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Lernende bei der Arbeit begleiten, Berufsbildner*innen interviewen, einen ÜK-Tag dokumentieren – Dozierende von Pädagogischen Hochschulen der Schweiz haben an einem Studienprogramm teilgenommen, um die Qualität der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen in der Berufsbildung zu sichern und weiterzuentwickeln. Das Ergebnis ist ein Buch, das vielfältige Einblicke in die Anforderungen an Dozierende bietet. Sie müssen sowohl die Praxis des Lehrberufs (z. B. Pädagogik) als auch die des Ausbildungsberufs (z. B. Informatiker*in) kennen und beherrschen. Dieses E-Book enthält Bildbeschreibungen zu allen Grafiken. Es wird empfohlen, einen E-Reader zu verwenden, auf dem die Bilder vergrössert werden können.
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Seitenzahl: 143
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die vorliegende Publikation enthält Erkenntnisse von Dozierenden aus einem Studienprogramm, das im Rahmen des vom Bund mit einem projektgebundenen Beitrag unterstützten Projekts «PgB-11 – Doppeltes Kompetenzprofil» an der Pädagogischen Hochschule Zürich durchgeführt wurde.
Claudio Caduff / Stephanie Weiss (Hrsg.)
Zwischen Theorie und Praxis
Die Qualifizierung von Dozierenden in der Berufsbildung
ISBN Print: 978-3-0355-2393-5
ISBN E-Book: 978-3-0355-2394-2
Berufliches Lernen, Band 4
1. Auflage 2025
Alle Rechte vorbehalten
© 2025 hep Verlag AG, Bern
hep Verlag AG
Gutenbergstrasse 31 | Postfach | CH-3001 Bern
[email protected] | hep-verlag.ch
Verzeichnis
1 Einleitung
1.1 Doppeltes Kompetenzprofil
1.2 Kompetenzanforderungen von Dozierenden in der Berufsbildung
1.3 Nachwuchsförderung Dozierende der Qualifizierung von Berufsbildungsverantwortlichen
1.4 Referenzmodell für PH-Dozierende in der Berufsbildung
1.5 Pilotprogramm für die Nachwuchsförderung
2 Solche Programme müssten alle drei Jahre stattfinden
2.1 Das Programm kam zur richtigen Zeit
2.2 Für meine Lehrtätigkeit nehme ich einiges mit
2.3 Mein Fazit: Es braucht mehr Austausch mit den Lernorten
3 Wir brauchen ein Verständnis für die Berufe
3.1 Kreative Berufe im Fokus
3.2 Meine Beobachtungen
3.3 Mein Fazit
4 Blick über den Tellerrand
4.1 Lernen im Betrieb: Vom Novizen zum Experten
4.2 Lernen im ÜK: Für das Ganze sensibilisieren
4.3 Lernen an der BMS/HF: Optimiertes Eigenmanagement
4.4 Mein Fazit: Walking in their shoes – möglichst praxisnah denken
5 Der Lebenswelt- und Praxisbezug ist wichtig
5.1 Ein Lernender an zwei Lernorten
5.2 Theoretische Konzepte
5.3 Die Perspektive des Lernenden
5.4 Die Perspektive der Ausbildnerin
5.5 Die Perspektive der ÜK
5.6 Theoretisches Wissen mit praktischem Tun sinnvoll verknüpfen
6 Jeder Lernort bietet eigene Lernchancen
6.1 Lernen an den verschiedenen Lernorten der beruflichen Bildung
6.2 Lernort ÜK
6.3 Erkenntnisse für die Lehre an der PHZH in der Abteilung Sekundarstufe II
7 Mehr Mut für Schmerzerfahrungen beim Lernen
7.1 Bereits im ersten Lehrjahr allein unterwegs
7.2 Meine Beobachtungen
7.3 Fazit
8 Probleme im Berufsalltag durch drei Brillen betrachtet
8.1 Schwierige Situationen im Alltag in der Berufsfachschule reflektieren
8.2 Ein Problem am Arbeitsplatz, analysiert durch drei Brillen
8.3 Es braucht mehr als nur Besuche im Betrieb
9 Ein dreifaches Kompetenzprofil wäre ideal
9.1 Rollenwechsel im Interview
9.2 Fachdidaktik-Dozierende müssten weiterhin unterrichten
9.3 Kompetenzprofil Sprachbildung
10 Zusammenfassung und Resümee
10.1 Praxiserfahrungen als Brücke zwischen Theorie und Arbeitswelt
10.2 Schlusswort
Literatur
Abbildung 1:
Doppeltes Kompetenzprofil von Dozierenden an Pädagogischen Hochschulen
Abbildung 2:
Laufbahn zur PH-Dozentin / zum PH-Dozenten (nach Biedermann et al. 2020, S. 338)
Abbildung 3:
Dreifaches Kompetenzprofil von Dozierenden in der Ausbildung von Berufsfachschullehrpersonen
Abbildung 4:
Referenzmodell des Kompetenzanspruchs an Dozierende in der Ausbildung von Berufsbildungsverantwortlichen (nach Arpagaus, 2020, S. 444)
Abbildung 5:
Lernen im Betrieb: Zwei Lernende und ihr Berufsbildungsverantwortlicher bei der Besprechung eines Auftrags (Foto: Silvano Sarno)
Abbildung 6:
Bearbeitung des Dachaufbaus (Foto: Silvano Sarno)
Abbildung 7:
Perspektiventriangulation
Abbildung 8:
Kausales Modell der Beziehung zwischen der beruflich bedeutsamen sozialen Umwelt und der sich entwickelnden Persönlichkeit der Berufstätigen (nach Lempert, 2009, S. 33
Abbildung 9:
Elemente einer Basisstruktur erzieherischen (lehrenden) Handelns (nach Oser, 1994)
Abbildung 10:
Gästebetreuung (Foto: Getty Images / Jacob Wackerhausen)
Podcast: Lesefähigkeit in der Aus- und Weiterbildung [30.09.2024]
Tabelle 1:
Auszug aus dem Bildungsplan
Tabelle 2:
Leitfaden-Interviews mit Lernenden
Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch von Universitäten, dass sie einerseits anwendungsorientierte Forschung betreiben sowie forschungsbasierte Lehre leisten und anderseits ihre Studierenden für eine spezifische berufliche Tätigkeit ausbilden (vgl. HFKG, 2011). Für die Kammer Pädagogische Hochschulen von swissuniversities ist die Verschränkung von Bildungsforschung und Bildungspraxis eines der acht Wesensmerkmale der Pädagogischen Hochschulen (Kammer PH, 2017).
Das bedeutet für Dozierende, dass sie «in Forschung und Lehre über ein sogenannt doppeltes Kompetenzprofil» (Sibold, 2017, S. 108) verfügen, wobei dieses eine fachwissenschaftliche beziehungsweise eine fachdidaktische Qualifikation und einen Praxisbezug in Form eines Lehrdiploms der entsprechenden Stufe sowie idealerweise Praxiserfahrung erfordert (siehe Abbildung 1).
Doppeltes Kompetenzprofil von Dozierenden an Pädagogischen Hochschulen
Konkret ergeben sich aus diesem Anspruch die folgenden wesentlichen Anforderungen an Dozierende (Biedermann et al., 2020, S. 335f.):
Disziplinäres Wissen und Können: Für die Lehre benötigen die Dozierenden fachliches, fachdidaktisches, pädagogisches und pädagogisch-psychologisches Wissen und Können.
Hochschuldidaktisches Wissen und Können: Das disziplinäre Wissen und Können müssen die Dozierenden den Lehramtsstudierenden vermitteln können.
Praxisorientierung: Die Lehre hat die Berufsausübung von Lehrerinnen und Lehrern im Fokus, insofern orientiert sie sich an der Unterrichtspraxis.
Verbindung von Scientific Community und beruflicher Praxis: Die Dozierenden lehren nicht nur, vielmehr bilden sie auch das Bindeglied zwischen der Wissenschaft und dem Praxisfeld.
Innovationsfähigkeit und Kreativität: Die Dozierenden müssen sich ständig professionell weiterentwickeln, und zwar hinsichtlich ihres disziplinären und hochschuldidaktischen Wissens und Könnens. Dabei müssen sie besonders auch die dynamischen wissenschaftlichen, technischen, und gesellschaftlichen Entwicklungen integrieren.
Dieser hohe Anspruch erfordert von den Dozierenden einen Kompetenzaufbau, der sehr aufwendig ist und lange dauert (siehe Abbildung 2). In der Praxis ist es daher für Pädagogische Hochschulen schwierig, Dozentinnen und Dozenten zu gewinnen, die bereits über das vollständige Qualifikationsprofil verfügen: Dozierende mit einem praxisorientierten beruflichen Hintergrund bedürfen häufig der wissenschaftlichen Vertiefung, während Dozierenden mit akademisch-wissenschaftlicher Herkunft in der Regel ein vertiefter Praxisbezug fehlt.
Laufbahn zur PH-Dozentin / zum PH-Dozenten (nach Biedermann et al. 2020, S. 338)
Auch die Dozierenden in der Ausbildung der Lehrpersonen für die Berufsfachschulen und der Dozierenden für die Höheren Fachschulen bedürfen des doppelten Kompetenzprofils, wie es oben knapp umschrieben wurde. Allerdings umfasst das Kompetenzprofil dieser Dozierenden noch mehr. Um diesen erweiterten Qualifikationsanspruch zu verdeutlichen, bedarf es einiger grundlegender Erläuterungen zum Schweizer Berufsbildungssystem.
Schweizer Lernende in der beruflichen Grundbildung werden an drei Lernorten ausgebildet: Im Lehrbetrieb, in der Berufsfachschule und in überbetrieblichen Kursen. Während die Lehrbetriebe die Bildung in der betrieblichen Praxis und die Berufsfachschulen die allgemeine und berufskundliche schulische Bildung vermitteln, ergänzen die überbetrieblichen Kurse (ÜK) die Bildung in der Praxis und die schulische Bildung. In Betrieben steht also der Erwerb beruflich-betrieblicher Kompetenzen im Zentrum, im überfachlichen Kurs sind es die branchenspezifischen Kompetenzen und in der Berufsfachschule das Berufswissen.
Die Berufsfachschulen unterscheiden grundsätzlich drei Lehrpersonenkategorien: Lehrpersonen für den allgemeinbildenden Unterricht, für den berufskundlichen Unterricht und für die Lehrgänge der Berufsmaturität.[1] Die vom Bund erlassenen Rahmenlehrpläne für Berufsfachschullehrpersonen (SBFI, 2015) legen nicht nur Bildungsziele und Standards für die drei Kategorien fest, sondern betonen auch die Bedeutung des Beruflichen: «Je mehr eine Person die Ausbildung beziehungsweise Lehrtätigkeit zu ihrem Beruf macht, desto mehr soll sie in Berufspädagogik investieren» (SBFI, 2015, S. 4). Das macht deutlich, dass für alle Lehrpersonen – besonders auch für ABU- und BM-Lehrpersonen – ein vertiefter Bezug zur beruflichen Welt und zu den beiden berufspraktischen Lernorten gefordert wird. Dieser gestaltet sich besonders anspruchsvoll, da ständig Innovationen und neue Erkenntnisse in den verschiedenen Berufsfeldern berücksichtigt werden müssen. Die Bildungsverordnungen sowie die entsprechenden Bildungspläne der rund 230 Berufe müssen verbindlich mindestens alle fünf Jahre überprüft und allenfalls revidiert werden.
Damit diese Anforderung auch in der Ausbildung der Berufsfachschullehrpersonen erfüllt werden kann, muss auch das Kompetenzprofil der Dozierenden in der Ausbildung von Berufsfachschullehrpersonen entsprechend erweitert werden: Aus dem doppelten wird ein dreifaches Kompetenzprofil (siehe Abbildung 3). Neben den beiden Kompetenzprofilen der Dozierenden für Lehrberufe kommt ein weiteres Kompetenzprofil hinzu, das als Berufsfeldbezug bezeichnet werden kann. Es erfordert berufspädagogisches Wissen und vertiefte Einsicht in betriebliche Praxis sowie besonders in die Ausbildungspraxis der beiden Lernorte Betrieb und überbetriebliche Kurse. Diese ist auch notwendig im Hinblick auf die Lernortkooperation, das heisst, die Ausbildung in den drei Lernorten sollte sinnvoll koordiniert werden.
Dreifaches Kompetenzprofil von Dozierenden in der Ausbildung von Berufsfachschullehrpersonen
Dem Problem des aufwendigen und lange dauernden Erwerbs des doppelten Kompetenzprofils ihrer Dozierenden wollen die Pädagogischen Hochschulen mit dem von swissuniversities unterstützten Projekt «Pilotprogramme zur Stärkung des doppelten Kompetenzprofils beim FH- und PH-Nachwuchs» (SHK, 2016) begegnen. Das Ziel der Programme ist es mit gezielten und profilbezogenen Massnahmen qualifizierte Nachwuchskräfte für die Pädagogischen Hochschulen zu gewinnen und zu stärken.
Im Rahmen dieses Programms haben die vier Deutschschweizer Hochschulen, an denen Bildungsverantwortliche für Berufsfachschulen und Höhere Fachhochschulen ausgebildet werden (PH Luzern, PH St. Gallen, PHZH, EHB), das Projekt «Nachwuchsförderung Dozierende der Qualifizierung von Berufsbildungsverantwortlichen» initiiert. Dabei soll das «doppelte Kompetenzprofil» der Dozierenden an Pädagogischen Hochschulen die Qualität der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen in der Berufsbildung dahingehend sicherstellen, dass diese die Lernenden der Berufsbildung kompetent für einen Beruf beziehungsweise den beruflichen Arbeitsmarkt aus- und weiterbilden können.
Es stellen sich also die Fragen, (1) was dieses «doppelte Kompetenzprofil» der Dozierenden in Studiengängen für Berufsbildungsverantwortliche umfassen muss und (2) wie der Nachwuchs dieses «doppelte Kompetenzprofil» erlangen kann.
Dozierende an Pädagogischen Hochschulen (PH), die beispielsweise Berufsfachschullehrpersonen des berufskundlichen Unterrichts (BKU), des allgemeinbildenden Unterrichts (ABU) oder Dozierende in der höheren Berufsbildung aus- und weiterbilden, stehen vor einer besonderen Herausforderung, da ihr Kompetenzprofil sowohl Kompetenzen der Bezugsdisziplinen und Praxen des Lehrberufs, als auch Kompetenzen der Bezugsdisziplinen und Praxen der Ausbildungsberufe (z.B. Elektroinstallateur/-in) aufweisen muss. Dieses «doppelte Kompetenzprofil» wird damit auch eine Herausforderung in der Rekrutierung und Qualifizierung des Nachwuchses. Ausgehend von einem Referenzmodell für PH-Dozierende im Bereich der Berufsbildung (vgl. Arpagaus, 2020), das Orientierung für die Nachwuchsförderung und Professionalitätsentwicklung der Dozierenden in Berufsbildungsstudiengängen an Pädagogischen Hochschulen gibt, wird im Rahmen des Projekts ein neues Qualifizierungsprogramm für den Nachwuchs entwickelt und in einem beziehungsweise zwei Pilotprogrammen durchgeführt. Das Nachwuchsprogramm hat einen inklusiven Charakter, da es Personen unterschiedlicher Bildungs- und Berufsbiografien einschliesst und diese Diversität als Ressource nutzt.
Dem Nachwuchsprogramm liegen die zwei Grundprinzipien zugrunde, und zwar das Prinzip des «Lernens als konstruktiver Akt» und das Prinzip der Wissensgenerierung nach dem «Mode 2» (vgl. Gibbons et al., 1994). Das Qualifizierungsprogramm soll einen Weg eröffnen, einen gut qualifizierten Nachwuchs an Pädagogischen Hochschulen (inkl. EHB) sicherzustellen, der den Anforderungen eines «doppelten Kompetenzprofils» nachkommen und ihr Professionsfeld weiterentwickeln kann.[2]
In einem ersten Schritt entwickelte die Projekt-Kerngruppe[3] ein Referenzmodell für PH-Dozierende im Bereich der Berufsbildung:[4] Grundannahme dieses Referenzmodells ist, dass sich die angehenden Berufsbildungsverantwortlichen und die PH-Dozierenden ein professionelles Handeln teilen, nämlich die Anwendung ihres Professionswissens in der Vermittlung von Kompetenzen. Sie tun dies zwar an unterschiedlichen Lernorten (einmal an einem Lernort der Berufsbildung und einmal an den Pädagogischen Hochschulen), mit unterschiedlichen Expertisen, sie teilen sich aber im Kern letztlich einen gleichen professionellen Auftrag. Die PH-Dozierenden können somit als Element der Professionsentwicklung der Berufsbildungsverantwortlichen verstanden werden.
Anders als in den meisten Ausbildungsgängen an Hochschulen bilden PH-Dozierende jedoch nicht ihren eigenen Nachwuchs an den Pädagogischen Hochschulen aus, sondern stellen die Vermittlung von Professionswissen im Berufsfeld und die Sozialisierung in der Profession des Lehrberufs sicher. Damit steht die Vorbereitung auf das professionelle Handeln der Berufsbildungsverantwortlichen in ihrem Berufsfeld im Zentrum (SBFI, 2015). Genau darin liegt folglich der genuine Anspruch an die PH-Dozierenden, neben einem wissenschaftlich fundierten Professionswissen in der Lehre gleichermassen die praktizierende Seite im Lehrberuf am Lernort der Berufsbildungsverantwortlichen abzudecken.
Diesen doppelten Kompetenzanspruch veranschaulicht das Referenzmodell (siehe Abbildung 4). Spezifisch für den Berufsbildungskontext berücksichtigt dieses (Fach-)Wissenschaften mit ihren akademischen Disziplinen in der Profession der lehrenden Berufe (z.B. Pädagogik, Didaktik, siehe Feld I) sowie (fach-)wissenschaftliche Bezugsdisziplinen des Berufs beziehungsweise Berufsfeldes, in dem die Berufsbildungsverantwortlichen unterrichten (z.B. Elektrotechnik, Medizin, siehe Feld II). Gleichermassen wird das praktische Berufsfeld berücksichtigt, einerseits mit den Lernorten der beruflichen Grundbildung (z.B. Berufsfachschule, siehe Feld III) andererseits mit dem praktischen Umfeld der Lernenden in ihrem Beruf, sozusagen als sekundäres Berufsfeld der Berufsfachschullehrperson (betriebliches Lernen, siehe Feld IV).
Referenzmodell des Kompetenzanspruchs an Dozierende in der Ausbildung von Berufsbildungsverantwortlichen (nach Arpagaus, 2020, S. 444)
Das akademische Professionswissen der Lehrpersonen schöpft aus Disziplinen wie Pädagogik, Andragogik, Didaktik, Erziehungswissenschaften, Soziologie usw. Es ist genuine Aufgabe der Dozierenden an Pädagogischen Hochschulen, dieses Professionswissen weiterzuentwickeln, zu vermitteln und die Verbindung von den Bildungswissenschaften zur Berufspraxis der Lehrpersonen beziehungsweise Berufsbildungsverantwortlichen herzustellen (vgl. Kammer PH, 2017).
Der immerwährende Erkenntnisfortschritt verlangt von den Dozierenden weiter, sich stets mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinanderzusetzen, diese für sich zu reflektieren und in ihre Lehre miteinzubeziehen (Biedermann et al., 2020).
Folgende Aspekte haben sich auf der Basis der Fachliteratur und der Einbindung von Stakeholdern in diesem Feld als relevante Themenbereiche für Dozierende in Berufsbildungsstudiengängen an Pädagogischen Hochschulen erwiesen:
Fachdidaktik/Berufsfelddidaktik
Herstellen eines didaktischen Berufsfeldbezugs
Allgemeindidaktik
didaktische Theorien
Gestaltung von Unterricht und Schule
Klassenführung
Pädagogik und pädagogische Psychologie
Lern- und Sozialisationstheorien
Heterogenität, Diversität
diversitätssensible Lehre
Lernvoraussetzungen inkl. Betreuung und Begleitung im Betrieb
Fachwissenschaft
Forschungs- und Wissenschaftsbezug
Bezug zu Rahmenbedingungen des Lehrens und Lernens
Lehrplan 21
regionale Spezifika
Lebensweltbezug
Kooperation berufspraktische Ausbildung mit theoretischer Ausbildung
Wissen zur Berufsbildung / zum Berufsbildungssystem
Ausbildungsmodelle/Curricula
Ausbildungsgangübergreifende Zusammenarbeit an Hochschule
Verantwortlichkeiten
Sozial-kommunikative Kompetenzen
Transversale Kompetenzen
Diese Bezugswissenschaften unterscheiden sich je nach Ausbildungsberuf der Lernenden und können beispielsweise beim Beruf Elektroinstallateurinnen und Elektroinstallateure Elektrotechnik oder bei dem Pflegefachmann, der Pflegefachfrau Medizin sein. Es ist das Fachwissen, das für die Ausbildung zur Berufsfachschullehrperson BKU als Zugangsvoraussetzung notwendig ist. Es ist jedoch auch das Fachwissen, das für das Generieren und Vermitteln der berufs- beziehungsweise berufsfeldspezifischen Didaktik notwendig ist (vgl. Degen et al., 2019).
Folgende Aspekte haben sich auf der Basis der Fachliteratur und der Einschätzungen der Stakeholder für dieses Feld als relevante Kompetenzen für Dozierende in Berufsbildungsstudiengängen an Pädagogischen Hochschulen erwiesen:
technologischer Fortschritt in den Berufen,
fachwissenschaftliche Expertise.
Bei Berufsfachschullehrpersonen ist das der Unterricht an den Berufsfachschulen. Hier üben sie ihre Praxis aus und wenden das Professionswissen diskretionär an. Es ist der kantonale Berufsauftrag, der die praktischen Tätigkeiten wie beispielsweise den Unterricht zu planen, vorzubereiten und durchzuführen oder bei der Qualitätsentwicklung mitzuwirken, im Berufsfeld beschreibt.
Für Dozierende an Pädagogischen Hochschulen sind aktuelles Wissen sowie eine Innensicht der Schul- und Berufspraxis unabdingbar für die erfolgreiche Leistungserbringung (Scherrer, 2020). Dazu gehört unter anderem, dass «wissenschaftliche Mitarbeitende/Dozierende an den Pädagogischen Hochschulen […] erfahren und erkennen, wie Akteurinnen und Akteure des Berufsfeldes (Lehrpersonen, Praktikantinnen und Praktikanten, Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Schulleitende …) Schule und Unterricht erleben, beurteilen und darin handeln» (Scherrer, 2020, S. 78).
Folgende Aspekte haben sich auf der Basis der Fachliteratur und der Einschätzungen der Stakeholder für dieses Feld als relevante Kompetenzen für Dozierende in Berufsbildungsstudiengängen an Pädagogischen Hochschulen erwiesen:
Erfahrungen und Berufsfeldbezug der Studierenden,
Lernbereichsübergreifende Zusammenarbeit (ABU–BKU),
Interdisziplinarität,
laufende Erfahrungen als Dozent/Lehrperson im ausbildenden Lehrberuf.
Da die Ausbildungsziele in der beruflichen Grundbildung nur durch Kooperation unter den drei Lernorten erreicht werden können, wird hier der Lernort Betrieb als sekundäres Berufsfeld betrachtet. Dieses Berufsfeld ist in der Regel auch der primäre Lernort und das primäre Berufsfeld der Lernenden. Die praktische Tätigkeit in diesem Berufsfeld gilt auch als Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung zur Berufsfachschullehrperson BKU. PH-Dozierende sind auf diesen (sekundären) Berufsfeldbezug angewiesen, um einerseits die Fachkompetenz des Ausbildungsberufs mit berufspädagogischer Handlungskompetenz zu verbinden und um andererseits neues Wissen im Bereich der Berufsfelddidaktik zu generieren (vgl. Degen et al., 2019). Dozierende können als Brokerinnen und Broker verstanden werden, die in den Communitys der Lehrenden und Forschenden, aber auch der Praktikerinnen und Praktiker agieren und zwischen diesen beiden Welten eine Verbindung herstellen. Der Bezug zum sekundären Berufsfeld ermöglicht es PH-Dozierenden, theoretisches Wissen auf konkrete Praxissituationen zu übertragen (Biedermann et al., 2020).
Folgende Aspekte haben sich auf der Basis der Fachliteratur und Einschätzungen der Stakeholder für dieses Feld als relevante Kompetenzen für Dozierende in Berufsbildungsstudiengängen an Pädagogischen Hochschulen erwiesen:
Wissen über die Sozialisation des Lernens im Beruf (Heterogenität) / im Betrieb,
Lernortkooperation,
Erfahrungen der Lernenden einbeziehen,
Einblicke in die Berufe der Lernenden (gilt für ABU und BKU),
Verständnis für Berufsentwicklung.
Auf Basis dieser thematischen Übersicht zu den vier Bezugsfeldern wurde an den projektbeteiligten Pädagogischen Hochschulen erörtert, in welchen Bezugsfeldern die Dozierenden persönlich den grössten Anspruch (Bedarf) an das Nachwuchsprogramm stellen. Für die PH Zürich ergab diese Analyse folgendes Bild: Alle Dozierenden in der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung verfügen über die Kompetenzen der Felder I, II und III, da alle über ein Lehrdiplom der Zielstufe und über mehrjährige Unterrichterfahrung verfügen. In Bezug zu Feld IV zeigte sich ein erheblicher Entwicklungsbedarf, sodass schliesslich acht Dozentinnen und Dozenten für die Teilnahme am Programm gewonnen werden konnten.
Als zweiten Schritt entwickelte das Projekt-Kernteam ein Studienprogramm für die teilnehmenden Dozierenden:[5]