Millie auf Klassenfahrt - Dagmar Chidolue - E-Book

Millie auf Klassenfahrt E-Book

Dagmar Chidolue

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Beschreibung

Millie ist ganz furchtbar aufgeregt. Sie verreist nämlich zum ersten Mal allein – ohne Mama und Papa, dafür aber mit ihrer allerbesten Freundin Kucki und dem Rest der Klasse: Zusammen mit ihrer Lehrerin fahren die Kinder vier Tage auf die mittelalterliche Burg Grottenfels. Ein bisschen unheimlich ist es dort schon. Besonders weil die Türen knarren und die alte Ritterrüstung gruselige Schatten wirft. Zum Glück sind bei der Nachtwanderung alle ihre Freunde dabei. Und zum Glück schlafen Millie und Kucki in einem Zimmer. Dann kann Millie nämlich zu Kucki unter die Decke kriechen, wenn sie nachts Heimweh bekommt. Dort ist es so gemütlich und warm, dass Millie gar nicht mehr an zu Hause denken muss. Mit Millie erlebt man die schönsten Abenteurer – und Gitte Spee hat viele, viele farbige Bilder dazu gemalt!

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Seitenzahl: 156

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Dagmar Chidolue

Millie auf Klassenfahrt

Mit farbigen Bildern von Gitte Spee

FISCHER E-Books

Inhalt

Pest und CholeraKoffergeschichtenNix für kleine KinderRein in die gute StubeRitter RuppigBurgerDer HeulmichelMäusespeckFritziWühlmäuseHornissenDas AmeisenmännchenBrüllcremeMädchenkramEin lustiger AbendKlatsch, klatsch, pengStockdunkelDie MondnachtHarry Potter und Mister XUnd tschüs!

Pest und Cholera

In der letzten Schulstunde an diesem Freitag haben sie Sachkundeunterricht. Das kann langweilig werden. Wie letzte Woche, wo sie alles über Käferfamilien lernen mussten, über Waldmistkäfer, Punktkäfer und Hirschkäfer. Das sind die mit den Hörnern am Kopf, nee … mit den Geweihen.

Heute erzählt Frau Heimchen, Millies Lehrerin, ihren Schülern vom Mittelalter. Das ist doch schon sooooo lange her! Huah! Millie muss gähnen. Und weil es die letzte Stunde ist und sie sowieso schon müde wird, gähnt sie noch einmal, zweimal, dreimal. Huah! Huah! Huah! Sie kann gar nicht mehr aufhören damit.

»Langweile ich dich vielleicht, Millie?«, fragt Frau Heimchen mit scharfer Stimme.

Hups! Schlagartig ist Millie wieder hellwach. Bevor ihre Lehrerin noch damit droht, einen Text in ihr Merkheft zu schreiben! So eine blöde Mitteilung an die Eltern. Hat Millie schon ein paarmal gekriegt:

Millie ist eine große Schwätzerin.

Millie hat WIEDER EINMAL den Unterricht gestört.

Millie kann sich nicht konzentrieren.

Millie macht Quatsch.

Millie ist eine Quasselstrippe!

Hin und wieder kommt Frau Heimchen auch auf die Idee, Millie woandershin zu setzen. Weg von ihrer Freundin Kucki! Das geht schon mal gar nicht! Wenn die Lehrerin Anstalten macht, die beiden Freundinnen zu trennen, dann fängt die große Heulerei an. Bei beiden! Bei Millie und Kucki. Und Frau Heimchen seufzt und gibt ihr Vorhaben auf. Sie kann Heulerei nicht gut ertragen.

In dieser letzten Schulstunde macht die Klasse einen Streifzug durch das Mittelalter. So nennt die Lehrerin das. Streifzug! An der großen Wandtafel vorne hängt ein Bild von einer mittelalterlichen Stadt. Stolperstraßen, enge Gassen, dunkle Ecken. Die Leute haben damals ihren Müll einfach vor die Tür gekippt. Mann, muss das gestunken haben!

Im Mittelalter gab es aber auch hohe Herrschaften, die es besser hatten als die Bürger in der Stadt oder die Bauern auf dem Land. Das waren die Könige, die Fürsten und die Ritter. Die ließen Bürger und Bauern für sich schuften und residierten weit weg von dem Gestank in ihrem Schloss oder in einer Burg, wo ihre Burschen, die Knappen oder Pagen, sie von vorn bis hinten bedienen mussten. Die Ritter hatten allerdings auch was zu tun. Ihre Aufgabe war es, die Stadt zu verteidigen, wenn irgendwelche Feinde kamen, die ihnen Land und Leute wegnehmen wollten. Das waren die Kampfritter. Wenn kein Krieg war und sie auf der Burg bleiben konnten, vertrieben sie sich die Zeit mit Kampfspielen, um im Training zu bleiben. Sie kämpften gegeneinander mit Schwert, Pfeil und Bogen und mit Speeren. Nebenbei lernten sie ein bisschen lesen und schreiben. Und natürlich reiten. Singen und tanzen war auch nicht schlecht. Weil sie ja die Damen beeindrucken wollten!

Bezahlt wurden die Burgherren von den Bauern. Die mussten Getreide und Milch und Vieh abgeben, zum Beispiel ein Huhn. Wie viel genau, das wurde ausgerechnet. Es sollte immer ein Zehntel sein. Wenn sie nicht genug zusammenbekamen, waren die Bauern verpflichtet, zusätzlich auf den Feldern der Burgherren zu arbeiten. Und die Bürger, meistens Kaufleute und Handwerker, wurden ebenfalls zur Kasse gebeten, das heißt, die mussten auch einen Teil ihrer Einkünfte rausrücken.

Die Burg besteht aus einem düsteren Gemäuer. Gruselig! Wird bestimmt nicht so toll gewesen sein, dort zu hausen. Die armen Frauen und Mädchen, die in der Burg lebten, mussten wahrscheinlich den lieben langen Tag Teppiche knüpfen, Kopfkissen besticken oder Wolle spinnen.

»Die hygienischen Verhältnisse damals waren katastrophal«, fährt Frau Heimchen mit ihrem Streifzug fort.

Millie versucht, sich das vorzustellen: Wo gingen die Leute eigentlich aufs Klo? Wenn es so was überhaupt schon gab! Vielleicht mussten sie dafür aus dem Haus und in den Wald gehen. Oder es gab eine Jauchegrube hinterm Haus.

Und die Ritter? Die haben sich doch bestimmt keinen Busch gesucht, wenn sie mal … hmhmhmhmhm … wenn sie mal mussten. Ach so, die hatten oben im Turm einen gemauerten Vorsprung, in den sie verschwinden konnten. Und dann … plumps, plumps, plumps … rauschte alles durch einen Schacht in den Burggraben.

Millie kann sich gut was vorstellen. Deshalb ist sie auch nicht immer bei der Sache, wenn die Lehrerin mit ihren Streifzügen schon ein ganzes Stück vorangekommen ist.

Jetzt ist Frau Heimchen jedenfalls bei der Jauchegrube angelangt, wie das also funktionierte, wenn die Menschen damals mussten. Es funktionierte genau so, wie Millie sich das gedacht hat! Und weil es überall roch und stank und der ganze Dreck von den Leuten durch die Straßen floss, gab es viele Krankheiten. Und Ratten! Brrr!

»Pest und Cholera!«, ruft Mario einfach so in die Klasse hinein.

Und? Kriegt er nun einen Eintrag in sein Merkheft?

Mario ruft ungefragt in die Klasse hinein.

Mario muss lernen, sich zu melden.

Mario stört zum wiederholten Male den Unterricht.

Nee. Kein Eintrag. Millies Lehrerin reagiert sogar auf Marios Zwischenruf. »Also … Cholera, mein lieber Mario, gab es im Mittelalter noch nicht in Europa.«

»Aber man sagt das so!«, brummt Mario. »Vielleicht war es auch nur Schnupfen.«

Mario ist sooooo doof. Frau Heimchen erzählt das alles doch nicht nur wegen Schnupfen!

Die schlimmsten Krankheiten im Mittelalter waren Pest und Aussatz. Wer die Pest hatte, den Schwarzen Tod, der starb schnell. Wer aussätzig war, musste raus aus der Stadt und in ganz armen Verhältnissen leben, in einer Hütte oder in einer Felsenhöhle mit anderen Aussätzigen zusammen! Leute, die Mitleid mit den Kranken hatten, stellten ihnen hin und wieder eine Schüssel mit Rübensuppe oder Getreidebrei hin. Man durfte aber nicht in ihre Nähe kommen. Alle hatten große Angst, von einem Aussätzigen angesteckt zu werden. Die waren nämlich schlimm dran. Sie hatten Beulen im Gesicht und verkrüppelte Hände und Füße. Oje! Millie ist wieder ganz bei der Sache. Der Streifzug durchs Mittelalter ist doch spannend gewesen!

Schon ertönt der Pausengong, und zack, zack, zack werden die Schulsachen eingepackt.

»Halt!«, ruft Frau Heimchen. »Ihr wisst, dass wir nächsten Dienstag unsere Klassenfahrt antreten.«

Ja, ja, ja.

Die Lehrerin teilt noch Zettel aus. »Dieses Merkblatt müssen sich eure Eltern genau durchlesen. Und die Einverständniserklärung bitte unterschreiben.«

»Wer? Ich?«, fragt Millie.

Kucki stößt ihr den Ellbogen in die Seite. Als ob Millie eine freche Bemerkung gemacht hätte! Und die Lehrerin wirft ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. Na ja, hätte doch sein können!

Ab mit dem Zettel in den Rucksack. Reißverschluss zuziehen! Clip-Verschluss einrasten! Klickklack!

»Schönes Wochenende!«, ruft Frau Heimchen ihnen nach, als sie schon im Flur sind und die Schuhe wechseln. Weg mit den Clogs, den Crocs und den Schlappen! Rein in die Sneakers und die Sandalen. Feierabend!

Millie und Kucki gehen ein Stück gemeinsam nach Hause, bis zur nächsten Ecke. Dann … tschau, Baby!

Der doofe Mario muss zum Glück in die ganz andere Richtung. An Millies Seite traben nun Gus und Wulle, die bei ihr gegenüber wohnen. Auf der anderen Seite vom Wendeplatz.

Gus und Wulle sind ihre Freunde, Wulle immer und Gus nur manchmal. Gus und Wulle sind auch nicht immer gut befreundet. Es gibt Tage, da setzen sie mit ihrer Freundschaft aus.

Und was erzählen die sich jetzt? Ihre Klasse geht mit auf Klassenfahrt? Wieso denn das?

Wulle sagt: »Nur die Erstklässler kommen nicht mit. Alle anderen sind dabei. Hast du denn nicht zugehört?«

Hm, jedenfalls passt Wulle anscheinend immer im Unterricht auf.

»Und wir fahren mit zwei Bussen hin«, fügt er hinzu.

Moment, Moment! Heißt das etwa, dass Marios blöde Schwester auch mitfährt? Ach du Schreck! Mercedes ist eine eingebildete Ziege. Mit der will Millie gar nichts zu tun haben.

Wenn die mitfährt, ist Jocko ebenfalls dabei. Sie sind in derselben Klasse. Jocko ist in Ordnung. Aber der Uhu kommt dann auch mit! Und der nervt Millie. Schon seit ihrem ersten Schultag. Er ist nämlich hinter ihr her.

Puh! Sie alle sollen fünf Tage lang zusammen sein? Wenn das mal gutgeht!

Wo werden sie denn überhaupt untergebracht sein? Millie hat wohl wirklich nicht zugehört.

»In einer richtigen Gruselburg«, sagt Gus. »Damit du’s weißt.« Er zieht eine fürchterliche Grimasse und formt seine Hände zu Krallenpfoten, mit denen er vor ihrem Gesicht herumfuchtelt.

»Lass das!«, schnauzt Millie ihn an. Vor gruseligen Dingen hat sie Angst. Nie wieder würde sie zum Beispiel in eine Geisterbahn steigen. Da hat sie sich schon einmal fast in die Hose gemacht.

»Aber das mit der Burg stimmt«, sagt Wulle. »Das ist nämlich Burg Grottenfels. Und die ist echt aus dem Mittelalter.«

Mittelalter? Mit Pest und Cholera? Oder … wie heißt die andere Krankheit? Nee … nicht Schnupfen … Aussätzigkeit oder so … Aussatz.

»Jetzt ist die Burg nur noch eine Jugendherberge«, will Wulle sie beruhigen.

Aha, eine mittelalterliche Jugendherberge. Mit Grusel oder ohne? Mit Klo oder ohne?

»Mit Gespenstern«, sagt Gus. »Mit mittelalterlichen Gespenstern.«

Es muss zwar nicht immer alles stimmen, was Gus so von sich gibt, aber trotzdem macht Millie sich nun Sorgen. Wegen der blöden Schwester von Mario und dem Uhu und wegen der Klos. Muss sie dann auf der Gruselburg nachts rausgehen und sich einen Busch suchen?

Koffergeschichten

Auf dem Zettel, den Frau Heimchen ihren Schülern mitgegeben hat, steht drauf, was alles zur Vorbereitung der Klassenfahrt erledigt werden muss.

Die Eltern sollen damit einverstanden sein, dass zum Beispiel bei … bei was? … bei sehr widrigem Wetter unter Aufsicht ein Schwimmbad besucht werden kann. Warum? Weil Millie ruhig nass werden darf?

»Quatsch«, sagt Mama, und Millies kleine Schwester Trudel, die gerade in den Kindergarten gekommen ist, wiederholt das Wort: »Quatsss.« Und wieder und wieder: »Quatsss, quatsss, quatsss.« Sie lispelt noch ein bisschen. Quatschwörter machen ihr großen Spaß.

»Quatsss, quatsss, quatsss.«

»Jetzt reicht’s«, sagt Mama, und Millie hält der kleinen Schwester die Hand vor den Mund. Trudel versucht, sie zu beißen. Ey!

Mama hat sich das Merkblatt der Lehrerin geschnappt. Aha: Millie darf nur in tieferes Wasser, wenn sie das Seepferdchen hat.

Hat sie.

Wichtig ist auch noch, dass Millie keine ansteckenden Krankheiten hat.

Schnupfen vielleicht?

Hat sie nicht.

Muss sie Medikamente einnehmen?

»Gummibärchen«, sagt Millie. Weil die meisten Krankheiten schnell verschwinden, wenn man Gummibärchen lutschen darf!

»Ich auch!«, brüllt Trudel. »Ich auch!«

Die kleine Schwester hat alles falsch verstanden.

Mama und Papa müssen sich auch verpflichten, Millie abzuholen, wenn sie gegen die Weisungen der Aufsichtspersonen verstößt oder krank wird.

»Was sind ›Weisungen der Aufsichtspersonen‹?«, fragt sie.

»Ganz einfach«, erklärt Papa. »Was Frau Heimchen sagt, das wird auch gemacht.«

Sowieso! Aber nicht immer!

Gameboys dürfen nicht mitgenommen werden. Handys können mit, dürfen jedoch nicht immer benutzt werden. Aber Fotoapparate sind erlaubt.

Sonst noch was?

Nein!

Unterschrift! Papa links, Mama rechts.

»Seid ihr auch meine Aufsichtspersonen?«, will Millie wissen.

»Wie kommst du denn darauf?«, fragt Papa verdutzt.

»Na, weil ich auch immer das machen muss, was ihr sagt.«

Papa und Mama rufen wie aus einem Mund: »Haha!« Und Mama fügt hinzu: »Wir sind deine Erziehungsberechtigten.«

Und was ist der Unterschied?

Papa sagt: »Uns hast du länger an der Backe als deine Lehrerin.«

Darüber wird Millie mal nachdenken. Und überhaupt gibt es viel zu planen. Wie viele Klamotten sollten auf so eine Klassenfahrt mitgenommen werden? Und … welche? Mercedes wird sich bestimmt mit ihren tollsten Sachen ausstaffieren. Die hat sogar Stiefel, die reichen bis über die Knie! Und buntbedruckte Leggings und Spitzen-Tops, die man zur Weihnachtsdisco anziehen kann!

Millie soll ihre Wanderschuhe mitnehmen. Vielleicht auch noch die Gummistiefel? Falls sie so einen blöden Matsch-Spaziergang machen müssen?

Für die Reise braucht Millie einen Koffer. Aber den Regenbogen-Koffer, in den sie sich gleich verknallt hat, bekommt sie nicht. Es soll ein praktischer Rucksack sein. Mama und Papa bestehen darauf. Weil sie ihre Sachen einfach reinstopfen und in den vielen, vielen Extrataschen Kleinigkeiten unterbringen kann. Okay, okay … das Wort reinstopfen hat Millie überzeugt. Sie ist nämlich nicht gerade die Ordentlichste.

Der Rucksack ist an den Schulterriemen gepolstert und liegt mit ebenso weichen Gurten auf der Hüfte. Und es ist ein Wolkenrucksack! Lila Wolken vor blauem Himmel. Schööööön!

Am Tag vor der Klassenfahrt packt Millie ihren Rucksack. Trudel, die kleine Schwester, liegt bäuchlings auf dem Boden und schaut zu.

Millie stopft Unterwäsche, Socken, einen Schlafanzug und ein paar T-Shirts in den Rucksack.

»Und noch einen Pulli!«, ruft Mama. »Und eine zweite Hose!«

Na schön.

»Und Seife und Zahnbürste!«

Na schön.

»Und eine Regenjacke!«

Pfff … Millie schaut aus dem Fenster. Das Wetter ist doch herrlich, sonnig, warm.

»Und eine Regenjacke!«, ruft Mama noch einmal. Als ob sie Millies Gedanken lesen könnte.

»Es passt nichts mehr rein!«, ruft Millie zurück.

Trudel sagt: »Und eine Hegenhacke.«

»Was?«

»Hegenhacke!«

Mama kommt herein. Sie erklärt, dass Millie die Jacke seitlich vom Rucksack mit einem Gurt befestigen kann. Dafür ist der nämlich da.

Jetzt ist’s aber gut. Ach … und das kleine Portemonnaie für das Taschengeld!

Pflaster und Mückenstich-Salbe wird doch wohl Frau Heimchen dabeihaben. Oder der Lehrer, der auch noch mitfährt. Das ist der Mathe-Lehrer der Klasse, in die Jocko und Mercedes gehen. Und der Uhu.

Eine Erzieherin aus dem Hort, in dem einige Schüler nachmittags betreut werden, ist die dritte Begleitperson. Das ist Vera. Die ist vielleicht ein Brocken! Groß und wuchtig wie ein Walross. Millie kennt sie vom Kinder-Faschingszug und hat das Gefühl, dass man sich vor dieser Vera lieber in Acht nehmen sollte. Wenn die einen anpustet, dann kippt man doch sofort aus den Latschen.

Und außerdem ist noch die Mutter vom Uhu dabei. Komisch, dass die nett zu sein scheint. Wieso hat die nur so einen nervigen Sohn? Immer hinter Millie her! Immer hinter ihr her!

Und dann ist der Tag gekommen, an dem sich alle Schüler auf dem Platz vor der Schule einfinden müssen. So früh morgens, dass man nicht den kleinsten Bissen runterkriegt. Nur ein paar Schluck Pfefferminztee.

Papa wird sie zum Bus begleiten. Küsschen, Küsschen, Mama! Küsschen, Küsschen, Trudel!

Die kleine Schwester wehrt ab und flitzt in ihr Zimmer. Sie kommt mit ihrem blauen Kuschelhasen zurück. »Da!«, sagt sie.

Was? Millie soll den Plüschhasen von Trudel mit auf Klassenfahrt nehmen? Ihren Lieblings-Einschlafhasen? Das hat Millie von ihrer kleinen Schwester nicht erwartet. Nie im Leben! Sie guckt Mama ratlos an.

»Na, nimm ihn schon mit. Trudel will sicherlich, dass du Tag und Nacht an sie denkst.«

Erstens will Millie das gar nicht. Sie hat auf dieser Reise bestimmt anderes zu tun. Und zweitens würden sie die Mitschüler auslachen, wenn sie mit einem Kuscheltier ankommt. Und dazu noch mit einem blauen Plüschhasen, der Fritzi heißt.

Doch Trudel meint es ernst. Sie gibt dem Hasen noch ein Küsschen. »Sssüss Fitssi!«, sagt sie und übergibt ihn einfach so an Millie.

Respekt!

Einen Moment lang überlegt Millie, ob sie Fritzi in der Seitentasche vom Rucksack unterbringen soll. Aber dann wüssten alle Mitschüler gleich Bescheid. Also noch einmal … alles auspacken, Fritzi ganz unten hineinpfeffern und die Klamotten wieder reinstopfen, die Seife und die Zahnbürste. Und das kleine Portemonnaie für das Taschengeld!

Geschafft! Und los geht’s.

Die beiden Reisebusse warten bereits vor der Schule. Was für ein Gewusel! Schon von weitem sieht Millie das Reisegepäck von Gus und Wulle. Sie haben Rollkoffer bei sich. Der von Wulle ist über und über mit Flugzeugsticker beklebt, und der Koffer von Gus hat ein Schachbrettmuster.

»Kann man darauf Dame spielen?«, fragt Millie.

»Nö«, sagt Gus.

»Oder Schach?«

»Nö.«

»Welchen findest du besser?«, fragt Wulle Millie. »Meinen oder den von Gus?«

Wenn sie jetzt sagt, dass der Koffer von Gus zwar größer ist, aber der Flugzeugkoffer von Wulle schicker, dann kriegt sie vielleicht noch eine reingedonnert. Wenn sie sagt, dass der von Wulle zwar schön bunt ist, aber der Schachbrettkoffer von Gus praktischer, da er vier Rollen statt zwei hat, dann ist Wulle beleidigt und spricht drei Tage nicht mit ihr.

Millie sagt deshalb: »Ich glaube, wir dürfen in den Bus einsteigen.«

Die Jungs drehen sich um, und schon ist sie aus dem Schneider.

Millies Freundin Kucki muss ihre Reisetasche leider schleppen, weil die nur einen Trageriemen hat. »Meine Tasche ist aus reinstem Leder«, sagt sie, als ob das was Tolles wäre. Sieht aber bescheuert aus, Kucki!

O nein: Die blöde Ziege Mercedes besitzt auch einen Wolkenrucksack. Nicht in Lila-Blau, sondern in Grau-Orange. Ist trotzdem bescheuert, und Mercedes guckt Millie deswegen auch schon schief von der Seite an. Mercedes denkt immer, sie ist was Besonderes. Schon, wie sie heute wieder angezogen ist, mit silberweißer Blousonjacke. Mann, die glitzert ja!

Eigentlich könnte Papa jetzt abhauen. Er steht einfach nur da, mit vor der Brust verschränkten Armen. Der will doch wohl nicht warten, bis alle eingestiegen sind und die Busse abfahren? Vielleicht noch winke, winke machen? Papa, das wäre peinlich. Aber er steht da wie ein Baum.

Nix für kleine Kinder

Zuerst wollen alle Schüler in den vorderen der beiden Busse stürzen.

»Moment!«, ruft der Mathe-Lehrer. »Moment! Moment! Ihr werdet gleichmäßig auf die Busse verteilt. Wie viele seid ihr denn?«

Millie ruft: »Dreiundzwanzig!«

»Alle zusammen?«

Ist er blöd? Das kann doch ein Blinder mit Krückstock sehen, dass jede Klasse ungefähr zwanzig Schüler hat, ungefähr. Und drei mal zwanzig ist … Na, Herr Mathe-Lehrer? Das können ja schon Zweitklässler locker rechnen.

»Wie viele Schüler sind denn in deiner Klasse?«, fragt die Uhu-Mama ihren Sohn.

»Öhhh … fünfundzwanzig.«

Und Wulle meldet einundzwanzig Schüler.

Der Mathe-Lehrer rechnet und rechnet. Und er darf nicht die Aufsichtspersonen vergessen! Dazu gehört er auch selber.

Aber er kann Mathe. Klar.

»Jeder Bus hat vierzig Sitze«, sagt er. »Also sechsunddreißig Leute in jeden Bus.«

»Einer bleibt dann über«, sagt Jocko.

Mann, kann der schnell rechnen!

»Ja«, sagt der Mathe-Lehrer und kratzt sich am Kopf. »Schade, dass ein Rest überbleibt.«

Rechnen mit Rest hat Millie noch nicht gehabt.

Und was machen sie jetzt? Vielleicht muss der Rest zu Hause bleiben. Ist jemand freiwillig der Rest?

Millie blickt sich um. Keiner meldet sich. Natürlich nicht.

Der Mathe-Lehrer hat eine Idee. »Ich warte mal ab«, schlägt er vor. »Und dann suche ich mir aus, in welchen Bus ich steige. Das ist doch fair. Oder?« Ein wenig verlegen guckt er aber schon.

Frau Heimchen sagt schnell: »Das ist eine gute Idee, Herr Kollege.«

Da grinst der Lehrer mit einer Seite. Sonst sieht er eher ein bisschen steif aus oder besser … stramm. Er trägt eine dunkle Jacke, die mit zwei Knopfreihen bestückt ist. Die Knöpfe glitzern ein wenig. Silbern!

Der Mathe-Lehrer kontrolliert, dass auch ja keiner zu viel in die Busse einsteigt. Eine Klasse muss sich teilen, die eine Hälfte hierhin und die andere Hälfte dorthin. Zum Glück sitzt Millie nicht mit Gus und Wulle im selben Bus. Dafür ist der Uhu dabei. Hoffentlich sucht er sich einen Platz aus, der weit weg ist von Millie und Kucki. Dass die beiden Mädchen zusammensitzen, ist doch wohl klar.