Zwanzig Fässer Sauerkraut - Teil 1 - Rolf Gänsrich - E-Book

Zwanzig Fässer Sauerkraut - Teil 1 E-Book

Rolf Gänsrich

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Beschreibung

George Hungerlund, ein Krämerlehrling, muss aus Berlin flüchten, um dem Mord durch seine Verwandten zu entgehen. Ihm folgt die Magd seines Ausbilders, Clara. Auf Umwegen gelangen sie erst nach Plymouth in England, finden sich beide auf den Kanaren, retten in der Karibik eine junge Französin aus der Hand von Piraten und gelangen in die Kolonie Pennsylvania. In einem kleinen Fort mitten in den Allegheny's eröffnen sie einen kleinen Laden und stellen Sauerkraut her. Sauerkraut ist es auch, das sie aus Berlin begleitet. Nachdem George durch britische Soldaten fast umgebracht wird, landet er schließlich mit Clara in einem Dorf der Irokesen und heiratet eine Indianerin. Hat ihr kleiner Handelsvorposten im beginnenden Krieg eine Zukunft?

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Seitenzahl: 384

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Hinhaltsverzeichnis

Vorwort

An der Panke

Berlin-Georgenstraße

… am Prenzlauer Berg ...

auf nach Plymouth

Abfahrt aus Hamburg

Im Hafen von Plymouth

Zur selben Zeit in Berlin

Die Sweet Revenge

Auf Reede

Flucht zu zweit

Gibraltar

Die Kanarischen Inseln

Über den Atlantik

Die Karibik

Philadelphia

Pennsylvania

Ankunft in Bedford

Hochzeit in Bedford

Gefangen im Eis

In den Allegheny's unterwegs

Bei den Indianern

In Virginia

Miss Claras Schicksal

Winter in Virginia

Überraschungen in Bedford

Der Handelsposten am Biberfluss

Bilder

Worterklärungen

Daten

Vorwort

Ich wollte hiermit genau das Buch schreiben, das ich schon immer mal lesen will! Es geht um das historische Berlin, es geht auf Segelschiffen in die Karibik und von dort in den damals von den Europäern noch weitestgehend unentdeckten Norden Amerikas mit seinem undurchdringlichen Dschungel und den weiten Prärien, entlang der friedlich plätschernden Nebenflüsse des Ohio-River und des strudeligen Missouri. Es geht um Liebe, um Freundschaft, auch um Erotik, es geht um Krieg und um hinterhältige Verwandtschaft. Der Protagonist bin natürlich icke selber mit all meinen Macken, meiner Feigheit, aber auch meiner Ehrlichkeit, Besonnenheit und Hilfsbereitschaft. Die Frauen in diesem Roman sind Mischungen aus mehreren Freundinnen, Bekanntinnen aus meinem Dunstkreis. Nur ein Kumpel von mir taucht hier im Klarnamen auf. Viele andere auftauchende Namen werden euch irgendwie bekannt vorkommen. Im Film „Des Königs Admiral“, im Original „Captain Horatio Hornblower“ von 1951 tauchte ein „Admiral Lord McCartney“ auf, zu einer Zeit, also, als an den genialen Bassgitarrist Paul McCartney überhaupt noch nicht zu denken war. Das brachte mich auf die Idee, in diesem Roman insgesamt überwiegend Namen von Schauspielern, Musikern, Autoren oder fiktiven Filmfiguren zu verwenden. Also miträtseln oder mal googlen. Die Familie Beckmann aus dem ersten Absatz, gab es hingegen vermutlich wirklich um diese Zeit in Berlin. Irgendwann um 1825 herum heiratete eine Frau Beck aus Berlin ihren Mann und wurde durch diese Heirat zu Frau Beckmann. Diese Beckmanns gebaren ein paar Generationen weiter, im Jahr 1899, meine Urgroßmutter. Ich hab mir das aus einer alten Familienbibel gemerkt, die leider nicht mehr in meinem Besitz ist. Major Heyes ist dem Hauptmann Heise aus meiner NVA-Zeit nachempfungen. Joe Clark nannte ich mich, in den Geschichten, die ich als Jugendlicher schrieb. Jeff Miller war das erste Herrchen in der Fernsehserie „Lassie“, jedoch nur für die ersten drei Staffeln, die im Deutschen Fernsehen nie zu sehen waren, in den ersten zwei Bänden zur Serie jedoch nachzulesen sind.

Eingeflossen sind auch Querverweise auf mein Lieblingsbuch „Blauvogel“ von Anna Jürgen, erschienen 1950, sowie einige Figuren aus diesem, einschließlich dessen Helden. Ein wenig inspiriert haben mich auch die Digedags aus der Monatszeitung „Mosaik“ in ihrer Amerika-Reise. Das Buch hier sollte ursprünglich „Das Fort am Schlangenfluss“ heißen, aber dieses Fort taucht erst in der Fortsetzung des Romans auf. Die Idee zum Namen „Abenteuerliche Sommer“ kam mir, als ich die Veröffentlichung meines dritten Buches „Sommer zwischen Backhaus und See – Kindheitserinnerungen“ vorbereitete. Letztendlich aber sind es besagte zwanzig Fässer Sauerkraut die den eigentlich roten Faden des ganzen darstellen. Diese Fässer werden nie ganz leer, kommen überall hin mit, sie sind aber auch ein Symbol dafür, was die Deutschen, die damals neben den Engländern, Schotten, Iren und Holländern auf das Gebiet der heutigen USA einwanderten, darstellten: sie waren die „Krauts“, die Sauerkrautesser. Und letztendlich, wer entsinnt sich nicht an Witwe Bolte aus „Max und Moritz“ von Wilhelm Busch:

„... Daß sie von dem Sauerkohle

eine Portion sich hole,

wofür sie besonders schwärmt,

wenn er wieder aufgewärmt. ….“

Also auf geht’s!

I. an der Panke

Das Panketal öffnete sich nach Nordosten ein wenig. Geschützt, verborgen im Schilf, lauerte er. Es konnte nun nicht mehr lang dauern. Die Sommersonne warf bereits lange Schatten. Da hörte er vor sich ein Quieken und die erwartete Rotte Wildschweine mit ihren Frischlingen näherte sich zögernd an einer Furt dem Wasser, um zu trinken. Ob sie etwas bemerkt hatten? George's Hände waren vor Anspannung feucht, als er den Pfeil an die Sehne des Bogens legte. Was er hier tat, war verboten. Wilderei konnte mit dem Tode bestraft werden. Aber was sollte er tun? Seine Lehre als Krämer, in die ihn sein Vater vor fast zweieinhalb Jahren geschickt hatte, kurz nachdem seine Mutter verstorben war, war ein Alptraum! Die Familie Beckmann, ein älteres Ehepaar, sie Ende vierzig, er Anfang fünfzig, hielt ihn bei „Kost und Logis“ sehr, sehr kurz. Ihr Laden in der Georgenstraße verkaufte vom Kohlkopf bis zum Nähgarn alles. An Markttagen musste er mit zum Ochsen- oder zum Spittelmarkt.

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre!“ hatte ihm Herr Beckmann mit einer Rute oft genug eingebläut. Wenn der wüsste, wie oft, gerade an kalten Winterabenden, seine Alte, Frau Beckmann, zu ihm, zu George, Nachts heimlich ins Bett gekrochen kam, bekäme er glatt nochmals eine Tracht Prügel! George war der erste, der morgens, gemeinsam mit der Magd, aufzustehen hatte. Am Tag verkaufte er den Kunden feinste Wolle, verputzte Kohlköpfe und stampfte Sauerkraut, abends musste er der Magd, der jungen Clara, zur Hand gehen, weil die ihr eigenes Tagesgeschäfft nie schaffte und mindestens jede zweite Nacht musste er die Frau vom Alten befriedigen.

All das zehrte an seinen Kräften. Zumal ob dieser ganzen Aufgaben er dennoch kein Mehr an Essen bekam und er deshalb meistens hungrig einschlief.

Clara war das leibliche Abbild einer typischen Magd. Sie war klein, gedrungen, manche sagten „pummelig“, hatte wasserblaue Augen, strohgelbes langes Haar und einen Brustumfang, der jeder Amme zur Ehre gereicht hätte.

Und genau deshalb machte George regelmäßig am Tag des Herrn, nachdem er seine Familie, die in einer kleinen Kate neben ihrer eigenen Bäckerei direkt am St.Georgenthor, im Volksmund nur Königstor genannt, lebte, besucht hatte, auf dem Rückweg zu Beckmanns einen „kleinen Umweg“ an die Panke, um sich dort noch einen Hasen, eine wilde Ente oder einen Frischling zu schießen. Manchmal fing er sich auch im Bett der Panke ein paar Plötzen, die aber wegen ihrer vielen Gräten kein wirklich angenehmes Mahl waren.

George war jetzt sechzehn Jahre jung. Eigentlich hätte er einmal dereinst die elterliche Bäckerei übernehmen sollen. Aber daran war die Bedingung geküpft gewesen, die damals schon achtzehnjährige Tochter vom Müller Grams heiraten zu müssen, wenn er alt genug dazu gewesen wäre und George konnte sich damals, mit knapp vierzehn, einfach nicht vorstellen, mit dieser Dagmar, einem ständig kichernden Wesen, mal eine Familie gründen zu müssen. Es wäre ohnehin die Zweckheirat an sich gewesen. Der Bäckerssohn heiratet des Müllers Tochter! So baut man Dynastien auf! Aber gerade dies lehnte George ab.

Hinzu kam, dass er am Sterbebett seiner Mutter versprechen musste, niemals, nein wirklich niemals Bäcker zu werden. Bäcker arbeiteten ausschließlich körperlich sehr schwer und fast immer Nachts. Mutter wollte, dass er Schneider würde. „Da haste immer alles sauber, nichts kann verderben oder Schlecht werden und ständig besuchen dich reiche Leute, um sich was zum Anziehen von dir fertigen zu lassen.“, so ihre Argumentation.

Genau ab dem Tag, an dem sie mit siebenunddreißig viel zu früh starb, ließ sich Vater gehen und Georges viereinhalb Jahre jungerer Bruder Gunther übernahm das Zepter im Hause, angestachelt von der damals zwölfjährigen und sehr zielstrebig arbeitenden Tochter des Bäckers an der Weidendamer Brücke, die mit Gunther techtelte.

Sie war es auch, die George die Lehre in der Backstube ihres Vaters verwehrte und die ihm den Ausbildungsplatz bei Beckmanns verschaffte, für den sein Vater nur noch zu unterschreiben und zu zahlen brauchte.

Dass sich George durchaus auch etwas an Fertigkeiten aus der heimischen Bäckerei abgeschaut hatte und wie nützlich ihm später dieses Wissen in der Fremde werden würde, ahnte er heute noch nicht.

So, jetzt war es aber soweit. Er spannte den Bogen und „zipp“ schon schnellte der Pfeil von der Sehne und traf ein laut aufquiekendes, noch sehr kleines Ferkel hinter der Schulter, das sofort tot zusammenbrach, während die Rotte erschreckt im Dickicht des Waldes am anderen Ufer verschwand.

Nun ging alles sehr schnell. George köpfte das Tier und ließ das Blut in die sich dadurch leicht rot färbende Panke fließen. Während Mücken und Libellen über dem Wasser tanzten, nahm George das Tier aus, schlug es dann aus der Haut und filetierte es auf einem Stein direkt am Bach. Er nahm nur das reine Fleisch mit, das er noch in Finger dicke Streifen schnitt. Er durfte damit weder an der Akzisemauer noch bei Beckmanns auffallen. Alles, was er vom Frischling nicht verwertete, ließ er an Ort und Stelle liegen. Raben, Füchse oder Wölfe würden sich darum ohnehin mit Sicherheit kümmern.

II. Berlin-Georgenstraße

Gerade rechtzeitig vor Toresschluss schaffte er es am „Spandauer Thor“ wieder in die Stadt hinein. Dreck, Lärm und Müll empfingen ihn. Dafür dass am „Tag des Herrn“ in der Residenzstadt von Friedrich II, „der Große Friedrich“, wie er im Volksmund genannt wurde, eigentlich kirchliche Sonntagsruhe verordnet war, war zur Zeit der Dämmerung noch immer verdammt viel los auf Berlins Straßen. Ochsenkarren mit schweren Lasten schoben sich durch schlecht gepflasterte enge Gassen. Fuhrleute fluchten. Alte Weiber, die ihre fetten Busen aus geöffneten Fensterläden hinaus hingen, keiften einander an. Betrunkene Hafenarbeiter von der Fischerinsel suchten laut krakeelend das nächste Wirtshaus und hochnäsige, preussische Soldaten in strammer Uniform das nächste Bordell. In den Rinnsteinen, in denen überall Haufen von Abfällen lagen, an denen sich eine Unzahl von Ratten labten, floss eine zähe, übel stinkende Brühe der Spree entgegen.

Und dann war alles wie immer. George schlüpfte Wiesel flink ins Haus der Beckmanns und hoffte sich schon unbeobachtet in seiner Kammer, als sich Schraubzangenartig die Finger des Hausherrn in seine linke Schulter gruben.

„George! Wieso kommst du erst jetzt? … Und warum hast du wieder einmal die Deckel der Gurkenfässer offen gelassen?“ „Aber Herr!“, gab George kleinlaut zurück, dabei musste er sich beherrschen, seinen Lehrmeister nicht selber anzubrüllen, denn was der vor hatte, war Betrug am Kunden! „Aber Herr...“, stammelte George, „ihr wolltet doch selbst, dass ich die Fässer offen lasse. Ich vermute“, er schluckte und nahm nun seinen ganzen Mut zusammen, „weil ihr die Gurken noch mit einer Nadel anstechen wolltet, damit die sich voll Lake saugen.“ Er wusste, dass er da die Wahrheit sprach. Stach man die in Salzlake eingelegten Gurken an, saugten die sich mit dieser Lake voll und man verkaufte rein vom Gewicht her, mit den Salzgurken das Salzwasser mit.

„Schuft! Du lügst! Für diese Lüge bekommst du jetzt reichlich die Gerte zu spüren und danach verschwindest du bis morgen früh in deiner Kammer!“, schrie ihn Herr Beckmann an.

Gehorsam, wie immer, George kannte das schon, beugte er sich über den Ladentisch, während sein Lehrmeister sein Gesäß mit Stockhieben malträtierte. Was dieser jedoch nicht wusste, war, dass George genau dort in seiner Hose die Fleischstücke des vorhin geschossenen Ferkels versteckt hatte und das nun auf diese Weise einmal gut durchgewalkt wurde. Und wie jedes mal, wenn er von seinem Dienstherrn Senge bekam, war der schon nach einem dutzend Schläge so erschöpft, dass er von seinem Lehrling ab- und diesen entließ.

Endlich in seiner Kammer angekommen, fedelte George das Fleisch auf einen Zwirnsfaden und hängte den, gut versteckt, ins Gebälk des Daches, damit es dort in den nächsten Tagen trocknete.

Die nächsten beiden Tage vergingen in dem üblichen Einerlei, wie fast alle Tage seit knapp zweieinhalb Jahren. Es war der erste Mittwoch im Juni Anno 1750, George war gerade dabei, im hinteren Teil des Ladens aus schlecht gewordenem, schimmligen und deshalb schon fast gährendem Getreide ein Fass mit Bier anzusetzen, Frau Beckmann verkaufte im vorderen Teil des Ladens einer Stammkundin gerade „echten Stoff aus Venedig“, den aber komischer Weise Herr Beckmann erst gestern aus einer Webstube im Dörfchen Bötzow abgeholt hatte, als ein junger Mann, offensichtlich ein Bote, in den Laden gestürzt kam.

Dienstbeflissen, auch ein wenig heuchlerisch und kriechend, so kam es ihm vor, nahm Georges Dienstherr die Nachricht des Boten entgegen und rief dann George zu sich nach vorn.

Blass vor Schreck hörte George von Herrn Beckmann „Dein Vater liegt im Sterben. Er möchte dich noch einmal sehen. Du kannst sofort mit dem Boten mitgehen. Alles andere regeln wir hier, wenn dein Vater unter der Erde ist.“

In windeseile entledigte er sich seiner Schürze, stürmte in seine Kammer, um sich dort „etwas anderes“ anzuziehen und folgte dann dem Boten durch das alltägliche berliner Verkehrschaos zum elterlichen Heim.

Dort fand er in Tränen aufgelöst seinen Bruder und seine angehende Schwägerin in der guten Stube sitzen.

Ein schneller Blick zu Gunther, der ihm mit drei Sätzen erläuterte: „Vaddern ist gestern abend, als er mal wieder sturzbetrunken aus dem Wirtshaus gegenüber kam, von einem Pferdefuhrwerk über den Haufen gefahren worden. Es war seine eigene Schuld. Er will dich allein sehen.“

Mit bangem Gefühl im Bauch öffnete George die Tür zum elterlichen Schlafzimmer, in dessen Bett er den Vater und an seiner Seite einen jüdischen Medicus antraf.

Der Medicus flüsterte ihm im Hinaus gehen noch zu: „Schön dass sie es noch geschafft haben. Ich geb ihm höchstens noch eine Stunde.“

George setzte sich an das Bett seines Vaters und nahm dessen Hand.

„Da bist du ja endlich, mein Großer!“, flüsterte er mit brechender Stimme. Der alte Mann hüstelte, bevor er fort fuhr. „So hab ich mir mein Ende nicht vor gestellt. … George, dein Bruder erbt die Bäckerei. Ja, ich weiß, eigentlich müsstest du sie bekommen, aber du bist nun einmal kein Bäckermeister und er könnt's werden. Gunther wird dich aber nicht auszahlen können und vor allem auch nicht auszahlen wollen, wie ich mir denken kann. Ich habe aus diesem Grunde im Kamin einen Beutel mit angesparten Talern aufgehängt. Schau gleich nach. Ich hoffe, Gunther hat den nicht schon längst entdeckt und gestohlen. Und hier im Bett, in der Ritze zwischen Mutterns und meinem Bett ist ebenfalls eine Rolle mit Talern. Aber nimm beides gleich und lass es deinen Bruder nicht wissen.“ Wieder hüstelte der Alte rasselnd.

George ging zum Kamin, leuchtete mit einem Fidibus in den Schlot und fand den Beutel mit dem Geld, dann betastete er die Ritze zwischen den beiden elterlichen Betten und fand am Fußende eine Rolle mit eingenähten Talern. Die Rolle schnallte er sich unter seinem Wams auf die Hüften, den Lederbeutel ließ er unauffällig in seinem Hut verschwinden, dann setzte er sich wieder zu seinem Vater ans Bett und hielt seine Hand.

Nach einem heftigen, rasselnden Hustenanfall begann der nochmals leise röchelnd zu sprechen. Er lächelte. „Ich sehe, du hast es noch gefunden, was ich dir hinterlassen wollte. Es war deine Mutter, die das als Notgroschen mal ersparte und die mir auftrug, ihn dir zu geben, bevor ich selbst sterbe. Dass das so bald geschehen würde, hätte ich selbst nicht gedacht. Nutze das Geld, vielleicht als Startkapital für dein eigenes Geschäft, mein Großer. … und lass es weder deinen Bruder noch deine angehende Schwägerin, aber auch nicht Beckmanns wissen, weil die alle es dir sonst auf die eine oder andere Art abnehmen werden. …. und jetzt hole die restliche Familie.“

Tränen in den Augen tat George, wie sein Vater ihn geheißen und holte Gunther, seine Schwägerin, den Arzt, den Pfaffen, der bereits im Haus war und die Magd. Als alle bei einander rund um das Bett versammelt waren, schlug Vater noch einmal die Augen auf, blickte jeden in der Runde noch einmal persönlich an und tat dann einen letzten Atemzug.

Und das war der letzte friedliche Moment in dieser Familie für die nächsten Tage.

Unmittelbar nach dem Tod des Alten Hungerlund wurden von Gunther der Arzt und der christliche Beistand ausbezahlt, während Georges Schwägerin begann, alle Schränke und Truhen im Haus nach möglichen Wertsachen abzusuchen.

Als sie, mittlerweile unterstützt von Gunther, erst nach zwei Stunden einen kleinen Beutel voller Silberlinge entdeckt hatte, keine zehn Taler wert, begann sie hysterisch zu schreien und Gunther und George zu verfluchen.

„Hat denn euer Alter nichts von Wert hinterlassen?“, keifte sie! George, der dem Treiben bisher still in einer Ecke sitzend gefolgt war, meinte, mit hängendem Blick: „Naja doch, die Bäckerei mit all ihren Vorräten, diese Kate hier, deren Möbel … .“

Während sie wütend den nächsten Schrank auseinander nahm und natürlich wieder nichts darin fand, giftete sie ihn an: „George, euer Vater hat nichts von Wert hinterlassen. Die Bäckerei hat er vorhin, noch vor deiner Ankunft, im Beisein des Pfaffen an Gunther übertragen. …. Pfff … Es geht jetzt nur noch darum, den Rest an Wertsachen zwischen euch beiden Brüdern aufzuteilen. Aber wie es aussieht, ist da nichts mehr. Somit kann deine Ausbildung bei Beckmanns nicht mehr bezahlt werden. Ab Montag arbeitest du deshalb als Knecht in unserer Bäckerei! Eure Bäckerei wird vorübergehend, bis Gunther so weit ist und seinen Meistertitel besitzt, von uns, von meinem Vater und mir, mitbetrieben.“

Tränen schossen dem jungen Mann in die Augen. … Vor Trauer um seinen Vater, vor Wut auf die Kaltherzigkeit seiner Schwägerin und vor Verachtung auf seinen, dies alles hin nehmenden Bruder. Er verließ die Kate, ging in den Hof des kleinen, angrenzenden Gehöfts und weinte bitterlich.

Gunther fand ihn Stunden später, es dämmerte bereits, in den Türrahmen des Schweinestalls gekauert.

„George, die Beisetzung von Vater ist morgen vormittag auf dem neuen St.Marien-, St. Nicolai-Friedhof am Königstor. Am Freitag kannst du zu Beckmanns, deine restlichen Sachen holen.“

Sprachs und machte auf dem Absatz kehrt.

Die Nacht verbrachte George, von ihnen unbemerkt, in seiner Kammer bei Beckmanns.

Als am nächsten Tag die Beisetzung für ihren Vater beendet war, ging George erneut zu Beckmanns, um sie nun offiziell über sein Ausscheiden aus seiner Lehre zu informieren.

„Du bist zwar ein nichtsnutziger, fauler Kerl. Ich will aber dennoch dir und deinem Bruder ein Angebot machen. Ich kann gut fünfundzwanzig unserer dreißig Fässer voll Sauerkraut an die britische Navy nach Plymouth verkaufen. Mir selbst ist dieser Weg zu beschwerlich, aber es wird für dich und deinen Bruder ein gutes Handgeld dabei heraus springen, wenn du die Ladung begleitest!“

Ohne zu zögern willigte George sofort ein. Was hatte er zu verlieren? Sollte er etwa als Knecht für seinen Bruder arbeiten? Vielleicht ergaben sich ja in England neue Möglichkeiten für ihn?

Dies schien wohl auch Herr Beckmann bedacht zu haben. Als George spät abends, kurz vor dem Schlafen gehen, noch aufs Klo im Hof ging, hörte er hinter der nur halb angelehnten Tür der Guten Stube Frau Beckmann schluchzen und ihn zetern: „...ich will diesen Scheißkerl endlich raus haben aus meinem Haus, …. am besten noch raus aus dieser Stadt. Denkst du, mir ist etwa entgangen, dass du Nacht für Nacht mit in seiner Kammer bist? … Er verschwindet am besten von heut' auf morgen. …. Ich werde ihm für die Rückfahrt ein paar offensichtlich gefälschte Pfundnoten mitgeben. Wenn sie die in Plymouth bei ihm finden, stecken sie ihn dort ins nächste Gefängnis und pressen ihn dann aufs nächste Schiff. Vielleicht denke ich mir da auch noch etwas anderes aus und unser Auftraggeber kann uns diesbezüglich noch von Nutzen sein. …. Etwas Besseres könnte uns doch gar nicht passieren. …. und abgesehen davon, dass du mit ihm techtelst, hätte ich wirklich Angst, ihn seine Lehre hier wirklich abschließen zu lassen. Er ist ein besserer und ehrlicherer Krämer, als wir es je waren … und wenn er hier in Berlin sein eigenes Geschäft auf machte, würde er uns die Kunden nehmen ….“

Mehr brauchte George gar nicht zu hören. Er vergaß, wohin er eigentlich wollte, zog sich in seine Kammer zurück und grübelte.

III. … am Prenzlauer Berg …

Er schreckte aus seinem Grübeln auf, weil im Haus erneut eine Tür klapperte. Vorsichtig schlich George nach unten ins Lager. Dort sah er, hinter einem Butterfass versteckt, wie sein Dienstherr im Halbdunkel mit einer Person, die George leider nicht erkennen konnte, weil sie im Schatten stand, leise palaverte.

Genauso schnell, wie dieser Schatten danach das Haus verließ, genauso behände stahl George sich aus dem Fenster seiner Kammer, setzte über die Umzäunung des Gehöfts und flitzte unerkannt und lautlos hinter dem Schatten her, der wie erwartet, in der Kate seines Bruders verschwand.

Georges Herz pochte, dann folgte er ihm, genauso leise, wie bisher, auf das ehemals elterliche Anwesen hinterher. Allerdings huschte er in Richtung Hintertür und überwand dabei die Mauer des Gehöfts. Verflixt, fast wäre er auf den Wachhund getreten, der aber nicht mehr als ein freundliches Wimmern von sich gab und George mit seiner feuchten Nase in die Kniekehlen stuppste. „Bist 'ne Gute. ….. mach wieder Platz.“, zischte er, dann schlich er weiter ums Haus herum und kam gerade noch rechtzeitig um, unter einem halb erleuchteten Zimmerfenster, das nur angelehnt war, zu belauschen, wie „der Schatten“ und Gunther und seine Schwägerin miteinander redeten.

Der Schatten: „ …. Jawohl Herr, der Herr Beckmann hat mir versichert, das ihr Bruder England nicht mehr verlassen wird.“

Die Schwägerin: „Er wäre eigentlich auch hier als Arbeitskraft sehr von Nutzen.“

Gunther: „Aber was, wenn er dahinter kommt?“

Die Schwägerin: „Dein Bruder, mein lieber Gunther, ist doch so blöd, der kommt auf gar nichts.“

Gunther: „Den Beutel mit den Goldtalern im Kamin muss er aber schon gefunden haben. Er hat mir davon nichts gesagt, aber haben muss er ihn. Es war schließlich deine Idee, den als Köder dort zu hängen zu lassen. Wer weiß, wo Vater sein restliches Gespartes Geld gelagert hat. Irgendwo hier muss es sein! Vielleicht im Brunnen.... vielleicht irgendwo in der Backstube, vielleicht sogar im Sarg unserer Mutter. … Und ich will dem Teufel meine Seele verwetten, dass, wenn George bei uns bleibt, er auch dieses Geld findet. Nein, dann schicke ich George lieber ans andere Ende der Welt.

Die Schwägerin: „Naja, irgendwie ist da was Wahres dran. Dann haben wir hier wenigstens freie Bahn. Außerdem, George mit seinem Ehrlichkeitsfimmel, der findet womoglich noch heraus, wie wir den Müller Grams bei seinen Mehllieferungen immer bescheißen und noch viel mehr.“

Gunther: „Gebt Herrn Beckmann diese zwei Taler als Zeichen meines Einverstandenisses zu seinemVorschlag … und diese weiteren zwei Taler hier sollen euch vergessen machen, dass dieses Gespräch hier überhaupt statt gefunden hat.“

George hatte genug gehört und verschwand genauso lautlos, wie er gekommen war. Noch vor „dem Schatten“ war er wieder in seiner Kammer bei Beckmanns. Er versuchte dann zwar den Rest der Nacht zu schlafen, konnte es aber nicht.

Am nächsten Morgen, noch vor dem ersten Hahnenschrei, war er bereits auf den Füßen. Leise packte er sein Bündel „für die große Reise“, bei der er wusste, dass er von ihr nicht wiederkehren würde. Allerdings musste es für Beckmanns den Anschein haben, als reise er mit leichtem Gepäck.

Neben seinen Hemden, seiner anderen Hose und seinem zweiten Paar Schuhe, deren Mitnahme er damit erklären konnte, dass er in halbwegs ordentlichen Gewändern während der Reise regelmäßig zur Kirche gehen wolle, nahm er noch ein Bund Zitronengras als Zahnbürste und seine beiden Jagdmesser mit. Die Rolle mit den Gold- und Silbertalern aus Vaterns Bett schnallte er sich wieder um die Hüften, den Beutel mit den Goldtalern nähte er in seinen Hut. Die getrockneten Fleischstücke von unter dem Dach verbarg er in seinem Bündel, dort in der guten Hose, genauso wie ein Säckchen voller Salz, dass er sich noch aus dem Lager stahl und das ihm möglicher Weise als Tauschobjekt dienen konnte. Auch Feuerstein, Stahl und Zunder packte er sich für den Notfall mit ein. Dann schlich er auf leisen Sohlen ins Zimmer der Magd, die als er eintrat bereits die Augen offen hatte. Er gab ihr das Fleisch des Wildschweins, das er erst am Sonntag geschossen hatte. „Hier … es ist noch nicht ganz getrocknet. … Heb es auf für den Notfall. ...“ Sie schaute ihn verständnislos an. „Du bist doch in spätestens zwei Wochen wieder da.“, raunte sie. Er schüttelte den Kopf: „Wenn mich der Alte“, er blickte nach unten in Richtung Guter Stube „lässt, fahr ich nach Amerika. Bloß gut, dass ich hier 'n bischen lesen und schreiben gelernt hab, so kann ich dir wenigstens mal 'n Brief schicken und berichten.“

„Ich kann aber nicht lesen. … und schreiben schon gar nicht.“

„Ist ganz einfach. Du musst nur dem Alten immer bei seinen Geschäften zuschauen und dir erklären lassen. ...Und immer wenn er 'n guten Tag erwischt hat, weil seine Olle ihn mal wieder im Ehebett ran gelassen hat, lässt du dir Schriftzeichen und sowas erklären. …. Du wickelst doch den Alten um den Finger, oder?“

Sie nickte.

„Na dann, Clara, halt die Ohren steif und lass mal was von dir hören. Ich schreibe dir auf jeden Fall. Ich hab mich mit einem Gendarmen am Spandauer Tor angefreundet, der lesen und schreiben kann. Bring dem einen Krug Bier, bestell ihm 'n schönen Gruß von mir und lass dir von dem zur Not helfen. Er heißt Wilhelm Knesebeck.“

Eine Träne rann über ihre Nase.

„Auf wiedersehen.“, flüsterte sie, dann war er verschwunden.

Genauso lautlos, wie er soeben bei der Magd gewesen war, genauso flink und ohne Aufsehen zu erregen, huschte er nun noch einmal quer durch die allmählich erwachende Stadt. Mist! Die Stadttore waren noch verschlossen, stellte er missmutig fest, als er am Spandauer Tor angelangt war. Am Wachhaus kannte er aber den diensthabenden Soldaten, wie er erleichtert feststellte. Man sah sich irgendwie halt fast an jedem Sonntag. George zögerte erst, dann spach er ihn an.

„Wann macht 'n ihr auf?“

Der Wachhabende zögerte: „Wenn die Sonne wenigstens einen Finger breit über dem Prenzlauer Berg“, er zeigte nach Osten, „steht.“

George tat so, als wenn er herum druckste, dann log er: „Mein Meister wünscht sich heute zum Frühstück frische Wachteleier und ich kam gestern abend nicht mehr dazu, noch welche im Panketal zu suchen … ich möchte der nächsten Dresche entgehen. … “

Der Wachhabende musterte ihn von oben bis unten, dann sagte nur: „Bring mir welche mit.“ … und öffnete das Stadttor einen Spalt breit.

Nun ging alles ganz schnell. Es musste schnell gehen. Erst holte aus dem Versteck, einer hohlen Weide direkt an der Panke, Bogen und Pfeile und während er aus dem Eschenholz flink eine Angel machte und von den Pfeilen wenigstens noch die knöchernen, arbeitsintensiven Spitzen aus Feuerstein rettete, suchte und fand er schnell noch zwei Wachtelgelege und nahm sie aus.

Die aufsteigenden Nebel über dem Flusstal verflüchtigten sich aber bereits, als er wieder durch das nun weit geöffnete Spandauer Tor nach Berlin zurück kam. Dem freundlichen Wachhabenden händigte er als kleinen Dank einen Teil der Wachteleier aus und verschwandt dann mehr oder weniger unbemerkt im aufkommenden Getümmel der großen Stadt.

In der Georgenstraße angekommen huschte George wieder in seine Kammer und fuhrwerkte darin so laut herum, als sei er gerade erst wach geworden.

IV. … auf nach Plymouth....

George war noch keine fünf Minuten in seiner Kammer und noch immer außer Atem ob der soeben bewältigten Strecke, als bereits Meister Beckmann in der Tür seiner Kammer stand.

„Du nichtsnutziger, fauler Gesell! Die Fuhrleute stehen schon seit mindestens Sonnenaufgang vor dem Haus und warten darauf, dass du ihnen beim beladen hilfst. Das ist alles mein Geld, verstehst du?“

George schluckte und nickte dabei.

Beckmann herrschte ihn an: „Nun hilf unten gefälligst! Wenn ihr mit dem Aufladen fertig seid, kommst du nochmal kurz zu mir in den Laden ans Kathederbrett! … nun mach schon! Hopp – hopp!“

Die Fuhrleute mit ihren zwei Ochsenkarren waren natürlich gerade erst vor dem Haus angelangt, sonst hätte George sie ja bei seiner heimlichen Wiederkehr aus dem Panketal bemerkt, und sie kamen gerade erst ins Lager, als er aus seiner Kammer herunter stieg.

Achtundzwanzig Holzfässer, jedes gefüllt mit etwa einem Zentner Sauerkraut, mussten verladen werden. Während George erst jedes einzelne Fass mit einer Holzkarre aus einer Ecke des Lagers holte, es dann auf eine Wage, wegen des zu bestimmenden Gewichts … neben der Wage standen Herr Beckmann und einer der Fuhrleute, der das Gewogene mitkontrollierte, stellte und es danach weiter zu einem der Wagen schob, wo es schließlich die Fuhrleute aufluden, fragte er sich, was zum Teufel die britische Kriegsmarine ausgerechnet mit Sauerkraut anstellen wollte. Und so fragte George schließlich einen der Fuhrleute.

„Ach weeßte, ick gloobe, det kriejen da die armen Seeleute zu fressen. Sauerkraut is wohl jut jejen Skorbut, weeßte?“

Der Vormittag war schon zu einem Teil herum, als man mit dem Beladen der Ochsenkarren und der Sicherung der Ladung fertig war. Während die Fuhrleute sich bereits um ihre Ochsen kümmerten, holte George aus seiner Kammer schnell noch sein Bündel und wurde dann, ein letztes mal, wie er wusste, bei Meister Beckmann am Kathederbrett vorstellig. Seine Frau stand neben ihm.

Er raunzte George an:

„Hier hast du zwei Silbertaler, für den Fall, dass dir auf der Hinfahrt noch etwas zustößt. Die Ladung begleitest du bis Plymouth. Der Tranport ist bis dort hin vollkommen bezahlt. In Plymouth übergibst du dann persönlich, ich wiederhole, persönlich diesen versiegelten Brief im Hafenamt einem Major Heyes. Der wird sich dann um die Ladung und um dich kümmern. Den von dir wohl heute morgen gestohlenen Beutel Salz stelle ich dir in Rechnung, wenn du wieder zurückkommst.“

George schluckte. Woher wusste der Alte denn das nun schon wieder? Er bekam aber sogleich die Erklärung von ihm. „Nimm nicht wieder feuchtes Salz und wenn dann nimm es mit einem Holzscheffel, wenn du mich wieder bestielst. Ich hab die Abdrücke deiner Drecksfinger im Salzfass heute morgen entdeckt.“

Frau Beckmann hatte dagegen ein mildtätiges Lächeln in ihrem Antlitz, als sie ihm sagte:

„George, ich hab dir hier noch ein Bündel mit einem Laib Brot, einem halben Ziegenkäse und einem Lederbeutel mit zwei Pint Bier als Wegzehrung geschnürt. Machs gut.“ sie schluckte nochmals.

George bedankte sich bei beiden höflichst für ihre Großzügigkeit, versprach, alles ordnungsgemäß an den entsprechenden Stellen abzuliefern, wünschte ihnen noch einen schönen Tag, drehte sich dann um, um aus dem Laden zu gehen und sah dabei aus den Augenwinkeln noch, wie die Magd auf der Treppe ins Obergeschoss stehend, ihre Hände vors Gesicht geschlagen hatte und hemmungslos weinte, was ihn dazu veranlasste, ihr im Gehen noch zu zu rufen: „Liebe Clara! Kopf hoch! Wir sehen uns wieder! Ganz bestimmt!“

Damit ließ er die Haustür hinter sich ins Schloss fallen. Er hatte es auf einmal sehr eilig, von hier fort zu kommen.

Unter Peitschen knallen ruckten die beiden Ochsenkarren an. Es war nicht weit. Man zuckelte nur über den Mühlendamm bis in die Breite Straße. Die zwei mal zwei störrischen Ochsen wurden dabei selber von den Fuhrleuten mehr gezogen und durch Stockhiebe angetrieben, als dass sie selber die Karren in Fahrt brachten. Hinter dem Mühlendamm lagen in der Spree ein paar Fischerboote und ein kleiner Lastkahn. Seinen Mast mit dem Gaffelsegel hatte er umgelegt. Es hatte wohl vier Mann Besatzung, wovon einer der Kapitän sein musste. Der kam auch gleich auf George drauf zu. „Hello! Ich bin Käptn Henning aus Hamburch! Und sie müssen dem Bechmann sin Stift sin.“, sagte er in einem Gemisch aus Platt- und Berliner Dialekt.

George bejate und fragte sogleich dienstbeflissen nach, wo er jetzt helfen könne.

„No, min Jung, denn bring mo erst dine Plünnen uff den Kohn und denn, denn kannste mine drei Jungs noch helpen, de Ladung to vertauen.“

Um es gleich vorweg zu sagen, das beladen des Kahnes ging relativ schnell und problemlos. George sprang auf den Kahn, kam dabei selbst etwas ins Schwanken wegen der ungewohnten Bewegung auf dem Wasser, ließ sich von einem der Matrosen eine unter dem Achterdeck baumelnde Hängematte zuweisen, in die er seine beiden Bündel legte und war bereits wieder auf dem Deck, als das erste Sauerkrautfass von Land über eine Bohle auf das Schiff gerollt wurde. Auf dem Lastkahn ging es nun darum, die achtundzwanzig Fässer halbwegs gleichmäßig auf beiden Bootsseiten zu verstauen und so untereinander und mit dem Kahn mit Tauen zu befestigen, dass sie nicht verrutschten. Der Vormittag war noch immer jung, als man mit dem Verladen des Sauerkrauts fertig war. Aber man legte noch nicht ab.

Die Sonne stieg höher und es war bereits die Hälfte bis zur Mittagszeit erreicht, als erneut ein paar Fuhrleute, dieses mal aber nur mit Handkarren, eintrafen. Es wurden mehrere Stapel mit Biberfellen und mit schon zu Leder verarbeiteten Rinderhäuten verladen. Zum Abschluss kam ein Ochsenkarren mit zwanzig Fass Bier.

George half beim laden, wo er nur konnte.

Erst dann, mittlerweile war es fast Mittag, legte man ab.

Die drei Matrosen lösten erst die Taue des Kahns, Käpt'n Henning stellte sich an die Pinne und steuerte den Kahn in die Strömung der Spree, während seine Männer mit Staken versuchten, den Kahn so weit wie möglich von den Ufern fern zu halten.

George versuchte, sich irgendwie nützlich zu machen, merkte aber, dass er dabei mehr im Weg herum stand und die Arbeitsabläufe eher noch behinderte, als dass er Gutes tat.

Einer der Männer erläuterte George: „Wir fahren mit der Spree. Und weil wir noch keinen eigenen Antrieb haben, zeigt die Pinne hinten so gut wie keine Lenkwirkung. Hier in der Innenstadt ist es außerdem verdammt eng, so dass wir ständig aufpassen müssen, nicht mit dem Ufer oder anderen Booten zu kollidieren. Außerhalb der Stadt geht’s dann 'n bischen besser und wenn wir ab Spandau in die Havel einfahren, setzen wir das Segel und haben dann mit diesem Antrieb eine gewisse Ruderwirkung.“

George war neugierig geworden.

„Und was macht ihr, wenn ihr auf dem Rückweg von Hamburg die Spree wieder aufwärts wollt? Segelt ihr dann die ganze Strecke?“

„Nöö, min Jung. Du siehts die Bohlen, die hier auf beiden Seiten am oberen Rand des Kahns entlang führen. Auf denen staken oder treideln wir dann. Ist eine schwere Arbeit – besonders wenn sich nach Gewittern oder nach der Schneeschmelze im Winter die Strömung verstärkt. … so, ich muss aufpassen..... “

George stellte sich nach hinten zum Käpt'n und bewunderte die Stadt von der Wasserseite. Aus dieser Perspektive hatte er sie noch nie gesehen. Berlin war bereits 1750 eine Großstadt und mit fast einhundertzwanzigtausend Einwohnern kein verschlafenes Provinznest mehr, in welchem einer den anderen noch persönlich kannte. Die Stadt war eine hektische Metropole, die Residenzstadt Preußens, mit all dem Glanz, aber auch dem Elend den dieser Glanz wie von selbst mit hervor brachte. Nachts gab es zum Beispiel bis auf ein paar wenige Fackeln an den kurfürstlichen Gebäuden und an den Stadttoren keine Beleuchtung, so daß Nachtwächter die einzigen waren, die zwischen diebischem Gesindel und dem Eigentum der städtischen Bürger standen.

Neben dem Schloss und den Palästen der Hohenzollern und der anderen Adligen, die sich in der Stadt niedergelassen hatten, gab es viele ärmliche Katen, gab es jede Menge Bettler und Diebe, sogenannte „Beutelschneider“, die mit Vorliebe in Menschenansammlungen, wie zum Beispiel auf Märkten oder vor dem Schloss, „Geld umverteilten“. Aus allen Gassen rannen das Abwasser und die Hinterlassenschaften von Mensch und Tier in Richtung Spree und machte aus dem einst fischreichen Fluss eine stinkende Kloake. Fischer gingen ihrem Gewerbe schon lange nicht mehr innerhalb der Stadt nach. Sie zog es stromauf, jenseits der Oberbaumbrücke nach Stralau oder gar Coepenick. Lang anhaltende Sommergewitter reinigten nicht nur die stinkende Luft, sondern vor allem die Straßen von Unrat.

George war er ja noch nie aus Berlin wirklich hinaus gekommen. Ja, halt regelmäßig an der Panke entlang, gelegentlich bis auf das Gehöft des Bauern Grams, das jenseits der Aktzisemauer direkt auf einem der Mühlen- und Weinberge lag. Einmal war er auch auf dem Gutshof in Hohen-Schoenhausen gewesen, aber weiter nie.

Und so war er gehörig aufgeregt.

Bald verließen sie die Innenstadt, rechte Hand lag das „Vorwerk der Kurfürstin“ und dem gegenüber, linker Hand, die Dorotheenstadt. Die Mündung der Panke in die Spree befand sich innerhalb der Stadtmauer. Sie hieß hier bei den Berlinern „Stinke-Panke“ und war nicht viel mehr als ein Jauchegraben. Ab dem Unterbaum, dem westlichen Flußtore, schlängelte sich die Spree durch die Mark. Ein paar Flußbiegungen der näheren Umgebung kannte George noch, danach war alles weitere für ihn Neuland.

Nun machten es sich Matrosen gemütlich, die Ladung als Sitzgelegenheit nutzend, teilten sie untereinander, was sie zu Essen dabei hatten und frühstückten. George gesellte sich zu ihnen.

Es ging an Feldern vorbei und an Wiesen. Wald rückte immer näher und sprang bald bis ans schilfige Ufer.

Die Sonne stand noch nicht im Zenit, als Käpt'n Henning durch einen älteren Matrosen mit Sonnen gegerbter Haut an der Pinne abgelöst wurde, um selber etwas zu essen.

Er holte George zu sich nach vorn an den Bug.

„So, min Jung. Jetzt mal rus mit der Sproache. Wat hast du anjestellt, det der olle Beckmann dich los sein will?“

George schaute verdattert. Dann stellte er die Gegenfrage: „Wie kommen sie darauf?“

„Noo ick weeß doch, det der alte Beckmann 'n Dösbaddel is. Sin letzter Lehrjung is mit den Beckmann seine Magd nach Hamburch durchgebrannt, weil er beide so schlecht behandelt hat. Die hab ich beide hier mit uff min Kohn versteckt gehabt. Den davor musste ich bis nach London mitnehmen, weil Beckmann dem wohl misstraut hat. War wohl zu ehrlich, der arme Kerl und kam mit den Geschäftmethoden derer von Beckmanns nicht kloar, wie er mir dann uff die Fahrt hier gesecht hat. Und der, davor, … ähm … da vermutete der Beckmann dass der was mit seine Ollsche gehabt haben muss, aber beweisen konnte der Beckmann dem sein Stift nichts und so musste ich den auch … mein Gott, zehn Jahre muss's wohl her sein … mit irgend 'ner Ladung bis nach Plymouth bringen und ihn da der britischen Navy übergeben, dass die ihn auf eines ihrer Schiffe pressen. Was ich aber nich gemacht hab. Bin doch kein Menschenschinder nich. Also, Jung, was haste auf'm Kerbholz, dass der Beckmann dich los werden will?“

George schluckte.

„Genau das alles, was sie sagten, Herr Kapitän.“

Und dann erzählte er in wenigen Worten, was ihm in der letzten Woche alles widerfahren war.

Käpt'n Henning rieb sich nach Georges Bericht das Kinn.

„Scheinst mir 'ne ehrliche Haut zu sein, Jung. Redest nicht viel, packst an, wenn du kannst … Das Problem ist, ich muss dich in Plymouth zu Majour Heyes bringen, aber ich werd da 'n gutes Wort für dich einlegen. …. Für'n Schiffsjungen biste schon zu alt … aber …. aber als Krämer kannst du sicher mit Lebensmitteln umgehen und auch mal 'ne Speckschwarte mit'm Messer zerteilen....“

„Das Sauerkraut hier in den Fässern hab ich ganz alleine gehobelt und eingelegt!“, ergänzte eifrig George.

„Siehste, Jung, vielleicht kannste ja dem Smut auf so'nem großen Kahn zur Hand gehen. Das wäre dir doch sicher lieber, als Soldat zu spielen oder als Matrose bei Sturm in die Masten rumzukrackseln, oder? … Ich werd dich dem alten Heyes als Gehilfen für 'n Smutje empfehlen. Jao dat mach ick! … So min Jung, nun kleb mir nich weiter an die Kledage und hilf den Männern beim Aufrichten des Mastes …. wir sind gleich an der Havel. Von da an wird gesegelt.“

Vier Mann, vier Ecken. Der Mast war sauschwer. Alles mit Tauen am Rand des Kahns abspannen. George bekam seine erste Lektion in Seemannsknoten. Dann die Rah mit dem Segel hinauf ziehen und wieder alles mit Hanfseilen befestigen.

Es dauerte aber noch eine Weile und die Sonne war bereits wieder im sinken begriffen, bis sie endlich unterhalb der sich hoch auftürmenden Zitadelle Spandau ankamen, vor sich die Altstadt des Ortes. Hier musste nun George mit an die Staken und beim drehen des Kahns in die Havel und beim manövierern in den kleinen Hafen von Spandow behilflich sein.

Man lud hier noch zwanzig Fässer mit Pökelfleisch. Das dauerte. Als man endlich wieder ablegte, warfen die Gebäude der winzigen Stadt bereits lange Schatten. Nun erst setzte man das Segel und fuhr über den heute recht windigen Wannsee bis nach Potsdam.

Durch die Stadt ging es da zum Teil weiter nur mit umgelegtem Mast.

Es dämmerte bereits, als Käpt'n Henning beschloss, vor der Insel Werder zu ankern. Es machte keinen Zweck, die Nacht über durch zu fahren. Man sah einfach nichts oder nicht genug und es bestand so die Gefahr, schnell mal auf eine Sandbank aufzulaufen oder mit Treibgut zusammen zu stoßen. George ließ sich mit in eine der Nachtwachen einteilen. Gewechselt wurde alle zwei Stunden. Er bekam die letzte. Als Zeitmesser diente eine Sanduhr.

Mit Einbruch der Dunkelheit befestigte man Achtern eine rot leuchtende und am Bug eine weiß leuchtende Öllampe, falls es doch „irgendwelche Dösbaddel“ gab, die auch noch Nachts „querfeldein schipperten“ und „damit wir denen nicht plötzlich quer vor der Nase liegen“, wie sich Käpt'n Henning ausdrückte.

Die Männer zogen sich nach Achtern zurück und verzehrten jeder von seinem privaten Proviant. George musste etwas aus seinem Leben erzählen und so berichtete er, die Worte sorgsam abwägend, wie es ihn in diese Lage und auf diesen Kahn hier verschlagen hatte. Er berichtete auch von Beckmanns Magd Clara und dass die ihm im Herzen erst an diesem Morgen nahe gekommen sei und dass er ihr bald schreiben wolle. Der Wettergegerbte, ältere Matrose, Karl, der Käpt'n Henning gegen Mittag an der Pinne abgelöst hatte, bot sich an, George in den paar Tagen bis Plymouth wenigstens ein paar Grundbegriffe an englischen Vokabeln und in der Seemannschaft zu lehren, wenn George ihm im Gegenzug ein wenig lesen und schreiben bei bringe.

Als der erste zur Nachtwache aufzog, legte George sich in die ihm zugewiesene Hängematte. Er wollte bei diesem, seinem ersten Ausflug aus Berlin noch so vieles in sich aufnehmen, das Zirpen der Grillen am Ufer, den Duft frischen Heues von den Wiesen, der so ganz anders war, als der Kloakengestank, der ständig über ganz Berlin Sommers wie Winters waberte, den Geruch nach frischem Teer und brackigem Wasser, die Geräusche der Tiere der Nacht, wenn Wölfe heulten und geschlagenes Wild einen letzten Todesschrei ausstieß, Fische, die wieder ins Wasser plumpsten, nachdem sei vergeblich versucht hatten, etwas zu schnappen, das für sie wie ein Leckerbissen aussah, das aber in Wahrheit nur der Schein einer der Öllampen des Kahns war, der sich in den Wellen der Havel brach.

Das leichte Schaukeln und Glucksen des Bootes an seinem Anker und überwältigt von der Fülle der Eindrücke an diesem Tag, ließen George fast sofort in einen tiefen Schlummer sinken, so dass er von all dem, und auch nichts von den Heerscharen surrender Mücken mitbekam.

Als er am Morgen indes zu seiner Nachtwache geweckt wurde, fühlte er sich ausgesprochen erholt.

Käpt'n Henning war der erste, der am Morgen wach wurde. „Ick geh mal schiiten.“ brummelte er und hängte auch schon seinen blanken Hintern über die Bordwand.

Er hustete. „Biste'n strammer Kirchgänger, Jung?“

George nickte. Jeden Sonntag, immer vor seinem Besuch im Elternhaus, ging er in einen Gottesdienst, … meist in der Marienkirche in der Nähe des Rathauses.

„Haste schon mal 'n Dom von innen gesehen, Jung?“

„Nein Käpt'n!“ antwortete George rasch.

„No denn woll'mer mal sehen, dass dieses müde Pack von Matrosen bald die Klüsen aufkriegt, damit wir es heute noch bis nach Havelberg schaffen. Da werden wir dann über Nacht ankern und da kannste dann morgen früh mit Karl zum Gottesdienst in den Dom.“

Wie alle anderen, so erleichterte sich auch George über die Bordwand.

Aber da stukte ihn schon Karl zurecht: „Pass auf, dass du nicht gegen den Wind pinkelst, sonst haste die ganze Pisse in deinem Gesicht und wir in unserem Kahn! … Und wenn du hinter Hamburg reihern musste, spuckste auch schön mit dem Wind. Ist das klar? Hier geht’s ja noch, ….. aber auf hoher See ….“

Die Morgenverrichtungen auf so einem Kahn beschränkten sich zu jener Zeit auf die Notdurft. Purer Luxus wäre Hände waschen gewesen, aber an diesen hatte George sich bei Beckmanns gewöhnt. Bevor er mit Lebensmitteln arbeitete, wusch er sich die Hände. Auch hatte er gemerkt, dass die Kunden im Laden zu ihm freundlicher waren, wenn er sich morgens die Zähne mit Zitronengras säuberte und er sich mit seinem Messer die Bartstoppeln aus dem Gesicht kratzte.

Diese für ihn üblichen Handlungen lösten bei den Matrosen indes Heiterkeit aus. Er aber ließ sie gutmütig lachen und begann anschließend zu frühstücken.

Sie hatten heute einen leichten Nordostwind. Es wäre zu mühsam gewesen, auf der kleinen Havel dagegen an zu kreuzen und so nahmen die Männer, auch George, die Ruder und legten sich mit der Strömung an genau den Stellen, wo es notwendig war, in die Riemen.

Die Stadt Brandenburg mit ihrem schon von weitem sichtbaren Dom kam ihnen entgegen. Auf der Höhe von Rathenow machten sie Mittag. Die Havel floss immer träger. Im Schollener Land, da dämmerte es bereits ein wenig, tauschte Käpt'n Henning von einem Fischer ein paar geräucherte Aale gegen einen halben Laib Brot.

Es war schon fast dunkel, als sich im Hintergrund Havelberg mit seinem hoch gelegenen Dom aus der Finsternis schälte. Sie ankerten in der Nähe des anderen Ufers und machten die selbe Wacheinteilung, wie in der Nacht zuvor.

Am anderen Morgen setzten sie über und Karl und George krakselten auf den Berg und gingen zum Gottendienst om Dom. George staunte über die riesige Halle, über die vielen Menschen, die er in einem so abgelegenen Ort nicht erwartet hatte und insgesamt über die Lage des ganzen Ortes an der Mündung der Havel in die Elbe. Einen katholischen Gottesdienst hatte der protestantisch erzogene junge Mann bisher auch noch nicht erlebt und so bewunderte er dessen Prächtigkeit.

Auf der Elbe, nun noch eine Nummer größer, als die Havel, hatte man eine etwas größere Fließgeschwindigkeit und so kamen sie bis zum Abend nach Hamburg.

George war erneut beeindruckt. Hamburg konnte es durchaus mit Berlin aufnehmen, wenngleich Hamburg mit etwa fünfundsiebzigtausend nur gut halb so viele Einwohner, wie Berlin hatte.

In der alten Hansestadt standen viele, große, backsteinerne Speicherhäuser direkt am Ufer, wie George feststellte.

In dieser Nacht lagen sie nicht verankert in irgendeinem Fluss. Käpt'n Henning steuerte die Alster an, in der viele Frachtkähne lagen. Man fand gerade noch einen freien Liegeplatz an einem Kai. Wachen brauchte man nicht einzuteilen, denn dafür, dass hier kein Verbrechen geschah gab es eine eigene Hafenpolizei, aber verlassen durfte George den Kahn auch nicht, denn er war nach wie vor in letzter Instanz für die Ladung verantwortlich. Zwei, der drei Matrosen wurden im Hafen indes schon von ihren Weibern erwartet und würden in Folge dessen über Nacht bei diesen schlafen. Käpt'n Henning hatte noch etwas mit dem Hafenmeister zu bereden und ging danach wohl noch mit ein paar Freunden, die eher wie echte Halunken aussahen, in der Nähe in eine der Hafenkneipen.