Ricki und Rosa und der Räuberdieb - Dagmar Chidolue - E-Book

Ricki und Rosa und der Räuberdieb E-Book

Dagmar Chidolue

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Beschreibung

Ricki und Rosa als Detektive Die Ereignisse überschlagen sich! Nicht nur bei Rickis Freundin Lin, sondern auch in seiner Schule ist eingebrochen worden! Gemeinsam mit seiner Schwester Rosa und seinen Freunden spürt Ricki dem Räuberdieb nach. Polizist Rothaar meint zwar, dass er auch ohne die Hilfe der Kinder auskommt, aber da hat er sich gründlich getäuscht.

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Dagmar Chidolue

Ricki und Rosa und der Räuberdieb

(2. Band)

Mit Bildern von Susanne Göhlich

Fischer e-books

Bärchen, Lämmlein und Herr Maus

Erst vor einer Weile ist Ricki umgezogen. Mit Papa, Mama und seiner Schwester Rosa wohnt er jetzt in der neuen Umgebung, direkt am Dreiecksplatz. Schön ist es hier. Der Platz ist von hohen Bäumen umgeben. Oft hopsen Eichhörnchen durch das Geäst. Mama meint, die Bäume seien Linden. Jetzt, im späten Herbst, tragen sie allerdings nur noch wenige buntverfärbte Blätter. Deswegen ist sie sich nicht ganz sicher. Mamas müssen viel, aber auch nicht alles wissen.

In der kurzen Zeit, in der sie hier wohnen, ist schon viel passiert. Zum Beispiel das mit der Hexe Drudine, die bis vor ein paar Tagen im Haus nebenan gewohnt hat und jetzt in einem Heim lebt. Ihretwegen war Ricki letzte Woche für einen kurzen Moment ein richtiger Held. Und beinahe hätten sie auch einen Hund gehabt. Den Lausehund von der Hexe Drudine. Aber dafür braucht man gutes Wetter und Zeit. Zeit hat niemand in der Familie, weil immer so viel los ist, Arbeit und Schule und noch so was alles. Wer sollte dann mit dem Lausehund Gassi gehen?

Das Haus von der Hexe steht nun leer. Aber vielleicht wird es auch von der bunten Katze bewohnt. Die hat ihren Stammplatz auf der Mauer zwischen beiden Häusern. Trotzdem muss sie ja irgendwo ein Zuhause haben. Oder die Katze ist eine gute Mäusefängerin. Obwohl sie nur ein Auge hat!

Auf dem Dreiecksplatz vor dem Haus gibt es einen Spielplatz, und der ist nachmittags der Treffpunkt für Ricki und seine Freunde aus der zweiten Klasse. Na ja, es kommen hin und wieder auch die Knilche aus der dritten Klasse dazu. Das ist die Clique von Rosa.

Rickis Freunde sind Selina, Jaro, Socke und Leonie Himbeer. Es wäre schön, wenn er Leonie als seine beste Freundin bezeichnen dürfte. Sie ist sehr süß, jedoch außerordentlich schüchtern. Und wenn Ricki ehrlich sein soll … in Gegenwart von Leonie Himbeer ist er meistens ebenso stumm. Ricki freut sich aber auch immer, wenn er die kleine Lin sieht, die eigentlich zu seinem früheren Leben in seiner alten Schule gehört.

Die Knilche aus der dritten Klasse heißen Deywitt und Beule. Beule … häh, häh … den Namen hat Ricki ihm verpasst.

Leider hat Rosa für ihren Bruder auch einen Spitznamen parat und die dämliche Angewohnheit, ihn oft so zu nennen. Vor allen Leuten! Wegen seiner etwas schmal zulaufenden Ohrmuscheln nennt sie ihn Spitzohr. Ricki Spitzohr! Zum Glück hat das noch niemand übernommen.

Heute treffen sich alle erstmal auf dem Schulhof in der großen Pause. Sie haben immer viel zu erzählen und abzusprechen, und es geht ziemlich durcheinander. Es dauert, bis sie geklärt haben, ob sie sich am Wochenende sehen können. Heute ist Freitag. Freitags hat Deywitt nachmittags Geigenunterricht.

Und Beule?

»Ich mach Jiu-Jitsu.«

Noch jemand interessiert sich neuerdings für dieses Jiu-Jupsi.

Rosa!

Rickis Schwester, die bloß ein Jahr älter ist als er, hat nicht nur eine große Klappe, sondern will auch sonst noch groß und stark sein.

Das mit dem ein Jahr älter stimmt noch zwei Wochen lang. Ab dann ist sie leider zwei Jahre älter als Ricki. Aber nur für neun Monate!

»Wir können uns ja heute Nachmittag auf unserem Platz treffen«, schlägt Jaro vor. Der hat noch nicht geschnallt, dass der Freitagnachmittag nie geht. Nicht mit allen zusammen.

Jaro hat zusammengewachsene Augenbrauen, das sieht witzig aus. Das sieht aus wie bei Bert. Bert von Ernie und Bert.

»Nee, ich habe ja Geigenunterricht«, wirft Deywitt ein.

Und Beule hat Sport.

»Und morgen? Am Samstag?«

»Samstag geht nicht«, sagt Selina. »Ich helfe Papa.«

Ihr Vater hat den Obststand in der Einkaufsstraße, und Selina begleitet ihn an den Samstagen schon früh zum Großmarkt. Und danach hilft sie ihm am Stand beim Einpacken der Orangen oder so.

»Frierst du dir am Stand nicht die Flossen ab?«, fragt Socke.

»Nee«, sagt Selina. »Wärmepilz.«

Ach, so ’n Heizstrahler?

Selina redet nicht viel. Sie isst lieber. Am liebsten süßes Honiggebäck. Manche würden sagen, Selina ist dick. Macht nichts. Sie stellt was dar. Wenn sie spricht, kann sie es in zwei Sprachen. Selina hat nachmittags zweimal in der Woche muttersprachlichen Unterricht. Auch freitags.

Also gibt es heute kein Treffen. Deshalb wird Ricki mit zu … wie heißt das noch mal? … zu Jiu-Jupsi gehen. Mal gucken, wie Rosa auf die Matte knallt.

Jetzt haben sie sich auf dem Schulhof aber verschnattert. Frau Perez und auch Rosas Lehrer, Herr Augsburger, stehen bereits ungeduldig auf der Treppe zum Haupteingang.

»Na, hört mal …«, sagt Rickis Lehrerin und macht ein gequältes Gesicht. Dabei ist sie gar nicht so. Sie ist sehr, sehr nett. Sie schauspielert jetzt. Sie verdreht dabei ihre dunklen Murmelaugen, als wäre sie über ihre Schüler entsetzt.

Nun flitzen aber alle los und die Stufen hinauf.

»Erster!«, ruft Beule, als wäre es ein Wettlauf.

Herr Augsburger schüttelt den Kopf. »Meine lieben Freunde …« Auch er lässt den Satz in der Luft hängen.

Inzwischen wissen alle, dass Herr Augsburger ständig verliebt ist. Ricki und Rosa haben ihn schon mal in einem Restaurant mit einer Frau erwischt. Er hat mit ihr Händchen gehalten, quer über den Tisch, und das kann ja gar nicht seine Frau gewesen sein. Mann und Frau verheiratet brauchen nicht Händchen zu halten. Die kennen sich ja schon.

Jetzt holt ihn manchmal eine andere Frau am Schultor ab. Sie gehen fünf Schritte die Straße hinunter, und dann küssen sie sich, aber lange, lange! Wenn man geheiratet hat, dann küsst man sich draußen nicht lange, nur ein Mal, so … schmatz. Das weiß Ricki ganz genau!

Rosa und die Knilche aus der dritten Klasse müssen nun ein Stockwerk höher. Ricki und seine Freunde haben ihren Raum unten im Erdgeschoss.

Keine Zeit, nach dem Gerenne am Ende der Pause richtig zu verpusten. Frau Perez legt nämlich gleich los mit den Stöpselkarten. Ricki schaut vorsichtshalber noch auf die alten Arbeitsblätter.

Puh:

Beerenfrüchte, Fruchtfleisch, Fruchtwand,

Sammelfrüchte, Einzelfrüchte, Samenkerne

Und was ist Obst oder Gemüse?

Stöpsel das mal richtig ein, Ricki Spitzohr!

Bei der Stöpselei hat Selina gewonnen. Mann, die weiß wirklich alles über Obst und Gemüse!

Klasse!

Ricki muss bei den Tomaten passen. Keine Ahnung, wozu die gehören. Wäre es ein Fehler, die Tomaten einfach wegzulassen, Frau Perez?

Tatsächlich?

Scheibenkleister!

Und Zwiebeln können eigentlich kein Gemüse sein. Oder? Zwiebeln sind ja zum Heulen!

Dann ist aber endlich Schulschluss.

Juhu! Wochenende!

Soll Ricki nun auf seine Schwester warten, damit sie zusammen nach Hause gehen können?

Ach, da ist sie schon.

»Tschau, tschau, Baby«, ruft Beule ihr nach.

Was? Tschau, tschau, Baby?

Der hat sie wohl nicht alle!

Lässt Rosa sich das gefallen?

Ja.

Die hat sie wohl nicht alle!

Herr Augsburger hat mit den Schülern das Schulgebäude verlassen. Am Tor wartet wieder diese Frau auf ihn.

»Hallo, Bärchen«, sagt sie und will ihn küssen.

»Hallo, Lämmlein«, sagt er und schaut sich um. Ob auch keiner guckt. Aber alle gucken. Da bietet er ihr nur seine Wange an. Schämt er sich inzwischen? Küssen ist doch nicht verboten, küssen ist nur doof. Socke sagt im Vorübergehen: »Die Rose riecht, die Liebe sticht, Vergissmeinnicht!«

Ey, das ist cool!

Aber Herr Augsburger, das Bärchen, hat es wohl nicht gehört. Und so trotten Ricki und Rosa jetzt nach Hause. Ist nicht weit. Zweimal über die grüne Fußgängerampel, rechts am Dreiecksplatz vorbei … da ist schon ihr gelbes Haus.

Beide kämpfen ein wenig, wer es schafft, die Klingel zu drücken. Es ist nicht ganz klar, wessen Finger unten oder oben ist. Egal. Mama fragt gar nicht, wer da ist. Sie weiß, dass die Schule aus ist und ihre Kinder hungrig nach Hause kommen.

Im Treppenhaus kommt ihnen von oben Herr Mi-Ma-Mause-Maus entgegen. Er nimmt immer zwei oder drei Stufen auf einmal.

»Guten Tag, Herr Maus.«

»Guten Tag, Ricki, guten Tag, Rosa.« Und schon ist er mit wenigen Sätzen aus dem Haus und verschwunden.

Herr Mi-Ma-Mause-Maus ist sehr sportlich. Der kann gar nicht langsam laufen. Er gehört nämlich zum Eff-Zeh-Eintracht-Bayern oder so. Bundesprimaliga! Da ist er bestimmt Stürmer oder Torschießer oder beides zusammen.

Mama steht schon oben an der Wohnungstür und wartet. Sie hat ihre Arbeit nur kurz unterbrochen, denn ihre PC-Kiste ist noch an.

Mama ist von Beruf Stuhlhocker. Sie sitzt nämlich immer am Schreibtisch und kann von dort aus am Computer arbeiten. Sie nennt den PCKiste. Und mit der Kiste kann sie das, was sie vormittags geschafft hat, wegschicken. Ohne Postmann. Online. Onnlain heißt das!

Manchmal erhebt sich Mama aber von ihrem Stuhl. Wenn sie, bevor Ricki und Rosa nach Hause kommen, eine Suppe warm macht oder eine Handvoll Nudeln kocht. Richtig gegessen, also mit allem Drum und Dran, mit Salat und Gemüse, wird immer abends. Wenn Papa da ist. Dann geht’s richtig rund, mampf, mampf.

Heute gibt es Erbsensuppe. Ricki wird also den Speck rausfischen müssen. Und die Zwiebeln. Das weiß er jetzt schon.

Die Erbsensuppe ist aber lecker, und Ricki findet auch nur ein kleines Stückchen Speck, das er an den Tellerrand legt. Die Zwiebeln sind zerkocht.

»Hast du viele Hausaufgaben zu machen, Hasilein?«, will Mama von Ricki wissen.

Hasilein!

»Gar keine«, sagt Ricki.

»Und du, Rosaschätzchen?«

Rickis Schwester stöhnt. »Mami! Übers Wochenende gibt es doch nie was auf!«

»Stimmt, stimmt«, sagt Mama. »Ist denn schon wieder Freitag?«

»Und du musst mich zum Sport fahren«, fügt Rosa noch hinzu.

»Dass du ausgerechnet so einen Kampfsport machen willst!« Mama hat sich mit der Idee noch nicht anfreunden können.

»Es ist nur Selbstverteidigung«, erklärt Rosa.

»Ich weiß, ich weiß.« Aber Mama sieht wenig überzeugt aus. »Ihr habt euch beide so was Komisches ausgesucht.«

»Jiu-Jitsu ist nicht komisch.« Rosa wird richtig laut.

»Schon gut«, beruhigt Mama sie. »Ich dachte nur, dass man größer dafür sein sollte. Oder älter.«

»Jugendlich?«

»Ja, genau.«

»Ich bin schon fast jugendlich«, sagt Rosa.

Mama hält sich schnell die Hand vor den Mund, um ihr breites Lächeln zu verbergen. Aber Ricki sieht das trotzdem ganz genau.

Er hat sich nach Mamas Meinung auch einen komischen Sport ausgesucht.

»Ich dachte, für Basketball muss man zwei Meter groß sein«, hat sie angemerkt.

Ricki wird sowieso zwei Meter dreizehn. Und den Auffangkorb für den Ball kann man doch auch tiefer hängen.

Mama hat nachgegeben, und Papa fand es sowieso gut, dass sich seine Kinder aktiv betätigen. Aktiv! Das hat er gesagt. Dabei geht Rosa nur zu Jiu-Jupsi, weil Beule in dem Verein ist. Nicht weil sie in ihn verknallt ist, das nicht, sondern weil sie Beule ebenbürtig sein will. Ebenbürtig! Das hat Rosa gesagt. Aber notfalls könnte Rosa mit Jiu-Jupsi jedem eine schallern, wenn ihr einer blöd kommen wollte. Oder frech wird.

Schon schlägt die Uhr von der Felsenkirche drei Mal.

»Also los, Kinder«, fordert Mama beide auf. »Es wird höchste Zeit.«

Rosa ist empört. Sie zeigt mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Ricki.

»Der geht doch wohl nicht mit!«

Doch, der geht mit!

»Aber du hältst dabei voll die Klappe, Ricki Spitzohr!«

Scheibenkleister!

Auf die Matte

Rosa packt ihre Sachen zusammen. Vielleicht will sie Jiu-Jupsi auch nur mitmachen, weil sie dafür einen Extrasportanzug braucht, so eine Art Schlafanzug.

»Sag bloß nicht Schlafanzug dazu!«, warnt sie ihren Bruder nun schon das zweite Mal.

»Schlafanzug!« Jetzt sagt er es erst recht.

Rosa zieht ein grimmiges Gesicht und kommt mit geballten Fäusten auf ihn zu.

»Mama!«

Mama will nichts hören.

Aber Ricki weiß sowieso, dass seine Schwester ihn nicht verprügeln darf. Und wenn sie Jiu-Jupsi kann, schon gar nicht. Papa hat nämlich darauf bestanden, dass sie sich erst durchliest, um was es bei der Sportart geht: höflich sein, Respekt vor dem anderen haben und nicht drauflosschlagen. So ähnlich jedenfalls. Und jetzt weiß sie hoffentlich Bescheid.

Ricki versucht, im Treppenhaus mehrere Stufen auf einmal zu nehmen, genauso wie Herr Mi-Ma-Mause-Maus.

»Lass das, Ricki!«, ermahnt Mama ihn. »Und halt dich am Geländer fest! Ein gebrochener Knöchel würde mir gerade noch fehlen.«

Rosa hüpft runter.

»Lass das, Rosa! Und halt dich am Geländer fest!«

Mama will immer besonders gut auf ihre Kinder aufpassen. Aber schau dir doch mal an, wie Herr Mi-Ma-Mause-Maus jetzt die Treppe hochsprintet!

»Der ist ja auch Sportler«, gibt Mama zurück.

Von heute an sind Ricki und Rosa aber auch Sportler. Das sollte Mama langsam mal begreifen.

Vor lauter Ermahnungen hat Mama nicht auf die letzten Stufen geachtet, und am Geländer festgehalten hat sie sich schon gar nicht. Sie knickt um und kann sich erst im letzten Moment auffangen.

»Seht ihr, was ich meine?«, fragt sie.

Ja, Mama, aber Ricki und Rosa müssen trotzdem grinsen.

»Ja, macht euch nur über mich lustig«, sagt Mama, aber dann lacht sie selber.

Werden sie jetzt zu spät zur Übungsstunde kommen? Rosa muss sich in der Turnhalle ja auch noch umziehen.

Doch Mama schafft es, sich mit dem Auto durch den bereits beginnenden Berufsverkehr auf Schleichwegen bis zum Sportverein durchzumogeln.

Während Rosa sich umzieht, betreten Mama und Ricki schon die Halle. Natürlich haben sie die Schuhe ausgezogen und laufen auf Socken über das Zickzack-Parkett.

Ricki setzt sich auf die Bank, und Mama unterhält sich mit dem Übungsleiter.

Das ist ein Übungsleiter? Der Trainer? Der ist ja schon so alt wie der Wald! Thomas heißt er.

Er trägt auch so einen hellen Schlafanzug. Und er hat einen schwarzen Gürtel umgebunden. Ein schwarzer Gürtel ist so was wie die Krönung beim Jiu-Jupsi. Wenigstens wie ein Ritterschlag.

Rosa fängt mit einem weißen Gürtel an. Weiß ist keine Farbe. Weiß ist nichts.

Thomas muss Rosa, die sich nun in ihrem Schlabberanzug vor den Trainer hingestellt hat, sogar zeigen, wie der Knoten im Gürtel geschlungen wird. Nicht mal das kann sie!

Ach, und da ist ja auch Beule! Er hat einen Mischmasch-Gürtel, weiß, gelb, weiß. Das ist fast nichts.

Ob Rosa je einen schwarzen Gürtel bekommen wird? Den Ritterschlag?

Beim Basketball bekommt man keine Gürtel, sondern nur Boxer-Shorts.

Scheibenkleister!

Aber manchmal sind die Shorts auch mit Glanz und Glitzer verziert. Sie haben allerdings einen ziemlich blöden Namen: Dazzle shorts.

Dazzle hört sich dusselig an, däsell, und so sehen die kurzen Hosen eigentlich auch aus. Doch dafür könnte dann auf den Oberteilen was Tolles stehen, was mit Loss-Ändscheles oder Schikago. Und klasse Turnschuhe gibt es beim Basketball sowieso. Hier, bei Jiu-Jupsi, laufen alle barfuß herum. Manche mit dreckigen Fußsohlen.

Inzwischen sind sämtliche Schlafanzug-Kinder in die Halle gekommen. Sie legen dicke Matten auf den Boden, in Grün und in Rot, und zwar so, dass sie nicht verrutschen können. Dann scheucht Thomas seine Schlafanzug-Leute ganz schön herum: »Laufen, laufen, laufen!«

Erst alle nach links um die Hallenmitte, dann alle rechts herum. Ein paar ganz schöne Mädchen sind auch dabei. Und ein kleiner, dicker Junge: Ole. Dem hängt ja schon die Zunge aus dem Hals.

»Gehen!«

Ricki sieht, dass Rosa froh ist, dass das Gerenne ein Ende hat.

Aber nein!

»Laufen, laufen, laufen!«

Dann: Arme kreisen lassen, Liegestütz, Beine stoßen, Hände treffen, Liegestütz und rauf und runter, rauf und runter, recken, strecken, Rundmühle und Popo in die Luft.

Wann geht es denn endlich mit dem Jiu-Jupsi los?

Jetzt.

»Auf die Matte, bitte!«

Es ist gut, dass immer zwei Matten umgekehrt gegen zwei andere gelegt wurden, zwei kurze Seiten gegen eine lange. Deshalb kann man nicht auf die Ritzen knallen. Wenn man hinknallt! Und hinknallen tun die hier! Und wie! Das wird sogar ausgiebig geübt.

Mann, die machen ja lauter Purzelbäume. Und das soll Sport sein? Das ist doch Kindergarten!

Nee, Ricki, das ist Jiu-Jitsu.

»Und das Atmen nicht vergessen«, ermahnt Thomas seine Schüler.

Kann man das überhaupt?

Rosa hatte es wohl eine Weile vergessen. Ricki kann jetzt ihren Schnaufer bis zu sich herüber hören.

Nach den Purzelbäumen sind andere Fallübungen an der Reihe. Aha! Jetzt versteht Ricki das. Sollte jemand Rosa ein Bein stellen, dann weiß sie in Zukunft, wie sie auf den Boden purzelt, ohne sich wehzutun. Und vom Zugucken lernt Ricki das ebenfalls.

»Über die Schulter abrollen!«

Ach, so geht das! Der dicke Ole aber rollt immer über den Popo ab. Ist das denn auch erlaubt?

Nein.

Er muss noch üben, üben, üben.

Pause!

Die Schlafanzug-Kinder müssen nun was trinken.

Rosa kommt hechelnd angeschlurft. Sie ist bereits fix und fertig. Die Schwester schnappt sich die Trinkflasche und säuft wie ein Kamel. Ohne abzusetzen.

Mama unterhält sich mit Thomas. Sie weiß nämlich nicht, ob sich Rickis Schwester eines Tages überschätzt und denkt, dass sie wer weiß wie stark ist und jedem, der ihr blöd kommt, ein Bein stellen wird. Sie befürchtet, dass die Jiu-Jupsi-Rosa irgendwann meint, sie bräuchte vor nichts und niemandem mehr Angst zu haben. Schon jetzt hat sie sich vor den dicken Ole gestellt und zeigt ihm die geschlossene Faust. Will sie ihm Angst machen?

Ole schaut sich ihre Faust an. Dann zeigt er ihr einen Vogel und zieht ab.

»Das Gegenteil von keine Angst haben ist richtig«, erklärt der Trainer Mama. »Angst haben ist gut. Angst macht vorsichtig. Man sollte der Gefahr aus dem Weg gehen.«

Ja, wenn zum Beispiel ein Löwe kommt. Ricki würde dann ganz schnell auf einen Baum klettern.

»Aber wenn man nicht flüchten kann, dann kann Angst auch stark machen. Und ein paar richtige Griffe und Tricks können hilfreich sein.«

Das mit der Angst muss Ricki mal Papa sagen. Vor nichts und niemandem Angst zu haben ist manchmal nicht gut. Denn wenn der Löwe kommt …

»Vor allen Dingen bekommen die Schüler Selbstbewusstsein«, fährt Thomas fort. »Und sie lernen auch, Konflikte friedlich zu lösen.«

Nicht immer gleich losmeckern, Rosa! Wenn Ricki zum Beispiel in dein Zimmer möchte.

Super, dass jemand Rickis Schwester endlich auch mal beibringt, wie man höflich ist. Sie muss ihren Gegner begrüßen. Mit Verbeugung.

Ja, merk dir das, Rosaschätzchen! Nicht den Vogel zeigen! Oder die Faust vor die Nase halten!

Der Gegner von Rosa ist jetzt Beule. Verbeugung! Und dann gleich auf die Matte werfen.

Haha, das wird sie nicht schaffen!

Aber Beule ist nicht nur Rosas Gegner, sondern auch ihr Partner, und die Verbeugung bedeutet:

Hallo, guten Tag, wir machen jetzt ein Kämpfchen, aber sei bitte vorsichtig, ich will nachher keine blauen Flecken haben, und ich werde auch versuchen, dir nicht wehzutun.

Alles klar.

Mann, die fassen sich ja an, als wollten sie sich an den Kragen gehen! An der Schulter packen, den Arm um den Hals legen, den Ärmel halten und rums, zack, bums … Rosa liegt schon platt auf der Matte.

Oje! Hat sie sich wehgetan? Ricki springt auf. Muss er seiner Schwester jetzt zu Hilfe kommen? Soll er zu Beule rennen und Ey, ey sagen, ganz cool, damit Beule sich verzieht?

Mama hält Ricki fest. »Ist doch nur Sport«, sagt sie. »Sport ist Spiel.«

Na ja, Ricki weiß nicht so recht.

Jedenfalls heult Rosa nicht, und der Trainer bringt ihr nun bei, wie sie Beule die Beine verdrehen soll, ihn in die Wade treten und wegstoßen kann. Aber bitte mit Vorsicht!

Ja, ja. Beule lässt sich schon von selbst auf die Matte fallen, der Feigling. Er muss aber wieder aufstehen und sich von Rosa verabschieden. Verbeugung!

»Jetzt in den Faulenzer-Sitz!«, befiehlt Thomas.