Meditieren - aber wie? (Leben Lernen, Bd. 294) - Sylvia Wetzel - E-Book

Meditieren - aber wie? (Leben Lernen, Bd. 294) E-Book

Sylvia Wetzel

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Beschreibung

Das Buch zeigt mit vielen Übungen und Überlegungen, wie wir einen, oft mit großen Erwartungen verbundenen, meditativen Weg weitergehen können - auch in Zeiten der Lustlosigkeit, der Enttäuschung, der Langeweile, bei innerem Druck und Desorientierung. Manchmal gehen wir einen meditativen Weg mit Freude und Zuversicht. Und manchmal scheint nichts mehr zu funktionieren. Hindernisse und Krisen gehören zu diesem Weg, denn der Weg verläuft mitten im Leben. Die bekannte langjährige Meditationslehrerin Sylvia Wetzel kennt diese Schwierigkeiten – auch aus der eigenen Erfahrung. Hier geht sie ausführlich auf typische Erwartungen, Hindernisse und Fallen ein und schlägt passende »Heilmittel« und Übungen vor, durch welche die Krisen überwunden werden können. Das Buch gliedert sich in die drei Hauptphasen eines meditativen Weges: dem Anfangen, dem Dranbleiben und dem Erwachsenwerden. Unter diesen Stichworten werden die unterschiedlichen Stolpersteine und die dann passenden Überlegungen und Übungen dargestellt. Sammlung, Einsicht und Hingabe als Annäherungsziele eines meditativen Weges können so im Blick behalten werden. Dieses Buch wendet sich an: - Meditationslehrende - Achtsamkeitslehrende - PsychologInnen und PsychotherapeutInnen - Alle, die an Themen wie Achtsamkeit, Meditation, Psychologie interessiert sind

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Seitenzahl: 171

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Sylvia Wetzel

Meditieren – aber wie?

Krisen in der Meditation überwinden

Zu diesem Buch

Manchmal gehen wir einen meditativen Weg mit Freude und Zuversicht. Und manchmal scheint nichts mehr zu funktionieren. Hindernisse und Krisen gehören zu diesem Weg, denn der Weg verläuft mitten im Leben. Die bekannte langjährige Meditationslehrerin Sylvia Wetzel kennt diese Schwierigkeiten – auch aus der eigenen Erfahrung. Hier geht sie ausführlich auf typische Erwartungen, Hindernisse und Fallen ein und schlägt passende »Heilmittel« und Übungen vor, durch welche die Krisen überwunden werden können. Das Buch gliedert sich in die drei Hauptphasen eines meditativen Weges: dem Anfangen, dem Dranbleiben und dem Erwachsenwerden. Unter diesen Stichworten werden die unterschiedlichen Stolpersteine und die dann passenden Überlegungen und Übungen dargestellt. Sammlung, Einsicht und Hingabe als Annäherungsziele eines meditativen Weges können so im Blick behalten werden.

Die Reihe »Leben Lernen« stellt auf wissenschaftlicher Grundlage Ansätze und Erfahrungen moderner Psychotherapien und Beratungsformen vor; sie wendet sich an die Fachleute aus den helfenden Berufen, an psychologisch Interessierte und an alle nach Lösung ihrer Probleme Suchenden.

Alle Bücher aus der Reihe ›Leben Lernen‹ finden Sie unter:

www.klett-cotta.de/lebenlernen

Impressum

Leben Lernen 294

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

© 2018 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Jutta Herden, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von © Nayomiee/istock

Gesetzt aus der Documenta von Kösel Media GmbH, Krugzell

Printausgabe: ISBN 978-3-608-89221-5

E-Book: ISBN 978-3-608-11035-7

PDF-E-Book: ISBN 978-3-608-20370-7

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Inhalt

Einführung

Teil IAnfangen

Kapitel 1Meditation: Chancen, Risiken und Nebenwirkungen

Was ist Meditation?

Können alle meditieren?

Braucht man eine Begleitung?

Wie lang braucht das Gehirn, um sich neu einzustellen?

Was kann ich tun, wenn ich keine Lust zum Üben habe?

Wie stoppe ich den Machergeist?

Wann kann ich mit ersten Veränderungen rechnen?

Kapitel 2Aller Anfang ist schwer – und faszinierend

Motivation: Warum und wozu will ich meditieren?

Kapitel 3Stolpersteine und Heilmittel

Einstellung: Vier Perspektiven

Leistungsdruck

Müdigkeit und Trägheit

Die Qual der Wahl

Zweifel und Unentschlossenheit

Methoden und Techniken

Kontrollwünsche

Spielen, Stimmigkeit, Kompetenz

Arbeit und Muße

Wo sich Beschleunigung nicht lohnt

Teil IIDranbleiben

Kapitel 4Bemerken, was geschieht, und erinnern, was heilt

Erinnern, was heilt – immer und immer wieder

Entschlossenheit, gute Bedingungen und Zuversicht

Innere und äußere Bedingungen

Zuversicht

Kapitel 5Hindernisse und Heilmittel

Sammlung und Einsicht

Zerstreuung und Habenwollen

Ärger und Abwehr

Unruhe und Sorgen

Hindernisse und Heilmittel im Alltag

Trägheit

Zweifel

Habenwollen

Ärger

Sorgen

Kapitel 6Schöne Erfahrungen, Schuld und Angst

Sinnesfreuden

Beziehungen und ein offenes Herz

Sammlung

Multitasking und Angst

Wer ist schuld?

Schuld und Scham

Konflikte sind nicht persönlich

Kapitel 7Optimisten leben länger. Teil 1: Drei Chancen

Wie sehe ich die Welt? Mit Gier, Hass und Verblendung

Die Stärken hinter unseren Schwächen

Gier und Wertschätzung

Wut und Klarheit

Verblendung, Sehen und Seinlassen

Kapitel 8Optimisten leben länger. Teil 2: Vier Chancen

Zweifel, Hinterfragen und Kritikfähigkeit

Unruhe und Ängste, Sorgen und Umsicht

Neid, Eifersucht und kluges Handeln

Überheblichkeit, Konkurrenz und Wissen um Gleichheit

Immer gesund und glücklich

Und nun?

Teil IIIErwachsen werden

Kapitel 9Ich will verstehen

Was bisher geschah

Auf eigenen Füßen stehen

Erwachsen werden

Die Gesetze des Lebens

Verbundenheit und Komplexität

Vier Dimensionen der Einsicht

Begriffliches Verstehen

Energieschub

Umkehr

Befreiung

Kapitel 10Was will ich wirklich?

Beziehungen

Meditation

Beziehungen sind ambivalent

Freiheit: Wovon und wozu?

Vier Motive für die Meditation

Freude und Frieden

Orientierung im Leben

Zum Wohl aller

Einsicht ist das höchste Glück

Viele Perspektiven

Selbsterkenntnis, Verbundenheit und die Grenzen des Denkens

Kapitel 11Muße und Zuversicht

Muße

Faulheit und Entspannung

Seelenfrieden oder Fortschritt

Zuversicht und Vertrauen

Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott

Kapitel 12Alle Übungen auf einen Blick

Grundübungen

Thematische Übungen

Anhang

Buddhistische Fachbegriffe

Leseempfehlungen

Sylvia Wetzel in der edition tara libre

Zur Autorin

Informationen zum Buddhismus

Einführung

Manchmal gehen wir einen meditativen Weg mit Freude und Zuversicht. Und manchmal scheint nichts mehr zu funktionieren. Doch Hindernisse und Krisen gehören zum Weg, denn der Weg findet mitten im Leben statt, nicht an einem besonderen und heiligen Ort. Welche Hindernisse und Krisen kennen wir? Was hat uns geholfen, sie zu überstehen, ohne zu resignieren oder zu verzweifeln? Ich will in diesem Buch typische Erwartungen, Hindernisse und Fallen auf dem Weg beschreiben und einige Krisen, auch aus eigener Erfahrung. Und ich werde Überlegungen und Übungen vorschlagen, wie wir unseren je eigenen Weg auch in Zeiten der Langeweile und Lustlosigkeit, bei innerem Druck und Enttäuschung, trotz Desorientierung und Zweifel immer wieder finden und gehen können.

Ich möchte Erwartungen, Hindernisse und Schwierigkeiten und die entsprechenden Heilmittel beschreiben, die wir erleben, wenn wir anfangen, dranbleiben und erwachsen werden. Jeder Phase ist einer der drei Teile des Buches gewidmet. Das Motto dieses Buches ist Vielfalt, denn Menschen sind verschieden, und jeder Weg ist anders. Es gibt unterschiedliche Meditationsübungen, und wir stehen auch nicht alle am gleichen Punkt mit unseren meditativen Erfahrungen. Deshalb stelle ich kein lineares Stufenprogramm vor, sondern bespreche unter den drei Stichworten unterschiedliche Ansätze. Ich weise immer wieder darauf hin, dass und wie die gleichen Übungen und Überlegungen in unterschiedlichen Phasen unseres Lebens und Übens Unterschiedliches in uns auslösen können und dann auch ein anderes Vorgehen nahelegen.

Meditative Übungen kann man in drei Gruppen einteilen, je nachdem, was ihr spezielles Ziel und ihre Funktion ist: Sammlung, Einsicht, Hingabe. Konzentrative Übungen fördern die Sammlung, und sie beruhigen und entspannen – für eine kleine Weile. Sie sind das Herz des ersten Teils. Thematische Übungen fördern unsere Einsicht, denn sie sind ein Raum, in dem wir Erfahrungen tiefer verstehen, annehmen und verarbeiten lernen.

Sammlung beruhigt vor allem körperlich, aber auch unsere Gefühle und Gedanken. Verstehen beruhigt noch tiefer, denn wenn wir Erfahrungen in einen größeren Zusammenhang einordnen und ihnen einen Sinn geben können, sind sie leichter anzunehmen und dann auch besser zu verarbeiten. Beide Ansätze haben auch mit Hingabe zu tun, denn ohne ein bisschen Hingabe können wir uns nicht auf eine Sache ausrichten und Sammlung entdecken, und begriffliches Verstehen verwandelt sich erst dann in tiefe Einsicht, wenn wir das, was wir verstanden haben, immer und immer wieder mit Hingabe und Interesse im Herzen bewegen.

Ich möchte hier noch kurz auf eine große Falle und Sackgasse hinweisen: das Pochen auf die Zauberformel der authentischen Erfahrung als Königsweg aus dem Gefängnis des rationalen Denkens, das uns doch nur in alten Gewohnheiten festhält. Dieser angebliche Ausweg ist kein Ausweg, sondern eine Sackgasse, denn wir machen alle genug Erfahrungen. Ob sie unser Herz öffnen und den Geist klären, hängt allerdings sehr von unseren Ansichten und Einstellungen und von unserer Interpretation ab. Es geht nicht darum, nicht mehr zu denken, denn das wäre eine Katastrophe, die unser Überleben gefährdet, sondern darum, unsere Gedanken und Vorstellungen, Erwartungen und Ängste zu bemerken, zu verstehen und zu überprüfen. Und dabei können uns konzentrative und thematische Meditationen unterstützen.

Sammlung und Einsicht tun gut und nehmen Druck aus unserem Leben, aber erst durch Hingabe an das, was größer ist als unser Verstand, entdecken wir eine neue Art von Zuversicht, ein Vertrauen auf die tiefe Weisheit in uns, jenseits von Worten und Begriffen. Thematische Übungen sind das Herz des zweiten Teils, und tiefe Einsicht, Hingabe und Vertrauen das Anliegen des dritten Teils. Ich schlage immer wieder kleine Übungen bzw. konkrete Überlegungen und Fragen vor und gebe dann im letzten Kapitel einen Überblick über alle verwendeten buddhistischen Begriffe und Modelle und Hinweise auf weitere Übungen in meinen Büchern.

Einige Hindernisse betreffen vor allem Anfänger*nnen auf dem Weg, andere Probleme tauchen erst auf, wenn wir schon jahrelang relativ regelmäßig üben, und wieder andere haben damit zu tun, dass man letztlich seinen eigenen Weg finden und spirituell erwachsen werden muss. Wann welche Hindernisse auftauchen, weiß man vorher nie, daher folgt das Buch eher dem Spiralmodell, und ich weise immer wieder auf Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Fragen und Problemen, Überlegungen und Übungen hin.

Ein letzter Punkt: Ich gehe davon aus, dass einige Hindernisse auf dem meditativen Weg individuelle Ursachen haben, die meisten Blockaden halte ich jedoch für kulturell bedingt. Seit der Aufklärung sind Vernunft und Freiheit unser großes Ideal, heutzutage leider meist in der Schrumpfvariante des technischen und linearen Verstandes und des authentischen Ausdrucks aller Gefühle und Bedürfnisse. Bis zur Reformation galten Seelenfrieden und innere Ruhe als höchstes Glück, aber für die postmoderne Gesellschaft sind unaufhörliches Wachstum, Weiterentwicklung und Fortschritt das einzige Ziel. Ruhe, Innehalten oder gar Stillstand sind der große Schrecken unserer Zeit. (Konersmann 2015) Auch aus diesem Grund fällt es den meisten Menschen so schwer innezuhalten. Ohne innezuhalten können wir aber das, was wir mit dieser Unkultur des »immer schneller, weiter, mehr« in uns und in der Gesellschaft anrichten, nicht mehr beurteilen und auch keine neuen Visionen oder Gegenentwürfe zum Bestehenden entwickeln.

Je weniger Sinn wir im Leben finden, desto schneller eilen wir (Viktor Frankl) und desto eher fallen wir zurück auf alte und älteste Muster. Unruhe und Angst, Zeitdruck und Leistungsdenken verwandeln uns in Anhängsel technischer Geräte, die nur noch den reaktiven Modus der Anpassung kennen und nicht mehr wissen, was sie wollen. In diesem Kontext der Unruhe und Unsicherheit halte ich meditatives Innehalten für einen revolutionären Akt. Denn es beruhigt uns durch Sammlungsübungen so weit, dass wir genauer hinschauen können, und dieser klare Blick gibt uns den Mut, neue Wege auszuprobieren, zusammen mit anderen. Innehalten, Beruhigung und ein realistischer Blick auf uns selbst und die Welt schützen uns vor zweierlei Fallen: vor blindem Aktionismus, der immer nur mehr vom Selben produziert, und vor Weltflucht, dem Rückzug in eine private Idylle, meist auf Kosten anderer.

Ich werde mich in diesem Buch daher nicht auf individuelle Tipps beschränken, die uns helfen, unsere spezifischen Hindernisse und Blockaden für die Meditation zu erkennen und zu überwinden, sondern Meditation als revolutionäre Methode interpretieren, die uns Zugang zu einem klaren Blick auf uns selbst und unsere Kultur ermöglicht. Und das brauchen wir, wenn wir, aus Verantwortung für uns und andere, zu einer Welt beitragen wollen, in der unterschiedliche Menschen miteinander auskommen und über die gemeinsame Welt verhandeln wollen und können.

Wir begegnen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, und auch in Deutschland und Europa leben wir zwar alle in der gleichen Kalenderzeit, aber z.T. in unterschiedlichen Kulturzeiten. Das Gros der Menschen in Europa lebt geistig in der Vormoderne, orientiert sich an Sitte und Brauchtum und fühlt sich überfordert von der Globalisierung mit ihrer Betonung von Flexibilität, Mobilität und Universalität. Das scheint mir der Hauptgrund für die heftigen Auseinandersetzungen um Sinn und Zweck und Gestaltung Europas. Wenn wir in einer demokratischen Gesellschaft miteinander auskommen wollen, müssen wir uns durch Sammlung und Einsicht so weit beruhigen, dass wir uns zuhören und respektieren und einigermaßen vertrauen können. Das gilt für uns als Privatpersonen, aber auch für die Menschen, die uns als Politiker*nnen vertreten sollen. Nur mit einer Haltung der relativen Ruhe und Klarheit können wir unser Bestes geben, das jeweils Beste unter den gegebenen inneren und äußeren Bedingungen. Zum eigenen Wohl und dem aller, so weit wie möglich.

Für die Leser*nnen, die sich für buddhistische Konzepte interessieren und die angesprochenen Themen gerne vertiefen wollen, stelle ich im Anhang einige Begriffe und Modelle im Überblick vor und weise auf meine Bücher hin, in denen ich die Themen ausführlicher bespreche, und auf Autor*nnen, die mich bei meiner kulturellen Übersetzung buddhistischer Übungen inspirieren.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Menschen bedanken, von denen ich seit meiner Kindheit lerne, was wirklich wichtig ist im Leben. Vor allem bei meinen buddhistischen Lehrer*nnen aus Asien und aus dem Westen, die mich durch ihr Leben, ihre Vorträge, Bücher und Hinweise inspirieren und auf viele Fallen des Weges hingewiesen haben, und bei den vielen klugen und weisen Menschen aus dem Westen, die mir den Reichtum der europäischen Philosophie und Psychologie, das Wissen aus Religionswissenschaft und Theologie erschlossen haben. Und bei all jenen, die ich in den letzten dreißig Jahren auf dem Weg der Meditation begleiten durfte, sowie bei meinen Kolleg*nnen, mit denen ich mich über das Abenteuer der kulturellen Übersetzung des Buddhismus in unsere Kultur austauschen kann.

Ich gehe den Weg seit bald vierzig Jahren mit großer Freude und halte die Begegnung mit dem Buddhismus für das Beste, was mir in diesem Leben geschenkt wurde, neben der Gnade einer ziemlich glücklichen katholischen Kindheit in einer Großfamilie im liberalen und sinnenfrohen Südbaden und einer Jugend in den goldenen Zeiten der späten 1960er- und frühen 1970er-Jahre.

Jütchendorf, Ostern 2017

Sylvia Wetzel

Teil I

Anfangen

Allem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Hermann Hesse

Kapitel 1

Meditation: Chancen, Risiken und Nebenwirkungen

Meditation ist »in«. Vor vierzig Jahren galt man als exotisch, wenn man regelmäßig meditierte, und vor zwanzig Jahren auch noch. Seit ein paar Jahren gibt es im britischen Unterhaus eine Gruppe Parlamentarier, die regelmäßig Achtsamkeit übt; Topsportler und Manager nehmen meditative Auszeiten; katholische Priester begleiten Führungskräfte bei Exerzitien in christlichen Klöstern, und evangelische Pfarrer*nnen unterrichten Zen-Meditation. Es gibt ein kaum überschaubares Angebot an Büchern über Meditation, christliche und buddhistische Meditationskurse für unterschiedliche Zielgruppen und noch vieles mehr auf dem bunten Markt der Esoterik und Wellness. Meditation ist »in«.

Seit Ende der 1970er-Jahre befasse ich mich »full-time« mit buddhistischer Meditation und gebe sie seit über dreißig Jahren in Kursen weiter. Daher werde ich in diesem Buch vor allem über Möglichkeiten und Grenzen, über Chancen, Risiken und Nebenwirkungen buddhistischer Meditationspraxis sprechen. Viele Menschen interessieren sich für Meditation, einige fangen damit an und hören schnell wieder auf, manche bleiben ein paar Jahre dabei, und eine wachsende Gruppe kann sich ein Leben ohne regelmäßige Meditation gar nicht mehr vorstellen. Können und sollen alle Menschen meditieren und, falls ja, warum und wie?

In diesem Kapitel möchte ich auf typische Fragen eingehen, die Menschen beschäftigten, die meditieren wollen oder es seit Längerem tun. Sie können als Orientierung dienen – ob Sie gerade anfangen oder schon länger meditieren – und Ihnen vielleicht einige Enttäuschungen ersparen und hoffentlich Mut machen, mit Geduld und Interesse auch dann dabei zu bleiben, wenn es schwierig wird.

Was ist Meditation?

Im weitesten Sinn bedeutet Meditation, wir machen uns »aktiv vertraut« mit etwas, was guttut und heilsam oder heilend ist, für uns und andere. So weit fasst der tibetische Buddhismus den Begriff der meditativen Übung, goms. Wenn wir nach Übungen suchen, die uns körperlich, seelisch und geistig heilen sollen, können wir alles tun, was ethisch vertretbar ist und niemanden schadet: singen, beten, still sitzen, meditativ gehen oder joggen, heilige Texte rezitieren, meditativ Tee kochen, Blumen stecken und kalligrafieren, Yoga üben oder uns mit einer asiatischen Kampf- und Bewegungskunst beschäftigen.

Im engeren Sinn kann man Meditationsübungen in drei Gruppen einteilen: Sammlung, Einsicht, Hingabe. Mit manchen Übungen lernen wir unsere Aufmerksamkeit auf eine Sache auszurichten, und so schulen wir unsere Konzentration und lernen, uns zu sammeln. Sammlung beruhigt, entspannt und – spart Energie. Wir schalten sozusagen um in einen Energiesparmodus, wenn wir uns für zehn, zwanzig Minuten einer Sache widmen. Das gelingt auch mit manchen Hobbys. Andere Übungen sind eher aufdeckend. Wir halten für zehn, zwanzig Minuten mithilfe einfacher Übungen inne und achten auf körperliche und emotionale Prozesse und auf Gedanken. Oder wir schauen uns eine angenehme oder unangenehme Erfahrung im Nachhinein in aller Ruhe und systematisch an und entdecken vielleicht, wie Auslöser bzw. Aufhänger, unsere aktuelle Verfassung, Erwartungen und alte Muster unsere Erfahrungen beeinflussen. In einer dritten Gruppe von Übungen lassen wir uns auf einen bestimmten Ablauf ein, den wir wertschätzen – Singen, Rezitieren, Imaginieren, eine meditative Bewegung usw. –, und wiederholen ihn so lange, bis wir eins werden mit dem Ablauf. Das ist Hingabe. Wie man bei diesen Übungen vorgeht, werde ich an Beispielen erläutern.

Können alle meditieren?

Es kommt darauf an, was man unter Meditation versteht. Wenn Sie eine Übung kennen, die Ihnen zusagt, können Sie sie ausprobieren. Im zweiten Kapitel stelle ich einige Grundübungen vor, die für viele gut als Einstieg in das regelmäßige Üben funktionieren. Eine Faustregel besagt: Wem es schwerfällt, sich zehn, zwanzig Minuten still hinzusetzen, sollte eher mit Bewegungsübungen, wie Gehmeditation oder Yoga, anfangen. Wer gerne still sitzt, findet vermutlich leicht Zugang zu einer schlichten Sammlungsübung wie der Atemmeditation oder dem stillen Sitzen. Wer gerne nachdenkt, kann angenehme oder unangenehme Erfahrungen mit gezielten Fragen genauer erforschen. Menschen, denen auch Meditation in Bewegung schwerfällt, empfehle ich, den Schwerpunkt auf ethisches Verhalten zu legen. Dazu mehr im zweiten Kapitel.

Braucht man eine Begleitung?

Einige einfache Übungen kann man aus Büchern lernen. Aber wie beim Klavierspielen oder beim Yoga empfiehlt es sich, irgendwann einen Kurs zu besuchen, in dem uns eine erfahrene Person bestimmte Übungen zeigt und mit der wir Fragen besprechen können. Man begegnet dort Menschen, die auch meditieren oder es lernen wollen, und häufig reicht schon ein kurzes Gespräch mit Gleichgesinnten, wenn Fragen auftauchen oder man keine Lust mehr hat, regelmäßig zu üben. Es unterstützt die Übung aber sehr, wenn man ab und zu, ein, zwei Mal im Jahr, mit einer kompetenten Person des Vertrauens über seine Übungen sprechen und Fragen stellen kann. Solange Sie keine geeignete Begleitung gefunden haben, empfehle ich Ihnen, sich zumindest mit einer Person, die auch meditiert, regelmäßig, d. h. ein, zwei Mal im Monat, auszutauschen. Dieses sogenannte Tandem-Prinzip, der regelmäßige Austausch zu zweit, lege ich allen Teilnehmer*nnen meiner Kurse ans Herz, und die meisten finden ihn nach einiger Zeit unverzichtbar und sehr inspirierend.

Wie lang braucht das Gehirn, um sich neu einzustellen?

Einige Hirnforscher gehen davon aus, dass regelmäßiges Üben das Gehirn verändern kann. Das gilt für Klavierspielen, Joggen – und für Meditation. Allerdings muss man eine Übung oder einen neuen Ablauf etwa drei Monate lang regelmäßig durchführen, damit sie zu einer guten Gewohnheit wird. So sahen und sehen das auch meine Lehrer*nnen und einige Kolleg*nnen aus Asien und aus dem Westen, die sich nicht mit Hirnforschung beschäftigt haben. Sie empfehlen, ein paar Übungen auszuprobieren und dann eine, die passt, vier, fünf Monate lang vier bis fünf Mal die Woche auszuführen. Das stimmt mit meiner Erfahrung in der Begleitung von Menschen auf dem Weg der Meditation überein, und das rate ich auch Neulingen: »Macht die Übung, die euch inspiriert, drei, vier Monate lang vier, fünf Mal die Woche für zehn bis dreißig Minuten.« Dann bekommt man ein Gefühl für die Übung und erlebt Momente, in denen man weiß: »Jetzt stimmt es.«

Die Hirnforschung spricht von etwa 10 000 Stunden Praxis, die man braucht, um Experte auf einem Gebiet zu werden, und das gilt für Handwerk und Kunst, für Politik und Wissenschaft genauso wie für die Meditation. Aber auch das ist eine allgemeine Aussage, die nicht unbedingt für den Einzelfall zutrifft. Ich habe in den letzten knapp vierzig Jahren im Schnitt eine Stunde pro Tag meditiert und komme also auf rund 15 000 Stunden Meditationspraxis. Es gibt Tage, da »weiß« ich genau, was Meditation ist, und an manchen Tagen denke ich, langsam dämmert mir, worum es eigentlich geht. Jedes System ist nach oben hin offen. Ich kenne keine einzige Profi-Künstlerin, keinen Handwerker, keine Wissenschaftlerin und auch keine Buddhist*nnen, die glauben, sie hätten »ausgelernt«. Sie alle wissen, dass unendlich viel mehr Erfahrungen möglich sind, und das ist wunderbar.

Was kann ich tun, wenn ich keine Lust zum Üben habe?

Zu Beginn inspiriert uns der Zauber des Anfangs, aber nach einer Weile lässt der Neuheitseffekt nach. Dann können uns nur Interesse und Entschlossenheit die Kraft zum Weitermachen geben. Beides hat mit unserer Motivation zu tun. Wer primär und möglichst schnell angenehme Gefühle – Ruhe, Frieden, Leichtigkeit usw. – sucht, wird nicht lange dabeibleiben, da solche Erfahrungen zwar möglich, aber nicht zu erzwingen sind.

Wir können von allem lernen, was wir seit Jahren mit Hingabe, und das heißt gerne, tun: wandern, joggen, singen, lesen, debattieren, fotografieren usw. Wir brauchen mindestens so viel Interesse an unseren inneren Prozessen, an der Dynamik von Ansichten und Einstellungen, reaktiven Emotionen und Verhaltensmustern wie an Beruf, Beziehungen und Hobbys. Die Klärung unserer Motive kann unsere Entschlossenheit stärken, aber meist brauchen wir in Zeiten des Zweifels und der Lustlosigkeit das Gespräch mit Menschen, die gerne und lange meditieren.

Wie stoppe ich den Machergeist?

Erwartungen sind das größte Hindernis auf dem meditativen Weg. Letztlich begreifen wir durch regelmäßiges Meditieren nämlich, dass wir alle wesentlichen Erfahrungen nicht