Ostseeangst - Eva Almstädt - E-Book
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Ostseeangst E-Book

Eva Almstädt

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Beschreibung

Während einer Kajaktour finden Jugendliche in der Asche eines Lagerfeuers eine menschliche Hand. Die Lübecker Mordkommission ermittelt. In der folgenden Nacht verschwindet die Gruppenleiterin aus der Jugendherberge spurlos. Bei der Suche wird in einem nahe gelegenen Stall ein abgetrennter Unterarm gefunden, doch er gehört nicht zu der verbrannten Hand. Zur gleichen Zeit gerät Kommissarin Pia Korittkis Leben nach dem Tod ihres Freundes immer mehr aus den Fugen. Als ein Konflikt mit Kollegen eskaliert, rät Pias Vorgesetzter ihr zu einer Auszeit. Aber dann bergen Taucher in einem See weitere Leichenteile, und die ganze Tragweite des Verbrechens wird sichtbar ...

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Inhalt

CoverWeitere Titel der AutorinÜber dieses BuchÜber die AutorinTitelImpressum1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel19. Kapitel20. Kapitel21. Kapitel22. Kapitel23. Kapitel24. Kapitel25. Kapitel26. Kapitel27. Kapitel28. Kapitel29. Kapitel30. Kapitel31. Kapitel32. Kapitel33. Kapitel34. Kapitel35. Kapitel36. Kapitel37. Kapitel38. Kapitel39. Kapitel40. Kapitel41. Kapitel

Weitere Titel der Autorin

Kalter Grund

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Dornteufel

Über dieses Buch

Während einer Kajaktour finden Jugendliche in der Asche eines Lagerfeuers eine menschliche Hand. Die Lübecker Mordkommission ermittelt. In der folgenden Nacht verschwindet die Gruppenleiterin aus der Jugendherberge spurlos. Bei der Suche wird in einem nahe gelegenen Stall ein abgetrennter Unterarm gefunden, doch er gehört nicht zu der verbrannten Hand. Zur gleichen Zeit gerät Kommissarin Pia Korittkis Leben nach dem Tod ihres Freundes immer mehr aus den Fugen. Als ein Konflikt mit Kollegen eskaliert, rät Pias Vorgesetzter ihr zu einer Auszeit. Aber dann bergen Taucher in einem See weitere Leichenteile, und die ganze Tragweite des Verbrechens wird sichtbar …

Über die Autorin

Eva Almstädt, 1965 in Hamburg geboren und dort auch aufgewachsen, absolvierte eine Ausbildung in den Fernsehproduktionsanstalten der Studio Hamburg GmbH und studierte Innenarchitektur in Hannover. Seit 2001 ist sie freie Autorin. Eva Almstädt lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Schleswig-Holstein.

EVA ALMSTÄDT

Ostseeangst

Pia Koritkis vierzehnter Fall

Kriminalroman

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Originalausgabe

Dieses Werk wurde vermittelt durch dieThomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Titelillustration: © mauritius images / Westend61 / Martin Moxter;© arogant / iStock; © Janine Petereit / EyeEm / getty-images;© Mathias Kilman / shutterstock

Umschlaggestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-7207-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

1. Kapitel

Fünf Kajaks glitten durch das dunkle Wasser. Es war kaum mehr zu hören als das Ein- und Auftauchen der Paddel und gelegentlich das Knacken oder Rascheln eines kleinen Tieres im Uferdickicht des Hemmelsdorfer Sees.

Becca Merthien wischte sich mit dem nackten Unterarm den Schweiß von der Stirn. Sie schmeckte das Salz auf ihren Lippen. Als sie am Morgen losgefahren waren, hatte sich die Luft angenehm weich und noch ein wenig frisch angefühlt. Ein verheißungsvoller Sommertag Anfang Juli. Jetzt, am frühen Nachmittag, war es beinahe unerträglich schwül. Sie blickte über ihre Schulter. Die seltsame Wolkenformation über dem anderen Ufer des Sees sah noch bedrohlicher aus als vor zehn Minuten. Winzige Moskitos umschwirrten sie, und die Schwalben segelten tief über dem Wasser. Sollte es ein Gewitter geben, mussten sie sofort den See verlassen. Doch das Ufer war zum Anlanden zu dicht bewachsen. Der reinste Urwald. Hoffentlich erreichten sie bald ihren Rastplatz.

Beccas Kajak war etwa zwanzig Meter zurückgefallen. Sie zog kräftig durch, um wieder Anschluss an die Gruppe zu bekommen. Ihre Schultern schmerzten. Sie war nicht gut im Training. Außerdem belastete sie die Verantwortung für die ihr anvertrauten Jugendlichen.

Becca fuhr schon ein paar Jahre Kajak in einem Verein, doch dass sie eine Gruppe begleitete, die auch aus Jugendlichen aus der Wohngruppe bestand, die sie berufsmäßig betreute, war eine Premiere. In der Planungsphase schien es eine gute Idee gewesen zu sein, die kajakbegeisterten Jugendlichen zusammen auf Tour mitzunehmen, ungeachtet ihrer Lebenssituation. Yannik und Nico, beide sechzehn Jahre alt und mitten in der Pubertät, sowie die dreizehnjährigen Zwillinge Mandy und Marc befanden sich in der Obhut des Jugendamtes. Yannik hatte schon so etwas wie eine kriminelle Vergangenheit vorzuweisen. Die fünfzehnjährige Laura lebte bei ihren Eltern und war als Mitglied des Kajakvereins dazugekommen. Eigentlich sollte auch Lauras Freundin Patricia an der Tour teilnehmen, doch sie hatte kurzfristig abgesagt. Becca hatte vermutet, dass Laura dann auch einen Rückzieher machen würde, aber sie schien sich mit den beiden älteren Jungen, Nico und Yannik, bestens zu amüsieren. Auch darauf würde sie ein Auge haben müssen.

Moritz Witte, der Jugendwart des Vereins, ein drahtiger Endzwanziger mit einem Haarknoten im Nacken, fuhr in einem Einzelkajak vorweg. Vor ihm, auf dem Bug seines Kajaks, war ein Kissen befestigt, auf dem sein Rauhaardackel saß. Der Hund hieß Caligula und war quasi das Maskottchen des Vereins. Moritz schien weder das drohende Gewitter noch die Spannungen in der Gruppe wahrzunehmen. Es blieb mal wieder an ihr hängen, den Spielverderber zu geben. Becca keuchte vor Anstrengung, während sie versuchte aufzuholen. Vor ihren Augen flimmerte es, und ihre zahlreichen Mückenstiche juckten.

Laura, die in dem zweiten Einzelkajak direkt hinter Moritz fuhr, zog mit lässiger Eleganz ihr T-Shirt über den Kopf und saß nun, nur mit einem Bikinioberteil und Shorts bekleidet, da. Ihre helle Haut und ihr blondes Haar leuchteten auf, wenn vereinzelt Sonnenstrahlen durch das Blätterdach hindurch auf sie fielen. Yannik und Nico verdoppelten ihre Anstrengungen beim Paddeln und zogen seitlich neben sie. Yannik rief: »Kleine Abkühlung gefällig?«, und Nico schaufelte mit der Hand Wasser in Lauras Richtung.

Das Mädchen kreischte auf, warf den Zopf zurück und zog das Paddel so über das Wasser, dass es hoch aufspritzte. »Ich weiß, wer hier eine Abkühlung nötig hat!«

Die Zwillinge schlossen mit ihrem Kajak auf und beteiligten sich an der Wasserspritzerei, ohne dass die Älteren sie beachteten.

Moritz fuhr ungerührt weiter.

»Hört auf mit dem Unsinn!«, rief Becca. Sie hatten keine Zeit für solche Spielchen. Außerdem kannte sie die Zwillinge. Besonders Mandy steigerte sich schnell in etwas hinein und verlor dann die Kontrolle über ihr Tun. Die Dreizehnjährige fuchtelte mit ihrem Paddel in der Luft herum, und es sauste haarscharf am Kopf ihres Zwillingsbruders vorbei. »Mandy! Pass doch auf!«

Niemand beachtete Becca. Im Gegenteil, die Wasserschlacht wurde wilder. Alle spritzten Wasser in Lauras Richtung, die sich kreischend und lachend wehrte.

»Hört auf. Da kommt ein Gewitter. Wir müssen schnell unseren Rastplatz erreichen!«

Noch immer keine Reaktion. Nur Yannik warf Becca von der Seite einen schnellen Blick zu. Er zog die Oberlippe zu einem Grinsen hoch, das zu viel Zahnfleisch zeigte. Seine Aufmerksamkeit machte sie wie immer beklommen. Moritz saß in einiger Entfernung auf sein Kajak gestützt da, neben ihm sein Hund, und beide schauten dem wilden Treiben mit schräg geneigtem Kopf zu.

Becca stieß hastig vorwärts. Sie wollte Mandys Paddel ergreifen und festhalten, bevor ein Unglück geschah. Platzwunden, Gehirnerschütterungen oder Schlimmeres. Wie sollte sie eine gebrochene Nase erklären? Auch auf erneutes Rufen reagierte Mandy nicht, sondern hieb weiter wild um sich. Becca beugte sich zur Seite, um Mandys Paddel zu fassen zu bekommen und es festzuhalten, doch das nasse Teil entglitt ihr. Ihr Kajak geriet ins Schwanken. Yannik, der ihr am nächsten war, formte mit den Lippen das Wort »Breitarsch«. Mandy kreischte: »Attacke!«, und schwang ihr Paddel wie ein Schwert. Becca reckte sich und bekam das Blatt wieder zu fassen. Mandy zog heftiger, als sie es erwartet hatte. Beccas Kajak kippte. Oh verdammt!, dachte sie. Es ging schnell. Sie verlor das Gleichgewicht, die dunkle Wasseroberfläche kam näher, und Becca tauchte unter.

Das Seewasser fühlte sich trotz des hochsommerlichen Wetters eiskalt an. Becca riss die Augen auf, sah wirbelnde Luftblasen, ihre rudernden Arme im trüben Grün des Wassers. In ihren Ohren rauschte es. Gleichzeitig war es totenstill.

Sie war mit dem Unterleib durch die Spritzdecke mit dem Boot verbunden; das Kajak trieb wie ein Korken über ihr und drückte sie unter Wasser. Sie musste sich mithilfe ihres Paddels und eines Hüftschwungs wieder aufrichten. Doch Becca verriss das Paddel und schaffte es nicht, sich nach oben zu drehen. Nach zwei vergeblichen Versuchen hing sie immer noch kopfüber unter Wasser. Sie hatte nicht mal richtig Luft geholt, bevor sie abgetaucht war.

Über sich erkannte sie undeutlich den Rumpf ihres gelben Kajaks, drumherum schimmerte das Sonnenlicht auf der Wasseroberfläche. Unter sich sah Becca das unergründliche Grün des Sees. Und etwas Längliches, Dunkles. Vermutlich ein Teil des Baumes, der vom Ufer weit ins Wasser ragte. Geisterhaft tauchte er neben ihr auf. Wasserpflanzen oder Zweige streiften über ihren Arm, als wollten sie nach ihr greifen. Hindernisse im Wasser waren gefährlich.

Becca zwang sich zur Ruhe. Wenn sie das selbstständige Hochdrehen, die sogenannte »Eskimorolle«, nicht schaffte, musste sie sich aus der Spritzdecke befreien. Ein Notausstieg. Wie erlernt, fühlte sie am Rand der Luke nach vorn, wo sich die Schlaufe der Spritzdecke befinden musste. Doch da war nichts! Hektisch tastete sie weiter. Ihr Kopf stieß gegen etwas Hartes. Der Drang einzuatmen wurde übermächtig. Ihre Lunge würde platzen. Oh Gott, so war es also, wenn man ertrank!

Im Freibad am Lübecker Krähenteich herrschte Hochbetrieb. Familien mit kleinen Kindern, Gruppen von Schulkindern und auch einige einzelne Erwachsene lagerten auf Liegestühlen und Badelaken auf der Wiese, planschten im Wasser oder standen vor dem Kiosk Schlange. Dort gab es neben Kaffee, Kaltgetränken und Süßigkeiten auch frisch gebackene Waffeln, Pommes frites und kleine Gerichte. Pia Korittki befand sich in der Reihe der Wartenden, neben sich ihren Sohn Felix. Er hatte nach einer Dreiviertelstunde im Wasser nach Pommes mit Ketchup verlangt. Sein zartes Gesicht unter den noch feuchten Haaren, seine großen Augen und dezent bläulichen Lippen – »Nein, mir ist noch gar nicht kalt!« – hatten Pia dazu veranlasst, seinem Wunsch schnell nachzugeben. Doch nun standen sie seit zehn Minuten an und warteten.

Pia blickte am Wehrturm vorbei über die alte Stadtmauer in den Nachmittagshimmel. Der Kirchturm von St. Aegidien stach in eine gelblich umrissene, ungesund aussehende Wolkenbank. Eine Weile schien sie am fernen Horizont wie festgetackert gewesen zu sein, doch nun schob sie sich unaufhaltsam näher. Ob sie Felix noch die Pommes kaufen konnte, bevor die Durchsage kam, dass sie das Freibad wegen Gewitters verlassen mussten? Und wäre es nicht schlauer, jetzt schon aufzubrechen, bevor der große Ansturm auf den Ausgang einsetzte?

Pia ging neben Felix in die Hocke. »Es fängt gleich an zu regnen. Wir sollten lieber fahren und in der Stadt Pommes essen.«

Felix verzog das Gesicht. »Ich will aber jetzt Pommes!«

»Hier dauert es doch noch so lange. Schau mal, wie viele Leute anstehen.«

»Die Pommes schmecken hier viel besser!«

Ein gutes Argument. An der frischen Luft im Freibad nach dem Schwimmen schmeckte es wirklich besonders gut. »Wenn gleich das Gewitter anfängt, müssen wir doch sowieso gehen.«

Felix legte den Kopf in den Nacken. »Die Sonne scheint.«

»Siehst du die dunklen Wolken dahinten?«

»Ich will jetzt Pommes!«

Pias Mobiltelefon vibrierte.

»Pia, hier ist Nele! Wo bist du denn? Es ist so laut bei dir.«

»Ich bin mit Felix im Freibad«, sagte sie zu ihrer Schwester. »Aber wir müssen gleich hier weg, bevor das Gewitter losgeht.«

»Nur ganz kurz: Felix schläft doch heute bei seinem Vater, wie ich gehört habe. Hast du da nicht Lust, mit uns essen zu gehen? Wir sind nur so fünf oder sechs Leute, alle sehr unkompliziert.«

»Das würde ich wirklich gern, aber …«, Pia strich sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht, »ich muss vielleicht arbeiten. Bereitschaft. Es ist doch blöd, wenn ich nicht fest zusagen kann.« Pia arbeitete im K1 der Lübecker Bezirkskriminalinspektion. Sollte tatsächlich etwas passieren, das den Einsatz der Mordkommission erforderlich machte, würde man sie anrufen.

Nele seufzte. »Ach, Pia. Das ist doch nur eine Ausrede. Ihr hattet schon lange keinen Mordfall mehr. Wann gehst du endlich mal wieder unter Menschen?«

»Ich bin jeden Tag unter Menschen.«

»Ich meine, privat. Du brauchst ein Privatleben. Wie lange ist es jetzt her?«

Pia sah auf Felix hinunter, der in Erwartung seiner Pommes wie ein Flummi auf und ab hüpfte. »Ich bin eigentlich ganz zufrieden, so wie es ist.«

»Blödsinn«, entfuhr es ihrer Schwester.

Ein dicker Regentropfen klatschte auf Pias Hand. Dann fiel noch einer … und noch einer. Kollektive Unruhe setzte ein. Die Schlange der Wartenden löste sich auf. »Es geht los. Der Regen, meine ich. Ich melde mich später noch mal bei dir, Nele!«

»Tust du doch …« Ihr »sowieso nicht« ging im allgemeinen Tumult des Aufbruchs unter.

Pia hatte ihre Sachen schon zusammengepackt und war daher als eine der Ersten mit Felix am Ausgang. In der Ferne war leises Donnergrollen zu hören. Sie hoben ihre Fahrräder aus den überfüllten Ständern und steuerten die Pfaffenstraße in der Altstadt an. Dort konnte sie ihrem Sohn sicherlich die hoch und heilig versprochenen Pommes frites kaufen. Und sie würde einen Kaffee bekommen.

Sie fuhren die Straße An der Mauer entlang. Felix war für sein Alter ein erstaunlich sicherer Radfahrer. Trotzdem musste Pia ihn beständig im Blick behalten. Neuerdings riss er gern mal den Lenker hoch, um nur auf dem Hinterrad zu fahren. Er spielte, dass sein Fahrrad ein bockendes Pferd war. Sie ermahnte ihn streng, auf den Verkehr zu achten, da stoppte er unvermittelt.

»Da ist Lars!« Felix deutete auf einen alten Landrover Defender, der aus einer Parklücke ausgeschert war und nun ein ganzes Stück weiter vor ihnen nach rechts auf die Rehderbrücke abbiegen wollte. Pias Herzschlag setzte einen Moment lang aus. Natürlich war es nicht Lars. Lars war seit einem knappen Jahr tot. Es war ein ihr unbekannter Fahrer, der zufällig ein ähnliches Auto fuhr, wie ihr Freund eines besessen hatte. Ihr Herz fühlte sich wie ein kalter Klumpen in ihrer Brust an. Pia stieg vom Rad und beugte sich zu Felix, fasste ihm an die Schulter.

»Schau mal, das ist er nicht. Das kann er gar nicht sein. Lars ist im Himmel, nicht wahr?«

Felix sah sie mit großen Augen an. »Das weiß ich.«

»Ich glaube auch manchmal, dass ich Lars irgendwo sehe.« Sie strich ihm über den Kopf. »Aber es kann eben nicht sein.«

»Du musst nicht traurig sein«, sagte Felix.

2. Kapitel

Es war so knapp gewesen. Sie wäre beinahe gestorben. Doch Becca fühlte kaum Erleichterung, weil sie überlebt hatte. Die Tatsache, dass das Leben so schnell vorbei sein konnte, schockierte sie. Immer, wenn sie dachte, sie hätte sich beruhigt, fing sie erneut zu zittern an.

Ihr Kentern und was darauf gefolgt war, spulte sich in Endlosschleife immer wieder in ihren Gedanken ab. Sie hatte beinahe schon aufgegeben und nur noch wie in einem letzten Aufbäumen mit den Händen seitlich gegen das Boot geschlagen, um auf sich aufmerksam zu machen. Da war etwas Rotes neben dem Rumpf ihres Kajaks im Wasser aufgetaucht. Sie hatte versucht, den Bug des anderen Bootes zu ergreifen. Zweimal war sie abgerutscht. Dann endlich, als sie meinte, ihre Lunge müsse platzen, hatte sie es mit beiden Händen zu fassen bekommen und sich daran hochgezogen.

Das Durchbrechen der Wasseroberfläche und der erste Atemzug waren wie eine Wiedergeburt gewesen. Schmerzhaft und wunderbar zugleich. Beccas Augen brannten, und sie blinzelte gegen das helle Licht. Sie waren alle da. In dem roten Kajak, an dem sie sich immer noch festklammerte, saß Laura, die sie mit aufgerissenen Augen ansah. Auch die anderen starrten sie an.

Laura hatte sie gerettet! Von allen, die dabei gewesen waren, die womöglich zugesehen hatten, wie sie um ihr Leben gekämpft hatte, hatte dieses Mädchen die Geistesgegenwart besessen, im rechten Winkel an ihr gekentertes Kajak zu fahren, damit sie sich daran hochziehen konnte.

Nun, als das Adrenalin langsam nachließ, saß Becca auf einem Baumstamm und umfing mit beiden Armen ihren Oberkörper. Es musste immer noch schwülwarm sein, doch ihr war kalt.

Moritz hatte sie nach dem Anlanden ein Stück zur Seite genommen. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie zumindest körperlich in Ordnung war, hatte er sie angefaucht: »Wie konnte das passieren? Ich dachte, du kannst die Eskimorolle?«

»Normalerweise kann ich die auch«, hatte Becca erwidert. »Aber heute konnte ich es nicht.«

»Und was war mit einem nassen Ausstieg?«, fuhr er sie an. »Warum hat der auch nicht geklappt? Mensch, Becca, ich dachte, man könne sich auf dich verlassen!«

Becca schauderte, als sie sich erinnerte, wie sie unter Wasser am Lukenrand entlang vergeblich nach der Schlaufe getastet hatte, um die Spritzdecke zu entfernen, die sie an das Kajak fesselte. »Ich hab die Schlaufe nicht gefunden«, bekannte sie mit klappernden Zähnen. »War sie überhaupt draußen?«

»Kommt darauf an, ob du die Spritzdecke richtig angelegt hast«, erwiderte Moritz. »Ich hab dir neulich schon mal gesagt, dass du manchmal zu nachlässig bist.«

Becca stiegen Tränen in die Augen. Sie wandte sich ab. Merkte er nicht, dass Kritik in diesem Moment und ihrem Zustand nicht hilfreich war?

Doch Moritz hatte nur mit den Schultern gezuckt und war davongegangen. Nun kümmerte er sich mit ihren Schützlingen um die anstehende Mahlzeit. Alle ihre Mitfahrer waren jetzt einige Meter von ihr entfernt beschäftigt. Becca wollte nicht allein sein, so weit abseits der anderen sitzen, doch ihre Knie waren zu weich zum Stehen oder Gehen.

Warum erinnerte sie sich nicht mehr, wie sie zum Rastplatz gekommen war? Partieller Gedächtnisverlust? Irgendwie musste sie nach ihrer Rettung noch hierher gepaddelt sein, denn ihr gelbes Kajak lag zwischen den anderen, als wäre nichts vorgefallen. War die Schlaufe der Spritzdecke drinnen oder draußen gewesen? Auch das wusste sie nicht mehr. Und nun war es zu spät, um nachzusehen.

Neben Becca lag der wasserdichte Sack, in dem sie im Kajak ihre Sachen transportierte. Moritz hatte ihn aus der Luke geholt und neben sie gestellt. Leise hatte er zu ihr gesagt, dass sie die Jugendlichen verunsichert habe, so ungeschickt, wie sie sich angestellt habe. Sein Gesicht war vor Zorn wie eingefroren gewesen. Nun, wenn das seine einzige Sorge war.

Sie hörte Donnergrollen, doch ihre Befürchtung, nicht rechtzeitig an Land zu kommen, war unbegründet gewesen. Es war seit Wochen trocken, die Landschaft wie ausgedörrt. Und auch jetzt sah es mal wieder so aus, als zöge das Gewitter an ihnen vorbei. Mit steifen Fingern öffnete Becca den Transportsack und schüttete den Inhalt auf den Waldboden. Was kümmerten sie ein bisschen Erde und Laub an ihren Sachen, wenn sie beinahe ertrunken wäre? Sie rieb sich mit dem kleinen Handtuch, dessen vertrauten Geruch sie bewusst einsog, übers Gesicht, dann über ihr klatschnasses Haar.

Sie bekam mit, dass Laura und Nico Moritz halfen, die Essensvorräte aus den Kajaks zu laden. Yannik, der sie auf dem Wasser so seltsam angesehen hatte, war nicht dabei. Wahrscheinlich musste er mal. Es gab hier keine Toiletten. Sie mussten sich mit einer Ecke im Wald begnügen. Die Zwillinge warfen einen abgekauten Ball für Caligula, der nach den Stunden auf dem Kajak begeistert mitspielte und apportierte. Die Geräusche von Mandy und Marc, das An- und Abschwellen der Lautstärke, untermalt von einem gelegentlichen Kläffen des Hundes, waren Becca vertraut. Mandys schrille, aufgeregte Stimme war oft das Erste, was sie morgens in der Wohnküche hörte, und das Letzte, was durch das Treppenhaus schallte, wenn Becca vor dem Fernseher in ihrem Zimmer wegdämmerte.

Als Becca sich trockene Sachen angezogen hatte, stand sie unschlüssig da. Moritz kramte in den Vorräten, Laura bürstete ihr Haar. Nico war nicht zu sehen. Die Zwillinge trachteten wie immer danach, sich so schmutzig wie möglich zu machen. Mandy stocherte mit einem Stock in den Resten eines Lagerfeuers. Marc fächelte der Feuerstelle mit seinem Basecap Luft zu. Es qualmte. Entweder durften die beiden Kleinen schon das Feuer anzünden, oder sie kokelten ohne Erlaubnis herum. Die Vögel waren verstummt.

Ein gellender Schrei ertönte.

Mandy! Hatte sie sich verbrannt oder ihrem Bruder ein Auge ausgestochen? Becca lief hinzu, doch die Kinder schienen unversehrt zu sein. Marc stand stocksteif da. Sein Gesicht war schneeweiß und der Mund verzogen, als würde er sich gleich vor ihren Füßen seines Frühstücks entledigen. Becca kannte die Vorzeichen und wich einen Schritt zurück. Mandy hockte am Feuer und starrte in die Asche, dort, wo sie mit dem Stock herumgewühlt hatte.

Beccas Blick folgte dem Stock zu seinem Ende, bis hin zu einem Etwas, das ganz grau vor Asche war. Ein Stückchen Baumwurzel?

Doch die Wurzelenden hatten lackierte Fingernägel.

Becca keuchte auf. Sie riss Mandy an der Schulter zurück, sodass das Mädchen auf den Po fiel und wie ein Käfer weiter rückwärtskrabbelte, weg von der Feuerstelle und ihrem Fundstück, das sie aus der Asche geharkt hatte. Geistesgegenwärtig griff Becca nach dem kleinen Hund, der nun auf Mandys Fundstück zusteuerte, und hielt ihn fest. »Moritz!«, sagte sie mit gepresster Stimme. »Moritz, komm bitte ganz schnell her.«

Ihr Ton musste sich seltsam anhören, wie kurz vor einem Komplettaussetzer, denn nicht nur Moritz kam angelaufen, sondern auch die anderen drei.

»Was ist denn hier los?« Moritz legte die Hand auf ihren Arm und sah sie an, als wäre sie kurz davor, den Verstand zu verlieren. »Was habt ihr denn? Mandy, Marc? Was soll das?«

Becca deutete auf das angekokelte Fundstück. »S-ieh d-d-doch selbst!«, stotterte sie.

Moritz beugte sich runter und zuckte zurück. »Verfluchte Scheiße noch mal!«

»Das sind zwei Euro fürs Schwein«, wisperte Mandy. Sie spielte auf die Strafe für Schimpfwörter an, die sie sich in der Wohngruppe auferlegt hatten. Die Kinder und Jugendlichen zahlten zehn Cent, die Erwachsenen einen Euro pro Schimpfwort.

Nico, Laura und Yannik waren ebenfalls näher getreten und reckten die Hälse. »Ist die etwa echt?«, fragte Nico mit brüchiger Stimme.

»Falls nicht, ist das ein verdammt beschissener Streich«, sagte Moritz.

»Noch zwei Euro«, kommentierte Mandy schon etwas kecker.

Moritz ignorierte den Einwurf.

Die Schritte im Treppenhaus und Felix’ helle Stimme, mit der er seinem Vater von seinen Fortschritten beim Schwimmenlernen erzählte, waren mit dem Zufallen der Haustür verklungen. Weg waren sie. Vor Pia lagen der Rest des Samstags und ein langer Sonntag. Wahrscheinlich würde es nach dem kurzen Gewitter wieder genauso warm sein wie vorher. Die Sonne und die hohen Temperaturen machten die Menschen rastlos.

Hatte man einen depressiven Schub, wenn man über das Wetter jammerte? Der Sommer in Lübeck war einer der heißesten, die Pia je erlebt hatte. Das Leben schien wie unter einer Käseglocke aus Glas zum Stillstand gekommen zu sein. Nele behauptete, Pias Gemütsverfassung sei besorgniserregend, und sogar ihr Teamkollege Heinz Broders hatte neulich eine Andeutung gemacht, dass sie sich langsam wieder neue Ziele im Leben suchen solle. Ziele? Sie konnte die Zeit nutzen und die Wohnung putzen. Pia verdrehte die Augen. Für wen denn?

Früher, vor Lars’ Tod, hatte sie auch manchen Samstag oder Sonntag allein verbracht. Aber da hatte es ihr nichts ausgemacht. Es war eine Frage der Perspektive. Offensichtlich hatte es ihr gereicht zu wissen, dass da jemand war, auf den sie sich freute und den sie zu einem späteren Zeitpunkt treffen würde. Lars war auch für sie da gewesen, wenn er nicht da gewesen war. Seit seinem Unfalltod im vergangenen Jahr fehlte ihr nicht nur ihr Freund und – Pia lächelte traurig – Verlobter, sondern auch die Perspektive auf Zeit, die sie gemeinsam verbringen konnten.

Pia bückte sich und sammelte Felix’ Legosteine vom Fußboden auf. Dann hängte sie die Wäsche aus der Maschine auf das Wäschereck auf dem Balkon. Der heftige Regenguss war vorüber, und die Sachen würden sicher innerhalb weniger Stunden trocken sein. Beinahe hätte sie ihr Telefon überhört, das auf der Kommode in der Diele lag.

»Hey, Pia. Wo erwische ich dich?«, fragte ihr Teamkollege Heinz Broders ein wenig atemlos.

»In meiner Wohnung. Hinnerk hat Felix gerade abgeholt.«

»Wir haben hier was.« Er zögerte. »Ist eben erst reingekommen …«

»Broders, du bist ein Schatz!«, sagte Pia.

»Wieso das denn? Krieg dich wieder ein«, wehrte er ab.

»Weil meine Schwester mich zu einem Essen mit irgendwelchen Bekannten eingeladen hat, die ich nicht kenne.«

»Ja und? Ist doch nett von ihr.«

»Klar ist es das. Aber mir ist im Moment nicht danach, neue Leute zu treffen. Ich hab ihr abgesagt mit der Begründung, ich müsse arbeiten.«

»Vielleicht solltest du besser zu diesem Essen gehen«, sagte ihr Kollege. »Würde dir guttun. Du bist viel zu dünn geworden.«

»Was habt ihr reinbekommen?«

»Eine Gruppe von Kajakfahrern hat an einem Rastplatz am Hemmelsdorfer See eine Hand gefunden.« Er beschrieb die Lage des Fundortes.

»Kein Scherz? Wo genau?«

»In der Asche eines alten Lagerfeuers. Sie haben sie wohl aus Versehen angekokelt.«

»Eine Hand oder nur Knochen?«

»Die Fingernägel sind lackiert.«

»Oh.« Pia sah auf ihre Hand. Kein Nagellack, wie beinahe immer. »Wo treffen wir uns?«

»Das ist der Knackpunkt«, sagte Broders.

»Ich verstehe nicht.«

»Rist hat dich nicht ausdrücklich angefordert. Er meinte, wir schaffen das in kleiner Besetzung.«

»Er will mich da raushalten? Nach Monaten passiert endlich mal wieder etwas, für das wir zuständig sind, und ich soll nicht dabei sein?« Pia wurde flau im Magen.

Broders räusperte sich. »Ich dachte, du sprichst am besten selbst mit ihm.«

»Ich habe die Beförderung zur stellvertretenden Leiterin des K1 abgelehnt, weil ich mich zuerst wieder sortieren musste. Das war zu dieser Zeit auch die richtige Entscheidung. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich jetzt immer noch geschont werden muss! Ich kann meinen Job inzwischen wieder machen wie alle anderen auch.«

»Klär das mit Manfred Rist. Er ist dein Vorgesetzter.«

»Okay.« Sie atmete tief durch. »Danke fürs Bescheidsagen.«

»Da nich’ für«, sagte Broders.

Pias Mund verzog sich zu einem kleinen bitteren Lächeln – dann erlosch es wieder. Eine abgetrennte Hand in einem Lagerfeuer … Vielleicht war das ein neuer Mordfall, und sie sollte nicht dabei sein?

Der Ort, von dem Pia zum Fundort abbiegen musste, lag oberhalb des Hemmelsdorfer Sees an einer wenig befahrenen Chaussee. Eine schmale Straße verlief im rechten Winkel und mit einem leichten Gefälle hinunter zum Seeufer. Pia sah ein paar hallenartige, gepflegte Bauernhäuser auf großzügigen Rasenflächen, die den Weg säumten.

Der immer noch graue Himmel trübte die Aussicht auf den im Hintergrund liegenden See, doch als einen Moment lang die Sonne durch die Wolken brach, ließ sie das Wasser glitzern.

Der Weg führte an der Zufahrt zu einem Gartenlokal vorbei auf einen Sandweg, wo mehrere abgestellte Fahrzeuge davon zeugten, dass hier etwas Aufsehenerregendes und tendenziell Unangenehmes passiert sein musste. Eine Frau in einem Trägerkleid stand hinter einem weißen Lattenzaun und diskutierte mit einem Mann in kurzer Hose und Gartenclogs, der einen Hund an der Leine führte. Sie deuteten beide mehrmals zum See und schüttelten den Kopf.

Pia parkte als vorerst Letzte in der Reihe, nahm Overall und Überschuhe für eine eventuelle Begehung des Tatortes aus dem Kofferraum und ging hinunter zu der Menschengruppe, die sich am Rande eines Absperrbandes versammelt hatte. Pia hatte ein paar ihrer Leute vom K1 dort entdeckt. Nachdem sie die Kollegen begrüßt hatte, kam Manfred Rist, der Leiter des K1, auf sie zu. Er war zuvor in ein Gespräch mit jemandem von der Schutzpolizei vertieft gewesen, der höchstwahrscheinlich den ersten Angriff durchgeführt hatte. Manfred sah genervt aus. Er hielt die Schultern hochgezogen. Seine Augen waren zusammengekniffen, und tiefe Furchen zogen sich von den Nasenflügeln zu seinen Mundwinkeln, die nach unten zeigten. Bei ihm ein vertrauter Anblick. Egal, ob sie viel Arbeit hatten oder wenig, ob die Sonne schien oder es regnete, er war niemals zufrieden. Ein notorischer Schwarzmaler und Pessimist.

Leider würde von der Laune dieses Mannes – und ihren eigenen Argumenten in den nächsten Minuten – zu einem guten Teil ihre berufliche Zukunft abhängen.

3. Kapitel

»Was machst du denn hier?« Manfred Rist baute sich vor Pia auf und nahm ihr damit weitestgehend die Sicht auf den abgesperrten Bereich.

Pia zog eine Augenbraue hoch. »Ich gehöre zum Team, Manfred.«

»Bist du denn einsatzfähig?«

»Ich bin nicht krankgeschrieben. Es geht mir gut.«

»Hm.« Er musterte sie. »Du hast doch etwas anderes zu tun. Hier draußen gehörst du jedenfalls noch nicht wieder hin.«

Rist hatte ihr einige alte Fälle gegeben, bei denen sie, in Ermangelung einer aktuellen Ermittlung, Fakten überprüft und nach neuen Ansatzpunkten gesucht hatte. Mühsame und oft auch wenig Erfolg versprechende Schreibtischarbeit. »Da hat sich bisher nichts ergeben, was sich weiterzuverfolgen lohnt.« Pia erzählte ihm damit nichts Neues. Im Gegenteil. Sie hatten schon vor zwei Tagen genau darüber diskutiert. »Und selbst wenn sich bei den alten Fällen noch was finden sollte, läuft es uns ja nicht weg. Hier hingegen …«, sie deutete mit dem Kopf auf den hektischen Betrieb, »brauchen wir zeitnah genügend Leute.«

Ein Kollege von der Spurensicherung, der eine Alutransportkiste zu dem Schutzzelt innerhalb der Absperrung schleppte, stolperte über eine Baumwurzel und flog mitsamt der Ausrüstung in den Dreck. Er rappelte sich wieder auf, bevor ihm jemand zu Hilfe kommen konnte, fluchte dabei jedoch herzhaft. »Kann hier nicht mal einer mit anfassen?«, beschwerte er sich.

»Du kannst wohl hexen«, sagte Rist leise zu Pia. »Okay. Es soll offenbar so sein. Du bist dabei. Aber ich beobachte dich! Wenn ich denke, dass du es noch nicht wieder packst, bist du sofort raus. Ich gehe kein Risiko ein. Dazu könnte dieser Fall zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Verstanden?«

Pia lag eine Entgegnung auf der Zunge, die nicht hilfreich gewesen wäre, doch das Eintreffen eines Leichenspürhundes und seines Hundeführers unterbrach ihre Unterhaltung im richtigen Moment.

»Wir haben den Ort im Wald, wo eure Hand ursprünglich gelegen hat, wahrscheinlich gefunden«, informierte sie der Hundeführer, ein schlanker Mann Mitte dreißig. »Ob es tatsächlich die Hand war, die dort lag, oder ein anderer Körperteil der Person, zu der die Hand gehört hat, kann uns Monk natürlich nicht sagen.« Er tätschelte seinen Hund am Hals und steckte ihm ein Leckerli zu.

Pia sah Rist fragend an.

»Die gefundene Hand weist frische Bissspuren auf«, erläuterte er ihr. »Wahrscheinlich von einem Hund. Einem kleinen Hund. Da der Dackel, der zu der Kajakgruppe gehört, hier frei herumgestreunt ist, besteht die Möglichkeit, dass der die Hand, kurz bevor sie entdeckt wurde, aus der Umgebung zu dem Lagerfeuerplatz apportiert hatte.«

»Noch mehr Leichenteile hat Monk aber nicht aufgespürt?«, erkundigte Pia sich bei dem Hundeführer. »Bisher ist da nur eine Hand?«

»Die Hand haben ja die Leute hier gefunden, diese Kajakfahrer. Monk hat dafür eine Stelle im Wald entdeckt, wo ein dazu passendes Leichenteil gelegen haben könnte. Wir brauchen jetzt aber eine Ablösung für ihn.« Wieder ein Leckerli. »Das abzusuchende Gebiet ist zu groß für einen Hund allein.«

»Ist angefordert«, bestätigte Rist. »Am Wochenende sind halt viele Leute unterwegs. Dann dauert es. Weiß die Spurensicherung schon Bescheid? Habt ihr die Stelle gut markiert?«

»Ja. Die haben dort schon abgesperrt und bauen gerade ein zweites Schutzzelt auf. Die brauchen noch einen zweiten Mond, haben sie gesagt. Ist auch ganz schön dunkel dahinten im Wald.«

Pia nickte. »Mond« war die umgangssprachliche Bezeichnung für die Tatortleuchte, die alles taghell ausleuchtet. »Bekommen wir auch eine Sphärenkamera?«, fragte sie Rist, wohl wissend, dass ihm die Tatsache, dass er das Equipment erst anfordern und ausleihen musste, ein ständiger Dorn im Fleisch war.

»Besser wär’s«, war die missgelaunte Antwort.

»Soll ich euch zu der Stelle führen, die Monk entdeckt hat?«, erkundigte sich der Hundeführer. Noch ein Leckerli.

»Mich schon.« Rist blickte kurz zur Seite und dann zu Pia. »Siehst du die Frau, die dort auf dem Baumstamm sitzt? Sie gehört zu der Kajakgruppe. Die hat mit einem der Jugendlichen zusammen die Hand gefunden. Befrag sie bitte erst mal rein informatorisch. Sie sieht aus wie ein verschrecktes Huhn. Du machst das bestimmt klasse.«

»Okay«, sagte Pia und nickte dem Hundeführer noch einmal zum Abschied zu. »Bin ich die Hühnermutter vom Dienst, oder was?«, murmelte sie, als sie sich von den anderen entfernte. Aber immerhin war sie nun bei der Ermittlung dabei. Genau das hatte sie gewollt. Als sie auf die nervös dreinblickende Frau auf dem Baumstamm zutrat, setzte Pia ein hühnermuttermäßig beruhigendes Lächeln auf.

Pia begrüßte sie und schlug vor, zu dem Pavillon am Seeufer zu gehen, um dort in Ruhe zu reden. Es sah so aus, als könnte es jederzeit anfangen zu regnen, doch sie hatte keine Lust, die Befragung in dem stickigen Polizeibus durchzuführen. Pia sah zum Himmel. »Ich habe dieses Wetter wohl aus Lübeck mitgebracht«, sagte sie, um das Eis zu brechen. »Ich bin vorhin im Schwimmbad von einem Gewitter mit Wolkenbruch überrascht worden.«

»Ich bin heute schon im See geschwommen. Unfreiwillig.« Die Frau, die sich als Rebecca Merthien vorgestellt hatte, deutete auf ihr feuchtes Haar. Es war dunkelbraun und kurz, mit einer rot gefärbten Strähne auf der linken Seite. Sie trug eine silberne Halskette mit einem Anhänger in Form eines kleinen Engels.

»Sie sind mit dem Kajak gekentert?«

»Ja«, sagte Becca Merthien. »Das war eine Erfahrung, die ich so schnell nicht wiederholen möchte.«

Pia ließ sich die Rettungsaktion schildern. »Ist es normal, dass es so lange dauert, bis Hilfe kommt?«

»Die anderen waren wohl alle zu sehr mit der Wasserschlacht beschäftigt, als dass sie bemerkt hätten, in was für Schwierigkeiten ich gesteckt habe. Teenager …« Beccas Lächeln wirkte gezwungen.

»Und der andere Betreuer?«

»Moritz? Er ist der Jugendwart und begleitet uns vom Kajakverein aus. Der kennt die Gruppe nicht so gut wie ich.«

»Woher kennen Sie die jungen Leute?«

»Ich betreue eine Wohngruppe in Lübeck. Vier der fünf Jugendlichen, mit denen wir unterwegs sind, gehören dazu: die Zwillinge Mandy und Marc und Nico und Yannik, die beiden älteren Jungs. Nur Laura, das ältere Mädchen, ist aus dem Verein dazugekommen. Ihre Freundin, die auch noch mitwollte, hat kurzfristig abgesagt.«

»Aber wäre es nicht Moritz’ Aufgabe gewesen, Ihnen zu helfen?«

Becca warf einen Blick über ihre Schulter. »Er war ja am weitesten weg.«

Pia ließ sich von ihr schildern, wie sie die Hand am Lagerfeuerplatz gefunden hatte. Als sie die Hand beschrieb, zögerte sie einmal, als wollte sie sich nicht alle Details wieder ins Gedächtnis rufen.

»Haben Sie vor dem Fund der Hand auf den kleinen Hund geachtet? Wo er gewesen ist?«

»Nein. Ich stand wohl noch unter Schock und war zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Ich saß erst nur da, dann hab ich mir trockene Sachen angezogen. Als Mandy geschrien hat, bin ich hingerannt.«

»Bitte überlegen Sie noch einmal: Was taten die anderen, als Mandy schrie?«, hakte Pia nach.

»Moritz war vorher kurz noch bei mir gewesen.« Beccas Wangen röteten sich. »Er hat mir Vorwürfe gemacht, weil es mir nicht gelungen ist, mich selbst aus dem Kajak zu befreien. Er sagte, ich hätte einen Notausstieg versuchen müssen.« Becca schilderte Pia, was es damit auf sich hatte.

»Sie haben die Schlaufe zum Öffnen der Spritzdecke nicht gefunden?«

»Ich war in Panik. Machen Sie mir nun auch noch Vorwürfe?«, fuhr Becca sie an.

Pia schüttelte den Kopf. »Könnte es sich bei der nicht greifbaren Schlaufe und der reichlich verspäteten Hilfeleistung auch um eine Art … Streich gehandelt haben?«

»Streich?«, wiederholte Becca mit matter Stimme. »Das wäre aber ein ganz übler Streich.«

Pia hob andeutungsweise die Schultern.

Becca starrte hinaus auf den See. »So etwas Dummes traue ich denen irgendwie nicht zu. Ich hätte ohne Weiteres ertrinken können. Yannik ist ein schwieriger Junge. Wir geraten oft aneinander. Aber so etwas Böses würde er nicht tun. Warum sollte er?«

Pia blickte auf das geschäftige Treiben auf der Wiese am Seeufer. »War dieser Platz eigentlich als heutiger Rastplatz geplant, oder sind Sie hier angelandet, weil Sie vorher den Unfall hatten?«

»Nein. Es ist unser geplanter Endpunkt heute.«

»Wer wusste alles davon?«

»Ich habe die Tourenplanung meinem Vorgesetzten vorgelegt. Er hat aber kaum einen Blick auf die Einzelheiten geworfen. Er vertraut mir. Die Leute in der Jugendherberge wissen ebenfalls Bescheid. Sicher auch ein paar im Kajakverein und natürlich die Jugendlichen selbst …«

Pia klappte ihr Notizbuch zu. »Das war es erst mal. Wo übernachten Sie heute? In dieser Jugendherberge? Bleibt die Gruppe zusammen?«

»Ja, ich denke schon. Oder sollten wir die Tour besser abbrechen?«

»Vielleicht ist es ganz gut, wenn Sie zusammenbleiben wie geplant. Die Jugendlichen haben sicher das Bedürfnis, miteinander und mit Ihnen über das Erlebte zu sprechen.« Und wir haben es einfacher, Sie alle zu erreichen, wenn wir noch Fragen haben sollten, dachte Pia.

»Ja. Da haben Sie wohl recht. Die müssen das ja auch erst einmal verarbeiten.« Becca Merthien seufzte.

»Arbeiten Sie beim Jugendamt?«

»Nein. Ich bin bei der Fleka, der Flessenkamper Stiftung. Das ist ein freier Träger, der auch Wohngruppen für Jugendliche unterhält. Wir arbeiten aber eng mit dem Jugendamt zusammen. Mein Vorgesetzter heißt Jonas Freitag.«

»Was genau sind Sie von Beruf?«, fragte Pia.

»Sozialpädagogin. Erst war ich im operativen Bereich beim Jugendamt tätig, dann als Abteilungsleiterin. Ich wollte aber lieber wieder mit den Jugendlichen direkt arbeiten, daher der Wechsel zur Fleka und zu der Wohngruppenbetreuung.« Ihr Gesicht verdüsterte sich wieder. »Von der Idee einer mehrtägigen Kajaktour waren meine Kollegen dort nicht sehr begeistert. Ich habe argumentiert, dass es für den Zusammenhalt der Gruppe wichtig sei. Dass wir gemeinsame Aufgaben und Erlebnisse bräuchten. Wir hatten in letzter Zeit ein paar Schwierigkeiten. Ich dachte, ich könnte hier anders auf Yannik eingehen. Dass die fremde Umgebung den festgefahrenen Konflikt entschärfen würde. Die Argumentation hat sie wohl letztlich überzeugt. Doch ich habe mir zu große Hoffnungen gemacht. Geändert hat sich gar nichts! Und nun wäre ich beinahe ertrunken, und wir haben auch noch ein Leichenteil gefunden …«, schloss sie düster. »Ich habe wirklich nur Pech.«

4. Kapitel

Warum immer ich?, dachte Kriminalhauptkommissar Heinz Broders, als er die unbefestigte Zufahrt betrachtete, die zu dem Bauernhaus führte. Der Rastplatz, auf dem die abgetrennte Hand gefunden worden war, gehörte zu diesem Hof. Der Hofbesitzer hieß Erich Schuster. Und genau den sollte Broders jetzt befragen. Nicht, dass er prinzipiell etwas dagegen einzuwenden hatte. Wenn der Weg zu dem Bauernhaus nur nicht mit so vielen Fallstricken behaftet wäre … mehr oder weniger wilden Tieren zum Beispiel.

Ein Huhn mit sehr wenigen Federn pickte hektisch neben ihm im Sand. Es hob den beinahe kahlen Kopf, ruckte damit vor und zurück und betrachtete ihn mit einem verschreckten, vorwurfsvollen Blick. Wahrscheinlich lauerte um die nächste Ecke der Hofhund, und das Huhn wusste das. Es würde sich dann flatternd und Zecken schleudernd in Sicherheit bringen und Broders seinem Schicksal überlassen. Sobald er eine imaginäre Grenze überschritt, von der er unmöglich ahnen konnte, wo sie sich befand, würde ihn der Hund mit seinen dreckigen Pfoten anspringen, umstoßen und womöglich beißen.

Also die Grenze besser nicht übertreten. »Hallo?«, rief Broders, als er sich in Hörweite des Hauses wähnte. »Hallo, ist jemand da?«

Als keine Reaktion erfolgte, blieb Broders keine Wahl, als weiter den staubtrockenen Sandweg entlangzugehen. Er gelangte wohlbehalten und mit nur mäßig verschmutzten Schuhen zur Eingangstür.

Ein rostiger alter Pick-up, der dem Fundus der Waltons entsprungen sein könnte, fuhr vor. Er zog eine beachtliche Staubwolke hinter sich her und hielt direkt vor dem Haus. Doch nicht John-Boy sprang heraus, wie Broders mit einem Anflug von Enttäuschung registrierte, sondern ein kleiner älterer Mann mit Segelohren und den O-Beinen eines Jockeys.

»Moin. Kann ich helfen?«

»Moin. Broders, Kriminalpolizei. Ich würde gern mit Erich Schuster reden. Sind Sie das?«

»Kommt darauf an, worum es geht.«

»Um den Rastplatz unten am Seeufer. Der gehört doch zu Ihrem Hof.«

»Was ist denn damit?«

»Können wir reingehen?«

»Polizei, sagten Sie?«

Broders hielt ihm seinen Ausweis hin. Der Mann knurrte etwas Unverständliches, würdigte Broders weiter keines Blickes, sondern ging ihm hinkend, aber erstaunlich flink voraus ins Haus. Broders folgte mit einem gewissen Abstand. Er hatte den Hofhund gedanklich noch nicht ganz abgeschrieben, doch er vernahm weder das Klicken von Pfoten auf dem alten Linoleum, noch tauchte das Tier selbst in der Dunkelheit vor ihm auf. Alles gut so weit.

Sie gelangten in eine Küche mit niedriger Balkendecke. Den Raum als »schmutzig« zu bezeichnen wäre die Untertreibung des Jahrhunderts gewesen. Auf dem Tisch, auf dem eine Stoffdecke undefinierbarer Farbe lag, war benutztes Geschirr zu sehen, Tetrapaks für Saft und Milch, Plastikpackungen mit Aufschnitt, Käse, Marmeladengläser, angebrochene Packungen Schwarz- und Toastbrot und jede Menge Krümel, Katzenhaare und Flecken. Broders schüttelte sich innerlich, als er die Katzen sah, die auf der Arbeitsplatte hockten oder auf der Heizung unter dem schmalen Fenster lagen. Er zählte vier. Die saßen bestimmt auch auf dem Esstisch, mitten im Essen, wenn niemand aufpasste.

Erich Schuster machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. »Einer meiner Jungs kommt gleich rein zum Kaffee«, sagte er. »War den ganzen Tag auf dem Trecker und hat bestimmt Hunger. Wir sind nicht so für süß, aber ein Mettwurstbrot geht immer, nicht wahr?«

»Was hat er gemacht?«

»Gegrubbert. Was denn sonst?«

»Verstehe.« Broders verstand nichts. Aber darum ging es im Moment ja nicht. »Sie leben hier mit ihren beiden Söhnen?«, fragte er. Als Broders eben davon erfahren hatte, hatte er diese Konstellation als angenehme Abwechslung zum herkömmlichen Familienmodell betrachtet. Doch jetzt, beim Anblick der Küche, kamen ihm Zweifel.

»Ja. Georg und Krischan.«

»Und wer ist auf dem Trecker?«

»Krischan. Georg arbeitet in der Stadt.« Sein Gesichtsausdruck legte nahe, wie viel Erich Schuster davon hielt. »Krischan kümmert sich mit mir zusammen um den Hof. Ein guter Junge. Aber deswegen sind Sie nicht hier, nich’?«

»Es geht, wie ich schon sagte, um den Rastplatz da unten am Seeufer.«

»Die Gemeinde hat das Stückchen Land von mir gepachtet. Ist eh zu sumpfig, um viel damit anfangen zu können. Ab und zu landen Kajakfahrer dort an, oder Leute aus der Stadt machen ein Picknick.« Er fuhr sich durch das immer noch dunkelbraune Haar, das einen seltsamen Kontrast zu der schlaffen Gesichtshaut und der knolligen roten Nase bildete.

Broders entschloss sich, direkt zum Punkt zu kommen: »Kajakfahrer haben am Lagerfeuerplatz eine abgetrennte Hand entdeckt.«

Erich Schusters Augen weiteten sich. »Wessen Hand?«

»Das wissen wir noch nicht.«

»Ach so. Ich dachte, es hätte gerade einen Unfall gegeben. So wie das hier!« Er zeigte Broders seine rechte Hand. An einem Finger fehlten zwei Glieder.

»Die Hand war nicht mehr ganz frisch«, sagte Broders vorsichtig. »Und sie weist Bissspuren auf. Wir nehmen an, ein kleiner Hund, den die Kajakfahrer mitgebracht haben, hat sie vorhin irgendwo hier in der Umgebung gefunden und zum Lagerfeuerplatz apportiert.«

»Na dann …«

»›Irgendwo in der Umgebung‹ heißt, wahrscheinlich auf Ihrem Grundstück.«

»Wir haben damit nichts zu schaffen. Alle Hände noch dran.«

Die Küchentür flog auf, und ein großer, leicht gebeugt gehender Mann trat ein. Er hielt das Kinn an die Brust gedrückt, und mit seiner Rechten umfasste er den Stiel einer Axt, deren Blatt beinahe den Fußboden berührte.

»Krischan, wir wollen das Werkzeug doch nicht mit in die Küche nehmen«, sagte sein Vater. »Der Mann ist von der Polizei. Jemand hat eine abgetrennte Hand auf dem Rastplatz gefunden.«

Krischan Schuster war bestimmt zehn Zentimeter größer und dreißig Kilo schwerer als Broders, aber er sah ihn von unten herauf an.

Broders nannte ihm seinen Namen. »Wissen Sie etwas über eine abgetrennte Hand, Herr Schuster?«, fragte er.

Krischan Schuster holte Luft. »Nein. Gar nichts.« Er blickte zu seinem Vater hinüber, der wieder mit dem Kaffee beschäftigt war. »Da sind viele Menschen unten am See. Hab ich schon gesehen«, sagte er zu Broders.

»Das sind meine Kollegen von der Kriminalpolizei und der Spurensicherung«, erklärte Heinz Broders. »Wir haben auch einen Leichenspürhund im Einsatz. Nur damit Sie Bescheid wissen. Haben Sie einen Hund?«

»Kein Hund.«

»Ein Spürhund auf meinem Land?«, erkundigte sich Schuster über seine Schulter hinweg.

»Wir gehen davon aus, dass Sie wissen wollen, ob sich auf Ihrem Grund und Boden womöglich eine schwer verletzte Person oder eine Leiche mit einer fehlenden Hand befindet.«

»Schon gut. Tun Sie, was Sie tun müssen.« Die Kaffeemaschine begann, röchelnde Geräusche von sich zu geben. »Wir wollen alles, nur keinen Ärger.«

»Wissen Sie wirklich nichts über die Hand?«, wandte Broders sich wieder an den Sohn. »Gab es außergewöhnliche Vorfälle? Waren in letzter Zeit vielleicht Personen unten am Rastplatz oder in der Nähe, die dort nichts zu suchen hatten?«

Krischan Schuster sah hilfesuchend zu seinem Vater.

»Uns ist niemand aufgefallen«, sagte der. Sein Sohn nickte bekräftigend.

Broders griff nach jedem Strohhalm. »Gab es kürzlich vielleicht einen Unfall mit einer Verletzung, bei der eine Hand abgetrennt wurde?« Wie unwahrscheinlich war das?, fragte er sich. Wie sollte man sich das vorstellen? Jemand sägte oder hackte sich im Dorf oder im Wald eine Hand ab, ließ sie dort liegen und lief weg. Ein Hund apportierte die abgetrennte Hand zum Rastplatz, wo die jugendlichen Kajakfahrer sie fanden?

Krischan starrte ihn an. Die Kaffeemaschine schien nun zu spucken und zu husten.

Erich Schuster wandte sich zu Broders um. »Eines will ich mal feststellen: Wir haben mit alldem nichts zu schaffen. Diese Hand ist euer Problem. Nicht unseres.«

»Das ist richtig.« Außerdem ist es vielleicht auch das Problem desjenigen, der die Hand verloren hat, setzte Broders in Gedanken hinzu. »Wir werden herausfinden, was es damit auf sich hat. Aber Sie sind räumlich gesehen ziemlich nah dran. Sie könnten etwas wissen, das uns weiterhilft, ohne sich dessen bewusst zu sein. Ich würde gern auch noch mit Ihrem anderen Sohn sprechen, Herr Schuster.«

»Georg kommt erst heute Abend«, sagte Erich Schuster.

»Abends meistens spät«, ergänzte sein Sohn.

»Er möchte mich anrufen, sobald er da ist. Richten Sie ihm das bitte aus.« Broders gab Krischan Schuster und dann dessen Vater je eine Visitenkarte. Als er Erich Schusters schwielige Hand streifte, den halben Finger dabei berührte, wäre er beinahe zurückgezuckt.

»Das war Fanny«, sagte Erich Schuster, als sie wieder in den Flur traten. Er schaltete das Licht ein und deutete auf eine der vergilbten Fotografien, die gerahmt an der Wand hingen. Darauf zu sehen war Erich Schuster in jungen Jahren, leicht zu erkennen an den abstehenden Ohren. Er saß stolz aufgerichtet zu Pferde, und das dunkle Tier mit ebenso großen Ohren hatte eine Rosette seitlich am Kopfgeschirr.

»Fanny ist das Pferd?«, fragte Broders vorsichtshalber.

»Was denn sonst? Sie hat mich den Finger gekostet, als sie ein Jährling war. Wildes Ding, das war sie. Ich hab sie selbst eingeritten. Sie hat mir danach nur noch Freude gemacht. So viele Siege. Immer haben wir zusammen gesiegt.«

»Wo ist das Foto aufgenommen worden?«

»Das war ein Springturnier in Neumünster. Erster Platz in einem M-Springen. Alle wollten sie mir Fanny abkaufen. Viel Geld hätte ich bekommen können. Aber ich hab sie nie verkauft. Fanny ist mit einunddreißig Jahren hier auf dem Hof gestorben und auch hier begraben.«

»Und wer ist das?« Broders deutete auf das Foto daneben. Zwei Frauen, die, ihrer Kleidung und ihren Frisuren nach zu urteilen, irgendwann in den Sechzigern mit ernstem Gesicht in die Kameralinse geschaut hatten.

»Meine Schwester Lotte und Hiltrud, meine Frau. Krischans und Georgs Mutter.«

»Leben die beiden auch auf dem Hof?«

»Meine Schwester ist zwischendurch weggegangen, doch jetzt wohnt sie wieder hier.« Er wollte anscheinend noch etwas hinzufügen, schwieg dann jedoch.

»Und Ihre Frau?«

»Hiltrud ist mir weggelaufen, als die Jungs noch klein waren. Inzwischen ist sie aber gestorben.« Er sah wieder auf die Fotografie an der Wand und kniff die Augen zusammen. »Fanny hat mich nie im Stich gelassen.«

»Warum hast du die Alte eigentlich gerettet, Laura?« Yannik Rehme saß auf der Mauer, die den ehemaligen Schlosshof vom Park abgrenzte. Die Rhododendren standen so hoch, dass die drei Jugendlichen von der Jugendherberge aus nicht zu sehen waren. Und falls sich doch jemand zu Fuß in diesen Teil des Geländes verirren sollte, würde ihn der Kies auf den Wegen rechtzeitig ankündigen. Der schmale Sechzehnjährige mit den dunklen Sommersprossen sog an dem Joint, den er gerade gedreht hatte, und reichte ihn Laura weiter. Als sie die Hand danach ausstreckte, zog er seine ein Stück zurück. »Sag schon.«

»Weil du ihren Breitarsch sonst vermisst hättest«, gab Laura zurück.

Nico beobachtete die beiden mit halb geschlossenen Lidern. Er genoss die letzten Strahlen der Abendsonne auf seinem Gesicht. Er fand, dass schon ein bisschen Mumm dazugehörte, Yannik zu provozieren.

»Becca Breitarsch. Niemand vermisst die! Die hat doch auch keinen Typen, der sie vögelt«, sagte Yannik.

»Doch.« Nico blinzelte. »Ich glaube, sie und Tarzan treiben es miteinander.«

»Echt jetzt?« Yannik reichte Laura den Joint weiter. »Wenn du recht hast, dann lässt sich damit bestimmt was anfangen. Woher weißt du das?«

Nico zuckte mit den Schultern und nahm den Joint von Laura entgegen. Nach dem ersten Zug sagte er: »Ich sehe es, wenn sie mit ihm redet. Wie sie den ansieht … Ist eindeutig. Die ist verknallt in den.«

»Das muss ja noch nichts heißen.«

»Glaub mir …«, meinte Nico. Dass er Becca und Tarzan vor einer Weile mal beim Knutschen im Auto gesehen hatte, erwähnte er nicht.

»Warum willst du dich wegen dieser Frau in Schwierigkeiten bringen, Yannik? Es läuft doch gerade ganz gut für dich«, wollte Laura wissen.

»Das verstehst du nicht. Ich hab Gründe.«

»Klar.« Laura nickte. »Gründe! Gib die Tüte rüber.«

Der Joint kreiste ein weiteres Mal. »Die Hand heute sah echt fies aus«, sagte Nico. »Habt ihr das auch gesehen? Die Haut war voll graublau angelaufen. Und die Fingernägel mit dem Nagellack haben sich teilweise schon abgelöst. Da waren Maden an der Schnittfläche und im Nagelbett …« Er schüttelte sich. »Denkt ihr nicht darüber nach, was da passiert ist? Wem die Hand gehört hat und so?«

»Nö«, antwortete Laura. »Ich will das gar nicht wissen, wenn hier ein gestörter Mörder mit einem Hackebeilchen herumläuft.« Sie sah über ihre Schulter.

»Wir passen schon auf dich auf«, sagte Nico.

»Es gibt bestimmt eine ganz langweilige Erklärung dafür«, vermutete Yannik. »Hier passiert doch nie was. Das war nur ein Unfall. Eine Amputation …«

»Wie soll das denn gehen?«, fragte Laura.

»Wenn irgendeine Gefahr bestünde, hätte uns die Polizei doch wohl kaum in der Nähe übernachten lassen«, sagte Nico. »Noch dazu in diesem Gruselschuppen von einer Jugendherberge.«

»Habt ihr den Herbergsvater gesehen? Schräg, oder?«, stieß Laura lachend hervor. »Und seine Frau erst. Kennt ihr die auch? Voll die Glitzerhexe!«

Yannik lachte ebenfalls. »›Glitzerhexe‹ ist gut. Aber ehrlich, Nico. Du bist so was von naiv, wenn du denkst, dass die Polizei sich für unsere Sicherheit interessiert. Schade übrigens, dass wir die Ekel-Hand nicht behalten konnten. Damit hätten wir heute Nacht noch etwas anfangen können.«

»Was habt ihr vor?«, wollte Laura wissen.

»Wir werden Becca einen kleinen Schrecken einjagen, indem wir ihr eine Überraschung ins Bett legen.«

Nico zog ein Marmeladenglas aus dem Rucksack und reichte es Laura. Die verzog angeekelt das Gesicht, kicherte dann aber. »Was sind denn das für Käfer?«

»Keine Ahnung«, sagte Nico. »Hab ich gesammelt. Sehen fies aus, oder?«

Yannik betrachtete den Inhalt des Glases. »Wir sprachen von Kakerlaken, Nico. Sind das Kakerlaken? Das sind doch eher Marienkäfer …«

Laura kicherte wieder.

»Kellerasseln«, berichtigte Nico ihn.

Yannik schüttelte den Kopf, schraubte das Glas auf und entleerte den Inhalt in den Busch hinter sich.

»Was soll das denn, Yannik? Ich hatte voll Mühe, die zu finden und einzusammeln.«

»Ich hab was Besseres.« Nun nahm er eine Plastiktüte aus seinem Rucksack und reichte sie Nico. Der schaute hinein. »Was ist …? Echt jetzt?«

»Zeig mal.« Laura riss Nico die Tüte aus der Hand. Sie nahm einen salatgurkengroßen roten Dildo heraus, hielt ihn hoch und verzog das Gesicht. »Woher hast du das Zeug?«

»Bestellt«, sagte Yannik.

Laura fischte noch eine schwarze Maske aus Kunstleder aus der Tüte und legte sie neben den Dildo auf die Mauer.

Nico betrachtete die Maske, hielt sie sich vors Gesicht, kicherte nun ebenfalls. »Und was willst du damit anfangen?«

»Ich lege das Becca heute Nacht unters Kopfkissen und versteck mich in ihrem Schrank, damit ich ihr Gesicht nicht verpasse, wenn sie das Zeug entdeckt.«

»Und was soll das?«, fragte Laura kopfschüttelnd.

»Ich könnte ein Video von ihr machen? Für Youtube.«

»Spinnst du jetzt komplett?« Laura schien mit einem Schlag wieder zur Vernunft gekommen zu sein. »Das wäre doch kein Spaß mehr!« Auch Nico merkte, wie ihm das Kichern im Hals stecken blieb.

»Ich weiß«, erklärte Yannik. »Ich mach die fertig.«

»Ich dachte, du hast Pläne. Eine richtige Ausbildung und so?«, erinnerte Laura ihn.

»Vielleicht ist das mit Becca mein Plan?«

Laura runzelte die Stirn. Yannik stopfte die Sex-Spielzeuge zurück in die Tüte und dann in seinen Rucksack.

Nico trat den Joint aus und verscharrte den Stummel unter dem Kies. Er hatte ein verdammt ungutes Gefühl.

5. Kapitel

Warum war er nicht abgebogen und hatte in dieser Jugendherberge nach einem Bett für die Nacht gefragt? Als Bennet Neubert an dem blauen Schild vorbeigekommen war, war es ihm noch zu früh erschienen. Da hatte er noch gehofft, heute bis Neustadt zu kommen. Doch seither hatte kein Auto mehr angehalten. Nun war es zu weit, um kehrtzumachen und zurückzugehen. Und er war zu geizig dazu, gab er in seinem endlosen Selbstgespräch zu, das er während seines einsamen Marsches führte. Warum Geld für eine Übernachtung in einer Jugendherberge ausgeben, wenn er vielleicht umsonst irgendwo pennen konnte? Couchsurfing gefiel ihm. Manchmal lernte er jemanden kennen, bei dem er auch spontan auf dem Sofa oder Fußboden schlafen konnte. Zur Not genügte ihm eine Feldscheune oder sogar ein Strandkorb, den er natürlich zuerst gewaltsam öffnen musste.

Bennet zog sein Handy aus der Tasche, doch seit er diesen Wald durchquerte, hatte er kein Netz. Blöder Mobilfunkanbieter! Und es war weit und breit keine Ortschaft in Sicht. Nicht einmal ein einsames Gehöft. Nur endlose Reihen kahler Baumstämme auf moosigem oder mit braunen Nadeln bedecktem Grund, die sich in einer unergründlichen Dunkelheit verloren. Bennet versuchte, sich an das letzte Straßenschild zu erinnern. Wie viele Kilometer musste er noch gehen?

Nach weiteren zweihundert Metern wollte Bennet nichts so sehr wie seinen Rucksack ablegen, eine heiße Dusche nehmen und dann die Füße hochlegen. Die Blase an seinem linken Fuß brannte. Ebenso die Stelle, die der Hüftgurt seines Rucksacks aufgescheuert hatte. Auch der Rücken tat ihm weh.

Zwei Lkw waren in dieser Zeit von hinten gekommen; einer davon, ein Holzlaster, war trotz seines erhobenen Daumens – und des flehenden Blickes – an Bennet vorbeigerast. Eben hatte ihn noch ein Pkw überholt. Ein dunkler Passat mit Hamburger Kennzeichen und einem einzelnen Typen in weißem Hemd und Krawatte darin, der auch nicht angehalten hatte.

Diese Straße gefiel ihm nicht. Er erinnerte sich an das Hochglanzmagazin über Verbrechen, das er im Wartezimmer seines Zahnarztes gelesen hatte. Diese Geschichte über einen kanadischen Highway, an dem schon viele Tramper auf Nimmerwiedersehen verschwunden waren. Die meisten davon waren Indianerinnen aus den umliegenden Reservaten gewesen. In dem Artikel wurde gemutmaßt, dass sie ermordet und ihre sterblichen Überreste im Wald am Rande der Straße verscharrt worden waren. Bennet war keine Indianerin. Und dies war nicht Kanada, sondern Schleswig-Holstein. Doch die Landstraße erinnerte ihn an das Foto dieses Highways in dem Magazin. Ein Schauder lief ihm den Rücken hinunter. Es wurde auch langsam dunkel.

Er war kurz davor, neben der Straße auf den Boden zu sinken und den Kopf auf die Knie zu legen, als er den Parkplatz hinter der nächsten Kurve sah. Dort stand ein Auto. Er beschleunigte den Schritt, fing an zu humpeln.

Eine Frau stand neben ihrem Auto und telefonierte. Ihr Hund lief auf dem Parkplatz herum und verschwand im Gebüsch. Er war nicht angeleint und stromerte ein Stück in den Wald hinein. Immerhin, so konnte die Frau nicht einfach in ihren Wagen springen und davonfahren, wenn er sie ansprach.

Sie war Mitte bis Ende vierzig, schlank, mit braunen kurzen Haaren und einer eckigen Brille, die sie distanziert und intellektuell aussehen ließ. »Hallo – entschuldigen Sie bitte. Wohin fahren Sie?« Offene Fragen zu stellen war das A und O, wenn man beim Trampen Leute anquatschte.

Die Frau runzelte die Stirn, bedeutete ihm, dass sie weitertelefonieren wollte. »Hier ist gerade so ein Typ mit einem Rucksack gekommen. Ein Anhalter wahrscheinlich«, hörte er sie sagen. »Nein, er sieht ungefährlich aus.«

Bennet grinste und ging ein paar Schritte zur Seite, wie um zu signalisieren, dass er nicht lauschen wollte. Er ließ den Rucksack zu Boden fallen und fuhr sich durch die weichen blonden Haare. Er wusste, dass er nett, jung und harmlos aussah. Das war beim Trampen ein entscheidender Vorteil. Er achtete auch auf saubere und nicht zu abgerissen aussehende Kleidung. Bennet verkniff es sich, sich eine Zigarette anzuzünden, obwohl er sich nach einer sehnte. Geduldig wartete er, bis die Frau ihr Telefonat beendet hatte.

Sie pfiff nach ihrem Hund und öffnete ihm die Heckklappe, sodass er hineinspringen konnte.

»Entschuldigen Sie bitte, dass ich Ihr Telefonat gestört habe. Fahren Sie in Richtung Neustadt?«

»Keine Ursache. Nein. Ich muss nur bis ins nächste Dorf.« Sie schlug die Kofferraumklappe zu.

»Das würde mir schon weiterhelfen. Kann ich ein Stückchen mit Ihnen fahren?«

Sie runzelte die Stirn. »Ich nehme als Frau allein prinzipiell keine Anhalter mit.«

Er hörte das leise Bedauern in ihrer Stimme. »Bitte! Ich bin schon den ganzen Tag zu Fuß unterwegs und, ehrlich gesagt, ziemlich geschafft. Hier ist weit und breit nichts, wo ich übernachten könnte, und es kommen auch kaum noch Autos vorbei.«

»Bis ins nächste Dorf sind es nur noch drei Kilometer«, sagte die Frau. »Da gibt es einen Gasthof.«

»Würden Sie mich bis dorthin mitnehmen?« Er legte seinen jungenhaften Charme in die Worte, nicht zu viel und nicht zu wenig. Die Leute schätzten ihn immer jünger ein als seine vierundzwanzig Jahre. Auch das war ein Vorteil beim Trampen.

Die Frau sah die Straße hinunter, stellte sich wohl vor, wie es war, sie mit einem schweren Rucksack auf dem Rücken entlangzugehen, während sich langsam die Dämmerung herabsenkte.

»Bitte!«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich will nicht. Tut mir leid.« Sie öffnete die Fahrertür.

»Aber warum denn nicht?«

Die Frau verharrte in der Bewegung, den Türgriff in der Hand. Bennet hielt den Atem an. Sie sah ihm in die Augen. Musterte ihn noch einmal von Kopf bis Fuß. Er war gut zwanzig Jahre jünger als sie und einen halben Kopf kleiner.

»Was soll ich Ihnen denn tun?«, fragte er.