100 und 1 Gründe für eine Reise in die Provence - Julia Kramatschek - E-Book

100 und 1 Gründe für eine Reise in die Provence E-Book

Julia Kramatschek

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Beschreibung

Die Provence bezaubert mit ihrer einzigartigen Schönheit und bunten Vielfalt. Endlosen, duftenden Lavendelfeldern, malerischen Dörfchen, atemberaubenden Landschaften und sinnesbetünchenden Küche – die Provence verzaubert Klein und Groß. 2022 wurde der Blog „Luberon Blog“ ins Leben gerufen, um sich dieser wunderschönen Region zu widmen. Bei all der Fülle an faszinierenden Facetten, die die Provence vereint, sind über die Jahre mehr als 100 Blogbeiträge entstanden, die nun in einem Buch zusammengefasst werden. Jeder dieser Artikel ist mehr als ein Grund für eine Reise in die Provence - eine Welt des Genusses, der Schönheit und des Erstaunens. Erfahren Sie, warum die Provence ein Magnet für Künstler, Schriftsteller und Genießer aus aller Welt ist. Entdecken Sie die kulinarische Exzellenz, die in den provenzalischen Märkten, Cafés und Restaurants auf Sie wartet. Erleben Sie das Erbe der Römer und mittelalterlichen Herrscher in den historischen Städten und Dörfern. Tauchen Sie ein in die reiche Kultur und die herzliche Gastfreundschaft der Provenzalen mit ihrem unverkennbaren Savoir-Vivre!

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Inhaltsverzeichnis

Aix-en-Provence

Allemagne-en-Provence

Apt

Arles

Avignon

Banon

Bonnieux

Cassis

Carpentras

Cavaillon

Châteauneuf-du-Pape

Fontaine de Vaucluse

Forcalquier

Gordes

Goult

Isle-sur-la-Sorgue

Lacoste

Les Baux-de-Provence

Les Taillades

Lourmarin

Manosque

Marseille

Ménerbes

Nîmes

Oppède

Robion

Roussillon

Saint-Rémy-de-Provence

Saint-Saturnin-lès-Apt

Salon de Provence

Sault

Abbaye Notre-Dame de Sénanque

Der „Colorado provençal“

Die Camargue

Die Calanques

Die Départments der Provence

Die Flüsse der Provence

Falaise de la Madeleine

Glanum

Les „Alpilles“

Les Carrières de Lumières

Luberon

Mont Ventoux

Plateau de Valensole

Pont-du-Gard

Schluchten im Luberon

Villages Perchés – Bergdörfchen der Provence

Besondere Märkte der Provence

Der provenzalische Sternenhimmel

Die provenzalische Sonne

Fête votive

Fahrradfahren in der Provence

Frédéric Mistral – Nobelpreisträger und Provenzale

Kalkstein

Kunst der Provence

Lavendel

Le provençal

Les expressions provencales

Märkte

Mistral – meisterlicher Wind

Ockerfelsen der Provence

Provenzalische Töpferkunst

Provenzalische Weihachten

Santon

Seife der Provence

Stoffe der Provence

Wetter in der Provence

Zikaden der Provence

Albert Camus Traum in Lourmarin

Cézanne und Aix-en-Provence

Das Meisterwerk von Henri Matisse

Die Provence von Picasso

Die Römer in der Provence

Die Rose des Petit Prince in Oppède

Die Tempelritter in der Provence

Henri Bosco – verliebt in den Luberon

Im Mittelalter in der Provence

Louise Bourgeois in Bonnieux

Nostradamus und die Provence

Renoirs späte Liebe

Van Gogh in der Provence

Calissons d´Aix

Der Königskuchen der Provence

Die provenzalische Küche

Dreizehn Weihnachtsdesserts

Fougasse

Kandierte Früchte

Käse der Provence

Kräuter der Provence

La Daube

Mandeln der Provence

Navettes – süße Schiffchen

Nougat

Obstanbau der Provence

Panisse

Pastis

Provenzalische Oliven

Traditionelle provenzalische Sommersuppen

Trüffel und die Provence

Weine der Provence

Es gibt 100 Gründe…

Impressum

Herzlich willkommen zu einer Reise durch die Provence

– einer traumhaften Region im Süden Frankreichs!

Mit seinen sonnenverwöhnten Hügeln, duftenden Lavendelfeldern, malerischen Dörfern und lebhaften Städten, scheint die Provence wie aus einem Bilderbuch entsprungen zu sein. Hier findet sich eine Welt voller unvergleichlicher Schönheit, Geschichte und Kultur. Meine Liebe zu diesem Paradies hat mich dazu inspiriert, Anfang 2021 einen Blog über diese traumhafte Region zu erstellen. Fast wöchentlich habe ich in den fast zwei Jahren neue Blogeinträge über die Provence veröffentlicht, die sich zu einer beeindruckenden Summe von mehr als 100 Artikeln vereinen. Jeder dieser Artikel dient nun als ein Grund für eine Reise in die Provence, die nun zu einem Buch zusammengefasst sind.

Kommen Sie mit auf eine Reise mit 101 Gründe, der jeder für sich eines der unzähligen Möglichkeiten, die die Provence und ihre unvergleichliche Landschaft bietet! Von den glitzernden Küsten des Mittelmeers über die majestätischen Alpen bis zu den endlosen Weinbergen und Olivenhainen erstreckt sich eine Landschaft, die gleichzeitig ruhig und lebendig, gelassen und aufregend ist. Ganz im Sinne des Savoir-Vivre der Provenzalen lade ich Sie ein, auf Entdeckungstour durch diese majestätische Region zu kommen und all ihre Vorzüge zu genießen.

So werden wir uns im ersten Kapitel, „Orte der Provence“, den malerischen Ortschaften und besonderen Plätzen widmen, die man um jeden Preis besucht haben muss. Tauchen Sie ein in die kleinen Gassen von Gordes oder erleben Sie die majestätische Schönheit des Mont Ventoux. Das zweite Kapitel, „Kultur und Geschichte der Provence“, öffnet ein Fenster zum reichen Erbe und fesselnden Geschichten der provenzalischen Kultur. Von historischen Kulturgütern bis zu den faszinierenden Erzählungen, die diese Region geprägt haben, entdecken Sie die vielschichtige Vergangenheit der Provence. Lernen Sie Berühmtheiten der Provence und Künstlerinnen und Künstler der ganzen Welt kennen, die in der Provence ihr geliebtes Zuhause gefunden haben! Letztlich darf selbstverständlich auch nicht die „Kulinarik der Provence“ fehlen, die ein Fest für alle Sinne entfaltet und der daher das dritte Kapitel gewidmet ist. Mit seiner unvergleichlich bunten Küche und unzähligen Geschmäckern zählt die provenzalische Küche zu einer der beliebtesten und angesehensten Küchen der Welt. Genießen Sie die Aromen der provenzalischen Küche, von duftendem Lavendelhonig bis zu köstlichen Bouillabaisse-Gerichten, und lassen Sie sich von der kulinarischen Vielfalt dieser Region verführen.

Willkommen in der Provence, einer Welt des Genusses, der Schönheit und des Erstaunens, wo jeder dieser Gründe eine Einladung ist, die Schätze und Wunder dieser bezaubernden Region zu erkunden. Erfahren Sie, warum die Provence ein Magnet für Künstler, Schriftsteller und Genießer aus aller Welt ist. Entdecken Sie die kulinarische Exzellenz, die in den provenzalischen Märkten, Cafés und Restaurants auf Sie wartet. Erleben Sie das Erbe der Römer und mittelalterlichen Herrscher in den historischen Städten und Dörfern. Tauchen Sie ein in die reiche Kultur und die herzliche Gastfreundschaft der Provenzalen mit ihrem unverkennbaren Savoir-Vivre!

Nehmen Sie sich nun einen Moment Zeit, blättern Sie durch die Seiten, träumen Sie von sonnenverwöhnten Landschaften und lassen Sie sich von den 101 Gründen begeistern, die mich dazu veranlasst haben, die Provence als ein einzigartiges Reiseziel zu preisen.

Bon voyage! Julia Kramatschek – Luberon Blog

ORTE,

die man besucht haben sollte

ORTSCHAFTEN

Aix-en-Provence

Zwischen jungen Studentenleben und kulturellem Erbe zählt Aix-en-Provence für die Franzosen zu den Städten mit höchster Lebensqualität. Liebevoll nur kurz Aix genannt, lockt die Universitätsstadt gleichzeitig mit ihrem mediterranen Flair, barocken Pracht und modernen Trubel. Als ehemaliges Zentrum der Provence und noch immer Sitz des Erzbistum von Aix ist die Stadt schon lange von großer Bedeutung im Süden Frankreichs. Doch nicht nur dadurch erlangte der Ort an Berühmtheit. Er ist Heimatstädte des französischen Künstlers Paul Cézanne, der hier das mediterrane Leben in seinen weltberühmten Werken einfing und diese in seinem kleinen Atelier am Rande der Stadt erschuf.

Die Stadt von Cézanne

Der hier geborene Paul Cézanne verband viel mit seiner Heimat und kehrte immer wieder nach Aix zurück, wo er neue Inspiration für seine Werke fand. Der Hausberg von Aix „Mont Saint-Victoire“ verewigte er in einer eigenen Kunstreihe, probierte sich in Farbe und Stil aus und ließ den Berg Mittelpunkt in etwa 30 seiner Gemälde werden. Allein daran lässt sich seine Verbundenheit zu seinem Heimatort und Umgebung erkennen, wodurch Aix aus einer künstlerischen Perspektive zeigt. Hier verfeinerte Cézanne seinen Stil, arbeitete zunehmend impressionistisch, erschuf seine bekannten Stillleben und wand sich schließlich der Aquarellmalerei zu. In all seinen künstlerischen Phasen kehrte er immer wieder zurück in seine Heimat, wo er Ruhe vor dem Pariser Künstlerleben genoss. Auf fünf verschiedenen Wegen kann man sich heute auf die Spuren von Cézanne vom Stadtzentrum aus begeben und seine gewählten Landschaftsmotive der Umgebung wie den Steinbruch von Bibémus oder die Ufer des Flusses Arc entdecken. Natürlich darf dabei nicht sein „Atelier des Lauves“ übergangen werden, dass nördlich vom Stadtzentrum 1901 Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens wurde und wo Cézanne seine letzten Lebenstage verbrachte. Das künstlerische Handeln und Schaffen Cézannes machte Aix Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Treffpunkt der Künstlerszene, in der Literaten, Maler und Regisseure Inspiration in dem lebendigen Trubel der Stadt und der Idylle seiner Umgebung fanden.

Zentrum und Hauptstadt

Aix wurde seit Beginn an eine zentrale Rolle zugemessen. So machten bereits der hier beheimatete keltisch-ligurischer Volksstamm der Salluvier ihr, in der Region des heutigen Aix errichtetes, Oppidum Entremont zu ihrer Hauptstadt, dessen Ruinen heute etwa 3km nördlich vom Stadtzentrum besichtig werden kann.

Nach der Eroberung der Provence durch die Römer, wurde auf dem Gebiet von Aix die erste römische Provinz im ehemaligen Gallien gegründet. Zwar war die Kolonie rund um Aix nicht Hauptstadt dieser Provinz, doch wurde die Kolonie Aquae Sextiae schnell für seine heilenden Thermalquellen als Kurort an der belebten Via Aurelia bekannt und wuchs rasch. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts wurde Aix Hauptstadt der Provence und die Grafen der Provence regierten von ihrem hiesigen anerkannten Kunst- und Literaturhof die Region. Seine Blütezeit erlebte das in den nächsten Jahrhunderten durch Plünderungen und die Pest gezeichnete Aix erst im 15. Jahrhundert, zu dessen Beginn die Stadt durch die Gründung der Universität Aix neben ihrem kulturellen Verständnis ihren Status als Bildungsstadt erlangte. Unter der Herrschaft des „guten König René“ im späten 15.Jahrhundert erblühte die Stadt zu einem bedeutenden Kultur- und Wirtschaftszentrum. Er führte die künstlerische Tradition des ehemaligen Hofes der Grafen der Provence weiter und ließ Aix durch allerlei kulturelle Veranstaltungen geradezu künstlerisch erstrahlen.

Nach der Übergabe der bis ins 15.Jahrhundert unabhängigen Grafschaft an die französische Krone blieb Aix Provinzhauptstadt. Damit verlor sie kaum an Einfluss in der Region und erlebte so im 17. und 18. Jahrhundert ein goldenes Zeitalter. Zu dieser Zeit entstanden die heute noch das Stadtbild prägenden barocken Prachtbauten und Allen wie der Cours Mirabeau, die Aix zum kulturellen Mittelpunkt des Adels mit vielen Festen und Feierlichkeiten machte.

Im 19. Jahrhundert sprach jedoch Marseille Aix den Status als regionales Zentrum ab und Aix verlor nicht nur an politischem Einfluss, sondern gerat zunehmend in Vergessenheit. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erwachte Aix nach und nach wieder zum Leben, wiederbelebte seinen Status als Universitätsstadt und versucht seither sein Ansehen als regionales Zentrum zurückzuerlangen.

Sehenswertes

Die Altstadt von Aix erstrahlt in geschichtsträchtig Bauten, die Zeuge unterschiedlicher Epochen mit ihrem vielfältigen kulturellen Leben sind. Der Stadtkern teilt sich in einen zuerst von den Römern erbauten und später im Mittelalter erweiterten Teil. Die barocke Pracht lässt sich jedoch ebenfalls schwierig übersehen, die Überbleibsel der rauschenden Feste und Veranstaltungen vor 200 Jahren ist. Zurückversetzt in das goldene Zeitalter von Aix schlendert man entlang hoher verzierter Fassaden, in denen sich heute moderne Boutiquen, Ateliers und Geschäfte aller Art befinden. Besonders imposant ist dabei natürlich die Prachtmeile „Cours Mirabeau“, die als Flanierboulevar im 17.Jahrhundert angelegt wurde und noch heute einige hochpreisige Boutiquen in den alten reichlich geschmückten Bauten beherbergt.

Nach wie vor Kultur- und Bildungsstadt strotzt Aix geradezu von Museen und Kultureinrichtugen mit ausgezeichnetem Ruf und vielfältigen Ausstellungen. Das wohl bekannteste ist das „Musée Granet“, das mit seiner archäologischen Sammlung mit Funden aus der Römerzeit und seiner Kunstsammlung mit Gemälden einiger berühmter Künstler wie Cézanne oder Rubens, zu den ältesten und reichsten französischen Museen gehört. Im kleinen „Musée du Vieil Aix“ taucht man in die Heimatgeschichte und Traditionen der Stadt und seiner Region ein. Immer Sommer bildet das „Festival d´Aix-en-Provence“ das kulturelle Highlight des Jahres, das zur Krönung im ehemaligen Erzbischofpalast abgehalten wird und als eines der größten Musikfestival Europas besonders klassische Musik und Opern eine besondere Bühne gibt.

Allemagne-en-Provence

Hier, in einem kleinen Dörfchen auf dem Lavendel-Plateau Valensole, ist es auffallend ruhig und idyllisch. Dafür trägt die überschaubare Ortschaf inmitten des Nationalparks Verdon einen umso auffallenderen Namen: Allemagne-en-Provence – „Deutschland in der Provence“. Es ist ein außergewöhnlicher Ort in den Hautes-Alpes der Provence, wo sich Geschichten unterschiedlicher Epochen kreuzen. Vor allem Historiker und Archäologen fasziniert Allemagne-en-Provence nicht zuletzt aufgrund seines besonderen Namens, sondern auch aufgrund seiner bewegten Vergangenheit, von der heute das Schlösschen des Ortes berichtet. Doch das Schloss zeigt noch eine ganz andere Besonderheit der Gemeinde: im Mittelalter konkurrierten hier verschiedene Herrscher um Macht auf dem Gebiet. Das heutige Gemeindegebiet umfasst daher eine Ansammlung von mehreren, nebeneinander gelegenen mittelalterlichen Burgen, von denen heute jedoch nur noch das Schloss von Allemagne-en-Provence als einziges Überbleibsel dieser Zeit erzählt.

Ein außergewöhnlicher Ortsname

Allemagne-en-Provence fällt vor allem durch seinen Namen besonders auf, denn hier betritt man scheinbar „Deutschland in der Provence“. Der außergewöhnliche Ortsname machte auch einige Historiker aufmerksam, die eine möglicher Beziehung des provenzalischen Dörfchens mit Deutschland auf den Grund gehen wollten. Sie begaben sich auf eine Reise in die Vergangenheit; zurück zu den Anfängen der Gemeinde, doch ist der genaue Ursprung dieser Bezeichnung bis heute ein Rätsel. Auch die ursprüngliche Bezeichnung auf Provenzalisch „Alemanha de Provença“ betiteln die Gemeinde als „Deutschland in der Provence“ und bietet daher wenig Rückschlüsse auf die Herkunft des auffallenden Dorfnamens. Die Umstände und Geschichte der Erforschung des Ursprungs des Namens von Allemagne-en-Provence ist dabei ebenso spannend wie die Namensgeschichte selbst. Denn die Forschungsgeschichte um die kleine provenzalische Gemeinde zeigt das zeitweise angespannte Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland. Die Namensherkunft von Allemagne-en-Provence wurde zeitweise zu einem politischen Diskurs zwischen beiden Ländern. Vor allem im 19. und 20. Jahrhundert wollte Frankreich einen möglichen Zusammenhang zwischen der provenzalischen Ortschaft und Deutschland ausschließen, weshalb zu dieser Zeit einige interessante Hypothesen zur Namensherkunft von Allemagne-en-Provence aufgestellt wurden.

Doch um die Ursprünge der Gemeinde zu verstehen, muss man weit in die Vergangenheit zurückgehen, als germanische Stämme die Provence bevölkerten. Denn zu dieser Zeit wurde auch das Gebiet von Allemagne-en-Provence erstmals besiedelt. Anders als umliegende Ortschaften wurde Allemagne-en-Provence wahrscheinlich noch nicht in der Antike dauerhaft bewohnt, sondern erst mit dem Einfall der Goten in die Provence, die die Römer aus der Region zurückdrängten, zu einer kleinen, dauerhaft besiedelten Ortschaft. So soll auch auf dem Gebiet von Allemagne-en-Provence eine gotische Siedlung entstanden sein, die jedoch nicht von sonderlicher Größe und Bedeutung war. Überraschend ist, dass der heute so verwunderliche Name der Gemeinde als „Alamania“ das erste Mal 429 an einem weit entfernten Ort auftauchte. Denn in einer Chronologie des Zisterzienser-Klosters Lérins auf der Insel Saint-Honorat im Mittelmeer nahe Cannes berichtet ein Text von diesem außergewöhnlichen Ort auf dem Plateau de Valensole. Doch zu dieser Zeit existierte ein „Deutschland“ im Sinne von „Alamania“ noch lange nicht. Heutzutage ist man sich daher einig, dass der Name der provenzalischen Gemeinde nicht in Verbindung mit dem Land Deutschland steht und nie ein Stückchen deutschen Boden repräsentierte hat. Allerdings soll der Name auf einen germanischen Stamm zurückzuführen sein. Denn, bevor sich die Goten richtig in Allemagne-en-Provence niederlassen konnten, eroberten Alemannen das Gebiet. Der Begriff „Alamania“ zeigt mit dem geläufigen Suffix -ia deutlich die Verbindung zu dem Volk, das auf Französisch als „Alaman“ bezeichnet wird. Unklar ist jedoch, ob die Alemannen auf dem Gebiet eine florierende Siedlung erbauten oder hier nur einen ihrer Wachposten installierten. Doch letztlich hält der bis heute bestehende Name die Erinnerungen an die Zeit der Alemannen in der Provence fest, egal welchen Einfluss sie wirklich in ihrem Dörfchen in der Provence hatten.

Trotz dieser unübersehbaren Hinweise auf die Präsenz der Alemannen in dem Gebiet und damit in der Provence, wurde Langezeit versucht, die Anwesenheit alemannischer Siedlungen in der gesamten Provence zu widerlegen. Denn in der Forschung des 19. Und 20. Jahrhundert war das Anerkennen von Alemannen als Sinnbild „des Deutschen“ auf französischem Boden in Zusammenhang mit den andauernden deutsch-französischen Spannungen nur schwer zu ertragen. Entsprechend ging man Langezeit lediglich von gotischen Eroberern aus, die die Römer in der Schwäche des Römischen Reiches kurz vor dem Untergang Westroms aus der Provence vertrieben. Der Ortsname „Allemagne-en-Provence“ rückte jedoch zu Zeiten des deutsch-französischen Spannungsverhältnisses in den Mittelpunkt öffentlichen Interesses. Die französische Regierung wollte vermeiden, den Eindruck eines „Deutschlands in der Provence“ auf ihrem Grund und Boden zu erwecken, weshalb sich die französische Geschichtswissenschaft um Erklärungen des Namens bemühten. Diese Erklärung sollte weder mit dem Sinnbild des Deutschen, den Alemannen, noch mit einem tatsächlichen Einfluss Deutschlands in Frankreich zu tun hat. Die Forschenden entwickelten die Theorie, dass sich der Name auf lateinische Gebietsbeschreibungen oder römische Gottheiten, die in der nahegelegenen Kirche sogar verehrt wurden, zurückführen lässt. So könnte die römische Fruchtbarkeitsgöttin „Alemona“ Namenspatronin der Gemeinde sein. Aber auch der Begriff „Armagnia“ von „area magna“ für „große Schotterebene“ könnte Namensursprung des provenzalischen Ortes sein. Allerdings lassen sich mehr und mehr Bezeichnungen aus dem Ende der Antike und dem frühen Mittelalter finden, wo die Gemeinde mit Namensgleichheiten für „Allemagne“ wie „Alemannia“ bezeichnet wurde. Es lassen sich jedoch keine Hinweise auf die von den Forschenden aus dem 19. Jahrhundert festgelegten Ursprünge finden und auch archäologische Funde, die auf eine alemannische Siedlung hinweisen, machen den Zusammenhang des Namens mit dem germanischen Stamm wahrscheinlicher.

Die Forschung negierte trotz dieser auffallenden Funde Langezeit die Verbindung der Dorfs Allemagne-en-Provence zu den Alemannen. Erst seit relativ kurzer Zeit, mit dem Ende der deutsch-französischen Spannungen, öffnete sich die Forschung für die Untersuchung alemannischer Spuren in der Provence und erkannte die Theorie der Namensherkunft von Allemagne-en-Provence nach der alemannischen Besiedlung als am wahrscheinlichsten an. Doch damit ist nicht nur das Rätsel um die Etymologie der kleinen provenzalischen Ortschaft mehr oder weniger geklärt, sondern öffnen sich mit dieser Erkenntnis auch weitere Türen für die Forschung in der Provence. Denn durch die Anerkennung einer „alemannischen“ Siedlung inmitten der Haute-Provence, ist der Weg frei für weitere Nachforschungen nach dem Handeln der Alemannen im 5. Jahrhundert in der gesamten Provence. Dies untermauert die Vermutung nach der Anwesenheit verschiedener germanischer Stämme in der Region, die unterschiedliche Gebiete in der Provence eroberten.

Dorf der mittelalterlichen Burgen

Mittelpunkt der Aufmerksamkeit ist in Allemagne-en-Provence heute weniger sein herausragender Name, sondern wunderschönes Schlösschen, das das Herz der Gemeinde bildet. Denn hier kommen die verschiedensten Epochen zusammen, die das Land und seine Bewohner geprägt haben. Außerdem zeigt das beeindruckende Schloss die einstige Bedeutung der Gemeinde, als sie im Mittelalter zur führenden Grafschaft in ihrer Region aufstieg. Doch was heute nicht auf den ersten Blick zu sehen ist, sind die vielen ehemaligen Burgen und Residenzen verschiedener Herrscher, die hier einst von hier regierten. Auf dem Gebiet, das heute Allemagne-en-Provence ist, wurden im Mittelalter einige nebeneinander gelegene Burgen gebaut, die heute allerdings kaum noch zu erkennen sind. Die Ausnahme stellt das Schloss von Allemange-en-Provence dar, welches als einer der letzten Residenzen erbaut wurde, dessen Herrscher jedoch als „baron d´Allemagne“ sich als Grundherrscher der Region durchsetze. Es war die mächtige provenzalische Familie „Castellane“, die 1218 an die Herrschaft über das mittelalterliche „Castellentum de Alamania“ – der mittelalterliche Begriff für das heutige Allemagne-en-Provence – erlangte. Die Heirat zwischen Agnes Spata und Bonifaz IV. de Castellane sicherte der mächtigen Familie den Besitz in der Haute-Provence. Schon wenige Jahre später wurde das Castrum zur Baronie erhoben, womit „Alamania“ eine erste Blüte erlebte. Immer wieder wurde der Sitz der Baronie, das „Château Allemagne-en-Provence“, umgebaut und ist heute das Aushängeschild der Ortschaft. Trotz seiner bewegten Geschichte, in der es Religionskriege, Familienfehden, Duelle und Belagerungen standhielt, zählt es heute zu einem der besterhaltesten Schlösser der Haute-Provence. Es ist ein Gebäude, das die Spuren der großen Jahrhunderte in sich trägt, die allesamt die Geschichte des Schlosses geprägt haben. So stammt der Donjon aus dem 12. Jahrhundert, wohingegen viele Elemente im Stil Ludwig XII. aus dem 15. Jahrhundert gestaltet sind und das Schlösschen im 16. Jahrhundert teilweise zu einem Renaissance-Schloss umgebaut wurde. Es blieb jedoch stets der Sitz der Herrschenden von Allemagne-en-Provence und ist heute wie damals Herzstück der Gemeinde.

Entlang des Colostre-Tals, durch das heute die D952 verläuft, liegt jedoch nicht nur das Schlösschen von Allemagne-en-Provence. Ausgrabungen ergaben, dass sich entlang dieser Straße noch mindesten vier weitere Burgsiedlungen auf dem heutigen Gemeindegebiet befanden haben müssen. Ganz im Westen, nur etwa 700 m von Allemagne entfernt, lassen sich Spuren des Castrum „Notre-Dame“ finden. Wie der Name schon vermuten lässt, stand hier im 10. Jahrhundert eine kleine Kirche, von dem auch heute noch einige Überreste erhalten sind. Allerdings hat „Notre-Dame“ weniger mit Allemagne zu tun, als mit seiner Nachbargemeinde Saint-Martin-de-Brômes. Denn das einstige Castrum soll die Vorgängersiedlung des heutigen Saint-Martin-de-Brômes sein, wohin die Einwohner von „Notre-Dame“ vermutlich schon im 11. Jahrhundert zogen und ihr altes Castrum aufgaben.

Im Osten des heutigen Gemeindegebiets von Allemagne-en-Provence lassen sich zusätzlich noch mindestens drei weitere vergleichbarer Burgsiedlungen finden. Zu diesen mittelalterlichen Castra gehören „St. Marc“, „La Motte“ und „Le Castellet“, die allesamt gleich aufgebaut sind und sich in ähnlicher Lage befinden. Alle liegen erhöht am Rande des Vanesole-Plateaus. Von hier aus ergibt sich ein guter Überblick über die Landschaft und gleichzeitig schützt ein natürlicher Graben die Schwachstelle der Siedlung, welcher oft der Rand des Plateaus war. Hier, im Osten von Allemagne, kam es sehr wahrscheinlich zu einem harten Konkurrenzkampf zwischen zwei der ehemaligen Burgen „Le Castellet“ und „La Motte“. Denn beide sollen die ersten Befestigungen auf dem Gebiet des heutigen Gemeindegebiets von Allemagne-en-Provence gewesen sein und Langezeit vor dem heute erhaltenden Schlösschen erbaut worden sein. La Motte wurde im 9. Jahrhundert erbaut und bestand lediglich aus drei Gebäuden. Doch seine Überreste sind von besonderem Interesse. Denn im Konkurrenzkampf zu Castellet, wurde die Anlage in Brand gesetzt, wodurch jedoch einige seltene Fundstücke in der ehemaligen Asche konserviert wurden. So fand man hier sogar den mittelalterlichen Brotteig, der in dem Moment geknetet wurde, als das verehrende Feuer ausbrach, das das Castrum la Motte zerstörte. Verantwortlich für diesen Angriff waren wahrscheinlich die Herrscher von Le Castellet, die im 12. Jahrhundert ein kleines Schlösschen ganz im Osten erbaut hatten. Im „Château de Castellet“, das heute nicht mehr zu sehen ist, residierte die Familie Castellet bis das Schloss vermutlich Anfang des 14. Jahrhunderts von sogenannten „routieres“ – umherziehenden Söldnern – besetzt worden ist und kurz darauf völlig aufgegeben wurde. Etwas später als La Motte und Le Castellet wurden die beiden Kirchensiedlungen erbaut, zu denen im Westen Notre-Dame gehört und im Osten Saint-Marc entstand. Anders als bei der Kirche „Notre-Dame“ im Westen von Allemagne-en-Provence ist die Kirche von Saint-Marc noch heute herhalten, auch wenn sie einst „Saint-Véran“ hieß. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde auch sie aufgegeben, da ihre Einwohner wie an vielen Stellen der Provence, von den Bergen in die Täler zogen, wo die Versorgung leichter war. Die Forschung hat es sich heute zur Aufgabe gemacht, den Untergang der einstig so einflussreichen Siedlungen und ihr scheinbares Verschwinden zu ergründen, um festzustellen, wie aus dieser überraschenden Anzahl an Burgen heutzutage nur noch eine erhalten geblieben ist. Das Schlösschen der Familie Castellane bleibt damit das einzige Überbleibsel dieser bewegten Zeit in den Höhen des Plateaus de Valensole.

Apt

Das Wirtschaftszentrum der Luberon Region und Welthauptstadt der kandierten Früchte: Apt.

Die Kleinstadt mitten im Tal des Calavon zwischen dem Plateau de Vaucluse und dem Bergzug des Luberon wird oft übergangen bei den vielen für den Luberon so charakteristischen pittoresken Dörfchen. Dabei beeindruckt ehemalige römische Stadt mit ihrem ganz eigenen Charme und ist unverzichtbar in der Region des Luberon.

Geschichte

Apt war eine wohlhabende römische Kolonie, die von Julius Caesar 45 v. Chr. an Stelle einer früheren Stadt als „Colonia Julia Apta“ neu gegründet wurde. „Apta Julia“ war zu dieser Zeit bereits wirtschaftlich von Bedeutung, denn sie lag an der „Via Domitia“, der alten Römerstraße, die Italien mit Spanien verband und entsprechend für den wichtigen wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zwischen Rom in den Südwesten genutzt wurde. Die Kolonie wurde zur Hauptstadt der 24 römischen Kolonien „Gaule Narbonnaise“ und war von entsprechender Bedeutung des Römischen Reiches. Zudem soll hier Julius Caeser bei seiner Rückkehr von den spanischen Feldzügen Halt gemacht haben und dem Ort sein heute noch im Wappen zu findendem Schwert und Gürtel aus Dankbarkeit vermacht haben. Ausgestattet mit Forum, Triumphbogen, Theater, Thermen und Tempeln, florierte die Stadt unter seiner römischen Herrschaft und umfasste 150 n.Chr. bereits beinahe stolze 10.000 Einwohner. Im Vergleich: heutzutage zählt Apt etwa 11.000 Einwohner.

Nach der römischen Herrschaft wurde die Stadt jedoch mehrfach zerstört und verwüstet, bis im 9. Jahrhundert der Graf von Apt wieder die Kontrolle erlangte. Er setzte eine neue politische Ordnung durch und umgeben von hohen Mauern lebte die Stadt erneut auf. Die ehemalige Kolonie erholte sich von den unruhigen Zeiten in der Region des Luberon, die Bewohner kehrten aus den Höhen des Luberon in das nun wieder sichere Tal zurück und die Stadt wurde Zentrum handwerklicher Geschicke. Im 14. Jahrhundert profitierte Apt vom Papsttum in Avignon und überzeugt Papst Urban V. 1365 beim in Apt abgehaltenen Regionalkonzil mit seinen kandierten Früchten. Dadurch wurde Apt auch Mittelpunkt des religiösen Lebens im Luberon und wurde durch kirchliche Regeln geleitet. Schon zu römischen Zeiten eng mit den umliegenden Bergdörfern verbunden und als eine Art regionale Hauptstadt angesehen, führte das klare Bekenntnis und Repräsentation der katholischen Kirche in Apt zum Mittelpunkt der Auseinandersetzungen mit den Waldensern im 16.Jahrhundert. Zahlreiche Belagerungen seitens der Reformierten waren im blutigen Bürgerkrieg im Luberon die Folge. Ebenfalls schwer traf die Stadt zu dieser Zeit die Pest, unter der sie besonderes litt und zahlreiche Opfer in unzähligen Pestepidemien über mehrere Jahrhunderte hinweg zu beklagen hatte.

Nach einem bewegten Mittelalter und lebhaften Renaissance erlebte Apt im 17. und 18. Jahrhundert einen Aufschwung seines intellektuellen Lebens und wurde Heimat einiger Gelehrter. Von hier aus entwickelte sich Apt aus seiner religiösen Beflissenheit heraus und nahm schnell die Grundsätze der Französischen Revolution an.

Heute ist Apt Wirtschaftszentrum der Region und Standort zahlreicher Industrien. Von Eisen- und Ockerförderung über Wachsfabriken bis hin zur Produktion von kandierten Früchten ist Apt seit römischer Zeit Mittelpunkt des wirtschaftlichen Aufschwungs in der Region.

Kathedrale Saint-Anne

In der Altstadt findet man so einige bemerkenswerte Gebäude, Plätze und Brunnen vergangener Zeit.

Ganz besonders ist dabei die Kathedrale Saint Anne, die Zeuge beeindruckender provenzalischer Kirchenbaukunst ist. Sie enthielt Reliquien der heiligen Anna, der Großmutter Jesu, die von Kreuzfahrer in die hiesige Krypta überbracht wurden. Diese bereits im 11. Jahrhundert erbaute und bis ins 17.Jahrhundert immer wieder ergänzte und renovierte Kirche war bis zur Französischen Revolution Sitz der Bischöfe von Apt, einem zur Zeit des Papsttums vom Avignon einflussreichen Bistum. Von großer Bedeutung wurde die Kirche im 17.Jahrhundert, als der französische König Ludwig XIII und seine Frau Anna von Österreich sich sehnlichst einen Erben wünschten und darum den Konsul von Apt um die Übergabe der Reliquie der Schutzpatronin Saint-Anne baten. Als Erbe Ludwig XIV. geboren wurde, war das königliche Paar überglücklich und die Königin besuchte die kleine Stadt im Süden Frankreichs, um ihr ihren Dank auszusprechen. Dies bestärkte den Kult um die Heilige Anna, die dadurch verstärkt Sinnbild der weiblichen Fruchtbarkeit und Schutzpatronin der Familie wurde, womit nun insbesondre die Kathedrale in Apt in Verbindung stand.

Kandierte Früchte

Als vor mehr als sieben Jahrhunderten die „Aptésiens“, die Einwohner von Apt, Papst Urban V. auf seiner Pilgerreise die kleinen Juwelen der Stadt schenkten, wurden die kandierten Früchte aus den Confiserien der Stadt berühmt. Das Kandieren von Früchten ist in Apt eine lange und wichtige Tradition. Heute sitzt hier der Zusammenschluss aus mehreren ehemaligen Familienconfiserien aus Apt, der als ein der weltweit größten Unternehmen zur Herstellung von kandierten Früchten gilt und von hier aus die in den glitzernden Früchten gespeicherten Sonnenstrahlen der Obstplantagen des Luberon in alle Ecken der Welt transportiert.

Markt

Besonders zu empfehlen ist ein einzigartiger Besuch des großen provenzalischen Marktes, der samstags in der Altstadt von Apt stattfindet. Der Wochenmarkt zählt zu den authentischsten und größten Märkten der Provence und den schönsten in ganz Frankreich. Hier erlebt man auf drei Plätzen und in den Gassen der Altstadt einen richtig originellen provenzalischen Markt. Zwischen einem riesigen Angebot an Obst und Gemüse, Fisch und Fleisch, Käse und Oliven, Kleidung und Stoffen, Delikatessen und Spezialitäten hat man den Eindruck, dass sich hier die Bevölkerung der gesamten Umgebung trifft. Schnell findet man hier ein passendes Souvenir an die Stadt und den Luberon. Es wird diskutiert, gefeilscht und der neuste Tratsch und Klatsch über die Region ausgetauscht. Man kommt in direkten Kontakt mit den Bauern, Winzern, Künstlern und Händeln der Region, die allesamt ihre Vielfalt an Produkten und kunstvolle Waren auf den vielen bunten Ständen anbieten. Nimmt man sich hier die Zeit in einem der zahlreichen Cafés und Bars noch etwas zu trinken und dabei vielleicht Straßenmusikanten zuzuhören, so ist man wirklich in der Provence angekommen!

Arles

Wo römisches Erbe auf moderne Kunst und die provenzalische Lebensweise trifft ist Arles mit seinem reichen kulturellen Angebot eine wundervolle Stadt zwischen Camargue und Alpillen. Die flächenmäßig größte Kommune Frankreichs erstreckt sich auf einem Gebiet von rund 760 Quadratkilometern und ist mit ihren etwa 50.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt ihres Départements. Von ehemaligem düsterem Sumpfgebiet stieg der Ort unter römischer Herrschaft zu einer bedeutenden Handelsstadt mit glanzvollem Charme auf, von dem heute ein großes antikes Erbe zeugt. Doch Arles verfügt über vielfältige Facetten: neben römischen Vermächtnis und mittelalterlichen Bauten diente die Stadt dem berühmten Künstler Vincent van Gogh lange als Inspirationsquelle für viele seiner Werke und auch Picasso erfreute sich an dem Ort. Im Zusammenspiel zwischen Geschichte und Moderne gibt es in Arles Einiges zu entdecken.

Von Sumpfgebiet zur Kaiserhauptstadt

Auf dem sumpfigen Gebiet gründeten die Salluvier am Ostufer der Rhône eine kleine Siedlung, die sie aufgrund der Lage „Arelate“, keltisch für sumpfiger Ort, nannten. Ausgehend von der wichtigen griechischen Stadt Massalia, dem heutigen Marseille, errichteten im 6 Jahrhundert v.Chr. die Griechen in Arelate ihr Emporion Theline, das seitdem bedeutsame Handelsbeziehungen zu Marseille pflegte. Die zuvor eher gemiedene Gegend erlebte unter griechischer Herrschaft ihre erste Blütezeit, die wesentliche Grundsteine für den späteren Aufstieg der Handelsstadt legten. Zwar blieb die griechische Kolonie beim römischen Vorstoß in die Gegend im 1.Jahrhundert v.Chr. noch unberührt, doch um den Einfluss Massalias einzudämpfen, errichtete der berühmte römische Feldherr Gaius Julius Caesar in Arles eine römische Militärkolonie unter altem neuem Namen. Colonia Iulia Paterna Arelate Sextanorum oder kurz wieder Arelate wurde zum entscheiden Flottenstützpunkt gegen Massalia, das so 49 v. Chr an die Hände Caesars fiel.

Unter römischer Herrschaft erfuhr Arelate eine weitere deutlich stärkere Blütezeit und konkurrierte schließlich mit dem inzwischen ebenfalls römischen Massalia um die Vorherrschaft im Handelsgeschäft. Unter Kaiser Konstantin erreichte die römische Kolonie ihre ausgiebigsten goldenen Jahren, sodass sie im 4. und 5. Jahrhundert n.Chr. zeitweise unter dem Namen Constantia sogar Kaiserresidenz und 395 Hauptstadt Galliens wurde. Keine sieben Jahre später zog obendrein die oberste weströmische Behörde von Trier nach Arles. Neben der politischen Bedeutung stärkte die Stadt ihre geografische Lage am Kreuz der Römerstraßen Via Agrippa und der Via Aurelia, sowie in der Nähe der Via Domitia, die allesamt Rom mit den weiteren Gebieten des riesigen Römischen Reich verbanden. Folglich wurde Arles zum Drehkreuz aller möglichen Handelswaren und kulturellen Austauschs und stieg zu einer entsprechend ökonomischen Größe auf. Doch nicht nur politisch und ökonomisch war Arles bereits in Römerzeit bedeutend. Ebenso religiös nahm die Stadt bald eine entscheidende Rolle zuteil. So wurde sie im 3.Jahrhundert Bischofssitz mit dem Erzbistum Arles und blieb dies bis ins 19.Jahrhundert hinein.

Nach dem Untergang des weströmischen Reiches fiel die Kolonie erst an das oströmische und schließlich an das Frankenreich, nach dessen Teilung Arles 879 Hauptstadt des Königreich Burgunds wurde. Offizieller Teil Frankreichs wurde der später in das Heilige Römische Reich eingegliederte und zwischenzeitlich als Freie und Reichsstadt geltende Ort erst 1481, als Arles nach seiner Unterwerfung 1251 unter Karl von Anjou gemeinsam mit der Grafschaft Provence an das Königreich Frankreich fiel. Mit dem Aufstieg der Eisenbahn Mitte des 19.Jahrhundert wurde der Hafenort an der Rhône ein entscheidender Knotenpunkt des französischen Schienennetzes, denn aus den ehemalig römischen Verbindungen wurden wichtige Bahnverbindungen, sodass Arles über 140 Jahre lang die größte Eisenbahnwerkstatt der französischen Eisenbahngesellschaft SNCF beherbergte. Damit erstrahlte das einstige Sumpfdorf über die Zeit immer wieder in neuem Glanz und behauptet sich seither als unersetzliche Stadt Südfrankreichs.

Arles und die Kunst

Der eher weniger bekannte Künstlersohn der Stadt, Jacques Réattu, der einige wichtige Kunstwerke während der Revolutionszeit Frankreichs erschuf, träumte von einer Künstlerkolonie inmitten seiner geliebten Heimatstadt. Diese Idee sollte Arles einige Zeit später seinen wohl berühmtesten Bewohner zu Teil werden lassen, der hier zwar nicht lange weilte, doch dem Ort einigen Ruhm bescherte und ihn auf zahllosen seiner bekannten Bilder verewigte. Vincent van Gogh zog 1888 angezogen von dem goldenen Licht der Provence und der Idee, hier eine Künstlerkolonie im Sinne Réattus zu bilden, für gute 15 Monate nach Arles. Doch nur seinen Künstlerkollegen Paul Gauguin konnte van Gogh zu einem Umzug in den Ort bewegen, doch die Stadt und ihre Umgebung wurde Muse vieler seiner weltbekannten Werke. Auf der berühmten „Caféterrasse am Abend“ lässt sich heute noch unter gelben Marquisen speisen und der Flair Arles genießen. Sein Aufenthalt in Arles soll zur intensivsten und produktivsten Zeit des Schaffens des Kunstgenies werden, der hier mehr als 300 Werke in dem kurzen Zeitraum erschafft. Beliebt war der Maler bei den Einwohnern der Stadt jedoch nicht, die den Impressionisten regelrecht aus dem Ort vertrieben. Kaum verwunderlich erscheint dies angesichts der vielen heftigen Konflikte, die van Gogh oft mit seinem Künstlermitbewohner Paul Gauguin austrug. Die Hassliebe der beiden Künstler führte zu einem der wohl bemerkenswertesten Handlungen van Goghs, für die der Maler heute berühmt ist. Als die andauernden durchaus blutigen Konflikte mit seinem Mitbewohner nicht mehr aushält und Gauguin die Stadt verlassen möchte, soll van Gogh in eine derartige Lebenskrise geraten sein, in der er sich das linke Ohr abschnitt. Die anschließende Zurschaustellung seiner Tat vor den Augen der Öffentlichkeit hob das Ansehen van Goghs in der Stadt nicht wirklich an, weshalb dieser wenig später Arles verlässt und in eine Psychiatrische Heilanstalt nahe Saint-Rémy geht. Umso erstaunlicher ist es, wie viele der von ihm portraitierten Orte in der Stadt heute noch zu besuchen sind, die zum Teil genauso erhalten oder entsprechend präpariert wurden. Arles besitzt zwar keines der Werke seines bekannten Bewohners, doch schmückt es sich umso mehr mit seinem berühmten Namen und seiner Verewigung in einer Vielzahl von van Goghs Bildern.

Ein anderer Liebhaber der Stadt war Künstler Pablo Picasso, der eine enge Bindung zum ehemaligen Direktor des Kunstmuseums „Musée Réattu“ Jean-Maurice Rouquette pflegte, unter dessen Leitung 1957 in dem Museum eine erste Ausstellung Picassos stattfand. Picasso begann im Folgenden in seinem ehemaligen Atelier nahe Aix-en-Provence eine Serie von acht Portraits von Jacqueline als „Arlésienne“, inspiriert von seiner Zuneigung zu Arles. Kurz vor seinem Tod machte Picasso der Stadt ein ganz besonderes Geschenk: Er stiftete 1971 eine sorgfältige Auswahl 57 seiner Werke an das Museum. Wiederbelebt durch diese Schenkung beherbergt das Kunstmuseum heute noch die Bilder des Künstlers und stellt diese in einer eigens gewidmeten Etage aus. Hier lassen sich einige eher unbekannte Werke des Malers bestaunen, die eine neue Seite Picassos zeigen.

Sehenswertes

Als einer der sehenswertesten Städte der Provence bietet Arles mit seinem vielfältigen historischen Erbe Einiges zu entdecken und zu bestaunen. Nicht umsonst gehört der Großteil der vielen römischen und romanischen Denkmäler zum UNESCO-Weltkulturerbe. Aus der Antike lassen sich hier vordergründig römische Überreste bewundern, doch auch aus vorrömischen Zeiten findet man hier und dort Spuren keltischer und griechischer Herrschaft. Das bekannteste antike Bauwerk ist unbestritten das Amphitheater von Arles, das um 90 n.Chr. gebaut und ähnlich wie jenes in Nîmes von einer bewegten Geschichte zeugt. Begeisterten sich hier etwa 25.000 Besucher bei den römischen Gladiatorenkämpfen, wurde die Arena im Mittelalter zu einer Festung umgebaut und bot den Bewohnern Arles Schutz bei den vielen Übergriffen und Plünderungen. Heute ist das Amphitheater wieder Ort der Unterhaltung und des Sports, denn hier finden mehrmals im Jahr die für die Region bekannten unblutigen Stierkämpfe statt. Ebenfalls zu Unterhaltung diente das antike Theater, das unter Kaiser Augustus um 25 v.Chr. erbaut wurde und 1651 Fundort der berühmten „Venus d´Arles“ war. Die Überreste des eins imposanten Theaters lassen sich heute nahe der Arena bestaunen, sein bekanntes Fundstück hängt jedoch im Louvre in Paris. Neben den beiden bemerkenswerten römischen Bauten stößt man vor allem in der Altstadt immer wieder auf Spuren der einst bedeutenden römischen Kolonie wie Überbleibsel der Thermen, des Konstatinpalastes oder des römischen Forums.

Das wohl bedeutsamste Bauwerk in Arles stammt jedoch nicht aus antiken Goldzeiten unter römischer Herrschaft, sondern vielmehr aus weniger florierenden Tagen der Stadt. Die mittelalterliche Kathedrale Saint-Trophime wurde als Abteikirche der Benediktiner ab 1130 genutzt und wurde später Bischofskirche von Arles. Benannt zu Ehren des ersten Bischofs von Arles, dem heilige Trophimus, zeugt die Kirche von einer unvergleichlichen romanischen Architektur, die auf ihren Bau zwischen 1100 und 1150 zurückführt. Besondere Bedeutung fiel ihr jedoch nicht durch ihren Sitz einer der wichtigsten Erzbistümer der Zeit zu, sondern durch die Krönung Friedrich Babarossa (Friedrich I.), der in den heiligen Hallen der Kirche 1178 zum König von Burgund ernannt wurde. Als Mitte des 15.Jahrhunderts die romanischen Hallen durch den gotischen Chor und einigen weiteren gotischen Erweiterungen ergänzt wurden, bildet die Kathedrale seither ein einzigartiges Ensemble aus romanischer und gotischer Baukunst. Insbesondere das romanische Portal und der Kreuzgang als Mischung beider Stile gehören zu den Schmuckstücken der Stadt, die gemeinsam mit dem Obelisque d´Arles am Place de la republique das Herz Arles bilden.

Avignon

Man tanzt auf der Brücke, der Papst regierte von hier aus und noch heute ist es Treffpunkt von Künstler, Literaten und Dramatikern – Avignon ist zweifelslos das Zentrum des Vaucluse. Neben seiner kulturellen Bedeutung als Stadt der Päpste mit ihrer weltberühmten Brücke ist Avignon die fünft größte Stadt Frankreichs und Hauptort des Départements Vaucluse. Nur etwa 20km vom Luberon entfernt ist ein Ausflug von hier in die Kulturstadt daher ein absolutes Muss.

Avignon und seine Päpste

Weltbekannt ist Avignon natürlich für das Avignonesische Papsttum Anfang des 14. Jahrhunderts und die darauffolgenden hier residierenden Gegenpäpste im Zuge des Großen Schisma. Noch heute trägt der Ort deshalb den Beinamen Stadt der Päpste.

Im 13. Jahrhundert stieg das französische Königtum zur stärksten Macht in Europa auf und versuchte entsprechenden Einfluss auf die Vormachtstellung des Papsttums in Rom zu nehmen. In einem erbitterten Machtkampf zwischen Kirche und französischer Krone trat schließlich die Wahl des Franzosen Clemens V. zum Papst 1305. Dieser ließ sich bereits nicht in Rom, sondern in Lyon krönen und zog daraufhin nach Avignon. Die Stadt bot hierbei die ideale Lage für den Papstsitz, so galt dessen Besitzer, die Grafschaft der Provence, als stets loyal gegenüber der Kirche, die Ländereinen jedoch lagen auf französischem Gebiet. Damit stand das Papsttum unter klarem Einfluss der französischen Krone und verlor die zuvor hart erkämpfte Verhinderung der Einflussnahme durch den französischen König. Im Zuge der nächsten siebzig Jahre bleibt Avignon Papstresidenz, wodurch in jener Zeit durchaus französische Interessen im Namen der Kirche und den insgesamt sieben verschiedenen hier residierenden Päpsten durchgesetzt wurden.

Erst Gregor XI. gelang es 1376 wieder nach Rom zurückzukehren, doch dies hieß keineswegs einen langen Leerstand des Papstpalastes. Vielmehr wurde dieser wenige Jahre später, ab 1378, Sitz des hier residierenden Gegenpapst Clemens VII., durch dessen Aufstellung das Große Schisma der Kirche begann. Bis 1417 konkurrieren Rom und Avignon um die Vormachtstellung als Hauptstadt des Christentums, deren Konflikt auf dem Konzil von Konstanz durch die Abdankung des avingnonesischen Gegenpapstes und der Absetzung des römischen Papstes und der Neuwahl des Papstes Martin V. zum einzigen Papst in Rom gelöst wurde. Damit endete die Papstzeit in Avignon endgültig und der Papstpalast stand seither leer.

Doch damit wurde Avignon im Rahmen der Kirche keineswegs bedeutungslos. Vielmehr blieb die Stadt unter der Verwaltung kirchlicher Gesandter und wurde, nach der Eingliederung der Provence in das französische Königreich, kirchliche Enklave auf französischem Boden. Erst im Zuge der Französischen Revolution wurde die Stadt entchristianisiert und an Frankreich angegliedert. Dabei büßte sie keinesfalls an Bedeutung ein, denn sie ist seit 1793 Hauptstadt des Départements Vaucluse und entsprechendes kulturell-politisches Zentrum.

Sehenswertes

Avignon ist mit seinem reichen kulturellen Erbe nicht nur politisches Zentrum des Vaucluse, sondern ebenso, wenn nicht vordergründig bekannt für sein künstlerisch-kulturelles Treiben. Neben „Stadt der Päpste“ trägt Avignon gleichwohl den Titel „Stadt der Kunst“ und verfügt entsprechend über ein vielfältiges Kulturangebot mit vielen Sehenswürdigkeiten und Attraktionen.

Durch seine bedeutende Geschichte ist die Stadt historisch besonders für Mediävisten interessant. So lassen sich hier erstaunlich viele gut erhaltene mittelalterliche Bauten, Straßen und Plätze finden. Herausragend ist dabei natürlich der Papstpalast, der eindrucksvolles Wahrzeichen der Stadt und Weltkulturerbe ist. Von dem ehemaligen päpstlichen Glanz zeugt nur noch die atemberaubende Architektur, im Inneren hingegen ist die punktvolle Einrichtung durch Plünderungen und Zerstörung im Zuge der Französischen abhandengekommen, womit die meisten Säle des Papstpalastes heute leerstehen. Allerdings wird bei einem Besuch ein virtueller Rundgang angeboten, bei dem man mit Hilfe von Tablets virtuell die ehemalige Einrichtung in die Säle vor sich projizieren kann. Neben dem Papstpalast sind ebenfalls einige weitere sakrale Bauten zu bewundern, wie die Cathédrale Notre-Dame des Doms d´Avignon, die Basilika St.Pierre d´Avignon oder die Abtei Saint-Ruf.

Ebenfalls mittelalterlich ist das zweite Wahrzeichen der Stadt: die Pont Saint-Bénézet, eben jene Brücke die Inspirationsquelle für „sur le pont d´Avignon“ ist. Bereits im 12.Jahrhundert erbaut, war sie lange Zeit die einzige Verbindung vom Stadtzentrum über die Rhône auf die Ile de la Barthelasse und damit zu ihrer Entstehungszeit wahrscheinlich die längste Brücke Europas. Einige Hochwasser, die sich ab Ende des 17. Jahrhunderts immer wieder ereigneten, beschädigten die Brücke so stark, dass heute von den einst 22 Brückenbögen lediglich vier erhalten geblieben sind. Heute kann sie kostenpflichtig besucht werden und gehört ebenfalls zum Weltkulturerbe.

Besonders imposant ist die Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert, die noch heute etwa vier Kilometer um die Altstadt herumführt und mit einigen Türmen und Haupttoren flankiert ist. Heute ist sie die längste, am besten erhaltende Befestigungsmauer Europas, der ihre schützende Funktion schon von weitem anzusehen ist.

Die Altstadt von Avignon ist nicht nur durch Papstpalast, Brücke und Stadtmauer sehenswert, sondern bietet zudem einige andere historische Bauten und Plätze. Bei einem Spaziergang durch die mittelalterlichen Gässchen stößt man auf einige architektonisch imposante Gebäude, die mit ihren pittoresken Fassaden das Stadtbild ganz besonders prägen. Oper, Museen, kleine Geschäfte und Plätze verzaubern die Innenstadt zu einer Idylle sondergleichen, die zu einem kleinen Rundgang und Bummel auf den Spuren der Vergangenheit einlädt.

Doch trägt die Stadt nicht nur aufgrund ihrer historischen Zeugnisse den Titel als Stadt der Kunst. Sie bietet genauso ein kulturelles Leben, das in der Oper, zahlreichen Theater und Kunstgalerien seinen Ausdruck findet. In kleinen Kunstgalerien präsentieren überall Künstlerinnen und Künstler ihre Werke, die Inspiration in der hiesigen Atmosphäre finden und ihre Anregungen in bildender oder angewandter Kunst umsetzen. Von traditionellen Stücken bis zu modernen und innovativen Vorstellungen bietet Avignon zudem für Kunst- und Theaterfreunde eine große Bandbreite an Angeboten.

Jährlich findet außerdem das Festival von Avignon statt, das mit zahlreichen Tanz- Gesangs- und Theateraufführungen den kulturellen Höhepunkt der Stadt bildet. In den letzten drei Juli-Wochen befindet sich die Stadt jährlich in einem Ausnahmezustand mit regen Treiben bei Veranstaltungen im öffentlichen und privaten Bereich. Hier präsentiert sich die Kunst-, Literatur-, Theater- und Gesangsszene Avignons durch die verschiedensten Veranstaltungen, Ausstellungen und Auftritte. Nicht umsonst beeinflusste dieses Festival schon oft das kulturelle Leben in ganz Europa und nimmt hierbei insbesondere immer wieder großen Einfluss auf die Theater-Szene, die regelmäßig Inspiration an den innovativen Aufführungen findet.

Avignon ist als Zentrum der Kultur und der Politik damit zweifelsfrei einen Besuch wert und bietet als Ausflugsziel nicht nur durch seine bedeutende Vergangenheit Einiges zu entdecken.

Banon

Hoch oben in den „Alpes-de-Haute-Provence“ verbirgt sich ein kleiner Ort mit umso beachtlicherer Geltung. Banon ist wahrlich vielseitig: von dem gleichnamigen, vorzüglichen Ziegenkäse über eine ganz einzigartige Bibliothek bis hin zum alpinen Erbe erstrahlt der Bergort in allerlei unterschiedlichen Facetten.

Der besondere Käse

Einigen Käseliebhabern mag der Name „Banon“ auf ganz andere Art und Weise vertraut sein, schließlich lässt sich in manchen gut sortierten Käseregalen der gleichnamiger Ziegenweichkäse finden. Wie seine Bezeichnung vermuten lässt, ist dieser, traditionell in Kastanienblättern gewickelte Ziegenkäse stolze Spezialität des kleinen Bergdorfes. Bei einem Besuch von Banon darf man sich daher nicht über die zahlreichen Geschäfte mit der Aufschrift „Fromagerie“ („Käserei“) wundern, die nach uraltem Rezept den wohlschmeckenden Käse aus eigenem Haus herstellen. Hier lässt sich der wohl ursprünglichsten Banon-Käse erstehen. Marktführer ist die „Fromagerie de Banon“, deren kleines Ladenlokal im Zentrum des Örtchens nicht über die eigentliche Menge an Banon-Käse hinwegtäuschen sollte, die die Traditionskäserei seit 1958 produziert. Schließlich stammen 60% aller Käse, die den Titel eines wahren „Banon“ tragen dürfen, aus dem Handwerksbetrieb, womit diese allein etwa 50 Tonnen Banon-Käse jährlich auf nationalem und internationalem Markt vertreibt.

Dabei führen die Spuren des Käses aus Banon weit in die Vergangenheit zurück und lassen sich bis in das Mittelalter verfolgen. Schon zu mittelalterlichen Zeiten zeugen Berichte von dem besonderen Ziegenkäse aus dem gleichnamigen Bergort, der die hiesigen Bauern zunächst nur für den Eigenbedarf produzierten. Damals wurden die Bauern erfinderisch, als sie für die harten kalten Winter in den Bergen vorsorgten und die besonders proteinreiche Ziegenmilch für die dunklere Jahreszeit konservieren wollten. Sie bedienten sich großen Kastanienblättern, die sie im Herbst sammeln konnten und die ideal waren, um die Laibe ihrer Ziegenkäse schützend zu umwickeln. Schnell bewährte sich die schützende Hülle, die sowohl das befürchtete Eindringen von Feuchtigkeit, aber ebenso das Austrockenen des weichen Ziegenkäses verhinderte. Die Bauern aus Banon konnten mit Hilfe der Kastanienblätter ihren geliebten Rohmilchkäse auch im Winter genießen und damit ebenfalls ihren Proteinbedarf in den kalten Monaten decken. Teilweise nutzen sie ihre effektive Verarbeitungsart der frischen Ziegenmilch ebenso für Kuhmilch, doch erwies sich die Ziegenmilch in Kombination mit dem Aroma der Kastanienblätter als besonderes stimmig. Doch erstmals schriftlich fixiert wurde die Herstellung des Banons weitaus später. In einem Kochbuch aus dem Jahr 1886 wird der provenzalische Käse und ein Rezept zu seiner Herstellung neben anderen lokalen Spezialitäten aufgelistet. Damit wurde der Ziegenweichkäse von den Bauernhöfen Banons als einer der regionalen Delikatessen wahrgenommen und aufgewertet, wodurch sich alsbald eine kommerzielle Produktion etablierte, hatten die „Fromageries“ in Banon bis dato ihren Käse ausschließlich für den ihren eigenen Verzehr produziert. Langsam verebbte die aufwendige traditionellen Käseherstellung in den Haushalten Banons, sodass seit den 1950er Jahren der Banon Käse ausschließlich zum Verkauf hergestellt wird. Diese Kommerzialisierung ging mit einer allgemeinen Technisierung der Höfe einher und führte zu einer spezifischeren Ausdifferenzierung der Herstellungsvorgaben eines echten „Banons“.

Nach wie vor sind es die Ziegen, die nicht nur seit der ersten Besiedlung der Berge willkommene Gefährten der Bevölkerung sind, sondern klar im Mittelpunkt der bedeutenden Käseproduktion in Banon sind. Die Milch provenzalischer Ziegen ist aufgrund der hervorragenden Weidebedingungen in den provenzalischen Höhen von bemerkenswerter Qualität. Daher dürfen für einen wahren Banon nur Ziegenmilch der hier heimischen Ziegenrassen verarbeitet werden, wobei die Ziegen selbst mindestens 210 Tage des Jahres auf den hochgelegenen Weiden verbringen müssen. Dadurch soll die einzigartige Qualität ihrer Milch gesichert sein, der sich später im wunderbaren Geschmack des Rohmilchkäses schmecken lässt. Wie viele Leckereien der Provence wird seit 2003 die Exklusivität des Banon durch eine „Appellation d´Origine Protegée“ (AOP) gesichert, der die Herstellung eines wahren Banon genaustens reglementiert. So dürfen nur jene Ziegenkäse den Namen Banon tragen, die ausschließlich aus dem Gebiet des Ortes Banon stammen und deren Ziegen auf bestimmten umliegenden Weiden leben. Ebenso muss die Weiterverarbeitung der Ziegenmilch im Gebiet von Banon erfolgen, sodass die gesamte Produktion des Käses in den Händen seines Ursprungsgebietes bleibt. Die Käseproduktion ist damit bestimmender wirtschaftlicher Faktor der kleinen Gemeinde, wobei sie die globale Nachfrage nach ihrem berühmten Käse allein nicht decken können. Ein echter „Banon“ mit AOP-Siegel ist daher eine wahrlich delikate Rarität. Ihrem exquisiten Ziegenkäse würdigt das Dorf mit einem eigenen alljährigen „Käsefest“ im Mai, wo die Gemeinde ihrem besonderen Kulturgut alle Ehre erweist und Käseliebhaber auf ihre Kosten kommen.

Die blaue Bücherei

Kulturelle Festlichkeiten sind in Banon jedoch keine Seltenheit. Hier dreht sich Vieles um die Kultur, ist das kleine Örtchen für seine Größe ein wahrliches Kulturzentrum mit allerlei Veranstaltungen, Festlichkeiten und Einrichtungen, die der Gemeinde ihren charakteristischen Charme verleihen. Mittelpunkt dieses Zaubers ist besonders Stückchen Erde inmitten der Berge: die Blaue Bücherei oder kurz „le Bleuet“. In mehreren, im Ortszentrum gelegenen, kleinen provenzalischen Häuschen öffnet sich eine Parallelwelt voller Geschichten und literarischen Abenteuern hinter hellblauen Fensterläden und einer riesigen Kornblume auf der zentralen Fassade. Scheint die Bücherei von außen recht klein, taucht man im Inneren in ein wahres Labyrinth aus Bücherregalen ein, die die engen verwinkelten Räume vom Keller bis in die dritte Etage füllen.

Doch nicht nur aufgrund ihrer bemerkenswerten Bauart ist die vermeidlich kleine Bücherei inmitten von Banon eine wahre Besonderheit. Die 1990 gegründete „librairie“ ist die größte eigenständige Bücherei Frankreichs in ländlichem Gebiet. Denn mehr als 100.000 Bücher verschiedener Genres sind hier über die vier Etagen zu finden, musste die Bücherei sogar 2010 aufwendige Renovierungsarbeiten erledigen, um ihrer Fülle an literarischen Werken gerecht zu werden. Ihren besonderen Status als ländliche unabhängige Bücherei macht „Le Bleuet“ bereits durch ihren Namen deutlichen: Bezeichnet „le Bleuet“ eine Kornblume, die mit ihrem charakteristischen Blauton synonym für die Schönheit des Landes steht und Symbol des ländlichen Lebens, des „vie rurale“ ist. Diesem Charakter verschrieb sich die kleine Bücherei, die daher ebenso blaue Fensterläden trägt und eine riesige Kornblume über der Eingangstür schon von Weiten jeden Besucher willkommen heißt. Ganz unter dem Motto „comme la fleur éponyme, le bleuet est aussi rare que merveilleux“ („Wie die gleichnamige Blume, ist „Le Bleuet“ so selten wie wundervoll“) weiß die Bücherei von Banon um ihren einzigartigen Charakter, den sie stets trotz wachsender Konkurrenz großer Verlage und dem Onlinebüchergeschäft zu wahren versucht. Seit 2012 tritt daher Le Bleuet ebenso im Onlinehandel auf, weshalb sich die Bücherei immerzu mit Problemen bei der Lagerung ihres enormen Buchsortiments konfrontiert sieht, was in den letzten Jahren mehrmals zu Besitzerwechsel führte. Der Anspruch an ihr blaues Signum blieb dabei jedoch stets vordergründig, wodurch die kleine Bücherei es jederzeit schaffte, sich in der literarischen Welt herauszuheben.

Le Bleuet ist und bleibt damit kulturelles Zentrum des Bergortes, doch reicht seine Bewunderung weit über die Grenzen von Banon heraus. Das kleine Fleckchen Erde mit all seinen Büchern erlangte in Frankreich einiges Ansehen, sind unabhängige Büchereien selten geworden und vermag das Bücherparadies hoch oben in den „Alpes-de-Haute-Provence“ dadurch umso kurioser und einzigartiger sein. Die Bücherei selbst versteht sich ebenfalls als Kulturraum, weshalb seit 2012 regelmäßig verschiedene künstlerische Ausstellungen und Veranstaltungen in den unvergleichlichen Räumlichkeiten inmitten der Bücherwelten stattfinden.

Bonnieux

Majestätisch schlängelt sich Bonnieux den Nordhang des Petit Luberon hoch. Das Örtchen zwischen dem großen und dem kleinen Luberon ist eines der klassischen „village perché“ der Provence und gleichzeitig eines der wohl pittoresksten der Region. In dem ehemaligen Festungsdorf thront noch immer die altehrwürdige Kirche aus dem auf dem Gipfel des heimischen Luberon und wacht über das Dorf, das Tal und die Landschaft. Die Kirche ist das dominierende Merkmal von Bonnieux, schließlich ist sie schon aus einiger Entfernung zu sehen und macht von Weitem auf das traumhafte Örtchen aufmerksam. Das hochgelegene Dorf ist vor allem für seine authentische Lebensweise bekannt, die man auf einer der vielen Terrassen der provenzalischen Restaurants bei einem atemberaubenden Panoramablick über das Tal des Calavon, die Berge des Vaucluse und die umliegenden provenzalischen Traumdörfchen bis zum Mont Ventoux genießen kann.

Die zwei Kirchen

Schon von Weitem entdeckt man den hohen Kirchturm auf dem Gipfel von Bonnieux, der das Örtchen auszeichnet. Eingebettet in tiefgrüne Zedernbäume hebt sich der Turm der „église vieille“ (alte Kirche) mit seinem hellen Kalkstein von der bewaldeten Umgebung ab. Die hohe Kirche, die gerne auch „église haute“ (hohe Kirche) genannt wird, vereint romanische und gotische Elemente zu einem einzigartigen architektonischen Ensemble in 425m Höhe. Ihr romanischer Kern wurde bereits im 12. Jahrhundert erbaut, wohingegen ihre beiden Seitenkapellen von der gotischen Architekturkunst zeugen. Allerdings vereint die alte Kirche in ihrem Inneren mehr Epochen und Stile als die Romanik und die Gotik miteinander. So stammt das beeindruckende Altarbild aus dem 16. Jahrhundert, wohingegen der Hochaltar erst im 17. Jahrhundert gebaut wurde und einige der Malereien an den Kirchenwänden sowie die Kirchenorgel im 18. Jahrhundert entstanden. Aufgrund ihrer auffallenden Komposition verschiedenster Stile, Kunstwerke und Epochen steht die „église vieille“ seit 1980 unter Denkmalschutz und ist voller Stolz der Einwohner von Bonnieux. Um dieses außergewöhnliche Erbe zu wahren ist die hohe Kirche nur für wenige Monate im Jahr geöffnet. Wer einen Blick in das Erkennungsmerkmal von Bonnieux werfen will, der sollte in den Sommermonaten auf den Gipfel des Örtchens spazieren. Manchmal schmückt sich Bonnieux in den heißen Sommerabenden mit künstlerischen Konzerten in der eindrucksvollen Kulisse der alten Kirche in 425m Höhe. Außerhalb des Sommers öffnet die alte Kirche im Winter ihre Pforten für ein ganz besonderes Spektakel. Denn zu Weihnachten verwandelt sich die ehrwürdige Kirche in einen märchenhaften Provence-Weihnachtstraum. In der hohen Kirche wird mit viel Mühe und Liebe eine Szenerie der provenzalischen Lebensweise aufgebaut, die aus 30 der klassischen „Santons“, Krippenfigürchen aus Ton, besteht. Die kleinen Tonfigürchen repräsentieren ein typisches provenzalisches Dorf, wie es im 19. Jahrhundert als der provenzalische Schriftsteller Antoine Maurel die provenzalische Weihnachtsgeschichte „la pastorale provençale“ verfasste, zu finden war. Die Santons sind in den traditionellen Kleidern dieser Zeit gekleidet, aufwendig bemalt und in mehrstündiger Regie in der alten Kirche von Bonnieux arrangiert. Hier wird die provenzalische Weihnachtsgeschichte zum Leben erweckt, womit jedes Jahr von Ende November bis Ende Januar auch die alte Kirche wiederbelebt wird.

Der Aufstieg über die steilen und engen Gässchen mit ihren jahrhundertealten Pflastersteinen und Steinstufen hinauf zur „église vieille“ ist zwar alle Mühen wert, doch nicht für jede Person geeignet. Das erkannten auch die Einwohner von Bonnieux und erbauten daher eine zweite Kirche im Dorfzentrum, die „église neuve“ (neue Kirche). Im 19. Jahrhundert entschlossen sich die Bewohner Bonnieux´ dazu, auf den Überresten der „Pra de Bourg“ eine neue Kirche zu bauen. Damit sollte vor allem den Dorfbewohnern, für die der Anstieg zur hohen Kirche zu anstrengen ist, der Besuch der Kirche ermöglicht werden. Trotz ihres vergleichbar jungen Erbauungsdatums vereint auch die „église neuve“ verschiedene Epochen und Stile und ist gleichzeitig mit der hohen „église vieille“ verbunden. Denn aus der oberen Kirche stammen vier Gemälde, die im 16. Jahrhundert entstanden, und heute die Wände der neuen Kirche schmücken. So ergänzen sich die beiden Kirchen von Bonnieux zu einem gemeinsamen Kunstwerk aus alt und neu und können nur zusammen die eindrucksvolle Geschichte von Bonnieux erzählen.

Authentischer Ortskern

Es ist das gesellige Miteinander in einer märchenhaften Umgebung, das Bonnieux auszeichnet. Viele Restaurants, Bistros und Cafés laden zu einer kleinen Rast bei spektakulärer Sicht und sinnlichem Ambiente ein. Gleichzeitig schmücken viele liebevoll eingerichtete Geschäfte die engen Gassen, die sich immer zu nach oben schlängeln. Hier ist immer etwas los, es gibt viel zu besprechen und man kommt gerne zusammen. Denn dafür ist Bonnieux bekannt: die örtliche authentische und gesellige Atmosphäre im klassischen provenzalischen „savoir-vivre“. Besonderes bunt wird das Dorf, wenn jeden Freitagmorgen am „Place du Terrail“ zahlreiche lokale Erzeuger ihre Markstände aufbauen und durch die malerischen Gassen der Trubel des klassischen provenzalischen Bauernmarktes beginnt. Neben den lokalen Bauernprodukten verkaufen auch traditionellen Handwerker ihre Kunst und zeigen ihr Können in dem provenzalischen Stoff-, Töpfer- und Seifenhandwerk.

Neben den zahlreichen einladenden Terrassen zeichnet sich Bonnieux durch einen weiteren herausragenden Ort aus, der die provenzalische Lebensweise auf außergewöhnliche Art und Weise hervorhebt. Gleichzeitig steht auch er ganz im Zeichen der provenzalischen Kochkunst. Denn inmitten der Altstadt lässt sich das mehr als 8.000 Jahre alte Handwerk des Backens entdeckten. Rund um einen jahrtausendealten Steinofen hat die Gemeinde das „musée de la boulangerie“ (Museum der Bäckerei) gebaut, das die ehrwürdige Geschichte des Bäckerhandwerks erzählt. Es ist eines der kleinen Schätze, die sich in Bonnieux verstecken. Noch mehr dieser geschichtsträchtigen Kostbarkeiten, die Bonnieux zu einem sagenumwobenen Ort machen, finden sich in den zahlreichen Gässchen der Altstadt. Sie alle berichten auf ihre Art und Weise von der Vergangenheit des Dorfes. Von besonderer Bedeutung ist die „rue droite“, die als einer der ältesten Sträßchen der Gemeinde so Einiges zu erzählen hat. Die gepflasterte Straße windet sich hoch sich zur alten Kirche, wird jedoch schnell übersehen und ihre vielen Geschichten oft vergessen. Dabei ist sie geziert von jahrhundertealten Häusern, plätschernden Brunnen und allerlei Ornamenten aus vergangener Zeit und damit einer der wohl pittoresksten Wege hinauf zur berühmten Kirche von Bonnieux. Geht man die „rue droite“ entlang, so kommt man ebenfalls an ein paar Überresten der alten Stadtmauer vorbei, die auf das einstige Eingangstor hinweisen, das sich, wie die alte Straße, im Osten des Dorfes befindet. Im Mittelalter war es wahrscheinlich der einzige Eingang nach Bonnieux und wurde jedoch als sich die Gemeinde erweiterte zu einem Tor zum alten Dorfkern. Gerne wird es heute auch als „portail des Chèvres“ (Ziegentor) betitelt, denn im Mittelalter waren es hauptsächlich die Ziegenhirten, die von den Hängen des Luberon in das geschäftige Treiben von Bonnieux einkehrten und dafür durch das Eingangstor des Dorfes gehen mussten.

Außergewöhnliche Kunstwerke

Neben dem authentischen Ambiente und den tradierten Sehenswürdigkeiten überrascht Bonnieux jedoch auch mit zwei außergewöhnlichen Bauten, die inmitten des provenzalischen Traums besonderes hervorstechen. Von ungewöhnlichem Wert ist die „l´église Louise Bourgeois“, die ursprünglich das Rekollektenkloster „Le Couvent d´Ô“ war und etwas weiter unterhalb des Dorfkerns von Bonnieux im grünen „Jardin de la Louve“ liegt. Heute sind hier einige bildhauerische Werke der Künstlerin ausgestellt, die ein wahres Kontrastprogramm zu der kirchlichen Atmosphäre der einstigen Kapelle bieten. Unkonventionell geformte Taufbecken, christliche Symbole im kunstvollen Stil von Bourgeois und ihre berühmtes Spinnenmotiv zieren heute das Kreuzgratgewölbe. 1605 wurde die einstige Kapelle von den Franziskaner-Rekollekten erbaut, die im Schutze des Luberon unterhalb von Bonnieux lebten. Doch nach der Französischen Revolution wurde das Kloster säkularisiert und als Unterbringung für verschiedene Zwecke genutzt. Als Mitte des 20. Jahrhunderts ein Pariser Bankier das Gebäude kaufte, war von dem ursprünglichen kirchlichen Ambiente nur noch wenig geblieben. Der Pariser renovierte die alte Kapelle aufwendig, sodass sie wieder ihren ursprünglichen Charme entsprach. Doch 1998 kam er auf eine grandiose Idee: Er beauftragte die weltberühmte Künstlerin Louise Bourgeois mit der Gestaltung seiner kleinen Kirche inmitten des Luberon. Bourgeois war von dem Auftrag begeistert, schließlich bot das säkularisierte Kapellengemäuer die hervorragende Möglichkeit, ihren einzigartigen Kunststil auf außergewöhnliche Art und Weise zu präsentieren. Trotz des kirchlichen Ambientes lässt sich die persönliche Note, die die Werke von Bourgeois stets begleitet, in ihrer Kunst in Bonnieux erkennen. In Anlehnung an ihre Eltern entwarf sie den Wandteppich, der heute am Beichtstuhl hängt, formte als Symbol der Mutter ihre berühmte Spinne aus Bronze und verarbeitet ihr weibliches Rollenverhältnis auf außergewöhnliche Weise im vermeintlichen Weihwasserbecken. Die „église Louise Bourgeois“ ist eines der wohl bemerkenswertesten Werke der Künstlerin, dabei jedoch eines ihrer wenigsten bekannten, auch wenn sie hier ihre Weltvorstellung und künstlerischen Stil in Verbindung mit der christlichen Ideologie bringt.

Auf dem Weg in die märchenhaften Zedernwäldchen von Bonnieux lässt sich ein weiterer mystischer Ort finden, der die Traumlandschaft der Zedern komplementiert. Der „tour Philippe“ (Turm des Philippe) erhebt sich hinter einer Kurve der „route des cèdres“ umgeben von grünen Bäumen. Er wirkt etwas fehl am Platz, inmitten der Natur und abseits der anderen Ortshäuser. Der freistehende Turm wurde von Philippe Audibert, einem Bewohner von Bonnieux, entworfen und 1885 erbaut. Audibert genoss in seiner Zeit als Bildhauer bereits internationalen Erfolg und wollte mit seinem Projekt in seinem Heimatort etwas Persönliches schaffen. Denn der Künstler hatte einen großen Traum: Das Mittelmeer von seinem Haus in Bonnieux sehen zu können. Dafür begann er mit der Konstruktion eines Turms in neomittelalterlichem Stil, der so hoch sein sollte, dass Philippe Audibert sein geliebtes Meer von der Spitze sehen könne. Doch kurz nachdem Audibert mit dem Bau begann, verstarb der Bildhauer im Alter von 64 unerwartet und hinterließ sein ambitioniertes Bauprojekt unvollendet in der Natur von Bonnieux. Sein Schwager erbte den Turm, der bereits stolze 30m hoch war, jedoch ohne Dach nicht bewohnbar war. Der Erbe wollte den Turm aufgrund der enormen Kosten für das Traumprojekt nicht noch weiter erhöhen, auch wenn man von seiner Spitze noch nicht bis zum Mittelmeer blicken konnte. Dafür ließ der Schwager von Audibert den Turm bedachen, sodass das Kunstprojekt wenigstens abgeschlossen war. Schnell stellte der Erbe jedoch fest, dass man bei gutem Wetter bis zum „Étang de Berre“ blicken kann, einem Binnensee bei Marseille nur einige Kilometer von der Mittelmeerküste entfernt. Es ist ein fast erfüllter Traum für den Bildhauer, der leider nie den herrlichen Panoramablick von seinem ambitioniertesten Kunstprojekt genießen konnte.

Faszinierende Umgebung