Wo bist du Gott? - Dominika Rank - E-Book

Wo bist du Gott? E-Book

Dominika Rank

0,0

  • Herausgeber: Echter
  • Sprache: Deutsch
Beschreibung

Die Ukrainerin Dominika Rank hat ihren Lebensmittelpunkt in Bogota. Als der russische Angriffskrieg am 24. Februar 2022 startete, begann gewissermaßen ihr innerliches Ghetto. "Während sich in der Ukraine meine Mutter mit meinen kleinen Neffen, meine Freunde und Kollegen in improvisierten Bombenkellern versteckten, quälte ich mich mit einem Handy in der Hand, immer mit dem Kopf bei den Nachrichten und Social-Media, durch mein sicheres Leben im sonnigen, warmen Kolumbien. Die Unmöglichkeit, physisch in der Ukraine zu sein, zerreißt mein Herz." Jeder neue Kriegsmonat brachte starke negative Gefühle mit: Wut, Angst, Rachgier, Zorn, Hilflosigkeit. In dieser Not begann sich Rank intensiv mit der Bibel auseinanderzusetzen und fand darin tatsächlich Hilfe. Aber nicht in Gestalt einer Liebes- oder Versöhnungsbotschaft, sondern als Widerspiegelung ihrer dunklen Wünsche und Ängste. Sie hat ihre Gedanken schriftlich festgehalten. Entstanden sind daraus zehn bemerkenswerte Geschichten.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 35

Veröffentlichungsjahr: 2023

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wo bistdu, Gott?

DOMINIKA RANK

Wo bistdu, Gott?

Gedanken einer Ukrainerin über Angst, Trauer und Glaube

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2023

© 2023 Echter Verlag GmbH, Würzburg

www.echter.de

Covergestaltung: wunderlichundweigand GbR, Schwäbisch Hall

Coverfoto: ©2022 rfranca/shutterstock.com

Layout Innenteil: satzgrafik Susanne Dalley, Aachen

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

ISBN 978-3-429-05867-8

ISBN 978-3-429-05258-4 (PDF)

ISBN 978-3-429-06606-2 (ePub)

Inhalt

Einleitung

1Rache

2Geduld

3Hochmut

4Angst

5Sieg

6Ruhe

7Hoffnung

8Dankbarkeit

9Versöhnung

10Gott

Bildnachweis

Widmung

Einleitung

Am 24. Februar wurde gewissermaßen mein innerliches Ghetto eröffnet …

Während sich in der Ukraine meine Mutter mit meinen kleinen Neffen, ebenso wie meine Studentinnen und Studenten, meine Freunde und Kollegen in improvisierten Bombenkellern versteckten, quälte ich mich mit einem Handy in der Hand, immer mit dem Kopf in den Front-Nachrichten und Social-Media-Kanälen durch mein sicheres Leben im sonnigen warmen Kolumbien.

Die Unmöglichkeit, physisch dort zu sein, wo eigentlich mein Platz, wo meine tatkräftige Hilfe am nötigsten wäre, zerreißt mein Herz. Jeder neuer Kriegsmonat brachte und bringt starke negative Gefühle mit: Wut, Angst, Rachgier, Zorn, Hilflosigkeit.

In dieser Not suchte ich nach Hilfe und noch nie zuvor habe ich mich so intensiv mit dem Wort Gottes auseinandergesetzt wie in dieser Kriegszeit. Ich habe tatsächlich in der Bibel Hilfe gefunden, sie kam aber zu mir nicht in Gestalt einer Liebes- oder Versöhnungsbotschaft, nein, ich fand in der Bibel die Widerspiegelung meiner dunklen Wünsche und Ängste, und darüber hinaus fand ich deren Akzeptanz. So lernte ich, beim Lesen mich mit dem Zorn und der Angst, mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen und sie zu verarbeiten.

Ich habe es weder geplant noch gewünscht, Gott in Gesichtern des Krieges zu suchen, doch genau diese Erfahrung hat meinen Glauben auf ein ganz anderes, stärkeres Niveau gebracht und dafür bin ich Gott sehr dankbar.

Langsam fallen die Angst- und Wut-Mauern meines innerlichen Ghettos, mit diesem kleinen Buch öffne ich sein Tor und lasse mein Leben wieder frei.

Kapitel 1

Wie oft bieten wir unserem Gott etwas an?Was können wir Gott überhaupt geben?

Rache

Wie sehen eigentlich Gebete aus? Vor Kurzem sahen meine wie eine Kinderwunschliste zu Nikolaus aus: „Lieber Gott, ich war vernünftig genug im vergangenen Jahr, also gib mir dies und jenes, gib mir die Kraft, noch einen Elternabend zu überstehen, oder meinen linken Kopfhörer vom gerade gestern gekauften Set im Kinderzimmer zu finden.“ Ich dachte mir, dass Jesus uns Menschen Gotteskinder genannt hat, nur weil er Menschen ohne Kinderzimmer konzipiert hat, sonst hätte er uns sofort zur Adoption gegeben. Oder: „Ich wünsche mir, lieber Gott, dass ich, als ich auf der Landstraße geblitzt wurde, weniger als 20 km/h zu schnell war.“

Manchmal habe ich eher unter dem Einfluss unserer Pfarrerin auch für ernste, schöne Sachen gebetet: für Frieden, für Solidarität, für unsere Kirche. Aber wie oft bieten wir unserem Gott etwas an? Was können wir Gott überhaupt geben? Na los, sagen Sie: „Liebe, Geborgenheit, Vertrauen, Treue, Zuversicht.“ Und ich werde antworten: „Ja, können wir, wenn wir dies haben.“

Am 24. Februar 2022 ist mit dem Ukraine-Krieg meine Wunschliste plötzlich leer geworden. Ich hatte nichts anzubieten und nichts wollte ich besitzen. Mein Leben war mir völlig egal. Am 24. Februar haben meine kleinen Zwillingsnichten, vier Jahre alt, das erste Mal im Bombenkeller übernachtet, genau wie viele andere meiner Verwandten, Studenten, Freunde, Kollegen (verzeiht mir bitte meinen Verzicht auf gendergerechte Sprache, glaubt mir, unter den Bomben kümmert sich niemand um Gendersternchen oder richtige Endungen). Am 25. Februar sind meine zwei Cousins plötzlich Soldaten geworden, zuvor alle noch Büromitarbeiter, nun Soldaten wie viele andere meiner Studenten. Ihre Frauen, zuvor Illustratorinnen und Managerinnen, sind heute Köchinnen und Blutspenderinnen. Am 26. Februar ist meine Mutter ein Flüchtling geworden, wie viele andere Frauen und Kinder.

Ich war in perfekter Sicherheit in Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens, mit viel Liebe und Unterstützung von meiner kirchlichen Gemeinde umschwärmt, und das machte alles noch schlimmer. In meinem Herzen herrschte Wut, Angst, Hilflosigkeit und Rachgier. Ich wollte mich rächen. Für mein Volk, für vergewaltigte Kinder, für ihre verhungernden Mütter in Mariupol.