Fuck Machine - Charles Bukowski - E-Book

Fuck Machine E-Book

Charles Bukowski

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Beschreibung

»Ich mochte die Welt nicht, aber in ruhigen und beschaulichen Augenblicken konnte man sie fast verstehen.« Charles Bukowski Charles Bukowskis Stories sind aggressiv, grausam und obszön, aber auch außerordentlich witzig. Sie schildern brutal realistisch die Kehrseite des American Dream, so wie er sich in den Slums, Absteigen, Bars, Hurenhäusern und Schlachthöfen abspielt.

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Charles Bukowski

Fuck Machine

Stories

Aus dem Amerikanischen von Wulf Teichmann

FISCHER E-Books

Inhalt

Kit Stardust im SchlachthofWohnen in einem texanischen HurenhausFünfzehn ZentimeterDie FickmaschineDie CouragemangelZwölf fliegende Affen, die nicht richtig kopulieren wollenDie kopulierende Nixe von Venice, KalifornienMeine dickarschige MutterDie Ermordung des Ramon VasquezEin SaufkumpelDer weiße Bart

Kit Stardust im Schlachthof

Ich war wieder am Ende mit meinem Glück und zu nervös diesmal vom maßlosen Weintrinken; wilde Augen und schwach; zu niedergedrückt, um meinen üblichen Einspring- und Ausruhjob als Lager- oder Packjunge kriegen zu können, und so ging ich runter zum Verladewerk des Schlachthofs. Ich kam ins Büro, und der Mann sagte: »Hab ich dich nicht schon mal gesehn?«

»Nein«, log ich.

Ich war vor 2 oder 3 Jahren schon mal dagewesen, hatte den ganzen Papierkram hinter mich gebracht, die ärztliche Untersuchung und so weiter, und sie hatten mich Treppen hinuntergeführt, 4 Stockwerke abwärts, und es war kälter und kälter geworden, und die Fußböden waren bedeckt gewesen mit einem schimmernden Blutfilm, grüne Fußböden, grüne Wände. Er hatte mir meine Arbeit erklärt – die darin bestand, auf einen Knopf zu drücken, und dann dröhnte durch dieses Loch in der Wand ein Geräusch, als würden Fußballer zusammenkrachen oder wie von Elefanten, die zum Geschlechtsverkehr übergehen, und dann kam es – etwas Totes, eine Masse Totes, blutig, und er zeigte mir, du nimmst das da und wirfst es auf den Laster und dann drückst du auf den Knopf, und das nächste kommt raus. Dann ging er weg. Als er das tat, zog ich den Kittel aus, nahm den Blechdeckel vom Kopf, zog die Stiefel aus (die man mir 3 Nummern zu klein gegeben hatte) und ging die Treppe wieder hoch und raus aus dem Laden. Jetzt war ich wieder da, wieder am Boden.

»Du siehst ein bisschen alt aus für die Arbeit.«

»Ich will wieder in Form kommen. Was ich brauche, ist schwere Arbeit, gute schwere Arbeit«, log ich.

»Meinst du, du schaffst das?«

»Ich bin ein zäher Hund. Hab früher im Ring gestanden. Gegen die Besten gekämpft.«

»O ja?«

»Ja.«

»Hm, kann ich an deinem Gesicht sehn. Musst ganz schön was eingesteckt haben.«

»Mein Gesicht ist Nebensache. Schnelle Hände hab ich gehabt. Hab ich immer noch. Musste’n paarmal auf die Bretter, weil das besser aussah für manche.«

»Bin eigentlich auf’m Laufenden beim Boxen. Aber an deinen Namen kann ich mich nicht erinnern.«

»Gekämpft hab ich unter einem anderen Namen, Kid Stardust.«

»Kid Stardust? Kann mich an keinen Kid Stardust erinnern.«

»Ich hab in Südamerika gekämpft, in Afrika, Europa, auf den Inseln. Ich hab in Kleinstädten gekämpft. Deswegen die ganzen Lücken in meinem Arbeitsbuch – ich schreib da nicht gern Boxer hin, weil die Leute denken, ich mach Blödsinn oder lüge. Ich lass da einfach die Stellen frei, und damit hat sich’s.«

»Na schön, dann tanz mal morgen Früh halb 10 hier an für die ärztliche Untersuchung, und dann werden wir dir ’ne Arbeit geben. Du willst schwere Arbeit, sagst du?«

»Na ja, wenn Sie was anderes haben  …«

»Nein, momentan grade nicht. Sag mal, du siehst schon fast aus wie 50. Ich frage mich, ob ich da keinen Fehler mache mit dir. Mit so Leuten wie euch wollen wir unsere Zeit nämlich nicht verplempern.«

»Ich bin keine Leute – ich bin Kid Stardust.«

»Na schön, Junge«, lachte er, »du sollst sie haben, deine ARBEIT«

Mir gefiel nicht, wie er das sagte.

2 Tage später wanderte ich durchs Werkstor zu der Holzbude, wo ich einem alten Mann den Wisch mit meinem Namen drauf gab: Henry Charles Bukowski, jun., und er schickte mich weiter zur Laderampe – bei einem Thurman sollte ich mich melden. Ich ging also da hin. Da saß eine Reihe Männer auf einer Holzbank, und sie sahen mich an wie einen Homosexuellen oder Beinamputierten.

Ich schaute sie an mit einem Blick, der leichte Geringschätzung ausdrücken sollte, und sagte in meinem besten Hinterhofton, breit und gedehnt:

»Wo’s’n Thurman. Ich soll mich melden bei dem Kerl.« Einer machte eine Bewegung mit dem Daumen. »Thurman?«

»Ja?«

»Ich arbeite für dich.«

»Ja?«

»Ja.«

Er sah mich an. – »Wo sind deine Stiefel?«

»Stiefel? Hab keine«, sagte ich.

Er griff unter die Bank und gab mir ein Paar. Ein altes, hart gewordenes, steifes Paar Stiefel. Ich zog sie an. Dasselbe alte Lied: 3 Nummern zu klein. Meine Zehen wurden zusammengequetscht und gestaucht.

Dann gab er mir einen blutigen Kittel und einen Blechhelm. Ich stand da, während er sich eine Zigarette anmachte oder, wie der Engländer vielleicht sagen würde: Während er seine Zigarette anzündete. Mit ruhigem und männlichem Armschwung warf er das Streichholz weg.

»Komm her.«

Es waren alles Neger, und als ich näherkam, sahen sie mich an, als wären sie Black Muslims. Ich bin 1,83groß, aber sie waren alle größer als ich, und wenn nicht größer, dann 2 bis 3 mal so breit.

»Charley!«, brüllte Thurman.

Charley, dachte ich. Charley, wie ich. Das ist schön.

Ich schwitzte bereits unter dem Blechhelm.

»Gib ihm ARBEIT!!«

Lieber Gott, O lieber Gott, wo sind sie hin, die süßen und leichten Nächte? Warum kann dies nicht Walter Winchell passieren, der an den American Way glaubt? War ich nicht einer der besten Anthropologiestudenten? Was ist nur passiert?

Charley nahm mich mit und stellte mich vor einen leeren Lastwagen, der so lang wie ein halber Häuserblock an der Laderampe stand.

»Warte hier.«

Dann kamen einige von den Black Muslims mit Schubkarren angerannt, die in einem grindigen, klumpigen Weiß angestrichen waren, einem Weiß wie mit Hühnerscheiße vermischt. Und jeder Karren war beladen mit Bergen von Hinterschenkeln, die in dünnem, wässrigem Blut schwammen. Nein, sie schwammen nicht in dem Blut, sie hockten darin; wie Blei, wie Kanonenkugeln, wie der Tod.

Einer der Jungen sprang in den Laster hinter mir, und der andere fing an, mir Hinterschenkel zuzuwerfen, und ich fing sie auf und warf sie dem Kerl hinter mir zu, der sich umdrehte und den Schenkel hinten in den Laster warf. Die Schenkel kamen schnell SCHNELL und waren schwer und wurden schwerer. Kaum hatte ich einen Schenkel geworfen, war schon ein anderer durch die Luft unterwegs zu mir. Ich wusste, dass sie mich fertigmachen wollten. Bald schwitzte ich, schwitzte, als wären Wasserhähne aufgedreht worden, und mein Rücken tat weh, und meine Handgelenke taten weh, meine Arme schmerzten, alles schmerzte und war fertig bis auf das letzte unmögliche Quentchen lahmer Energie. Ich konnte kaum mehr sehen, kaum mehr die Kraft aufbringen, noch einen Schenkel zu fangen und zu werfen, zu fangen und zu werfen. Ich schwamm in Blut, und immer wieder kriegte ich den weichen, toten, schweren PLUMPS in die Hände, den Hinterschenkel, der ein wenig nachgibt wie die Arschbacke einer Frau, und ich bin zu schwach, um zu sprechen und zu sagen, Hey, was zum HENKER ist los mit euch Kerlen? Die Schenkel kommen, und ich bin am Rotieren, festgenagelt, wie ein Toter an einem Kreuz, mit einem Blechhelm auf, und sie kommen mit immer mehr Schubkarren voll von Schenkeln, Schenkeln, Schenkeln angerannt, und schließlich sind alle leer, und da stand ich, schwankend, und atmete das gelbe elektrische Licht. Es war Nacht in der Hölle. Na, Nachtarbeit hab ich ja schon immer gemocht.

»Komm her!«

Sie brachten mich in einen anderen Raum. In der Luft hängend, kommt durch die große Öffnung hoch oben in der hinteren Wand ein halber Mastochse – oder vielleicht ist es ein ganzer gewesen, ja, es waren ganze Ochsen, ich weiß es jetzt, alle vier Beine waren noch dran, und einer kam an einem Haken aus dem Loch, eben war er ermordet worden, und direkt über mir blieb der Ochse stehen, hing da direkt über mir an diesem Haken.

Sie haben ihn gerade umgebracht, dachte ich, sie haben das verdammte Ding umgebracht. Wie können sie einen Mann von einem Ochsen unterscheiden? Wie wollen sie wissen, dass ich kein Ochse bin?

»GUT SO – BRING IHN IN SCHWUNG!«

»In Schwung?«

»Ganz recht – TANZ MIT IHM!«

»Was?«

»Oh, lieber Gott! GEORGE komm her!«

George trat unter den toten Ochsen. Er packte ihn. EINS. Er lief vorwärts. ZWEI. Er lief rückwärts. DREI. Er lief vorwärts. Der Ochse war fast parallel zum Fußboden. Jemand drückte auf einen Knopf, und George hatte ihn. Er hatte ihn für die Fleischmärkte der Welt. Er hatte ihn für die schwatzenden, schlechtgelaunten, wohlausgeruhten, blöden Hausfrauen der Welt, die um 2 Uhr nachmittags in ihren Hauskitteln an rotverschmierten Zigaretten ziehen und fast nichts fühlen.

Sie stellten mich unter den nächsten Ochsen.

EINS.

ZWEI.

DREI.

Ich hatte ihn. Seine toten Knochen auf meinen lebendigen Knochen, sein totes Fleisch auf meinem lebendigen Fleisch, und Knochen und Gewicht drückten sich ein, ich dachte an Opern von Wagner, ich dachte an kaltes Bier, ich dachte an eine Sexmieze, die mir gegenüber auf einem Sofa sitzt, die Beine hoch übereinandergeschlagen, und ich habe einen Drink in der Hand, und langsam und sicher sprechend taste ich mich vor in die leere Seele ihres Leibes, und Charley brüllte: »HÄNG SIE IN DEN LASTER!«

Ich ging zu dem Laster. Als Junge war mir auf amerikanischen Schulhöfen beigebracht worden, dass Niederlagen eine Schande sind, und so wusste ich, dass ich den Ochsen nicht fallen lassen durfte, denn das würde bedeuten, dass ich kein Mann war, sondern ein Feigling, und ich folglich außer Hohn und Spott und Schlägen nicht viel verdiente. Man musste ein Sieger sein in Amerika, daran gab es nichts zu rütteln, und man musste lernen, für nichts zu kämpfen, keine Fragen zu stellen – und außerdem würde ich den Ochsen wahrscheinlich wieder aufheben müssen, wenn ich ihn fallen ließe; und dreckig würde er werden. Ich will nicht, dass er dreckig wird; oder vielmehr – sie wollen nicht, dass er dreckig wird.

 

Ich ging in den Laster.

»HÄNG IHN AUF!«

Der Haken, der von der Decke hing, war stumpf wie ein Männerdaumen ohne Fingernagel. Man ließ das untere Ende des Ochsen zurückrutschen und ging mit dem vorderen Ende hoch, man stieß damit nach dem Haken, wieder und wieder, aber der Haken wollte nicht durchgehen. Das HURENSTÜCK!!! – es war alles nur Knorpel und Fett, zäh, zäh.

»WIRD’S BALD! WIRD’S BALD!«

Mit letzter Kraft machte ich noch einen Versuch, und der Haken ging durch, es war ein schöner Anblick, ein Wunder, wie dieser Haken durchging, wie dieser Ochse da hing, ganz von selber, ganz runter von meiner Schulter hing er da für Hauskleider und Fleischerladenschwatz.

»LOS, WEITER!«

Ein Zweieinhalbzentnerneger kam herein, hochmütig, scharf, kühl, mörderisch, kam herein, hängte sein Fleisch mit einem Schnapp hin, blickte herab auf mich.

»Wir bleibm inner Reihe hier!«

»Okay, Kumpel.«

Ich ging raus, vor ihm her. Ein anderer Ochse wartete auf mich. Jedes Mal, wenn ich mir einen auflud, war ich sicher, dass dies der Letzte war, den ich schaffen würde, aber immer wieder sagte ich mir:

»Noch einer,

nur noch einer,

dann hör ich

auf,

scheiß der Hund

drauf.«

Sie warteten darauf, dass ich aufgeben würde, ich konnte die Augen sehen, das Lächeln, wenn sie dachten, ich würde nicht hinschauen. Diesen Sieg gönnte ich ihnen nicht. Ich ging den nächsten Ochsen holen. Der große Spieler, der vor dem Bankrott noch einen letzten Einsatz wagt, so ging ich zum Fleisch.

2 Stunden gingen hin, dann brüllte jemand: »PAUSE.«

Ich hatte es geschafft. Eine Zehnminutenpause, etwas Kaffee, und nie mehr würden sie mich zum Aufgeben zwingen können. Hinter ihnen her ging ich hinaus zu einem Imbisswagen, der vorgefahren war. Ich konnte sehen, wie in der Nacht der Dampf von dem Kaffee aufstieg; ich konnte Krapfen sehen im elektrischen Licht; und Zigaretten und Gebäckstücke und belegte Brote.

»HEY, DU!« – Es war Charley, Charley wie ich.

»Ja, Charley?«

»Bevor du Pause machst, steig in den Laster da und fahr ihn rüber auf Platz 18.«

Es war der Laster, den wir gerade beladen hatten; der einen halben Häuserblock lang war. Parkplatz 18 war auf der anderen Seite des Hofes.

Es gelang mir, die Tür aufzumachen und ins Führerhaus zu klettern. Da war ein weicher Ledersitz, und man hatte ein so gutes Gefühl auf dem Sitz, dass ich wusste, ich würde bald einschlafen, wenn ich nicht dagegen ankämpfte. Ich war kein LKW-Fahrer. Ich blickte nach unten, und es sah aus wie ein halbes Dutzend Ganghebel, Bremsen, Pedale und so weiter. Ich drehte den Schlüssel, und es gelang mir, den Motor anspringen zu lassen. Ich spielte mit den Pedalen und Ganghebeln, bis der Laster anfing zu rollen, und dann fuhr ich ihn über den Hof auf Platz 18, und dabei dachte ich die ganze Zeit – wenn ich zurückkomme, wird der Imbisswagen weg sein. Das war eine Tragödie für mich, eine echte Tragödie. Ich parkte den Laster, schaltete den Motor ab und saß einen Augenblick da und genoss das Sanftweiche auf diesem Ledersitz. Dann machte ich die Tür auf und stieg aus. Ich verfehlte den Tritt oder was es auch war, was da hätte sein sollen, und fiel mit meinem blutigen Kittel und dem Christusblechhelm auf die Erde wie erschossen. Es tat nicht weh, ich habe nichts gespürt. Ich stand gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie der Imbisswagen durch das Tor und die Straße runterfuhr. Ich sah, wie sie wieder zur Laderampe gingen, lachend und sich Zigaretten anzündend.

Ich zog die Stiefel aus, ich zog den Kittel aus, ich nahm den Blechhelm ab und ging zu der Bude am Werkstor. Ich warf den Kittel, den Helm und die Stiefel über das Pult. Der alte Mann sah mich an:

»Was? So ’ne GUTE Arbeit schmeißt du hin?«

»Sag ihnen, sie sollen mir meinen Lohn für 2 Stunden mit der Post schicken; oder sag ihnen, sie sollen ihn sich in den Arsch stecken, ich scheiß drauf!«

Ich ging hinaus. Ging über die Straße in eine mexikanische Kneipe und trank ein Bier, dann fuhr ich mit dem Bus nach Hause. Wieder hatte der amerikanische Schulhof mich geschlagen.

Wohnen in einem texanischen Hurenhaus

Ich stieg in diesem Ort in Texas aus dem Bus, und es war kalt, und ich hatte Verstopfung, und man weiß das ja nie, es war ein sehr großes Zimmer für nur 5 Dollar die Woche, und es hatte einen Kamin, und eben war ich aus meinen Sachen gestiegen, da kam ein alter schwarzer Kerl ins Zimmer marschiert und fing an, mit einem langen Stocherhaken im Kamin herumzustochern. Es war überhaupt kein Holz im Kamin, und ich fragte mich, was er da mit diesem Stocherhaken im Kamin herumstocherte. Dann hat er mich angeguckt, sich an den Schwanz gefasst und ein Geräusch von sich gegeben, so ähnlich wie »issssss, issssss!« Und ich dachte, na ja, aus irgendeinem Grund hält er dich für einen Strichjungen. Da ich aber keiner war, konnte ich ihm nicht dienen. Na ja, dachte ich, so ist die Welt nun mal, so geht’s halt zu in der Welt. Mit dem Stocherhaken in der Hand ist er dann noch ein paar Mal um mich herumgestrichen, dann ist er aus dem Zimmer gegangen.

Darauf bin ich dann ins Bett geklettert. Wenn ich mit dem Bus reise, kriege ich immer Verstopfung; und schlafen kann ich dann auch nicht; aber unter Schlaflosigkeit leide ich sowieso immer. – Der schwarze Kerl mit dem Stocherhaken ist also aus dem Zimmer marschiert, und ich habe mich im Bett ausgestreckt und gedacht, na ja, in ein paar Tagen werde ich vielleicht scheißen können.

Da ging die Tür wieder auf, und diesmal kam herein ein ganz schön verbotenes Geschöpf, ein weibliches, und das kniete sich hin und fing an, den Holzfußboden zu schrubben, und ihr Arsch ging immer hin und her, wie sie da den Holzfußboden schrubbte.

»Wie wär’s mit ’nem netten Mädchen?«, fragte sie.

»Nein. Bin viel zu müde. Grade aus’m Bus gestiegen. Ich will nur noch schlafen, sonst nix.«

»’n gutes Stück Arsch, und du würdest noch besser schlafen, wirklich. Auch nur 5 Dollar.«

»Ich bin zu müde.«

»’s ist ’n nettes, sauberes Mädchen.«

»Und wo ist es?«

»Ich bin das Mädchen.«

Sie stand auf und drehte sich zu mir um.

»Tut mir leid, ich bin einfach zu müde; wirklich.«

»Nur zwei Dollar.«

»Nein, tut mir leid.«

Sie ging hinaus. Kurz darauf hörte ich eine Männerstimme.

»Sag ma’, willst du mir etwa erzählen, du konntest ihm nix von dei’m Arsch verkaufen? Wir haben ihm unser bestes Zimmer für nur 5 Dollar gegeben. Und du willst mir erzählen, du konntest ihm nix von dei’m Arsch verkaufen?«

»Bruno, ich hab’s versucht! Ehrlich, ich schwör’s dir bei Jesus, ich hab’s versucht!«

»Du Drecksnutte, du!«

Ich kannte das Geräusch. Es war keine Ohrfeige. Die meisten guten Zuhälter hüten sich, das Gesicht zu verunstalten. Sie schlagen auf die Backe, unten am Unterkiefer; Auge und Mund vermeiden sie. Bruno muss einen großen Stall gehabt haben. Es war eindeutig das Geräusch von Fäusten, die auf den Kopf treffen. Sie schrie und flog gegen die Wand, und als sie von der Wand wegkam, verpasste Bruder Bruno ihr den Nächsten. Sie flog hin und her zwischen Fäusten und Wand, und ich streckte mich im Bett und dachte, na ja, das Leben wird ja manchmal recht interessant, aber ganz so scharf darauf, das alles zu hören, bin ich nun doch nicht. Wenn ich gewusst hätte, dass so was passieren würde, hätte ich sie ein bisschen drangelassen. Dann bin ich eingeschlafen.

Am nächsten Morgen bin ich aufgestanden und habe mich angezogen. Natürlich habe ich mich angezogen. Aber scheißen konnte ich immer noch nicht. Also bin ich rausgegangen auf die Straße und habe angefangen, mich nach Fotoateliers umzusehen. In das Erste bin ich reingegangen.

»Ja, Sir? Sie möchten sich fotografieren lassen?«

Es war eine gutaussehende Rothaarige, die zu mir auflächelte.

»Warum soll ich mich mit so einem Gesicht wie meinem fotografieren lassen? Ich suche Gloria Westhaven.«

»Ich bin Gloria Westhaven«, sagte sie, schlug die Beine übereinander und zog ihren Rock zurück. Und ich hatte gedacht, man müsse erst sterben, um in den Himmel zu kommen.

»Was ist los mit Ihnen?«, fragte ich sie. »Sie sind nicht Gloria Westhaven. Ich habe Gloria Westhaven auf der Fahrt von Los Angeles in einem Bus kennengelernt.«

»Und was hat die denn?«

»Nun, ich hab gehört, ihre Mutter besitzt ein Fotoatelier. Ich bin auf der Suche nach ihr. Im Bus war was gewesen zwischen uns.«

»Sie meinen, nichts war gewesen im Bus.«

»Wir haben uns im Bus kennengelernt. Als sie ausstieg, hatte sie Tränen in den Augen. Ich bin bis New Orleans runtergefahren und dann mit dem Bus zurückgekommen. Das ist ’ne ganze Ecke. Noch nie hat eine Frau geweint wegen mir.«

»Vielleicht hat sie ja wegen was anderm geweint.«

»Das hab ich zuerst auch gedacht, aber dann haben die anderen Fahrgäste alle angefangen, mich aufzuziehn.«

»Und alles, was Sie wissen, ist, dass ihre Mutter ein Fotoatelier besitzt?«

»Das ist alles, was ich weiß.«

»Na schön, also hören Sie zu, ich kenne den Herausgeber der führenden Zeitung in dieser Stadt.«

»Das wundert mich nicht«, sagte ich mit einem Blick auf ihre Beine.

»Okay, lassen Sie mir Ihren Namen da und wo Sie abgestiegen sind. Ich werde ihn anrufen und ihm die Geschichte erzählen, nur müssen wir sie ein bisschen ändern. Sie haben sich in einem Flugzeug kennengelernt, Sie verstehn? Liebe in der Luft. Jetzt sind sie voneinander getrennt und haben sich verloren. Sie verstehn? Und Sie sind den weiten Weg von New Orleans hochgekommen, und alles, was Sie wissen, ist, dass ihre Mutter ein Fotoatelier besitzt. Klar? Und das haben wir dann morgen in M … K … s Spalte in der Morgenzeitung. Okay?«