte.

»I just wanna make you sweat«, groovte Tina und schwang ihre Hüften in kleinen Bewegungen aus Vorfreude auf die bevorstehende Megaparty. Sie nickte Klara im Takt zu und hakte sich bei ihr unter. Gemeinsam betraten sie das Zelt.

»Die haben einfach ohne uns angefangen«, grinste Tina und stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um besser sehen zu können. »Dort hinten ist die Bar.«

Klara folgte Tinas Zeigefinger mit ihrem Blick. Auf einmal wurde sie angerempelt. Sie wirbelte herum. »Hey, du …« Die Worte lösten sich in Luft auf, bevor sie dem Kerl irgendwelche Schimpfworte an den Kopf werfen konnte.

Wow, dachte Klara. Er war groß, muskulös und gut aussehend. Klara kniff Tina in den Arm, bis sie sich umdrehte.

»Hi. Ich bin Jan«, stellte er sich vor.

»Tina.« Klaras Freundin warf ihm einen aufreizenden Blick zu. Er schien jedoch dagegen immun zu sein, wie Klara mit leichter Genugtuung feststellte. Zumindest reagierte er auf Tinas Reize nicht wie die meisten Typen.

»Ich bin Klara.« Sie lächelte ihn an.

»Kommt, wir holen uns was zu trinken«, sagte Jan und schob sich zwischen Klara und Tina. Noch bevor Klara es sich anders überlegen konnte, legte er einen Arm um ihre Schultern und den anderen um Tinas. Gemeinsam liefen sie an einigen Biertischen vorbei, an denen vereinzelt Aufpasser saßen. Ob Eltern der Absolventen oder Lehrer der Seemannsschule, konnte Klara nicht erkennen. Sie hoffte nur, dass sie nicht als Party-Crasher entlarvt und vor die Tür gesetzt wurden. Diese Befürchtungen zerschlugen sich allerdings von ganz alleine, als sie bei der Bar ankamen. Dort tummelte sich Klaras halbe Schule, na ja, zumindest der weibliche Teil davon.

Jan füllte drei Becher mit Bowle und kam dann wieder zu Klara und Tina zurück.

»Das Zeug ist ein bisschen dünn. Falls ihr noch einen Schuss Wodka wollt, müsst ihr mit mir rauskommen«, sagte er. »Wir haben noch reichlich Nachschub hinten auf dem Parkplatz gebunkert.«

»Ja, gern«, rief Tina.

Klara war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Allerdings hatte sie sich für den heutigen Abend vorgenommen, locker zu sein und alles mitzumachen.

»Okay, dann folgt mir unauffällig.« Jan zwinkerte den beiden zu und Tina stieß ein begeistertes Quietschen aus. Klara nippte an ihrer Bowle. Sie schmeckte gut, so wie sie war. Dann lief sie hinter Tina und Jan aus dem Zelt. Die Sonne war untergegangen und das gesamte Schulgelände lag in der Dämmerung. Nur das Partyzelt pulsierte hell und dröhnend. Draußen wurde es langsam kühler, und Klara war erleichtert, dass ihre Füße nicht mehr der direkten Hitze ausgesetzt waren. Falls Tina mit Jan im Gebüsch oder sonst wo verschwinden sollte, dann könnte sie wenigstens kurz die Stiefel ausziehen. Aber seltsamerweise versetzte ihr dieser Gedanke einen Stich. Und das nicht, weil sie sich Sorgen um den Ruf ihrer besten Freundin machte.

Jan ließ die beiden kurz allein, gesellte sich zu einer Gruppe Jungs und entführte eine der Wodka-Flaschen, die in deren Mitte standen. Zusammen mit dem Alkohol und einem angetrunkenen Typen kam er zurück.

»Das ist Paul.« Jan zerrte den besoffenen Kerl am Hemdsärmel heran.

Der lächelte Tina breit an und schlabberte ihren Handrücken ab, wobei er irgendetwas mit »Schande« und »Manuel« vor sich hin murmelte. Klara drehte sich angewidert weg, als er versuchte, bei ihr das Gleiche zu tun.

Tina ließ sich von Jan einen großzügigen Schuss Wodka einschenken, doch Klara zögerte. Dann gab sie sich einen Ruck und hielt Jan den Becher hin.

Während Jan den Wodka wieder zu seinen Kumpels zurückbrachte, kamen sich Tina und Paul offensichtlich näher. Zumindest kicherten die beiden unentwegt. Klara roch an ihrem Punsch. Der Geruch erinnerte sie an Farbverdünner. Entschlossen nahm sie einen Schluck. Es schmeckte auch wie Farbverdünner. Tina flirtete mit Paul. Warum hatte sie nicht ihre Finger von Leon lassen können, wenn er ihr ohnehin egal war?

Heimlich schüttete Klara die Hälfte des Wodkagemischs neben sich ins Gras.

»Wir gehen zurück zur Party«, sagte Tina schließlich. »Kommst du mit, Klara?«

»Ähm, nein, geht ihr mal ohne mich. Ich warte auf Jan.«

»Soso, dann viel Spaß!« Tina knuffte ihre Freundin in die Seite und grinste sie verschmitzt an. »Und zieh das noch ein bisschen runter.« Sie griff nach Klaras Top und zog es nach unten, sodass es gerade noch ihren BH bedeckte. Das Ergebnis war ein Dekolleté, wie es sonst nur Stars bei der Oscar-Verleihung trugen. Klara verdrehte die Augen, doch Tina lachte nur. Dann verschwanden die beiden in Richtung Festzelt.

»Wo ist denn deine Freundin?«, fragte Jan, als er zurückkam.

»Sie ist mit Paul zurück zur Party.«

»Und du wolltest nicht mit?«

»Ich wollte nicht stören. Bei was auch immer.« Klara zögerte. »Hast du Lust auf einen Spaziergang?«, fragte sie dann. Sie wusste selbst nicht genau, was sie vorhatte, doch Jan schien sich für sie zu interessieren und nicht für Tina. Diese Chance musste Klara nutzen. Vielleicht war heute wirklich die Nacht der Nächte.

»Warum nicht?« Jan zuckte mit den Schultern. Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, sodass einige seiner blonden Strähnen wirr durcheinandergewirbelt wurden. Klara beobachtete ihn. Sie fand, dass er verlegen wirkte. Das gab ihr ein bisschen mehr Selbstvertrauen. Sie stapfte los. Und sie hoffte, dass er ihr folgen würde.

Zwei Sekunden später hatte er zu ihr aufgeschlossen. Klara konnte das Adrenalin in ihrem Blut spüren. Sie duckte sich unter einigen tief hängenden Ästen hindurch. Wenn sie sich nicht in der Himmelsrichtung täuschte, dann mussten sie bald an der Traveförde ankommen. Sie bog um eine Ecke, und schon lag das Ufer vor ihr. Der abnehmende Mond bildete eine helle Sichel am Sternenhimmel und spiegelte sich im dunklen Wasser. Es war definitiv romantisch. Vielleicht zu romantisch. Klara spürte, dass ihre Hände feucht wurden. Ihr Herz schlug heftig und sie konnte ihren Atem kaum beruhigen. Jan sah sie erwartungsvoll an. Für einen kurzen Augenblick glaubte sie, so etwas wie Belustigung in seinem Blick zu erkennen. Was nun?

Jan sah im Mondschein noch viel besser aus als im künstlichen Licht der Parkplatzlaternen. Klara wollte etwas sagen. Irgendetwas Lustiges, Tiefgründiges oder Cooles. Aber ihr fiel nichts ein. Offenbar wollte er sie nicht küssen. Er musste doch wissen, dass sie nicht mit ihm allein sein wollte, um stumm in die Landschaft zu schauen. Andererseits war sie es gewesen, die diesen Spaziergang vorgeschlagen hatte. Vielleicht wartete er auch nur auf ein Zeichen von ihr. Sie warf einen Seitenblick auf Jan und ihre Knie wurden weich. Sie musste handeln, sonst wäre der magische Augenblick vorüber und er würde bestimmt wieder zurück zur Party gehen. Mit klopfendem Herzen trat sie einen Schritt auf ihn zu. Erleichtert stellte sie fest, dass sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. Er legte wortlos die Hände um ihre Hüfte und zog Klara zu sich heran.

Ihre Lippen berührten sich und Klaras Puls schnellte in die Höhe. Ihre Atmung wurde flacher und sie ließ den Becher mit der Wodkabowle einfach fallen. Es war der Wahnsinn. Sie wollte diesen Moment für immer festhalten. Ihre Küsse wurden intensiver und Klara verlor jedes Zeitgefühl. Schließlich lösten sie sich wieder voneinander und ließen sich auf den Boden sinken.

Klaras Herz hämmerte. Sie hatte es endlich getan. Ihr erster richtiger Kuss. Es war genau so gewesen, wie sie es sich immer erträumt hatte. Sie wollte mehr, doch in diesem Augenblick war sie einfach nur glücklich, hier neben Jan zu sitzen. Sie glaubte, eine tiefe innere Verbundenheit zu spüren. Das musste sie sein, die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Mit einem Lächeln im Gesicht legte Klara ihren Kopf an Jans Schulter und sah sich in Gedanken Hand in Hand mit Jan am Strand spazieren gehen.

Klara lag auf ihrem Bett und hielt Jans Brief immer noch fest umklammert. Vor dem Fenster tanzten die Schneeflocken. Der Winter hatte spät begonnen, doch mittlerweile lag ganz Travemünde unter einer weißen Puderschicht. Klara träumte von sonnigen Stränden, von Sri Lanka und von ihrem Seemann. Seit sie und Jan sich nähergekommen waren, hatte sie es einfach gewusst. Es war Liebe. So viele Nächte hatte sie wach gelegen und auf das Telefon gestarrt, in der Hoffnung, dass er aus Singapur, Kanada oder Mexiko anrufen würde. In zwei Monaten war es nun endlich so weit. Klara war sich sicher: Der Kuss hatte etwas zu bedeuten.

Kapitel 2

Jan trat aus der Wärme der Kommandobrücke hinaus in den beißend kalten Nachtwind. Es war drei Uhr morgens, und alle Mitglieder der Besatzung, die keinen Wachdienst hatten, schliefen schon seit Stunden. Das Schiff lief ruhig, und auch während Jans Wache hatte es keinerlei Zwischenfälle gegeben.

Er zog sein Handy aus der Hosentasche und warf einen prüfenden Blick auf das Display. Gestern Vormittag hatte er eine SMS von Klara bekommen, doch im Hafen von Busan war er zu beschäftigt gewesen, um ihr zu antworten. Er hatte leider nicht einmal die Zeit gefunden, sich ein wenig in der südkoreanischen Metropole umzusehen. Jetzt befanden sie sich wieder auf hoher See und Jans Handy hatte keinen Empfang mehr.

Nachdenklich trat er an die Reling der Brückennock. Seine Hand tastete gedankenverloren nach der alten Münze in seiner Tasche. Vor seiner ersten Fahrt hatte ihn sein Großvater zur Seite genommen und ihm das Familienerbstück überreicht. Er hatte sogar noch eine persönliche Gravur hinzufügen lassen. »Möge sie dein Begleiter sein und dich auf deiner Reise beschützen«, hatte er gesagt und seinen Enkel fest umarmt. Eigentlich glaubte Jan nicht an solche Dinge, doch diesen Talisman trug er immer bei sich. Bis jetzt hatte er ihm auch wirklich Glück gebracht. Von den richtig heftigen Stürmen, über die seine Kollegen oft berichteten, war er bisher verschont geblieben.

Auch in dieser Nacht war alles still. Der Vollmond beleuchtete die unendliche Weite der See. Jan atmete tief die frische Meeresluft ein und musste unwillkürlich lächeln. Ja, er lebte seinen Traum. Und Klara gehörte nicht dazu. Er mochte es, ihr zu schreiben, und er freute sich auch jedes Mal über Nachrichten von ihr, doch mehr war da nicht. Jan hatte sich weiterentwickelt. Er wollte seine Freiheit genießen. Der Kuss an der Traveförde war nichts weiter als eine schöne Erinnerung.

∞ Im letzten Jahr ∞

Travemünde/​Traveförde, 23. Juni 2012

Die Viermastbark lag ruhig im glitzernden Hafenwasser. Von der mächtigen Takelage des Segelschiffes flatterten bunte Girlanden, die in der Sonne strahlten.

Jan musste zugeben, dass es ein beeindruckender Anblick war. Er kannte das Schiff in- und auswendig. Unzählige Male hatte er in den letzten Jahren jeden Winkel des über einhundert Meter langen Meisterwerks bewundert. Doch heute wirkte alles anders. Festlich. Bunt. Lebendig.

Zusammen mit seinen Kommilitonen stand er am Hafen.

»Dein Vater hätte sich wirklich freinehmen können. Es tut mir leid, dass er heute nicht hier ist.« Jans Mutter sah ihn mitfühlend an. »Aber du kennst ihn ja.«

Jan nickte nur. Seine Eltern hatten sich vor Jahren scheiden lassen. Mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt und ehrlich gesagt nie damit gerechnet, dass sein Vater tatsächlich bei seiner Abschlussfeier auftauchen würde.

»Ich habe ihm gesagt, dass heute ein wichtiger Tag für dich ist, aber er musste ja unbedingt auf Geschäftsreise gehen.« Sie war so richtig in Fahrt gekommen, wie immer, wenn es darum ging, die Fehler ihres Exmannes hervorzuheben. »Tokio«, sagte sie in einem affektierten Tonfall. »Und das heute. Er sollte lieber bei seinem Sohn sein. Tut mir so leid.« Wieder folgte ein bedeutungsvoller Blick.

»Alles okay, ehrlich. Es geht los.« Jan bugsierte seine Mutter auf das Museumsschiff.

Für die Übergabe der Zeugnisse hatten sich alle Gäste besonders schick gemacht. Absolventen, Familien und Freunde drängten sich in schwarzen Anzügen und eleganten Cocktailkleidern an Bord. Jan schwitzte in seinen Klamotten, aber seine Mutter hatte darauf bestanden, dass er sich für diesen Anlass herausputzte. Er hätte natürlich auch Shorts und ein T-Shirt anziehen können, schließlich war er alt genug, das selbst zu entscheiden, doch er wollte seiner Mutter nicht noch mehr Gründe geben, sich aufzuregen.

»Ich bitte alle Absolventen nach vorne.« Die Stimme des Schulleiters knisterte durch ein Mikro und kündete den Beginn der Feierlichkeiten offiziell an.

Jan schob sich neben Paul. Die beiden hatten sich im Internat der Seemannsschule ein Zimmer geteilt und waren mit der Zeit wirklich gute Freunde geworden.

»Mia ist da«, raunte Paul ihm zu.

»Was?« Jan blickte über seine Schulter und schaute sich suchend um. Tatsächlich, da stand Mia, mitten unter den Gästen. Sie trug ein pinkfarbenes Kleid und sah einfach umwerfend aus. »Was macht die denn hier?«

»Soweit ich weiß, ist sie jetzt mit Nils zusammen.« Paul klopfte Jan mitfühlend auf die Schulter.

Der Rektor räusperte sich ins Mikrofon. »Kurt Tucholsky hat einmal gesagt: Wenn einer eine Ansprache hält, müssen die anderen schweigen – das ist deine Gelegenheit. Missbrauche sie.« Er legte eine kurze Pause ein, doch niemand lachte. »Wie dem auch sei, ich möchte die Gelegenheit nutzen, um unsere Absolventen zu ehren …«

»Seit wann sind Mia und Nils zusammen?« Jan war in Gedanken bei seiner Exfreundin. »Sie hat mich abserviert, weil sie meinte, dass eine Beziehung mit einem Schiffsmechaniker nix für sie wäre. Und was ist ihr Neuer?« Er war wütend.

»Du hast sie geliebt, oder?«, fragte Paul, während er weiterhin den Schulleiter ansah.

»Keine Ahnung. Jetzt fühle ich mich auf alle Fälle verarscht«, knurrte Jan.

Für den Rest der feierlichen Zeremonie wanderte sein Blick zwischen Mia und Nils hin und her. Insgeheim wusste Jan, dass er Mia nie wirklich geliebt hatte. Aber darum ging es auch gar nicht. Er fragte sich, wie lange die beiden sich schon hinter seinem Rücken über ihn lustig gemacht hatten.

»Yes! Wir haben’s geschafft.« Paul boxte Jan auf den Oberarm. »Jetzt wird gefeiert. Ich hab den gesamten Kofferraum meines Autos mit Alk befüllt.« Er grinste breit. »Vergiss Mia!« Paul mischte sich unter die Gäste und ließ sich beglückwünschen. Jan folgte ihm zögernd. Mit dem Zeugnis in der Hand suchte er seine Mutter und fand sie schließlich im Gespräch mit Pauls Eltern.

»Jan, Schatz, das war wundervoll. Herzlichen Glückwunsch, mein Junge.« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Ich muss jetzt leider los. Die Feier wird bestimmt prima. Ich wünsch dir viel Spaß.« Nach einer kurzen Umarmung flatterte sie davon. Jan atmete unwillkürlich auf. Er sollte sich wirklich auf die Party konzentrieren und seinen Groll gegen Mia vergessen.

Gemeinsam mit seinen Kommilitonen lief er zur Schule zurück. Im großen Festzelt wartete bereits ein riesiges Buffet auf sie. Den Blickkontakt zu Mia mied Jan den ganzen Nachmittag über so gut er konnte.

Die Party entwickelte sich rasch zu einem öffentlichen Großereignis. Nach und nach kamen immer mehr Leute, die Jan noch nie gesehen hatte. Er quetschte sich durch die Menge und hielt nach Paul Ausschau. Von dem war keine Spur zu sehen. Stattdessen blieb Jans Blick an zwei unbekannten Mädchen hängen. Die eine war klein, mit blonden Locken und wirkte quirlig und sexy. Es war jedoch die andere, die seine volle Aufmerksamkeit mit einem Schlag auf sich zog. Sie hatte den perfekten Körper, war größer als der Blondschopf, aber trotzdem noch einen Kopf kleiner als er. Kurz kam ihm der Gedanke, dass er noch nie ein schöneres Mädchen gesehen hatte, doch dann musste er sich eingestehen, dass sie ja doch alle tricksten. Manchmal war es erstaunlich, was Make-up aus einem Gesicht machen konnte. Trotzdem, hübsch war sie auf alle Fälle. Sogar hübscher als Mia. Jan schob sich durch die grölenden Schüler und Absolventen, bis er wie zufällig die Brünette anrempelte. Sie wirbelte herum und sah ihm direkt in die Augen.

Wow, dachte Jan. Sie war auch aus der Nähe echt heiß.

»Hi. Ich bin Jan.«

»Tina.« Die kleine Blonde warf ihm einen aufreizenden Blick zu, doch er konzentrierte sich weiterhin auf ihre Freundin.

»Ich bin Klara«, sagte sie und wirkte etwas schüchtern, auch wenn ihre Klamotten die Welt vom Gegenteil überzeugen wollten. Jan musste innerlich grinsen. Winterstiefel bei dreißig Grad. So verrückt konnten auch nur Frauen sein. Er war froh, dass er mit diesen dämlichen Modezwängen nichts am Hut hatte. Nach der Übergabe der Zeugnisse hatte er seinen Anzug sofort wieder gegen normale Klamotten eingetauscht. In Jeans und T-Shirt fühlte er sich eindeutig wohler. Und Klara schien sich nicht daran zu stören, dass er sich für den Surfer-Look entschieden hatte.

»Kommt, wir holen uns was zu trinken«, schlug er vor und legte dabei auch schon seine Arme um die Schultern der Mädchen. Heimlich hielt er nach Mia Ausschau. Es konnte nicht schaden, wenn sie ihn mit den beiden sah.

Jan steuerte zielsicher auf die große Schüssel mit der Bowle zu. Es war das einzige alkoholische Getränk, das die Schuldirektion offiziell genehmigt hatte. Zwar waren die meisten Absolventen bereits volljährig, doch aus Erfahrung wusste man, dass die jüngeren Schüler die Abschlussfeier gerne nutzten, um sich zu betrinken. Eine mit Sekt aufgegossene Bowle war deshalb das höchste der Gefühle. Jan nahm drei Plastikbecher von einem Stapel und befüllte sie schwungvoll.

»Das Zeug ist ein bisschen dünn. Falls ihr noch einen Schuss Wodka wollt, müsst ihr mit mir rauskommen«, sagte er. »Wir haben noch reichlich Nachschub hinten auf dem Parkplatz gebunkert.«

Ich könnte wetten, dass die kleine Blonde sofort dabei ist, dachte er bei sich.

»Ja, gern«, rief Tina und schenkte ihm einen tiefen Blick.

»Okay, dann folgt mir unauffällig.« Er zwinkerte den beiden zu und sie verließen gemeinsam das Zelt. Ihm entging nicht, dass Klara einen kleinen Sicherheitsabstand hielt.

Beim Hinausgehen sah er, dass seine Exfreundin ihm einen giftigen Blick zuwarf. Er hob die Schultern und schaute sie fragend an. Innerlich jubelte er jedoch. Ja, er hatte Chancen bei zwei hübschen Mädchen. Nils hin oder her, es schien Mia etwas auszumachen. Auf dem Parkplatz hatten sich einige Partygäste versammelt. Jan ging auf eine Gruppe ehemaliger Mitschüler zu, die sich um Pauls Opel Corsa geschart hatten. Sie standen im Kreis um zwei Flaschen Wodka und eine Flasche Bitter Lemon.

»Hey, Alter, wen hast du denn da mitgebracht? Darf ich die Schlumpfine übernehmen?«, lallte Paul.

»Gern«, antwortete Jan. »Kannst du sie ablenken? Ich stell euch vor.« Paul grinste nur.

Jan schnappte sich die Wodka-Flasche und ging zurück zu Klara und Tina.

»Das ist Paul.« Jan zog seinen Kumpel am Hemdsärmel heran.

»Enchanté, Mademoiselle«, brabbelte er und drückte Tina einen feuchten Kuss auf den Handrücken. Es klang eher nach »Schande, Manuel«. Jan schüttelte grinsend den Kopf und schraubte die Flasche auf. Tina hielt ihm den Becher hin und er schenkte ihr einen kräftigen Schuss ein. Klara stand neben Paul und hielt ihre Bowle fest umklammert. Jan schaute sie fragend an. Zögernd nickte sie und ließ sich einschenken. Dann goss er sich selbst ein wenig Alkohol in seinen Becher und brachte die Flasche wieder zu seinen Klassenkameraden. Als er zurückkam, stand Klara allein in einer Parklücke. Und ihr Dekolleté zeigte eindeutig mehr Haut als noch gerade eben. Und gleichzeitig wirkte sie irgendwie ein bisschen aufgeregt. Sie war wirklich zum Anbeißen.

»Wo ist denn deine Freundin?«, fragte Jan, obwohl er die Antwort bereits wusste.

»Sie ist mit Paul zurück zur Party.«

»Und du wolltest nicht mit?«

»Ich wollte nicht stören. Bei was auch immer.«

Es entstand ein kurzes Schweigen.

»Hast du Lust auf einen Spaziergang?«, fragte Klara.

»Warum nicht?« Jan zuckte mit den Schultern. Für einen kurzen Augenblick fragte er sich, ob er nur mitging, um Mia eins auszuwischen. Nachdenklich fuhr er sich mit der Hand durch die Haare. Bevor er den Gedanken zu Ende denken konnte, hatte sich Klara bereits umgedreht und war in der Dunkelheit verschwunden. Nach nur drei Schritten hatte Jan sie eingeholt. Sie lief Richtung Strand, und Jan war neugierig, was sie vorhatte. Sie wirkte auf ihn nicht wie ein Mädchen, das die Jungs der Reihe nach verführte.

Nach wenigen Augenblicken hatten sie das Ufer der Traveförde erreicht. Jan schaute Klara direkt an. Er konnte ihre Nervosität spüren und lächelte in sich hinein. Klara war ganz anders als Mia. Wahrscheinlich hatte sie noch nicht viel Erfahrung, was Jungs anging. Sie schien ihn küssen zu wollen, doch er konnte sich nicht vorstellen, dass sie den Mut dazu fand, den ersten Schritt zu wagen. Ihre Freundin Tina wäre vermutlich schon längst über ihn hergefallen, aber Klara war anders. Jan mochte schüchterne Mädchen. Er mochte Klara. Das musste er sich eingestehen. Sollte er den ersten Schritt machen? So wie sie gerade am Saum ihres Shirts herumzupfte, würde sie mit Sicherheit darauf einsteigen. Sie wollte es. Er fühlte sich selbstsicher. Er war derjenige, der diese Situation im Griff hatte. Er war der Kerl. Und deshalb ließ er sie noch ein bisschen schmoren.