Wolf Hole Junction - Ralph Pape - E-Book
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Wolf Hole Junction E-Book

Ralph Pape

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Beschreibung

Das Grauen hat einen Namen: "WOLF HOLE JUNCTION". Diese Geisterstadt birgt ein grausiges Geheimnis. Eine Begebenheit und ein Fluch aus ferner Vergangenheit, wirken sich bis in die Gegenwart aus. Bei einem Urlaub mit seiner Freundin Linda in der Wüste von Arizona, beginnt für Dean Grandner ein Abenteuer, das er in dieser Form lieber nicht erlebt hätte. Als Hobby Archäologe interessiert ihn natürlich alles, was mit der historischen Vergangenheit des Westens zutun hat. Es beschäftigt ihn auch schon lange, das seine Vorfahren auf unerklärliche Art und Weise verschollen sind. Auf der Suche nach der Wahrheit über seine Familie, kommt er einem grausigen Geheimnis auf die Spur, das ihn bis in die Zeit des wilden Westens zurückführt. Mit der Hilfe einiger Navajo-Schamanen und mit seinem neuen Freund Sheriff Richards, der ebenfalls involviert ist, gelangen sie in eine Welt, die grausiger und teuflischer nicht sein kann. Manche glauben, dass Dämonen nur in Geschichten und Legenden existieren, doch andere wissen um ihre Existenz und fürchten sich vor ihnen. Sie sind die unheimlichen Gestalten, die uns in Albträumen heimsuchen und uns das Blut in den Adern gefrieren lassen. Doch auch wenn wir sie nicht sehen können, so spüren wir doch ihre Präsenz und wissen, dass sie da sind. Die indianischen Schamanen jedenfalls wissen um das Geheimnis des Überirdischen und können sich spirituell mit den Geistern ihrer Vorfahren in Verbindung setzen. Und haben auch die Fähigkeit, geistig in das Reich der Geister und Dämonen vorzudringen.

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Seitenzahl: 197

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Kapitel 1 Vorwort

In diesem Horror-Western sind mystische und spirituelle Elemente der Ureinwohner Nordamerikas miteinbezogen. Es gibt Dämonen und andere finstere Gestalten in ihrem Glauben.

Man sagt, dass die Stammesältesten, die Schamanen, mit dem Geist ihrer Ahnen in Verbindung treten können. Sie aber auch mit ihren spirituellen Fähigkeiten Pforten zur Unterwelt öffnen können.

Menschen, die Böses getan haben und einem Fluch unterliegen, können in die Unterwelt verbannt und zu Sklaven eines mächtigen Dämons gezwungen werden. Der erscheint als Monster mit einigen Merkmalen eines Menschen oder auch als Geist. Es handelt sich also um Gestaltwandler. Wie die Legende vom »Skinwalker« in der Mythologie der Navajos.

Auch wenn ein Dämon einen Menschen tötet und seine Seele in sich aufgenommen hat, so wird er doch niemals satt. Deshalb sucht er ständig neue Opfer. Und erst durch bestimmte spirituelle und geistliche Maßnahmen kann man Dämonen bannen. Doch auch der stärkste Glaube ist keine Garantie dafür, dass man nicht für alle Ewigkeit in der Unterwelt gefangen ist. Zudem kann man das Böse nie ganz vernichten. Sondern nur verbannen.

Im indianischen Schamanismus glaubt man an eine tiefe Verbindung zwischen allem Lebendigen, einschließlich der Natur, der Tiere, der Pflanzen und der Geister. Die Schamanen, auch Medizinmänner genannt, sind diejenigen, die über besondere Fähigkeiten verfügen, um mit der geistigen Welt zu kommunizieren und der Gemeinschaft als Heiler und Berater zu dienen.

Kapitel 2 Der Fluch des Gehängten

Die Sonne steht hoch über dem Firmament. In der Hitze von Arizona reiten drei Cowboys durch den heißen Sand. Einer der Männer hat um das Sattelhorn ein Seil geschlungen, an dessen Ende ein gefesselter Mann vorwärts gezerrt wird. Die Schlinge des Lassos zieht sich fest um dessen Körper und immer wieder fällt er hin und wird brutal weitergeschleift. Man sieht ihm an, dass er schon schwer verprügelt wurde. Sein Gesicht ist von Schlägen malträtiert. Seine Kleidung zerrissen.

Zwei der Cowboys steigen hämisch grinsend von ihren Pferden. Bob Anderson nimmt ein Lasso, wirft es über den knorrigen Ast eines Baumes und bindet das Ende um den Stamm.

»Du Frauenmörder«, ruft Ted Grandner hasserfüllt. »Jetzt wirst du hängen. Bereue deine Sünden, bete zu Gott, denn gleich fährst du zur Hölle für deinen feigen, erbärmlichen Mord!« Der dritte Mann, Brad Marlow, kommt auf seinem Pferd heran, in der Hand die Zügel der anderen beiden Gäule. Er sitzt ab und führt eines der Tiere unter den Baum. Genau unter den Strick, der sich nun sachte im heißen Wind bewegt. In der Ferne bellen Kojoten. Staubteufel tanzen in der kargen, nur von dürren Sträuchern und Kakteen bewachsenen Landschaft. Die Hemden der Männer sind durchgeschwitzt. Immer wieder nehmen sie den Hut vom Kopf und wischen sich mit dem Halstuch über das Gesicht. In einiger Entfernung der Szenerie flimmern in der Luft die Umrisse der Häuser von Wolf Hole Junction.

Die drei Männer, die dabei sind, einen Mann zu hängen, sind Cowboys von der »Bar T. Ranch« hier in der Nähe.

David Mellrose zerrt an seinem Strick, windet sich in Todesangst. Mit weit aufgerissenen Augen schreit er: »Ihr Halunken. Ihr wisst doch nicht, was ihr tut! Ich habe Mary nicht ermordet. Ihr habt den falschen Mann! Gerade als ihr auf die Ranch gekommen seid, wollte ich Hilfe holen. Mary lag schon tot in der Scheune, als ich hinzukam. Es war sonst keiner auf der Ranch zugegen. Das müsst ihr mir glauben. Ich habe mir ein Pferd geschnappt und bin losgeritten, um Hilfe zu holen. So glaubt mir doch! Ich hatte nur Panik. Dann kam der Marshal plötzlich angeritten!«

Bob Anderson grinst spöttisch.

»Ja sicher! Wenn über einem der Strick baumelt, wird jede Lüge zur Wahrheit, was? Der Marshal hat uns erzählt, dass er dich aus der Scheune rennen sah. Er kam vorbei, um mit meinem Vater Geschäftliches zu besprechen. Als er sah, wie du in Panik weggeritten bist, wurde er neugierig. Er eilte hinüber zur Scheune und sah Mary dort liegen. Sie war noch nicht ganz tot, du Ratte. Sie hatte noch einen Namen gemurmelt. DEINEN Namen David!«

David Mellrose zerrt wie von Sinnen an den Fesseln und versucht, dem Unausweichlichen zu entkommen. Doch der eiserne Griff von Bob Anderson hält ihn fest. David Mellrose brüllt, seine Augen verdrehen sich, als ihm einer der Männer die Schlinge um den Hals legt. Schreiend und um sich tretend wird er aufs Pferd gehoben. Das Tier scheut und stampft mit den Hufen auf, als wüsste es, dass gleich etwas Schreckliches passieren wird. Brad Marlow hat Mühe, das Tier im Zaum zu halten. David Mellrose schüttelt wild und in Panik den Kopf. So, als würde er dadurch die Schlinge loswerden, die sich um seinen Hals gelegt hat.

»Ihr Hurensöhne. Ihr Mörder!« Seine Stimme überschlägt sich. In seine Todesangst mischt sich ohnmächtiger Zorn. »Ich war es nicht! Ihr macht einen Fehler!« Bob Anderson blickt ihn ausdruckslos an. »Hast du noch ein letztes Wort, ehe du zur Hölle fährst?« David Mellrose schreit mit weit aufgerissenen Augen: »Ich verfluche euch. Euch alle. Ihr sollt verdammt sein. Ich verfluche euch und all eure Nachfahren. ALLE sollt ihr in der Hölle schmoren. Ich schwöre euch, ich komme zurück und werde euch holen. Bei allen Heiligen. Tut mir das nicht an, ich bin unschuldig!«

Die letzten Worte des Unglücklichen enden in einem Röcheln und Gurgeln, als das Pferd unter ihm mit einem derben Schlag davongejagt wird. Davids geschundener Körper wird aus dem Sattel gerissen und schwingt hin und her. Seine grotesken Zuckungen dauern fast endlos an. Sein Gesicht färbt sich rot und seine Zunge quillt aus dem Mund, als ob sie Platz machen wolle, um einen letzten Rest lebensspendender Luft in die Lungen zu lassen. Die Augen treten aus den Höhlen und langsam schwingt sein Körper aus. Ein letztes Röcheln, ein letztes Strampeln seiner Beine und David Mellrose ist tot.

Keiner der Männer spricht ein Wort. Das Geräusch des knarrenden Stricks mit dem leblosen Körper daran klingt schaurig in dieser Stille. Die Staubteufel, die eben noch hier und dort durch die Landschaft tanzten, sind plötzlich verschwunden. Kein Lüftchen bewegt die Gluthitze. Auch das Jaulen der Kojoten ist verstummt. Es ist, als nehme die Natur Anteil an dem schrecklichen Geschehen. Doch das bemerken die Cowboys nicht. Ungerührt lassen sie den Leichnam herunter. Befreien ihn von der Schlinge und legen ihn auf den Boden.

»Den Kojoten und Geiern wollen wir ihn aber trotzdem nicht überlassen«, knurrt Brad Marlow düster. Schweigend buddeln die Männer eine flache Grube in den ausgedörrten Boden und legen den Leichnam hinein. Dann suchen sie größere Steine und schichten das Grab zu einem kleinen Hügel auf. Kein Gebet, keine Abschiedsrede gibt es von ihnen. Nur noch einen kurzen Blick werfen die Männer auf den kleinen Steinhügel, ehe sie sich in die Sättel schwingen und langsam davonreiten. Einige Geier schweben lautlos hoch oben über der gespenstischen Szene und in der Ferne hebt das klagende Heulen der Kojoten erneut an.

Kapitel 3 In der Gegenwart

Auf dem Highway 10, zwischen Phoenix und Tucson.

Dean Grandner dreht am Knopf des Autoradios, bis Countrymusic ertönt. Breit grinsend schielt er zu seiner Beifahrerin hinüber. Seine Freundin Linda Bradshaw rollt mit den Augen. »Oh Gott ... du mit deiner blöden Musik. Ich kann das Hillbilly-Zeug bald nicht mehr hören!« Sie möchte am Radioknopf drehen, doch Dean klopft ihr sanft auf die Hand. »Wirst du wohl!« Er lacht. »Das ist die beste und ehrlichste Musik, die es gibt, mein Schatz. Nicht so wie dein Hip-Hop-Kram, bei dem sich einem die Zehennägel aufrollen.« Linda kichert. »Na, du weißt doch, was ich von Country halte, oder?« Ja, Dean weiß das. Was er gerne musikalisch hört, zählt nicht zu ihren Favoriten. Immer wieder lästert sie darüber, was er überhaupt nicht verstehen kann. Schließlich toleriert er auch ihren Musikgeschmack.

»Puh, ist das wieder heiß heute.« Linda stöhnt und wischt sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Dreh die Klimaanlage bitte höher.« Dean gehorcht und kurze Zeit später strömt etwas kühlere Luft in das Wohnmobil. Seit Stunden sind sie bereits unterwegs, um ihren Urlaub in der herrlichen Natur Arizonas zu verbringen. Besonders Dean zieht es immer wieder hinaus in die Wüste. Als Hobbyarchäologe interessiert er sich besonders für die Diné-Kultur aus der spanisch-mexikanischen Zeit und die Geschichte der Besiedlung durch Weiße. Er fand schon einige wertvolle Artefakte und Relikte aus der Zeit des Wilden Westens. »Man muss nur wissen, wo man zu suchen hat!«, meint er dann lakonisch. Zuhause in Phoenix hat er eine kleine Ausstellung arrangiert, in der indianische Kunstgegenstände, spirituelle Elemente und Bilder aus einer längst vergangenen Zeit zu bewundern sind. Und die interessantesten Gegenstände verleiht er ab und zu Linda. Da sie Lehrerin und Dozentin für amerikanische Geschichte ist, kommt ihr das Hobby des Freundes sehr gelegen, um seine Fundstücke im Unterricht zu verwenden.

Auch sie ist gerne in der freien Natur. Genießt die Stille und Einsamkeit in den Bergen und kann nie genug von den Wundern der Natur bekommen. Insbesondere zieht es sie immer wieder in das Monument Valley und den Grand Canyon mit dem imposanten Colorado River. Sie ist in der Nähe geboren und sagt über sich selbst, dass sie sehr bodenständig und heimatverbunden sei. River Rafting auf den Flüssen des Landes ist eine Leidenschaft Lindas. Zudem wandert sie meilenweit durch die Landschaft und kennt viele Indianer vom Stamm der Diné, wie sie sich selbst nennen. Die meisten Weißen kennen den Indianerstamm aber nur unter dem Begriff »Navaho«.

Langsam steuert Dean das Fahrzeug in eine Haltebucht. Stöhnend streckt er die Arme aus. »Wow, ist das eine Fahrt. Ich glaube, es ist besser, wenn du ab jetzt mal übernimmst. Bis Tucson sind es noch gut 150 Meilen. Komm, lass uns mal aussteigen.« Ächzend windet er sich aus dem Wohnmobil heraus. Auch Linda reckt sich seufzend und ist froh, sich mal die Beine zu vertreten. Ab und an rollt ein Wagen auf den Highway vorbei. Die Hitze ist unerträglich in diesem Sommer. Wer kann, meidet es, bei der aufgeheizten Luft unterwegs zu sein. Es ist schier unmöglich, entspannt im Auto zu fahren, wenn trotz der Klimaanlage der Schweiß in Strömen rinnt. Erst gegen Abend machen die Einwohner ihre Besorgungen und dann nimmt der Verkehr zu.

Vom Parkplatz aus haben die beiden Urlauber einen unvergleichlichen Blick auf die Landschaft. Diese Weite und Einsamkeit, die es sonst kaum auf der Welt gibt, zieht sie in ihren Bann. Unterbrochen von wenigen schmalen und flachen Tälern und Biegungen können sie das Band des Highways bis zum Horizont betrachten. In der Ferne erheben sich die berühmten Tafelberge. Manche von ihnen ähneln Gestalten aus alten Mythen und Legenden. Es ist das Land der Abenteurer. Das Land der Kakteen, Palmlilien und Mesquitebäume. Und Kulisse für so manche Westernfilme. Dean befasst sich seit der Kindheit mit der Geschichte seines Landes. Der alte Westen und die Erzählung darüber begeistern ihn nach wie vor. Obwohl viele Geschichten erfunden und aufgebauscht wurden. Doch in alledem steckt auch immer ein Körnchen Wahrheit.

Oft schon war er zum Jagen in dieser Gegend. Bis hinunter nach Sierra Vista führten seine Ausflüge. Doch die Tour, die sie jetzt unternehmen, kennt selbst er nicht. Für einen hauptberuflichen Büchsenmacher wie Dean ist es fast wie eine Pflicht, auf die Jagd zu gehen. Sein Geschäft läuft gut. Kein Wunder, denn in diesem Land besitzt jeder mindestens eine Waffe. Und das Schießen ist so normal wie anderswo Kegeln oder Bowling.

Viele meinen, in dieser Wüstenregion gäbe es nichts zu holen. Ein großer Irrtum. Zu den jagdbaren Wildtieren gehören Weißwedel- und Maultierhirsche sowie Wapitis, Gabelböcke und Dickhornschafe. In abgelegenen Gebieten sind sogar noch vereinzelt Bären zu Hause. Raubtiere wie Pumas, Dachse und andere marderartige Tiere leben in den Bergregionen. Es gibt genug Wild. Man muss es nur finden in diesem riesigen Land.

»Lass uns weiterfahren«, meint Dean nach einer Weile. Seufzend setzt sich Linda hinter das Steuer des Wohnmobils. Gerne tut sie das nicht. Solche großen Kisten zu fahren, ist kein Spaß. Immerhin ist das Wohnmobil sechs Meter lang und knapp einen Meter achtzig breit. Das Gefährt einzuparken oder auch rückwärtszufahren liegt ihr nicht. Hier auf dem Highway immer geradeaus zu fahren, traut sie sich jedoch zu. Mit ihrer Körpergröße von einem Meter dreiundsechzig ist sie geradezu ein Püppchen und kann kaum übers Lenkrad blicken. Dean zieht sie ganz gern damit auf, aber Linda gibt dann sogleich Kontra, äfft seine Spötteleien nach und bemerkt spitz, dass sie nun mal so ein kleines Päckchen ist. Worüber dann beide herzlich lachen. Sie haben sich gesucht und gefunden. Linda kam eines Tages zu Dean in den Laden und fragte nach einer geeigneten Waffe für sich. Wie sie da so in ihrer kleinen Gestalt vor dem Verkaufstresen stand und Dean unbeholfen anschaute, entzückte ihn. Als ob sie schüchtern wie ein Kind nach Bonbons fragen würde. Ihr Augenmerk lag dabei auf einem 45er Colt Government. Eine ehemalige Standardwaffe des Militärs. Dean grinste breit und erklärte, dass dieses Schießeisen für sie doch ein wenig zu wuchtig sei. Da brauche sie einen Baumstamm zum Auflegen und eine dicke Mauer hinter sich. Nach einigen Sekunden der Verblüffung lachte Linda herzlich über Deans trockene Bemerkung. Und sie sah ein, dass diese Waffe wohl etwas zu groß für sie sei. Auf diese Weise kamen sie ins Gespräch, was dazu führte, dass Dean sie zum Essen einlud. Linda gefiel Deans Humor. Die lockere, ehrliche Art, mit Dingen umzugehen, beeindruckte sie.

Dabei ist Dean nicht gerade ein Adonis. Doch sein markantes Gesicht, die mittellangen blonden Haaren und der Dreitagebart strahlen etwas aus, was Linda nicht erklären kann. Dazu seine blauen Augen mit den Lachfältchen. Für Linda nicht Liebe auf den ersten Blick, doch immerhin auf den zweiten. Sie ist eine besonders hübsche Lady. Siebenundzwanzig Jahre alt, schlank, mit langen schwarzen Haaren. Dean verliebte sich auf Anhieb in ihr süßes Stupsnäschen und die grünen Augen, die immer zu lachen schienen. Gerade mal drei Jahre jünger als Dean Grandner. Er hat mit seinen dreißig Jahren schon so einiges hinter sich. Nicht immer angenehme Dinge, wie er später seiner Freundin gestand. Seit mittlerweile zwei Jahren sind sie jetzt ein Paar und ergänzen sich vorzüglich. Auch wenn sie in manchen Dingen nicht immer einer Meinung sind. Aber bei welchem Paar ist das schon der Fall?

Jetzt rollen sie im gemächlichen Tempo Tucson entgegen. Langsam wird es dunkel, als die ersten Lichter der Vorstadt auftauchen. Auf einem Parkplatz in Downtown stellen sie ihr Wohnmobil ab. Sie wollen noch einen Bummel machen und dabei verschiedene Dinge einkaufen, denn der Proviant muss aufgefüllt werden. Lange wollen sie jedoch nicht in der Stadt bleiben. Gleich morgen früh soll es weitergehen. Beide hassen Städte mit ihrem Verkehr, der Hektik und dem Trubel. Deshalb bezogen sie auch gemeinsam ein Haus am Rande von Phoenix. So sind sie schnell in der Stadt und trotzdem weitab von all dem Lärm und dem Pulsieren dieser Großstadt.

Im »Del Norte Shopping Center« schlendern sie durch die langen Gänge und suchen die Fressalien für die kommende Woche aus. Alles, was man zum Campen eben braucht. Und Wasser in großen Plastikkanistern. Auch mehrere Gaskartuschen für die Lampen vergessen sie nicht.

Danach fahren sie zurück zum Freeway und stellen ihr Wohnmobil auf einem Parkplatz ab. Bei einem gemütlichen Abendessen plaudert das Paar über alles, was es die nächsten Tage vorhat. Dean hat sich große Mühe gegeben und etwas Leckeres zubereitet. Es gibt »American Jalapeño«.

Jalapeño-Mayonnaise auf gegrilltem Rinderhack mit Käse im Hamburger-Brötchen mit feurigen Kartoffelecken. Dean ist jetzt froh, beim Einkauf den Käse nicht vergessen zu haben. Er weiß, wie gerne Linda diese Speise mag, die schnell angerichtet ist und sehr lecker schmeckt.

»Die Gegend unten in der Nähe von Sahuarita soll interessant sein«, murmelt Dean zwischen den Bissen. »Dort bin ich noch nie gewesen. Irgendwo dort soll es auch eine Geisterstadt geben. Habe aber keine Ahnung, wo die sein soll.«

»Uuuh. Eine Geisterstadt.« Linda schüttelte sich. »Wie gruselig. Hoffentlich begegnen wir dort nicht den Toten, die aus dem Grab aufsteigen!« Sie rollt mit den Augen und fletscht die Zähne, als wäre sie eine Untote. Dean lacht schallend. »Keine Angst, Baby. Wer tot ist, bleibt auch tot. Aber ich weiß, dass man an solchen Orten noch Artefakte und Kram aus den Zeiten des alten Westens finden kann. Schließlich wurde dort um 1883 Silber entdeckt. Fast wie bei einem Goldrausch sind die Leute damals in die Gegend geströmt. Zudem leben seit ewigen Zeiten die Indianer dort. Heute befindet sich in dem Gebiet das Navaho-Reservat. Wenn wir dort nichts finden, fresse ich einen Besen!« Linda lacht. »Ja, mein Schatz. Ich kenne die Geschichten. Schließlich bin ich Geschichtslehrerin. Hast du das vergessen?« Dabei sticht sie Dean mit dem Zeigefinger in die Rippen. »Na klar weiß ich das, Süße. Aber du kennst ja meine Begeisterung. Zudem bin ich immer noch dem Mysterium um meine verschwundenen Vorfahren auf der Spur. Das lässt mir einfach keine Ruhe.« Wobei er ernst und nachdenklich den Kopf schüttelt.

Linda kennt die Geschichte. Dean hat ihr oft davon erzählt. Dass sein Urgroßvater, sein Großvater und sogar der Vater auf geheimnisvolle und unerklärliche Weise verschollen sind. Diese Begebenheit sitzt tief. Schon zu Beginn ihrer Beziehung hat Linda ihren Freund oft unruhig erlebt, immer auf der Suche nach einer Erklärung dieser Vorkommnisse. Sie hat viel Verständnis dafür und unterstützt Dean in jeder Hinsicht. Vermutlich ist das Unerklärliche seiner Vergangenheit der Grund, warum sie noch nicht verheiratet sind, obwohl Linda es sich sehr wünscht. Darauf angesprochen, erklärte Dean stets, dass er sich noch nicht bereit dazu fühle. Irgendetwas hält ihn davon ab, Linda sein Ja-Wort zu geben. Und das führt immer zu heftigen Diskussionen. Wie auch dieses Mal wieder, denn Linda hat eine Idee, die sie gern durchsetzen will. »Wie wär's? Was hältst du von einer schönen indianischen Hochzeit, wenn wir schon mal hier sind!« Wobei sie zu Dean hinüber schielt. Der verzieht das Gesicht. »Du weißt doch, wie ich darüber denke!« Er windet sich unbehaglich und rutscht auf seinem Sitz hin und her. Doch Linda lässt nicht locker. »Es wäre so schön, Schatz. Ich hab mal so eine Hochzeit gesehen. Es ist fantastisch. Und der Stammeshäuptling hat auch die Berechtigung, eine Trauung durchzuführen. Ich weiß das!«

Dean seufzt. »Ich weiß, Darling. Ich würde ja auch zu gerne, doch ...«

»Ach Dean ... ich weiß überhaupt nicht, warum du dich so sträubst. Was hält dich nur davon ab? Du liebst mich doch ..., oder?«, fällt Linda ihm ins Wort. »Natürlich liebe ich dich, das weißt du doch!«, antwortet er gequält und möchte am liebsten das Gespräch beenden. Doch Linda lässt nicht locker. Sie kann sehr energisch und hartnäckig sein. Besonders bei Dingen, die ihr dermaßen am Herzen liegen. »Dann möchte ich jetzt klipp und klar wissen, warum du es nicht willst. Ich verstehe das nicht! Wir sind schon so lange zusammen. Hast du Angst davor?« Linda schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch, um ihrer Frage Nachdruck zu verleihen. In ihren Augen flackert es. Die Wangen sind gerötet. Dean ist jetzt langsam genervt und erwidert etwas unwirsch:

»Du verstehst das einfach nicht. Oder willst es nicht verstehen!« Linda stöhnt auf, legt den Kopf in den Nacken und rollt mit den Augen. »Was kann oder will ich nicht verstehen, Dean? Sag es mir! Wenn ich nicht weiß, was dich bedrückt, kann ich dir auch nicht helfen. Wir wollen doch zusammen sein. Und dazu gehört auch, dass wir uns alles sagen. Wovor fürchtest du dich?« Dean windet sich und druckst herum. Natürlich liebt er Linda. Sehr sogar. Doch was sein Innerstes aufwühlt und ihm zu schaffen macht, hat er bisher immer für sich behalten. Er ist kein Mann, der so schnell sein Seelenleben preisgibt. Da ist er wie viele andere auch. Er schnauft tief durch. Überlegt krampfhaft, was er sagen soll.

»Es ist nicht so einfach, Liebste. Ich möchte nur nicht, dass dir etwas passiert! Wenn wir erst verheiratet sind, ist alles noch viel schwieriger!«

»Was soll denn daran noch schwieriger sein?« Linda runzelt die Stirn. Sie kann Dean nicht folgen. »Los, erzähl mir endlich, was dich bedrückt. Ich hab schließlich ein Recht darauf, zu wissen, was mit dir los ist. Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!« Dean schnauft und presst die Lippen aufeinander. Aber er muss Linda recht geben. Er muss ihr die Wahrheit sagen. Ihre Beziehung darf er nicht durch Geheimnisse aufs Spiel setzen. Er fühlt sich unwohl und muss sich überwinden, was seine Worte ungewollt barsch klingen lässt. »Ich hab dir doch die Geschichte von meinen Vorfahren und die meines Vaters erzählt. Dass sie auf unheimliche und mysteriöse Weise verschwunden sind!« Linda blickt ihn ernst und mit großen Augen an. »Ja ... na und? Schon ein paar Mal hast du mir das erzählt. Was hat das mit uns zu tun?«

Dean fährt fort: »Na siehst du! DAS hat damit zu tun. Ich habe herausfinden wollen, warum und auf welche Weise sie verschollen sind. Besonders das Verschwinden meines Vaters hat mich sehr mitgenommen. Alle Recherchen verliefen im Sand. Er war einfach weg. Verschwunden. Und er war kein Mann, der seine Familie so einfach im Stich gelassen hätte. Nein, das war er bestimmt nicht.« Dean schüttelte energisch den Kopf. »Auch mein Ur- und Großvater waren keine Männer, die so mal eben abhauen. Das alles ist merkwürdig und unheimlich. Kein Mensch kann sich spurlos in Luft auflösen. Das beschäftigt mich bis heute, wie du weißt. Ich bin der letzte Nachfahre der Grandners. Was, wenn mir plötzlich auch etwas passiert? Ich bin beileibe nicht abergläubisch. Doch das alles gibt mir zu denken. Und ich will nicht, dass es dir wie meiner Mutter ergeht. Sie wurde schwer krank und ist daran gestorben. Ich war gerade zwanzig. Ich will ... ich will nicht, dass ...« Dean verstummt und blickt verzweifelt auf die Tischplatte, den Kopf in die Hände gestützt.

Linda blickte ihn erschrocken an. So hat sie ihren Dean noch nie gesehen. DAS ist also der Grund für sein Sträuben. Er will sie beschützen. Will nicht, dass ihr das Schicksal widerfährt, ihn auch zu verlieren! Ihre Augen werden feucht. Ein Gefühl tiefer Liebe erfüllt ihr Herz. Sie beißt sich auf die Lippen und muss sich beherrschen, als sie Dean in den Arm nimmt und ihn fest an sich drückt. »Mein Gott, Dean. Ich habe nicht geahnt, dass dich das dermaßen beschäftigt. Alles wird sich fügen, Darling. Es ist gut, dass du mir das gebeichtet hast. Mach dir keine unnötigen Sorgen. Gemeinsam überstehen wir alles. Nur keine Angst. Es muss uns doch nicht das Gleiche widerfahren wie deinen Eltern. Das waren vielleicht nur Zufälle!« Dean hebt den Kopf und blickt Linda ernst an. »Zufälle? Ich weiß nicht, Schatz. Ich glaube nicht an solche Zufälle. Wenn mal jemand so verschwindet ... na gut, soll vorkommen. Das sind Aussteiger, die die Nase voll haben und bei Nacht und Nebel verschwinden. Doch meine Vorfahren waren keine Aussteiger. Es waren Männer mit Prinzipien und zudem harte Burschen. Das ist schon angsteinflößend, oder meinst du nicht?« Linda blickt nachdenklich ins Leere. Wenn sie ehrlich ist, findet sie das auch sehr merkwürdig und mysteriös. Doch was soll sie Dean sagen?

»Mach dir jetzt keine Sorgen mehr, Liebster. Wir können unser Schicksal nicht bestimmen. Man kann sich dagegen nicht schützen. Egal, was wir auch tun. Hauptsache ist doch, wir halten zusammen. Das ist das Wichtigste. Ich gehe mit dir durch dick und dünn, glaub mir. Ich liebe dich und das wird immer so bleiben!«

Dean seufzt. Jetzt ist es raus. Ihm ist in diesem Moment vieles von der Seele genommen worden, was ihn schon lange belastet hat. Er fühlt sich erleichtert und nimmt Linda fest in den Arm. Ein inniger Kuss besiegelt ihre unbedingte Liebe zueinander.

Mitten in der Nacht wacht Linda auf, weil Dean sich stöhnend im Bett herumwälzt, unverständliche Worte murmelt und dann derart laut aufschreit, dass sie ihn schockiert aus dem Schlaf rüttelt.

»Dean! Schatz, was ist denn los?«

Verschlafen und irritiert reibt er sich die Augen. »Meine Güte, was für ein Albtraum!«