Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Rita blickt aus dem Fenster der Suite. Die Welt hat sich verändert. Wie hat sie früher ausgesehen? Pusteblumen schweben durch die Luft. Gegenüber in dem Gebäude ist jemand. Sie ist nicht allein mit den Kreaturen und roten Bäumen. War sie schon immer hier und hat ihr vorheriges Ich nur zurückgelassen? Sie sollte zu Sapiin gehen. Vielleicht hat er Antworten.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2023
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Rote Ballons
Pusteblumen
Karen
Leuchtende Nacht
Durch den Wald
Corvin
Abschied
Nach Norden
Musik
In der Klinik
Zur anderen Seite
Blick in die Ferne
Ein Name
Etwas aus der Erde
Nicht mehr unsere Welt
Sapiin
Nicht allein
Zum Anfang
Impressum
Sie erreichen eine Lichtung und treten aus dem Schatten der Bäume ins Sonnenlicht.
„Warte mal!“, sagt Rita, setzt sich auf einen Baumstumpf und nimmt die Trinkflasche aus der Halterung am Gürtel.
Marc stellt sich neben sie. „Ist nicht mehr weit bis zur Pension.“
„Ich weiß, brauche trotzdem mal ne Pause.“
„Wir könnten auch noch ein paar Tage hierbleiben?“
„Würd ich gerne, aber am Montag machen wir mit dem neuen Album weiter. Ich kann die Jungs beim Texten nicht alleine lassen.“ Sie legt den Kopf in den Nacken und setzt die Flasche an den Mund, senkt dann aber wieder den Arm.
„Was ist das?“
Marc folgt ihrem Blick. Der Himmel ist bedeckt von roten Punkten, als hätte dort jemand im Abstand von mehreren Metern schwebende Bälle platziert.
„Keine Ahnung“, sagt er und zieht sein Smartphone aus der Tasche der Wanderhose.
„Hauptsache der Tourist hat seine Fotos“, sagt Rita und lacht.
„Genau. Vielleicht ist es ein Experiment für … keine Ahnung, Wettermessungen?“ Er macht einige Bilder.
„Oder es sind Drohnen, die -“ Rita hält inne.
Ein heller, vibrierender Ton schallt zu ihnen herab. Die Erscheinungen dehnen sich aus wie Luftballons.
Marc wechselt zur Videofunktion und beginnt zu filmen.
„Lass uns zur Pension“, sagt Rita nach einer Weile. „Mir gefällt das nicht.“
„Okay.“ Er steckt sein Smartphone wieder weg.
Sie stehen auf und blicken erneut nach oben. Die roten Ballons sind so groß, dass sie sich fast berühren. Durch die Lücken dringt die Mittagssonne und erzeugt um sie herum ein Muster aus Licht und Schatten.
Rita greift Marcs Hand, sie verlassen die Lichtung.
Nach einer halben Stunde erreichen sie die Pension. In alle Richtungen ist der Himmel von Ballons bedeckt. Das durchscheinende Licht lässt die Umgebung wie von Scheinwerfern beleuchtet wirken.
„Ich mache noch ein paar Bilder“, sagt Marc, als sie die Eingangstür erreichen.
„Kannst du auch von drinnen.“
„Nicht so richtig, mit dem Vordach.“
Rita blickt nach oben. „Na gut, aber bleib nicht lange weg. Das ist kein Wetterexperiment, es macht mir Angst.“
„Ich beeile mich, versprochen. Bis gleich.“ Er gibt ihr einen Kuss und geht zur Rückseite des Hauses.
Im Zimmer zieht Rita die Wanderjacke aus und geht zum Fenster. Marc steht an der Grenze zum Wald, vielleicht hundert Meter entfernt. Das junge Paar aus dem Zimmer nebenan ist bei ihm. Sie unterhalten sich, dann zeigt die zum Himmel.
Rita nimmt ihr Smartphone und sucht den Kontakt ihrer Mutter. Bevor sie das Anrufsymbol berühren kann, wird sie von etwas geblendet. Als hätte jemand direkt vor ihr ein Blitzlicht ausgelöst, begleitet von einem lauten Knall, der alles um sie herum vibrieren lässt. Erschrocken taumelt sie rückwärts, stolpert auf das Doppelbett und hält sich die Hände vor die Augen.
Nach einer Weile wird das Weiß weniger, bis nur noch helle Lichtflecken übrig sind. Blinzelnd öffnet sie die Lider, richtet sich auf und sieht aus dem Fenster. Die Ballons sind verschwunden. Etwas schwebt vom Himmel herab. Zuerst erkennt sie nur kleine Punkte. Als sie sich dem Boden nähern, erinnern sie Rita an Pusteblumen, nur in rot.
Marc und das junge Paar sind genau wie sie hingefallen. Sie stehen auf und blicken nach oben, strecken den Ankömmlingen die Arme entgegen.
Wie schön sie sind, denkt Rita. Dennoch will sie Marc und dem Paar zurufen: Lauft weg! Kommt zu mir, ins Haus, in Sicherheit! Aber es ist zu spät. Sie berühren die Ankömmlinge, umschließen sie mit den Händen. Rita atmet erleichtert aus, als für einige Sekunden nichts passiert. Aber dann beginnen sie zu zittern, torkeln hin und her und stürzen auf die Knie, übergeben sich vornübergebeugt.
„Mein Gott“, flüstert Rita und hält sich die Hände vor den Mund.
Wenig später fallen die drei zur Seite und winden sich zuckend am Boden. Bis sie still liegen bleiben und etwas passiert, das Ritas Verstand nicht mehr verarbeiten kann. Sie zerlaufen zu einer roten Masse. Nur die Kleidung bleibt zurück.
Rita greift den Vorhang neben sich, findet aber keine Kraft mehr, sich festzuhalten und sinkt auf den Teppich. Auch direkt vor dem Fenster schweben die Pusteblumen, nur wenige Zentimeter entfernt. Von ihrem roten Kern ausgehende Verästelungen wiegen sich im Wind. Sie können mir nichts tun, denkt sie. Ich bin hier drinnen, in Sicherheit. Außerdem sind sie so schön. Dann wird es dunkel.
Ihr Mund ist trocken, sie muss etwas trinken. Hustend richtet sie sich auf. Die Hoffnung, dass alles nur ein Albtraum war, wird durch einen Blick nach draußen zunichte gemacht. In alle Richtungen ist die Luft von den roten Eindringlingen durchsetzt. Von ihrem Freund Marc und dem Paar sind nur noch blutige Pfützen übrig.
Auf allen Vieren kriecht sie zum Bett und greift nach dem Smartphone, das ihr zuvor aus der Hand gerutscht ist. Mit zitternden Fingern entsperrt sie es. Als sie die Kontaktliste auswählt, fällt ihr das durchgestrichene Netzsymbol auf.
Stöhnend lässt sie das Gerät los und beginnt zu würgen, als die Bilder von Marc durch ihre Gedanken strömen. Wie etwas auf ihn zu schwebt, er lächelnd danach greift …
Sie drückt sich hoch und schafft es ins Bad, bevor sie sich übergibt.
Schwitzend lehnt sie am Türrahmen und wischt sich mit einem Handtuch übers Gesicht. Sie will sich aufs Bett setzen, da hört sie etwas vom Flur.
„Wo bist du?“, ruft eine weibliche Stimme, immer wieder. Bis es nur noch ein kaum zu verstehendes Krächzen ist und in ein Weinen übergeht.
Einen Moment zögert Rita, dann öffnet sie langsam die Tür. Nicht weit entfernt sitzt eine Frau im Flur, die angezogenen Beine mit den Armen umschlungen. Rötliche Locken hängen ihr ins Gesicht. Rita geht zu ihr und lässt sich an der Wand zu Boden sinken. Dann kommen auch ihr die Tränen.
„Wer sind Sie?“, fragt die Frau mit trockener Stimme.
„Rita. Und Sie?“
„Ich muss meinen Mann finden.“ Schwankend steht die Fremde auf und geht zu einer offenstehenden Tür.
Rita wischt sich mit dem Ärmel ihres Fleecepullovers übers Gesicht, folgt ihr in das Zimmer und stellt sich neben sie ans Fenster. Sie betrachten den Bereich vor der Pension. Auch hier ist eine rote Lache, nicht weit entfernt vom Eingang. Eine Wanderhose und ein Pullover liegen darauf.
Eine Weile schweigen sie, dann flüstert die Frau: „Was machen wir jetzt?“
„Vielleicht kann uns jemand hier rausholen. Haben Sie ein Smartphone?“
„Ja, ich … Moment.“ Sie geht zu dem kleinen Tisch neben dem Bett, nimmt das Gerät und aktiviert das Display. „Kein Empfang.“
„War bei mir genauso“, sagt Rita. „Ist sonst niemand hier?“
„Keine Ahnung, mittags sind wahrscheinlich die meisten Gäste unterwegs.“
„Wir sollten nachsehen. Wie heißen Sie?“
„Karen.“
Die anderen Zimmertüren im Erdgeschoss sind verschlossen. Auch im Empfangsbereich, dem Essensraum und in der Küche finden sie niemanden.
„Der Koch kommt immer erst am späten Nachmittag, glaube ich“, sagt Karen „Die Eigentümer waren wahrscheinlich draußen, der Empfang war mittags auch in den letzten Tagen unbesetzt.“
Sie gehen zur Treppe, die zur oberen Etage führt.
„Moment.“ Karen setzt sich auf die Stufen und massiert die Schläfen. „Was passiert hier?“
Rita lehnt sich an die Wand. „Ich weiß es nicht. Am Anfang waren die Ballons noch klein. Ich habe so etwas noch nie gesehen, warum sollte jemand so etwas hier draußen entfesseln?“
„Keine Ahnung“, antwortet Karen und steht auf. „Wer weiß, wie es in den Städten aussieht.“
Als sie nach oben gehen, hören sie etwas. Eine kindliche Stimme, die ein Lied summt. Sie erreichen den Flur der ersten Etage. Ein Junge sitzt an seinem Ende vor einer geschlossenen Tür.
Langsam gehen sie zu dem Jungen. Er summt weiter und starrt auf den Boden.
„Wo sind deine Eltern?“, fragt Rita und kniet sich vor ihn.
„Ich warte hier auf sie“, antwortet er und meidet weiter ihren Blick. „Etwas ist passiert, da habe ich sie alleine gelassen.“
Karen geht zu dem Zimmer und legt eine Hand an den Knauf.
„Warte!“, ruft Rita und bekommt Gänsehaut, als sie an ihren Knöcheln einen Luftzug spürt, der unter der Tür durchkommt. Sie blickt Karen an und schüttelt leicht den Kopf. „Vielleicht lassen wir deinen Eltern noch etwas Zeit und du kommst erst mal mit uns? Bestimmt finden wir unten was zu essen.“
„Ich darf nicht einfach mit Fremden gehen.“
„Wir bleiben ja hier in der Pension und gehen nur eine Etage tiefer.“
Der Junge sieht auf, erst zu Rita, dann zu Karen. „Gibt es auch Süßigkeiten?
Und Eis?“
„Klar!“, antwortet Karen. „Da finden wir schon was.“
Nach einer Weile zuckt er mit den Schultern, steht auf und greift Ritas Hand.
Sie lächelt ihm zu, gemeinsam gehen sie zurück zur Treppe.
„Hast du hier noch jemanden gesehen?“, fragt Karen.
„Nein. Bestimmt sind alle draußen bei den Blumen.“
„Vielleicht gibt es hier ein Festnetztelefon“, meint Rita, als sie die Lobby betreten.
Sie lässt die Hand des Jungen los, der sich daraufhin auf eine gepolsterte Bank neben der gläsernen Eingangstür setzt. Dann geht sie hinter den Empfangstresen. „Hier ist tatsächlich eins!“, sagt sie und nimmt den Hörer ab, aber die Leitung ist tot. „Scheiße!“
„Warte mal.“ Karen betätigt einen Lichtschalter an der Wand. Die Deckenbeleuchtung bleibt aus. „Anscheinend funktioniert nichts mehr.“
„Wir müssen hier weg, runter ins Dorf.“
„Und wie? Wir können nicht einfach raus und - Hörst du das?“
Von draußen dringt ein Geräusch zu ihnen. Nach einigen Sekunden erkennen sie es als einen Hubschrauber und blicken durch den Eingang nach draußen.
Über dem Wald kommt er in Sicht, deutlich zu erkennen am wolkenlosen Himmel. Die Pusteblumen werden davongeweht, nur um hinter dem Helikopter wieder die Luft auszufüllen. Er fliegt über die Pension hinweg, bis er nicht mehr zu hören ist.
„Was sollte das?“ Rita hat die Hände an die Scheibe gedrückt.
„Vielleicht wollen sie wissen, ob diese Dinger überall sind. Lass uns zur Küche gehen.“
Sie drehen sich zur Sitzbank, aber der Junge ist nicht mehr da.
„Hey, wo bist du?“, ruft Rita und eilt in den Flur, sieht ihn aber auch dort nicht. „Scheiße!“ Nach einem kurzen Blick zu Karen läuft sie zur Treppe.
Oben angekommen bleibt sie stehen und hält sich am Geländer fest. Die Zimmertür, vor der noch vor einigen Minuten der Junge saß, ist geöffnet. In dem Raum dahinter steht ein Fenster offen, der Teppich darunter ist rot getränkt. Pusteblumen schweben durch den Raum und in den Flur, über die dickflüssige Pfütze, die sich dort ausgebreitet hat. Rita will sich den Überresten des Kindes nähern, als könnten sie eine Sinnestäuschung.
„Nicht“, sagt Karen und greift sie am Oberarm. „Es ist genauso meine Schuld, aber jetzt müssen wir hier weg.“
Die todbringenden Eindringlinge sind nur noch wenige Meter entfernt.
Rita lässt sich mitziehen. „Ich habe ihn noch nicht mal nach seinem Namen gefragt.“
„Wohin?“, fragt Karen, als sie wieder im Erdgeschoss sind.
„Ist doch egal, es ist eh alles zu spät.“
Karen kommt nah an Ritas Gesicht. „Nein, ist es nicht. Reiß dich zusammen, wir können noch immer hier wegkommen.“
Rita schließt für einen Moment die Augen und nickt dann.
„Gehen wir zur Küche“, schlägt Karen vor. „Wir brauchen was zu essen, dann bringen wir uns in einem unserer Zimmer in Sicherheit.“
„Okay. Falls sich jemand dem Haus nähert, können wir uns von dort bemerkbar machen.“
„Dann los!“
Nachdem sie aus der Küche Brot, Aufschnitt und zwei Flaschen Wasser geholt haben, eilen sie zu Ritas Zimmer.
Mehrere Pusteblumen sind bereits an der Treppe hinabgeschwebt, aber noch haben sie sich nicht im Flur ausgebreitet.
Als sie drinnen sind, knallt Karen die Tür zu.
„Was jetzt?“, fragt Rita, stellt die Lebensmittel auf den Schreibtisch und setzt sich aufs Bett.
„Wir warten und versuchen was zu essen.“ Sie blickt sich im Zimmer um und sieht die Sachen von Marc. Seine Reisetasche, die Kleidung.
Rita schüttelt kurz den Kopf.
„Tut mir leid!“, sagt Karen und nimmt sie in den Arm.
Langsam lässt die gleißende Helligkeit nach, bis Rita die Augen öffnen kann. Aber es sind nicht ihre, sondern Marcs. Für diesen Moment ist sie ganz nah bei ihm, als er auf dem Boden sitzt, ihm gegenüber das junge Paar von nebenan. Sie stehen auf, alle drei, und blicken nach oben. Etwas schwebt ihnen entgegen, wie vom Himmel fallende Blüten. Kurz sieht Marc zur Pension, kann aber hinter den Spiegelungen auf den Fenstern nichts erkennen. Fast haben ihn die roten Ankömmlinge erreicht. Er lächelt, dann berührt ihn einer an der Hand. Die Haut beginnt zu schmerzen, zuerst ganz leicht, aber es breitet sich aus, bis er es am ganzen Körper spürt. Es wird stärker, immer stärker, als wäre er in Brennnesseln gefallen. Zitternd sinkt er auf die Knie, würgt und übergibt sich. Bis ihn die Kraft verlässt und er zur Seite fällt. Alles fühlt sich an wie Pudding, denkt er, als würde er zerlaufen. Das junge Paar hat sich zu roten Pfützen aufgelöst. Passiert ihm das Gleiche?, ist sein letzter Gedanke, bevor es dunkel wird.
***
Rita schreckt hoch.
„Alles okay?“, fragt Karen. Sie hat den Stuhl des Schreibtischs vor das Fenster geschoben und den Bereich vor der Pension beobachtet, während Rita geschlafen hat.
„Weiß nicht. Ich habe von Marc geträumt“, antwortet sie und zeigt nach draußen. „ Was ist passiert?“
Der Himmel ist fast schwarz, aber die Umgebung in rotes Licht getaucht.
„Je dunkler es wird, umso heller leuchten die Pusteblumen.“
„Vielleicht ist das alles auch nur ein seltsamer Traum.“ Rita rückt auf dem Doppelbett zurück und lehnt sich ans Kopfende.
„Dann müsste ich das Gleiche träumen. Willst du noch was essen?“
„Im Moment nicht.“
Eine Weile blicken sie hinaus. Die Eindringlinge erinnern Rita an Glühwürmchen, nur größer.
„Warum bist du hierhin gekommen?“, fragt Karen.
Rita nimmt die Wasserflasche vom Nachttisch und trinkt einen Schluck. „Marc hat mich eingeladen. Er hat eine kleine IT-Firma. Sie ist mittlerweile recht erfolgreich und wir wollten beide mal weg vom Alltag. Vielleicht wollte er auch etwas mit mir besprechen, wir haben in den letzten Wochen darüber nachgedacht, zusammenzuziehen.“
Karen senkt den Blick. „Tut mir leid.“
„Wo war dein Mann, als es passierte?“
„Auf dem Weg ins Dorf. Er macht gerne lange Spaziergänge und wollte in einen Antiquitätenladen, an dem wir bei unserer Anreise vorbeigefahren sind.“
„Vielleicht konnte er sich irgendwo in Sicherheit bringen.“
„Ja, wer weiß. Er war noch nicht lange unterwegs. Wahrscheinlich ging er durch den Wald, als es passierte. Kannst du übernehmen?“
„Klar.“ Rita steht auf und setzt sich auf den Stuhl.
„Sieh nicht zu lange ins Licht, ir brannten schnell die Augen“, meint Karen, als sie sich aufs Bett legt.
„Okay.“
Rita ist nicht sicher, ob sie geschlafen hat. Sie blickt zu Karen, die auf der Seite liegt und ruhig atmet. Als sie eine Scheibe Brot mit Aufschnitt belegen will, bemerkt sie draußen eine Bewegung. Mit müden Augen versucht sie, zwischen den hell leuchtenden Pusteblumen etwas zu erkennen. Bis sie eine Gestalt ausmacht, die aus dem Wald kommt und über die freie Fläche vor dem Haus geht. Außer einer Jeans und schwarzen Jacke trägt sie Handschuhe und eine Skimaske, darüber eine enganliegende Schutzbrille. Einige Meter vor der Pension bleibt sie stehen und betrachtet das Gebäude.
Instinktiv duckt sich Rita, geht zu Karen und stupst sie an, bis sie die Augen öffnet und sich hektisch umsieht.
„Was ist -“
„Psst!“ Rita hält ihr den Zeigefinger an die Lippen. „Draußen ist jemand.“
„Kann ...“ Karen hustet. „Kann nicht sein, niemand wird -“
„Doch! Er ist komplett verhüllt, mit Maske und Handschuhen.“
„Und was macht er?“
„Warte.“ Rita schleicht zurück zum Fenster, als könnte sie der Fremde sonst draußen hören. „Ich sehe ihn nicht mehr.“
Karen steht auf und kommt neben sie. „Das hat noch gefehlt!“
Ein Geräusch dringt zu ihnen.