Sturmvögel - Einar Kárason - E-Book
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Sturmvögel E-Book

Einar Kárason

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Beschreibung

Winter 1959, ein isländischer Trawler liegt vor Neufundland auf stiller See. Zweiunddreißig Mann sind an Bord, das Wetter ausgezeichnet. Keiner ahnt, dass die Harmonie innerhalb von Minuten in ein monströses, traumatisches Szenario umschlagen wird: Ein Sturm kommt auf, das schwere Schiff ist plötzlich von Eis überzogen, droht zu bersten und in den unbändigen Wellen zu versinken. Notrufe anderer Schiffe laufen ins Nichts, niemand scheint eine Chance zu haben. Es ist ein erbitterter Kampf um Leben und Tod.

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Seitenzahl: 128

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Über das Buch

Winter 1956, ein isländischer Trawler liegt vor Neufundland auf stiller See. Zweiunddreißig Mann sind an Bord, das Wetter ausgezeichnet. Keiner ahnt, dass die Harmonie innerhalb von Minuten in ein monströses, traumatisches Szenario umschlagen wird: Ein Sturm kommt auf, das schwere Schiff ist plötzlich von Eis überzogen, droht zu bersten und in den unbändigen Wellen zu versinken. Notrufe anderer Schiffe laufen ins Nichts, niemand scheint eine Chance zu haben. Es ist ein erbitterter Kampf um Leben und Tod.

Über den Autor

EINAR KÁRASON, geboren 1955, ist einer der wichtigsten Autoren der skandinavischen Gegenwart. Berühmt wurde er durch seine Trilogie »Die Teufelsinsel«, »Die Goldinsel« sowie »Das Gelobte Land«. Sein Roman »Sturmerprobt« stand auf der Shortlist des Nordischen sowie des Isländischen Literaturpreises. Für »Versöhnung und Groll« erhielt er den Isländischen Literaturpreis. Zuletzt erschien 2017 die imposante Isländer-Saga »Die Sturlungen«, an der der Autor über ein Jahrzehnt arbeitete, bei btb. Für seinen neuesten Roman »Sturmvögel« wurde er 2020 mit dem schwedischen Kulturhuset-Stadsteatern-Preis für internationale Literatur ausgezeichnet. Kárason lebt in Reykjavík.

Einar Kárason

Sturmvögel

Roman

Aus dem Isländischen von Kristof Magnusson

Die isländische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Stormfuglar« bei Forlagið, Reykjavík.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

© 2021 btb Verlag, München

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Copyright der Originalausgabe © 2018 by Einar Kárason

Covergestaltung: Semper Smile nach einem Entwurf von Paul Engles

Covermotiv: Slava Gerj/Shutterstock

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-23930-5V002

www.btb-verlag.de

www.facebook.com/btbverlag

Im Februar 1959 gerieten einige isländische Fischtrawler vor Neufundland in ein schweres Unwetter. Die damaligen Ereignisse dienten mir als Ausgangspunkt für diese Geschichte – Handlung und Personen hingegen gehorchen nur den Gesetzen der Dichtung.

Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht der Trawler Mávur, was auf Deutsch so viel heißt wie Möwe.

Auf den ersten Blick wirkt es wie ein aussichtsloses Unterfangen, ein Schiff in einem Wintersturm von Eis zu befreien. Das Eis sieht nicht nur aus wie Glas, es ist auch ebenso hart wie Glas, und wenn das Ganze erst mal so weit fortgeschritten ist wie auf unserem Schiff, dann reden wir nicht mehr über einen dünnen Eisüberzug, den ein Kind mit einem Steinwurf zerschmettern könnte, sondern über eine massive, bizarr geformte Skulptur aus Kristallglas, als hätte ein kunstsinniger Handwerker seiner Fantasie freien Lauf gelassen und sich nur noch lose an den wirklichen Umrissen eines Schiffes orientiert. Über den Schleppnetz-Winden türmt sich das Eis so hoch auf, als wären da kleine Berge oder Ski-Hügel, während die Stützen für die Fischbecken an amerikanische Wolkenkratzer erinnern. Die Reling auf dem Schanzkleid ist zu einer steinernen Gartenmauer geworden, und Drähte und Seile, die normalerweise nicht dicker sind als der Daumen eines kräftigen Bootsmanns, haben nun den Umfang von Abwasserrohren. An den Galgen, über die normalerweise unsere Schleppnetze laufen, hängt das Eis in riesigen Klumpen. Auch das Bootsdeck ist bereits vollkommen mit Eis bedeckt, genau wie das, wovon im Fall der Fälle unser Leben abhängt: die Rettungsboote.

Und dann ist da noch der Aufbau auf dem Vorschiff, die Back, mit ihren Winden und Spills. Dort sieht es aus wie auf einem Gletscher, der Ähnlichkeit hat mit dem Vatnajökull, auf dem vor einigen Jahren das Flugzeug Geysir abgestürzt war. Die Besatzung hatte man damals schon aufgegeben und dann nach vielen Tagen doch noch lebend gefunden. Als sich einige Monate später im Frühling eine Suchmannschaft zu der Unglücksstelle aufmachte, um das Flugzeug und seine Fracht zu bergen, war das Wrack schon völlig vom Eis des Gletschers verschlungen worden. Dasselbe war mit dem Schneekufen-Flugzeug passiert, das die U. S. Army geschickt hatte, um die Besatzung der Geysir zu retten – es war sofort nach der Landung festgefroren und musste zurückgelassen werden.

Auch der Besatzung des Trawlers Mávur kam es so vor, als müsste sie gegen einen ständig wachsenden Gletscher kämpfen. Alle hatten ihre wärmste Kleidung an, Ölzeug und Watstiefel, die ihnen bis über die Knie gingen. Manche benutzten Hämmer, andere Schraubenschlüssel, manche Stücke von Rohren, Fleischklopfer, Küchenbeile, der Bootsmann schwang eine enorme Brechstange, die man an Land auch Kuhfuß nannte, und die, die es am besten getroffen hatten, arbeiteten mit einer der beiden Eisäxte an Bord, die im Vergleich zu den anderen Gerätschaften sonderbar klein wirkten. Sie wagten sich auf das vereiste Vorschiff, wo man sich besonders gut festhalten musste, was normalerweise kein Problem war, auch nicht bei so heftigem Seegang, wie wir ihn hatten, doch nun war alles, was einem Halt geben konnte, unter dem Eis verschwunden.

Wenigstens rollte das Boot weniger, als es bei einem solchen Unwetter normalerweise der Fall gewesen wäre – das Gewicht des Eises sorgte dafür, dass das Schiff sich, wenn überhaupt, nur noch langsam wieder aufrichtete, nachdem es sich nach Backbord oder Steuerbord geneigt hatte. Aber das hatte natürlich auch Nachteile, bedeutete es doch, dass der Boden unter den Stiefeln der Besatzung immer ein Gefälle hatte. Und dann waren da noch die Sturzseen, die über uns hereinbrachen, wenn wir am wenigsten damit rechneten, mächtige Brecher, die mit der Wucht eines Wasserfalls auf unser Schiff schlugen und alles unter sich begruben.

Auch wenn das Eis vom Aussehen her einem Gletscher oder einer massiven Skulptur aus Kristallglas glich, war es einfacher abzuschlagen, als man vermuten würde. Ein klug gesetzter Hieb gegen eine Stütze der Reling oder dorthin, wo unter dem Eis ein Stahlseil verlief, konnte einen halben Meter losschlagen, manchmal sogar mehr. Es ist immer schön zu sehen, wenn man mit seiner Arbeit Erfolg hat, egal welche Arbeit es ist, und hier hatte es etwas besonders Ermutigendes. Die gänzlich verschwundene Reling tauchte nach einigen Schlägen dort wieder auf, wo sie immer schon gewesen war. Anfangs machte es sogar irgendwie Spaß, mit tief in das von der Gischt nasse Gesicht gezogenem Südwester zuzusehen, wie von einem Stahlseil, das durch seinen Eispanzer eben noch den Umfang eines Fassbodens hatte, nach einigen Hieben mit der entsprechenden Kraft das Eis abplatzte, in großen Brocken auf das Deck fiel und dann in der tosenden See verschwand. Anfangs kamen sie gut voran und gaben dem Schiff seine ursprüngliche Form zurück. Das Arbeitsdeck tauchte wieder auf, sowohl die Abschnitte, an denen noch braune oder schwarze Farbe haftete, als auch die mit dem blanken Stahl. Bei dieser Arbeit war es leicht, alles um sich herum zu vergessen, doch genau das erlaubte man sich besser nicht, musste man doch ständig aufpassen, ob nicht wieder einer dieser Brecher auf das Schiff niederging, und darauf gefasst sein, schnell einen der soeben freigeschlagenen Haltegriffe zu packen.

Der Kapitän stand oben im Ruderhaus hinter einem Fenster und beobachtete über ihre Köpfe hinweg die See um sie herum, die Wellen, die zum Teil so hoch waren, dass er sich ganz aufrichten musste, um abschätzen zu können, wie sie verliefen. »BRECHER!«, brüllte er auf das Deck hinaus, sobald er ahnte, dass eine Sturzsee auf das Schiff niedergehen würde. Und nachdem das Wasser abgeflossen war, hatte sich auf alles, das sie gerade enteist hatten, abermals eine Eisschicht gelegt, die nicht nur jeder neue Brecher weiter anwachsen ließ, sondern auch die mit Gischt gesättigte Luft und der Schnee. So mussten sie immer wieder auf dieselben, gerade erst enteisten Relingstützen und Stahlseile einschlagen, nur jedes Mal mit etwas weniger Kraft in den Armen. Und die warmen Wollsachen, die sie unter ihrem Ölzeug trugen, waren auch längst nicht mehr trocken, weil die Männer wegen der harten Arbeit schwitzten und ihnen bei jedem Brecher kaltes Wasser in den Kragen lief, das manchmal sogar so hoch an Deck stand, dass es ihnen in die Stiefel schwappte.

Anfangs kamen sie gut voran, aber dann waren da immernoch die Eismassen auf dem Vorschiff, die sich um die Winden und auf der Back auftürmten und das Schiff schwerer und schwerer machten. Im Gegensatz zu den Stahlseilen, die hin und her schwangen und dadurch mithalfen, das Eis abzuschütteln, waren die Eismassen auf dem Vorschiff so unbeweglich, schweigend und kalt wie die Gletscher im isländischen Hochland. Die stärksten Männer mit dem besten Werkzeug machten sich dennoch ans Werk, und das mit um so größerem Eifer, so dass es auch hier kleine Erfolge gab. Besonders an der Treppe, die auf die Back hinaufführte, schlugen sie einige schöne Stücke ab, die dann aber wiederum so groß waren, dass es ein anderes Problem gab: Diese Eisbrocken schlitterten nun über das nasse Deck, und man tat gut daran, ihnen aus dem Weg zu gehen. Jeder Seemann weiß, wie scharf die Kanten von abgebrochenem Eis sein können. Erst vor wenigen Tagen hatte ein Eisberg ein modernes Schiff mit über hundert Mann versenkt, und das in denselben Gewässern, in denen die Mávur unterwegs war, jenen Gewässern, in denen es vor ungefähr einem halben Jahrhundert auch den Luxusdampfer Titanic mit fast zweitausend Menschen erwischt hatte. Außerdem konnten diese Eisbrocken einen Seemann verletzen. Erschwerend kam hinzu, dass das Schiff nicht leichter geworden war, weil die Brocken immer noch an Bord lagen. Diese scharfkantigen, unkontrolliert über das glitschige, schwankende Deck rutschenden Brocken mussten eingefangen und so klein gehackt werden, dass sie durch die Speigatten von Bord gespült werden konnten; die größeren Stücke mussten sie mit vereinten Kräften über das Schanzkleid hieven.

Die, die sich als Erste hinausgewagt hatten, um den Kampf mit dem Eis aufzunehmen, hatten sich Seile um die Körpermitte gebunden, deren andere Enden am Schiff festgemacht waren. Die anderen in den Mannschaftskabinen unter dem Vordeck mussten warten, bis ein Seil zwischen dem Ruderhaus und der Back gespannt worden war; dann erst konnte man riskieren, sie herauszurufen. Sie machten sich, durch das Seil gesichert, auf ihren Weg über das Deck in Richtung Ruderhaus. Dort angekommen bekamen sie den Befehl, das Eis abzuschlagen, das sich außen vor dem Ruderhaus angesammelt hatte. Sie machten Fortschritte, nur zerschlugen sie mit einem ihrer Hiebe ausgerechnet das Fenster, an dem der Kapitän normalerweise stand, weil dort der Maschinentelegraf war, mit dem er seine Kommandos an den Maschinenraum übermittelte. Normalerweise hätte man diese Fensteröffnung sofort irgendwie abgedeckt, da jetzt Gischt, Wind und Schnee eindrangen, doch der Kapitän wusste sofort, dass sie das nicht tun durften, schließlich waren alle anderen Fenster des Ruderhauses waren fast vollständig vereist.

*

Ihr Fanggebiet hatten sie vier Tage zuvor erreicht, nach einer langen Fahrt von Island aus, 1200 Seemeilen gen Südwesten, vorbei an Grönlands Kap Farvel bis hierher, an die Küste vor Neufundland, wo es so unglaublich viel Rotbarsch gab. Gleich beim ersten Tageslicht am Dienstag befahl der Kapitän der Mannschaft, an Deck zu kommen und die Schleppnetze klarzumachen. Das Wetter war ruhig, aber kalt, minus fünf Grad, und das, obwohl sie in weitaus südlicheren Breiten unterwegs waren als sonst. Die See war eisig hier, da der kalte Labradorstrom, der zwischen Grönland und Kanada aus dem Norden kam, auf das deutlich wärmere Wasser des Golfstroms aus dem Süden traf. Das hatte nicht nur starken Seegang zur Folge, sondern spülte auch viele Nährstoffe an die Oberfläche, weshalb hier viele Fische waren, viel Leben, und zwar nicht nur im Wasser, sondern auch in der Luft. Gerade in diesem Moment sahen sie über ihren Köpfen einen großen Schwarm von Dreizehenmöwen auf ihrem allmorgendlichen Zug in Richtung Nordost, hinaus aufs Meer. Von denen gab es hier so viele, dass isländische Seeleute die Neufundlandbank auch Möwen-Bank nannten. Neben unserer Mávur waren auch andere isländische Trawler in der Nähe unterwegs, mit der Skerpla und der Harpa aus Hafnarfjörður standen wir in Funkkontakt. Die Eyfirðingur aus Nordisland befand sich irgendwo weiter nördlich, zusammen mit der Garpur aus den Ostfjorden, dem modernsten und prächtigsten Schiff der isländischen Fischereiflotte, das erst vor einem oder zwei Jahren in West-Deutschland gebaut worden war. Die Garpur hatte vor Kap Farvel einen schlimmen Brecher abbekommen und über Funk mitgeteilt, es habe sich angefühlt als würde man bei voller Fahrt gegen eine Betonmauer prallen. Der Brecher war wohl mit voller Wucht auf die Steuerbordseite des Ruderhauses geprallt, hatte dort sieben Fenster und alle Lampen zerschmettert, wodurch der Steuermann und die anderen im Ruderhaus bis zur Hüfte in kaltem Wasser standen und der Funker das Glück hatte, nicht backbord über Bord gespült zu werden, als das wieder ausströmende Wasser eine Tür aus den Angeln riss. Erst schien es, berichteten sie den anderen über Funk, als müsse die Garpur nach Island zurückkehren, schließlich waren, abgesehen von den anderen Schäden, auch noch alle technischen Geräte ausgefallen. Doch dann konnten sie fast alles reparieren. Das Erste, was sie hörten, als die Funkanlage wieder lief, war der Notruf von einem ebenfalls nagelneuen dänischen Schiff, das auch vor dem südlichsten Punkt Grönlands unterwegs war. Sie meldeten, dass sie sinken, also nahm die Mannschaft der Garpur sofort Kurs auf die Position, von der der Notruf abgesetzt worden war, doch sie brauchten zu lange für die Fahrt dorthin. Als sie und einige andere Schiffe die Unglücksstelle erreichten, trieben dort nur noch ein paar Wrackteile im Nebel. Die Besatzung eines amerikanischen Flugzeugs, das über der Unglücksstelle kreiste, entdeckte einen Rettungsring im Meer.

Wir auf der Mávur wollten ursprünglich gemeinsam mit dem Trawler Póseidon in Reykjavík auslaufen und die Strecke gemeinsam zurücklegen, doch dann hatten die wieder einmal irgendein technisches Problem und saßen noch einige Tage länger im Hafen von Reykjavík fest.

Nachdem die Männer an Deck der Mávur den Flug der Dreizehenmöwen eine Weile bewundert hatten, zogen sie die Handschuhe an und machten sich an die Arbeit. Allen gefror der Atem. Es war nicht nur die Luft, die kalt war, auch das Meer war in diesen Breiten kälter als gedacht. Die meisten haben ja schon in der Grundschule gelernt, dass Wasser bei null Grad Celsius gefriert. Doch hier waren andere Kräfte am Werk, die Wassertemperatur lag bei minus zwei Grad, wegen des Salzgehalts, sagten die, die sich auskannten. Auf jeden Fall war das noch ein Grund mehr, an Deck nicht allzu hastige Schritte zu machen, schon gar nicht auf dem Arbeitsdeck oder auf den Stufen hinauf auf die Back. Erst letzten Winter hatte ein isländischer Trawler nicht weit von hier einen Matrosen verloren. Die See war spiegelglatt gewesen an dem Tag, so dass sie ihn schon nach einer oder zwei Minuten mit einem Haken wieder an Deck ziehen konnten, doch da hatte die Kälte ihn schon getötet, ganz blau sei er da schon gewesen, nahezu steifgefroren, sagte einer hier auf der Mávur, der bei dem Unglück dabei gewesen war.

Also dann, an die Schleppnetze. Es gab zwei davon, die zusammengerollt am Schanzkleid der Mávur festgezurrt waren, eins an Backbord, eins an Steuerbord, beide waren vollkommen intakt und bereit, auf Befehl des Kapitäns ausgeworfen zu werden, alle Schäden an den grünen Netzen hatten sie bereits auf der letzten Heimfahrt ausgebessert und als sie im Hafen von Reykjavík lagen.