Die Brücke über den Main - Roman Rausch - E-Book

Die Brücke über den Main E-Book

Roman Rausch

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Beschreibung

Eine Brücke für alle Zeiten Die Alte Mainbrücke in Würzburg blickt auf eine fast tausendjährige Geschichte zurück. Das wechselvolle Schicksal dieses Bauwerks erzählt Roman Rausch in einem großen, Jahrhunderte überwölbenden Roman. Von ihrem sagenhaften Bau über Zeiten von Bruderzwist, Not und Wohlstand, Hexenwahn und Bauernkrieg, bis zur Sprengung durch die Nazis vor den anrückenden Amerikanern wird hier die Geschichte einer Stadt und einer Landschaft zum Leben erweckt. Ein historischer Roman wie ein Gemälde der Zeit

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Roman Rausch

Die Brücke über den Main

Historischer Roman

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Eine Brücke für alle Zeiten

 

Die Alte Mainbrücke in Würzburg blickt auf eine fast tausendjährige Geschichte zurück. Das wechselvolle Schicksal dieses Bauwerks erzählt Roman Rausch in einem großen, Jahrhunderte überwölbenden Roman. Von ihrem sagenhaften Bau über Zeiten von Bruderzwist, Not und Wohlstand, Hexenwahn und Bauernkrieg, bis zur Sprengung durch die Nazis vor den anrückenden Amerikanern wird hier die Geschichte einer Stadt und einer Landschaft zum Leben erweckt.

 

Über Roman Rausch

Roman Rausch, 1961 in Mainfranken geboren und aufgewachsen, arbeitete nach dem Studium der Betriebswirtschaft im Medienbereich und als Journalist. Für seine Würzburger Kommissar-Kilian-Krimis wurde er 2002 auf der Leipziger Buchmesse und 2011 mit dem Weintourismuspreis ausgezeichnet. 2015 folgte der Bronzene HOMER für «Die letzte Jüdin von Würzburg». Er lebt als Autor und Schreibcoach in Würzburg und Berlin.

Er wußte, was brücken wissen: Sie verbinden

über wasser, was unter wasser

verbunden ist.

Doch das eine ufer war sumpf,

das andere feuer.

Reiner Kunze, «Erasmus von Rotterdam»

Vor der Zeit

Lange bevor die Dinge von den Menschen ihre Namen bekamen, lange bevor es Menschen gab, war das Tal schon da. Es weitet sich ungefähr an der Mitte eines langen Flusslaufes, der dort entspringt, wo die Sonne am Horizont den Tag ankündigt, und in einen anderen, größeren Strom mündet, wo die Sonne wieder untergeht.

Gespeist wird dieser Fluss von zwei unscheinbaren Quellen, die sich zu Anfang orientierungslos durch die gebirgige Landschaft winden, um dann, wie durch unsichtbare Hand geleitet, zueinanderzufinden. Gemeinsam folgen sie dem Gang der Sonne, gewinnen Nachahmer und Unterstützer, schaukeln sich kraftstrotzend auf, reißen Ufer, Buschwerk und Bäume mit sich, bis sie sich endlich zu einem einzigen, stolzen Flusslauf vereinigt haben.

Geradlinigkeit kann man dem Fluss dann noch immer nicht unterstellen, er bleibt Jux und Tollerei treu, so abenteuerlich ist sein Weg, der sogar eine Schleife zieht, ein Drei- und ein Viereck formt.

Wenn der Fluss in unser namenloses Tal kommt, hält er eine weitere Spielerei bereit. Ist viel Regen vom Himmel gefallen oder der Schnee an den Hängen geschmolzen, tritt er über die seichten Ufer und ergießt sich weit ins Land hinein, befruchtet mit seinem Wasser und allem, was er mit sich führt, die Erde, sodass Pflanzen aller Art üppig gedeihen. Fällt hingegen lange wenig Regen, scheint er sich seiner Quellen zu erinnern und geizt mit seinem Wasser. Kleine Inseln aus Sand und Geröll tauchen dann auf, verwandeln sein Bett in einen Flickenteppich beklagenswerter Pfützen.

Seine Eskapaden sind mannigfaltig und unberechenbar. Im Winter gefriert er zu Eis und macht alle glauben, von ihm ginge keine Gefahr mehr aus, man könne ihm vertrauen. Im Frühling aber erhebt er sich grollend zu neuem Leben, poltert mit Eisschollen, dick wie Baumstämme, durch sein ungeliebtes Bett und überrascht die verschlafenen und sorglosen Tiere, vertreibt sie und bringt vielen den Tod.

Hätte der Fluss eine Seele, er wäre ein böser, hinterhältiger Schalk.

Die Tiere kannten seine Launen, und doch kehrten sie immer wieder zu ihm zurück. Zum einen, weil sie ihren Durst löschen konnten, zum anderen, weil es sich hier trefflich jagen ließ. Eine Stelle hatte es ihnen besonders angetan. Sie lag an der Flussbiegung gleich unterhalb eines Hügels, wo ein Bach hinzukam und eine Tränke entstanden war. Dort weideten Pferde, Bisons und Nashörner, sogar Mammuts fanden hierher, gesellten sich friedlich zu Hirschen, Rehen, Hasen und Bibern, stets Nasen und Ohren im Wind, denn die Gefahr lauerte hinter Büschen und Bäumen in diesem fruchtbaren Schwemmgebiet. Wölfe, Hyänen und Höhlenlöwen stellten ihnen nach, kein Ort in der Nähe war so reich an Beute wie dieser. Über ihnen kreisten Vögel am Himmel, sie sicherten sich, was die satten Raubtiere zurückließen.

Im Wasser tummelten sich Fische, genauso wie ihre Jäger, die Reiher, Fischotter und Bären. Kröten, Lurche und Enten suchten an der Uferböschung oder im Schilf Schutz vor Mardern und Füchsen, wenig weiter wachten Schlangen über ihr Gelege und räuberten in anderen.

Wer seinen zahlreichen Feinden entkommen wollte oder neue Nahrungsquellen suchte, dem blieb nichts anderes übrig, als auf die andere Uferseite zu wechseln. Bei niedrigem Wasserstand war das für die Nichtschwimmer unter den Tieren einfach, bei hohem jedoch breitete sich der Fluss hemmungslos zu einem seengleichen, morastigen Gelände aus, in dem man sich leicht verlor, unterging oder versumpfte und für die Nachwelt konserviert wurde.

 

Die vielen Tiere und ein nie ganz versiegender Wasserlauf mochten auch die frühen Menschen dazu bewogen haben, ein ständiges Lager in diesem freundlichen Tal aufzuschlagen. Nach langem Umherstreifen und Flucht vor reißerischem Getier und mörderischen Artgenossen fanden sie im Schutz der Hügel ein Zuhause. Wer nicht in einer Höhle unterkam, baute sich aus Ästen und Schilf eine einfache, niedrige Hütte, worin er aß, schlief und den Nachwuchs aufzog. Die Lebensbedingungen waren gut, Nahrung gab es in der Nähe der Tränke im Überfluss, und man jagte in der Gruppe selbst große Tiere. Die handwerklichen Fertigkeiten entwickelten sich, Steine dienten als Schab- und Schneidewerkzeuge für Holz und Tierhäute, aus einem Elchgeweih ließ sich trefflich ein Hammer herstellen, und wenn feindlich gesinnte Artgenossen auftauchten, kämpfte man im Verband für das Überleben aller.

Geriet man in Unterzahl, blieb nur noch eins: die Flucht.

Wie es ihnen die Tiere vormachten, wählten sie eine seichte Stelle im Flusslauf, um ans andere Ufer zu gelangen. Dort erhob sich ein steiler Berg, der leichter zu verteidigen war als ihre Schilfhütten im Tal. Dieser Berg war auch mehr als nur ein Fluchtort, hier schauten sie über das ganze Tal, entzündeten Feuer und priesen den Wind, die Sonne und den Regen.

Doch all dies wollte nicht helfen, als es begann immer kälter zu werden. Weit oben im Norden legte sich ein dicker Eispanzer über die Erde, südlicher versteppte die Vegetation, eine Tundralandschaft breitete sich aus und vertrieb Mensch und Tier.

Es dauerte viele Jahrtausende, bis die Natur wieder gastfreundlicher wurde und eine neue Menschenart die Vorzüge des Tals erkannte. Wo auch immer sie herkamen, diese Menschen hatten mit ihren Vorfahren nur noch wenig gemein. Sie kannten eine Sprache, die über die Lautmalerei hinausging, waren sich ihrer sozialen und kulturellen Bindungen bewusst. Sie unterschieden sich durch das, was sie taten – es gab die Bandkeramiker, Rössener, Schnurkeramiker und Glockenbecherleute.

 

Aus diesem Stammesgewirr traten rund tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung die Kelten hervor. Mit ihnen beginnt die Geschichte jenes Ortes, der einmal Virei- oder Virtheburg und noch viel später Würzburg heißen wird. Der Fluss, der diesen Ort wegen seines Reichtums viel öfter teilen als vereinen sollte, trägt heute den Namen Main, die Kelten nannten ihn Moin oder Mogin, andere wollen das indogermanische Wort mei mit der Bedeutung Wasser darin erkennen, im baltischen Raum ist maina oder maiva bekannt, Letzteres heißt so viel wie Sumpf. Nicht zu vergessen das lateinische Wort moenia für Ringmauer.

Wer die Spielarten des Mains kennt, findet in all diesen Erklärungen Antworten.

Ein Fluss ist immer auch eine Grenze, und der Mensch wäre nicht Mensch, wenn er nicht versuchte, Grenzen zu überwinden. Gemeinhin tut er das mit Hilfe einer Brücke. Sie verbindet, was zusammengehört, oder sie ist ein weithin sichtbares Zeichen der Unvereinbarkeit, je nachdem, wie die Bewohner an den gegenüberliegenden Ufern zueinander stehen.

Die Alte Mainbrücke in Würzburg ist eine der ältesten und berühmtesten im Land, in ihren zum Teil erhaltenen Fundamenten reicht sie weiter zurück als die Regensburger, Frankfurter oder die Drususbrücke bei Bingen.

Würzburg wäre ohne sie nicht zu dem geworden, was es heute ist: eine florierende Metropole, die auf eine schicksalsträchtige Vergangenheit zurückblicken kann. Die Alte Mainbrücke ist ihr pulsierendes Herz. Niemand kehrt ihr den Rücken, ohne sie gesehen, bestaunt oder beschritten zu haben. Mit dem Segen der Brückenheiligen genießen heute Einheimische und Weitgereiste friedlich nebeneinander den Frankenwein darauf, bestaunen den purpurfarbenen Abendhimmel und wiegen sich in manch sommerlich sanfter Brise.

Nur wenig erinnert noch an die Katastrophen, Kämpfe und persönlichen Schicksale, an die Eroberungskämpfe der Kelten, den Zwist des ersten Bischofs mit einem Fährmann oder den kometenhaften Aufstieg zu einer der reichsweit wichtigsten Städte im Mittelalter – aber auch an den Sündenfall von Hexenwahn und Glaubenskrieg.

Die weiten Brückenbögen tragen Fälschung und Verrat in sich, Hochmut und Bescheidenheit, Liebe und Niedertracht. Es gibt nichts, was ihr und den Würzburgern über die Jahrhunderte erspart geblieben wäre. Und doch ist das eine ohne das andere kaum vorstellbar, sie gehören unweigerlich zusammen, wie die zwei Seiten eines Flusses.

 

Die Geschichte der Alten Mainbrücke, und damit der Stadt, Region und ihrer Menschen, muss jedoch ohne sie beginnen. Vor dreitausend Jahren gab es hier nur eine Furt.

Untiefen

Von Süden zogen Nebelschwaden den Fluss herauf. Bäume und Büsche verblassten darin wie von Geisterhand verwischt. Das Wasser breitete sich weit über die flachen Ufer aus und überflutete die Sümpfe am rechten Ufer in einem großen, stetig anwachsenden See. Schilfhaine erwehrten sich der Landnahme, ebenso wie Sträucher, die auf morastigem Untergrund ein Auskommen fanden. In einem Bogenschuss Entfernung war das neue, oft wechselnde Ufer zu erkennen. Dort erhob sich sachte ein Steinplateau zu zwei bewaldeten Bergen hin, sodass das fruchtbare Tal gegen Winde aus dem Osten geschützt war.

Im Tal war Ruhe eingekehrt, seit die Vögel gen Süden aufgebrochen waren. Ihre Schwärme hatten wehende Fahnen an den Herbsthimmel gezeichnet, ständig in Bewegung, alarmiert, denn es war höchste Zeit geworden, ein früher Frost war in den vorigen Nächten über sie hereingebrochen.

Die Kröten atmeten befreit auf, Mäuse und Lurche schlugen sich unbehelligt durch die Gräser, Fische tummelten sich im seichten Sumpfwasser. Nur die Wölfe beäugten den Landverlust misstrauisch. Wo sie gestern noch mit nassen Pfoten durch eine Furt gewatet waren, trafen sie nun auf eine unüberwindbare Wasserfläche. Aufgeregt schlichen sie an der Böschung des höher liegenden linken Ufers entlang, unfähig, zu ihren angestammten Jagdgründen zurückzukehren. Ihr Heulen klang elend. Sie riefen das Rudel um Hilfe, das in den Wäldern jenseits des Ufers zurückgeblieben war. Doch eine Antwort blieb aus, ihre Klage konnte die weite Strecke nicht überwinden. So versuchten sie es ein Stück weiter flussabwärts.

Um die an der Böschung festgemachten Boote und Kähne machten sie einen Bogen, mussten aufpassen, ob nicht jemand hinter den Palisaden auf sie lauerte. Hier roch es nach Mensch und obendrein nach Feuer. Erst zögernd, hasteten sie dann geduckt über den Vorplatz und fanden Schutz in den Büschen. Gerade rechtzeitig, denn das Palisadentor öffnete sich unter einem langgedehnten Knarzen. Heraus trat Oda mit ihrer Tochter Juna.

«Wie fängt man eine Ente?», fragte Oda. In der Hand trug sie einen Speer, vorsichtshalber, denn in letzter Zeit waren Fremde am anderen Ufer gesichtet worden. Vielleicht waren es nur Herumtreiber, vielleicht aber auch Kundschafter eines feindlichen Stammes. Es war besser, ihnen nicht schutzlos zu begegnen.

«Mit viel Geduld», antwortete Juna.

«Sehr gut. Und was noch?»

«Wenn sie aus dem Schilf kommen, mit einem Wurfnetz.»

«Und wenn sie im Schilf bleiben?»

Juna überlegte. «Mit den Händen?»

«Wenn du der Ente wirklich so nahe kommst, ist das eine Möglichkeit. Besser aber, du nimmst einen Kescher.»

Sie gingen über den Vorplatz, der vom Regen der letzten Tage aufgeweicht war, die Böschung hinunter zu den Booten. Oda wählte für ihren Jagdausflug ein flaches Boot mit wenig Tiefgang, damit sie im sumpfigen Gelände nicht aufsetzten und beweglich blieben. Ein Wurfnetz und einen Kescher holte sie aus einem anderen dazu, den Speer postierte sie griffbereit.

«Nimm ein Ruder», befahl Oda und deutete zum Bug. Dann löste sie die Leine vom Pflock und nahm im Heck Platz. Das Messer an ihrem Gürtel drückte, sie schob es nach hinten und stieß das Boot ab. Die Strömung nahm sie mit sich, sodass sie schnell dagegen arbeiten mussten, um nicht abgetrieben zu werden.

«Zugleich», rief Oda ihrer Tochter zu. «Zieh, zieh …», und bei jedem Kommando stachen sie die Ruder ins Wasser und zogen sie lange nach hinten durch.

Juna, obwohl gerade mal zehn Jahre alt, machte ihre Sache erstaunlich gut. Gegen einen Fluss zu arbeiten erforderte Kraft, Ausdauer und Harmonie, das hatte sie frühzeitig von ihrem Vater Virdis gelernt, der sie schon als Kleinkind auf die Jagd nach Fisch und Federvieh in die Sümpfe mitgenommen hatte. Vor vielen Nächten war er mit den Männern losgezogen, um einen Stamm jenseits der Berge anzugreifen. Es hieß, sie plünderten, mordeten und schändeten; verbrannte Erde sei alles, was sie zurückließen. Es war daher besser, sie weit von ihrer Siedlung entfernt zu stellen, als einen Kampf auf eigenem Gebiet zu riskieren.

«Wann kommt endlich Vater zurück?», fragte Juna und beobachtete dabei das Treibgut, das ihren Weg kreuzte. Darunter waren an diesem Morgen nicht wie gewöhnlich nur Äste, Wurzelwerk und geschlagenes Holz. Oda erkannte einen abgebrochenen Speer auf der Wasseroberfläche, einen zertrümmerten Schild, Pfeile … Sie lehnte sich hinaus, griff nach dem Schild und zog ihn ins Boot.

«Wem gehört er?», fragte Juna.

«Ruder weiter», erwiderte Oda. Es war nicht mehr weit hinüber ins Sumpfland, Juna würde es ohne ihre Hilfe schaffen.

In dem roten Schild steckte eine Pfeilspitze. Es war eine gute Arbeit auf den ersten Blick, der Waffenschmied musste versiert sein. Der Schild war an einer Seite mit einem Schwert abgeschlagen, ein wuchtiger Hieb war es gewesen, gemessen an der Dicke des Holzes. Doch weitaus rätselhafter waren die Zeichen, die den Schild schmückten. Mit gelber Farbe war eine Streitaxt aufgetragen, die Fratze eines Dämons, die Faust eines Kriegers. Derlei Zeichen hatte Oda noch nicht gesehen. Die anderen Stämme entlang des Flusses orientierten sich an den Tieren und …

«Mutter!», rief Juna. «Dort!» Sie zeigte auf etwas im Wasser, es schien schwer zu sein, trieb nur langsam mit der Strömung, aber geradewegs auf sie zu. Oda kniff die Augen zusammen – ein Baumstamm, eine Hand, die einen Ast umklammert, ein Arm, nasse, schwarze Haare. Das Gesicht kaum zu erkennen. Freund oder Feind? Tot oder lebendig?

Odas Hand tastete nach dem Messer am Gürtel.

«Er bewegt sich», sagte Juna. Sie streckte bereits die Hand aus, suchte den Baumstamm, den Körper zu fassen.

«Nicht!»

«Aber Mutter …»

Oda griff zum Speer. Mit der Spitze nach vorne stach sie in den Arm. Er zuckte, gefolgt von einem erstickten Aufschrei.

«Wir müssen ihm helfen», sagte Juna. «Er ist verletzt.»

«Vielleicht eine Falle.» Oda blickte zum sicheren Ufer, mit ein paar schnellen Schlägen konnten sie es erreichen und sich hinter den Palisadenzaun in Sicherheit bringen. Der Flusslauf hingegen lag im Nebel. Nur wenige Bootslängen entfernt lagen vielleicht feindliche Krieger auf der Lauer und warteten nur darauf, sie gefangen zu nehmen. Es war ein Spiel mit dem Feuer.

«Mutter, er ertrinkt.»

Die Kraft des Fremden schien tatsächlich am Ende zu sein. Sein Schopf sank unter Wasser, sein Griff löste sich. Wenn sie ihn jetzt nicht fasste, würde die Strömung ihn mitreißen.

Oda legte den Speer zur Seite. Bei allen Göttern, sagte sie sich, lasst es keine Falle sein. Dann lehnte sie sich hinaus, packte den Arm und zog den Fremden aus dem Wasser.

***

Bevor Turon die Augen öffnete, erwachten seine Ohren. Frauen plapperten, Kindern tollten herum, ein Feuer knisterte. Er lag weich und warm, es fühlte sich fast so sicher an wie in seiner eigenen Hütte. In der Luft lag der Geruch nach gebratenem Fisch. Jemand sang. Eine Frauenstimme, klar, hell und tröstlich, dazu eine Flöte. War er in der Anderen Welt? Er seufzte.

«Mutter! Er ist aufgewacht.»

Die Stimme hämmerte in seinem Schädel. Er öffnete die Augen und sah ein rothaariges Mädchen zu ihm herunterschauen, es winkte die anderen heran und strahlte über alle Maßen, genau wie Khina, seine kleine Schwester, wenn er von der Jagd nach Hause kam.

«Geh weg von ihm!»

Dieses Gesicht war dem ersten ähnlich, wenngleich es einer Frau gehörte, die ihre rote Haarpracht mit einem silbernen Stirnband fasste. Ihr Blick aus grünen Augen war alles andere als freundlich, eine Narbe zog sich vom Wangenknochen bis zu ihrem Ohr, in der Hand hielt sie eine Klinge von beeindruckender Länge.

Turon fuhr auf, suchte sich in Sicherheit zu bringen, doch die Frau drückte ihn spielend leicht zurück, als wäre er nichts weiter als ein Grashalm und sie der Wind. Ein Schmerz in der Brust nahm ihm den Atem, darauf das Bewusstsein.

Als Turon wieder erwachte, war es still und dunkel, kein Laut drang an sein Ohr, kein Feuerschein fiel an die Decke. Sein Lager war kalt und feucht, es roch nach Eiter und verwestem Fleisch. Sein Herz schlug schnell, er glaubte zu ertrinken.

Da schob sich rotglühend ein Eisen in sein Blickfeld. Die Hand, die es führte, war alt und zittrig, an einem Finger ein silberner Ring mit einem Symbol, das er noch nie zuvor gesehen hatte – die Fratze eines Dämons mit herausgestreckter Zunge und gierigen Augen.

«Oda, hilf mir.»

Neben diesen alten Teufel mit seinen grauen Haaren und dem langen Bart trat die rothaarige Frau mit der Narbe auf der Wange. Sie nahm ihm das glühende Eisen aus der Hand. Ihre Augen entschlossen, sie kannte keine Gnade. Verfluchtes Teufelsweib.

«Haltet ihn fest.»

Er spürte Hände auf sich, die ihn tiefer auf sein Lager pressten, hinein in die Hölle, die ihm dieses Teufelsweib gleich bereiten würde.

Als das Eisen seine Brust berührte, bäumte er sich auf und schrie. Dann fiel all der Schmerz von ihm ab, und wieder verschluckte ihn ein schwarzes Loch.

Aus der Dunkelheit kehrte Turon ein drittes Mal zurück. Schatten an der Decke, mit Köpfen und Armen. In den Händen Messer, daran Fleisch, das sie genüsslich aßen. Gelächter, ein Hund bettelte und bellte. Eine Kinderstimme befahl ihm, sich auf zwei Beine zu stellen. Wieder dieses Lachen, dann klatschten welche in die Hände. Sie redeten und tranken, eine Frau stand auf, ihr Schatten war der einer Riesin.

«Lasst uns den Göttern danken.» Sie erhob ihren Becher und stimmte einen Sprechgesang an, dem alle folgten. Turon hörte nur Frauenstimmen. Eine seltsame Sprache war das, ganz anders als seine, wenngleich er viele Worte verstand. Von einem mächtigen Hirsch war da die Rede, den unendlichen Weiten der Wälder, der Jagd, dem Töten und dem Überleben des Stammes. Er hörte aufmerksam zu, versuchte sich ein Bild zu machen, wer diese Menschen waren, die ihn folterten und gefangen hielten.

Wieso hatte er es nur mit Frauen zu tun? Wo waren ihre Männer, die Krieger dieses Stammes? Bei der Jagd, auf einem Beutezug … tot?

Was auch der Grund dafür sein mochte, es brauchte ihn nicht zu interessieren. Er würde sich nun erheben, die erste Waffe greifen, die er zu fassen bekam, und dieser Frauenherrschaft ein blutiges Ende bereiten. Sie sollten für all die Schmerzen büßen, die sie ihm zugefügt hatten. Danach würde er ihren Besitz rauben und als reicher Mann zu seinem Stamm zurückkehren. Was für eine närrische Geschichte würde er ihnen erzählen können … Er grinste, denn seine Hände waren nicht gefesselt, genauso wenig wie seine Füße. Törichtes Weibervolk. Das würde eine schnelle und blutige Angelegenheit werden.

An seiner Seite lag ein Bündel Zweige, eine Holzschale, ein Fell … Wo zum Teufel waren ihre Waffen? Vorsichtig blickte er zur anderen Seite, wo sie im Kreis um die Feuerstelle saßen. Alles nur Frauen, zwei Dutzend mindestens, dazwischen lärmende Kinder … und ein bärtiger Mann mit langen grauen Haaren. Seine Augen waren müde, die Hände zitterten. Er war kein Problem. Ihnen gegenüber, leicht erhöht, ein großer Stuhl, das Fell eines Bären darüber und, wenn er es richtig erkannte, diese Hexe mit den roten Haaren. Sie spielte sich als ihre Königin auf, zu ihren Füßen zwei Kinder und dieser Hund, der auf seinen Hinterbeinen stand und um Fressen winselte.

Verfluchte Brut! Gleich wird der Köter euer Blut saufen.

Er war ausgeruht und würde sie mit den Fäusten erschlagen, doch kaum hatte er die Füße auf den Boden gesetzt, überkam ihn Schwindel. Er atmete tief, etwas stach in seiner Brust. Schmerzen würden ihn nicht aufhalten, Schmerzen war er seit seiner Kindheit gewohnt. Sie gehörten zum Leben eines Kriegers. So drückte er sie weg und stellte sich auf die Beine. Er wankte, suchte Halt und taumelte voran.

«Mutter! Er ist aufgewacht.»

Das Geplapper erstarb, alle Köpfe reckten sich nach ihm.

Den Überraschungsangriff konnte er vergessen. Turon musste schnell handeln, bevor sie zu ihren Waffen griffen. Das rothaarige Mädchen aus seinen Träumen rannte auf ihn zu.

«Juna, nicht!»

Dann sollte sie eben die Erste sein. Er holte aus, doch mitten in der Bewegung lähmte ihn der Schmerz, er schoss ihm durch die Schulter zur Brust, dass er glaubte, die Besinnung zu verlieren.

Er sah dieses grinsende Kind, dahinter das erschrockene Gesicht der rothaarigen Hexe, die auf ihn zueilte. Ihre Hand fuhr zum Gürtel, wo sie eine Klinge trug. Wie ein Baumstamm zu Boden kracht, so fiel er vor ihre Füße, keuchte und schnappte nach Luft.

«Er ist gefährlich. Geht weg von ihm.»

Damit mochte sie recht haben, er war ein Büffel in vollem Lauf … gewesen. Jetzt war er nur noch ein bemitleidenswertes Elend, das vor einer Frau im Staub kroch. Ihr verfluchten Götter. Wieso straft ihr mich so?

Jemand half ihm auf. Er versuchte sich dagegen zu wehren, aber selbst dafür fehlte ihm die Kraft. Seine Brust schmerzte wie Feuer, seine Schulter ein nutzloses Ding. Als er endlich stand, trat ihm die Hexe entgegen. Sie war gut einen Kopf kleiner als er, hatte eine schmale Taille, um die locker ein Gürtel mit Metallscheiben hing, darauf die Zeichen ihres Stammes.

«Wer bist du?», fragte sie herausfordernd. Sie schien sich ihrer Sache sicher.

«Turon», erwiderte er.

«Woher kommst du?»

«Aus dem Westen.»

«Woher genau?»

«Von einem Berg, der in meiner Sprache Runi genannt wird.»

Sie blickte fragend in den Kreis der Frauen. Offenbar hatte niemand von diesem Berg gehört. Auch der Alte schüttelte den Kopf.

«Was willst du dann hier?»

Dir den Schädel spalten, hätte er am liebsten gesagt, doch er musste an sich halten, warten, bis seine Kraft zurückgekehrt war.

«Handel treiben», antwortete er.

«Nach einem Händler siehst du aber nicht aus.» Sie ging um ihn herum, begutachtete seinen von Narben gezeichneten Oberkörper.

«Wie kommt es dann», fuhr sie fort, «dass wir eine Pfeilspitze aus deiner Schulter schneiden mussten? Auch hat der Hieb einer Streitaxt deine Brust verletzt.»

Er schaute an sich hinunter. Zwischen seinen Brustmuskeln klaffte ein Riss, der mit einem Faden zusammengehalten wurde, an seiner linken Schulter ein Loch, das Fleisch vom glühenden Eisen notdürftig verschlossen.

«Ich bin überfallen worden», antwortete er.

«Von wem?»

Er zuckte die Schultern.

«Sie kamen in der Nacht, überfielen mich im Schlaf, raubten mein Boot, alle meine Waren.»

«Welche Waren?»

Verfluchte Hexe! Sie ließ nicht locker.

«Wein aus dem fernen Osten, Felle …»

«Dann sprichst du fremde Sprachen?»

Erneut zuckte er nur die Schulter.

«Sag ein paar fremde Worte, damit wir dir glauben.»

Er kannte kein einziges, wie auch? Er war ein Krieger und kein Händler.

«Ich habe Durst», antwortete er stattdessen, «gebt mir Wein zu trinken. Ich kann dir sagen, ob es welcher aus dem Osten ist.»

Einige Frauen lachten, mit dieser Schlagfertigkeit hatten sie nicht gerechnet.

Oda ging darauf ein. «Wein für unseren Händler.» Sie gab einer Frau ein Zeichen. «Aus den besonderen Schläuchen. Du weißt schon welche.»

Die Frau nickte verschlagen, füllte ein Horn und reichte es ihm. Turon zögerte. War das eine Falle? Würden sie ihn vergiften? Alle Augen ruhten auf ihm, und er roch an dem Getränk. Vielleicht war es Wein, vielleicht auch nicht, und so nahm er einen Schluck, spuckte ihn aber sogleich wieder aus. Dieses Gesöff war ekelhaft und bitter.

«Willst du mich vergiften? Das schmeckt nach Ziegenpisse!»

Wieder lachten ein paar Frauen, und selbst die rothaarige Hexe konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, wenngleich es mehr nach Schadenfreude aussah.

«Zumindest weißt du, wie Ziegenpisse schmeckt.»

Fürs Erste schien sie zufrieden und setzte sich wieder auf ihren Bärenfellstuhl. Darüber befand sich ein Schild mit den Zeichen des Stammes – zwei Fische, die sich gegenseitig in die Schwanzflosse bissen. Das Bild traf ihn wie Donner. In seinem letzten Kampf war er Kriegern mit diesem Symbol auf den Schilden gegenübergestanden. Sie hatten mutig gekämpft, waren aber gnadenlos unterlegen. Kein Einziger war mit dem Leben davongekommen, und Turon hatte ihren Anführer erschlagen.

***

Das Wasser war zurückgegangen und floss wieder in seinem alten Bett, das an dieser Stelle flach war. Vereinzelt schauten Sandbänke hervor, auf ihnen sammelte sich Treibgut. Für die Kinder war es ein Heidenspaß, zu entdecken, was vor ihrer Haustür gestrandet war.

Die späte Herbstsonne stand über den beiden Bergen jenseits des Sumpfes und spiegelte sich im stillen und seichten Wasser. Oda hatte die Nacht schlecht geschlafen, die Sorge um ihren Mann Virdis trieb sie hinunter zur Uferböschung, ließ sie auf die beiden Berge starren, wo er mit seinen Männern in die tiefen Wälder eingetaucht war. Beim Abschied hatte Virdis ihr versprochen, noch vor dem ersten Schnee wieder bei ihr zu sein.

Doch nun war das Gras braun geworden, die Bäume ohne Laub, die Nächte frostig. Der Schnee würde in diesem Jahr früher kommen als sonst, dessen war sich Oda sicher. Wo um alles in der Welt blieben die Männer?

Ob sie einen Kundschafter losschicken sollte? Nach Virdis’ Fortgang waren nur noch Frauen und alte Männer in der Siedlung, Kinder und Kranke. Sie brauchte jede Hand, um den Stamm durch den Winter zu bringen und sich gegen Angriffe zu wehren. Jemanden alleine in die Wildnis zu schicken war ausgeschlossen.

Das Palisadentor hinter ihr knarrte. Heraus kam dieser sonderbare Fremde, der sich in den vergangenen Tagen so weit erholt hatte, dass er keine so große Bürde mehr war wie in den Wochen zuvor. Noch immer hatte er nicht preisgegeben, wer er wirklich war, beharrte darauf, ein Händler zu sein. Doch Oda glaubte ihm nicht. Er hatte den Körper eines Kriegers. Seine Arbeit bestand im Töten und Erobern, nicht im Handel mit Wein und Fellen. Das konnte jeder sehen, der bei klarem Verstand war. Doch die Frauen sahen in ihm nur einen stattlichen Mann, einen Reisenden, der von fremden Orten berichten konnte, und davon hatte er reichlich Gebrauch gemacht. Jeden Abend saßen sie ihm zu Füßen und hörten seine Geschichten von großen Flüssen und weiten Meeren, von reichen Siedlungen und starken Anführern, und von ihm natürlich, wie er sie alle schon bereist und gute Geschäfte gemacht hatte.

«Was schaust du so grimmig, Oda?», fragte er. «Machst du dir Sorgen?»

Er kam an ihre Seite, folgte ihrem Blick zu den Bergen.

«Warum belügst du uns?», fragte sie unumwunden.

«Ich lüge nicht.»

«Seitdem du die Augen aufgemacht hast und mit deinem süßen Geschwätz die Sinne der Frauen vernebelst, kommen aus deinem Mund nur Lügen.»

«Du tust mir Unrecht.»

«Wir beide wissen, dass du kein Händler bist. Du bist ein Krieger.»

«Wäre ich es, wärt ihr schon längst tot.»

«Du kannst deinen Arm noch immer nicht heben. Habe ich recht?»

Er blickte hinunter auf seine Hand, ballte sie zur Faust und versuchte sie zu heben. Auf Höhe der Brust war Schluss. Mit diesem Arm konnte er kein Schwert führen.

«Es stimmt.»

«Könntest du es», fuhr sie fort, «hättest du uns längst im Schlaf die Kehlen durchgeschnitten.»

«Warum sollte ich das tun?»

«Du willst unser Land.»

Turon antwortete nicht darauf, stattdessen kamen Worte über seine Lippen, die er sofort bereute. «Wo ich herkomme, gibt es noch viel mehr von meiner Sorte.»

«Was meinst du?»

Er zögerte und schalt sich einen Verrückten, dass er davon angefangen hatte, warum auch immer. «Entlang des großen Flusses, der von Süden nach Norden fließt, sammeln sie sich. Sie suchen neues Land, wo sie leben können, und sie kennen keine Gnade. Besser, ihr bereitet euch darauf vor.»

«Wie viele sind es?»

«Hundert, vielleicht mehr.»

Oda seufzte. «So viele.»

«Ich rate euch zu flüchten, solange ihr noch die Gelegenheit dazu habt.»

«Wo sollen wir hin?»

«Weiter, einfach weiter.»

«Und dann?»

«Werdet ihr euch neues Land nehmen.»

«Das ergibt keinen Sinn.»

«Es ist das Gesetz der Götter. Nur der Starke überlebt.»

Oda griff an den Gürtel, zückte ihr Messer und hielt ihm die Klinge an die Kehle. «Ich könnte dich jetzt töten, wenn ich es wollte, obwohl ich nur eine Frau bin.»

Turon ließ sich davon nicht beeindrucken. «Ja, du bist stark. Deswegen wirst du leben. Die anderen aber», er nickte zur Seite, wo Frauen mit den Kindern spielten und fröhliches Gelächter erschallte, «sie werden in ihrem Blut ertrinken, wenn sie sich nicht fügen.»

«Auch sie können kämpfen, und sie werden es, denn es ist ihr Land.»

«Sie rennen beim ersten Kampfgeschrei davon.»

«Du täuschst dich.»

Oda steckte die Klinge in den Gürtel zurück. «Außerdem werden unsere Männer bald zurückkommen. Niemand wird es dann mehr wagen, uns anzugreifen.»

Turon setzte zum Widerspruch an, unterließ es aber. «Wie lange sind sie schon fort?»

«Sie werden noch vor dem ersten Schnee zurück sein. So viel ist sicher.»

Damit ließ sie ihn stehen und ging zurück. Turon hätte ihr nachgehen und sie von ihrem verrückten Vorhaben abbringen können, aber er hatte ihr schon weit mehr verraten, als gut für ihn war.

Ein kühler Wind strich das Tal herauf und erinnerte ihn daran, dass seine Waffenbrüder nicht mehr weit waren. Das war der Plan seines Anführers Car. Er wollte das ganze Gebiet überrennen. So viel Land nehmen wie möglich. Wer sich ihm anschloss, konnte auf sein eigenes Stück Land und einige Reichtümer hoffen. Diese Siedlung wäre ganz nach seinem Geschmack. Sie lag an einer Furt, und wenn man den Fluss überqueren, von Norden nach Süden gelangen wollte, musste man hier durch.

Turon hatte viele Handelsplätze gesehen, und sie alle hatten eines gemeinsam: Sie befanden sich am Wasser, und zwar an einer Stelle, wo sich alle trafen, wo alle hindurchmussten. Wer über so einen Ort herrschte, war ein reicher und mächtiger Mann, ohne einen Finger dafür krumm machen zu müssen.

Die Kinder standen trockenen Fußes auf Sandbänken, dazwischen Wasser, das nicht sonderlich tief war. Karren und Fuhrwerke würden darüber fahren können, und jeder müsste dafür etwas geben. Und wenn ein Boot oder ein Schiff kam und wegen des niedrigen Wassers nicht weiter konnte, würde es ankern müssen – auch dafür hätten sie etwas zu entrichten. Bei dem Gedanken wurde ihm schwindelig. Wehe, wenn Car davon erfuhr. Er würde alle anderen Siedlungen liegen lassen und mit seinen Kriegern hierher reiten.

Wie sollte Turon sich nun verhalten? Einfach abwarten und die Siedlung für Car ausspähen oder …? Er war sich unschlüssig. Dabei hatte er noch vor ein paar Tagen nichts anderes im Sinn gehabt, als zu tun, wozu er bestimmt war. Kämpfen und erobern zum Wohle des Stammes, zum Wohle von Car. Als Dank würden ihm ein Stück Land, eine Frau und vielleicht ein paar Tiere geschenkt werden. Car jedoch würde sich den größten Anteil sichern und Herr dieser Siedlung und der Furt werden, ohne einen Finger dafür gerührt zu haben. War das gerecht?

«Turon!»

Juna winkte ihm zu. Sie stand auf einer Sandbank mit einem Becher in der Hand, den sie gefunden hatte. Er winkte zurück, tat so, als würde es ihn interessieren.

Aber noch im selben Moment ertappte er sich dabei, dass es ihn tatsächlich interessierte, ob Juna etwas Wertvolles gefunden hatte. Es war ein Zeichen, dass er an der richtigen Stelle war.

 

In der Nacht war Schnee gefallen. Von Virdis und den Männern gab es noch immer keine Nachricht, und Oda ahnte, was das zu bedeuten hatte.

Sie stand auf dem Umlauf des hohen Palisadenwalls und blickte in Gedanken versunken ins Tal hinunter. Der Schnee hatte das Tal und die umliegenden Wälder und Berge unter einer weißen Decke begraben. Lediglich der Fluss trotzte der Einvernahme, still und scheinbar reglos lag er da, vor Kälte erstarrt.

Die Siedlung am Ufer hatten Oda und die Frauen rechtzeitig verlassen. Hier oben war der Winter zwar ein Stück frostiger als im Tal, doch dafür war man gegen Feinde besser geschützt.

Das Leben im Tal war nach der Schneenacht nun gänzlich zum Erliegen gekommen, einzig die Krähen ließen sich nicht vertreiben. Sie saßen in den kahlen Baumkronen und beobachteten die Geisterlandschaft unter ihren Krallen. Hin und wieder flog eine auf und zog einen weiten Bogen über das Tal, bis sie auf einem anderen Baum einen besseren Aussichtspunkt fand.

Hier oben auf dem Berg war es still geworden. Die Tiere hatten ausreichend Futter und ein Dach über dem Kopf. Die Frauen zeigten den Kindern in der großen Halle, wie sie Kleidung anfertigten und Ritzen im Dach und in den Wänden stopften.

Die Kranken wurden von Rudio, dem alten Druiden versorgt. Ihm zur Seite stand Neva, die Seherin, was auch dringend notwendig war, denn der alte Rudio würde den Winter nicht überleben. Er war schon jetzt mehr in der Anderswelt als hier bei ihnen. Dann würden sie einen neuen Druiden benötigen – noch ein Problem, das Oda zu lösen hatte. Der kalte Wind fuhr ihr in den Nacken. Sie zog das dicke Fell enger um sich und verließ den Umlauf. Sie würde Neva um Rat fragen.

Auf dem Weg zur Hütte der Seherin kam ihr Turon entgegen, ebenfalls in ein dickes Fell gewickelt, die schwarzen, lockigen Haare von Schneeflocken bedeckt. Er ging entschlossen auf sie zu.

«Gib mir ein Schwert, Oda.»

«Warum?»

«Ich muss üben.»

«Wofür?»

«Für den Kampf. Was sonst?»

Oda seufzte. «Sag mir endlich, wer du bist und was du hier willst. Dann denke ich darüber nach.» Sie ging weiter, aber er ließ nicht locker.

«Du weißt, dass sie kommen werden.»

«Woher willst du das wissen?»

«Weil …» Er zögerte. «… ich sie unterwegs gesehen habe.»

Sie blieb stehen, schaute ihm fest in die Augen. «Du meinst die, die dich überfallen haben.»

«Ja.»

«Was willst du gegen sie ausrichten?»

«Ich kann kämpfen … wie jeder andere Mann. Und du brauchst meine Hilfe, das weißt du.»

Oda musterte ihn. Er hatte recht, sie konnte jede Hand gebrauchen, mehr noch, wenn es stimmte, was er da behauptete.

«Gut, du kannst ein Schwert haben. Aber dann reden wir. Ich will die Wahrheit hören.»

Zögernd stimmte er zu.

«Komm mit», sagte sie, und gemeinsam stapften sie durch den Schnee zu Nevas Hütte.

 

Der Raum war von einer kleinen Feuerstelle schummrig erhellt. Von den Balken hingen Skelette von Tieren herunter. Es stank nach Aas, giftigen Kräutern und vergorenen Flüssigkeiten. An einer Wand war eine beeindruckende Sammlung von Schädeln angebracht – die abgeschlagenen Häupter der Feinde, die Virdis und die Männer in den Schlachten getötet hatten. Eigentlich sollten sie als Trophäen an den Pferden befestigt sein und dem Feind Angst und Schrecken einflößen, aber in den letzten Jahren waren es zu viele geworden. Nun dienten sie der Abschreckung von Bösem aus Ost und West, andere waren für das Heiligtum des Stammes von Neva präpariert und dort aufgestellt worden.

Die Seherin saß mit geschlossenen Augen am Feuer. Um den Hals trug sie eine Kette aus Knochen, die schwarzen Haare hingen ihr ins Gesicht. Sie brabbelte Unverständliches, während sie getrocknete Blätter und Früchte in die Flammen rieseln ließ. Rauch hüllte sie ein, den sie tief einsog.

Oda näherte sich ihr mit Bedacht, Turon hatte für derlei Hokuspokus nichts übrig. «Die Götter werden uns nicht helfen», brummte er, «wir verschwenden wertvolle Zeit.»

«Schweig!», zischte sie. «Und setz dich.»

So ließen sie sich Neva gegenüber am Feuer nieder und warteten, bis sie angesprochen wurden. Es dauerte, für Turon eine halbe Ewigkeit, doch Oda zwang ihn auszuharren, vorher würde er kein Schwert erhalten.

«Oda, was willst du?» Neva hob den Kopf, schaute sie missbilligend an. Ihre Augen waren blutunterlaufen, auf der Stirn und den Wangen trug sie heilige Zeichen.

«Sag mir, Neva, sind wir in Gefahr?»

«Darauf brauchst du keine Antwort.»

«Ich meine, ist der Feind nah?»

Neva senkte das Haupt, streute weitere Blätter und getrocknete Früchte in die Flammen. Rauch quoll auf, sie versank in einer anderen Welt.

«Ein Sturm wird aufziehen», begann sie, «und was verloren ist, wird hinweggefegt. Ein neuer Same wird erwachsen, gemacht aus dem Alten und dem Neuen, dem Guten und dem Bösen, der Erde und dem Wasser. Sei bereit, Oda, aus deinem Schoß wird die neue Frucht geboren.»

«Was hat das zu bedeuten?», fragte sie.

«Stell nicht in Frage, was die Götter für dich bereithalten», antwortete Neva. «Gib dich ihnen hin.»

«Genug damit», ging Turon dazwischen. «Wir müssen uns wappnen.» Er stand auf. «Gib mir endlich das Schwert.»

«Und du, Fremder», sprach Neva weiter, «wirst töten müssen, was dich geboren hat, um zu leben.»

«Wirres Gewäsch», widersprach Turon. «Meine Mutter ist längst tot.»

«Was ist mit Virdis und den Männern?», fragte Oda.

«Was gegangen ist, wird nicht wiederkehren.»

«Dann sind sie tot?»

«Sie sind das Ende, du der Anfang.»

***

Der frühe Wintereinbruch brachte viel Schnee mit sich. Seit Tagen schneite es, und ein Ende war nicht abzusehen. Oda hieß diese tristen und wolkenverhangenen Tage willkommen, an denen der Blick nicht weiter reichte als bis zum Fuß des Berges. Was jenseits des Flusses und der Sümpfe lag, verschwand hinter einer dichten Schneewand, einzig vom Westwind aufgescheucht, der die Flocken tanzen ließ, einen Sturm entfachte und die Sicht nahm.

Der Schnee verbarg auch die Siedlung auf der Bergkuppe, nur die wenigen verlassenen Häuser unten am Ufer fielen auf. Dort würden sich die Eindringlinge vergewissern können, dass der Ort verlassen war, dass es nicht lohnte, hier zu verweilen und um irgendetwas zu kämpfen. Woanders würde man reichere Beute machen. Zieh weiter, verdammtes Räubervolk, dachte Oda, lass uns in Frieden die Rückkehr unserer Männer abwarten.

Doch die Männer blieben fort. Inzwischen wäre ihr Proviant zur Neige gegangen, in den verschneiten Wäldern und Auen waren die Tiere jetzt nur noch schwer aufzuspüren, außerdem war es nicht Virdis’ Art, sein Wort zu brechen. Er wusste doch, dass er sie schutzlos zurückgelassen hatte, auch wenn die Frauen sich tapfer schlagen würden, wenn es darauf ankam. Mit ihnen war nicht zu spaßen, sie kämpften für ihre Kinder, ihr Haus und ihr Stück Land, eine jede von ihnen würde das bis zum letzten Blutstropfen verteidigen.

Und doch waren sie nur Frauen, die die Arbeit auf dem Feld und im Haus gewohnt waren, sich um die Kinder und Alten kümmerten. Eine Streitaxt oder ein Schwert gegen blutrünstige Krieger zu führen, war eine andere Herausforderung.

Virdis und die Männer mussten vor dem Eis zurückkehren. Wenn der Fluss erst mal zugefroren war, würde er sie nicht länger gegen Eindringlinge aus dem Osten schützen. Dann wäre der steile Berg mit seinem Pfahlwall das einzige Hindernis zwischen ihnen und den Angreifern. Sie brauchte Gewissheit, andernfalls … Oda blickte hinunter in den Hof, wo dieser fremde Krieger mit einem stumpfen Schwert auf einen Holzpfahl eindrosch, immer und immer wieder, wie besessen, als müsste er heute noch in den Kampf ziehen. Seine Wunden waren einigermaßen verheilt, aber es fehlte ihm an Kraft und Geschicklichkeit, es würde noch Zeit brauchen, bis er seine alte Stärke zurückgewonnen hatte. Oda sah es mit gemischten Gefühlen. Sosehr sie es auch guthieß, dass sie zumindest einen echten Krieger unter sich hatten, so wenig traute sie ihm. Egal, was er sonst noch war, er war ein Lügner, so viel war klar. Was verheimlichte er?

Der Wind pfiff frostig durch den Wachturm. Oda zog den Pelz enger um Kopf und Gesicht. Sie wollte hier oben ausharren, bis sie eine Antwort auf ihre Fragen gefunden hatte. So lange beobachtete sie Turon, wie er nicht müde wurde, ein ums andere Mal das Schwert gegen den Pfahl zu schwingen. Links, rechts, zurück in die Verteidigung, ein Ausfallschritt, die nächste Attacke. Immer wieder.

«Oda!»

Sie fuhr herum. Draußen vor dem Tor stand Erka im Schneetreiben und winkte ihr aufgeregt zu. Eigentlich sollte Erka am Ufer Ausschau halten, dabei die verlassenen Hütten und die versteckten Boote überprüfen, und erst bei Anbruch der Dunkelheit zurückkommen.

«Was ist?», rief Oda hinunter.

«Öffne das Tor. Schnell!»

Oda eilte die Leiter hinab und schob den schweren Riegel des Tores zur Seite. Turon sah es und half ihr.

«Sie kommen!», keuchte Erka vom langen und steilen Anstieg außer Atem.

«Virdis und die Männer?» Das Herz pochte ihr bis zum Hals. Endlich! Sie waren gerettet.

«Nein! Fremde Krieger.»

«Wie viele sind es?», fragte Turon.

«Zwanzig, mindestens.»

***

Es waren deutlich mehr Krieger. Turon zählte allein am Lagerfeuer achtundzwanzig. Wer fehlte, war ihr Anführer – Car. Er musste sich in einem der Zelte aufhalten.

Oda und Turon hatten sich bei Anbruch der Nacht aufgemacht, um das Lager der Fremden auszukundschaften. Leise hatten sie mit dem Boot übergesetzt, die Ruder vorsichtig ins Wasser getaucht, damit die Hunde, die die Gruppe mit sich führte, nicht anschlugen.

Sie waren alle ums Feuer versammelt, auch die Hunde, die hofften, etwas von dem Wildschwein abzubekommen, das da über den Flammen briet. Oda und Turon lagen im Hinterhalt, Messer, Schwert und Streitaxt im Gürtel, die Augen nur knapp über dem Schneegrat eines Hügels. Sie hatten Glück, der Wind kam aus Osten, die Hunde konnten sie nicht wittern.

«Woher stammen diese Krieger?», flüsterte Oda.

«Still!», befahl Turon. Sein Blick huschte über die Senke, in der die Männer ihr Lager aufgeschlagen hatten. Wo waren ihre Pferde, die Spieße, Äxte und Schwerter?

Das Licht des Lagerfeuers reichte nicht weit, zumal der Wind die Flammen beugte. Hinter den Zelten begann die Dunkelheit. Dort mussten die Pferde rasten.

«Kannst du die Zeichen auf ihren Schilden erkennen?», fragte Oda.

«Nein, und nun schweig endlich. Sie hören uns noch.»

«Das Einzige, das sie hören, ist das Knurren ihrer Mägen.»

Turon achtete nicht weiter auf sie, wichtiger war, wie er an die Pferde kam und die Hunde überlistete. Ohne sie wäre ihre Kampfkraft halbiert. Den Rest würden die Kälte und der Hunger übernehmen. Es war in den letzten Stunden empfindlich kalt geworden, die Wolken waren weitergezogen, jetzt funkelten Sterne an einem frostigen Firmament.

«Hast du etwas zu essen dabei?», fragte Turon.

«Das ist nicht der richtige Zeitpunkt –»

«Für die Hunde», unterbrach Turon.

Oda griff nach dem Beutel an ihrem Gürtel. Normalerweise hatte sie immer etwas Dörrfleisch dabei, wenn sie auf die Jagd ging oder in diesem Fall auf Erkundung, nur ausgerechnet heute nicht. Aber sie hatte eine Idee. Sie schnitt aus dem leeren Beutel einen Fetzen heraus. Wenn die Nasen der Hunde nicht völlig eingefroren waren, würden sie das Fleisch noch riechen. Sie reichte ihm den Stoff.

«Bleib hier», sagte Turon, «und halte die Augen offen.»

«Was hast du vor?»

«Ich kümmere mich um die Pferde.»

Ein Hund bellte, und Turon lag schneller wieder im Schnee als er aufgestanden war. Die anderen Hunde stimmten mit ein und rannten hinter die Zelte.

«Was ist da los?», fragte Oda, als ein Krieger aus der Dunkelheit in den Feuerschein ritt. Er saß auf einem Pferd, das an Hals und Brust mit zahlreichen abgeschlagenen Köpfen von Feinden geschmückt war. Grausige Fratzen schnitten sie, waren mit den langen Haaren an einer Schnur festgemacht, die wie eine Kette Ross und Reiter zur Ehre gereichte. Der Krieger selbst steckte im wärmenden Fell eines Wisents, auf dem Kopf ein Helm aus dem Schädel eines Wolfs. Er saß ab, übergab einem seiner Krieger die Zügel, und mit dem Messer schnitt er sich ein gutes Stück aus dem Braten.

Turon starrte auf dieses Monstrum von Mann, der gut einen Kopf größer war als er und bullig wie ein Ochse. Es gab keinen Zweifel, es war Car, ihr Anführer und Turons ärgster Albtraum. Mit ihm an der Spitze würden sie es doppelt schwer haben, die Siedlung zu verteidigen. Wer in Reichweite seiner Streitaxt kam, war hoffnungslos verloren. Kein Schild würde dieser Wucht standhalten.

«Zu spät», sagte er. «Lass uns zurückgehen.»

«Warum?»

«Wir haben die Gelegenheit verpasst.»

«Unsinn.» Sie nahm ihm den Stofffetzen mit dem Fleischgeruch aus der Hand. «Wenn du Angst hast, werde ich das erledigen.»

«Du kommst niemals an den Hunden vorbei.»

Sie zückte das Messer. «Das werden wir noch sehen.»

All die Tapferkeit verlor sich in einem Knurren hinter ihnen. Zwei Augen waren auf sie gerichtet, darunter die geifernd gekrümmte Schnauze eines Kampfhundes mit beängstigend langen Zähnen.

Oda reagierte als Erste. Sie warf ihm den Stofffetzen hin, in der anderen Hand das Messer, bereit zuzustechen, wenn das Tier sich auf den verlockenden Geruch einließ. Doch es wollte nicht gelingen. Entweder war der Fleischgeruch schon so weit verflogen, dass dieses blöde Vieh ihn nicht mehr roch, oder die Nase war ihm eingefroren.

«Geh zurück», flüsterte Turon.

«Nicht in tausend Jahren.»

«Geh weg von ihm. Ich meine es ernst.»

Turon erhob sich vorsichtig und ging auf das Vieh zu, hielt ihm die Hand entgegen.

«Bist du verrückt geworden?», schimpfte Oda gepresst. «Er wird dir die Hand abreißen.»

Aber was machte dieses riesengroße, zottelige Vieh, dessen Zähne kaum kleiner waren als Dolche? Es hörte auf zu knurren, zog den Kopf ein, wedelte mit dem Schwanz und begab sich mit einem wohligen Wimmern in Turons Arme.

***

Die Holzscheite knackten im Feuer, es wärmte die klammen Finger. Turons Blick verlor sich in der Glut, während Oda ihm ungeduldig gegenübersaß.

«Es war der Kampfhund von Car», sagte Turon schließlich.

«Car?», fragte Oda.

«Der Anführer.»

«Dann», giftete Oda, «ist das dein Stamm.»

Turon nickte, sinnlos, es zu leugnen.

«Ihr seid auf Beutezug», folgerte sie. «Ihr sucht neues Land.» Turon schwieg und starrte weiter ins Feuer. «Und nun sind wir an der Reihe.»

«Euer Tal, die Furt und der Berg sind genau das, was wir … was sie suchen.»

Oda spuckte ihn an. «Zum Teufel mit dir und deiner Brut.» Sie stand auf, ihre Streitaxt lag griffbereit. Was hinderte sie noch daran, diesen Verräter auf der Stelle zu erschlagen? Er hatte ihr Vertrauen und ihre Gastfreundschaft ausgenutzt, hatte diese Totschläger direkt zu ihnen geführt. Hätte sie ihn doch nur im Fluss ersaufen lassen.

Auf die Wut folgte der Zweifel. Etwas stimmte an seinem Verhalten nicht.

«Warum bist du vorhin nicht zu ihnen gegangen?»

«Weil ich nicht wollte.»

«Du hättest nur aufstehen und dich zu erkennen geben müssen. Es ist dein Stamm.»

«Ja und nein.»

«Was heißt das?» Es reichte ihr mit der Geheimniskrämerei. Sie setzte sich wieder ans Feuer. «Entweder du sagst mir, was mit dir los ist, oder ich lasse dich noch heute Nacht rauswerfen.»

Er lächelte gequält. «Von deinen Frauen etwa?»

«Täusch dich nicht. Jede von ihnen kann ein Schwert führen, besonders, wenn ihre Kinder in Gefahr sind.»

«Das ist gut, denn genau das werden sie tun müssen. Wenn der Fluss an Wasser verliert, werden sie kommen.»

«Zu dieser Jahreszeit haben wir eher mehr Wasser als wenig. Warum überqueren sie den Fluss nicht mit Booten?»

«Weil Car Boote hasst. Einmal wäre er fast ertrunken, außerdem kann er nicht schwimmen. Nur bei Niedrigwasser wird er es wagen.»

Ein furchtbarer Gedanke schoss Oda quer. «Oder wenn der Fluss gefriert.»

«Richtig», stimmte Turon zu. «Die Nacht wird kalt und Eis wird sich bilden.»

«Zu dünn für Reiter und Pferde.»

Turon nickte. «Wir müssen die Zeit nutzen, bevor es trägt.»

«Wieso sagst du wir? Warum willst du dich gegen deinen eigenen Stamm erheben?»

Ein langes und tiefes Seufzen. «Der Stamm hat mich nicht geboren. Ich wurde von ihm geraubt. Als ich noch ein Junge war, fiel Car mit seinen Kriegern über uns her. Sie erschlugen die Männer, die Alten und die Kinder. Die Frauen schändeten sie, bevor sie sie töteten. Auch meine Eltern und Geschwister fielen ihnen zum Opfer. Sie ließen keinen am Leben. Ich werde ihm das nie vergessen.»

«Und wie hast du überlebt?», fragte Oda ungläubig.

«Ich habe Car ein Messer ins Bein gerammt.»

«Dafür hätte er dich erschlagen können.»

«Ja, aber er war gut gelaunt, nachdem er meine Mutter vor meinen Augen geschändet hatte. Er meinte, er könne furchtlose Jungen für seine Beutezüge gebrauchen. Ich wuchs in seinem Zelt und unter seinem Schutz auf. Er wurde mir zum Vater.»

Oda spuckte vor Ekel zur Seite aus. «Pah, ich hätte ihn noch in derselben Nacht im Schlaf erwürgt.»

«Ich habe es oft versucht. Doch jedes Mal, wenn ich scheiterte, band er mich an einem Baum fest und ließ mich hungern und dürsten, von den anderen verprügeln, ich wurde verspottet und verlacht … Er sagte: Wenn du ein guter Krieger werden willst, musst du siegen. Andernfalls wirst du besiegt und stirbst.»

Sosehr Oda diese Worte auch anwiderten, auf diese Art wurden furcht- und reuelose Krieger geschaffen. Virdis hatte es mit den Jungen aus ihrem Stamm nicht anders gemacht.

«Was nun?», fragte sie. «Fliehen oder kämpfen?»

«Listig wie die Krähen sollten wir sein», antwortete Turon.

 

Das frostige Wetter hielt Wort. Am nächsten Morgen waren alle Wolken verschwunden, der Himmel klar, die Luft schneidend kalt. Das Wasser in den Eimern war mit einer dicken Schicht Eis überzogen, der Schnee knirschte unter den Füßen. Oda hatte noch vor Sonnenaufgang die Frauen wecken lassen und ihnen von der lauernden Gefahr jenseits des Ufers berichtet. Auf den anfänglichen Schock folgte eine stille Gewissheit unter den Frauen, dass es nun an ihnen lag, die Siedlung zu verteidigen. Auf die Rückkehr der Männer konnten sie sich nicht länger verlassen, Oda musste das niemandem mehr erklären.

Jeder, der ein Schwert, eine Axt oder einen Spieß halten konnte, übte damit im Hof, während sich auf dem Wall die Bogenschützen einfanden. Oda ließ Steine hinauftragen, mit denen sie den anstürmenden Kriegern den Schädel brechen würden.

Turon hingegen war bei Tagesanbruch hinunter zum Ufer gegangen. In seiner Begleitung war Juna, sie trug ein Bündel Pfeile, er die langen Spieße. Der hohe Holzwall, der die Siedlung zum Ufer hin schützte, stellte die erste Verteidigungslinie dar. Hier würde der Kampf beginnen, und wenn alles nach Plan verlief, der Feind um die Hälfte dezimiert sein, bevor er in die Siedlung eindrang. Was darauf folgte, wollte sich Turon gar nicht vorstellen, auch nicht auf Junas bohrende Fragen antworten. Viel Blut würde fließen. Eine Schar Frauen und Kinder trat gegen eine Horde blutrünstiger Krieger an. Mit etwas Glück und Geschick würde er die Verluste gering halten können, danach zählte nur noch eins: schnell den Berg hinaufkommen. Der Schnee war knietief, er würde Reiter und Pferd gehörig Kraft kosten. Erschöpft vom langen Aufstieg und dem bereits geleisteten Blutzoll, würden die verbliebenen Krieger Cars von den Bogenschützen empfangen.

Wenn alles so ablief, wie er es sich ausrechnete, stünden sie letztlich noch einem Dutzend Krieger gegenüber, vielleicht weniger, und dennoch waren es immer noch zu viele. Sie würden unter den Frauen ein furchtbares Gemetzel anrichten, die Alten abschlachten, die noch lebenden Kinder erschlagen oder verschleppen.

Turon hieß Juna die Spieße und Pfeile in den Hütten bereitzulegen, er setzte sich ans Ufer und blickte auf die andere Seite, wo eine graue Rauchfahne in den blauen Himmel stieg. Gemessen an den Pferden mussten es etwa dreißig Krieger sein, hinzu kamen die Hunde und vielleicht ein paar Männer Fußvolk. Von ihnen ging keine große Gefahr aus, sie waren Kriegsbeute, wurden zum Kampf gezwungen. Sie würden jede sich bietende Möglichkeit zur Flucht ergreifen.

Um das Lagerfeuer scharten sich rund ein Dutzend Männer, die anderen waren in den Zelten oder auf Nahrungssuche. Spuren im tiefen Schnee führten in den Wald, weitere zum Sumpf und von dort im Bogen zum Ufer. An der Böschung zu beiden Seiten hatte sich Eis gebildet. Es reichte bereits einen Steinwurf in den Fluss hinein, war aber mit Sicherheit noch zu dünn. Spätestens morgen jedoch wäre die Eisdecke geschlossen. Ob sie Ross und Reiter trug, würde sich zeigen, Turon konnte nur hoffen, dass ihm der Kriegsgott noch etwas länger gewogen war, dann hätten er und die Frauen noch mehr Zeit, um sich auf das Unausweichliche vorzubereiten.

Es würde ein unehrenhafter Kampf werden, so viel war sicher, mit Harken, Pflugscharen und Äxten gegen hochgerüstete Menschenschlächter, die nichts anderes als Blut, Gold und Schändung im Sinn hatten. Car würde sich an ihre Spitze setzen, und nachdem seine Lust gestillt war, den Berg übernehmen, der ihm ein neues Reich mit viel fruchtbarem Land an einer Furt bescherte. Es wäre der Gipfel seiner skrupellosen und blutigen Beutezüge, von hier aus würde er den Fluss beherrschen und seine Truhen füllen, zig Bastarde zeugen und seiner Sippe bis ans Ende der Zeiten ein sicheres und ruhmhaftes Auskommen sichern.

Da öffnete sich ein Zelt, heraus trat Car. Er trug den dicken schwarzen Pelz eines Bären, den er seinerzeit mit einem Spieß erlegt hatte. Er ging zu seinem Pferd, schwang sich auf und galoppierte um den Sumpf zum Ufer, wo er angsteinflößend auf und ab ritt. Sein Kampfschrei trug den weiten Weg herüber.

Das Versteckspiel war vorbei. Turon erhob sich, zog sein Schwert und reckte es in die Höhe. Aus voller Brust antwortete er Car mit seinem Kampfgeheul. Blut würde fließen, und wenn ihm der Kriegsgott hold war, würde er dieses Mal Cars Herz nicht verfehlen.

***

«Sie sammeln sich!», gellte es über den Hof.

Aus der großen Halle strömten die Frauen und Kinder herbei und liefen zum Wall. Oben auf dem Turm stand die Wache mit Helm und Bogen, sie zeigte auf das Tal, in ihren Augen war der Schrecken zu Hause.

«Es sind … viele!»

Oda und Turon bahnten sich einen Weg durch die Menge und stiegen die Leiter hinauf. Die Wache hatte recht: Es waren viele, viel mehr als die, die sie noch vor zwei Tagen gezählt hatten. Bestimmt fünfzig, wenn nicht mehr.

«Car hat alle Reiter zusammengezogen», sagte Turon grimmig, «auch die aus den anderen Lagern. Er weiß, dass er es mit uns nicht leicht haben wird.»

«Aber», rätselte Oda, «wie sollen wir gegen so viele –?»

«Still!», unterbrach Turon mit Blick auf die ängstliche Wache und all jene, die sie von unten aus beobachteten. «Wir sind gut vorbereitet. Zeig deinen Frauen, dass sie keine Angst haben müssen. Du bist ihre Anführerin. Sie müssen an dich glauben.»

Oda nickte. Turon hatte recht. Sie musste jetzt ein Vorbild für alle sein, Angst war ein schlechter Waffenbruder.

«Wir machen alles so, wie wir es besprochen haben», sagte Turon. «Kann ich mich auf dich verlassen?»

Wieder nickte Oda. «Pass auf meine Juna auf, hörst du?»

Turon stieg die Leiter hinunter und sammelte die Frauen und Kinder um sich, die er für die Abwehr der ersten Angriffswelle benötigte.

«Folgt mir!»

Es waren fünf Frauen und ein gutes Dutzend Kinder, überwiegend Jungen, die bereits einen Bogen spannen und schnell rennen konnten. Auch die Frauen hatten Hosen zu tragen, damit sie im Schnee nicht über die eigenen Beine fielen. Zusammen ging es den Berg hinunter, und bereits jetzt zeigte sich, wie schwierig es war, die Beine aus dem Schnee zu kriegen, der bis zu den Schenkeln reichte. An der Ufersiedlung angekommen, besetzten die Kinder mit Pfeil und Bogen den Umlauf des Holzwalls. Die Frauen eilten in eine Hütte, eine führte einen Ochsen zum Tor. Dort wartete bereits Turon mit einem starken Seil in der Hand und machte es am Ochsen fest. Am anderen Ende war ein Anker befestigt, der tief im Eis in der Mitte des Flusses steckte.

«Du kennst das Kommando», schwor er die Frau ein, «wenn ich rufe, führst du den Ochsen mit aller Kraft voran.»

Sie nickte.

«Lass nicht locker», fuhr er fort, «du wirst damit viele Krieger töten.»

Sie versicherte es, und Turon ging vors Tor, folgte dem Seil, das unter dem Schnee verborgen lag. Letzte Nacht war er heruntergekommen und hatte noch einmal alles überprüft – den Anker, die Lederriemen, das Seil. Wenn alles nach Plan lief, würde die Angreifer ein eisiger Tod erwarten.

Drüben, auf der anderen Seite des Flusses, hatte Car seine Krieger und die ausgehungerten Hunde um sich geschart, so wie er es immer vor einer Schlacht mit ihnen tat, damit sie nicht mehr zwischen Freund, Frau oder Kind unterschieden. Dieses Mahl würde Turon ihnen gründlich versalzen.

Ihr Kampfgeschrei polterte herüber, die Spieße in die Luft gereckt, saßen sie stolz auf ihren Pferden und schickten ein paar der Hunde aufs Eis. Turon trat an die Uferböschung, zückte sein Schwert. Sollten sie nur kommen, er würde sie willkommen heißen. Die Köter rannten los, ihre Krallen kratzten über das Eis. Den ersten erwischte Turon am Kopf, Blut spritzte, den zweiten erledigte er in der Rückwärtsbewegung, nur der dritte kam überraschend schnell. Turon hob den Arm schützend vor den Kopf, hatte das Knurren des Hundes schon im Ohr, da fiel das Tier dumpf zu Boden, im Hals einen Pfeil. Turon blickte zurück, auf dem Wall stand ein Junge mit dem Bogen in der Hand.

Der erste Angriff war damit abgewendet, nun kamen die Reiter. Vorsichtig wagten sie sich aufs Eis, bereit, vom Pferd zu springen, wenn es sie nicht tragen sollte. Doch es hielt, und so folgte Reiter auf Reiter, einer nach dem anderen, mit wachsendem Vertrauen auf die Tragfähigkeit des Eises. Turon ließ sie unbehelligt bis zur Mitte des Flusses kommen, es waren schon fünfzehn, weitere würden folgen. Er blickte über die Schulter zum Tor, versicherte sich der Aufmerksamkeit der Frau, die den Ochsen hielt. Sie nickte ihm zu, wartete auf sein Zeichen.

Achtzehn, neunzehn … Der vorderste Reiter war nun weniger als einen Steinwurf entfernt, die anderen schlossen schnell zu ihm auf, damit sie endlich vom Eis kamen und diesen Verrückten am Ufer angreifen konnten, der sich ihnen alleine entgegenstellte. Sie verhöhnten ihn, stimmten ihr Schlachtgeschrei an.

Zwanzig, das sollte reichen. Turon gab das Zeichen, und kurz darauf hörte er das Kommando der Frau, die Stockschläge auf die Hinterbacken des Zugtieres. Das Seil schnellte unter dem Schnee hervor, geriet in die Beine der Pferde, brachte sie aus der Balance. Die ersten Reiter stürzten, das Eis knarrte.

«Weiter!», schrie Turon nach hinten. «Mit aller Kraft.»

Noch mehr Stockschläge folgten und die lauten Befehle an das störrische Vieh wurden eindringlicher. Reichte seine Kraft nicht aus, um das Eis zu brechen? Er hatte es doch vom Ankerpunkt aus in einer Linie zurück aufgeschlagen, damit es schneller brach. Doch nun zeigte sich der Frost von letzter Nacht in all seiner Härte. Es krachte im Eis, doch es hielt dem Seil stand wie auch dem Gewicht der Pferde und Reiter.

Turon wich zurück, gab den Jungen den Befehl, auf die zu Fuß anstürmenden Krieger zu schießen. Eine Salve flog über ihn hinweg, die Vorderen fielen getroffen zu Boden. Noch mehr Reiter kamen aufs Eis, jetzt im Galopp, um den Ansturm zu unterstützen.

«Sie kommen!», schrie Turon nach hinten. «Jetzt oder nie!»

Das Seil knackte und knarzte, erste Fäden rissen. Das konnte doch nicht wahr sein … Er eilte ans Ufer, griff zur Streitaxt am Gürtel und schlug wie besessen auf die Fuge im Eis ein, die in kerzengerader Linie zum Loch in der Mitte des Flusses führte. Über ihm surrten die Pfeile jetzt in beide Richtungen. Das dumpfe Hufgeklapper und das Kampfgeschrei kamen näher. Es mussten an die dreißig Reiter auf dem Eis sein.

«Taranis, hilf», beschwor Turon den keltischen Wettergott, «brich das Eis!», und endlich wurde seine Bitte erhört.

Die Fuge riss, das Seil verlor an Spannung und das Eis brach in Schollen auseinander.

«Weiter», schrie Turon, «treib den Ochsen weiter!»

Das Seil zog wieder an, und der Anker riss die Fuge vollends auf, sodass das Eis zu beiden Seiten und bis zu seinem Ufer hin klaffte. Reiter und Pferde rutschten in den Schlund und wurden verschluckt. Den Rest übernahm die Strömung. Das Geheul der Krieger und das Wiehern der Pferde verebbte schnell.

Übrig blieben ganze zwei Krieger, die sich auf allen vieren in Sicherheit brachten. Siegesgeschrei aus Kindermund wurde laut, sie hatten Cars Streitmacht mit einem Streich halbiert.

Welch ein grandioser Sieg, und was für eine bittere Niederlage für Car, der am jenseitigen Ufer auf und ab ritt, fluchte, schrie und seinen Augen nicht trauen wollte.

Was würde er jetzt tun?, fragte sich Turon. Wenn er schlau war, würde er seine Krieger sammeln und ein neues Vorgehen besprechen, notfalls noch einen Tag warten, bis der Fluss an der Furt wieder zugefroren war. Aber so eine Niederlage hatte Car noch nie einstecken müssen, und das gegen einen Mann und eine Handvoll Kinder. Turon ahnte, wie die Geltungssucht an dem stolzen Krieger nagte, er konnte gar nicht klein beigeben, er musste die Schmach auf der Stelle sühnen. Und so kam es, dass er seine Krieger absitzen ließ und sie im weiten Bogen um die Bruchstelle aufs Eis schickte.

Turon eilte hinter den Holzwall und begab sich auf den Umlauf. Ein Bogen mit Pfeilen stand für ihn bereit. Für die Kinder wurde es hier zu gefährlich, er schickte sie hinter einen Hügel, wo sie Pfeile auf die anstürmenden Feinde verschießen sollten. Den wartenden Frauen gab er das Zeichen, ihre Spieße und Streitäxte bereitzuhalten und jedem, der durch dieses Tor kam, einen tödlichen Empfang zu bereiten. Die erfolgreiche List hatte sie kampflustig gestimmt, nun würden sie ihren Teil dazu beitragen, das Blut der Feinde zu vergießen. Sie verschanzten sich hinter Türen und Häuserecken, hielten die Waffen im Anschlag.

Turon spannte einen Pfeil in die Bogensehne. Noch war es nicht so weit, Cars Krieger bewegten sich langsamer und vorsichtiger über das Eis als ihre Vorgänger, auch ihr Kriegsgeheul war verstummt. Sie hatten miterlebt, wie trickreich der Feind war. Jetzt galt es, umsichtig vorzugehen.