111 Orte im Heilbronner Land, die man gesehen haben muss - Françoise Hauser - E-Book

111 Orte im Heilbronner Land, die man gesehen haben muss E-Book

Françoise Hauser

4,8

Beschreibung

Das Heilbronner Land kann sich nicht entscheiden, ob es zum Kraichgau oder zum Unterland gehört, ob es eher dem Schwäbischen oder Fränkischen zugetan ist. Auch die Frage 'Stadt oder Land' ist irgendwie unentschieden: Spektakuläre Landschaften wie aus dem Modellbaukasten, aber auch spannende Industrieregionen sind typisch für die Gegend. Sicher ist: Das Heilbronner Land ist eine unterschätzte Region. Entdecken Sie 111 skurrile, vergessene und außergewöhnliche Orte im Heilbronner Land – und lassen Sie sich von den Geschichten überraschen, die hinter manch einem vermeintlich alltäglichen Ort stecken.

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111 Orte im Heilbronner Land, die man gesehen haben muss

Françoise Hauser

emons: Verlag

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Emons Verlag GmbH // 2016 Alle Rechte vorbehalten Texte: Françoise Hauser © der Fotografien: Françoise Hauser, außer Kap. 5, 15, 22, 86, 102: Susanne Häberle © Covermotiv: shutterstock.com/LePanda Gestaltung: Emons Verlag Kartenbasisinformationen aus Openstreetmap, © OpenStreetMap-Mitwirkende, ODbL ISBN 978-3-96041-052-2 E-Book der gleichnamigen Originalausgabe erschienen im Emons Verlag

Unser Newsletter informiert Sie regelmäßig über Neues von emons: Kostenlos bestellen unter www.emons-verlag.de

Inhalt

Vorwort

1_Der Obstautomat | Bad Friedrichshall-HeuchlingenTechnik im Nirgendwo

2_Das Gradierwerk | Bad RappenauLeise rieselt die Sole

3_Das Solebad | Bad RappenauEinfach mal treiben lassen

4_Das Schloss Fürfeld | Bad Rappenau-FürfeldDer Stoff, aus dem die Träume sind

5_Das Fünf-Mühlen-Tal | Bad Rappenau-ZimmerhofUrwald im Heilbronner Land

6_Das Anna-Blume-Café | Bad WimpfenHistorisch rumsitzen

7_Der Blaue Turm | Bad WimpfenSteile Karriere

8_Der blutende Jesus | Bad WimpfenSakrales Ikea

9_Die Kaiserpfalz | Bad WimpfenWo Barbarossa weilte

10_Das Spital | Bad WimpfenEine uralte Idee

11_Der Neckar-Enz-Zusammenfluss | BesigheimAn die Kette gelegt

12_Der Museumsbunker Ro1 | Bietigheim-BissingenAls wäre es gestern gewesen

13_Die Untere Enz | Bietigheim-BissingenImmer der Stille nach

14_Das Arzney-Museum | BönnigheimAuf die Krankheit trink ich einen!

15_Das Nachgeburtsmuseum | BönnigheimÜber einen unbekannten Brauch

16_Die St.-Cyriakus-Kirche | BönnigheimDas medizinische Wunder von Bönnigheim

17_Das Schnapsmuseum | BönnigheimHochprozentig gut

18_Das Henry-Miller-Haus | BrackenheimDoch nicht so pfui

19_Das Soldan-Wappen | BrackenheimSpuren des ersten Deutsch-Türken

20_Das Theodor-Heuss-Museum | BrackenheimKennt den noch einer?

21_Das Hörnle | Brackenheim-DürrenzimmernImmer den Überblick behalten

22_Die Burg Neipperg | Brackenheim-NeippergDas Mittelalter lebt

23_St. Wendel zum Stein | DörzbachDie am Felsen klebt

24_Die Alte Synagoge | EppingenDer Laden bleibt zu!

25_Die Alte Universität | EppingenPest-Studien

26_Die Chartaque | EppingenDie deutsch-französische Bredouille

27_Der Grenzsteinpfad | EppingenBis an die Grenze gehen

28_Der Jägersee | EppingenWald zum Anfassen

29_Die Raußmühle | EppingenKuriositätenkabinett oder Museum?

30_Die Höhengaststätte | Eppingen-LeinburgRätsel mit Aussicht

31_Das Kocher-Wehr | Forchtenberg-ErnsbachAufrecht bis zum Horizont

32_Die Zabergäubahn | GüglingenGleise ins Nichts

33_Die alte Bahntrasse | HeilbronnWo Eidechsen mit Gold aufgewogen werden

34_Der Alte Friedhof | HeilbronnGassi gehen zwischen Gräbern

35_Die Armsündersteige | HeilbronnNur rauf, nie mehr runter

36_Der Cäcilienbrunnen | HeilbronnAlles fließt

37_Das Drachenschwanzhaus | HeilbronnDie aufgeräumte Rotlichtmeile

38_Die Drolerien | HeilbronnBlasphemie am Gotteshaus

39_Die Fabrikanten-Villa | HeilbronnStandesgemäß wohnen

40_Das Fleischhaus | HeilbronnGeschichte am Tisch

41_Das G.-F.-Rund-Gelände | HeilbronnDie vergessene Toreinfahrt

42_Das Grabmal Sperling | HeilbronnWo die Namenlosen liegen

43_Der Jagdhundefriedhof | HeilbronnWo die ewigen Jagdgründe liegen

44_Die Kaffeerösterei Hagen | HeilbronnDer Duft macht's

45_Das Kaiser-Otto-Gebäude | HeilbronnKampf mit harten Bandagen

46_Das Käthchen | HeilbronnWo eine Statue Aufruhr stiftet

47_Der Kiosk am Pfühlpark | HeilbronnHeilbronner Allerlei

48_Die Kletterarena | HeilbronnAufsteiger unter sich

49_Die Knorr-Fabrik | HeilbronnErfolg in Würfeln

50_Die Knorr-Häuser | HeilbronnLuxus mit Mief

51_Das Köpfertal | HeilbronnWillkommen im Urwald

52_Das KZ-Mahnmal | HeilbronnFast vergessen

53_Das Lapidarium | HeilbronnDas Labyrinth der Schätze

54_Der Lerchenbergtunnel | HeilbronnDie vergessene Röhre

55_Die Lösswand | HeilbronnKommt ein Boden geflogen

56_Das Maria-Theresia-Denkmal | HeilbronnAls Heilbronn einmal Wien war

57_Der Meylestein | HeilbronnMit kernigem Gruß

58_Das Moosbrugger-Haus | HeilbronnDer fast vergessene Sohn

59_Das öffentliche Bücherregal | HeilbronnBücher für alle

60_Die Pauluskirche | HeilbronnSo göttlich hässlich

61_Das Pumpwerk Widmannstal | HeilbronnDas verschwundene Genie

62_Die Rathausuhr | HeilbronnWem die Stunde trötet

63_Das römische Kastell | HeilbronnScheiß auf die Geschichte

64_Die Satelliten | HeilbronnImmer mit der Sonne

65_Der Schilfsandsteinbruch | HeilbronnArchitektonische Kinderstube

66_Das Schwarzwaldhaus | HeilbronnWillkommen im Schwarzwald

67_Der Seifen-Reinhardt | HeilbronnIm Reinheits-Labyrinth

68_Die Sigilgaita-Büste | HeilbronnEin italienisches Gesicht

69_Das Theaterschiff | HeilbronnHeilbronner Kultur-Pioniere

70_Das Tscherning'sche Haus | HeilbronnSchrebergarten für Feine

71_Die Villa Alfred Knorr | HeilbronnVor Bezug verstorben

72_Die Villa Hagenmayer | HeilbronnKonspiratives Heilbronn

73_Die Waldheide | HeilbronnAls Heilbronn Weltgeschichte schrieb

74_Der Wartberg | HeilbronnEin Besuch auf dem Hausberg

75_Der Wilhelmsbau | HeilbronnEin Zug nach Nirgendwo

76_Der Wilhelmskanal | HeilbronnEin Monopol wird umgraben

77_Die Frankenbacher Fratzen | Heilbronn-FrankenbachDas Grauen in Stein

78_Der Hipfelhof | Heilbronn-FrankenbachHipfel-wo?

79_Das Motocross-Gelände | Heilbronn-FrankenbachWo die Motoren heulen

80_Die Annalinde | Heilbronn-KirchhausenWo der Glaube kopflos macht

81_Die Marien von Kirchhausen | Heilbronn-KirchhausenIm Heiligen Land

82_Der jüdische Friedhof | Heilbronn-SontheimSpaziergang zur jüdischen Geschichte

83_Der Solestandanzeiger | Heilbronn-Taschenwald/LeingartenO sole mio

84_Die Hällische Straße | Heilbronn/WeinsbergDoppelt hält besser

85_Die Hessigheimer Felsengärten | HessigheimAuf dem Weg nach ganz oben

86_Die Burg Jagsthausen | JagsthausenBei Berlichingens zu Hause

87_Der wachsende Bach | KrautheimZiemlich am Arsch

88_Der Landgraben | LeingartenAm schwäbischen Limes

89_Der Trimm-dich-Pfad | LeingartenMit Schwung in die 70er

90_Die Grotte von Lourdes | MassenbachhausenFast wie in Frankreich

91_Das Herzog-Magnus-Denkmal | Neckarsulm-ObereisesheimAbgelegen, aber für immer

92_Die St.-Gangolf-Kapelle | NeudenauDie Rosskur

93_Das Wasserschloss | Neuenstadt-Stein am KocherDie wehrhafte Schöne

94_Der Prellstein | NordheimEin Stein des Anstoßes

95_Die Waldensergemeinde | Nordheim-NordhausenNordheim à la française

96_Der Breitenauer See | ObersulmDas Heilbronner Meer

97_Der Weiße Steinbruch | PfaffenhofenWo einst die Saurier tobten

98_Das Kibannele | Sachsenheim-OchsenbachDie Einsame im See

99_Die Abtei Schöntal | SchöntalUnterwegs mit dem Rätselkönig

100_Die Kunstautomaten | Schwäbisch HallLass die Puppen tanzen!

101_Der Friedwald | SchwaigernWild ruhen

102_Der Hexenturm | SchwaigernWo es mit dem Teufel zugeht

103_Das Schloss Massenbach | Schwaigern-MassenbachDas Relikt

104_Die Speierlinge | Schwaigern-StettenAus anderem Holz geschnitzt

105_Der Mineralbrunnen | TalheimAusgebadet

106_Die Staatsdomäne | TalheimIm Riesling-Knast

107_Das Talheimer Massengrab | TalheimDer Steinzeit-Krimi

108_Das Koppenbrünnele | Untergruppenbach-ObergruppenbachDer Brunnen am Ende der Welt

109_Die Leonhardskirche | Weinsberg-GellmersbachExplosives Geläut

110_Die Mammutbäume | WüstenrotWo die Bäume in den Himmel wachsen

111_Die Ehmetsklinge | ZaberfeldDas Bad im Kühlwasser

Bildteil

Übersichtskarten

Vorwort

Am besten, ich gestehe es gleich: Ich bin gar keine echte Heilbronnerin, sondern vor sieben Jahren aus Frankfurt zugezogen. Eine Tatsache, die erstaunlich viele Heilbronner mit den Worten: »Aus Frankfurt? Na, das ist ja echt ein Abstieg« kommentierten. Das konnte einen Neuling schon nervös machen ‒ ist es denn wirklich so schlimm und langweilig hier? Grund genug, mich mit dieser Stadt ausführlich zu beschäftigen. Dass es dann gleich ein ganzes Buch wurde, war zu Anfang nicht abzusehen. Doch das Heilbronner Land ist voller Überraschungen und spannender Geschichten: Woher stammen die seltsamen verdrahteten Anzeigetafeln mitten im Wald von Kirchhausen? Wieso trägt das Haus am Rathenauplatz auf dem Dach einen Drachenschwanz ‒ ist es denn überhaupt einer? Warum war der Wilhelmskanal den Württembergern über 400 Jahre ein Dorn im Auge? Wer sind eigentlich die Waldenser aus Nordhausen, und wieso ist der Heilbronner Jagdhundefriedhof auf keiner Karte eingezeichnet? Manche nahezu unbekannten Orte, wie der wachsende Bach von Krautheim, haben sogar Weltklasse-Format, andere wiederum haben deutsche Geschichte geschrieben, wie die Waldheide im Osten Heilbronns. Mit jeder Entdeckung kamen neue Anregungen und Hinweise auf skurrile Geschichten und vergessene Attraktionen. Bis heute wundert es mich, dass das opulente Kloster Schöntal selbst an heiteren Tagen nur einige wenige Besucher zählt.

Die Arbeit an diesem Buch hat großen Spaß gemacht: Ich bin durch Weinberge gejoggt, durch Gestrüpp gekrochen, mit dem Auto über unwegsame Waldwege geholpert, habe zum ersten Mal im Leben Stand-up-Paddling ausprobiert und natürlich eine Menge wunderbarer Landschaften gesehen.

Eines möchte ich den Heilbronnern deshalb schon auf der ersten Seite mitgeben: Nein, Heilbronn war kein Abstieg. Vielleicht kann sie dieses Buch davon überzeugen?

Bad Friedrichshall-Heuchlingen
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1_Der Obstautomat

Technik im Nirgendwo

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Die Bad Friedrichshaller haben nicht nur gesundes Wasser, das ihnen das »Bad« vor dem Namen einbrachte, sondern seit Juli 2015 auch keine Ausrede mehr, sich ungesund zu ernähren. Seither sorgt der Obstautomat dafür, dass sie jederzeit zum Apfel greifen können. Rund um die Uhr und an jedem Tag der Woche. Der Name des ungewöhnlichen Ortes lautet daher auch »Fruchtgenuss 365«. Die Idee ist nicht neu, wohl aber die moderne Umsetzung. Das Pilotprojekt des Obstversuchsguts der Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg baut auf modernste Technik: Der Verkaufsraum ist natürlich klimatisiert, es gibt ausreichend Parkplätze vor der Tür, und nachts ist alles angenehm beleuchtet – nicht dass es dem Kunden am Ende noch unheimlich wird, wenn er um drei in der Früh dringend Obst kaufen möchte. Skurril ist: Das kleine Gebäude steht mitten im Nirgendwo an der Pforte der Versuchsanstalt.

Alles in allem ist der Obstautomat ein echter Fall von Science- Fiction: Die Auswahl erfolgt über einen Touchbildschirm, nach dem Bezahlen öffnen sich die ausgesuchten Fächer – in Deutschland einmalig! Vielleicht liegt die große Innovationsfreude einfach daran, dass das Obstversuchsgut als Forschungsinstitution dem Zeitgeist immer ein wenig voraus sein muss? Auf der 34 Hektar großen Fläche werden seit 1950 Kernobst, Beeren, Steinobst und Schalenobst angebaut – und irgendwo muss das Zeug ja hin ... Also gibt es nun rund ums Jahr die 104 Fächer mit handlichen Portionen. Äpfel und Birnen, Honig und frische Säfte, dazu kommen, je nach Saison, noch allerhand Beeren, Pfirsiche, Pflaumen und was eben in der Jahreszeit so wächst. Vor allem Berufstätige wissen das Angebot zu schätzen, nach Büroschluss ist daher Rushhour am Obstautomaten.

Info

Adresse Obstgut Heuchlingen 2, 74177 Bad Friedrichshall, Tel. 07136/926920 | Anfahrt B27 bis Jagstfeld, über die L1096 aus Jagstfeld kommend in die Heuchlinger Straße, dann am Ende der Straße links der Beschilderung »Staatliches Obstversuchsgut Heuchlingen« folgen, am Schloss rechts abbiegen | Tipp Heuchlingen hat nicht nur ein Versuchsgut, sondern auch ein wunderschönes altes Schloss, das man automatisch auf dem Weg passiert.

Kurzum, Sätze wie: »Sie hatten an der Tanke nur noch ...« hört man hier kaum noch, denn den gesunden Kram gibt es jetzt ja immer. Wohl bekomms!

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Bad Rappenau
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2_Das Gradierwerk

Leise rieselt die Sole

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Ein kühler Lufthauch, der Geruch von Meer. Nur das Rauschen der Wellen fehlt. Stattdessen leises Vogelgezwitscher, hier und da das Scharren der metallenen Liegestühle. Logisch: Die Erholungssuchenden am Gradierwerk sind ja schließlich nicht zum Baden, sondern zum Inhalieren hier. Dazu blicken sie alle erst einmal auf eine Wand. Die 8 mal 30 Meter hohe Mauer erweist sich auf den zweiten Blick jedoch als Reisigturm, genauer gesagt sind hier 5.500 Büschel Schlehenreisig aufeinandergestapelt und werden von oben mit Sole berieselt. Die so mit Salz-Aerosolen angereicherte Luft befeuchtet nicht nur die Atemwege und tut vor allem Asthmatikern gut, sie bindet in der näheren Umgebung auch Pollen und andere Allergene.

Dass es ausgerechnet Schlehe sein muss, liegt an der Widerstandsfähigkeit des Strauches, der wenig anfällig für Schimmel ist. Rund alle 20 Jahre müssen die Zweige dennoch erneuert werden. Zwischendrin tut es eine Reinigung mit dem Hochdruckreiniger: Während auf der Südseite vor allem dicke Salzkrusten lagern, machen der Nordseite Algen zu schaffen.

Info

Adresse Salinenpark, 74906 Bad Rappenau | ÖPNV circa 20 Minuten Fußweg ab Bahnhof | Anfahrt A6 bis Bad Rappenau, dann der Beschilderung Salinenpark folgen. Parkmöglichkeiten gibt es auf dem Parkplatz Weinbrennerstraße und Rosentrittstraße. | Öffnungszeiten ganzjährig rund um die Uhr | Tipp Das Restaurant Fine Dine im Kurpark, Fritz-Hagner-Promenade 2, bietet gehobene Küche (www.finedine-badrappenau.de/restaurant.html).

Die Idee eines Freiluft-Inhalatoriums ist in Bad Rappenau nicht neu: Schon 1912 ließ die Vulpius-Klinik ein Gradierwerk aufstellen, das bis in die 1930er Jahre leise vor sich hin rieselte. Ursprünglich ging es bei der Erfindung des Gradierwerks jedoch gar nicht um gesundheitliche Aspekte, sondern schlicht darum, Kosten zu sparen. Das Sieden der Salzsole erforderte viel Brennmaterial, durch die Berieselung im Gradierwerk ließ sich die Sole jedoch durch Verdunstung vorher »gradieren«, also erhöhen. Eine Geldfrage war es auch, die die Stadt lange zögern ließ, das Gradierwerk im Rahmen der Landesgartenschau 2008 überhaupt zu bauen – immerhin fast 14.000 Euro Kosten verursacht es pro Jahr ‒ es ist sogar im Winter geöffnet! Wer im Sommer keinen der Liegestühle ergattert, kann es also in der kalten Jahreszeit versuchen.

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Bad Rappenau
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3_Das Solebad

Einfach mal treiben lassen

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Architektonisch ist sie erst einmal nicht so berauschend: Die oft erstaunlich leere Wellnessanlage mit dem 1970er-Jahre-Flair der Schwarzmeer-Erholungsheime für rumänische Parteikader scheint keine hippe Angelegenheit. Doch schade wäre es, sich vom ersten Eindruck in die Flucht schlagen zu lassen. Denn das Rappsodie, so der Eigenname, ist definitiv eine echte Sehenswürdigkeit. Oder eher noch: etwas, das man fühlen muss. Erstaunlich viele Heilbronner kennen den Namen – und waren doch nie drinnen. Vielleicht liegt es einfach daran, dass das Kurstädtchen Bad Rappenau eine echte Seniorenstadt zu sein scheint? Oder Einheimische automatisch davon ausgehen, man müsse eine Kur absolvieren, um hier zu baden? Gesund ist es allemal, denn die Sole sprudelt hier gleich in mehreren Becken. Mit 30 bis 34 Grad sind sie alle auf Badewannen-Temperatur gehalten – große Kraftakte braucht man für den Abend nach dem Bad daher nicht mehr planen. Um den Gesundheitseffekt noch ein wenig zu boosten, werden den verschiedenen Becken Mineralien zugefügt: Ein Magnesium-Bad blubbert gegen den Stress, während das Lithium-Bad für gute Laune sorgen und das Selen-Zink-Bad das Immunsystem stärken und den Stoffwechsel fördern soll. Weil einfach nur Planschen auf Dauer langweilig wird, gibt es noch allerhand Extras: ein Dampfbad, eine Saunaanlage, Massagestrahler, Boden-Blubber und eine betörend entspannende Kreis-Strömung, in der man fast schon meditativ die Runde drehen kann. Ruhig ist es in der Therme übrigens auch – ein wichtiges Argument für alle, die keine Lust auf Schwimmbadgekreische haben. Der absolute Trumpf, das Pièce de Résistance, ist jedoch das warme Salzwasser-Außenbecken auf dem Dach: Wer sich hier treiben lässt, hat den garantiert schönsten Blick über die Stadt – und wo sonst kann man die Aussicht, selbst bei herbstlichem Nieselregen, mit einem warmen Hintern genießen?

Info

Adresse Salinenstraße 37, 74906 Bad Rappenau, Tel. 07264/2069330, www.rappsodie.info | ÖPNV S42 bis Bad Rappenau Kurpark oder Bad Rappenau Bahnhof | Anfahrt A6 bis Bad Rappenau, der Beschilderung Salinenpark folgen (nächstgelegener Parkplatz an der Rosentrittstraße) | Öffnungszeiten Mo–Sa 8–21 Uhr, So 8–20 Uhr, Sauna Mo–Do 9–23 Uhr, Fr, Sa 9–24 Uhr, So 9‒20 Uhr | Tipp Zum Kur-Erlebnis gehört eine Sahneschnitte im Kurcafé Bad Rappenau im Salinenpark, Saline 5.

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Bad Rappenau-Fürfeld
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4_Das Schloss Fürfeld

Der Stoff, aus dem die Träume sind

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Das Schloss Fürfeld ist eines dieser Gebäude, an denen man zunächst vorbeifährt, eine Minute später anhält und wenden muss. Muss! Denn kann es sein, dass so etwas einfach da steht, ohne große Erläuterungen? Bewohnt wie eh und je? Mitten im Dorf, rechts und links von Häusern umgeben, und alle tun so, als wäre das normal?

Es ist so: Man kann nicht hinein, denn wie gesagt, das wuchtige Schloss ist noch immer bewohnt. Doch gerade das macht den Reiz aus: Es ist ganz offensichtlich renoviert, Sonnenschirm und Autos zeigen deutlich: Das ist kein Museum, kein zugiges Gemäuer, sondern ein Zuhause. Irgendwie kann man sich so viel besser vorstellen, wie es wäre, selbst so ein Schloss zu besitzen. Oben auf der Terrasse zu frühstücken, die man von außen gerade noch sehen kann. Oder jeden Tag sein Auto im Hof zu parken. Nur die Heizrechnung möchte man sich nicht vorstellen ‒ sie taugt aber ganz gut zum Trost, wenn man dann in sein bescheideneres Heim zurückkehrt. Gleich neben dem Schloss liegen einige renovierte und vermietete Wirtschaftsgebäude. Die absolute Krönung ist allerdings der Garten: Ein bisschen Rosamunde Pilcher, ein bisschen englische Küste und ein wunderbarer Blick, denn hinter dem Schloss geht es bergab.

Info

Adresse Schlossbergstraße, 74906 Bad Rappenau-Fürfeld | ÖPNV Regionalbus RBS 683 bis Bad Rappenau Fürfeld Volksbank | Anfahrt Über die B39 geht es via Kirchhausen nach Fürfeld, dann links in die Schlossbergstraße. | Tipp Schräg gegenüber steht ein Wohnhaus mit einem hübschen Bäckerzeichen aus dem Jahr 1724 an der südlichen Hausecke.

Erbaut wurde es übrigens von Philipp von Gemmingen 1519 bis 1523. Also kurz vor den Bauernkriegen. Im Franzosenkrieg 1693 wurde es teilweise zerstört und bekam nach dem Wiederaufbau den einen oder anderen Barockschnörkel. Überhaupt wurde am Schloss Fürfeld immer wieder herumgewerkelt, angebaut und umgebaut, sodass das Schloss heute Bauelemente aus der Romantik, Gotik, Renaissance und dem Barock zeigt. Einen greifbaren Hauch von Geschichte bietet auch der zugängliche Vorhof, wo diverse Epitaphien stehen, das sind Grabdenkmäler, die aber nicht zwingend mit einem Grab verbunden sind. Sprich, es muss nicht sein, dass auch einer darunterliegt.

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Bad Rappenau-Zimmerhof
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5_Das Fünf-Mühlen-Tal

Urwald im Heilbronner Land

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Im Grunde genommen ist die Wanderung durch das Fünf-Mühlen-Tal der klassische Sonntagsspaziergang schlechthin. Die meisten starten im Stadtteil Zimmerhof an der ersten Mühle, der Kugelmühle aus dem Jahr 1690. Von dort aus geht es weiter über die Barthmühle, die bereits seit 1920 nicht mehr in Betrieb ist, zur Sommersmühle und zur Schnepfenhardter Mühle. Die Letzte im Bunde ist die Maysack'sche Mühle. Bis auf die Sommersmühle, die auch Sägemehl herstellte, waren alle reine Getreidemühlen und stellten ihre Dienste im 20. Jahrhundert nach und nach ein.

Mindestens genauso interessant wie die Mühlen ist jedoch die Natur drum herum. Bis zu 70 Meter tief hat sich der Mühlbach hier in die Ebene eingeschnitten und sprudelt auf langen Stufen durchs Tal. Ende des 19. Jahrhunderts war er allerdings eine recht trostlose Angelegenheit, denn die salzigen Abwässer der Soleförderung gelangten ungeklärt in den Bach und ließen die Fische sterben. Erst mit dem Bau der Kläranlage 1897 wurde der Mühlbach wieder sauber – und ein Biotop für viele Tierarten. Dies gilt ebenso für den Bannwald Schlierbach im Naturschutzgebiet Schlierbach-Kohlrain östlich des Mühlbachs. Seit 1967 ist der 30 Hektar große Wald im Besitz des Landes und wird nicht mehr bewirtschaftet noch sonst wie vom Menschen verändert. Alte Baumstämme vermodern hier am Boden, Moose und Pilze zersetzen, was zuvor oft aus dem Wald geräumt wurde.

Info

Adresse Wanderweg zwischen 74906 Bad Rappenau-Zimmerhof und Neckarmühlbach | ÖPNV Regionalbus 684 bis Bad Rappenau Ehrenbergstraße | Anfahrt A6 bis Bad Rappenau, der Beschilderung folgen, im Ort über die Heinsheimer Straße nach Zimmerhof, hinter dem Golfclub abbiegen und den Schildern zum Parkplatz folgen | Tipp Besuchen Sie den jüdischen Friedhof Heinsheim östlich des Fünf-Mühlen-Tals an der Schlierbachklinge (zu Führungen geöffnet, die in den lokalen Medien oder unter www.badrappenau.de angekündigt werden, alternativ Schlüssel bei der Stadtverwaltung abholen).

Fast 500 Pilzarten gibt es hier – eine Zahl, die man deshalb kennt, weil dieser »Urwald von morgen« genau erfasst und katalogisiert wird. Nicht zuletzt weil man sich davon neue Erkenntnisse über den Wald erhofft. Zum Beispiel über die Frage, welche Baumarten ohne menschliches Zutun die Oberhand gewinnen. Standen hier einst besonders viele Eichen, weil man das Holz zum Bau und die Eicheln als Schweinefutter schätzte, steigt nun wieder der Anteil der Buchen.

In der Nähe

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Das Gradierwerk (2.87 km)

Der blutende Jesus (4.78 km)

Das Anna-Blume-Café (4.82 km)

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Bad Wimpfen
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6_Das Anna-Blume-Café

Historisch rumsitzen

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Es ist nicht die Speisekarte, kein besonderes Gericht und auch nicht irgendeine ausgefallene Kaffeemaschine, die Brötchen sind vom Bäcker nebenan, und das Angebot ist sogar recht überschaubar: Fünf Arten Frühstück plus Extras und die üblichen Getränke. Mittags und abends gibt es Tagesgerichte und eine kleine Speisekarte. Nein, was das Anna-Blume-Café so typisch Bad Wimpfen und zu einem der 111 Orte, die man gesehen haben muss, macht, ist der Innenhof. Fachwerk, grobe Mauern, zahllose Topfpflanzen, ein uraltes Holztor, ein ausgewachsener Walnussbaum, in dessen Schatten sich ganz wunderbar frühstücken lässt ‒ immer in der Hoffnung, die Tauben und Spatzen mögen gnädig zielen und sich nicht auf dem Tisch verewigen ‒, machen ihn zum idealen Endpunkt eines Spaziergangs durch die mittelalterlichen Gassen. Über den Tischen zwitschert es, summen Bienen, hier und da schaut ein Neugieriger zum Tor herein.

Ziemlich zeitlos fühlt sich das an, das Café könnte eigentlich in nahezu jeder Epoche beheimatet sein. Und weil die Tische recht weit (wenn auch auf dem Kopfsteinpflaster ein wenig wackelig) auseinanderstehen, kann man ungestört den neuesten Klatsch aufarbeiten – oder einfach nur rumsitzen. Schauen. Nachdenken. Mit historischem Flair, nein, Geschmack! – Wie es sich für eine so alte Stadt gehört. Da wundert es nicht mehr, dass man zum Café gleich auch noch den passenden Blumenschmuck für zu Hause kaufen kann – daher auch der Name.

Info

Adresse Apothekergasse 1, 74206 Bad Wimpfen, Tel. 07063/930944, www.annablume-cafe.de | ÖPNV zu Fuß vom Bahnhof den Berg hinauf | Anfahrt A6 bis Heilbronn-Biberach, dann der Beschilderung Bad Wimpfen folgen. Große Teile der Innenstadt sind autofrei, daher am Rande der Innenstadt parken. | Öffnungszeiten Mo, Mi–Sa 9–18 Uhr, So 10–18 Uhr | Tipp In Bad Wimpfen scheint jeder Einwohner ein mittelalterliches Outfit im Schrank zu haben, das er mehrmals im Jahr herausholt und die Stadt in ein begehbares Museum verwandelt. Besonders lohnenswert sind der Zunftmarkt und das Reichsstadtfest (www.badwimpfen.de).

Künstlerisch Ambitionierte sind beim Wettbewerb »Schreiben im Café« richtig: Bereits zweimal wurden die besten Geschichten prämiert, die hier bei Kaffee und Kuchen entstanden, und als Anthologie herausgegeben. Im Falle einer Schreibblockade gibt es natürlich auch noch das Abendprogramm mit allerhand Cocktails. Die Gewinner stellen ihre Ergebnisse noch einmal abends bei einer lauschigen Lesung vor – auch die übrigens ein echter Geheimtipp.

In der Nähe

Das Spital (0.05 km)

Der blutende Jesus (0.08 km)

Der Blaue Turm (0.12 km)

Die Kaiserpfalz (0.2 km)

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Bad Wimpfen
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7_Der Blaue Turm

Steile Karriere

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134 Stufen sind es bis ganz nach oben – ziemlich viel, wenn man gerade eine Kiste Cola und zwei Kilo Kartoffeln gekauft hat oder mit drei Plastiktüten beladen ist. Hin und wieder finden die Besucher daher am Eingang in handliche Portionen verpackte Vorräte, mit der Bitte, doch einen Packen bis zur Winde im dritten Stock mit hinaufzunehmen. Ab hier geht es mit dem Lastenaufzug nach oben. Per Hand natürlich, wie es sich für einen mittelalterlichen Turm gehört. Dass überhaupt Vorräte eine Rolle spielen, liegt daran, dass der 58 Meter hohe Blaue Turm bewohnt ist. Seit 1996 hält hier eine Türmerin Wache. Und weil feindliche Angriffe und Feuersbrünste heute eher selten sind, hat sie zwischendrin auch mal Zeit, sich den Touristen zu widmen und den Eintritt zu kassieren. Oder ihre Vorräte zu schleppen.

Einfach ist es nämlich nicht, ganz da oben zu wohnen und auf 53 Quadratmetern sogar noch eine Familie großzuziehen. Trotzdem ist Blanca Knodel, so der Name der Türmerin, fest entschlossen, bis 2036 auszuharren – dann wäre sie 85 und die älteste Türmerin der Geschichte. Die drei Kinder sind eh schon aus dem Haus, pardon Turm, und die Aussicht ist einfach unschlagbar. Schon ihre Großtante hat einst mit ihrer Familie 23 Jahre auf dem Turm gelebt. Den bisherigen Rekord als einzige Türmerin Deutschlands musste Knodel allerdings kürzlich abgeben: Seit 2015 hat auch Münster eine Türmerin.

Info

Adresse Burgviertel 9, 74206 Bad Wimpfen | ÖPNV zu Fuß vom Bahnhof den Berg hinauf | Anfahrt A6 bis Heilbronn-Biberach, dann der Beschilderung Bad Wimpfen folgen, in der Altstadt lässt sich schlecht parken (zahlreiche Parkplätze in Laufnähe, die gut ausgeschildert sind) | Öffnungszeiten Di‒So 10–18 Uhr, im Winter unter der Woche je nach Witterung | Tipp Von Ostern bis Erntedank spielen die Turmbläser sonntags um 12 Uhr, an den ersten drei Adventswochenenden auch Samstag um 19 Uhr.

Damit ihr die Schwerkraft keinen Strich durch die Rechnung macht, ist der Blaue Turm mittlerweile von großen Holzbalken wie in einem Korsett eingespannt, denn das Gemäuer zeigt bedrohliche Risse. Der Grund: Nicht immer wurde in der Vergangenheit ganz sachgemäß renoviert und restauriert. So drückt beispielsweise der Aufbau aus dem Jahr 1852 viel zu schwer auf das Turmgemäuer. Bis die vollständige Sanierung durch ist, muss nun das 250.000 Euro teure Provisorium für Halt sorgen.

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In der Regel ist die Stadtkirche von Bad Wimpfen abgeschlossen. Wer trotzdem einen Blick hineinwerfen will, kann durch den Eingang am hinteren Ende zumindest einige Schritte eintreten. Eine Glasscheibe trennt den Besucher hier vom Inneren: Schade, denn die Kirche lockt gleich mit mehreren Kuriositäten. Zum einen sind da die Apostelbilder aus dem frühen 16. Jahrhundert, die diversere Rätsel aufgeben, denn der Apostel Philippus wurde mit dem Gesicht Luthers gemalt, und Apostel Matthäus verfügt erstaunlicherweise über sechs Zehen. Eventuell stammen diese schrägen Details von der Restaurierung 1870?

Und noch eine wahrlich seltsame Sehenswürdigkeit bleibt dem Besucher verborgen, wenn er die Kirche durch Glas betrachtet: Es ist das aus grobem Holz gefertigte Kruzifix in der nördlichen Seitenkapelle. Mindestens 400 Jahre ist es alt. Doch der besondere Clou an der eher unscheinbaren Jesusfigur ist die Tatsache, dass sie klappbar ist. Zwei grobe Scharniere an den Achseln sorgen dafür, dass man sie gut transportieren kann. Wahrscheinlich ging Jesus einst regelmäßig zu österlichen Darbietungen auf Reise und wurde bei dieser Gelegenheit vom Kreuz genommen und bestattet. Zudem hat der findige Schnitzer, ein gewisser Oswald Bockstorffer, im Körper einen kleinen, geheimen Hohlraum eingebaut, der mit Tierblut gefüllt werden konnte. Kreuzigungs-Demonstrationen waren daher besonders eindrucksvoll, sprudelte doch das Blut vermeintlich munter aus den Wunden. Für das einfache Volk eine ungemein ergreifende Darstellung! Ansonsten war der Künstler eher mittelmäßig: Elend sieht der Jesus aus und ehrlich gesagt ziemlich zusammengeschraubt. Ob das so gewollt war? Vielleicht liegt es daran, dass er mit echten Haaren ausgestattet ist? Oder ist das einfach der Preis des regen Auf- und Abbaus? Jedenfalls hängt er heute so vergessen in der Nische, dass man auch als Atheist Mitleid bekommt.

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Adresse Stadtkirche von Bad Wimpfen, Am Marktplatz, 74206 Bad Wimpfen | ÖPNV